Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Apr. 2017 - V ZB 126/16

ECLI: ECLI:DE:BGH:2017:060417BVZB126.16.0
published on 06/04/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Apr. 2017 - V ZB 126/16
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Amtsgericht Meschede, 4 XIV (B) 19/16, 15/07/2016
Landgericht Arnsberg, 5 T 16/16, 16/08/2016

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 126/16
vom
6. April 2017
in der Rücküberstellungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Dublin-III-Verordnung Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 und 4

a) Die Sechswochenfrist gemäß Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 und 4 Dublin-IIIVerordnung
beginnt nicht vor Vollziehung der Haft zu laufen.

b) Steht bei Haftbeginn fest, dass die Überstellung spätestens innerhalb von
sechs Wochen erfolgen kann, scheitert ihre praktische Durchführbarkeit aber
aus Gründen, die die zu überstellende Person zu vertreten hat, wird eine erneute
Sechswochenfrist in Lauf gesetzt.
BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - V ZB 126/16 - LG Arnsberg
AG Meschede
ECLI:DE:BGH:2017:060417BVZB126.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Arnsberg - 5. Zivilkammer - vom 16. August 2016 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene ist algerischer Staatsangehöriger. Seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 30. September 2015 wegen eines bereits in Bulgarien gestellten Asylantrags als unzulässig ab. Zugleich ordnete es die Abschiebung des Betroffenen nach Bulgarien an. Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht am 17. Juni 2016 die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung des Betroffenen nach Bulgarien längstens bis zum 15. Juli 2016 an.
2
Nachdem eine für den 14. Juli 2016 angeordnete Rückführung des Betroffenen nach Bulgarien gescheitert war, hat das Amtsgericht auf weiteren Antrag der beteiligten Behörde durch Beschluss vom 15. Juli 2016 die Sicherungshaft bis zum 9. September 2016 verlängert. Durch Beschluss vom 1. August 2016 hat es den Haftzeitraum verkürzt auf den 18. August 2016. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. Juli 2016 hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er nach der am 18. August 2016 erfolgten Rücküberstellung nach Bulgarien die Feststellung beantragt, dass ihn die Haftverlängerung in seinen Rechten verletzt hat.

II.

3
Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Verlängerung der Sicherungshaft lägen vor. Der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig , da das von ihm angestrebte Asylverfahren mit unanfechtbarem Bescheid vom 30. September 2015 abgelehnt worden sei. Es liege ein Haftgrund im Sinne der Dublin-III-Verordnung vor, und die Sechswochenfrist des Art. 28 Abs. 3 Dublin-III-Verordnung sei gewahrt. Der Betroffene habe die Abschiebung vom 14. Juli 2016 durch sein Verhalten vereitelt, so dass ein neuer Sachverhalt vorliege, auf dessen Grundlage die Verlängerung der Abschiebungshaft angeordnet worden sei und die Sechswochenfrist erneut zu laufen begonnen habe. Er habe gegenüber dem Flugkapitän ausdrücklich erklärt, nicht freiwillig nach Bulgarien fliegen zu wollen. Deshalb habe der Flugkapitän die Mitnahme des Betroffenen verweigert.

III.

4
Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
5
1. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die durch die Haftverlängerung vom 15. Juli 2016 in Verbindung mit dem Änderungsbeschluss vom 1. August 2016 bis einschließlich zum 18. August 2016 angeordnete Haft wahre die Frist gemäß Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Dublin-III-Verordnung, weist im Ergebnis keinen Rechtsfehler auf.
6
a) Befindet sich eine Person - so wie der Betroffene - nach Art. 28 der Dublin-III-Verordnung in Haft, erfolgt gemäß Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Verordnung die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-IIIVerordnung keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Findet eine Überstellung innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 nicht statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten (Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 4 der Dublin-III-Verordnung).
7
b) Das Beschwerdegericht hat keine Feststellungen zu dem Zeitpunkt der ausdrücklichen oder stillschweigenden Annahme des Aufnahmegesuchs durch den Aufnahmestaat Bulgarien getroffen. Dies begründet entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde aber keinen Verfahrensfehler, weil es auf diesen Zeitpunkt nicht ankommt. Die Sechswochenfrist beginnt nicht vor Vollziehung der Haft zu laufen.
8
aa) Art. 28 Abs. 3 Dublin-III-Verordnung verkürzt die sonst üblichen Fristen im Dublin-III-Verfahren. Während das Wiederaufnahmeersuchen im Regelfall binnen drei Monaten - bei einem Eurodac-Treffer binnen zwei Monaten - gestellt werden muss (Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung), reduziert sich die Frist im Falle der Haft auf einen Monat. Die Antwort des ersuchten Mitgliedstaates muss bei einem Wiederaufnahmeverfahren im Regelfall binnen eines Monats - bei einem Euordac-Treffer binnen zwei Wochen - eingegangen sein (Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung). Im Falle der Haft reduziert sich die Frist generell auf zwei Wochen. Die Überstellungsfrist verringert sich von der allgemeinen Sechsmonatsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung) auf sechs Wochen. Diese Fristverkürzungen verfolgen den Zweck, die Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit des Betroffenen möglichst gering zu halten. Gemäß Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 1 der Dublin-III-Verordnung hat die Haft so kurz wie möglich und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß der Verordnung durchgeführt wird.
9
bb) Liegt im Zeitpunkt des Haftbeginns die Annahme des Aufnahmebzw. Wiederaufnahmegesuchs durch den ersuchten Mitgliedstaat bereits vor, führt dies nicht zu einer (weiteren) Verkürzung der in Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 und 4 Dublin-III-Verordnung bestimmten Sechswochenfrist oder sogar zu einer Unzulässigkeit der Haft, wenn die Annahme des Wiederaufnahmegesuchs bereits länger als sechs Wochen zurückliegt. Eine Inhaftnahme setzt das Vorliegen eines Haftgrundes in Gestalt einer erheblichen Fluchtgefahr voraus (Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung). Fehlt es im Zeitpunkt der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs an den Voraussetzungen der Fluchtgefahr, wäre es sinnwidrig, die (nur) für den Fall der Inhaftierung vorgesehene Sechswochenfrist bereits in Lauf zu setzen. Die Verkürzung der sonst geltenden Überstellungsfrist kommt nur dann zum Tragen, wenn sich der Betroffene bereits in Haft befindet.
10
c) Da der Betroffene am 17. Juni 2016 in Haft genommen wurde und frühestens zu diesem Zeitpunkt die Frist von sechs Wochen zu laufen begann, wurde sie durch die erste, auf den 15. Juli 2016 befristete Haftanordnung gewahrt. Entsprechendes gilt für den Haftverlängerungsbeschluss vom 15. Juli 2016, durch den die Haft bis zum 18. August 2016 und damit nicht länger als sechs Wochen angeordnet worden ist. Dass die Haft insgesamt länger als sechs Wochen dauerte, macht sie nicht rechtswidrig, weil der Betroffene die Zurückführung nach Bulgarien innerhalb des zunächst angeordneten Zeitraums durch sein eigenes Verhalten am 14. Juli 2016 praktisch undurchführbar gemacht und damit eine neue Frist von sechs Wochen in Lauf gesetzt hat.
11
aa) Art. 28 Abs. 3 Unterabsatz 3 der Dublin-III-Verordnung setzt bei der Begrenzung der Haft auf sechs Wochen voraus, dass innerhalb dieses Zeitraums eine Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat praktisch durchführbar ist. Andernfalls darf die Haft schon gar nicht angeordnet werden, da sie ausschließlich der Sicherstellung des Überstellungsverfahrens im Falle einer erheblichen Fluchtgefahr dient (Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung). Praktisch durchführbar ist die Überstellung, wenn die Behörde alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen schaffen kann, insbesondere zu erwarten ist, dass die benötigten Papiere besorgt und die Rückflüge in den zuständigen Mitgliedstaat gebucht werden können.
12
bb) Steht bei Haftbeginn fest, dass die Überstellung spätestens innerhalb von sechs Wochen erfolgen kann, scheitert ihre praktische Durchführbarkeit aber aus Gründen, die die zu überstellende Person zu vertreten hat, wird eine erneute Sechswochenfrist in Lauf gesetzt. Andernfalls hätte der Betroffene es in der Hand, die Rückführung zu vereiteln, obwohl die für die Inhaftierung erforderliche Fluchtgefahr weiter besteht und die Haft gerade verhindern soll, dass sich der Betroffene dem Überstellungsverfahren entzieht (Art. 28 Abs. 2, Art. 2 Buchst. n Dublin-III-Verordnung). Durch die Begrenzung der zulässigen Haftdauer soll erreicht werden, dass die zuständige Behörde den Betroffenen nach der Inhaftierung so schnell wie möglich in den für die Entscheidung über den Schutzantrag zuständigen Mitgliedstaat zurückführt. Hat die Behörde insoweit alles Erforderliche veranlasst, ist die Rückführung aber aus von dem Betroffenen zu vertretenden Gründen nicht möglich, ist er nicht schutzbedürftig, sondern muss es hinnehmen, dass sich die Haftdauer verlängert.
13
cc) So liegt der Fall hier. Dass der Betroffene nicht innerhalb sechs Wochen nach seiner Inhaftierung am 17. Juni 2016 nach Bulgarien zurückgeführt werden konnte, lag nach den rechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Beschwerdegerichts ausschließlich an seinem Verhalten gegenüber dem Flugkapitän während des Rückführungsversuchs am 14. Juli 2016. Dies begründete nicht nur einen Haftgrund gemäß Art. 28 Abs. 2, Art. 2 Buchst. n Dublin-III-Verordnung i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 5 und Abs. 15 Satz 1 AufenthG (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Mai 2016 - V ZB 27/16, juris Rn. 5, Beschluss vom 20. Oktober 2016 - V ZB 13/16 Rn. 5), sondern setzte zugleich eine erneute Überstellungsfrist von sechs Wochen in Gang. Diese ist gewahrt worden.
14
d) Der Senat ist nicht verpflichtet, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV vorzulegen, da die zitierten Vorschriften der Verordnung klar und eindeutig sind. Bei solchen Vorschriften besteht eine unionsrechtliche Pflicht zur Vorlage nicht (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415 Rn. 16).
15
2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Meschede, Entscheidung vom 15.07.2016 - 4 XIV (B) 19/16 -
LG Arnsberg, Entscheidung vom 16.08.2016 - I-5 T 16/16 -
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführ
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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);
2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.