Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Dez. 2019 - II ZR 451/18

bei uns veröffentlicht am10.12.2019
vorgehend
Landgericht Saarbrücken, 16 O 144/15, 16.11.2017
Landgericht Saarbrücken, 1 U 163/17, 05.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 451/18
vom
10. Dezember 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein richterlicher Hinweis darauf, dass das Gericht an einer entscheidungserheblichen
Rechtsauffassung nicht mehr festhalten will, kann auch dann geboten sein, wenn das
Gericht diese Rechtsauffassung in einem früher zwischen den Parteien geführten
Rechtsstreit vertreten hat und eine Partei in einem weiteren zwischen den Parteien
geführten Rechtsstreit, für das Gericht erkennbar, davon ausgeht, dass das Gericht
auch in diesem Verfahren keine abweichende Auffassung vertreten werde.
BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2019 - II ZR 451/18 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
ECLI:DE:BGH:2019:101219BIIZR451.18.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Dezember 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher und den Richter Born, die Richterin B. Grüneberg sowie die Richter V. Sander und Dr. von Selle
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 5. Dezember 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 59.400 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Beklagte war mit einem Gesellschaftsanteil von 95 % Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der im Jahr 1993 gegründeten W. GbR. Deren Gegenstand war u.a. die Verwaltung und Nutzung einer Immobilie, die zum Betrieb einer Altenwohnanlage vermietet ist. Weitere Gesellschafterin der GbR mit einem Gesellschaftsanteil von 5 % war die Klägerin, eine GmbH, die am 28. Dezember 2005 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht wurde. Mit Beschluss des Amtsgerichts C. vom 20. Januar 2010 wurde die Nachtragsliquidation angeordnet. Mit weiterem Beschluss vom 8. April 2010 wurde der Wirkungskreis des Nachtragsliquidators auf die Wahrnehmung der Rechte aus der Beteiligung der Klägerin an der GbR erweitert.
2
Nach § 9 des Gesellschaftsvertrags der GbR (im Folgenden: GV) war der Beklagte verpflichtet, zum Abschluss eines jeden Geschäftsjahres eine Abrechnung des Überschusses und Ermittlung des Vermögens der Gesellschaft sowie der Vermögensanteile der Gesellschafter vorzunehmen.
3
Das Landgericht hat eine auf diese Regelung gestützte, auf Auskunft gerichtete Klage wegen Verjährung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils der Klage überwiegend stattgegeben und den Beklagten verurteilt, über die Überschüsse der W. GbR in den Jahren 1996 bis 2014 Auskunft zu erteilen durch Vorlage der entsprechenden Einnahme- /Überschussrechnungen nebst Buchungsunterlagen und Rechnungsbelege über Einnahmen und Ausgaben sowie durch Vorlage der zugunsten nach § 9 des Gesellschaftsvertrags vom 16. November 1993 zu erstellenden Abrechnungen der Vermögensanteile der Gesellschafter.
4
II. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt:
5
Der Durchsetzbarkeit des der Klägerin zustehenden Anspruchs aus §§ 721, 666 BGB stehe nicht die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe die Löschung der Klägerin im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit am 28. Dezember 2005 nicht analog § 13 GV zu ihrem Ausscheiden aus der GbR geführt. Soweit der Beklagte im nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen , nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16. November 2018 erstmals vorgetragen habe, dass die Klägerin selbst mit Schreiben ihres damaligen Geschäftsführers vom 29. Dezember 1999 den Gesellschaftsvertrag der W. GbR zum 31. Dezember 2000 gekündigt habe, sei sein Vortrag gemäß § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.
6
III. Die Beschwerde der Beklagten hat Erfolg, soweit der Beklagte auf die Berufung der Klägerin hin verurteilt wurde, und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht ist seiner Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen und hat dadurch den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt (§ 544 Abs. 7 ZPO).
7
1. Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör. Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen hat, darf das Gericht nach § 139 Abs. 2 ZPO seine Entscheidung nur stützen , wenn es auf diesen hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Eine Partei übersieht einen Gesichtspunkt auch dann, wenn das Gericht bei ihr etwa durch einen gerichtlichen Hinweis den Eindruck erweckt hat, eine bestimmte Rechtsauffassung zu vertreten und hieran bei seiner Entscheidung nicht mehr festhalten will. In diesem Fall ist ein Hinweis auf die geänderte Auffassung erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320; Beschluss vom 29. April 2014 - VI ZR 530/12, NJW 2014, 2796 Rn. 5; Beschluss vom 11. Mai 2017 - V ZR 235/16, juris Rn. 6; Beschluss vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 116/16, MDR 2017, 355; BVerfG, NJW 1996, 3202). Ein richterlicher Hinweis darauf, dass das Gericht an einer entscheidungserheblichen Rechtsauffassung nicht mehr festhalten will, kann auch dann geboten sein, wenn das Gericht diese Rechtsauffassung in einem früher zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit vertreten hat und eine Partei in einem weiteren zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit, für das Gericht erkennbar, davon ausgeht, dass das Gericht auch in diesem Verfahren keine abweichende Auffassung vertreten werde.
8
Ein danach erforderlicher Hinweis ist nach § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO so früh wie möglich zu erteilen, das heißt so rechtzeitig, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328 Rn. 4; Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZR 151/12, NJW-RR 2014, 177 Rn. 8; Beschluss vom 12. September 2019 - V ZR 276/18, juris Rn. 5). Erteilt das Gericht entgegen § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Kann eine sofortige Äußerung nach den konkreten Umständen nicht erwartet werden, darf die mündliche Verhandlung nicht ohne weiteres geschlossen werden. Vielmehr muss das Gericht die mündliche Verhandlung dann vertagen, soweit dies im Einzelfall sachgerecht erscheint, ins schriftliche Verfahren übergehen oder, wenn von der betroffenen Partei nach § 139 Abs. 5 ZPO beantragt, einen Schriftsatznachlass gewähren (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328 Rn. 4; Beschluss vom 12. September 2019 - V ZR 276/18, juris Rn. 5). Unterlässt das Gericht die derart gebotenen prozessualen Reaktionen und erkennt es sodann aus einem nicht nachgelassenen Schriftsatz , dass die betroffene Partei sich in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend hat erklären können, ist es gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verpflichtet (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328 Rn. 4; Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZR 151/12, NJW-RR 2014, 177 Rn. 12). Dies gilt auch dann, wenn die Partei einen Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO nicht gestellt hat (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328 Rn. 6; Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZR 151/12, NJW-RR 2014, 177 Rn. 13; Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 43/12, MDR 2014, 47 Rn. 15; Beschluss vom 12. September 2019 - V ZR 276/18, juris Rn. 5).
9
2. Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
10
a) Die Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg, weil das Landgericht von einem Ausscheiden der Klägerin aus der Gesellschaft in Folge der Amtslöschung wegen Vermögenslosigkeit im Jahr 2005 sowie einem auf diesen Zeitpunkt bezogenen Abfindungsanspruch der Klägerin ausgegangen ist und die insoweit verbleibenden, auf diesen Abfindungsanspruch bezogenen Auskunftsansprüche der Klägerin als verjährt angesehen hat. In einem Parallelverfahren zwischen den Parteien vor demselben Senat in derselben Besetzung hat das Berufungsgericht während des vorliegenden Berufungsverfahrens diese Auffassung des Landgerichts, wenn auch dort nicht entscheidungstragend, in seinem Urteil vom 21. März 2018 geteilt. Der Beklagte hat im vorliegenden Verfahren um Verlängerung der Frist zur Berufungserwiderung gebeten, um die Entscheidungsgründe des Urteils aus dem Parallelverfahren noch einfließen zu lassen. In seiner am 2. Mai 2018 eingegangenen Berufungserwiderung hat der Beklagte auf die Entscheidung in dem Parallelverfahren verwiesen und ausgeführt, dass das Berufungsgericht dort die Rechtsauffassung der Vorinstanz bestätigt habe, wonach die GbR nach der Löschung von Amts wegen gemäß § 141a FGG aufgrund analoger Anwendung der Regelungen im Gesellschaftsvertrag bereits im Jahre 2005 beendet worden sei. Es war somit offensichtlich, dass der Beklagte davon ausging, das Berufungsgericht werde auch im vorliegenden Verfahren keine abweichende Auffassung vertreten. Der erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2018 erteilte Hinweis, dass das Gericht von einem Ausscheiden der Klägerin aus der GbR frühestens zum Dezember 2014 ausgehe und ein Ausscheiden bereits mit der Löschung der Klägerin wegen Vermögenslosigkeit nicht in Betracht komme, kam für den Beklagten danach überraschend und im Hinblick auf die Vorgabe des § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO zu spät.
11
Eine sofortige Äußerung auf die entgegen dem Landgericht und entgegen der bisher vom Berufungsgericht vertretenen, nunmehr geänderten Auffassung konnte nach den konkreten Umständen nicht erwartet werden, schon weil der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht persönlich anwesend war. Sein persönliches Erscheinen war auch nicht angeordnet worden. Bei dieser Sachlage war das Berufungsgericht auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 16. November 2018 gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verpflichtet, durfte nicht ohne weitere Begründung an dem Verkündungstermin vom 5. Dezember 2018 festhalten und lediglich unter Verweis auf § 296a ZPO das im Schriftsatz enthaltene Vorbringen unberücksichtigt lassen. Bei einer solchen Verfahrensweise war der Hinweis in der mündlichen Verhandlung sinnlos und verfehlte den mit der gerichtlichen Hinweispflicht und dem Verbot von Überraschungsentscheidungen verfolgten Zweck (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - VII ZR 103/05, NJW-RR 2007, 17 Rn. 4).
12
b) Die Gehörsverletzung ist nach der maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts erheblich. Der Beklagte hat in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz unter Vorlage eines entsprechenden Schreibens vom 29. Dezember 1999 vorgetragen, die Klägerin habe die GbR bereits zum 31. Dezember 2000 gekündigt und der Beklagte habe fristgerecht von seinem Fortsetzungsrecht Gebrauch gemacht. Nachdem das Berufungsgericht die Verjährung der Ansprüche der Klägerin aufgrund ihrer Löschung am 28. Dezember 2005 geprüft und nur deshalb verneint hat, weil es nicht von einer Vollbeendigung der Klägerin und aus diesem Grund nicht von einem Ausscheiden der Klägerin aus der GbR ausgegangen ist, ist der Vortrag, die Klägerin sei bereits durch Kündigung zum 31. Dezember 2000 aus der GbR ausgeschieden, erheblich.
13
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
14
Eine unterstellt wirksame Kündigung der GbR zum 31. Dezember 2000 wäre unabhängig von der Frage der Verjährung von entscheidungserheblicher Bedeutung. Mit dem Ausscheiden der Klägerin zu diesem Zeitpunkt würde den ausgeurteilten Auskunftsansprüchen für die Jahre 2001 bis 2014 der Boden entzogen werden. Aber auch die den Zeitraum ab 1996 betreffenden, vom Berufungsgericht zugesprochenen Ansprüche wären von einer wirksamen Kündigung zum 31. Dezember 2000 betroffen. Denn die Klägerin hätte in diesem Fall nur noch einen Anspruch auf ihr nach den Vorgaben des Gesellschaftsvertrags zu bemessendes Abfindungsguthaben. Den vom Berufungsgericht angenommenen Ansprüchen auf Auszahlung von Gewinnanteilen und hierauf gerichteten Auskunftsansprüchen könnte dann die Durchsetzungssperre entgegenstehen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10, ZIP 2013, 361 Rn. 42 ff.; Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZR 360/12, ZInsO 2015, 2440 Rn. 12; Urteil vom 3. Februar 2015 - II ZR 335/13, ZIP 2015, 1116; Urteil vom 13. Oktober 2015 - II ZR 214/13, ZIP 2016, 216 Rn. 18).
Drescher Born B. Grüneberg V. Sander von Selle
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 16.11.2017 - 16 O 144/15 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 05.12.2018 - 1 U 163/17 -

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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 666 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

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(1) Ein Gesellschafter kann den Rechnungsabschluss und die Verteilung des Gewinns und Verlustes erst nach der Auflösung der Gesellschaft verlangen. (2) Ist die Gesellschaft von längerer Dauer, so hat der Rechnungsabschluss und die Gewinnverteilun

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(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Ein Gesellschafter kann den Rechnungsabschluss und die Verteilung des Gewinns und Verlustes erst nach der Auflösung der Gesellschaft verlangen.

(2) Ist die Gesellschaft von längerer Dauer, so hat der Rechnungsabschluss und die Gewinnverteilung im Zweifel am Schluss jedes Geschäftsjahrs zu erfolgen.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

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Durch diese Verfahrensweise hat das Berufungsgericht das Recht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Art. 103 Abs. 1 GG räumt dem Einzelnen das Recht ein, vor einer Entscheidung , die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Zwar muss ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag hierauf einstellen. Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährleistung rechtlichen Gehörs setzt aber voraus, dass ein Verfahrensbeteiligter bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt erkennen kann, auf welche Gesichtspunkte es für die Ent- scheidung ankommen kann. Erteilt das Gericht einen rechtlichen Hinweis in einer entscheidungserheblichen Frage, so darf es diese Frage im Urteil nicht abweichend von seiner geäußerten Rechtsauffassung entscheiden, ohne die Verfahrensbeteiligten zuvor auf die Änderung der rechtlichen Beurteilung hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - XII ZR 86/10, NJW-RR 2011, 1009; BVerfG, NJW 1996, 3202, juris Rn. 22 f.).
6
a) In der mündlichen Verhandlung hat das Berufungsgericht, nachdem die Klägerin erklärt hatte, sie sei finanziell wohl nicht in der Lage, die Immobilie lastenfrei zu stellen, darauf hingewiesen, dass Annahmeverzug gemäß § 294 BGB nur dann anzunehmen sei, wenn der Beklagten die lastenfreie Rückübereignung angeboten worden wäre; das sei aber nicht geschehen. Dieser Hinweis ist angesichts des unmittelbaren Zusammenhangs mit den zuvor erörterten Schwierigkeiten der Klägerin zur Grundschuldablösung dahingehend zu verstehen , dass das Berufungsgericht deswegen die Voraussetzungen des Annahmeverzugs (§§ 293 ff. BGB) als nicht erfüllt ansieht. In dem Berufungsurteil hat das Berufungsgericht unter Abweichung von dem zuvor erteilten Hinweis den Annahmeverzug der Beklagten dagegen bejaht und die Auffassung vertreten, dass ein eventuelles Unvermögen der Klägerin zur lastenfreien Rückgabe des Grundstücks lediglich für das Vollstreckungsverfahren von Relevanz sei. Durch diese Verfahrensweise hat es das Recht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Erteilt das Gericht einen rechtlichen Hinweis in einer entscheidungserheblichen Frage, so darf es diese Frage im Urteil nicht abweichend von seiner geäußerten Rechtsauffassung entscheiden , ohne die Verfahrensbeteiligten zuvor auf die Änderung der rechtlichen Beurteilung hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben (BGH, Urteil vom 29. April 2014 - VI ZR 530/12, NJW 2014, 2796 Rn. 5 mwN). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung gilt dies unabhängig davon, ob der gerichtliche Hinweis nur eine Nebenforderung (vgl. § 139 Abs. 2 ZPO) betrifft oder die Hauptsache. Das Berufungsgericht hätte vor einer Änderung seiner Rechtsauffassung der Beklagten daher die Möglichkeit geben müssen, sich hierzu zu äußern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 116/16
vom
13. Dezember 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Gericht verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs.
1 GG, wenn es - ohne zuvor einen Hinweis auf seine geänderte Auffassung zu
geben - einen Feststellungsantrag überraschend mit der Begründung abweist, er sei
unklar und könne auch nicht in ausreichend klarer Form gestellt werden. Die Partei
muss Gelegenheit erhalten, ihren Klageantrag zu ändern und die Bedenken des
Gerichts auszuräumen (Fortführung, Senatsbeschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZR
177/09).
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 116/16 - OLG Karlsruhe
LG Offenburg
ECLI:DE:BGH:2016:131216BVIZR116.16.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterinnen Dr. Roloff und Müller

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Feststellungsantrag der Klägerin abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Streitwert: 30.354,76 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht gemäß § 116 SGB X Schadensersatz und Feststellung wegen eines Verkehrsunfalls am 6. April 2008, bei dem der als Ersthelfer tätige Geschädigte durch ein bei einer französischen Haftpflichtversicherung versichertes Kraftfahrzeug schwer verletzt wurde. Aufgrund der unfallbedingten Verletzungen gewährt die Klägerin dem Geschädigten seit dem 3. Mai 2010 eine Verletztenrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 60 %. Die Haftung ist dem Grunde nach unstreitig. Vorliegend geht es allein um den von der Klägerin als Erwerbsschaden geltend gemachten Haushaltsführungsschaden.
2
Die Klägerin behauptet, der Geschädigte sei durch den Unfall in seiner Haushaltstätigkeit - soweit Tätigkeiten für die anderen Familienmitglieder, seine Lebensgefährtin und sein am 20. Juli 2009 geborenes Kind, in Rede stünden - in Höhe von 1,38 Stunden pro Tag beeinträchtigt. Hieraus errechne sich ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von jährlich 4.968 €, mithin für den Zeitraum vom 3. Mai 2010 bis zum 31. Dezember 2013 ein Betrag in Höhe von 16.444,36 €.
3
Das Landgericht hat der auf Zahlung dieses Betrags sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für den zukünftig entstehenden Haushaltsführungsschaden gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

4
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg, soweit sich die Klägerin gegen die Abweisung des Feststellungsantrags wendet und führt insoweit gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Im Übrigen war die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
5
1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es den Feststellungsantrag überraschend mit der Begründung abgewiesen hat, er sei unzulässig.
6
a) Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör. Das Gericht hat nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO insbesondere dahin zu wirken, dass die Parteien sachdienliche Anträge stellen. Das rechtliche Gehör vor Gericht zum Streitgegenstand einer Klage bezieht sich danach nicht allein auf den Sachverhalt und seinen Vortrag, sondern ebenso auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge, mit denen eine Partei vor Gericht verhandelt (Senat, Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZR 177/09, NJW-RR 2010, 1363 Rn. 3). Ändert das Berufungsgericht im Verlauf des Verfahrens seine der Partei zunächst mitgeteilte Auffassung zur Zulässigkeit eines Klageantrags, muss es ihr einen erneuten Hinweis erteilen. Die Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Klageantrag zu ändern und die Bedenken des Gerichts auszuräumen.
7
b) Den danach gebotenen Hinweis hat das Berufungsgericht der Klägerin nicht erteilt. Es hat ausgeführt, es sei unklar, was die Klägerin festgestellt wissen wolle. Ein Hinweis mit dem Ziel, den Antrag klarzustellen, sei entbehrlich, weil die Klage auch bei Umstellung des Antrags nicht zulässig werde. Sei die Feststellung beabsichtigt, dass der Beklagte den Teil des Haushaltsführungsschadens zu ersetzen habe, der dem Erwerbsschaden zuzurechnen sei, handele es sich um eine abstrakte Rechtsfrage. Solle der Antrag darauf abzielen, die Eintrittspflicht des Beklagten für auf die Klägerin nach § 116 SGB X übergegangene Ansprüche festzustellen, fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn die Haftung dem Grunde nach sei zwischen den Parteien unstreitig.
8
c) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, hätte das Berufungsgericht - nachdem es zunächst von der Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgegangen sei und den Parteien dies auch mitgeteilt habe - ihr den gebotenen Hinweis erteilt, hätte sie die Feststellung beantragt, "dass [der] Beklagte verpflichtet ist, ihr den Aufwand wegen des seit dem 1.1.2014 entstandenen und künftig noch entstehenden Haushaltsführungsschadens des Geschädigten aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 6.4.2008 zu erstatten, soweit der Ersatzanspruch wegen des Haushaltsführungsschadens des Geschädigten für diesen Zeitraum gemäß § 116 SGB X auf sie übergegangen ist."
9
Zu Recht meint die Klägerin, dass der Feststellungsantrag in dieser Form auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts zulässig ist, § 256 Abs. 1 ZPO. Zwar mag die Haftung des Beklagten dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig sein. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Beklagte aber nur den beruflichen Erwerbsschaden des Geschädigten anerkannt und die Klägerin insoweit klaglos gestellt. Seine Ersatzpflicht hinsichtlich etwaiger auf die Klägerin als Teil des Erwerbsschadens übergegangener Haushaltsführungsschäden hat er hingegen ausdrücklich abgelehnt und dadurch sein Anerkenntnis auf einen abgrenzbaren Teil des Schadens beschränkt (vgl. Senat, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VI ZR 56/84, MDR 1986, 304 f.). Der Feststellungsantrag soll in Bezug auf diesen abgrenzbaren Schadensposten Klarheit hinsichtlich der grundsätzlichen Einstandspflicht des Beklagten schaffen und die hieraus möglicherweise resultierenden Ersatzansprüche vor einer drohenden Verjährung schützen (vgl. Senat, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, MDR 1999, 1439 f.). Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein Ersatzanspruch wegen eines ab dem 1. Januar 2014 entstehenden Haushaltsführungsschadens auf die Klägerin übergegangen ist und von ihr zukünftig geltend gemacht werden könnte.
10
d) Die Gehörsverletzung ist auch erheblich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht im Hinblick auf den von der Klägerin in der Nichtzulassungsbeschwerde gehaltenen Vortrag seine Ansicht aufgibt, dass ein Feststellungsantrag nicht zulässig gestellt werden könne.
11
2. Im Übrigen war die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen, weil sie keine durchgreifenden Zulassungsgründe gegen die Begründung des Berufungsgerichts aufzeigt, dass ein Haushaltsführungsschaden für den Zeitraum vom 3. Mai 2010 bis zum 31. Dezember 2013 nicht ausreichend dargetan ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen. Galke von Pentz Offenloch Roloff Müller
Vorinstanzen:
LG Offenburg, Entscheidung vom 30.10.2014 - 2 O 169/14 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 04.03.2016 - 14 U 181/14 -

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

8
1. Die in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens für das gerichtliche Verfahren dar (BVerfGE 55, 72, 93). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es den Parteien auch tatsächlich möglich ist, Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis zu nehmen, sie also nicht gehindert sind, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 190 und 86, 133, 144). Dem Inhalt des Verfahrensgrundrechts entnimmt der Bundesgerichtshof daher in ständiger Rechtsprechung , dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937, Rn. 4 mwN). Der Berufungsbeklagte darf darauf vertrauen, dass ihn das Berufungsgericht, wenn es in der tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung dem Erstrichter nicht folgen will, darauf hinweist , und zwar so rechtzeitig, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2524 und Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, aaO).
5
1. Nach ständiger Rechtsprechung darf eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und neuer Vortrag oder ein Beweisantritt erforderlich ist, um auf der Grundlage dieser Beurteilung zu obsiegen (vgl. Senat , Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 mwN; BVerfG, NJW 2003, 2524). Dabei muss der Hinweis so rechtzeitig erfolgen, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5, BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Erteilt das Gericht entgegen § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Kann eine sofortige Äußerung nach den konkreten Umstän- den nicht erwartet werden, darf die mündliche Verhandlung nicht ohne weiteres geschlossen werden. Vielmehr muss das Gericht die mündliche Verhandlung dann vertagen, soweit dies im Einzelfall sachgerecht erscheint, ins schriftliche Verfahren übergehen oder, wenn von der betroffenen Partei nach § 139 Abs. 5 ZPO beantragt, einen Schriftsatznachlass gewähren (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Die mündliche Verhandlung darf in dieser Situation auch dann nicht geschlossen werden, wenn die Partei einen Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO nicht stellt (Senat, Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 43/12, ZOV 2013, 159 Rn. 13 - 15; BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, aaO).

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

5
1. Nach ständiger Rechtsprechung darf eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und neuer Vortrag oder ein Beweisantritt erforderlich ist, um auf der Grundlage dieser Beurteilung zu obsiegen (vgl. Senat , Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 mwN; BVerfG, NJW 2003, 2524). Dabei muss der Hinweis so rechtzeitig erfolgen, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5, BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Erteilt das Gericht entgegen § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Kann eine sofortige Äußerung nach den konkreten Umstän- den nicht erwartet werden, darf die mündliche Verhandlung nicht ohne weiteres geschlossen werden. Vielmehr muss das Gericht die mündliche Verhandlung dann vertagen, soweit dies im Einzelfall sachgerecht erscheint, ins schriftliche Verfahren übergehen oder, wenn von der betroffenen Partei nach § 139 Abs. 5 ZPO beantragt, einen Schriftsatznachlass gewähren (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Die mündliche Verhandlung darf in dieser Situation auch dann nicht geschlossen werden, wenn die Partei einen Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO nicht stellt (Senat, Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 43/12, ZOV 2013, 159 Rn. 13 - 15; BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, aaO).

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

8
1. Die in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens für das gerichtliche Verfahren dar (BVerfGE 55, 72, 93). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es den Parteien auch tatsächlich möglich ist, Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis zu nehmen, sie also nicht gehindert sind, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 190 und 86, 133, 144). Dem Inhalt des Verfahrensgrundrechts entnimmt der Bundesgerichtshof daher in ständiger Rechtsprechung , dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937, Rn. 4 mwN). Der Berufungsbeklagte darf darauf vertrauen, dass ihn das Berufungsgericht, wenn es in der tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung dem Erstrichter nicht folgen will, darauf hinweist , und zwar so rechtzeitig, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2524 und Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, aaO).

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

8
1. Die in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens für das gerichtliche Verfahren dar (BVerfGE 55, 72, 93). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es den Parteien auch tatsächlich möglich ist, Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis zu nehmen, sie also nicht gehindert sind, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 190 und 86, 133, 144). Dem Inhalt des Verfahrensgrundrechts entnimmt der Bundesgerichtshof daher in ständiger Rechtsprechung , dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937, Rn. 4 mwN). Der Berufungsbeklagte darf darauf vertrauen, dass ihn das Berufungsgericht, wenn es in der tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung dem Erstrichter nicht folgen will, darauf hinweist , und zwar so rechtzeitig, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2524 und Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, aaO).
15
cc) Erteilt das Gericht entgegen § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Kann eine sofortige Äußerung nach den konkreten Umständen - wie hier - nicht erwartet werden, darf die mündliche Verhandlung nicht ohne weiteres geschlossen werden. Vielmehr muss das Gericht die mündliche Verhandlung dann vertagen, soweit dies im Einzelfall sachgerecht erscheint, ins schriftliche Verfahren übergehen oder, wenn von der betroffenen Partei nach § 139 Abs. 5 ZPO beantragt, einen Schriftsatznachlass gewähren (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Die mündliche Verhandlung darf in dieser Situation auch dann nicht geschlossen werden, wenn die Partei, wie hier, einen Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO nicht stellt (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, aaO). Die Vorschrift soll der Partei eine Option eröffnen, aber nicht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verkürzen (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 139 Rn. 14 a.E.). Die gebotenen Maßnahmen hat das Berufungsgericht nicht ergriffen.
5
1. Nach ständiger Rechtsprechung darf eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und neuer Vortrag oder ein Beweisantritt erforderlich ist, um auf der Grundlage dieser Beurteilung zu obsiegen (vgl. Senat , Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 mwN; BVerfG, NJW 2003, 2524). Dabei muss der Hinweis so rechtzeitig erfolgen, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5, BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Erteilt das Gericht entgegen § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Kann eine sofortige Äußerung nach den konkreten Umstän- den nicht erwartet werden, darf die mündliche Verhandlung nicht ohne weiteres geschlossen werden. Vielmehr muss das Gericht die mündliche Verhandlung dann vertagen, soweit dies im Einzelfall sachgerecht erscheint, ins schriftliche Verfahren übergehen oder, wenn von der betroffenen Partei nach § 139 Abs. 5 ZPO beantragt, einen Schriftsatznachlass gewähren (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Die mündliche Verhandlung darf in dieser Situation auch dann nicht geschlossen werden, wenn die Partei einen Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO nicht stellt (Senat, Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 43/12, ZOV 2013, 159 Rn. 13 - 15; BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, aaO).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Tenor

1. Die Beklagten werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 29. November 2012 auf ihre Kosten durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Zulassungsgründe liegen nicht vor; die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

2

I. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegen andere Zulassungsgründe vor. Die Frage, ob § 740 BGB analog anzuwenden ist, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Einnahmen eines Gesellschafters der Gesellschaft zustehen und dies beim Ausscheiden des Gesellschafters auch für dessen schwebende Geschäfte gelten soll, deretwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, ist nicht allgemein klärungsbedürftig. Sie stellt sich in der Regel nicht, weil die Gesellschafter nach dem gesetzlichen Leitbild einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Erfüllung ihrer Beitragspflicht (§ 706 BGB) von vornherein für die Gesellschaft tätig werden. Dementsprechend wird die Frage im Schrifttum auch nicht erörtert. Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage ist aber auch nicht allgemein klärungsfähig. Ob § 740 BGB in Fallgestaltungen, in denen nach einer vom gesetzlichen Leitbild abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelung die Gesellschafter für eigene Rechnung tätig sind, die von ihnen erzielten Einnahmen aber der Gesellschaft zustehen und dies anteilig auch für die bei ihrem Ausscheiden noch schwebenden Geschäfte gelten soll, entsprechend anzuwenden ist, kann nur im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der Bestimmungen des jeweiligen Gesellschaftsvertrags entschieden werden (vgl. MünchKommHGB/Karsten Schmidt, 3. Aufl., § 131 Rn. 116 zum unmittelbaren Anwendungsbereich). Eine entsprechende Anwendung des § 740 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn sich dem Gesellschaftsvertrag hinreichende Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass die Gesellschafter in dieser Weise verfahren wollten.

3

Abgesehen davon, dass danach die vom Berufungsgericht formulierte Zulassungsfrage weder allgemein klärungsbedürftig noch allgemein klärungsfähig ist, ist sie für die vom Berufungsgericht zuerkannten Ansprüche, die Gegenstand der Überprüfung durch das Revisionsgericht sind, auch nicht entscheidungserheblich (vgl. dazu unten II.3.).

4

II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

5

1. Das Berufungsgericht hat die Auskunftsansprüche der Klägerin zu 3 darauf gestützt, dass ihr nach § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags die Vergütung für Mandate der Beklagten in Insolvenzverfahren, die am 31. Dezember 2009 bereits bestanden, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgerechnet waren und für die ihr die Vergütung noch nicht zugeflossen war, anteilig nach dem Verhältnis des vor und nach diesem Stichtag angefallenen Bearbeitungsaufwands zusteht. Gegen diese Auslegung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

6

a) Die Auslegung einer Individualvereinbarung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur nach, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (st.Rspr., s. nur BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 68/08, ZIP 2009, 880 Rn. 12 mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Prozessstoff, insbesondere auch mit dem Vorbringen der Beklagten, in den Entscheidungsgründen ausführlich befasst. Es ist dabei ohne Rechtsfehler zu dem möglichen und deshalb revisionsrechtlich hinzunehmenden Ergebnis gekommen, dass die Klägerin zu 3 auch an der Vergütung für die beim Ausscheiden der Beklagten noch nicht abgeschlossenen Mandate in Insolvenzsachen anteilig beteiligt sein sollte, wobei sich ihr Anteil nach dem Verhältnis des vor und nach dem Ausscheiden der Beklagten entstandenen Aufwands für die Bearbeitung der Mandate bemessen sollte.

7

b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht nicht gegen wesentliche Auslegungsgrundsätze verstoßen, indem es unter Einnahmen im Sinn von § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nicht nur solche verstanden hat, die der Klägerin zu 3 oder den einzelnen Gesellschaftern bereits zugeflossen sind. Die Auslegung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin zu 3 nach § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages materiell-rechtlich alles zustehen sollte, was durch die Tätigkeit der Gesellschafter während ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft erwirtschaftet wird, ist mit dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vereinbar. Die zivilrechtliche Bedeutung des Begriffs der Einnahmen im Gesellschaftsvertrag wird durch das in der Buchführung übliche Verständnis von Einnahmen und Ausgaben nicht zwingend vorgegeben.

8

c) Ohne Erfolg bleibt die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe gegen wesentliche Auslegungsgrundsätze verstoßen, weil es nicht das Verhalten der Gesellschafter vor und nach dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung und den entsprechenden Vortrag der Beklagten zur Kenntnis genommen und berücksichtigt habe. Das Berufungsgericht hat sich mit dem als übergangen gerügten Vortrag der Beklagten befasst und hat diesen rechtsfehlerfrei im Rahmen des ihm zustehenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraums gewürdigt.

9

d) Anders als die Revision meint, verstößt das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts weder gegen § 707 BGB noch gegen § 723 Abs. 3 BGB. Stehen der Klägerin zu 3 - wie das Berufungsgericht angenommen hat - nach § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages die Erträge aus den beim Ausscheiden der Beklagten noch schwebenden Insolvenzmandaten anteilig zu, ist § 707 BGB, der lediglich eine Verpflichtung zu einer im Gesellschaftsvertrag nicht vereinbarten, nachträglichen Erhöhung der Beiträge ausschließt, nicht berührt. Ebenso wenig führt eine im Gesellschaftsvertrag geregelte Beteiligung der Klägerin zu 3 an den beim Ausscheiden der Beklagten noch nicht abgeschlossenen oder nicht abgerechneten Insolvenzmandaten zu einem nicht vereinbarten "Austrittsgeld". Auch eine sonstige, mit § 723 Abs. 3 BGB nicht zu vereinbarende Erschwerung des Kündigungsrechts liegt in der Beteiligung der Klägerin zu 3 an den schwebenden Geschäften der ausgeschiedenen Beklagten, nimmt man § 740 BGB und die aus der Anwendung dieser Vorschrift entstehenden Folgen in den Blick, entgegen der Meinung der Revision nicht.

10

e) Der Senat hat die von der Revision erhobenen (weiteren) Verfahrensrügen geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

11

2. Die Revision meint, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft den Auskunftsanspruch der Klägerin zu 3 für begründet erachtet, weil es den unstreitigen Vortrag der Beklagten, dass in den schwebenden Insolvenzverfahren eine Aufteilung der von den Beklagten vor und nach ihrem Ausscheiden entfalteten Tätigkeiten mangels Erfassung des entstandenen Aufwands und einer zuverlässigen Schätzmethode nicht möglich sei, unbeachtet gelassen habe; die Unmöglichkeit der Aufteilung habe zur Folge, dass die Kläger kein schutzwürdiges Interesse an der Auskunft hätten. Auch darin kann der Revision nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass der Vortrag, die Aufteilung der in den Insolvenzverfahren entfalteten Tätigkeiten der Beklagten auf die Zeit bis zu ihrem Ausscheiden und nach diesem Zeitpunkt sei unmöglich, keineswegs unstreitig war, stehen der Klägerin zu 3 die ihr zuerkannten Ansprüche auf Auskunftserteilung unabhängig davon zu, ob sich für die einzelnen Mandate eine Bewertung des vor und nach dem Ausscheiden der Beklagten geleisteten Aufwands als möglich herausstellt. Dass eine Aufteilung im Wege einer an Tatsachen anknüpfenden und deshalb nicht willkürlichen Schätzung von vornherein ausgeschlossen ist, liegt entgegen der Darstellung der Revision auch nicht auf der Hand.

12

3. Auch die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft § 740 BGB für entsprechend anwendbar erachtet, führt nicht zum Erfolg. Auf diese Frage kommt es nicht an. Hat die Klägerin zu 3 - wie das Berufungsgericht § 6 Abs. 2 GV rechtsfehlerfrei entnommen hat - Anteil an den Vergütungen, die den Beklagten in den bei ihrem Ausscheiden noch schwebenden Insolvenzmandaten nach diesem Zeitpunkt zufließen, stehen ihr die vom Berufungsgericht zuerkannten Auskunftsansprüche unabhängig davon zu, ob die Gesellschafter die Anwendung des § 740 BGB auf die schwebenden Geschäfte der Beklagten vereinbart haben. Ist § 740 BGB analog anwendbar, benötigt die Klägerin zu 3 die begehrten Auskünfte, um die ihr zustehenden Ansprüche nach Auszahlung der Vergütungen an die Beklagten geltend machen zu können. Dies gilt gleichermaßen, wenn § 740 BGB keine Anwendung findet. In diesem Fall kann die Klägerin zu 3 ihre Ansprüche auf anteilige Vergütung hinsichtlich der noch schwebenden Insolvenzmandate nach dem Ausscheiden der Beklagten zwar wegen der Durchsetzungssperre nicht mehr isoliert geltend machen. Die Ansprüche sind jedoch in jedem Fall als Posten in der Abfindungsrechnung zu berücksichtigen und vermindern einen sich ergebenden Abfindungsanspruch der Beklagten bzw. erhöhen einen Verlustausgleichsanspruch der Klägerin zu 3. Es ist deshalb für die der Klägerin zu 3 zuerkannten Auskunftsansprüche entgegen der Meinung der Revision ohne Belang, ob die Parteien die Anwendung des Substanzwertverfahrens oder der Ertragswertmethode vereinbart haben oder künftig vereinbaren. Ebenso ist es für das Bestehen der Auskunftsansprüche unerheblich, ob die Abfindung - wie es nach der Rechtsprechung des Senats mangels einer anderslautenden Regelung bei einer Freiberuflersozietät regelmäßig der Fall ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2010 - II ZR 29/09, ZIP 2010, 1594 Rn. 2) - in der Weise zu leisten ist, dass die Sachwerte geteilt werden und allen Gesellschaftern die rechtlich unbeschränkte Möglichkeit eingeräumt ist, um die Mandanten zu werben, oder ob angesichts der hier gegebenen Besonderheit, dass es sich bei den insolvenzrechtlichen Mandaten nicht um solche der Klägerin zu 3 handelt und ein Werben um solche Mandate rechtlich nicht möglich ist, die Mandate zu bewerten und auf einen etwaigen Abfindungsanspruch anzurechnen sind (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 6. März 1995 - II ZR 97/94, ZIP 1995, 833 Rn. 8).

13

III. Soweit sich die Revision der Beklagten gegen die Kläger zu 1 und 2 richtet, ist sie mangels Beschwer bereits unzulässig, weil schon das Berufungsgericht die Klagen der Kläger zu 1 und 2 rechtskräftig als unzulässig abgewiesen hat.

Bergmann                             Strohn                        Reichart

                      Drescher                          Born

Die Revision des Beklagten wurde am 12. September 2014 zurückgenommen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I I ZR 3 3 5 / 1 3 Verkündet am:
3. Februar 2015
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Kündigung der stillen Gesellschaft führt zu deren Auflösung und zur Auseinandersetzung
zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter
, bei der die wechselseitigen Ansprüche grundsätzlich unselbstständige
Rechnungsposten der Gesamtabrechnung werden und vor Beendigung der Auseinandersetzung
nur ausnahmsweise geltend gemacht werden können, wenn dadurch
das Ergebnis der Auseinandersetzung (teilweise) in zulässiger Weise vorweggenommen
wird und insbesondere die Gefahr von Hin- und Herzahlungen nicht besteht.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - II ZR 335/13 - OLG Koblenz
LG Mainz
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Februar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und
den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterin Caliebe und die Richter Born und
Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22. August 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Auszahlung seines Gewinnanteils aus einer atypischen stillen Gesellschaft für die Jahre 2005 bis einschließlich

2009.

2
Der Kläger beteiligte sich mit einer Einlage in Höhe von 165.000 € an dem von dem Beklagten geführten Fitnessstudio mit Sauna (im Folgenden: Fit- nessstudio); der Anteil der stillen Beteiligung (an Gewinn und Verlust) betrug 27,5%. Gleichzeitig arbeitete der Kläger auch persönlich in dem Fitnessstudio.
3
Der Beklagte betreibt zusätzlich zu dem Fitnessstudio unter derselben Anschrift in getrennten Räumlichkeiten auch eine Praxis für Physiotherapie (Krankengymnastik) mit Angestellten. Diese Angestellten führten auch Kurse in dem Fitnessstudio durch, an denen dessen Besucher teilnehmen konnten. Umgekehrt wurde das Fitnessstudio auch für Zwecke der Physiotherapiepraxis genutzt.
4
Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Gesellschaftsvertrag vom 17. Juni 2005 (im Folgenden: GV) sollte die Gewinnermittlung aufgrund des jährlich nach den einkommensteuerlichen Gewinnvorschriften aufzustellenden Jahresabschlusses erfolgen (§§ 5, 7 GV sowie Ergänzungsvereinbarung vom 26. Juni 2005). Gemäß § 6 Abs. 1 GV erhielten der Kläger und der Beklag- te jeweils eine monatliche Vorabgewinnzuweisung in Höhe von 3.100 €. Außer- dem sah der Gesellschaftsvertrag für den stillen Gesellschafter die Führung eines Einlagen- und eines Verlustkontos sowie eines (zu verzinsenden) Privatkontos vor, auf das der Gewinnanteil des Klägers gebucht werden sollte (§ 4 Abs. 1 und 3 GV). Die Gesellschaft begann gemäß § 2 GV am 1. Juli 2005 und war auf zehn Jahre fest geschlossen.
5
Zwischen den Parteien besteht insbesondere Streit darüber, wie die durch Angestellte der Physiotherapiepraxis in dem Fitnessstudio erbrachten Arbeitsleistungen bei der Gewinnermittlung für die Jahre 2005 bis 2009 zu berücksichtigen sind.
6
Mit Schreiben vom 16. Juni 2010 kündigte der Kläger das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos, nachdem er den Beklagten zuvor am 13. April 2010 erfolglos zur Zahlung des von ihm errechneten Gewinnanteils für die vergangenen Jahre aufgefordert hatte.
7
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 109.533,80 € nebst Zinsen ge- richteten Klage in Höhe von 49.497,35 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers, dessen Klagebegehren zuletzt auf die Zahlung von 127.366,29 € nebst Zinsen gerichtet war, hat das Berufungsgericht den Beklag- ten unter Zugrundelegung eines Gewinnanteils in Höhe von insgesamt 94.022,21 € zuzüglich der sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Verzinsung in Höhe von 5% zur Zahlung von 109.533,80 € nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Berufung des Klägers sowie die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision des Beklagten ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Aufgrund der insoweit unstreitigen Gewinnermittlungen für die Jahre 2005 und 2006 sei von Gewinnanteilen des Klägers in Höhe von 11.723,06 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 586,15 € sowie 18.965,53 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 1.563,74 € auszugehen. Eine Verminderung der so errechneten Er- gebnisse wegen Löhnen, die für Mitarbeiter der Praxis für Physiotherapie gezahlt worden seien, deren Leistungen nach dem Vorbringen des Beklagten aber für das Fitness-Studio erbracht worden seien, sei nicht vorzunehmen.
11
Soweit sich aus der zunächst gemeinschaftlich geführten Aufstellung der wechselseitig aus dem Bereich des Fitnessstudios einerseits und der Praxis für Physiotherapie andererseits erbrachten Leistungen ein überschießender Betrag zugunsten der Physiotherapie ergeben sollte, der zu einer Verringerung des Gewinnanteils des Klägers führen könnte, sei dieser Umstand erst im Rahmen der Auseinandersetzung der Gesellschaft bei der Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens des Klägers zu berücksichtigen. Es verstoße nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Auszahlung eines Gewinnanteils begehre, von dem später im Rahmen der Auseinandersetzung möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs der wechselseitigen Leistungen wieder Abstriche zu machen seien. Denn es sei offen, ob und in welcher Höhe sich unter Berücksichtigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten und der Einlagen auf der Grundlage der noch zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz ein Auseinandersetzungsguthaben des Klägers ergebe und in welchem Umfang sich die nur bis November 2009 unstreitigen wechselseitigen Leistungen der beiden Unternehmen hierbei auswirkten.
12
Für 2007 errechne sich aus der von den Parteien gemeinsam erstellten Gewinnermittlung ohne Verrechnung der Leistungen aus dem Bereich der Physiotherapie ein Gewinnanteil des Klägers in Höhe von 29.602,58 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 3.122,05 €. Gemäß den im Auftrag des Beklagten erstellten Gewinnermittlungen für 2008 und 2009 stehe dem Kläger für 2008 ein An- spruch auf Zahlung von 34.911,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5.023,75 € zu und ergebe sich ein negativer Gewinnanteil des Klägers für 2009 in Höhe von 1.180,86 €. Einkommensteuerrechtlich seien bloße Verbindlichkeiten des Fitnessstudios gegenüber der Praxis für Physiotherapie wegen Tätigkeiten von Mitarbeitern aus dem Bereich der Physiotherapie in den Räumen des Fitnessstudios im Rahmen der Gewinnermittlung nicht berücksichtigungsfähig, weil in den betreffenden Jahren tatsächlich eine Bezahlung der Leistungen nicht erfolgt sei. Für eine Aufrechnung fehle es an der Gegenseitigkeit der Leistungen.
13
II. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
14
Das Berufungsgericht hat bei seiner Entscheidung rechtsfehlerhaft unbeachtet gelassen, dass der Kläger, wie im Tatbestand des Berufungsurteils als unstreitig festgehalten ist, das Gesellschaftsverhältnis mit Schreiben vom 16. Juni 2010 aus wichtigem Grund gekündigt hat. Die mit der Klage geltend gemachten Gewinnansprüche des Klägers sind, wie die Revision mit Recht rügt, nicht (mehr) selbstständig durchsetzbar, sondern zu unselbstständigen Rechnungsposten im Rahmen der Auseinandersetzung geworden, wenn die Kündigung des Klägers wirksam ist und zur Auflösung der Gesellschaft geführt hat. Da das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, dass die Kündigung des Klägers unwirksam ist, und es nach seinen bisherigen Feststellungen offen ist, ob und in welcher Höhe sich unter Berücksichtigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten und der Einlagen auf der Grundlage der noch zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz ein Auseinandersetzungsguthaben des Klägers ergibt und in welchem Umfang sich die wechselseitigen Leistungen aus den beiden Unternehmen hierbei auswirken, durfte es der Klage auf dieser Grundlage nicht stattgeben.
15
1. Eine stille Gesellschaft kann gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 723 BGB aus wichtigen Gründen ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Die Kündigung führt zur Auflösung der stillen Gesellschaft und zur Auseinandersetzung nach Maßgabe des § 235 HGB, bei der die Einzelansprüche unselbstständige Rechnungsposten werden (BGH, Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 84). Der Anspruch des stillen Gesellschafters auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens wird regelmäßig erst nach dieser Auseinandersetzung fällig (BGH, Urteil vom 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553). Insoweit gilt - entsprechend der Durchsetzungssperre bei der Auflösung einer Personengesellschaft - auch für die Beendigung einer stillen Gesellschaft das Prinzip der Gesamtabrechnung (BGH, Urteil vom 12. Juni 1972 - II ZR 109/71, WM 1972, 1056; Urteil vom 8. Juli 1976 - II ZR 34/75, WM 1976, 1030, 1032; Urteil vom 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553; Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 84; vgl. auch MünchKommHGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 235 Rn. 18; Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Gehrlein, HGB, 3. Aufl., § 235 Rn. 7; Harbarth in Großkommentar/HGB, 5. Aufl., § 235 Rn. 14 mwN). Erst der Saldo der Auseinandersetzungsrechnung ergibt, wer von wem noch etwas zu fordern hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10, ZIP 2013, 361 Rn. 43).
16
2. Die zwischen dem Kläger und dem Beklagten zustande gekommene stille Gesellschaft, die nach § 2 des Gesellschaftsvertrages auf zehn Jahre fest geschlossen worden war, konnte durch die durch das Berufungsgericht festgestellte Kündigung des Klägers vom 16. Juni 2010 bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch bereits vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Zeit beendet werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats setzt das - unentziehbare - Recht zur außerordentlichen Kündigung allerdings voraus, dass dem Kündigenden nach Lage des Falles eine Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Vertragsende oder zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann, weil das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern grundlegend gestört oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich ist (BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 2/11, ZIP 2012, 1500 Rn. 28 mwN). Die Feststellung des wichtigen Grundes zur Kündigung erfordert deshalb die eingehende (tatrichterliche) Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 2/11, ZIP 2012, 1500 Rn. 28).
17
3. Das Berufungsgericht hat zur Wirksamkeit der Kündigung des Klägers aus wichtigem Grund keine Feststellungen getroffen. Den Ausführungen des Berufungsgerichts kann auch nicht entnommen werden, dass es bei seiner Entscheidung unausgesprochen von einer Unwirksamkeit der Kündigung des Klägers und von einem Fortbestand der stillen Gesellschaft ausgegangen sein könnte. Dagegen spricht vielmehr, dass das Berufungsgericht den Beklagten hinsichtlich der Berücksichtigung eines möglicherweise überschießenden Betrages von Leistungen der Praxis für Physiotherapie, der zu einer Verringerung des Gewinnanteils des Klägers führen könnte, auf die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens verwiesen und weiter ausgeführt hat, es sei offen, ob und in welcher Höhe sich unter Berücksichtigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten und der Einlage auf der Grundlage der noch zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz ein Auseinandersetzungsguthaben ergäbe und in welchem Umfang sich die nur bis November 2009 unstreitigen wechselseitigen Leistungen hierbei auswirkten.
18
4. Für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz ist daher von der Wirksamkeit der Kündigung des Klägers vom 16. Juni 2010 und der dadurch bewirkten Auflösung der stillen Gesellschaft auszugehen, so dass dem auf Zahlung von Gewinnansprüchen für die Jahre 2005 bis 2009 gerichteten Klagebegehren grundsätzlich bereits die aus dem Gebot der Gesamtabrechnung folgende Durchsetzungssperre entgegensteht. Nach der Rechtsprechung des Senats kann der stille Gesellschafter, soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen sind, zwar ausnahmsweise ohne Auseinandersetzung Zahlung verlangen , wenn vor Beendigung der Auseinandersetzung mit Sicherheit feststeht, dass er jedenfalls einen bestimmten Betrag fordern kann (BGH, Urteil vom 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553). Eine solche Ausnahme vom Gebot der Gesamtabrechnung liegt hier aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor.
19
a) Der Kläger ist nach § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags auch am Verlust der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage beteiligt, so dass nicht von vornherein und ohne Auseinandersetzungsrechnung feststeht, dass er - wie ein stiller Gesellschafter, der nicht am Verlust beteiligt ist - einen Betrag jedenfalls in Höhe seiner Einlage verlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553; Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 84).
20
b) Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts steht auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass der Kläger den durch das Berufungsgericht zugesprochenen Betrag als ohne Auseinandersetzung feststehenden Mindestbetrag verlangen kann. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob sich bei der Auseinandersetzung unter Berücksichtigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten überhaupt ein Guthaben zugunsten des Klägers ergeben kann, ohne Feststellungen zur Höhe etwaiger Gesellschaftsverbindlichkeiten zu treffen. Auch die Frage, ob dem Beklagten aufgrund der wechselseitig aus dem Bereich des Fitnessstudios und der Praxis für Physiotherapie erbrachten Leistungen ein Ausgleichsanspruch zusteht, der zu einer Minderung des Gewinnanteils des Klägers führen könnte, hat das Berufungsgericht im Ergebnis offen gelassen und keine Feststellungen zur Höhe der wechselseitig erbrachten Leistungen getroffen.
21
c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts enthalten auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder anderen Abreden der Parteien eine selbstständige Durchsetzbarkeit der jährlichen Gewinnansprüche des Klägers auch während des Auseinandersetzungsverfahrens ergeben könnte.
22

d) Aus dem Senatsurteil vom 4. Dezember 2012 (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10, ZIP 2013, 361 Rn. 43 ff.) kann entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung für eine ausnahmsweise Geltendmachung ohne Auseinandersetzung im vorliegenden Fall nichts hergeleitet werden. Aus dieser Entscheidung ergibt sich vielmehr, dass die selbstständige Geltendmachung von Einzelansprüchen vor Beendigung der Auseinandersetzung nur dann ausnahmsweise zuzulassen ist, wenn dadurch das Ergebnis der Auseinandersetzung (teilweise) in zulässiger Weise vorweggenommen wird und insbesondere die Gefahr von Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens nicht besteht. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts besteht diese Gefahr hier jedoch gerade, solange nicht mit Sicherheit feststeht, dass sich im Rahmen der (weiteren) Auseinandersetzung in jedem Fall ein positiver Saldo für den Kläger ergeben wird. Die vom Senat in dem angeführten Urteil vom 4. Dezember 2012 angenommene weitere Ausnahme bei einem auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10, ZIP 2013, 361 Rn. 44 f.) kommt im vorliegenden Fall gleichfalls nicht in Betracht.
23
e) Für weitere Ausnahmen vom Gebot der Gesamtabrechnung aufgrund einer auf § 242 BGB bezogenen Interessenabwägung im Hinblick auf eine sich nach Ansicht der Revisionserwiderung möglicherweise noch unabsehbar lang hinziehende Auseinandersetzung besteht kein Anlass. Das Interesse des (stillen ) Gesellschafters an einer raschen Zahlung ist nur insoweit schutzwürdig, als hinreichend sicher feststeht, dass er den vor Beendigung der Auseinandersetzung geforderten Betrag nicht zurückzahlen muss. Diesem Interesse ist dadurch gedient, dass für die Geltendmachung eines jedenfalls feststehenden Mindestbetrages eine Ausnahme von der Gesamtabrechnung gilt (BGH, Urteil vom 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553).
24
III. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden , da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den Gründen getroffen hat, auf die der Kläger seine außerordentliche Kündigung der Gesellschaft gestützt hat.
25
1. Für das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, dass die Geltendmachung nicht mehr isoliert einklagbarer, weil in eine Auseinandersetzungsrechnung einzubeziehender Forderungen ohne Weiteres auch das Feststellungsbegehren enthält, dass die entsprechenden Forderungen in die Auseinandersetzungsrechnung (als unselbstständige Rechnungsposten) eingestellt werden (st. Rspr.: vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1210; Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 2/11, ZIP 2012, 1500 Rn. 42).
26
2. Das Berufungsgericht wird ferner gegebenenfalls seine Auffassung zu überdenken haben, dass die von dem Beklagten geltend gemachten Ausgleichsbeträge wegen Leistungen der Praxis für Physiotherapie im Rahmen der steuerlichen Gewinnfeststellung nicht zu berücksichtigen seien, weil die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durch eine Zu- und Abflussrechnung im Sinne von § 11 EStG zu erfolgen habe und jeweils keine Zahlungen zwischen dem Fitnessstudio und der Praxis für Physiotherapie stattgefunden hätten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die Gewinnermittlung , die nach dem Gesellschaftsvertrag einkommensteuerlichen Gewinnermitt- lungsvorschriften entsprechen muss, nicht auf eine „Zahlung“ zwischen den beiden Betrieben desselben Steuerpflichtigen, sondern darauf an, ob und inwieweit die vom Beklagten tatsächlich an die Mitarbeiter der Praxis für Physiotherapie gezahlten und ihm persönlich damit steuerlich zurechenbaren Löhne diesem Betrieb oder dem Betrieb des Fitnessstudios zuzuordnen sind.
27
a) Der Beklagte ist sowohl Inhaber des Fitnessstudios als auch der Praxis für Physiotherapie, die jeweils wie selbstständige Unternehmen mit eigener Buch- und Kontoführung betrieben werden. Diese organisatorische Trennung schlägt sich auch darin nieder, dass hinsichtlich der Mitarbeit in der Physiotherapiepraxis und dem Fitnessstudio zwischen den Anstellungsverhältnissen der Mitarbeiter unterschieden wird und die Physiotherapiepraxis insoweit eigene Angestellte hat. Während es sich bei dem Betrieb der Physiotherapiepraxis um eine Tätigkeit des Beklagten handelt, die als freiberufliche Tätigkeit § 18 EStG unterfällt, stellt der Betrieb des Fitnessstudios einen Gewerbebetrieb nach § 15 EStG dar. Der Kläger ist als stiller Gesellschafter nur an dem Fitnessstudio als dem von dem Beklagten betriebenen Handelsgewerbe im Sinne des § 230 Abs. 1 HGB beteiligt. Zugleich sind jedoch beide Tätigkeiten weiterhin einem einzigen Steuerpflichtigen, dem Beklagten, zugeordnet.
28
Übt ein Steuerpflichtiger - wie hier - sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, die nach der Verkehrsanschauung nicht als einheitliche Tätigkeit (Betrieb) erscheinen, so sind die aus jeder dieser Tätigkeiten entspringenden Einkünfte getrennt zu erfassen. Dies gilt auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen (vgl. BFHE 223, 272, 276; Blümich/Bode, EStG, KStG, GewStG, 126. Aufl., § 15 EStG Rn. 95 ff.; Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz , 34. Aufl., § 18 Rn. 50). Die auf die jeweilige Einkunftsart entfallenden Einkünfte sind gegebenenfalls zu schätzen, wenn die freiberufliche Tätigkeit sich nicht auf einen abgrenzbaren Teilbereich erstreckt oder die als gewerblich anzusehende Tätigkeit nicht von der Gesamttätigkeit abgegrenzt werden kann (vgl. Blümich/Bode, EStG, KStG, GewStG, 126. Aufl., § 15 EStG Rn. 96).
29
b) Entsprechend der Ansicht der Revision sind die Lohnzahlungen des Beklagten an die Angestellten der von ihm betriebenen Praxis für Physiothera- pie danach als Betriebsaufwendungen anteilig als Ausgaben bei der Einkunftsermittlung des Fitnessstudios zu berücksichtigen, soweit sie sich auf diese Tätigkeit beziehen und dieser Tätigkeit zugeordnet werden können. Die Zurechnung der Betriebsausgaben zu der jeweiligen Tätigkeit richtet sich nach § 4 Abs. 4 EStG. Demnach müssen die Ausgaben objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dazu bestimmt sein, dem Betrieb zu dienen (Kirchhof/Bode, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 4 Rn. 161). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich ein solcher objektiver und subjektiver Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Fitnessstudios und einem Anteil an den an die Angestellten der Physiotherapiepraxis gezahlten Löhnen. Es handelt sich um Angestellte der Praxis für Physiotherapie, die in den Räumlichkeiten des Fitnessstudios des Beklagten Kurse anbieten, an denen auch die Kunden des Fitnessstudios teilnehmen können. Der Einsatz der Angestellten der Praxis für Physiotherapie - d.h. ein Teil der von dem Beklagten vergüteten Arbeitszeit - dient insoweit dem Betrieb des Fitnessstudios, als damit Kurse auch für die Kunden des Fitnessstudios erbracht werden. Eine nachvollziehbare Zuordnung des Einsatzes der Angestellten der Physiotherapiepraxis zur Tätigkeit des Fitnessstudios kann insoweit grundsätzlich aufgrund der für die Durchführung der Kurse aufgewandten Arbeitszeit unter gleichzeitiger Berücksichti- gung der Zahl der Kursteilnehmer aus dem Fitnessstudio im Verhältnis zur Gesamtteilnehmerzahl erfolgen.
Bergmann Strohn Caliebe Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 24.07.2012 - 10 HKO 52/10 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 22.08.2013 - 6 U 1010/12 -
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aa) Eine vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung muss den geltend gemachten Ausgleichsanspruch nachvollziehbar und schlüssig darlegen. Zu diesem Zweck sind die für die Berechnung wesentlichen Parameter einzubeziehen. Außerdem gilt auch für die an die Liquidation anschließenden Ausgleichsansprüche der Gesellschafter untereinander zur Vermeidung eines Hinund Herzahlens der Grundsatz der Gesamtabrechnung und es besteht grundsätzlich eine Durchsetzungssperre hinsichtlich einzelner Rechnungsposten (BGH, Urteil vom 2. Juli 1962 - II ZR 204/60, BGHZ 37, 299, 304 f.; Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 155 Rn. 18). Weitergehende Anforderungen sind an eine vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung nicht zu stellen.