Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2015 - III ZR 76/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beklagte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 10.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin ist als Ersatzkasse Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung. Ihr obliegt unter anderem die Einziehung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient sie sich zum Teil externer Dienstleister. Im Wege der Stufenklage nimmt sie den Beklagten zu 1 (im Folgenden : Beklagter), einen Rechtsanwalt, auf Auskunft und Zahlung vereinnahmter Fremdgeldbeträge beziehungsweise Herausgabe von Urkunden im Zusammenhang mit der Bearbeitung so genannter Geschäftsführerhaftungsfälle (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB) in Anspruch.
- 2
- Das Landgericht hat dem auf der ersten Stufe verfolgten Anspruch auf Auskunftserteilung stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 10.000 € festgesetzt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil hat der Beklagte Beschwerde eingelegt.
II.
- 3
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO für diesen Rechtsbehelf erforderliche Mindestbetrag der Be- schwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.
- 4
- 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der Wert der Beschwer bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung nicht nach dem Wert des mit der Klage geltend gemachten Auskunftsanspruchs, sondern nach dem Interesse der verurteilten Partei, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Hat ihr dahingehender Antrag Erfolg, erspart sie die Kosten, die mit dem Aufwand der Auskunftserteilung verbunden sind. Diese Kostenersparnis ist grundsätzlich maßgebend für die Festsetzung des Beschwerdewerts. Dabei ist - von dem hier nicht in Rede stehenden Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen - im Wesentlichen auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der hiernach geschuldeten Auskunft er- fordert (vgl. nur BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 87; Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2012 - III ZB 55/11, ZEV 2012, 270 Rn. 7; vom 22. Februar 2012 - III ZR 301/11, NJW-RR 2012, 888 Rn. 5 und vom 14. Mai 2013 - III ZR 392/12, BeckRS 2013, 09522 Rn. 5).
- 5
- 2. Nach diesen Kriterien kann im vorliegenden Fall nicht von einem höheren Wert der Beschwer als dem durch das Oberlandesgericht im Berufungsverfahren festgesetzten Streitwert ausgegangen werden, gegen den der Beklagte dort keine Einwände erhoben hat (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, IBRRS 2015, 0152 Rn. 3).
- 6
- Soweit der Beklagte geltend macht, bereits in den Jahren 2012 und 2013 durch den Einsatz zweier Mitarbeiter und eines (weiteren) Rechtsanwalts die Auskunftserteilung durch umfangreiche "Vorsorgemaßnahmen" vorbereitet zu haben, hat dies keinen Einfluss auf die sich aus dem Berufungsurteil ergebende Beschwer. Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2014 aaO Rn. 2; BGH, Beschlüsse vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07, BeckRS 2008, 20166 Rn. 3 und vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3). Der Wert der Beschwer bemisst sich allein nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert. Zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (hier: 23. Januar 2014) bereits erbrachte Vorarbeiten oder erteilte Teilauskünfte haben deshalb außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2009 - XII ZB 146/08, NJW-RR 2009, 793 Rn. 9).
- 7
- Darüber hinaus hat der Beklagte aber auch nicht plausibel dargelegt, dass die Sichtung von circa 1.700 Vorgängen, die nach stets gleichen Kriterien schematisch zu überprüfen waren (Höhe der vereinnahmten Fremdgelder, Aktenzeichen , Zahlender, Verwendungszweck, Datum des Zahlungseingangs, Rechtsgrund der Zahlung) den vollschichtigen Einsatz von zwei Arbeitskräften und die zusätzliche Kontrolle durch einen auf freier Mitarbeiterbasis beschäftigen Rechtsanwalt über einen Zeitraum von rund acht Monaten erforderlich machte. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch das Berufungsgericht hat der Beklagte vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, die begehrte Auskunft "problemlos" geben zu können.
- 8
- Ebenso wenig nachvollziehbar sind die Angaben des Beklagten, für Material und für die eigene Tätigkeit zur Überprüfung der erstellten Unterlagen sei ein weiterer Betrag von mindestens 20.000 € anzusetzen. Hierzu fehlt jedwede Aufschlüsselung. Insbesondere kann der Beklagte seinen persönlichen Aufwand nicht mit dem Stundensatz in Anrechnung bringen, den er Dritten für seine freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt in Rechnung stellt (Senatsbeschluss 22. Februar 2012 aaO Rn. 6).
- 9
- Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für die Bemessung des Streitwerts des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 25.10.2012 - 18 O 9/12 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 20.02.2014 - I-28 U 5/13 -
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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber
- 1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder - 2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält, - 2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält, - 3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet, - 4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder - 5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.
(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.
(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.