vorgehend
Amtsgericht Hildesheim, 50 IN 128/06, 12.09.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 46/08
vom
16. Dezember 2008
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Trifft der Rechtspfleger über eine sofortige Beschwerde gegen einen von
ihm erlassenen Beschluss ohne Vorlage an das Landgericht selbst die Beschwerdeentscheidung
, so ist diese unwirksam. In diesem Fall ist Gegenstand
der ursprünglichen Beschwerde auch die über eine Abhilfeentscheidung
hinausgehende vermeintliche Endentscheidung des Rechtspflegers.
BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - IX ZA 46/08 - AG Hildesheim
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 16. Dezember 2008

beschlossen:
Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim - Rechtspflegerin - vom 19. Juli 2007 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 12. September 2008 wird abgelehnt.

Gründe:


I.


1
Über das Vermögen des Schuldners wurde auf dessen mit einem Restschuldbefreiungsgesuch verbundenen Eigenantrag das Insolvenzverfahren eröffnet. Zugleich wurden dem Schuldner die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet. Da der Schuldner am 3. Juli 2007 zu einem Anhörungstermin nicht erschien, hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - die Kostenstundung durch Beschluss vom 19. Juli 2007 aufgehoben. Gegen den ihm durch Einlegen in den Briefkasten am 26. Juli 2007 zugestellten Beschluss hat der Schuldner mit Schriftsatz vom 23. Juli 2008, eingegangen bei dem Amtsgericht am 24. Juli 2008, sofortige Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
2
Durch Beschluss vom 12. September 2008 hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - die Beschwerde einschließlich des Wiedereinsetzungsantrags zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Schuldner am 30. September 2008 Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht eingelegt. Auf dessen Hinweis, dass eine Rechtsbeschwerde bei dem Bundesgerichtshof durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen ist, hat der Beschwerdeführer am 2. Oktober 2008 Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. K. zur Durchführung einer Rechtsbeschwerde, hilfsweise einer außerordentlichen Beschwerde, beantragt.

II.


3
Dem Schuldner kann Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 ZPO). Die von dem Schuldner beabsichtigte Rechtsbeschwerde ist unstatthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO).
4
1. Gegen die Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten steht dem Schuldner nach § 4d Abs. 1 InsO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. Dies gilt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 RpflG auch, wenn - wie im Streitfall - die Entscheidung im eröffneten Verfahren durch den Rechtspfleger (§ 18 Abs. 1 RpflG) ergangen ist (MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 4d Rn. 3, 9; Jaeger/ Eckardt, InsO § 4d Rn. 7). Über die sofortige Beschwerde entscheidet nach §§ 567, 568 ZPO das Landgericht als Beschwerdegericht (Jaeger/Gerhardt, aaO § 6 Rn. 19). Erst gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts findet gemäß § 7 InsO die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof statt (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 4d Rn. 12; Jaeger/Eckardt, aaO § 4d Rn. 35).
5
2. Die von dem Schuldner beabsichtigte Rechtsbeschwerde ist unstatthaft , weil bislang eine Entscheidung des Beschwerdegerichts über seine sofortige Beschwerde nicht ergangen ist (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 7 Rn. 17) und eine "Sprungrechtsbeschwerde" gegen eine amtsgerichtliche Entscheidung ausscheidet (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO). Zwar kann der Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde abhelfen (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 6 Rn. 45; Jaeger/Gerhardt, aaO § 6 Rn. 21, 36). Hält er die sofortige Beschwerde hingegen für unbegründet, hat er sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorzulegen (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO). Ebenso ist zu verfahren , wenn der Rechtspfleger die Beschwerde - wie im Streitfall - als unzulässig erachtet (Musielak/Ball, ZPO 6. Aufl. § 572 Rn. 7; MünchKomm-ZPO/ Lipp, 3. Aufl. § 572 Rn. 10). Da eine Vorlage der Sache an das Beschwerdegericht und daher eine Beschwerdeentscheidung bislang aussteht, ist die von dem Schuldner beabsichtigte Rechtsbeschwerde unstatthaft.
6
3. Ein weitergehendes Rechtsmittel ist auch dann nicht gegeben, wenn die Rechtspflegerin - wofür zumindest der äußere Anschein spricht - endgültig über die sofortige Beschwerde befinden wollte.
7
a) In diesem Fall erweist sich ihre Entscheidung wegen der Inanspruchnahme dem Beschwerdegericht vorbehaltener richterlicher Befugnisse nach § 8 Abs. 4 Satz 1 RPflG als unwirksam (BayObLGZ 1959, 89, 93; OLG München RPflG 2000, 98 f; Roth in Bassenge/Roth, RPflG 11. Aufl. § 8 Rn. 4). Die gleichwohl existente und daher anfechtbare (BGH, Beschl. v. 5. Dezember 2005 - II ZB 2/05, NJW-RR 2006, 565, 566) Entscheidung ist auf die sofortige Beschwerde des Schuldners im Rechtsmittelverfahren von dem Landgericht als zuständigem Beschwerdegericht aufzuheben (vgl. BGH, Beschl. v. 2. Juni 2005 - IX ZB 287/03, NJW-RR 2005, 1299).
8
b) Der Einlegung eines gesonderten Rechtsmittels gegen die - über eine Nichtabhilfe hinausgehende - vermeintliche (End-)Entscheidung der Rechtspflegerin bedarf es jedoch nicht. Nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung steht der Partei sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung gegeben gewesen wäre (BGHZ 98, 362, 364 f; 152, 213, 216). Bei richtiger Entscheidungsform ist schon aufgrund der gegen die Ausgangsentscheidung eingelegten sofortigen Beschwerde auch über den nicht selbständig anfechtbaren (OLG Celle OLGReport 2006, 462; Zöller /Heßler, ZPO 27. Aufl. § 572 Rn. 15) Nichtabhilfebeschluss zu befinden (MünchKomm-ZPO/Lipp, 3. Aufl. § 572 Rn. 13). Da der Schuldner das gegen die Ausgangsentscheidung eröffnete Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde bereits eingelegt und damit die ihm zukommende Rechtsmittelwahl getroffen hat, ist in Konstellationen der vorliegenden Art trotz des gegebenen rechtswidrigen Tätigwerdens der Rechtspflegerin als Beschwerdegericht für die Alternative einer Rechtsbeschwerde kein Raum. Der Beschwerdeführer kann die Vorlage an das Beschwerdegericht durchsetzen, indem er von der Befugnis des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO Gebrauch macht, seine Beschwerde nochmals unmittelbar bei dem Beschwerdegericht einzureichen (Baumbach/Lauterbach/Albers /Hartmann, ZPO 67. Aufl. § 572 Rn. 7).
9
4. Nach Rückgabe der Akte hat das Amtsgericht die Vorlage der Sache an das Landgericht Hildesheim zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Schuldners zu veranlassen.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanz:
AG Hildesheim, Entscheidung vom 12.09.2008 - 50 IN 128/06 -

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(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts ande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 568 Originärer Einzelrichter


Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur

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(1) Gegen die Ablehnung der Stundung oder deren Aufhebung sowie gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird die Stundung bewilligt, so steht der Staatskasse die sofortige Beschwerd

Rechtspflegergesetz - RPflG 1969 | § 8 Gültigkeit von Geschäften


(1) Hat der Richter ein Geschäft wahrgenommen, das dem Rechtspfleger übertragen ist, so wird die Wirksamkeit des Geschäfts hierdurch nicht berührt. (2) Hat der Rechtspfleger ein Geschäft wahrgenommen, das ihm der Richter nach diesem Gesetz übertrage

Rechtspflegergesetz - RPflG 1969 | § 18 Insolvenzverfahren


(1) In Verfahren nach der Insolvenzordnung bleiben dem Richter vorbehalten: 1. das Verfahren bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag unter Einschluss dieser Entscheidung und der Ernennung des Insolvenzverwalters sowie des Verfahrens über einen

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(1) Hat der Richter ein Geschäft wahrgenommen, das dem Rechtspfleger übertragen ist, so wird die Wirksamkeit des Geschäfts hierdurch nicht berührt.

(2) Hat der Rechtspfleger ein Geschäft wahrgenommen, das ihm der Richter nach diesem Gesetz übertragen kann, so ist das Geschäft nicht deshalb unwirksam, weil die Übertragung unterblieben ist oder die Voraussetzungen für die Übertragung im Einzelfalle nicht gegeben waren.

(3) Ein Geschäft ist nicht deshalb unwirksam, weil es der Rechtspfleger entgegen § 5 Absatz 1 dem Richter nicht vorgelegt hat.

(4) Hat der Rechtspfleger ein Geschäft des Richters wahrgenommen, das ihm nach diesem Gesetz weder übertragen ist noch übertragen werden kann, so ist das Geschäft unwirksam. Das gilt nicht, wenn das Geschäft dem Rechtspfleger durch eine Entscheidung nach § 7 zugewiesen worden war.

(5) Hat der Rechtspfleger ein Geschäft des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wahrgenommen, so wird die Wirksamkeit des Geschäfts hierdurch nicht berührt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Gegen die Ablehnung der Stundung oder deren Aufhebung sowie gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird die Stundung bewilligt, so steht der Staatskasse die sofortige Beschwerde zu. Diese kann nur darauf gestützt werden, dass nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die Stundung hätte abgelehnt werden müssen.

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

(1) In Verfahren nach der Insolvenzordnung bleiben dem Richter vorbehalten:

1.
das Verfahren bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag unter Einschluss dieser Entscheidung und der Ernennung des Insolvenzverwalters sowie des Verfahrens über einen Schuldenbereinigungsplan nach den §§ 305 bis 310 der Insolvenzordnung,
2.
das Verfahren über einen Insolvenzplan nach den §§ 217 bis 256 und den §§ 258 bis 269 der Insolvenzordnung,
3.
die Entscheidung über die Begründung des Gruppen-Gerichtsstands nach § 3a Absatz 1 der Insolvenzordnung, die Entscheidung über den Antrag auf Verweisung an das Gericht des Gruppen-Gerichtsstands nach § 3d Absatz 1 der Insolvenzordnung sowie das Koordinationsverfahren nach den §§ 269d bis 269i der Insolvenzordnung,
4.
bei einem Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung die Entscheidungen nach den §§ 287a, 290, 296 bis 297a und 300 der Insolvenzordnung, wenn ein Insolvenzgläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt, sowie die Entscheidung über den Widerruf der Restschuldbefreiung nach § 303 der Insolvenzordnung,
5.
Entscheidungen nach den §§ 344 bis 346 der Insolvenzordnung.

(2) Der Richter kann sich das Insolvenzverfahren ganz oder teilweise vorbehalten, wenn er dies für geboten erachtet. Hält er den Vorbehalt nicht mehr für erforderlich, kann er das Verfahren dem Rechtspfleger übertragen. Auch nach der Übertragung kann er das Verfahren wieder an sich ziehen, wenn und solange er dies für erforderlich hält.

(3) Hat sich die Entscheidung des Rechtspflegers über die Gewährung des Stimmrechts nach § 77 der Insolvenzordnung auf das Ergebnis einer Abstimmung ausgewirkt, so kann der Richter auf Antrag eines Gläubigers oder des Insolvenzverwalters das Stimmrecht neu festsetzen und die Wiederholung der Abstimmung anordnen; der Antrag kann nur bis zum Schluss des Termins gestellt werden, in dem die Abstimmung stattfindet.

(4) Ein Beamter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung Geschäfte des Rechtspflegers in Insolvenzsachen nicht wahrnehmen. Rechtspfleger in Insolvenzsachen sollen über belegbare Kenntnisse des Insolvenzrechts und Grundkenntnisse des Handels- und Gesellschaftsrechts und der für das Insolvenzverfahren notwendigen Teile des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts und des Rechnungswesens verfügen. Einem Rechtspfleger, dessen Kenntnisse auf diesen Gebieten nicht belegt sind, dürfen die Aufgaben eines Rechtspflegers in Insolvenzsachen nur zugewiesen werden, wenn der Erwerb der Kenntnisse alsbald zu erwarten ist.

(1) Gegen die Ablehnung der Stundung oder deren Aufhebung sowie gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird die Stundung bewilligt, so steht der Staatskasse die sofortige Beschwerde zu. Diese kann nur darauf gestützt werden, dass nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die Stundung hätte abgelehnt werden müssen.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Hat der Richter ein Geschäft wahrgenommen, das dem Rechtspfleger übertragen ist, so wird die Wirksamkeit des Geschäfts hierdurch nicht berührt.

(2) Hat der Rechtspfleger ein Geschäft wahrgenommen, das ihm der Richter nach diesem Gesetz übertragen kann, so ist das Geschäft nicht deshalb unwirksam, weil die Übertragung unterblieben ist oder die Voraussetzungen für die Übertragung im Einzelfalle nicht gegeben waren.

(3) Ein Geschäft ist nicht deshalb unwirksam, weil es der Rechtspfleger entgegen § 5 Absatz 1 dem Richter nicht vorgelegt hat.

(4) Hat der Rechtspfleger ein Geschäft des Richters wahrgenommen, das ihm nach diesem Gesetz weder übertragen ist noch übertragen werden kann, so ist das Geschäft unwirksam. Das gilt nicht, wenn das Geschäft dem Rechtspfleger durch eine Entscheidung nach § 7 zugewiesen worden war.

(5) Hat der Rechtspfleger ein Geschäft des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wahrgenommen, so wird die Wirksamkeit des Geschäfts hierdurch nicht berührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 2/05
vom
5. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Zwischenurteil, das sich seinem Inhalt nach nicht auf die Klärung einer prozessualen
Vorfrage beschränkt, sondern tatsächlich eine Entscheidung über
den materiellen Streitgegenstand trifft, ist als Sachurteil uneingeschränkt mit
einem Rechtsmittel anfechtbar.
Ein trotz fehlender Rechtshängigkeit erlassenes Urteil ist wirkungslos; es kann
mit dem Rechtsmittel angefochten werden, das gegen ein rechtsfehlerfreies
Urteil gleichen Inhalts gegeben wäre.
BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2005 - II ZB 2/05 - OLG Celle
LG Hannover
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Dezember 2005
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 17. Januar 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Geschäftswert: 20.000,00 €

Gründe:


1
I. Der Kläger ist Gesellschafter der beklagten GmbH. Mit seiner "Anfechtungs - und Nichtigkeitsklage" wendet er sich gegen mehrere auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 15. April 2004 gefasste Beschlüsse. Durch "Zwischenurteil" hat das Landgericht erkannt, dass H. S. am Stammkapital der Beklagten seit dem 3. Mai 2004 über drei Geschäftsanteile mit insgesamt 100.000,00 DM beteiligt ist und die Beklagte als Gesellschafter hinsichtlich der Auseinandersetzungen um die Wirksamkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen vom 15. April 2004 und 14. Mai 2004 vertritt. Die gegen beide Urteilserkenntnisse gerichtete Berufung des Klägers, der die Ver- tretung der Beklagten durch H. S. lediglich im Blick auf eine von diesem selbst gegen einen Gesellschafterbeschluss erhobene Klage beanstandet, hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
2
II. Das Oberlandesgericht hat gemeint, ein Zwischenurteil sei nur insoweit anfechtbar, als darin über die Zulässigkeit der Klage entschieden worden sei. Die Berufung des Klägers richte sich nicht gegen die von dem Landgericht sinngemäß bejahte Zulässigkeit der Klage. Durch die nicht in Rechtskraft erwachsenden , über den vorliegenden Rechtsstreit hinausgehenden Feststellungen in Tenor und Begründung des angefochtenen Urteils werde der Kläger nicht beschwert.
3
III. Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 575 Abs. 1 und 2 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil die Beurteilung des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit des Rechtsmittels auf einem grundlegenden Missverständnis höchstrichterlicher Rechtsprechung beruht und daher eine strukturelle Wiederholungsgefahr besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 8. September 2004 - V ZR 260/03, NJW 2005, 154 f.). Die Berufung des Klägers ist gegen beide in der Urteilsformel des Landgerichts getroffene Feststellungen zulässig.
4
1. Soweit der Urteilstenor H. S. die Rechtsstellung eines Gesellschafters der Beklagten einräumt, bildet die Entscheidung des Landgerichts ein mit der Berufung anfechtbares Feststellungsurteil.
5
a) Lediglich im Ausgangspunkt geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass ein Zwischenurteil nur insoweit als mit Rechtsmitteln angreifbares Endurteil anzusehen ist, als gemäß § 280 ZPO nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden wird. Ferner noch zutreffend hat das Berufungsgericht ausgesprochen , daß die in dem angegriffenen landgerichtlichen Urteil unausgesprochen enthaltene Feststellung, daß die Klage zulässig sei, den Kläger nicht beschwert.
6
b) Rechtsfehlerhaft ist indessen die Annahme des Berufungsgerichts, das Landgericht habe lediglich ein - nicht gesondert anfechtbares - Zwischenurteil im Sinne von § 303 ZPO erlassen. Es hat verkannt, dass das prozessuale Wesen eines Urteils nicht notwendig mit der ihm gegebenen Bezeichnung übereinstimmt. In der Rechtsprechung ist seit jeher anerkannt, dass ein vermeintliches "Zwischenurteil", das sich seinem Inhalt nach nicht, wie § 303 ZPO voraussetzt, auf die Klärung einer prozessualen Vorfrage beschränkt, sondern tatsächlich eine Entscheidung über den materiellen Streitgegenstand trifft, ein (Teil-)Endurteil darstellt und in diesem Fall wie ein Sachurteil uneingeschränkt anfechtbar ist (BGHZ 8, 383; BGH, Beschl. v. 18. September 1996 - VIII ZB 28/96, NJW 1996, 3345 f.; BGH, Urt. v. 8. Februar 1994 - KZR 2/93, NJW 1994, 1651 f.).
7
c) Ein solcher Fall liegt hier vor. Die in dem Urteilstenor des Landgerichts getroffene Feststellung, dass H. S. an der Beklagten mit mehreren Geschäftsanteilen beteiligt ist, betrifft nicht die Zulässigkeit der Klage. Vielmehr wird tatsächlich die zwischen den Parteien streitige Frage entschieden, ob H. S. Gesellschafter der Beklagten ist. Dieses Feststellungsurteil beschwert den Kläger und eröffnet ihm die Überprüfung des Ausspruchs des Landgerichts im Berufungsverfahren.
8
2. Der zweite Teil der Entscheidungsformel, der H. S. die Vertretung der Beklagten in allen Auseinandersetzungen um die Wirksamkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen vom 15. April 2004 und 14. Mai 2004 zuweist , ist zwar ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage (§ 280 Abs. 1 ZPO). Dieses Urteil kann aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wegen seines, wie mangels jeglicher tatrichterlicher Feststellungen durch das Berufungsgericht für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellen ist, über das vorliegende Verfahren hinausgehenden Entscheidungsinhalts als wirkungsloses Urteil von dem Kläger - in dem geltend gemachten eingeschränkten Umfang - mit seinem Rechtsmittel angefochten werden.
9
a) Das Landgericht hat der Beklagten die Prozessfähigkeit (§ 51 ZPO) zugebilligt, weil sie durch ihren Gesellschafter H. S. wirksam vertreten werde. Damit hat das Landgericht über eine einzelne Sachurteilsvoraussetzung ausdrücklich befunden (BGHZ 27, 15, 26 ff.; BGH, Urt. v. 23. Mai 1985 - III ZR 57/84, NJW-RR 1986, 61 f.; MünchKommZPO/Prütting 2. Aufl. § 280 Rdn. 8; Musielak/Foerste, ZPO 4. Aufl. § 280 Rdn. 7). Die Vertretung der Beklagten durch H. S. greift der Kläger, soweit der vorliegende Rechtsstreit betroffen ist, nicht an.
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b) Ausweislich des Urteilstenors, dessen Inhalt - was das Berufungsgericht nicht beachtet - für die Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft maßgeblich ist (vgl. BGHZ 124, 164, 166; 34, 337, 339), hat das Landgericht der Beklagten die Prozessfähigkeit mit der Maßgabe der Vertretung durch ihren Gesellschafter H. S. nicht nur für das vorliegende, sondern ausdrücklich für sämtliche gerichtliche Verfahren zugebilligt, welche Auseinandersetzungen um die Wirksamkeit der auf den Gesellschafterversammlungen vom 15. April 2004 und 14. Mai 2004 gefassten Beschlüsse zum Gegenstand haben. Nach dem für das Rechtsbeschwerdeverfahren maßgeblichen Vorbringen des Klägers hat - neben weiteren von ihm selbst eingeleiteten Verfahren - auch H. S. einen der auf den Gesellschafterversammlungen gefassten Beschlüsse als Kläger beanstandet.
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c) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Landgericht der Beklagten auch für das letztgenannte Verfahren die Prozessfähigkeit auf der Grundlage einer Vertretung durch ihren Gesellschafter S. bescheinigt hat. Die von H. S. erhobene Klage ist - wie auch die von dem Kläger offenbar verfolgten weiteren Rechtsschutzbegehren - nicht Bestandteil des vorliegenden Rechtsstreits. Über diese Klage kann - mangels einer Verfahrensverbindung (§ 147 ZPO) - nur innerhalb des betreffenden Verfahrens entschieden werden. Folglich ist die Entscheidung des Landgerichts, die sich nach ihrem Inhalt auch auf den von H. S. betriebenen Prozess erstreckt, außerhalb eines rechtshängigen Verfahrens ergangen. Ein trotz fehlender Rechtshängigkeit erlassenes Urteil ist jedoch wirkungslos (BayObLG NJW-RR 2000, 671 f.; LAG Frankfurt BB 1982, 1924 f.; LG Tübingen JZ 1982, 474 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO 25. Aufl. Rdn. 18 vor § 300; Musielak/Musielak, ZPO 4. Aufl. § 300 Rdn. 5).
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Ein solches Urteil entfaltet - dies gilt auch für etwaige von dem Kläger erhobene weitere, nicht den Gegenstand der Berufung bildenden Klagen - keine materielle Rechtskraft (BGHZ 4, 389, 394; Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 19 vor § 300; Musielak/Musielak aaO § 300 Rdn. 7), kann aber, wenn es nicht angefochten wird, formelle Rechtskraft erlangen. Um deren Eintritt zu verhindern, kann ein wirkungsloses Urteil mit dem Rechtsmittel angefochten werden, das gegen ein rechtsfehlerfreies Urteil gleichen Inhalts gegeben wäre (BGHZ 10, 346, 349; 4, 389, 394; MünchKommZPO/Rimmelspacher 2. Aufl. § 511 Rdn. 13).
Goette Kraemer Gehrlein
Strohn Caliebe
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 30.06.2004 - 23 O 66/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.01.2005 - 9 U 190/04 -

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.