Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Sept. 2011 - IV ZR 203/09

bei uns veröffentlicht am21.09.2011
vorgehend
Landgericht Saarbrücken, 14 O 222/07, 06.10.2008
Landgericht Saarbrücken, 5 U 510/08, 09.09.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 203/09
vom
21. September 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann
und die Richterin Dr. Brockmöller
am 21. September 2011

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 9. September 2009 gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.

Gründe:


1
I. Die Klägerin fordert als Bezugsberechtigte einer von ihrem Ehemann bei der Beklagten im November 2001 abgeschlossenen Risikolebensversicherung die Todesfallleistung in Höhe von 51.000 €. Der am 16. Juni 2006 tödlich verunglückte Versicherungsnehmer hatte bei Antragstellung im November 2001 die jeweils auf die letzten zehn Jahre vor Antragstellung zielenden Gesundheitsfragen falsch beantwortet, weil er einen im April 2001 verübten Suizidversuch mit anschließender, elf Tage dauernder stationärer Behandlung und entsprechender Arbeitsunfähigkeit verschwiegen hatte. Er hatte bei Antragstellung nachfolgende "Schlusserklärung des Antragstellers und der zu versichernden Person" unterzeichnet: "[…] Ich ermächtige [die Beklagte] zur Nachprüfung und Verwertung der von mir über meine Gesundheitsverhältnisse gemachten Angaben alle Ärzte, Krankenhäuser und sonstigen Krankenanstalten sowie Pflegeeinrichtungen, bei denen ich in Behandlung oder Pflege war oder sein werde, [...] über meine Gesundheitsverhältnisse bei Vertragsabschluss zu befragen. Dies gilt für die Zeit vor der Antragsannahme und die nächsten drei Jahre [...] nach der Antragsannahme. Die [Beklagte] darf auch die Ärzte, die die Todesursachen feststellen, die Ärzte die mich im letzten Jahr vor meinem Tode untersuchen oder behandeln werden, sowie Behörden - mit Ausnahme von Sozialversicherungsträgern - über die Todesursachen oder die Krankheiten, die zum Tode geführt haben, befragen. [...] Insoweit entbinde ich alle, die hiernach befragt werden, von der Schweigepflicht auch über meinen Tod hinaus."
2
Der tödliche Unfall des Versicherungsnehmers steht unstreitig nicht im Zusammenhang mit den Störungen, die seinen Selbstmordversuch ausgelöst hatten. Von letzteren erfuhr die Beklagte erstmals aus den vom Hausarzt des Verstorbenen übersandten Unterlagen. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 erklärte sie die Anfechtung ihrer Vertragsannahme wegen arglistiger Täuschung.
3
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen, mit der die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt.
4
II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
5
1. Soweit sich hier grundsätzliche Fragen zu den Rechtsfolgen einer ohne ausreichende Ermittlungsermächtigung und Schweigepflichtentbindung gewonnenen Kenntnis des Personenversicherers über vom Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss verschwiegene Vorerkrankungen stellen, sind diese durch das Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 (IV ZR 140/08, VersR 2010, 97; vgl. auch den Hinweisbeschluss des Senats vom 25. Mai 2011 - IV ZR 191/09, juris) hinreichend geklärt.
6
a) Das Berufungsgericht hat die "Schlusserklärung" ohne Rechtsfehler ausgelegt. Eine Befugnis des Versicherers, noch nach Ablauf der Ende 2001 in Lauf gesetzten Dreijahresfrist Ärzte zu (nicht todesursächlichen ) Erkrankungen des Versicherungsnehmers aus der Zeit bei Vertragsschluss (1. November 2003) zu befragen, kann ihr nicht entnommen werden. Spätere Befragungen durften nur noch auf todesursächliche Erkrankungen zielen. Da der Hausarzt des Versicherungsnehmers erst nach dessen Tod im Jahre 2006 befragt wurde, ist die Erlangung von Erkenntnissen über den Selbstmordversuch und die damit verbundenen ärztlichen Diagnosen und Behandlungen nicht mehr von der Schlusserklärung gedeckt. Das wirft - ebenso wie die Verwendung einer zu weiten Ermittlungsermächtigung mit Schweigepflichtentbindung - Rechtsfragen auf, die nach den Maßstäben der Senatsentscheidung vom 28. Oktober 2009 (aaO; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 aaO) zu beantworten sind. Offen bleiben kann, ob die Schlusserklärung für sich genommen nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wäre.
7
b) Nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten führt stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Lässt sich ein zielgerichtet treuwidriges Verhalten nicht feststellen, muss unter umfassender Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden, ob und inwieweit einem Beteiligten die Ausübung einer Rechtsposition verwehrt sein soll. Dies gilt umso mehr, wenn beiden Seiten ein Rechtsverstoß zur Last fällt (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 aaO Rn. 21 m.w.N.).
8
c) Sachlich-rechtlich geht es darum, ob der Versicherer infolge einer Datenerhebung ohne ausreichende Rechtsgrundlage nach § 242 BGB gehindert ist, sich auf die Ergebnisse seiner Ermittlungen zu berufen und insbesondere von dem Gestaltungsrecht der Arglistanfechtung nach § 123 BGB Gebrauch zu machen (Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 aaO Rn. 19-21). Dafür spielt es keine Rolle, ob diese Ermittlungsergebnisse des Versicherers im Rechtsstreit noch streitig sind. Vielmehr ist - auch im Falle unstreitig verschwiegener Vorerkrankungen - allein zu klären, ob ihre Verwendung sich bei der Ausübung von Gestaltungsrechten wie Rücktritt oder Anfechtung als unzulässige Rechtsausübung darstellt , wobei der Einwand aus § 242 BGB keine Einrede, sondern einen von Amts wegen zu beachtenden Umstand darstellt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 12. Juli 1951 - III ZR 168/50, BGHZ 3, 94, 103, 104; 23. Mai 1962 - V ZR 123/60, BGHZ 37, 147, 152).
9
d) Deshalb kann hier offen bleiben, ob der Suizidversuch und die ihn begleitenden Umstände prozessual als unstreitig anzusehen sind oder - wie das Berufungsgericht annimmt - die Klägerin diese Umstände mit ihrem Widerspruch gegen die Verwertung in grundsätzlich zulässiger Weise "prozessual streitig gestellt" hat. Denn im Ergebnis hängt die Ent- scheidung allein davon ab, ob eine Abwägung der Parteiinteressen und sonstigen Fallumstände ergibt, dass das Interesse der Klägerin, die Beklagte an der Verwendung rechtswidrig erlangten Wissens zu hindern, hinter deren Interesse zurückstehen muss, sich von dem mittels arglistiger Täuschung zustande gekommenen Vertrag zu lösen und mit dem diese Rechtsfolge stützenden Vortrag gehört zu werden (Art. 103 Abs. 1 GG).
10
Unstreitiger Vortrag wäre ohne weiteres verwertbar (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 aaO juris Rn. 14; LAG Sachsen-Anhalt LAGE § 626 BGB 2002 Nr. 17, juris Rn. 41; a.A. Oberlandesgericht Karlsruhe NJW 2000, 1577 f. mit abl. Anm. Heinemann, MDR 2001, 137, 138 ff. und Schneider, MDR 2000, 1029, 1030; vgl. auch Schreiber, ZZP 122, 227, 228, 241) und müsste bei der Frage, ob der Beklagten die Ausübung ihres Anfechtungsrechts nach Treu und Glauben verwehrt ist, zu der vorgenannten Güterabwägung führen (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 aaO Rn. 21; Senatsbeschuss vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 7).
11
Nimmt man demgegenüber an, die Klägerin habe sich zunächst ohne Verstoß gegen ihre prozessuale Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO auf einen Widerspruch gegen die Verwertbarkeit beschränkt (vgl. dazu auch Zöller/Greger, ZPO 28. Aufl. § 138 Rn. 3; Heinemann aaO S. 142; Schreiber aaO S. 241 f.), so wäre die Frage, inwieweit die Weigerung, sich vollständig zum Beklagtenvortrag zu erklären, dennoch die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO auslöst , ebenfalls im Wege einer Güterabwägung zu beantworten, deren maßgebliche Kriterien im Rahmen der prozessualen Prüfung keine ande- ren sind als im Materiellen (vgl. dazu Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 aaO Rn. 32).
12
e) Die Abwägung, die der Senat aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst vornehmen kann, ergibt, dass der Suizidversuch des Versicherungsnehmers und die begleitenden medizinischen Behandlungen verwertet werden können, die Beklagte mithin nicht gehindert ist, ihre Arglistanfechtung darauf zu stützen.
13
2. Das Berufungsurteil erweist sich damit als im Ergebnis richtig.
14
a) Unzutreffend ist lediglich die Annahme des Berufungsgerichts, im Falle eines arglistigen Verhaltens des Versicherungsnehmers bei Vertragsschluss sei dessen Schutzbedürfnis an der Geheimhaltung seiner Gesundheitsdaten regelmäßig aufgehoben. Denn das schüfe einen Anreiz für den Versicherer, im Versicherungsfall ohne Rücksicht auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Gesundheitsdaten mit dem Ziel zu erheben, ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers nachzuweisen. Den vom Berufungsgericht aufgestellten Rechtssatz hat der Senat deshalb im Urteil vom 28. Oktober 2009 (aaO) nicht zugrunde gelegt, sondern eine vom Versicherer aufgedeckte Arglist des Versicherungsnehmers lediglich als einen - wenn auch meist gewichtigen - in die Güterabwägung einfließenden Umstand gewertet (vgl. auch Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 13).
15
b) Auch hier ist zu berücksichtigen, dass der Versicherungsnehmer die Beklagte über den Suizidversuch und die damit einhergehende stationäre Behandlung und Arbeitsunfähigkeit arglistig getäuscht und damit das Interesse des Versicherers an einer ordnungsgemäßen Risikoprü- fung erheblich verletzt hat (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 aaO Rn. 26, 27). Dass das Verhalten der Beklagten systematisch, gezielt und "ins Blaue hinein" darauf gerichtet gewesen wäre, nach Eintritt des Versicherungsfalles Voraussetzungen für eine Arglistanfechtung zu schaffen , mithin Wissen um eine verschwiegene Vorerkrankung des Versicherungsnehmers unter bewusster Umgehung der zeitlichen Beschränkungen der Schlusserklärung treuwidrig zu erlangen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Eine Verfahrensrüge erhebt die Revision insoweit nicht. Ihr diesbezüglicher neuer Sachvortrag muss deshalb außer Betracht bleiben. Gegen eine bewusste und gezielte Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kann im Übrigen sprechen, dass die Ermittlungen der Beklagten hier bereits abgeschlossen waren, ehe das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2006 (1 BvR 2027/02, VersR 2006, 1669) die Maßstäbe präzisiert hat, die mit Blick auf dieses Grundrecht bei der Ermittlung medizinischer Sachverhalte im Rahmen von Personenversicherungsverträgen zu beachten sind.
16
c) Es kommt hinzu, dass das Berufungsgericht der Schlusserklärung zu Recht keinen bindenden Verzicht der Beklagten auf weitere Ermittlungen zu Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers oder einen Anfechtungsverzicht entnommen hat. Ein dahingehendes Vertrauen des Versicherungsnehmers ist nicht begründet worden. Die Beklagte hatte infolge des von ihr im Versicherungsvertrag übernommenen Risikos ein anerkennenswertes Interesse daran, risikorelevante Vorerkrankungen offen gelegt zu bekommen (Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 aaO Rn. 24). Selbst wenn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die damit verbundene Befugnis, Schweigepflichtentbindungen zu erklären , als höchstpersönliche Rechte nicht im Wege der Universalsuk- zession auf die Erben übergehen (Senatsbeschluss vom 4. Juli 1984 - IVa ZB 18/83, BGHZ 91, 392, 399; vgl. auch BGH, Urteil vom 31. Mai 1983 - VI ZR 259/81, VersR 1983, 834 unter II) und die Beklagte damit nach dem Tode des Versicherungsnehmers keine Möglichkeit mehr hatte , weitergehende Schweigepflichtentbindungen zu erlangen, hätte sie jedenfalls zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers das Wissen um den Suizidversuch mittels einer weiteren Ermittlungsermächtigung und Schweigepflichtentbindung noch rechtmäßig erlangen können. Mithin beschränkt sich ihr Rechtsverstoß darauf, ihr Wissen formell fehlerhaft erworben zu haben.
17
3. Ob und in welchem Umfang die Klägerin als Ehefrau und Erbin des Versicherungsnehmers oder in der Rolle der Bezugsberechtigten über das postmortale Persönlichkeitsrecht des Versicherungsnehmers disponieren und ihr Schreiben vom 2. Juli 2006 die Beklagte wirksam ermächtigen konnte, Erkundigungen bei der Krankenkasse des Verstorbenen einzuholen, bedarf keiner Entscheidung.
18
III. Der Revisionszurückweisung steht nicht im Wege, dass die grundsätzliche Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen (vgl. oben I. 1.) erst im Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 (aaO) und mithin nach Erlass des Berufungsurteils erfolgt ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 unter II 1).
Dr. Kessal-Wulf Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 06.10.2008- 14 O 222/07 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 09.09.2009- 5 U 510/08-93 -

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 191/09
vom
25. Mai 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann
und die Richterin Dr. Brockmöller
am 25. Mai 2011

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 9. September 2009 gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.

Gründe:


1
I. Die Klägerin fordert als Bezugsberechtigte einer von ihrem Ehemann im November 2003 für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossenen Risikolebensversicherung die Todesfallleistung in Höhe von 100.000 €. Der Versicherungsnehmer starb am 21. November 2007 an den Folgen eines metastasierenden Melanoms. Er hatte bei Antragstellung im Oktober 2003 die jeweils auf die letzten fünf Jahre vor Antragstellung zielen- den Gesundheitsfragen Nr. 7 (nach Krankheiten, Störungen und Beschwerden ) und Nr. 8 (nach Untersuchungen, Beratungen, Behandlungen und Operationen) falsch beantwortet, indem er zwar einen - auf lange Sicht folgenlosen - Fahrradsturz angegeben, sonstige Erkrankungen oder Behandlungen aber verneint und damit eine seit 1996 bestehende, dauerhaft mit Immunsuppressiva behandelte Erkrankung an Morbus Crohn verschwiegen hatte. Der Versicherungsnehmer hatte bei Antragstellung ferner nachfolgende "Schlusserklärung des Antragstellers und der zu versichernden Person" unterzeichnet: "[…] Ich ermächtige[die Beklagte] zur Nachprüfung und Verwertung der von mir über meine Gesundheitsverhältnisse gemachten Angaben alle Ärzte, Krankenhäuser und sonstigen Krankenanstalten sowie Pflegeeinrichtungen, bei denen ich in Behandlung oder Pflege war oder sein werde, [...] über meine Gesundheitsverhältnisse bei Vertragsabschluss zu befragen. Dies gilt für die Zeit vor der Antragsannahme und die nächsten drei Jahre [...] nach der Antragsannahme. Die [Beklagte] darf auch die Ärzte, die die Todesursachen feststellen, die Ärzte die mich im letzten Jahr vor meinem Tode untersuchen oder behandeln werden, sowie Behörden - mit Ausnahme von Sozialversicherungsträgern - über die Todesursachen oder die Krankheiten, die zum Tode geführt haben, befragen. [...]"
2
Die Morbus-Crohn-Erkrankung hatte unstreitig nicht zum Tode geführt. Die Beklagte stieß erstmals darauf, nachdem sie die zuletzt behandelnde Ärztin mittels eines Vordrucks um ein "Ärztliches Zeugnis im Todesfall" ersucht und die Ärztin im Rahmen der darin verlangten "Ausführlichen Anamnese" auch Erkenntnisse über (im Vordruck ausdrücklich erfragte) frühere Krankheiten des Verstorbenen mitgeteilt hatte.
3
Mit Schreiben vom 19. Februar 2008 erklärte die Beklagte die Anfechtung ihrer Vertragsannahme wegen arglistiger Täuschung und lehnte die beantragte Versicherungsleistung ab.

4
Das Landgericht hat diese Anfechtung durchgreifen lassen und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen, mit der die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt.
5
II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
6
1. Soweit der Fall grundsätzliche Fragen zu den Rechtsfolgen einer ohne ausreichende Ermittlungsermächtigung und Schweigepflichtentbindung gewonnenen Kenntnis des Personenversicherers über vom Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss verschwiegene Vorerkrankungen berührt, sind diese durch das Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 (IV ZR 140/08, VersR 2010, 97) hinreichend geklärt.
7
a) Sachlich-rechtlich geht es darum, ob der Versicherer infolge einer Datenerhebung ohne ausreichende Rechtsgrundlage nach § 242 BGB gehindert ist, sich auf die Ergebnisse seiner Ermittlungen zu berufen und insbesondere von dem Gestaltungsrecht der Arglistanfechtung nach § 123 BGB Gebrauch zu machen (Senat aaO Rn. 19-21). Dafür spielt es keine Rolle, ob diese Ermittlungsergebnisse des Versicherers im Rechtsstreit noch streitig sind. Vielmehr ist - auch im Falle unstreitig verschwiegener Vorerkrankungen - allein zu klären, ob ihre Verwendung sich bei der Ausübung von Gestaltungsrechten wie Rücktritt oder Anfechtung als unzulässige Rechtsausübung darstellt, wobei der Einwand aus § 242 BGB keine Einrede, sondern einen von Amts wegen zu beachten- den Umstand darstellt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 12. Juli 1951 - III ZR 168/50, BGHZ 3, 94, 103, 104; 23. Mai 1962 - V ZR 123/60, BGHZ 37, 147, 152; Palandt/Grüneberg, BGB 70. Aufl. § 242 Rn. 15).
8
Dabei führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Insbesondere wenn sich ein zielgerichtet treuwidriges Verhalten nicht feststellen lässt, muss durch eine umfassende Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden, ob und inwieweit einem Beteiligten die Ausübung einer Rechtsposition verwehrt sein soll. Dies muss umso mehr gelten, wenn beiden Seiten ein Rechtsverstoß zur Last fällt (vgl. Senat aaO m.w.N.).
9
b) Übertragen auf den hier gegebenen Fall bedeutet dies: aa) Das Berufungsgericht hat die oben zitierte "Schlusserklärung" ohne Rechtsfehler dahin ausgelegt, dass ihr eine Befugnis des Versicherers , noch nach Ablauf des Monats Oktober 2006 Ärzte zu Erkrankungen des Versicherungsnehmers aus der Zeit bei Vertragsschluss (1. November 2003) zu befragen, nicht entnommen werden kann und auch keine korrespondierende Schweigepflichtsentbindung vorlag. Spätere Befragungen durften nur noch auf todesursächliche Erkrankungen zielen. Der der zuletzt behandelnden Ärztin Anfang 2008 zugesandte Fragebogen für das "Ärztliche Zeugnis im Todesfall" steht mit dem Verlangen nach einer "ausführlichen Anamnese" dazu im Widerspruch. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Ärztin auf anderer Grundlage befragt worden wäre.
10
bb) Wenngleich demnach die zeitlich begrenzte Ermittlungsermächtigung mit Schweigepflichtsentbindung für sich genommen nicht zu beanstanden wäre, stellt sie deshalb keine tragfähige Grundlage für die Ermittlungen des Versicherers dar, weil die ihm gesetzten zeitlichen Grenzen hier überschritten wurden. Das wirft ebenso wie die Verwendung einer zu weiten Ermittlungsermächtigung mit Schweigepflichtsentbindung die vorgenannten materiell-rechtlichen Fragen auf. Sie sind ebenfalls nach den Maßstäben der Senatsentscheidung vom 28. Oktober 2009 (aaO) zu beantworten.
11
c) Dass das Verhalten der Beklagten hier darauf gerichtet war, die Voraussetzungen für die Arglistanfechtung, d.h. das Wissen um eine verschwiegene Vorerkrankung des Versicherungsnehmers unter gezielter Umgehung der zeitlichen Beschränkungen der Schlusserklärung treuwidrig zu erlangen, hat die Klägerin in den Vorinstanzen nicht vorgetragen. Auch die Revision führt dazu nichts aus.
12
Es kommt hinzu, dass das Berufungsgericht zu Recht annimmt, die Schlusserklärung habe keinen bindenden Verzicht der Beklagten auf weitere Ermittlungen zu Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers enthalten. Die Beklagte hatte infolge des von ihr im Versicherungsvertrag übernommenen Risikos ein anerkennenswertes Interesse daran, risikorelevante Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers offen gelegt zu bekommen (Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 aaO Rn. 24). Selbst wenn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die damit verbundene Befugnis, Schweigepflichtsentbindungen zu erklären, als höchstpersönliche Rechte nicht im Wege der Universalsukzession auf die Erben übergehen (Senatsbeschluss vom 4. Juli 1984 - IVa ZB 18/83, BGHZ 91, 392, 399) und die Beklagte damit nach dem Tode des Versicherungsnehmers keine Möglichkeit mehr hatte, weitergehende Schweigepflichtsentbindungen zu erlangen, hätte sie jedenfalls zu Lebzeiten des Versi- cherungsnehmers das Wissen um die Morbus-Crohn-Erkrankung mittels einer weiteren Ermittlungsermächtigung und Schweigepflichtsentbindung noch rechtmäßig erlangen können. Mithin beschränkt sich ihr möglicher Rechtsverstoß darauf, ihr Wissen formell fehlerhaft erworben zu haben.
13
d) Demgegenüber hat der Versicherungsnehmer seinerseits die Beklagte nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts über einen risikoerheblichen Umstand, die Erkrankung an Morbus Crohn und die damit einhergehende Medikation, arglistig getäuscht. Zwar beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe keine tragfähigen Feststellungen zur Täuschungsabsicht des Versicherungsnehmers getroffen. Insoweit versucht sie, die tatrichterliche Würdigung durch eine eigene, vermeintlich bessere zu ersetzen, ohne jedoch durchgreifende Rechtsfehler aufzuzeigen.
14
e) Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer vor Abschluss der Lebensversicherung an Morbus Crohn erkrankt und deshalb behandelt worden war, ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Stellt - wie hier die Klägerin - eine Partei im Rechtsstreit diejenigen Tatsachen von vorn herein unstreitig, auf die der Gegner seine Arglistanfechtung stützt, indem sie sie selbst vorträgt, so lässt sich ein Verwertungsverbot für diese Tatsachen regelmäßig nicht begründen. Auf die vom Berufungsgericht weiter erwogenen prozessualen Fragen kommt es im Übrigen nicht mehr an.
15
f) Insgesamt ergibt die Abwägung hier nicht, dass die Rechtsverletzung der Beklagten diejenige des Versicherungsnehmers hinsichtlich des verletzten Rechtsguts oder der Eingriffsintensität derart überwiegt, dass Treu und Glauben es gebieten, ihr die Arglistanfechtung als unzulässige Rechtsausübung zu versagen.
16
2. Das Vorbringen der Revisionsführerin zum Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) deckt keinen entscheidungserheblichen Rechtsfehler und in Anbetracht der besonderen Fallumstände auch keinen Zulassungsgrund i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO auf.
17
a) Zweifel an der Anwendbarkeit des AGG ergeben sich hier bereits aus der Besonderheit, dass der Versicherungsfall, der ungeachtet der Arglistanfechtung des Versicherers ohnehin zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses geführt hatte, bereits vor dem 22. Dezember 2007 eingetreten war, so dass eine Fortgeltung des Vertrages über diesen nach § 33 Abs. 4 AGG maßgeblichen Zeitpunkt hinaus nicht in Rede steht.
18
b) Es bedarf allerdings keiner Entscheidung, ob das AGG hier Anwendung findet. Selbst wenn man dies unterstellt, wäre die Beklagte in ihrer von § 123 BGB geschützten rechtsgeschäftlichen Entschlussfreiheit durch die Täuschung des Versicherungsnehmers beeinträchtigt gewesen. Auch unter der Geltung des AGG obliegt es weiterhin der Prüfung des Versicherers, wie er eine Behinderung des Versicherungsnehmers bei Abschluss einer Personenversicherung mit Blick auf das Risiko bewertet. Ihm bleiben verschiedene Möglichkeiten der Vertragsgestaltung. Insbesondere darf er im Rahmen des § 20 Abs. 2 Satz 3 AGG prüfen, ob nach anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation ein behinderungsbedingter Risikozuschlag erhoben oder der Vertragsschluss sogar ganz abgelehnt werden kann. Dieses Recht, Vorerkrankungen auf ihre Risikoerheblichkeit hin zu bewerten, das dem Versicherer auch unter Geltung des AGG eröffnet ist, hatte ihm die Täuschung des Versicherungsnehmers hier abgeschnitten. Dem Berufungsgericht ist deshalb darin zuzustimmen, dass nicht die Behinderung des Versicherungsnehmers als solche, sondern vielmehr seine Täuschung über die Behinderung den Anfechtungsgrund darstellt. Der Argumentation der Revision wäre nur zu folgen, wenn die Beklagte hier infolge eines Kontrahierungszwanges verpflichtet gewesen wäre, den Vertrag zu ganz bestimmten Bedingungen mit dem Antragsteller abzuschließen. Einen solchen Kontrahierungszwang begründet das AGG aber jedenfalls in den Fällen nicht, in denen der Versicherer unterschiedliche Möglichkeiten hat, bei der Vertragsgestaltung auf die Behinderung zu reagieren.
19
III. Der Revisionszurückweisung steht nicht im Wege, dass die grundsätzliche Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen (vgl. oben I. 1.) hier erst im Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 (aaO) und mithin nach Erlass des Berufungsurteils erfolgt ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 unter II

1).


Dr. Kessal-Wulf Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 22.12.2008- 12 O 244/08 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 09.09.2009- 5 U 26/09-9 -

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 255/02
vom
20. Januar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
SIM-Lock II
Für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung
der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts
maßgeblich.
BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005 - I ZR 255/02 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Pokrant, Dr. Büscher,
Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. August 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 150.000 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin, die Inhaberin der für "Geräte und Anlagen für den Mobilfunk" eingetragenen Marke "S. " ist, stellt Mobiltelefone her, die mit einem sog. SIM-Lock versehen sind. Dieser bewirkt, daß die Mobiltelefone nur im Netz eines bestimmten Netzbetreibers verwendet werden können.
Der Beklagte hat von der Klägerin hergestellte und mit ihrer Marke versehene Mobiltelefone, bei denen die Sperre entfernt worden war, vertrieben und selbst Entsperrungen vorgenommen.
Die Klägerin hat den Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - wegen Verletzung ihrer Markenrechte auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt und seine Verpflichtung festgestellt, Schadensersatz zu leisten. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (OLG Frankfurt GRUR-RR 2002, 327). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
II. Die Revision wird zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht mehr vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich dem Berufungsgericht im vorliegenden Fall stellte, hat der Senat inzwischen im Urteil vom 9. Juni 2004 - I ZR 13/02 (WRP 2005, 106 - SIM-Lock) entschieden. Eine die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschließende Produktveränderung i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG liegt danach vor, wenn Mobiltelefone, mit denen aufgrund einer Sperre (sog. SIM-Lock) nur in einem bestimmten Mobilfunknetz telefoniert werden kann, nach dem Inverkehrbringen durch den Markeninhaber ohne dessen Zustimmung von einem Dritten entsperrt werden.
Danach lagen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zwar im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts vor. Sie sind jedoch aufgrund der "SIM-Lock"-Entscheidung des Senats zwischenzeitlich entfallen. Die-
ser Fall wird vom Regelungsbereich des § 552a ZPO erfaßt. Denn maßgeblich für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. Begründung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/3482, S. 19; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 552a Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 552a Rdn. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., Anh. § 552a).
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Sinne der Entscheidung "SIM-Lock" erkannt.

a) Der Beklagte ist zur Auskunft nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG, § 242 BGB und zum Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG verpflichtet.
Der Beklagte hat mit der Marke "S. " gekennzeichnete Mobiltelefone ohne Zustimmung der Klägerin vertrieben (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Der markenrechtliche Schutz war nicht aufgrund Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausgeschlossen, weil die Klägerin sich dem weiteren Vertrieb der Mobiltelefone aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen konnte. Die Aufhebung der Sperre (SIM-Lock) der Mobiltelefone stellte eine Produktveränderung dar, die die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschloß (vgl. BGH WRP 2005, 106, 108 - SIM-Lock). Die Markenrechtsverletzung hat der Beklagte, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, jedenfalls fahrlässig begangen.

b) Entgegen der Ansicht der Revision erfassen der Auskunfts- und der Feststellungsantrag nicht auch Fälle, in denen die Klägerin der Aufhebung der Sperre zugestimmt hat. Aus den Gründen des Berufungsurteils, die zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehen sind, ergibt sich, daß eine Markenverlet-
zung nur dann vorliegt, wenn die Aufhebung der Sperre ohne Zustimmung der Klägerin erfolgt ist.

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine rechtsmißbräuchliche Geltendmachung des Markenrechts durch die Klägerin verneint. Diese braucht einen Weitervertrieb der mit ihrer Marke gekennzeichneten Waren nicht hinzunehmen , wenn der Originalzustand der von ihr produzierten und vertriebenen Mobiltelefone von dem Beklagten oder durch Dritte verändert worden ist.
Auch soweit sich die Revision auf eine irreführende Werbung eines Netzbetreibers gegenüber Endkunden, einen Verdrängungswettbewerb gegenüber dem Handel und einem Verkauf unter Einstandspreis beruft, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Klägerin hieran beteiligt ist. Durchgreifende Verfahrensrügen dagegen hat die Revision nicht erhoben.
Die Entfernung des "SIM-Lock" stellt sich entgegen der Meinung der Revision auch nicht als Fehlerberichtigung i.S. von § 69d UrhG dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann