Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2017 - III ZA 12/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:101017BIIIZA12.17.0
bei uns veröffentlicht am10.10.2017
vorgehend
Landgericht Potsdam, 4 O 200/15, 02.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 12/17
vom
10. Oktober 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:101017BIIIZA12.17.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2017 durch die Richter Tombrink und Dr. Remmert, die Richterin Pohl und die Richter Dr. Klein und Dr. Allgayer

beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters und Reiter und die Richterinnen Dr. Liebert und Dr. Arend wird zurückgewiesen.

Gründe


I.


1
Gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom 10. August 2017 hat der Kläger am 17./18. August 2017 Gegenvorstellung und Anhörungsrüge erhoben. In seinem Schriftsatz vom 17. August 2017 hat er zugleich die am Beschluss vom 10. August 2017 mitwirkenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

II.


2
Der Befangenheitsantrag ist - seine Zulässigkeit dahingestellt - jedenfalls unbegründet.
3
1. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit der abgelehnten Richter aufkommen lassen (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rn. 8 f mwN).
4
2. Solche Gründe liegen hier nicht vor. Der Umstand, dass das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers zurückgewiesen worden ist, begründet keine berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit der mitwirkenden Richter. Die Auffassung des Klägers, die beanstandete Entscheidung der abgelehnten Richter könne vor dem Hintergrund seines Prozessvorbringens nur unter Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder aus unsachgemäßen Erwägungen getroffen worden sein, entbehrt einer schlüssigen Darlegung. Die vom Kläger erhobenen Vorwürfe eines "offenen, unverfälschten Rassismus" (Schriftsatz vom 24. August 2017)oder einer "Art von Justiz-NSU" (Schriftsatz vom 29. August 2017) liegen offensichtlich neben der Sache.
5
3. Mangels Schlüssigkeit des Ablehnungsgesuchs war die Einholung dienstlicher Äußerungen der abgelehnten Richter nach § 44 Abs. 3 ZPO entbehrlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10, NJW-RR 2012, 61, 62 Rn. 12 und vom 18. Februar 2014 - VIII ZR 271/13, BeckRS 2014, 04854 Rn. 12).
Tombrink Remmert Pohl
Klein Allgayer

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 02.11.2016 - 4 O 200/15 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 27.03.2017 - 2 U 38/16 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 44 Ablehnungsgesuch


(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. (2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nic

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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(4) Wird ein Richter, bei dem die Partei sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden sei. Das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen.

12
b) Mit Blick auf die oben unter 2. erörterten Ablehnungsgründe waren dienstliche Erklärungen schon deshalb nicht notwendig, weil das von dem Kläger monierte Verhalten schon nicht geeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (zur Entbehrlichkeit dienstlicher Äußerungen bei unschlüssigen Gesuchen vgl. MünchKomm-ZPO/Gehrlein, aaO, mwN; enger wohl Zöller/Vollkommer , aaO, § 44 Rn. 4). Roth Brückner Weinland Halfmeier Leupertz
12
d) Die Einholung dienstlicher Erklärungen der abgelehnten Richter (§ 44 Abs. 3 ZPO) war vorliegend deshalb entbehrlich, weil das vom Beklagten beanstandete Verhalten schon nicht geeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10, aaO Rn. 12). Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol Dr. Brockmöller