Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2008 - IV ZR 330/06

bei uns veröffentlicht am12.03.2008
vorgehend
Landgericht Berlin, 5 O 404/04, 22.03.2005
Kammergericht, 26 U 75/05, 11.01.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 330/06
vom
12. März 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Dr. Franke
am 12. März 2008

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. Januar 2006 zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 45.897,64 €

Gründe:


1
Die I. Klägerin nimmt den Beklagten, ihren früheren Prozessbevollmächtigten , wegen Verletzung anwaltlicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch.
2
1. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin ohne das behauptete Fehlverhalten ihres Bevollmächtigten in einem gegen ihren Hausrat- versicherer wegen Entschädigungsleistungen geführten Rechtsstreit obsiegt hätte. Der Beklagte bestreitet sein Verschulden und macht geltend, der Klägerin sei mangels Deckungsanspruchs gegen ihren Versicherer kein Schaden entstanden. Dieser hatte sich im Ausgangsrechtsstreit unter anderem damit verteidigt, dass ihm bei Antragstellung Vorschäden verschwiegen worden seien, weshalb er zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag berechtigt gewesen sei.
3
2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Kammergericht hat die Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil zurückgewiesen. Die Klage gegen den Hausratversicherer hätte, so das Berufungsgericht , auch ohne die anwaltliche Pflichtverletzung keinen Erfolg gehabt. Obwohl das tatsächliche Vorbringen der Klägerin, wonach sie die bei Abschluss des Versicherungsvertrages eingeschaltete Vermittlerin vollständig über die Vorschäden unterrichtet habe, wegen der Säumnis des Beklagten gemäß § 539 Abs. 2 ZPO als zugestanden anzusehen sei, rechtfertige dies den Berufungsantrag nicht. Zwar sei das Wissen, über das ein mündlich vollständig informierter Versicherungsagent, im vorliegenden Fall die stellvertretend für den damaligen Versicherer tätig gewordene E. GmbH, im Hinblick auf gefahrerhebliche Umstände verfüge, dem Versicherer regelmäßig auch dann zuzurechnen, wenn diese Umstände nicht in das Antragsformular aufgenommen worden seien. Darauf könne sich die Klägerin jedoch im vorliegenden Fall gemäß § 242 BGB nicht berufen, da ein evidenter Missbrauch der Vollmacht des Versicherungsagenten anzunehmen sei. Die Klägerin habe die Unvollständigkeit der Eintragungen in dem Formular gekannt und auch keinen Anlass gehabt anzunehmen, Mitarbeiter der E. GmbH würden diese vor Weitergabe an den Versicherer noch vervollständigen.
4
II. Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Das Berufungsgericht hat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es ohne einen Hinweis auf die Unschlüssigkeit ihres Vortrags ein unechtes Versäumnisurteil erlassen hat.
5
Erteilung Die eines solchen rechtlichen Hinweises (§ 139 Abs. 2 ZPO), die sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung nicht ergibt (vgl. dazu BGHZ 164, 166, 172 f.) vermisst die Beschwerde zu Recht. Dabei kann dahinstehen, ob das Gericht vor Erlass eines unechten Versäumnisurteils regelmäßig verpflichtet ist, auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags hinzuweisen (so Zöller/Herget , ZPO 26. Aufl. § 331 Rdn. 15; MünchKomm-ZPO/Prütting, 4. Aufl. § 331 Rdn. 50; Hk-Pukall, ZPO § 331 Rdn. 8). Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin zu den näheren Umständen der Offenlegung von Vorschäden bei der Antragstellung bereits in erster Instanz vorgetragen. Diesen Vortrag hatte sie, nachdem das Landgericht sie insoweit als beweisfällig angesehen hatte, im Berufungsrechtszug - unter erneutem Beweisantritt - ergänzt. Im Hinblick darauf, dass gemäß § 539 Abs. 2 ZPO das zulässige tatsächliche Vorbringen der Klagepartei als zugestanden anzusehen , also der Entscheidung ohne weitere Beweisaufnahme zugrunde zu legen ist, wenn der Berufungsbeklagte nicht erscheint und daraufhin gegen ihn der Erlass eines Versäumnisurteils beantragt wird, konnte die Klägerin darauf vertrauen, das Berufungsgericht werde sie auf die fehlende Schlüssigkeit ihres Vortrages vor Erlass des unechten Versäumnisurteils hinweisen.
6
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
7
Die 1. Annahme des Berufungsgerichts, die E. GmbH sei als Versicherungsagent für die Beklagte des Ausgangsverfahrens tätig geworden, begegnet nach den dazu getroffenen Feststellungen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Voraussetzung einer Stellung als Agent mit der Folge einer Wissenszurechnung nach den Grundsätzen der vom Senat entwickelten sog. Auge-und-Ohr-Rechtsprechung ist, dass der Vermittler vom Versicherer zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtigt, zumindest aber von ihm im Sinne von § 43 Nr. 1 VVG betraut ist (BGHZ 102, 194, 197 f. und ständig). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Vermittler dem Versicherer als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt, also im Lager des Antragstellers und nicht in dem des Versicherers steht (Senatsurteil vom 19. September 2001 - IV ZR 235/00 - VersR 2001, 1498 unter II 2). Gemessen daran wurde die E. GmbH hier als selbstständige Versicherungsmaklerin tätig. Sie war von der Klägerin beauftragt, einen neuen Hausratversicherer zu finden, ein möglichst günstiges Angebot für einen Versicherungsvertrag einzuholen und den Vertrag dann nach ihren Weisungen abzuschließen. Damit nahm sie ausschließlich Interessen der Klägerin wahr, die mit ihr zu diesem Zweck einen "Versicherungsmaklervertrag" abgeschlossen hatte. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, die E. GmbH der Sphäre des damaligen Versicherers zuzurechnen, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht vorgetragen. Solche Umstände ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Beschäftigten der GmbH Antragsformulare des Versicherers zur Verfügung hatten und von ihnen bei der Vermittlung des Vertrages Gebrauch machten (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999, 1481 unter 2 c).

8
Ob 2. der Versicherer berechtigt war, den mit der Klägerin geschlossenen Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten , bedarf daher unter Berücksichtigung der Maklereigenschaft der E. GmbH erneuter Prüfung. Diese Prüfung wird sich - nach ergänzendem Parteivortrag - auf die genauen Umstände des Vertragsschlusses und insbesondere darauf erstrecken müssen, was hinsichtlich der Angabe von Vorschäden im Versicherungsantrag zwischen der Klägerin und der von ihr eingeschalteten Maklerin abgesprochen war. Will der Versicherer den ihm nach § 123 BGB obliegenden Nachweis führen, der Versicherungsnehmer habe bei Anbahnung des Versicherungsvertrages arglistig falsche Angaben gemacht, so trifft, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen, den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast (Senatsurteil vom 7. November 2007 - IV ZR 103/06 - VersR 2008, 242 Tz. 1 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats genügen jedoch falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein nicht, um den Schluss auf eine arglistige Täuschung zu rechtfertigen. Die Annahme von Arglist setzt in subjektiver Hinsicht vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - IV ZR 331/05 - VersR 2007, 785 unter II 1 a m.w.N.). Eine arglistige Täuschung des Versicherers allein durch die Maklerin - die nicht Dritte i.S. von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist - wäre der Klägerin zuzurechnen (§ 166 Abs. 1 BGB).
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.03.2005 - 5 O 404/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 11.01.2006 - 26 U 75/05 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2008 - IV ZR 330/06

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2008 - IV ZR 330/06

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2008 - IV ZR 330/06 zitiert 10 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Zivilprozessordnung - ZPO | § 331 Versäumnisurteil gegen den Beklagten


(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständ

Zivilprozessordnung - ZPO | § 539 Versäumnisverfahren


(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen. (2) Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäu

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 43 Begriffsbestimmung


(1) Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung). (2) Wird der Versicherungsvertrag für einen anderen gesc

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2008 - IV ZR 330/06 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2008 - IV ZR 330/06 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2007 - IV ZR 103/06

bei uns veröffentlicht am 07.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 103/06 vom 7. November 2007 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Feb. 2007 - IV ZR 331/05

bei uns veröffentlicht am 28.02.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 331/05 Verkündetam: 28.Februar2007 Fritz Justizangestellte alsUrkundsbeamtin derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG §§

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2001 - IV ZR 235/00

bei uns veröffentlicht am 19.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 235/00 Verkündet am: 19. September 2001 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _________
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2008 - IV ZR 330/06.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2014 - IV ZR 306/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR306/13 Verkündet am: 12. März 2014 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG § 19 Abs. 5 Verletzt der Ver

Landgericht Aachen Urteil, 03. Nov. 2016 - 9 O 346/14

bei uns veröffentlicht am 03.11.2016

Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 205.049,90€ sowie Zinsen in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechts

Sozialgericht Düsseldorf Urteil, 13. Feb. 2014 - S 8 KR 1061/12

bei uns veröffentlicht am 13.02.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Frage der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten aufgrund einer Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SG

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.

(2) Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil, so ist das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall ist, ist die Berufung zurückzuweisen.

(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über das Versäumnisverfahren im ersten Rechtszug sinngemäß.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.

(2) Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil, so ist das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall ist, ist die Berufung zurückzuweisen.

(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über das Versäumnisverfahren im ersten Rechtszug sinngemäß.

(1) Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung).

(2) Wird der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen, ist, auch wenn dieser benannt wird, im Zweifel anzunehmen, dass der Versicherungsnehmer nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt.

(3) Ergibt sich aus den Umständen nicht, dass der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen werden soll, gilt er als für eigene Rechnung geschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 235/00 Verkündet am:
19. September 2001
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Die Zurechnung der Kenntnis des Agenten setzt voraus, daß dieser bei der Entgegennahme
des Antrags in Ausübung der Stellvertretung für den Versicherer tätig
geworden ist. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Agent dem Versicherer bei Antragstellung
als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt.
BGH, Urteil vom 19. September 2001 - IV ZR 235/00 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting und Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. August 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Testamentsvollstrecker für den Nachlaß des am 31. Oktober 1996 verstorbenen Dr. L.. Er macht in dieser Eigenschaft Versicherungsleistungen aus einem Gebäudeversicherungsvertrag geltend , hilfsweise Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten.

Der Erblasser war Eigentümer eines bei dem früher zuständigen Gebäudemonopolversicherer versicherten Geschäftshauses in P.. Nach Aufhebung des Gebäudeversicherungsmonopols beauftragte und bevollmächtigte er seine Hausverwaltung, die A. GmbH, mit dem Abschluß eines neuen Versicherungsvertrages. Die A. GmbH war auch Versicherungsagentin der Beklagten.
Die A. GmbH holte zunächst ein Angebot der Gebäudeversicherung B. AG, der Rechtsnachfolgerin des Monopolversicherers, auf Abschluß eines Gebäudeversicherungsvertrages zum Neuwert ein. Das Angebot enthielt ausweislich des Anschreibens des Versicherers vom 31. August 1995 einen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung. Die A. GmbH übermittelte das Angebot der Beklagten, nach Behauptung des Klägers einschließlich des Anschreibens vom 31. August 1995, und erklärte, einen Versicherungsvertrag zu gleichlautenden Bedingungen mit der Beklagten abzuschließen, falls diese eine günstigere Prämie anbiete. Die Beklagte, für die ihr Bezirksdirektor F. verhandelte, legte im September 1995 ein Angebot mit einer Versicherungssumme von 3.197.000 DM vor, das den Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung nicht enthielt. Sie überließ der A. GmbH einen von einem Mitarbeiter der Bezirksdirektion K. bereits ausgefüllten Versicherungsantrag, den der Geschäftsführer der A. GmbH für den Erblasser unterzeichnete und an die Beklagte zurückgab. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1995 erklärte die Beklagte die Übernahme der Deckung ab dem 1. Januar 1996 und stellte am 8. März 1996 einen Versicherungsschein auf Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für die Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben (VBGB 94) und der Besonderen Bedingungen für

die Versicherung weiterer Elementarschäden bei gewerblichen Risiken (BEG-Klausel 9050) aus. Die A. GmbH erhielt von der Beklagten eine Provision. Am 1. April 1996 entstand an dem versicherten Gebäude ein Brand- oder Explosionsschaden in Höhe von 1.403.728,60 DM. Da der Neuwert des Gebäudes 4.980.000 DM betrug, erhob die Beklagte den Einwand der Unterversicherung und zahlte lediglich 901.053,38 DM.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der restlichen 502.675,22 DM verurteilt. Ihre dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klagabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht führt aus: Der geltend gemachte Anspruch sei nach Grund und Höhe aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrages gerechtfertigt. Auf eine Unterversicherung gemäû § 56 VVG könne die Beklagte sich nicht berufen. Der Versicherungsschein enthalte zwar keinen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung. Jedoch weiche er insoweit vom Versicherungsantrag ab. Der Erblasser

habe über die von ihm bevollmächtigte A. GmbH seinen schriftlichen Antrag um den Ausschluû des Unterversicherungseinwandes mündlich ergänzt. Die A. GmbH, der das Anschreiben der Gebäudeversicherung B. AG vom 31. August 1985 vorgelegen habe, sei gleichzeitig Versicherungsagentin der Beklagten und als solche für diese tätig geworden. Was gegenüber dem Versicherungsagenten erklärt werde, wirke auch gegenüber dem Versicherer. Es komme daher nicht mehr darauf an, ob der Inhalt des Anschreibens auch den Mitarbeitern der Bezirksdirektion der Beklagten bekannt gewesen sei. Die Auffassung der Beklagten, die A. GmbH sei ausschlieûlich als Bevollmächtigte des Erblassers aufgetreten , könne schon deshalb nicht geteilt werden, weil sie der A. GmbH ihre Tätigkeit mit einer Provision vergütet habe. Das bestätige deren Doppelstellung als Bevollmächtigte des Erblassers einerseits und als Versicherungsagentin der Beklagten andererseits. Die Vorschrift des § 181 BGB stehe dem nicht entgegen, da beide Parteien das Handeln der A. GmbH genehmigt hätten. Da die Beklagte im Versicherungsschein weder auf die Abweichung vom Versicherungsantrag noch darauf hingewiesen habe, daû die Abweichung bei fehlendem schriftlichen Widerspruch als genehmigt gelte, sei der Versicherungsvertrag gemäû § 5 Abs. 3 Satz 3 VVG nach dem Inhalt des einen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung einschlieûenden Versicherungsantrages zustande gekommen.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.

1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der gemäû § 43 Abs. 1 VVG empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent steht bei der Entgegennahme eines Antrages auf Abschluû eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller als Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt. Mit der bloûen Verwendung eines - vorbereiteten - Antragsformulars ist zudem keine erkennbare Beschränkung der Empfangsvollmacht auf schriftliche Erklärungen verbunden (BGHZ 102, 194, 197 ff.), so daû auch mündliche Ergänzungen, die vor dem Versicherungsagenten zum schriftlichen Versicherungsantrag abgegeben werden, gegenüber dem Versicherer erklärt sind. Fertigt der Versicherer einen Versicherungsschein aus, der inhaltlich nicht dem vom Agenten entgegengenommenen - mündlich ergänzten - Versicherungsantrag entspricht, so liegt darin keine unveränderte Annahme des Antrags; es finden die Vorschriften des § 5 VVG Anwendung. Unterläût der Versicherer die in § 5 Abs. 2 VVG vorgeschriebene Rechtsbelehrung, weil er irrigerweise glaubt, der Versicherungsschein entspreche dem vom Versicherungsnehmer gestellten Antrag, dann gilt der Antrag gemäû § 5 Abs. 3 VVG als unverändert angenommen , ohne daû es auf ein Verschulden des Versicherers in diesem Zusammenhang ankäme (Senatsurteil vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - NJW 1988, 60 unter II 1 a).
2. Das Berufungsgericht geht indessen rechtsfehlerhaft davon aus, daû die A. GmbH im Zusammenhang mit der Entgegennahme des Versicherungsantrags als Agentin der Beklagten gehandelt hat. Die Zurechnung der Kenntnis des Agenten setzt voraus, daû dieser bei der An-

tragsentgegennahme in Ausübung der Stellvertretung für den Versicherer tätig geworden ist (Senatsurteil vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999, 1481 unter 2 b). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Agent dem Versicherer als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt, demgemäû im Lager des Antragstellers und nicht des Versicherers steht. So liegt es hier.
Die A. GmbH war vom Erblasser beauftragt und bevollmächtigt, den Versicherungsvertrag nach seinen Weisungen (§ 662 BGB) abzuschlieûen. In Ausführung des Auftrages, ein möglichst günstiges Angebot für eine Gebäudeversicherung einzuholen, ist die A. GmbH an die Beklagte herangetreten. In den sich anschlieûenden Verhandlungen waren die jeweiligen Aufgabenbereiche deutlich getrennt. Die A. GmbH nahm ausschlieûlich die Interessen des Erblassers wahr, während auf seiten der Beklagten die zuständige Bezirksdirektion auftrat. Auch den Versicherungsantrag hat der Geschäftsführer der A. GmbH allein für den Versicherungsinteressenten unterzeichnet. Eine Doppelstellung der A. GmbH, wie vom Berufungsgericht angenommen, war somit nicht gegeben. Auch sonst sind keine Feststellungen getroffen, die es rechtfertigen könnten, die A. GmbH zusätzlich der Sphäre des Versicherers zuzuweisen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, daû die A. GmbH nach Abschluû des Versicherungsvertrages eine Provision von der Beklagten erhielt. Das allein begründet noch nicht die Stellung als Versicherungsagentin (vgl. BGHZ 94, 356, 359; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 43 Rdn. 4, Anhang zu §§ 43-48 Rdn. 22). Vielmehr ist entscheidend, daû hier bei Anbahnung und Abschluû des Versicherungsverhältnisses eine klare Rollenvertei-

lung bestand. Der Beklagten war die Stellung der A. GmbH als Vertreterin des Versicherungsnehmers bekannt. Bei einer solchen Sachlage verbietet es sich, ihr die Kenntnis der A. GmbH von dem Inhalt des Anschreibens vom 31. August 1995 zuzurechnen. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt eine Verurteilung der Beklagten mithin nicht.
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
Das Berufungsgericht wird zunächst unter Auswertung des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme zu prüfen haben, ob den Mitarbeitern der Bezirksdirektion der Inhalt des Schreibens vom 31. August 1995 im Zuge der Vertragsverhandlungen zur Kenntnis gelangt ist. Für diesen Fall wären bei Vorbereitung des Versicherungsantrages , der der A. GmbH bereits ausgefüllt zur Verfügung gestellt worden ist, die vom Versicherungsinteressenten zuvor geäuûerten Wünsche hinsichtlich der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses nicht vollständig berücksichtigt worden. Das könnte zu Ansprüchen aus culpa in contrahendo führen (Prölss in Prölss/Martin, § 3 VVG Rdn. 15). Dabei wird das Berufungsgericht andererseits zu berücksichtigen haben, daû die Beklagte eine sorgfältige und sachkundige Prüfung des Versicherungsantrages durch die A. GmbH erwarten konnte. Sollte das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung bejahen, wäre daher ein Mitverschulden auf seiten des Versicherungsnehmers zu erwägen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert

Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 103/06
vom
7. November 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch
am 7. November 2007

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20. März 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Streitwert: 296.403,27 €

Gründe:


1
Will 1. der Versicherer den ihm nach § 123 BGB obliegenden Nachweis führen, der Versicherungsnehmer habe bei Anbahnung des Versicherungsvertrages arglistig falsche Angaben gemacht, so trifft, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen, nach ständiger Rechtsprechung den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast; er muss plausibel darlegen, wie und weshalb es zu den objektiv falschen Angaben gekommen ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. November 1970 - IV ZR 1074/68 - VersR 1971, 142 unter III 3; OLG Frankfurt am Main r+s 2001, 401 f.; r+s 2003, 208 f.; VersR 1993, 568, 569; OLG Hamm r+s 1990, 170; OLG München VersR 2000, 711, 712; OLG Oldenburg r+s 1988, 31, 32; OLG Saarbrücken VersR 2003, 890, 891).
2
a) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage , ob diese sekundäre Darlegungslast auch den Begünstigten einer Lebensversicherung nach dem Eintritt des Versicherungsfalles trifft, ist einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Es besteht insoweit kein Grund im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO, die Revision zuzulassen.
3
Der aa) sekundären Darlegungslast des Versicherungsnehmers liegt zugrunde, dass er die Umstände offen legen muss, die sich in seiner Sphäre abgespielt haben, so dass der Versicherer sie nicht kennen und vortragen kann (BGH aaO); denn substantiierter Vortrag kann von einer Partei nicht gefordert werden, wenn nur der Gegner die wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (vgl. dazu BGHZ 140, 156, 158 m.w.N.). Danach beantwortet sich auch, inwieweit sich die sekundäre Darlegungslast auf Dritte - darunter den Begünstigten einer Lebensversicherung - erstreckt. Das hängt allein davon ab, ob die Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen, den Dritten der Sphäre des Versicherungsnehmers zuzurechnen. Einer allgemein-abstrakten Klärung ist diese Frage nicht zugänglich. Sie hängt vielmehr von den konkreten Umständen des Verhältnisses zwischen Begünstigtem und Versicherungsnehmer im Einzelfall ab.
4
bb) Hier hat die Klägerin allein die Vertragsverhandlungen im Auftrage ihres Ehemannes, des späteren Versicherungsnehmers, geführt. Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat sie auch selbst die Gesundheitsfragen im Antragsformular nach Rücksprache mit ihrem Ehemann für diesen beantwortet. Als Ehefrau stand sie dem Versicherungsnehmer im Übrigen so nahe, dass sie nicht nur ausreichend Gelegenheit hatte, eigene Wahrnehmungen zum Gesundheitszustand ihres Mannes zu machen , sondern auch dazu, dass dieser Gesundheitszustand im Widerspruch zu den von ihr im Antragsformular gegebenen Antworten stand. Bei dieser Sachlage begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, sie mit Blick auf die sekundäre Darlegungslast des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zuzuordnen.
5
Es b) tritt hinzu, dass es hier auf die vorgenannte Rechtsfrage nicht ankommt. Wenngleich das Berufungsgericht ausführt, die Klägerin habe die falschen Angaben ihres Ehemannes nicht ausreichend erklärt, liegt darin keine Beweislastentscheidung. Vielmehr hat die Klägerin mehrere Gründe für die falschen Angaben im Antragsformular angeführt. So habe sie sich bei dem den Vertrag vermittelnden Sparkassenmitarbeiter mehrfach vergewissert, dass für den Abschluss der Risikolebensversicherung kein Attest über den aktuellen Gesundheitszustand ihres Mannes benötigt werde. Das habe sie und ihren Ehemann letztlich in der Auffassung bestärkt, es sei (mit Blick auf die seinerzeit noch bestehende Kapitallebensversicherung) keine erneute Gesundheitsprüfung erforderlich. Sie hat weiter geltend gemacht, die Benennung des Hausarztes im Fragebogen stehe der Annahme von Arglist entgegen, außerdem habe sich ihr Ehemann stets für gesund gehalten und seine diversen Beschwerden deshalb nicht als ein für den Vertragsabschluss bedeutsames Gesundheitsrisiko eingeschätzt.
6
Das Berufungsgericht hat sich mit den genannten Argumenten befasst und sie letztlich als materiell nicht durchgreifend erachtet, um den Arglistvorwurf auszuräumen. Das ist der Sache nach aber keine Beweislastentscheidung , sondern die materielle Bewertung des Vortrages der Klägerin. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als nicht ausreichend angesehen hat, bezieht sich das nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe auf die materielle Prüfung der vorgetragenen Umstände.
7
2. Die Gehörsrüge kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Eine fehlerhafte Beratung durch einen Mitarbeiter der Sparkasse wäre nur dann entscheidungserheblich, wenn sich der beklagte Versicherer dessen Verhalten zurechnen lassen müsste. Das käme nur in Betracht, sollte der Sparkassenangestellte als Agent der Beklagten anzusehen sein (zum Beratungsverschulden des Agenten vgl. u.a. BGH, Urteil vom 13. April 2005 - IV ZR 86/04 - VersR 2005, 824 unter II 3 m.w.N.). Das hat die Beklagte in den Vorinstanzen bestritten. Wäre er lediglich als Versicherungsmakler aufgetreten, stünde er demgegenüber nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Lager des Versicherungsnehmers (vgl. dazu BGH, Urteile vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999, 1481 unter 2 b; vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - NJW 1988, 60 unter II 1 a und b m.w.N.; BGHZ 94, 356, 358 f.), so dass die Klägerin Schadensersatzansprüche allenfalls aus dem Beratungsverhältnis mit der Sparkasse gegen diese oder aber - bei Vorliegen besonderer Umstände - allenfalls auch direkt gegen deren Angestellten geltend machen könnte.
8
Eine Agentenstellung des Sparkassenangestellten hat die Klägerin indes nicht schlüssig dargelegt. Nach der Senatsrechtsprechung ist entscheidend , dass der Agent vom Versicherer mit dem Abschluss von Verträgen betraut sein muss (Urteile vom 22. September 1999 aaO unter 2 c; vom 19. September 2001 - IV ZR 235/00 - VersR 2001, 1498 unter II; vgl. dazu auch BGHZ 102, 194, 197 f.). Es reicht dafür nicht aus, dass der Vermittler (oder sein Arbeitgeber) ein eigenes wirtschaftliches Inte- resse an Vertragsabschlüssen mit einem bestimmten Versicherer hat. Insofern belegt auch der von der Klägerin behauptete Umstand, dass die Sparkasse aufgrund ihrer Beteiligung am Konzern, dem die Beklagte angehört , ein wirtschaftliches Interesse am geschäftlichen Erfolg der Beklagten habe, noch nicht, dass ihre Mitarbeiter von der Beklagten bevollmächtigt oder betraut wären, für diese Verträge abzuschließen oder zu vermitteln. Auch das Provisionsinteresse des Vermittlers genügt insoweit nicht (Senatsurteil vom 19. September 2001 aaO unter II 2). Schließlich ist auch der Betreuungshinweis in Vertragsunterlagen des Versicherers kein ausreichendes Indiz für eine Agentenstellung des benannten Vertragsbetreuers oder seiner Mitarbeiter (vgl. Senatsurteil vom 22. September 1999 aaO unter 2 c).
9
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 25.08.2005 - 2 O 12238/04 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 20.03.2006 - 8 U 2139/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 331/05 Verkündetam:
28.Februar2007
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG §§ 6, 22; AUB 94 § 9 (II)
Zur unterlassenen Angabe eines Schutzbriefes bei Abschluss einer Unfallversicherung.
BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - IV ZR 331/05 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 14. Oktober 2005 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagten Rechtsanwälte als Sozien seines inzwischen verstorbenen früheren Prozessbevollmächtigten wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG bei der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen gegen seinen Unfallversicherer auf Schadensersatz in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger mit einer rechtzeitigen Klage obsiegt hätte.

2
Der Kläger hatte im Mai 2001 eine Unfallversicherung genommen. Im Versicherungsantrag hatte er auf eine entsprechende Frage eine weitere , seit 1996 gehaltene Unfallversicherung angegeben, nicht jedoch einen am 1. April 2001 erworbenen ADAC-Schutzbrief, der neben einer Auslandskrankenversicherung auch eine Auslandsunfallversicherung einschloss. In der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 2001 erlitt er mit seinem Pkw in K. einen Verkehrsunfall, bei dem er sich schwere Kopf- und Brustverletzungen zuzog, die - nach seiner Behauptung - zu einer Invalidität von 40% führten. Auch in der Schadensmeldung gab er den Schutzbrief nicht an. Der Unfallversicherer lehnte mit Schreiben vom 24. Mai 2002 Leistungen ab und wies den Kläger auf die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung hin (§ 12 Abs. 3 VVG). Gleichzeitig focht er den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an und erklärte - unstreitig nach Ablauf der Monatsfrist des § 20 Abs. 1 VVG - den Rücktritt vom Vertrag.
3
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von insgesamt 166.468 € nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

5
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch nicht zu, weil er mit seiner Klage gegen den Unfallversicherer auch bei Beachtung der Sechs-Monats-Frist des § 12 Abs. 3 VVG keinen Erfolg gehabt hätte. Er habe im Versicherungsantrag und in der Schadensanzeige zwar die anderweitige Unfallversicherung angegeben, nicht aber die Unfallversicherung, die in dem Schutzbrief enthalten war. Damit habe er seinen Unfallversicherer arglistig getäuscht. Die Behauptung des Klägers, er habe nicht gewusst, dass in dem Schutzbrief auch eine Unfallversicherung enthalten gewesen sei, sei unglaubhaft. Schon auf dem Deckblatt dieses Schutzbriefes heiße es unmissverständlich "Kranken- und Unfallschutz". Die in dem Schutzbrief enthaltene nähere Beschreibung dieses Leistungsversprechens habe der Kläger, wie die handschriftlichen Unterstreichungen zeigten, auch gelesen. Deshalb habe ihm nicht verborgen bleiben können, dass der Schutzbrief auch Unfallversicherungsschutz enthielt, zumal er angesichts der bereits abgeschlossenen (Unfall-)Versicherungen insoweit auch nicht unerfahren gewesen sei. Damit stehe fest, dass er die Angabe dieses Schutzbriefes wider besseres Wissen und damit arglistig unterlassen habe. Zwar sei die Rücktrittserklärung im Hinblick auf § 20 Abs. 1 VVG verfristet; davon unberührt bleibe aber gemäß § 22 VVG die hier wirksame Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Im Verschweigen des Schutzbriefes in der Schadensanzeige liege ferner eine Verletzung von Obliegenheiten des Klägers nach Eintritt des Versicherungsfalles; der Unfallversicherer sei deshalb leistungsfrei geworden.
6
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

7
1. Mit Erfolg rügt die Revision, dass sich das Berufungsgericht seine Überzeugung, in der Nichtangabe des Schutzbriefes in dem Versicherungsantrag liege eine arglistige Täuschung, nicht rechtsfehlerfrei gebildet habe.
8
a) Die arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt (Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. § 22 Anm. 14). Falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein rechtfertigen den Schluss auf eine arglistige Täuschung nicht; einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer Antragsfrage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken, gibt es nicht (vgl. nur Senatsurteile vom 22. Februar 1984 - IVa ZR 63/82 - VersR 1984, 630 unter I 1 und vom 18. September 1991 - IV ZR 189/90 - VersR 1991, 1404 unter 3; OLG Saarbrücken VersR 1996, 488; ebenso BK/Voit, VVG § 22 Rdn. 30). In subjektiver Hinsicht setzt die Annahme von Arglist vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde (vgl. Senatsurteile vom 28. November 1984 - IVa ZR 81/83 - VersR 1985, 156 unter II 4 a; vom 12. November 1986 - IVa ZR 186/85 - VersR 1987, 91 unter II und vom 20. November 1990 - IV ZR 113/89 - NJW-RR 1991, 411 unter I 2; vgl. auch Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 22 Rdn. 4; Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 22 Rdn. 6, beide jeweils m.w.N.).

9
b) Gemessen daran liegt den Ausführungen des Berufungsgerichts zum arglistigen Verhalten des Klägers ein verkürzter und deshalb rechtsfehlerhafter Maßstab zugrunde.
10
Berufungsgericht Das hat die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung schon deshalb als erfüllt angesehen, weil der Kläger nach den von ihm getroffenen Feststellungen wider besseres Wissen gehandelt habe. Das ergibt sich aus der im angefochtenen Urteil verwendeten Formulierung, der Kläger habe die Angabe des Schutzbriefes wider besseres Wissen "und damit" arglistig unterlassen. Diese Voraussetzung für eine wirksame Anfechtung des Versicherungsvertrages durch den Versicherer hätte das Berufungsgericht indessen nur bejahen dürfen, wenn es zuvor Feststellungen dazu getroffen hätte, dass der Kläger beim Ausfüllen des Versicherungsantrags in dem Bewusstsein handelte, nur durch ein Verschweigen der durch den Schutzbrief ebenfalls bestehenden Unfallversicherung werde er den Unfallversicherer zu einem Vertragsabschluss zu den vereinbarten Bedingungen oder zu einem Vertragsabschluss überhaupt bewegen können. Solche Feststellungen fehlen jedoch.
11
Schon im Hinblick darauf, dass der Kläger eine weitere von ihm schon 1996 genommene Unfallversicherung im Versicherungsantrag vermerkt hat, verstand sich die Annahme von Arglist hier nicht von selbst. Auch die weiteren, im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen erweisen sich für die Annahme einer arglistigen Täuschung als nicht tragfähig. Soweit das Berufungsgericht darauf abhebt, in der Leistungsbeschreibung des Schutzbriefs seien Unterstreichungen vorgenommen worden, was zeige, dass der Kläger den genauen Umfang des Leistungsversprechens auch gelesen habe, erschließt sich aus den Urteilsgründen nicht, dass die Unterstreichungen gerade vom Kläger stammen und zu welchem Zeitpunkt er sie gegebenenfalls vorgenommen hat. Dass der Kläger, wie das Berufungsgericht meint, angesichts der von ihm bereits abgeschlossenen Versicherungsverträge in Versicherungsangelegenheiten durchaus nicht unerfahren war, vermag genaue Feststellungen zu seinen Vorstellungen beim Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem Unfallversicherer ebenfalls nicht zu ersetzen. Abgesehen davon ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung nicht, dass der Kläger mit Ausnahme der hier in Rede stehenden Unfallversicherungen weitere Versicherungen abgeschlossen hat.
12
Recht Zu hebt die Revision auch hervor, dass nach herkömmlichem Verständnis ein Schutzbrief anders als ein allgemeiner Unfallversicherungsvertrag mit einer Versicherungsgesellschaft aufgefasst wird. Vor diesem Hintergrund verliert die Erwägung des Berufungsgerichts, auf dem Deckblatt des Schutzbriefs heiße es unmissverständlich (Auslands-) "Kranken- und Unfallschutz", an Gewicht. "Unfallschutz" bedeutet nicht notwendig Unfallversicherungsschutz für Personenschäden. Der Kläger hat außerdem vorgetragen, dass er abgesehen von der bereits am 1. Oktober 1996 genommenen weiteren Unfallversicherung vor dem Unfall den Auslandsschutzbrief erworben habe, ohne hierbei zu wissen, dass der versprochene Schutz auch eine Unfall- und Invaliditätsversicherung umfasste. Der Erwerb sei vor dem Hintergrund der unsicheren Versicherungslage in der U. und für etwaige Leihwagen- oder Rückholkosten erfolgt. Ihm sei nicht ansatzweise bewusst gewesen, dass er mit dem Schutzbrief einen Versicherungsvertrag abgeschlossen habe. Die- sen Vortrag hat der Kläger im Berufungsrechtszug wiederholt und vertieft und dafür Beweis angeboten. Dem hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen.
13
2.Durchgreifendenrechtlichen Bedenken begegnet ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger hätte mit einer fristgerechten Klage auch deshalb keinen Erfolg haben können, weil der Unfallversicherer wegen Verletzung einer vom Kläger nach Eintritt des Versicherungsfalles zu beachtenden Obliegenheit - die das Berufungsgericht nur ansatzweise benennt - leistungsfrei geworden sei.
14
a) Zwar wird die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe auch in der Schadensanzeige bei der Frage nach bestehenden Vorversicherungen den Schutzbrief nicht angegeben und damit die Aufklärungsobliegenheit (§ 9 II AUB 94) objektiv verletzt, von der Revision nicht angegriffen. Das Berufungsgericht hat indessen nicht bedacht, dass dem Versicherungsnehmer bei Feststellung des objektiven Tatbestandes einer Obliegenheitsverletzung die Möglichkeit offen steht, die gesetzliche Vermutung des § 6 Abs. 3 VVG, die Verletzung sei vorsätzlich geschehen , zu widerlegen. Dabei sind im Rahmen einer umfassenden Abwägung diejenigen Umstände zu prüfen, die es nahe legen, von einem geringeren Grad des Verschuldens auszugehen (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1998 - IV ZR 89/97 - VersR 1998, 577 unter 3 und vom 26. Januar 2005 - IV ZR 239/03 - VersR 2005, 493 unter 2 b). Dem Vortrag des Klägers sind, wie bereits ausgeführt, Umstände dafür zu entnehmen ; diese hätten deshalb im Rahmen der gebotenen umfassenden Abwägung geprüft werden müssen.

15
Selbst b) wenn das Berufungsgericht erneut zur Annahme einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung kommen sollte, könnte sich der Unfallversicherer nach der Relevanzrechtsprechung nur dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn die vorsätzliche Verletzung der Aufklärungsobliegenheit generell geeignet war, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und dem Kläger als Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fiel (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97 - VersR 1998, 447 unter 2 b). Damit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.
Terno Dr. Schlichting Wendt Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 13.01.2005 - 16 O 4295/03 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 14.10.2005 - 6 U 33/05 -

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.