Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2014 - III ZR 472/13

bei uns veröffentlicht am18.12.2014
vorgehend
Oberlandesgericht Rostock, 1 SchH 1/12, 04.10.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 472/13
vom
18. Dezember 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 26 Nr. 8 Satz 2; GVG § 198
§ 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO stellt eine den Besonderheiten des Berufungsverfahrens
Rechnung tragende Ausnahmebestimmung dar. Auf die Abweisung der Entschädigungsklage
als unzulässig durch das erstinstanzlich entscheidende Oberlandesgericht
(§ 201 Abs. 1 Satz 1 GVG) ist die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar.
BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - III ZR 472/13 - OLG Rostock
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2014 durch
den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters
und Reiter

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 4. Oktober 2013 - 1 SchH 1/12 - wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zutragen.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 10.000 €

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt das beklagte Land auf Entschädigung für immaterielle Nachteile in Höhe von 7.200 € wegen unangemessener Dauer eines Zivilprozesses in Anspruch. Daneben begehrt er die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden.
2
Das Ausgangsverfahren, in dem der Kläger Auseinandersetzungsansprüche im Zusammenhang mit der Auflösung einer Anwaltssozietät verfolgt, ist seit dem Jahr 2004 bei dem Landgericht S. anhängig und noch nicht abgeschlossen.
3
Der Kläger hat geltend gemacht, der Rechtsstreit hätte bereits im Jahr 2005 erledigt werden können und sei seither ungerechtfertigt verzögert.
4
Das Oberlandesgericht R. hat die Klage als unzulässig abgewiesen , da der Kläger die Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG nicht "unverzüglich" im Sinne von Art. 23 Satz 2 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) erhoben und zudem die Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG nicht eingehalten habe.
5
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.

II.


6
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 201 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GVG i.V.m. § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO).
7
1. Die Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ist auf Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in erstinstanzlichen Urteilen der Oberlandesgerichte über Entschädigungsklagen nach §§ 198 ff GVG entsprechend anwendbar. Solche Urteile unterliegen daher nur dann der Nichtzulassungsbeschwerde , wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (Senatsbeschlüsse vom 25. Juli 2013- III ZR 400/12 und III ZR 413/12, BeckRS 2013, 14571 und NJW 2013, 2762 jeweils Rn. 3 ff und vom 27. Februar 2014 - III ZR 161/13, BeckRS 2014, 05764 Rn. 6 ff).
8
2. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des Urteils (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2012 - I ZR 160/11, BeckRS 2012, 10947 Rn. 3 und vom 15. Mai 2014 - I ZR 176/13, BeckRS 2014, 11248 Rn. 5; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 26 EGZPO Rn. 9 f). Hier will sich der Kläger mit der Revision gegen die Abweisung seiner Entschädigungsklage wenden. Der Wert der Beschwer richtet sich daher nach dem Interesse des Klägers an einer Verurteilung des Beklagten. Das Oberlandesgericht hat den Streitwert für die Klage entsprechend dem Vorbringen in der Klageschrift auf bis zu 10.000 € festgesetzt. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerde auch gar nicht geltend gemacht, dass diese Wertfestsetzung unrichtig ist. Der Wert des Beschwerdegegenstands erreicht somit nicht die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.
9
3. Entgegen der Auffassung der Beschwerde folgt die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht aus § 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO. Nach dieser Bestimmung werden Urteile eines Berufungsgerichts, durch die die Berufung als unzulässig verworfen wird, vom Anwendungsbereich der Übergangsregelung ausgenommen. Hintergrund dieser Regelung ist, dass eine unzulässige Berufung sowohl durch Beschluss (§ 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO) als auch durch Urteil verworfen werden kann. Wird die Berufung durch Beschluss verworfen, so findet stets - unabhängig vom Wert der Beschwer - die Rechtsbeschwerde statt (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Um einen Gleichlauf des Rechtsschutzes herbeizuführen , hat der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) bestimmt, dass gegen Urteile, die die Berufung als unzulässig verwerfen , die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Bindung an eine Wertgrenze gegeben ist (MüKoZPO/Gruber, 4. Aufl., § 26 EGZPO Rn. 6; Thomas/Putzo/ Hüßtege, ZPO, 35. Aufl., § 26 EGZPO Rn. 9a; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 26 EGZPO Rn. 15b). Bei § 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO handelt es sich somit um eine den Besonderheiten des Berufungsverfahrens Rechnung tragende Ausnahmebestimmung. Auf die Abweisung der Entschädigungsklage als unzulässig durch das erstinstanzlich entscheidende Oberlandesgericht (§ 201 Abs. 1 Satz 1 GVG) ist die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar. Sie ist für den Entschädigungsprozess nach §§ 198 ff GVG, der keinen Berufungsrechtszug kennt (§ 201 Abs. 2 Satz 3 ZPO), ohne Bedeutung.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter
Vorinstanz:
OLG Rostock, Entscheidung vom 04.10.2013 - 1 SchH 1/12 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

6
Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO auf Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in erstinstanzlichen Urteilen der Oberlandesgerichte über Entschädigungsklagen nach §§ 198 ff GVG entsprechend anwendbar. Solche Urteile unterliegen daher nur dann der Nichtzulassungsbeschwerde , wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (Senatsbeschlüsse vom 25. Juli2013 - III ZR 400/12 und III ZR 413/12, BeckRS 2013, 14571 und NJW 2013, 2762 jeweils Rn. 3 ff; vgl. in diesem Sinn auch Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 201 Rn. 11 i.V.m. § 133 Rn. 11; Marx in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlan- gen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, § 201 GVG Rn. 34; MüKoZPO/ Zimmermann, 4. Aufl., § 201 GVG Rn. 19; Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 201 GVG Rn. 24; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 34. Aufl., § 198 GVG Rn. 12).
3
Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des Urteils. Der Kläger will sich mit der Revision gegen die Abweisung seiner Klage wenden. Der Wert der Beschwer richtet sich daher nach dem Interesse des Klägers an einer Verurteilung der Beklagten und entspricht damit dem Streitwert.
5
1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des Urteils. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht in dieser Hinsicht geltend, der Beklagten würden, wenn sie die Unterlassungsverpflichtung umsetzte, allein schon durch das Anbringen der CE-Kennzeichnung auf den von ihr vertriebenen Vibratoren bei jedem Produkt Kosten in Höhe von umgerechnet 26.541 € für die Anfertigung und Installation einer neuen Gussform entstehen. Darüber hinaus müsste die Beklagte zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen zahlreiche möglicherweise zeit- und kostenintensive Prozesse gegen Mitbewerber führen, die ihre Produkte ebenfalls ohne CE-Kennzeichnung auf dem Produkt vertrieben. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte in einem die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO übersteigenden Umfang beschwert sei.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.