Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2016 - V ZB 151/15

bei uns veröffentlicht am08.12.2016
vorgehend
Amtsgericht Rosenheim, 8 XIV 79/15, 06.08.2015
Landgericht Traunstein, 4 T 3110/15, 24.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 151/15
vom
8. Dezember 2016
in der Rücküberstellungssache
ECLI:DE:BGH:2016:081216BVZB151.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Dezember 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Weinland, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 24. September 2015 wird als unzulässig verworfen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in der Rechtsbeschwerdeinstanz werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein gambischer Staatsangehöriger, reiste unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Beschluss vom 6. August 2015 hat das Amtsgericht den Antrag der Bundespolizeiinspektion Rosenheim auf Anordnung von Haft bis zum 9. September 2015 zur Sicherung der Rücküberstellung des Betroffenen nach Italien zurückgewiesen. Das Landgericht hat die auf die Fest- stellung, dass dem Haftantrag stattzugeben gewesen wäre, gerichtete Beschwerde der Bundespolizeiinspektion München mit Beschluss vom 24. September 2015 als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt sie die Feststellung, dass sie durch die ablehnenden Entscheidungen in ihren Rechten verletzt ist und dem Antrag auf Anordnung von Haft stattzugeben gewesen wäre.

II.

2
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist die Beschwerde der Behörde unzulässig. § 62 FamFG gelte nicht für ein Rechtsmittel der beteiligten Behörde.

III.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil sie sich nicht gegen einen Beschluss richtet, durch den eine freiheitsentziehende Maßnahme abgelehnt oder zurückgewiesen worden ist (vgl. § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG). Unabhängig davon fehlt es an dem gemäß § 62 FamFG erforderlichen berechtigten Interesse der Behörde an der Feststellung, dass die Entscheidungen sie in ihren Rechten verletzt haben (näher hierzu Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - V ZB 169/14, InfAuslR 2016, 191).
4
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Die Festsetzung des Gegenstandswerts richtet sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG. Stresemann Weinland Kazele Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Rosenheim, Entscheidung vom 06.08.2015 - 8 XIV 79/15 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 24.09.2015 - 4 T 3110/15 -

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 36 Allgemeiner Geschäftswert


(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. (2) Soweit sich in einer nichtvermögensrec

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 62 Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache


(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführ

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 430 Auslagenersatz


Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zu

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(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 169/14
vom
22. Oktober 2015
in der Rücküberstellungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Auch nach der Einführung von § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG kann die beteiligte Behörde
ein in der Hauptsache erledigtes Freiheitsentziehungsverfahren nicht mit
dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG fortsetzen.

b) Eine auf die Kostenentscheidung beschränkte Rechtsbeschwerde der beteiligten
Behörde ist auch nach der Einführung von § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG nur bei einer
entsprechenden Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft.

c) Hat sich die Hauptsache vor Einlegung des Rechtsmittels erledigt, kann die beteiligte
Behörde das Rechtsbeschwerdeverfahren jedenfalls dann nicht mit einem
Kostenantrag fortsetzen, wenn das Rechtsmittel hinsichtlich des Kostenpunkts
nicht zugelassen worden ist.
BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - V ZB 169/14 - LG Halle
AG Merseburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Oktober 2015 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Weinland, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 12. August 2014 wird als unzulässig verworfen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in der Rechtsbeschwerdeinstanz werden dem Landkreis Saalekreis auferlegt.
Damit erledigt sich der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 1. August 2014 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung von dessen Rücküberstellung nach Italien bis zum 4. September 2014 angeordnet. Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluss vom 12. August 2014 unter Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts den Antrag auf Anordnung von Abschiebungshaft zurückgewiesen, die sofortige Entlassung des Betroffenen aus der Haft angeordnet und die Rechtswidrigkeit der angeordneten Haft festgestellt. Mit der von dem Landgericht nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die beteiligte Behörde festzustellen, dass der Beschluss des Landgerichts rechtswidrig war und sie in ihren Rechten verletzt, hilfsweise, festzustellen, dass der Beschluss „aus dem Kostenpunkt rechtswidrig war“ und sie in ihren Rechten verletzt, und dem Betroffenen die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

II.


2
Nach Ansicht des Landgerichts durfte Haft zur Sicherung der Rücküberstellung des Betroffenen nach Italien nicht angeordnet werden, weil die Rücküberstellungsfrist von sechs Monaten nach Art. 20 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (ABl. EG Nr. L 50 S. 1 = heute Art. 29 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, ABl. EU Nr. 180 S. 31) abgelaufen gewesen sei.

III.


3
Die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde ist unzulässig.
4
1. Die Rechtsbeschwerde war bei Einlegung am 8. September 2014 unzulässig , weil sie nach § 70 FamFG in der seinerzeit geltenden Fassung nur bei Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft war (Senat, Beschluss vom 10. Februar 2010 - V ZB 35/10, FGPrax 2010, 98 Rn. 2) und das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hatte.
5
2. Sie ist mit dem Inkrafttreten von § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG am 1. August 2015 nicht zulässig geworden.
6
a) Nach § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG ist zwar auch die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft. Für die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist das jetzt geltende Verfahrensrecht zugrunde zu legen, weil die Änderung des § 70 Abs. 3 FamFG durch Art. 7 des Gesetzes vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386) mit sofortiger Wirkung in Kraft getreten ist und Überleitungsvorschriften, die Ausnahmen für anhängige Verfahren vorsehen, nicht erlassen worden sind.
7
b) Das führt aber nicht zur Zulässigkeit des Rechtsmittels.
8
aa) Die Hauptsache hatte sich schon vor der Einlegung der Rechtsbeschwerde durch die beteiligte Behörde erledigt. Die durch das Amtsgericht angeordnete Haft hatte nämlich am 4. September 2014 geendet und war abgelaufen , als die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde vom 8. September 2014 bei dem Bundesgerichtshof einging.
9
bb) Ein Rechtsbeschwerdeverfahren kann die beteiligte Behörde nach Erledigung der Hauptsache nicht mit einem Antrag nach § 62 FamFG fortsetzen (Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 - V ZB 22/12, BGHZ 196, 118 Rn. 9, 11 f.).
10
(1) Daran hat sich entgegen der Ansicht der beteiligten Behörde durch die Einführung von § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG mit dem Gesetz vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386) nichts geändert. Mit dieser Ergänzung hat der Gesetzgeber erreichen wollen, dass sowohl der Betroffene als auch die Behörde zu- lassungsfrei Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen über die Anordnung oder Aufhebung von Haft zur Sicherung der Abschiebung, Zurückschiebung oder Rücküberstellung einlegen können (Beschlussempfehlung zu dem Gesetz vom 27. Juli 2015 in BT-Drucks. 18/5420 S. 30). Damit hat der Gesetzgeber zwar den Gleichlauf der Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde mit derjenigen des Betroffenen hergestellt, dessen Fehlen der Senat seinerzeit als zusätzliches Argument für den Ausschluss eines Feststellungsantrags der beteiligten Behörde angeführt hatte (Beschluss vom 31. Januar 2013 - V ZB 22/12, BGHZ 196, 118 Rn. 13). Diese Annäherung der Rechtsbehelfe ändert aber nichts Entscheidendes.
11
(2) Das in der Vorschrift geforderte berechtigte Interesse an der Feststellung , dass die Entscheidung sie in ihren Rechten verletzt hat, hat die an einem Freiheitsentziehungsverfahren beteiligte Behörde nicht. Es besteht nämlich an sich nicht, weil der Beschwerdeführer durch die Entscheidung lediglich noch Auskunft über die Rechtslage erhielte, ohne dass damit eine wirksame Regelung getroffen werden könnte. Es lässt sich nicht schon aus der Beeinträchtigung von - auch der antragstellenden Behörde zustehenden - Rechten im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG ableiten. Das Interesse des Beteiligten an der Feststellung der Rechtslage muss vielmehr in besonderer Weise schutzwürdig sein, was regelmäßig eine Verletzung von Grundrechten voraussetzt (Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 - V ZB 22/12, BGHZ 196, 118 Rn. 11). Die entsprechende Anwendung der Norm im Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum effektiven Rechtsschutz von Betroffenen und unter Zugrundlegung der Absicht des Gesetzgebers, diese Rechtsprechung einfachrechtlich mit § 62 FamFG umzusetzen, gerade daraus abgeleitet, dass der Betroffene ohne eine solche Vorschrift sein Rehabilitationsinteresse nicht effektiv durchsetzen könnte (Be- schlüsse vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150 Rn. 9 und vom 31. Januar 2013 - V ZB 22/12, BGHZ 196, 118 Rn. 12). Der Gesetzgeber hat die Änderung von § 70 Abs. 3 FamFG nicht zum Anlass genommen, die Voraussetzungen für die Feststellung der Rechtswidrigkeit zu verändern. Er hat nicht einmal erwogen, durch eine Ergänzung von § 74 Abs. 4 FamFG oder in anderer Weise ausdrücklich zu regeln, dass diese Vorschrift auch im Rechtsbeschwerdeverfahren gilt. Eine entsprechende Anwendung auf das Rechtsmittel der beteiligten Behörde lässt sich unter diesem Gesichtspunkt nicht rechtfertigen (Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 - V ZB 22/12, BGHZ 196, 118 Rn. 11).
12
(3) Sie lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr begründen. Diese begründet ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit nur, wenn sie konkret ist (OLG Düsseldorf, FamRZ 2014, 330, 331) und wenn zu erwarten ist, dass gerade der Beschwerdeführer von einer gleichartigen Rechtsverletzung betroffen sein wird. Daran fehlt es aber, wenn nur ein Interesse an der abstrakten Klärung einer Rechtsfrage für die künftige Rechtspraxis einer Behörde angestrebt wird (vgl. für einen Notar OLG München, FGPrax 2010, 269; Keidel/Budde, FamFG, 18. Aufl., § 62 Rn. 21). So liegt es hier.
13
cc) Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht mit dem Hilfsantrag der beteiligten Behörde zulässig, festzustellen dass die Entscheidung des Landgerichts im Hinblick auf den Kostenpunkt rechtswidrig war und sie in ihren Rechten verletzt hat.
14
(1) Wenn mit diesem Antrag eine Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Kostenentscheidung angestrebt werden sollte, wäre die Rechtsbe- schwerde unzulässig. Das folgt zwar nicht, wie bis zu dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes, daraus, dass eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig wäre (vgl. zum früheren Recht: § 20a Abs. 1 Satz 1 FGG). Ein vergleichbarer Ausschluss ist im geltenden Recht nicht mehr vorgesehen. Ein solches Rechtsmittel müsste auch keinen Beschwerdewert erreichen , wenn es sich - wie hier - um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit handelt (BGH, Beschlüsse vom 25. September 2013 - XII ZB 464/12, NJW 2013, 3523 Rn. 7 und 27. November 2013 - XII ZB 597/13, NJW-RR 2014, 129 Rn. 4). Der Antrag wäre jedoch deswegen unzulässig, weil eine Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde, die sich allein gegen die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren richtet, nach wie vor der Zulassung bedürfte. Die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde ist zwar nach § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG genannten Verfahren richtet. Gegenstand einer auf den Kostenpunkt beschränkten Rechtsbeschwerde wäre aber nicht die Verweigerung der freiheitsentziehenden Maßnahme oder deren Aufhebung, sondern allein die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts. Diese wäre regelmäßig auch nur daraufhin überprüfbar, ob das Beschwerdegericht die Grenzen seines in der Regel bestehenden Ermessens bei der Auferlegung und Verteilung der Verfahrenskosten überschritten hat. Nichts spricht dafür, dass der Gesetzgeber auch solche Rechtsmittel der beteiligten Behörde ohne Zulassung für statthaft hat erklären wollen (vgl. BT-Drucks. 18/5420 S. 30).
15
(2) Eine Umdeutung des Antrags in eine Erledigungserklärung verbunden mit dem Antrag, dem Betroffenen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, scheidet ebenfalls aus.
16
Hier war die Hauptsache schon bei Abfassung der Rechtsbeschwerdeschrift der beteiligten Behörde erledigt, weil die ursprünglich angeordnete Haft zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen gewesen wäre. In dieser Konstellation kommt eine Erledigungserklärung verbunden mit einem Kostenantrag nur in Betracht, wenn die angegriffene Entscheidung im Kostenpunkt isoliert angreifbar wäre. Ist das aber - wie hier - nicht der Fall, scheidet sie aus (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - V ZB 170/11, NJW-RR 2012, 651 Rn. 7).

IV.


17
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
Stresemann Schmidt-Räntsch Weinland
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Merseburg, Entscheidung vom 01.08.2014 - 14 XIV (B) 19/14 -
LG Halle, Entscheidung vom 12.08.2014 - 1 T 61/14 -

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.