Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2007 - IV ZR 103/06

bei uns veröffentlicht am07.11.2007
vorgehend
Landgericht Nürnberg-Fürth, 2 O 12238/04, 25.08.2005
Oberlandesgericht Nürnberg, 8 U 2139/05, 20.03.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 103/06
vom
7. November 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch
am 7. November 2007

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20. März 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Streitwert: 296.403,27 €

Gründe:


1
Will 1. der Versicherer den ihm nach § 123 BGB obliegenden Nachweis führen, der Versicherungsnehmer habe bei Anbahnung des Versicherungsvertrages arglistig falsche Angaben gemacht, so trifft, wenn objektiv falsche Angaben vorliegen, nach ständiger Rechtsprechung den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast; er muss plausibel darlegen, wie und weshalb es zu den objektiv falschen Angaben gekommen ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. November 1970 - IV ZR 1074/68 - VersR 1971, 142 unter III 3; OLG Frankfurt am Main r+s 2001, 401 f.; r+s 2003, 208 f.; VersR 1993, 568, 569; OLG Hamm r+s 1990, 170; OLG München VersR 2000, 711, 712; OLG Oldenburg r+s 1988, 31, 32; OLG Saarbrücken VersR 2003, 890, 891).
2
a) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage , ob diese sekundäre Darlegungslast auch den Begünstigten einer Lebensversicherung nach dem Eintritt des Versicherungsfalles trifft, ist einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Es besteht insoweit kein Grund im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO, die Revision zuzulassen.
3
Der aa) sekundären Darlegungslast des Versicherungsnehmers liegt zugrunde, dass er die Umstände offen legen muss, die sich in seiner Sphäre abgespielt haben, so dass der Versicherer sie nicht kennen und vortragen kann (BGH aaO); denn substantiierter Vortrag kann von einer Partei nicht gefordert werden, wenn nur der Gegner die wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (vgl. dazu BGHZ 140, 156, 158 m.w.N.). Danach beantwortet sich auch, inwieweit sich die sekundäre Darlegungslast auf Dritte - darunter den Begünstigten einer Lebensversicherung - erstreckt. Das hängt allein davon ab, ob die Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen, den Dritten der Sphäre des Versicherungsnehmers zuzurechnen. Einer allgemein-abstrakten Klärung ist diese Frage nicht zugänglich. Sie hängt vielmehr von den konkreten Umständen des Verhältnisses zwischen Begünstigtem und Versicherungsnehmer im Einzelfall ab.
4
bb) Hier hat die Klägerin allein die Vertragsverhandlungen im Auftrage ihres Ehemannes, des späteren Versicherungsnehmers, geführt. Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat sie auch selbst die Gesundheitsfragen im Antragsformular nach Rücksprache mit ihrem Ehemann für diesen beantwortet. Als Ehefrau stand sie dem Versicherungsnehmer im Übrigen so nahe, dass sie nicht nur ausreichend Gelegenheit hatte, eigene Wahrnehmungen zum Gesundheitszustand ihres Mannes zu machen , sondern auch dazu, dass dieser Gesundheitszustand im Widerspruch zu den von ihr im Antragsformular gegebenen Antworten stand. Bei dieser Sachlage begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, sie mit Blick auf die sekundäre Darlegungslast des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zuzuordnen.
5
Es b) tritt hinzu, dass es hier auf die vorgenannte Rechtsfrage nicht ankommt. Wenngleich das Berufungsgericht ausführt, die Klägerin habe die falschen Angaben ihres Ehemannes nicht ausreichend erklärt, liegt darin keine Beweislastentscheidung. Vielmehr hat die Klägerin mehrere Gründe für die falschen Angaben im Antragsformular angeführt. So habe sie sich bei dem den Vertrag vermittelnden Sparkassenmitarbeiter mehrfach vergewissert, dass für den Abschluss der Risikolebensversicherung kein Attest über den aktuellen Gesundheitszustand ihres Mannes benötigt werde. Das habe sie und ihren Ehemann letztlich in der Auffassung bestärkt, es sei (mit Blick auf die seinerzeit noch bestehende Kapitallebensversicherung) keine erneute Gesundheitsprüfung erforderlich. Sie hat weiter geltend gemacht, die Benennung des Hausarztes im Fragebogen stehe der Annahme von Arglist entgegen, außerdem habe sich ihr Ehemann stets für gesund gehalten und seine diversen Beschwerden deshalb nicht als ein für den Vertragsabschluss bedeutsames Gesundheitsrisiko eingeschätzt.
6
Das Berufungsgericht hat sich mit den genannten Argumenten befasst und sie letztlich als materiell nicht durchgreifend erachtet, um den Arglistvorwurf auszuräumen. Das ist der Sache nach aber keine Beweislastentscheidung , sondern die materielle Bewertung des Vortrages der Klägerin. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als nicht ausreichend angesehen hat, bezieht sich das nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe auf die materielle Prüfung der vorgetragenen Umstände.
7
2. Die Gehörsrüge kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Eine fehlerhafte Beratung durch einen Mitarbeiter der Sparkasse wäre nur dann entscheidungserheblich, wenn sich der beklagte Versicherer dessen Verhalten zurechnen lassen müsste. Das käme nur in Betracht, sollte der Sparkassenangestellte als Agent der Beklagten anzusehen sein (zum Beratungsverschulden des Agenten vgl. u.a. BGH, Urteil vom 13. April 2005 - IV ZR 86/04 - VersR 2005, 824 unter II 3 m.w.N.). Das hat die Beklagte in den Vorinstanzen bestritten. Wäre er lediglich als Versicherungsmakler aufgetreten, stünde er demgegenüber nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Lager des Versicherungsnehmers (vgl. dazu BGH, Urteile vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999, 1481 unter 2 b; vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - NJW 1988, 60 unter II 1 a und b m.w.N.; BGHZ 94, 356, 358 f.), so dass die Klägerin Schadensersatzansprüche allenfalls aus dem Beratungsverhältnis mit der Sparkasse gegen diese oder aber - bei Vorliegen besonderer Umstände - allenfalls auch direkt gegen deren Angestellten geltend machen könnte.
8
Eine Agentenstellung des Sparkassenangestellten hat die Klägerin indes nicht schlüssig dargelegt. Nach der Senatsrechtsprechung ist entscheidend , dass der Agent vom Versicherer mit dem Abschluss von Verträgen betraut sein muss (Urteile vom 22. September 1999 aaO unter 2 c; vom 19. September 2001 - IV ZR 235/00 - VersR 2001, 1498 unter II; vgl. dazu auch BGHZ 102, 194, 197 f.). Es reicht dafür nicht aus, dass der Vermittler (oder sein Arbeitgeber) ein eigenes wirtschaftliches Inte- resse an Vertragsabschlüssen mit einem bestimmten Versicherer hat. Insofern belegt auch der von der Klägerin behauptete Umstand, dass die Sparkasse aufgrund ihrer Beteiligung am Konzern, dem die Beklagte angehört , ein wirtschaftliches Interesse am geschäftlichen Erfolg der Beklagten habe, noch nicht, dass ihre Mitarbeiter von der Beklagten bevollmächtigt oder betraut wären, für diese Verträge abzuschließen oder zu vermitteln. Auch das Provisionsinteresse des Vermittlers genügt insoweit nicht (Senatsurteil vom 19. September 2001 aaO unter II 2). Schließlich ist auch der Betreuungshinweis in Vertragsunterlagen des Versicherers kein ausreichendes Indiz für eine Agentenstellung des benannten Vertragsbetreuers oder seiner Mitarbeiter (vgl. Senatsurteil vom 22. September 1999 aaO unter 2 c).
9
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 25.08.2005 - 2 O 12238/04 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 20.03.2006 - 8 U 2139/05 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2001 - IV ZR 235/00

bei uns veröffentlicht am 19.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 235/00 Verkündet am: 19. September 2001 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _________
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2007 - IV ZR 103/06.

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Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das am 05.06.2012 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 8 O 63/11 - wird zurückgewiesen. Das genannte Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kosten des Berufun

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(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 86/04 Verkündet am:
13. April 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
AKB § 2a Abs. 1
Wird dem Versicherer im Zusammenhang mit der Anforderung einer grünen
Versicherungskarte mitgeteilt, daß sich der Versicherungsnehmer mit dem
versicherten Fahrzeug in die Türkei begeben wird, muß er diesem - auch für
die Fahrzeugversicherung - Klarheit über die Besonderheiten des Versicherungsschutzes
verschaffen, der sich für die Türkei in einen (versicherten) europäischen
und einen (nicht versicherten) asiatischen Teil spaltet.
BGH, Urteil vom 13. April 2005 - IV ZR 86/04 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen eines Fahrzeug brandes auf Versicherungsleistungen in Anspruch.
Er hatte bei dieser eine Haftpflicht- und eine Fah rzeugversicherung für sein Wohnmobil genommen. Dem Versicherungsverhältnis lagen Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zugrunde, die in ihrem hier maßgeblichen Teil den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 1996) entsprechen.

Im Jahre 2002 beabsichtigte der Kläger eine Urlaub sreise in die Türkei. Vor Fahrtantritt setzte sich seine Ehefrau mit dem Versicherungsagenten der Beklagten, dem Zeugen S. , telefonisch in Verbindung ; Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig. Der Kläger erhielt nachfolgend eine grüne Versicherungskarte übersandt , bei der das Länderkürzel "TR" gestrichen war. Am 3. Juli 2002 brannte sein in C. bei I. abgestelltes Fahrzeug vollständig aus. Den dabei entstandenen Schaden machte der Kläger bei der Beklagten geltend. Diese verneinte ihre Eintrittspflicht, weil gemäß § 2a Abs. 1 AVB für den asiatischen Teil der Türkei kein Versicherungsschutz bestehe.
Das Landgericht hat der Zahlungsklage von 36.419,3 2 € nebst Zinsen in Höhe von 5.025 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels des Klägers, der vor dem Berufungsgericht noch einen Zahlungsanspruch von insgesamt 33.500 € verfolgt hat - die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefocht enen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Dieses hat ausgeführt: Der Schaden habe sich im asiatischen Teil der Türkei und daher außerhalb des versicherten geographischen

Bereichs ereignet. Eine "konkludente" Ausweitung des Versicherungsschutzes auf Asien sei dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Allerdings könnten den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn der Versicherungsnehmer ihm eine geplante Auslandsreise bekanntgebe. Das gelte aber nicht grundsätzlich schon dann, wenn im Zusammenhang mit der Anforderung einer grünen Versicherungskarte das Wort "Türkei" falle. Es müsse den Verantwortlichen vielmehr bekannt sein oder sich ihnen zumindest aufdrängen, daß eine Reise in ein nicht versichertes Gebiet anstehe. In Fällen wie dem vorliegenden müsse der Versicherungsnehmer zu erkennen geben oder es sonst nahe liegen, daß er in den außereuropäischen Teil der Türkei fahren wolle. Allein der Umstand, daß bei Anforderung der grünen Versicherungskarte die Türkei erwähnt werde , begründe keine Aufklärungspflichten über die geographische Unterteilung des Landes und die daraus resultierenden versicherungsrechtlichen Besonderheiten.
II. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsge richt allerdings einen Anspruch auf Versicherungsleistungen verneint. Sie hat gemäß § 2a Abs. 1 AVB ihr Leistungsversprechen nur auf Europa und die außereuropäischen Gebiete bezogen, die zum Geltungsbereich des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gehören. Der Versicherungsfall , aus dem der Kläger die Beklagte in Anspruch nimmt, hat sich jedoch in dem Teil der Türkei ereignet, der zu Asien gehört. Damit besteht für den geltend gemachten Kaskoschaden kein Versicherungsschutz.

Entgegen der Auffassung der Revision halten die AV B in ihrem hier entscheidenden Teil einer Inhaltskontrolle am Maßstab des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) stand. Zwar ist der Versicherer gehalten, in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Rechtsposition des Versicherungsnehmers klar und durchschaubar darzustellen (vgl. BGHZ 147, 354, 361 f.; 141, 137, 143). Diesem Gebot hat die Beklagte indes genügt. Ihre Versicherungsbedingungen sind unter § 2a Abs. 1 verständlich und mit der erforderlichen Eindeutigkeit gefaßt, wenn sie darin die örtliche Geltung des Versicherungsvertrages auf den Bereich Europas und auf bestimmte außereuropäische Gebiete beschränkt. Die Beklagte hat in der Klausel für die Haftpflichtversicherung den örtlichen Geltungsbereich übernommen, wie er durch den Verordnungsgeber in § 1 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung festgelegt ist. Die in § 2a Abs. 1 AVB weiter enthaltene Bestimmung, die Versicherung gelte auch für die Fahrzeugversicherung nur für Europa und bestimmte außereuropäische Gebiete, läßt beim durchschnittlichen Versicherungsnehmer , auf dessen Verständnismöglichkeit es ankommt (vgl. BGHZ 123, 83, 85 und ständig), keine ernsthaften Zweifel daran aufkommen, daß Versicherungsschutz nicht für Schäden gewährt wird, die in einem Gebiet eintreten, das nicht zu Europa gehört, wobei in diesem Zusammenhang auf eine geographische Sichtweise abzustellen ist (BGHZ 40, 22, 24; BGHZ 108, 200, 204). Es ist dabei nicht Sache des Versicherers, den Versicherungsnehmer in den Versicherungsbedingungen oder auf sonstige Weise über die genauen geographischen Grenzen Europas in Kenntnis zu setzen. Er darf dieses Wissen beim Versicherungsnehmer voraussetzen oder zumindest erwarten, daß dieser es sich aus eigener Veranlassung verschafft.

2. Das Berufungsgericht geht weiter zu Recht davon aus, daß keine individuelle Erweiterung des Versicherungsschutzes in seinem örtlichen Geltungsbereich gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 AVB erfolgt ist. Daß eine solche Vereinbarung im Zuge des zwischen der Ehefrau des Klägers und dem ZeugenSch. geführten Telefongespräches getroffen worden ist, hat der Kläger nicht behauptet. Auch die Aushändigung der - nur auf die Haftpflichtversicherung bezogenen - grünen Versicherungskarte hat keine Erstreckung des Versicherungsschutzes auf den asiatischen Teil der Türkei bewirkt. Dem Kläger ist die Versicherungskarte mit Streichung des Länderkürzels für die Türkei übersandt worden. Das mußte der Kläger als Versicherungsnehmer bei gehöriger Sorgfalt so verstehen, daß die Beklagte von der in § 2a Abs. 1 AVB vorgesehenen Möglichkeit der Erweiterung des Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages gerade keinen Gebrauch machen und den Versicherungsschutz nicht auf den asiatischen Teil der Türkei ausdehnen wollte (vgl. BGHZ 120, 87, 91 ff.). Das gilt erst recht für die Fahrzeugversicherung; auch hier war für den Kläger mit der gebotenen Deutlichkeit erkennbar, daß es die Beklagte bei dem örtlichen Geltungsbereich des § 2a Abs. 1 AVB belassen wollte. Einer Beweisaufnahme zu der Frage, ob der Zeuge S. über grüne Versicherungskarten verfügte, bei denen das Länderkürzel für die Türkei nicht gestrichen war, bedurfte es entgegen der Ansicht der Revision in diesem Zusammenhang nicht. Dadurch allein hätte der Kläger den ihm obliegenden Nachweis für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes nicht führen können. Es genügt nicht, daß der Zeuge S. die Möglichkeit gehabt hätte, dem Kläger eine grüne Karte ohne Streichung des Länderkürzels "TR" zu übersenden. Damit wäre noch nicht bewiesen, daß die dem Kläger tatsächlich übersandte Versicherungskar-

te keine Streichung des Länderkürzels enthielt; nur darauf kommt es aber an.
Für die von der Revision angesprochene ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages ist angesichts der eindeutig abgefaßten Versicherungsbedingungen, die eine vertragliche Regelungslücke nicht erkennen lassen, kein Raum. Die Beklagte verhält sich schließlich auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf den beschränkten örtlichen Geltungsbereich des Versicherungsvertrages beruft. Daß sie im Falle einer Erweiterung des Versicherungsschutzes dem Kläger keine zusätzliche Versicherungsprämie berechnet hätte, ist unerheblich. Daraus läßt sich nicht ableiten, daß sie dem Kläger gegenüber zu einer Einbeziehung auch des asiatischen Teils der Türkei in den Versicherungsvertrag verpflichtet gewesen wäre.
3. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht jedoch darin, daß schon aus Rechtsgründen ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus positiver Vertragsverletzung wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten zu verneinen ist.
Es besteht in Literatur und Rechtsprechung Einigke it, daß den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn für ihn erkennbar wird, daß der Versicherungsnehmer einer Belehrung bedarf, weil er über einen für ihn wesentlichen Vertragspunkt - wie etwa über die Reichweite des bestehenden Versicherungsschutzes - irrige Vorstellungen hat (BGHZ 108, 200, 205 f.; OLG Koblenz ZfS 1998, 261; OLG Stuttgart ZfS 1992, 412; OLG Hamm NZV 1991, 314; OLG Köln RuS 1989, 3; OLG Karlsruhe VersR 1988, 486; ÖOGH VersR 1995, 943; Stiefel/Hofmann, 17. Aufl.

§ 2a AKB Rdn. 4; Knappmann in Prölss/Martin VVG, 27. Aufl. § 2a AKB Rdn. 4). Eine solche Aufklärung kann ferner dann angezeigt sein, wenn dem Versicherer bekannt wird oder sich ihm zumindest hätte aufdrängen müssen, daß der Versicherungsnehmer sich mit dem versicherten Fahrzeug außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages begeben will (Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung 2. Aufl. § 2a AKB Rdn. 3a).
Davon geht auch das Berufungsgericht grundsätzlich aus. Es verkürzt indes im weiteren die Belehrungspflichten des Versicherers in unzulässiger Weise, wenn es die Benennung der Türkei als künftiges Reiseziel nicht genügen läßt und zusätzlich verlangt, der Versicherungsnehmer müsse zum Ausdruck bringen, er wolle sich mit dem Fahrzeug gerade auch in den asiatischen Teil der Türkei begeben. Vielmehr bringt schon die Erwähnung der Türkei für sich allein das Interesse des Versicherungsnehmers hinreichend zum Ausdruck, das Fahrzeug im gesamten Gebiet der Türkei mit Versicherungsschutz führen zu können. Angesichts des Umstandes, daß die Türkei mit ihrem weit überwiegenden Teil geographisch dem asiatischen Kontinent zuzuordnen ist, liegt es nahe, daß sich der Versicherungsnehmer bei seiner angekündigten Reise nicht auf den europäischen Raum beschränken könnte. Dem sich daraus ergebenden Aufklärungsbedürfnis darf sich der Versicherer redlicherweise nicht verschließen. Es ist seine Aufgabe, dem Versicherungsnehmer Klarheit über die Besonderheiten des Versicherungsschutzes zu verschaffen , der sich für die Türkei in einen (versicherten) europäischen und in einen (nicht versicherten) asiatischen Teil spaltet. Er hat dem Versicherungsnehmer die drohende Lücke im Versicherungsschutz vor Augen zu führen und zu erläutern, daß das Fahrzeug ohne eine Erweite-

rung des örtlichen Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages weder in der Haftpflichtversicherung noch in der Fahrzeugversicherung Versicherungsschutz hat, sollte es im asiatischen Raum bewegt werden. Daß sich auch die Beklagte dieses Problems bewußt gewesen ist, zeigt die Aussage des Zeugen S. . Dieser hat bekundet, er stelle einem Versicherungsnehmer keine grüne Versicherungskarte aus, sondern verweise ihn an das Kundendienstbüro der Beklagten, sollte ihm die Türkei als beabsichtigtes Reiseziel offengelegt werden, ohne dies mit der Einschränkung zu versehen, der Versicherungsnehmer müsse dabei zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil unterscheiden.
4. Durch seinen unzutreffenden rechtlichen Ansatz hat sich das Berufungsgericht den Blick auf die Frage verstellt, ob die Ehefrau des Klägers dem Zeugen S. - über allgemeine Urlaubsschilderungen hinausgehend - die Türkei als konkretes Reiseziel benannt hat. Sollte dies zu bejahen sein, wäre der Zeuge S. gehalten gewesen, für entsprechende Hinweise an den Kläger Sorge zu tragen. Es kommt somit auf das Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme an, mit dem sich das Berufungsgericht bislang nicht auseinandergesetzt hat. Das

wird nachzuholen sein. Das Berufungsgericht wird sich gegebenenfalls auch mit der Frage eines Mitverschuldens des Klägers zu befassen haben , dem bei aufmerksamer Durchsicht der grünen Versicherungskarte hätte auffallen müssen, daß darin das Länderkürzel "TR" gestrichen war.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 235/00 Verkündet am:
19. September 2001
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Die Zurechnung der Kenntnis des Agenten setzt voraus, daß dieser bei der Entgegennahme
des Antrags in Ausübung der Stellvertretung für den Versicherer tätig
geworden ist. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Agent dem Versicherer bei Antragstellung
als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt.
BGH, Urteil vom 19. September 2001 - IV ZR 235/00 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting und Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. August 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Testamentsvollstrecker für den Nachlaß des am 31. Oktober 1996 verstorbenen Dr. L.. Er macht in dieser Eigenschaft Versicherungsleistungen aus einem Gebäudeversicherungsvertrag geltend , hilfsweise Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten.

Der Erblasser war Eigentümer eines bei dem früher zuständigen Gebäudemonopolversicherer versicherten Geschäftshauses in P.. Nach Aufhebung des Gebäudeversicherungsmonopols beauftragte und bevollmächtigte er seine Hausverwaltung, die A. GmbH, mit dem Abschluß eines neuen Versicherungsvertrages. Die A. GmbH war auch Versicherungsagentin der Beklagten.
Die A. GmbH holte zunächst ein Angebot der Gebäudeversicherung B. AG, der Rechtsnachfolgerin des Monopolversicherers, auf Abschluß eines Gebäudeversicherungsvertrages zum Neuwert ein. Das Angebot enthielt ausweislich des Anschreibens des Versicherers vom 31. August 1995 einen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung. Die A. GmbH übermittelte das Angebot der Beklagten, nach Behauptung des Klägers einschließlich des Anschreibens vom 31. August 1995, und erklärte, einen Versicherungsvertrag zu gleichlautenden Bedingungen mit der Beklagten abzuschließen, falls diese eine günstigere Prämie anbiete. Die Beklagte, für die ihr Bezirksdirektor F. verhandelte, legte im September 1995 ein Angebot mit einer Versicherungssumme von 3.197.000 DM vor, das den Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung nicht enthielt. Sie überließ der A. GmbH einen von einem Mitarbeiter der Bezirksdirektion K. bereits ausgefüllten Versicherungsantrag, den der Geschäftsführer der A. GmbH für den Erblasser unterzeichnete und an die Beklagte zurückgab. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1995 erklärte die Beklagte die Übernahme der Deckung ab dem 1. Januar 1996 und stellte am 8. März 1996 einen Versicherungsschein auf Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für die Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben (VBGB 94) und der Besonderen Bedingungen für

die Versicherung weiterer Elementarschäden bei gewerblichen Risiken (BEG-Klausel 9050) aus. Die A. GmbH erhielt von der Beklagten eine Provision. Am 1. April 1996 entstand an dem versicherten Gebäude ein Brand- oder Explosionsschaden in Höhe von 1.403.728,60 DM. Da der Neuwert des Gebäudes 4.980.000 DM betrug, erhob die Beklagte den Einwand der Unterversicherung und zahlte lediglich 901.053,38 DM.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der restlichen 502.675,22 DM verurteilt. Ihre dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klagabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht führt aus: Der geltend gemachte Anspruch sei nach Grund und Höhe aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrages gerechtfertigt. Auf eine Unterversicherung gemäû § 56 VVG könne die Beklagte sich nicht berufen. Der Versicherungsschein enthalte zwar keinen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung. Jedoch weiche er insoweit vom Versicherungsantrag ab. Der Erblasser

habe über die von ihm bevollmächtigte A. GmbH seinen schriftlichen Antrag um den Ausschluû des Unterversicherungseinwandes mündlich ergänzt. Die A. GmbH, der das Anschreiben der Gebäudeversicherung B. AG vom 31. August 1985 vorgelegen habe, sei gleichzeitig Versicherungsagentin der Beklagten und als solche für diese tätig geworden. Was gegenüber dem Versicherungsagenten erklärt werde, wirke auch gegenüber dem Versicherer. Es komme daher nicht mehr darauf an, ob der Inhalt des Anschreibens auch den Mitarbeitern der Bezirksdirektion der Beklagten bekannt gewesen sei. Die Auffassung der Beklagten, die A. GmbH sei ausschlieûlich als Bevollmächtigte des Erblassers aufgetreten , könne schon deshalb nicht geteilt werden, weil sie der A. GmbH ihre Tätigkeit mit einer Provision vergütet habe. Das bestätige deren Doppelstellung als Bevollmächtigte des Erblassers einerseits und als Versicherungsagentin der Beklagten andererseits. Die Vorschrift des § 181 BGB stehe dem nicht entgegen, da beide Parteien das Handeln der A. GmbH genehmigt hätten. Da die Beklagte im Versicherungsschein weder auf die Abweichung vom Versicherungsantrag noch darauf hingewiesen habe, daû die Abweichung bei fehlendem schriftlichen Widerspruch als genehmigt gelte, sei der Versicherungsvertrag gemäû § 5 Abs. 3 Satz 3 VVG nach dem Inhalt des einen Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung einschlieûenden Versicherungsantrages zustande gekommen.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.

1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der gemäû § 43 Abs. 1 VVG empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent steht bei der Entgegennahme eines Antrages auf Abschluû eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller als Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt. Mit der bloûen Verwendung eines - vorbereiteten - Antragsformulars ist zudem keine erkennbare Beschränkung der Empfangsvollmacht auf schriftliche Erklärungen verbunden (BGHZ 102, 194, 197 ff.), so daû auch mündliche Ergänzungen, die vor dem Versicherungsagenten zum schriftlichen Versicherungsantrag abgegeben werden, gegenüber dem Versicherer erklärt sind. Fertigt der Versicherer einen Versicherungsschein aus, der inhaltlich nicht dem vom Agenten entgegengenommenen - mündlich ergänzten - Versicherungsantrag entspricht, so liegt darin keine unveränderte Annahme des Antrags; es finden die Vorschriften des § 5 VVG Anwendung. Unterläût der Versicherer die in § 5 Abs. 2 VVG vorgeschriebene Rechtsbelehrung, weil er irrigerweise glaubt, der Versicherungsschein entspreche dem vom Versicherungsnehmer gestellten Antrag, dann gilt der Antrag gemäû § 5 Abs. 3 VVG als unverändert angenommen , ohne daû es auf ein Verschulden des Versicherers in diesem Zusammenhang ankäme (Senatsurteil vom 25. März 1987 - IVa ZR 224/85 - NJW 1988, 60 unter II 1 a).
2. Das Berufungsgericht geht indessen rechtsfehlerhaft davon aus, daû die A. GmbH im Zusammenhang mit der Entgegennahme des Versicherungsantrags als Agentin der Beklagten gehandelt hat. Die Zurechnung der Kenntnis des Agenten setzt voraus, daû dieser bei der An-

tragsentgegennahme in Ausübung der Stellvertretung für den Versicherer tätig geworden ist (Senatsurteil vom 22. September 1999 - IV ZR 15/99 - VersR 1999, 1481 unter 2 b). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Agent dem Versicherer als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Versicherungsinteressenten gegenübertritt, demgemäû im Lager des Antragstellers und nicht des Versicherers steht. So liegt es hier.
Die A. GmbH war vom Erblasser beauftragt und bevollmächtigt, den Versicherungsvertrag nach seinen Weisungen (§ 662 BGB) abzuschlieûen. In Ausführung des Auftrages, ein möglichst günstiges Angebot für eine Gebäudeversicherung einzuholen, ist die A. GmbH an die Beklagte herangetreten. In den sich anschlieûenden Verhandlungen waren die jeweiligen Aufgabenbereiche deutlich getrennt. Die A. GmbH nahm ausschlieûlich die Interessen des Erblassers wahr, während auf seiten der Beklagten die zuständige Bezirksdirektion auftrat. Auch den Versicherungsantrag hat der Geschäftsführer der A. GmbH allein für den Versicherungsinteressenten unterzeichnet. Eine Doppelstellung der A. GmbH, wie vom Berufungsgericht angenommen, war somit nicht gegeben. Auch sonst sind keine Feststellungen getroffen, die es rechtfertigen könnten, die A. GmbH zusätzlich der Sphäre des Versicherers zuzuweisen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, daû die A. GmbH nach Abschluû des Versicherungsvertrages eine Provision von der Beklagten erhielt. Das allein begründet noch nicht die Stellung als Versicherungsagentin (vgl. BGHZ 94, 356, 359; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 43 Rdn. 4, Anhang zu §§ 43-48 Rdn. 22). Vielmehr ist entscheidend, daû hier bei Anbahnung und Abschluû des Versicherungsverhältnisses eine klare Rollenvertei-

lung bestand. Der Beklagten war die Stellung der A. GmbH als Vertreterin des Versicherungsnehmers bekannt. Bei einer solchen Sachlage verbietet es sich, ihr die Kenntnis der A. GmbH von dem Inhalt des Anschreibens vom 31. August 1995 zuzurechnen. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt eine Verurteilung der Beklagten mithin nicht.
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
Das Berufungsgericht wird zunächst unter Auswertung des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme zu prüfen haben, ob den Mitarbeitern der Bezirksdirektion der Inhalt des Schreibens vom 31. August 1995 im Zuge der Vertragsverhandlungen zur Kenntnis gelangt ist. Für diesen Fall wären bei Vorbereitung des Versicherungsantrages , der der A. GmbH bereits ausgefüllt zur Verfügung gestellt worden ist, die vom Versicherungsinteressenten zuvor geäuûerten Wünsche hinsichtlich der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses nicht vollständig berücksichtigt worden. Das könnte zu Ansprüchen aus culpa in contrahendo führen (Prölss in Prölss/Martin, § 3 VVG Rdn. 15). Dabei wird das Berufungsgericht andererseits zu berücksichtigen haben, daû die Beklagte eine sorgfältige und sachkundige Prüfung des Versicherungsantrages durch die A. GmbH erwarten konnte. Sollte das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung bejahen, wäre daher ein Mitverschulden auf seiten des Versicherungsnehmers zu erwägen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert

Dr. Kessal-Wulf Felsch