Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2019 - V ZR 276/18

bei uns veröffentlicht am12.09.2019
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 4 O 163/17, 13.10.2017
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 22 U 196/17, 25.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 276/18
vom
12. September 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:120919BVZR276.18.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 25. Oktober 2018 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 160.000 €.

Gründe:


1
Die Beklagte war Miteigentümerin eines Hauses, aus dessen Verkauf sie 200.000 € erhalten hatte. Bei der Suche nach einer neuen Unterkunft, in der sie auch ihre Fußpflegepraxis ausüben konnte, kam sie mit dem Kläger, ihrem Sohn, überein, dass dieser ein Haus kaufen und sie ihm dafür einen Zuschuss zahlen werde. Sie überwies dem Kläger im September 2013 200.000 € und im Oktober 2013 weitere 20.000 €. Der Kläger nahm ein Darlehen auf und erwarb ein Haus zu einem Preis von 440.000 €. Zugunsten der Beklagten wurdefür das Erdgeschoss des Hauses ein Wohnrecht bestellt und in das Grundbuch eingetragen. Im Obergeschoss wurde ein Zimmer für die Fußpflegepraxis abgeteilt. Im Februar 2014 zogen die Parteien ein. In der Folgezeit kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien. Die Beklagte erklärte im Oktober 2016 unter Bezugnahme auf die Geldhingabe die Kündigung eines Darlehens über 250.000 €, im Februar 2017 widerrief sie eine eventuelle Schenkung. Im August 2017 verkaufte der Kläger das Haus und zog aus.
2
Das Landgericht hat, soweit von Interesse, die auf Rückzahlung von 250.000 € gerichtete Widerklage der Beklagten abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr in Höhe von 160.000 € stattgegeben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.


3
Das Berufungsgericht hält die Widerklage unter dem Gesichtspunkt der Zweckverfehlungskondiktion für teilweise begründet (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB). Nach den Gesamtumständen sei davon auszugehen, dass die Beklagte dem Kläger die Geldbeträge deshalb habe zukommen lassen, damit das gemeinsame Projekt des Hauskaufs und des gemeinsamen Wohnens verwirklicht werde. Die Beklagte habe in der Berufungsverhandlung anschaulich und überzeugend geschildert, dass es nicht lediglich um ein Wohnrecht gegangen sei, sondern dass die übrigen Räume gemeinschaftlich dazu hätten genutzt werden sollen, die Familie zu beherbergen. Auch die Nutzung des Gartens sei nach der Vorstellung der Beklagten davon geprägt gewesen, dass sie sich darin im Rahmen der familiären Zusammengehörigkeit frei habe bewegen können. Dieser Zweck sei nicht mehr zu erreichen, wofür dahinstehen könne, ob dies durch das Verhalten einer Partei oder beider Seiten verursacht worden sei. Der Kläger sei deshalb auf Kosten der Beklagten ohne Rechtsgrund bereichert. Im Weg der Saldierung seien wegen des überlassenen Zimmers im Obergeschoss 6.000 € und als Wert für das Wohnrecht 54.000 € in Abzug zu bringen. Es verbleibe ein Betrag von 160.000 €,dem keine Gegenleistung des Klägers mehr gegenüberstehe.

III.


4
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Es handelt sich um eine unzulässige Überraschungsentscheidung.
5
1. Nach ständiger Rechtsprechung darf eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und neuer Vortrag oder ein Beweisantritt erforderlich ist, um auf der Grundlage dieser Beurteilung zu obsiegen (vgl. Senat , Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 mwN; BVerfG, NJW 2003, 2524). Dabei muss der Hinweis so rechtzeitig erfolgen, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5, BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Erteilt das Gericht entgegen § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung, muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Kann eine sofortige Äußerung nach den konkreten Umstän- den nicht erwartet werden, darf die mündliche Verhandlung nicht ohne weiteres geschlossen werden. Vielmehr muss das Gericht die mündliche Verhandlung dann vertagen, soweit dies im Einzelfall sachgerecht erscheint, ins schriftliche Verfahren übergehen oder, wenn von der betroffenen Partei nach § 139 Abs. 5 ZPO beantragt, einen Schriftsatznachlass gewähren (BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4). Die mündliche Verhandlung darf in dieser Situation auch dann nicht geschlossen werden, wenn die Partei einen Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO nicht stellt (Senat, Urteil vom 27. September 2013 - V ZR 43/12, ZOV 2013, 159 Rn. 13 - 15; BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, aaO).
6
2. Diese Grundsätze sind von dem Berufungsgericht nicht beachtet worden. Die Beklagte hat geltend gemacht, ihr stehe ein Anspruch auf Rückzahlung aus gewährten Darlehen (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB), aus ungerechtfertigter Bereicherung nach Widerruf einer Schenkung (§ 530 BGB) oder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu. Das Landgericht hat die Sachprüfung auf diese Anspruchsgrundlagen beschränkt und einen Rückzahlungsanspruch der Beklagten verneint. Der in erster Instanz obsiegende Kläger musste nicht damit rechnen, dass das Berufungsgericht den Sachverhalt im Hinblick auf die Erklärung der Beklagten in der Berufungsverhandlung anders würdigt und einen Bereicherungsanspruch wegen (teilweisen) Nichteintritts des mit der Geldhingabe bezweckten Erfolgs, nämlich der Verwirklichung des gemeinsamen Projekts des Hauskaufs und des dauerhaften gemeinsamen Wohnens, bejaht (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB). Ein solcher Anspruch ist weder von den Parteien noch von dem Landgericht erwogen worden. Auf denneuen rechtlichen Gesichtspunkt hätte das Berufungsgericht den Kläger hinweisen müssen. Ein Hinweis, der nach § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden kann, ist ausweislich des Protokolls der letzten mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.
7
3. Der Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerhaft davon aus, dass es für einen Anspruch aus Zweckverfehlungskondiktion maßgeblich auf die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung geschilderten Erwartung ankommt. Der Zweck im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB darf zwar einerseits nicht Gegenstand der vertraglichen Bindung oder Bedingung eines Rechtsgeschäfts, andererseits aber auch nicht ein bloßer, wenn auch vom Empfänger erkannter, Beweggrund oder eine einseitige Erwartung des Leistenden geblieben sein. Notwendig ist vielmehr eine - auch stillschweigend mögliche - Einigung im Sinne der tatsächlichen Willensübereinstimmung zwischen beiden Partnern über den verfolgten Zweck (vgl. Senat, Urteil vom 19. Januar 1973 - V ZR 24/71, NJW 1973, 612, 613; BGH, Urteil vom 29. November 1965 - VII ZR 214/63, BGHZ 44, 321, 323; Urteil vom 10. November 2003 - II ZR 250/01, NJW 2004, 512, 513; Urteil vom 22. Juli 2004 - IX ZR 183/03, NJW-RR 2004, 1563, 1565). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht eine solche Zweckabrede verneint hätte, wenn der Kläger Gelegenheit erhalten hätte, zu der Darstellung der Beklagten über das „gemeinsame Projekt Hauskauf“Stel- lung zu nehmen.

IV.


8
Der Verstoß gegen das rechtliche Gehör des Klägers führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Beklagte für die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB und des § 818 Abs. 3 BGB darlegungs- und beweispflichtig ist. Für die Einwendung nach § 815 BGB trägt der Kläger die Darlegungs - und Beweislast.
Stresemann RinBGH Prof. Dr. Schmidt-Räntsch Kazele ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 25. September 2019 Die Vorsitzende Stresemann Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 13.10.2017 - 4 O 163/17 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 25.10.2018 - 22 U 196/17 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 530 Widerruf der Schenkung


(1) Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht. (2) Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerru

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 815 Nichteintritt des Erfolgs


Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolgs ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider T

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

5
a) Dem Gewährleistungsgehalt von Art. 103 Abs. 1 GG entnimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht einer Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (vgl. BGH, Beschl. vom 15. März 2006, IV ZR 32/05, NJWRR 2006, 937 m.w.N.). Dabei muss der Hinweis so rechtzeitig erfolgen, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (BVerfG NJW 2003, 2524).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 32/05
vom
15. März 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
§ 139 Abs. 3
Zur Notwendigkeit eines rechtzeitigen Hinweises auf das Fehlen einer Prozessvoraussetzung
(hier: ordnungsgemäße Vertretung einer Partei) bei von
der Vorinstanz abweichender Beurteilung der Rechtslage durch das
Rechtsmittelgericht.
Die Hinweispflicht entfällt grundsätzlich auch dann nicht, wenn sich aus einem
Vorprozess eine bestimmte Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts
erschließen lässt.
BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 15. März 2006

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. Dezember 2004 zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 76.693,78 €

Gründe:


1
I. 1. Die Klägerin ist die Schwiegermutter der Beklagten. Der Ehemann der Beklagten ist der Sohn der Klägerin und seit Juni 2001 - unter anderem für den Bereich der Vermögenssorge - auch ihr Betreuer. Im Jahre 1989 gewährte die Klägerin der Beklagten und ihrem Ehemann ein Darlehen über 150.000 DM. Im Mai 2000 kündigte sie das Darlehen. Die Klage auf Rückzahlung der Darlehensvaluta wurde von demselben Senat des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung die Klägerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren angreift, mangels Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs abgewiesen. Nach einem Hinweis des Berichterstatters des Berufungsgerichts auf den Ausschluss der Vertretungsmacht des Betreuers wegen einer möglichen Interessenkollision hatte das zuständige Vormundschaftsgericht für die Klägerin noch vor der Entscheidung des Berufungsgerichts einen Ergänzungsbetreuer bestellt.
2
2. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin, zunächst erneut vertreten durch ihren Sohn als Betreuer, wiederum Rückzahlung des Darlehens verlangt. Sie hat im Verfahren vor dem Landgericht einen rechtlichen Hinweis für den Fall erbeten, dass Bedenken gegen ihre ordnungsgemäße Vertretung im Prozess bestünden, um gegebenenfalls einen Ergänzungsbetreuer bestellen lassen zu können. Das Landgericht hat die Klage als zulässig behandelt und ihr stattgegeben. In der Entscheidung wird näher ausgeführt, es sei nicht von einer Interessenkollision derart auszugehen, die den Ehemann der Beklagten von der Vertretung seiner Mutter ausschließen würde. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Betreuungsakten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Im Hinblick auf die Rechtsausführungen des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, das Verfahren auszusetzen, um einen Ergänzungsbetreuer bestellen zu lassen. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts geändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei im vorliegenden Verfahren von Anfang an gemäß § 1908i Abs. 1 i.V. mit § 1795 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 1 BGB nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Der Sohn der Klägerin sei als deren Betreuer und Ehemann der Beklagten gehindert, einen Rechtsstreit zwischen diesen Personen zu führen. Ein Grund für die Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Bestellung eines Ergänzungsbetreuers liege nicht vor. Den Parteien sei die Rechtsauffassung des Senats aus dem Vorprozess bekannt gewesen, in dem auf dessen Anregung hin ein Betreuer für die Prozessführung und die ordnungsgemäße Kündigung des Darlehens bestellt worden sei. Unter diesen Umständen sei ein rechtlicher Hinweis entbehrlich gewesen, zumal sich dem Betreuer der Klägerin und insbesondere ihrer Prozessbevollmächtigten der hier ohne Zweifel vorliegende Interessenkonflikt habe aufdrängen müssen. Dass das Landgericht die Klage für zulässig gehalten habe, ändere daran nichts.
3
II. Die zulässige Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Zu Recht rügt die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde , dass das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, indem es einen rechtzeitigen Hinweis auf ihre nicht ordnungsgemäße Vertretung im Rechtsstreit unterlassen hat.
4
1. Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f.). Diese in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaats- gedankens für das gerichtliche Verfahren dar (vgl. BVerfGE 55, 72, 93 f.; BVerfG NJW 1996, 3202). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es diesen auch tatsächlich möglich ist, vor einer Entscheidung zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können, sie also nicht gehindert werden, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144; Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 139 Rdn. 14). Dem Gewährleistungsgehalt von Art. 103 Abs. 1 GG entnimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung daher, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Urteile vom 27. April 1994 - XII ZR 16/93 - VersR 1994, 1351; vom 16. Mai 2002 - VII ZR 197/01 - NJW-RR 2002, 1436 unter II 1; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Januar 1981 - VII ZR 147/80 - NJW 1981, 1378 unter 2 c und 3). Das gilt auch für von Amts wegen zu berücksichtigende Punkte, für die § 139 Abs. 3 ZPO ausdrücklich eine Hinweispflicht vorsieht. In den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen auch Bedenken gegen die ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung einer Partei im Prozess (vgl. dazu SchlHOLG SchlHA 1978, 108).
5
2. Da das Landgericht im vorliegenden Fall gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken hatte, durfte die Klägerin darauf vertrauen, dass sie von der gegenteiligen und entscheidungserheblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts durch einen Hinweis gem. § 139 Abs. 3 ZPO rechtzeitig unterrichtet werden würde. Das gilt umso mehr, als sie selbst schon im Verfahren vor dem Landgericht um einen rechtlichen Hinweis für den Fall gebeten hatte, dass Bedenken gegen ihre ordnungsgemäße Vertretung bestünden. Zu Unrecht vertritt das Berufungsgericht die Auffassung, die Klägerin sei wegen der auf Anregung des Senats erfolgten Bestellung eines Ergänzungsbetreuers im Vorprozess bereits hinreichend über die Rechtsauffassung des Senats unterrichtet gewesen. Zweifelhaft ist schon, ob die aus Anlass eines früheren Verfahrens bekannt gewordene Rechtsauffassung eines Gerichts generell geeignet sein kann, einen rechtlichen Hinweis in einem weiteren Verfahren, wenn auch mit identischen Parteirollen und vergleichbarem Streitgegenstand , entbehrlich zu machen. Denn die Auffassung des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers kann sich geändert, der Spruchkörper kann in seiner personellen Zusammensetzung Änderungen erfahren haben. Jedenfalls musste die Klägerin allein dem Umstand, dass hier im Vorprozess der Berichterstatter des Berufungssenats die Akten dem zuständigen Vormundschaftsgericht mit der Anfrage zugeleitet hatte, ob nicht im Hinblick auf eine mögliche Interessenkollision die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers angezeigt sei, nicht entnehmen, dass sich das Berufungsgericht in dieser - danach nicht mehr entscheidungserheblich gewordenen - Frage auch für einen zukünftigen Rechtsstreit bereits endgültig festgelegt hatte.
6
War demgemäß ein rechtlicher Hinweis des Berufungsgerichts geboten , musste ihn das Berufungsgericht so rechtzeitig erteilen, dass der Klägerin Gelegenheit blieb, der Rechtsauffassung des Gerichts gegebenenfalls Rechnung zu tragen. Dazu gehörte im Falle eines - hier in Rede stehenden - Vertretungsmangels nicht nur die Gelegenheit zu ergänzendem rechtlichen Vortrag, sondern auch die Heilung des Vertretungsman- gels durch Bestellung eines Ergänzungsbetreuers. Der in der mündlichen Verhandlung vor der Verkündung einer Entscheidung erteilte Hinweis ist deshalb nicht mehr rechtzeitig erfolgt. Das Berufungsgericht hat auch keine geeigneten verfahrenslenkenden Maßnahmen - etwa die Bestimmung eines neuen Termins - ergriffen, um diesen Mangel auszugleichen. Sein Verfahren hat daher den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 17.06.2004 - 4 O 53/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 29.12.2004 - 3 U 246/04 -
5
a) Dem Gewährleistungsgehalt von Art. 103 Abs. 1 GG entnimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht einer Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (vgl. BGH, Beschl. vom 15. März 2006, IV ZR 32/05, NJWRR 2006, 937 m.w.N.). Dabei muss der Hinweis so rechtzeitig erfolgen, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (BVerfG NJW 2003, 2524).

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

13
aa) Die in erster Instanz siegreiche Partei darf darauf vertrauen, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 f.; Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5). Den hiernach gebotenen Hinweis, dass es dem Übertragungsvertrag keine dingliche Wirkung zugunsten des Klägers und seiner Brüder beimisst, hat das Berufungsgericht dem Kläger in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2011 zwar erteilt.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht.

(2) Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 250/01 Verkündet am:
10. November 2003
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
§ 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB
Finanziert ein Steuerberater einem bei ihm beschäftigten Mitarbeiter eine Ausbildung
zum Steuerberater ausschließlich im Hinblick darauf, daß dieser sich
nach Erlangung der nötigen Qualifikation mit ihm in Sozietät verbindet, so kann
der Steuerberater gegen den Mitarbeiter einen Anspruch auf Erstattung der
Ausbildungskosten nach § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB haben, wenn der Mitarbeiter
nach Abschluß der Ausbildung eine eigene Steuerberaterpraxis eröffnet.
BGH, Urteil vom 10. November 2003 - II ZR 250/01 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt/Oder
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 10. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und
Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. Juli 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 63.126,23 % Zinsen seit dem 3. November 1998 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, die zuvor als Diplom-Ingenieurin in der Bauverwaltung der DDR tätig war, trat 1990 als Angestellte in das Steuerberatungsbüro des Klägers in F. ein. Ab Ende 1991 war sie dort als Bürovorsteherin tätig.
Unter dem 20. April 1992 unterzeichneten die Parteien einen mit "Gesell- schaft des bürgerlichen Rechts" überschriebenen Vertrag. Darin vereinbarten sie, ein Steuerberatungsbüro in F. gemeinsam zu betreiben. Die Beklagte hatte ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und unterlag einem mit einer Vertragsstrafe bewehrten Wettbewerbsverbot. Dem in K. wohnenden Kläger oblag "die fachliche Unterstützung der Praxis durch seine persönliche Beratung und Mitarbeit". In einer weiteren Vereinbarung der Parteien vom 1. Februar 1994 heißt es, der "als Anlage beigefügte" vorbezeichnete Vertrag solle automatisch mit der Zulassung der Beklagten als Steuerbevollmächtigte oder Steuerberaterin wirksam werden. Als weitere Voraussetzung für das Wirksamwerden ist vorgesehen, daß die Beklagte sechs Monate vor der Zulassung noch in einem Anstellungsverhältnis zu dem Kläger gestanden hat.
In der Folgezeit machte die Beklagte eine Ausbildung zur Steuerberaterin. Der Kläger trug die Kosten dieser Ausbildung und stellte die Beklagte im erforderlichen Umfang von der Arbeit frei. Nachdem ein erster Prüfungsversuch im Herbst 1996 gescheitert war, bestand die Beklagte im Herbst 1997 den schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung.
Sodann kündigte sie den Anstellungsvertrag zum 31. Dezember 1997 wegen einer Erkrankung.
Im Februar 1998 bestand sie auch den mündlichen Teil der Steuerberaterprüfung. Sie beantragte jedoch - trotz Aufforderung durch den Kläger - zunächst nicht die Bestellung als Steuerberaterin. Daraufhin erklärte der Kläger im April 1998 die fristlose Kündigung des Gesellschaftsvertrages.
Im August 1998 wurde die Beklagte aufgrund eines Antrags vom 14. August 1998 zur Steuerberaterin bestellt. Sie eröffnete sodann in F. ein eigenes Steuerberatungsbüro.
Der Kläger hat - nach Klageerhöhung im zweiten Rechtszug - Zahlung von 371.922,50 DM, in erster Linie als Vertragsstrafe, hilfsweise als Aufwendungsersatz , und ferner Auskunftserteilung über die von der Beklagten übernommenen Mandate verlangt. Er hat gemeint, die Beklagte habe das Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrages treuwidrig vereitelt, indem sie trotz Bestehens der Steuerberaterprüfung zunächst keinen Antrag auf Bestellung zur Steuerberaterin gestellt und damit die sechsmonatige Frist aus der Vereinbarung vom 1. Februar 1994 habe verstreichen lassen; deshalb müsse sie sich so behandeln lassen, als sei der Gesellschaftsvertrag und insbesondere das darin geregelte Wettbewerbsverbot wirksam geworden. Jedenfalls aber schulde sie Ersatz der von ihm im Zusammenhang mit der Steuerberaterausbildung erbrachten Aufwendungen.
In beiden Vorinstanzen ist die Klage abgewiesen worden. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, die der Senat nur hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz der Ausbildungskosten angenommen hat.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist im Umfang der Annahme begründet.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die Ausbildung der Beklagten nicht zustehe. Eine positive Vertragsverletzung des Anstellungsvertrages scheide wegen
der Krankheit der Beklagten aus. Ein Auftragsverhältnis oder eine Geschäftsführung ohne Auftrag liege ebenfalls nicht vor. Schließlich bestehe auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Die Zahlung der Ausbildungskosten und die Freistellung von der Arbeit seien mit Rechtsgrund erfolgt, und dieser Rechtsgrund sei auch nicht später weggefallen. Der Kläger habe sich dem damit verbundenen Risiko vielmehr bewußt unterworfen, ohne eine Regelung für den Fall des Fehlschlagens der Ausbildung zu treffen.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
1. a) Allerdings ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, daß sich ein Aufwendungsersatzanspruch nicht aus dem Arbeitsvertrag der Parteien ergibt, was die Zivilgerichte gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG ungeachtet der ansonsten gegebenen Zuständigkeit der Arbeitsgerichte entscheiden können.
Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält keine Rückzahlungsvereinbarung hinsichtlich der Ausbildungskosten.
Insoweit bestehen auch keine Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung. Die Beklagte war berechtigt, den Arbeitsvertrag jederzeit zu kündigen. Der Gesellschaftsvertrag und die Zusatzvereinbarung vom 1. Februar 1994 haben dieses Recht nicht eingeschränkt. Aus dem Arbeitsvertrag ergab sich auch keine Pflicht, unabhängig von der Kündigung die Bestellung zur Steuerberaterin alsbald zu beantragen.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß dem Kläger kein Anspruch auf Erstattung der Ausbildungskosten aus § 812 Abs. 1
Satz 1, 1. Alt. oder Satz 2, 1. Alt. BGB zusteht. Dagegen wehrt sich die Revision auch nicht.
2. Das Berufungsgericht hat jedoch übersehen, daß ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Ausbildungskosten aus § 812 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. BGB folgt (condictio causa data causa non secuta).
Danach ist der Empfänger einer Leistung zur Herausgabe verpflichtet, wenn der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt. Der "Zweck" darf einerseits nicht Gegenstand der vertraglichen Bindung oder Bedingung eines Rechtsgeschäfts sein, andererseits darf er auch nicht ein bloßer, wenn auch vom Empfänger erkannter, Beweggrund oder eine einseitige Erwartung des Leistenden geblieben sein. Notwendig und genügend ist vielmehr eine - auch stillschweigend mögliche - Einigung im Sinne der tatsächlichen Willensübereinstimmung zwischen beiden Partnern über den verfolgten Zweck (BGHZ 44, 321, 323; BGH, Urt. v. 19. Januar 1973 - V ZR 24/71, NJW 1973, 612, 613).
So liegt der Fall hier. Der Kläger hat die Beklagte nicht nur für die Dauer der Lehrgänge im Rahmen der Steuerberaterausbildung von der Arbeitspflicht freigestellt, sondern auch sämtliche Kosten dieser Lehrgänge und die damit verbundenen Unterkunfts-, Verpflegungs- und Fahrtkosten getragen. Er hat in diesem Zusammenhang für die Beklagte sogar eine Wohnung in B. angemietet. Zu diesen Leistungen war der Kläger weder aufgrund des Arbeitsvertrages der Parteien noch aufgrund des Gesellschaftsvertrages und der dazu abgeschlossenen Zusatzvereinbarung vom 1. Februar 1994 verpflichtet. Nach der Zusatzvereinbarung war zwar die Zulassung der Beklagten als Steuerberaterin Bedingung für das Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrages. Eine Pflicht des
Klägers, die damit verbundenen Kosten zu übernehmen, ergab sich daraus jedoch nicht.
Andererseits war für die Beklagte offenkundig, daß der Kläger mit der Finanzierung ihrer Ausbildung den Zweck verfolgte, den Gesellschaftsvertrag wirksam werden zu lassen und damit eine Steuerberatersozietät mit ihr zu begründen. Andere Beweggründe waren nicht ersichtlich. Insbesondere bedurfte es der Steuerberaterausbildung nicht, um die Beklagte für ihre Tätigkeit als Bürovorsteherin bei häufiger Abwesenheit des Klägers zu qualifizieren. Denn diese Aufgabe erfüllte sie bereits seit 1991, während die Steuerberaterausbildung erst 1996 begann.
Die Beklagte hat durch die Annahme der Leistungen des Klägers im Rahmen der Ausbildung auch zu erkennen gegeben, daß sie die Zweckbestimmung des Klägers billigte. Auch das ergibt sich aus dem vorangegangenen Abschluß des Gesellschaftsvertrages und der Zusatzvereinbarung. Damit war für den Kläger die Erwartung begründet worden, die Beklagte erstrebe die Qualifizierung zur Steuerberaterin gerade deshalb, um das gemeinsam aufgebaute Steuerberatungsbüro in F. künftig als Gesellschafterin mit ihm weiter betreiben zu können. Über diese gemeinsame Zielrichtung gab es offenbar keine Zweifel. Ansonsten hätte es für den Kläger nahe gelegen, im Rahmen des mit der Beklagten bestehenden Arbeitsvertrages eine Rückzahlungsregelung in bezug auf die Ausbildungskosten zu vereinbaren.
Der in diesem Sinne vereinbarte Zweck der Leistungen des Klägers hat sich nicht erfüllt. Der Gesellschaftsvertrag ist nicht wirksam geworden, weil die Beklagte innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung ihres Arbeitsvertrages die Bestellung als Steuerberaterin nicht veranlaßt hat. Ob ihr eine frühere An-
tragstellung angesichts ihrer Erkrankung unzumutbar gewesen ist, hat für den Bereicherungsausgleich keine Bedeutung.
3. Die von dem Vertreter der Beklagten in der Revisionsverhandlung aufgeworfene Frage, ob ein Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte auch ohne vertragliche Regelung verpflichtet sein kann, die von seinem Arbeitgeber getragenen Kosten einer Ausbildung zu erstatten, kann offen bleiben. Die Beklagte ist zur Erstattung der Ausbildungskosten hier nicht in ihrer Eigenschaft als - frühere - Arbeitnehmerin, sondern wegen der in Aussicht genommenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung verpflichtet. Sie hat sich zur Steuerberaterin gerade deshalb ausbilden lassen, um ihren Status als Arbeitnehmerin - im Einverständnis mit dem Kläger - aufgeben zu können.
4. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen zu dem Umfang der erstattungsfähigen Ausbildungskosten trifft. Dabei hat es auch dem Einwand der Beklagten nachzuge-
hen, die Arbeitsfreistellung sei nicht - voll - auszugleichen, weil die versäumten Zeiten nachgearbeitet worden seien.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 183/03
Verkündet am:
22. Juli 2004
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, durch eine entgeltliche
Gegenleistung begründete Verbindlichkeit ist nicht nach § 134 InsO als
unentgeltliche Verfügung anfechtbar (Bestätigung von BGHZ 112, 136).
BGH, Urteil vom 22. Juli 2004 - IX ZR 183/03 - OLG Rostock
LG Rostock
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Fischer, Dr. Ganter, Neškovi? und Vill

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 14. Juli 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. April 2001 er öffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der I. GmbH (künftig auch: Schuldnerin). Die Beklagte gewährte der Schuldnerin mit Vertrag vom 30. Juli 1998 ein Darlehen über 1,9 Mio. DM zur Finanzierung eines Grundstückskaufs in Rostock. Zur Sicherheit bestellte die Schuldnerin der Beklagten eine Gesamtgrundschuld in Höhe von 10 Mio. DM. Außerdem gewährte die Beklagte der Schuldnerin und einem Mitgesellschafter zur Finanzierung eines Hotelprojektes ein Darlehen, das mit Grundschulden über insgesamt 20 Mio. DM gesichert wurde.
Durch Vertrag vom 2. August 1999 räumte die Beklagte d er Schuldnerin einen weiteren Kredit in Höhe von 1.933.000 DM ein, der der Finanzierung des
Neubaus eines Gebäudes auf einem Grundstück der Schuldnerin im B. -Weg 4a in Rostock dienen sollte. Anläßlich dieses Kreditvertrages wurde ebenfalls am 2. August 1999 zwischen der Schuldnerin und der Beklagten eine Globalabtretung aller der Schuldnerin gegenwärtig und künftig zustehenden Kaufpreisforderungen aus dem Verkauf der noch zu erstellenden Stadtvilla im B. -Weg 4a bzw. der daraus zu bildenden Wohnungs- und Teileigentumsrechte vereinbart. Gemäß Ziffer 2 der Vereinbarung sollten die abgetretenen Forderungen der Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten und befristeten Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin dienen. Dieses Darlehen wurde in der Folgezeit nicht valutiert, das geplante Wohngebäude nicht errichtet.
Am 18. Dezember 2000 verkaufte die Schuldnerin die u nbebauten Grundstücke B. -Weg 4 und 4a. Die Auflassungsvormerkung wurde für die Käuferin am 25. Januar 2001 im Grundbuch eingetragen. Am 22. Februar 2001 stellte die Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am selben Tag kündigte die Beklagte der Schuldnerin die Kredite. Zu diesem Zeitpunkt bestand für das Hotelprojekt ein Sollsaldo von 5.564.551,48 DM, für das Darlehen vom 30. Juli 1998 ein Sollsaldo von 1.032.285,57 DM.
Am 15. Mai 2001 vereinbarte der Kläger mit der Käuf erin einen Nachtrag zu dem Kaufvertrag vom 18. Dezember 2000. Die Käuferin zahlte am 6. Juni 2001 als Kaufpreis 372.000 DM auf ein Treuhandkonto des Klägers, weitere 35.000 DM auf ein Treuhandkonto des Notars. Zwischen den Parteien ist unstreitig , daß dem Kläger hieraus 9 % gemäß § 170 Abs. 1, § 171 InsO als Feststellungs- und Verwertungspauschale zustehen. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, daß er nicht verpflichtet ist, den überschießenden Betrag an die Beklagte auszuzahlen. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos
geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat gemeint, die Kaufpreisforder ung sei von der Schuldnerin im Wege der Globalzession wirksam an die Beklagte abgetreten worden. Die Globalzession sei trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchsetzbar. Da zugunsten der Käuferin am 25. Januar 2001 eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen worden sei, könne sie gemäß § 106 Abs. 1 InsO Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Dem Kläger habe deshalb ein Wahlrecht nach § 103 InsO nicht zugestanden. Mit der Nachtragsvereinbarung vom 15. Mai 2001 habe der Kläger keine neue Verbindlichkeit begründet, sondern den alten Kaufvertrag lediglich modifiziert.
Diese Ausführungen werden von der Revision nicht ange griffen. Sie sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

II.


Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, die vom Klä ger erklärte Anfechtung greife nicht durch. Die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, durch entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit stelle keine nach § 134 InsO anfechtbare unentgeltliche Leistung dar.
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Rückübertragung d er zedierten Forderung zu. Eine Zweckverfehlung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB liege nicht vor.
Diese Ausführungen greift die Revision an:
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 3 2 KO und § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO, deren Übertragung auf § 134 InsO allerdings nahe liege , könnten Kreditgeschäft und Sicherungsabrede nicht als einheitliches Rechtsgeschäft angesehen werden. Die Sicherheit sei ein selbständiger forderungsverstärkender Vermögenswert; werde sie für eine Forderung gewährt, die in der Krise des Unternehmens bereits wertlos sei, und ermögliche sie dadurch eine Befriedigung, fließe dem Gläubiger ein neuer Vermögensvorteil zu. Deshalb dürfe die Gewährung der Sicherheit nur als entgeltlich angesehen werden, wenn für sie eine selbständige werthaltige Gegenleistung vereinbart werde. Die Gewährung der Sicherheit im Streitfall sei hiernach als unentgeltliche Leistung anfechtbar.
Jedenfalls habe der Kläger einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB, weil der Zweck der weiteren Darlehensauszahlung verfehlt worden sei.

III.


Das Berufungsurteil ist auch insoweit zutreffend, als es vo n der Revision angegriffen wird.
1. Die vom Kläger nach § 134 InsO erklärte Anfechtung der Globalabtretung vom 2. August 1999 greift nicht durch. Die Globalabtretung war keine unentgeltliche Leistung der Schuldnerin an die Beklagte.

a) In seiner grundlegenden Entscheidung vom 12. Juli 19 90 (BGHZ 112, 136) hat der Senat aus der Entstehungsgeschichte des § 32 Nr. 1 KO aufgezeigt , daß die Sicherung einer entgeltlich begründeten eigenen Verbindlichkeit stets als entgeltlich anzusehen ist. Wie bereits das Reichsgericht hat er es entgegen einer schon damals in der Literatur vertretenen Auffassung abgelehnt, die Sicherungsabrede von der zugrundeliegenden Verbindlichkeit zu trennen.

b) In § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO ist - abweichend vom Wortl aut des § 32 Nr. 1 KO - nicht von unentgeltlichen Verfügungen, sondern von unentgeltlichen Übertragungen die Rede. Inhaltlich bedeutet dies jedoch keinen Unterschied. Der Senat hat deshalb die Rechtsprechung zu § 32 Nr. 1 KO auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO übertragen. Auch nach dieser Bestimmung ist die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Verfügung anfechtbar (BGHZ 137, 267, 282; BGH, Urt. v. 11. Dezember 1997 - IX ZR 278/96, ZIP 1998, 247, 248; v. 6. April 2000 - IX ZR 122/99, ZIP 2000, 932, 935).

c) Diese Rechtsprechung hat Zustimmung gefunden (Kuhn/U hlenbruck, KO 11. Aufl. § 32 Rn. 3a, 5; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 32 Rn. 4; Hess/
Binz/Wienberg, GesO § 10 Rn. 97; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO 4. Aufl. § 10 Rn. 72; Smid/Zeuner, GesO 3. Aufl. § 10 Rn. 110, 111; Gerhardt, EWiR 1990, 919). Auch für § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG a.F., der wie § 32 Nr. 1 KO von unentgeltlichen Verfügungen spricht, wird diese Auffassung vertreten (Huber, AnfG 8. Aufl. § 3 Anm. III 6; 9. Aufl. § 4 Rn. 26).

d) Für § 134 InsO kann nichts anderes gelten. Er weicht zwar im Wortlaut von den genannten früheren Normen ab, indem er - wie § 4 AnfG n.F. - eine unentgeltliche Leistung des Schuldners für anfechtbar erklärt. Eine sachliche Änderung ist mit diesem Wortlaut aber nicht bezweckt. Vie lmehr sollte die geltende Rechtsauffassung bestätigt und deutlich gemacht werden, daß der Tatbestand nicht nur rechtsgeschäftliche Verfügungen im engeren materiellrechtlichen Sinn erfaßt, sondern auch andere, verfügungsähnliche Einwirkungen auf ein subjektives Recht zu Lasten des haftenden Schuldnervermögens (BTDrucks. 12/2443, 160 f. zu § 149 RegE InsO; HK-InsO/Kreft, 3. Aufl. § 134 Rn. 3; Henckel, in Kölner Schrift zur InsO 2. Aufl. S. 840 Rn. 55).
Der Senat hält deshalb auch für § 134 InsO im Hinbli ck auf die Entstehungsgeschichte und den in den Motiven zur Konkursordnung niedergelegten Gesetzeszweck daran fest, daß - unabhängig von sonstigen allgemeinen Definitionen der Entgeltlichkeit - die Bestellung einer Sicherheit für die eigene, durch eine entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltliche Verfügung anfechtbar ist.
Das entspricht der herrschenden Meinung (vgl. etwa HK-I nsO/Kreft, aaO § 134 Rn. 11; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 134 Rn. 31; Kübler/Prütting/ Paulus, InsO § 134 Rn. 21).
Von anderer Seite wird dagegen weiterhin eine unen tgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO für gegeben erachtet, wenn nicht auch die konkrete Sicherungsabrede entgeltlich getroffen wurde (MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 134 Rn. 25 ff; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 2. Aufl. § 90 Rn. 180). Dies sei regelmäßig der Fall, wenn die Stellung der Sicherheit vor oder bei Abschluß des Kreditgeschäfts selbst vereinbart wurde. Dagegen fehle die Entgeltlichkeit regelmäßig bei der nachträglichen Besicherung einer noch unkündbaren Forderung gegen den Schuldner. Bei einer gekündigten oder kündbaren Forderung könne dagegen das "Stehenlassen" (Stundung; Vereinbarung der Nichtgeltendmachung) im Einzelfall ein ausgleichender Gegenwert für die Besicherung sein, wenn der Gläubiger zu dieser Zeit noch die Rückzahlung habe erlangen können. Dem hat sich die Revision angeschlossen.
Dieser Auffassung kann auch jetzt aus den dargelegten Grü nden nicht gefolgt werden. Sie würde außerdem zu unlösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Auch wenn die Gewährung einer Sicherheit von einer Gegenleistung abhängig gemacht wird, ist der Wert dieser Gegenleistung objektiv häufig kaum bewertbar. Als mögliche Gegenleistungen werden etwa die Stundung oder die Vereinbarung des (vorübergehenden) Nichtgeltendmachens genannt (MünchKomm -InsO/Kirchhof, § 134 Rn. 29). Welchen Wert eine derartige "Gegenleistung" im Zeitpunkt der Sicherheitsleistung und ihres nach § 140 Abs. 1 InsO maßgeblichen Wirksamwerdens hat, ist kaum zu erfassen, eine Entgeltlichkeit der Gegenleistung also nicht mit der erforderlichen Rechtssicherheit für die Beteiligten feststellbar (so schon BGHZ 58, 240, 244; 112, 136, 139).
Darüber hinaus gebietet der Schutzzweck des § 134 InsO in solchen Fällen keine Anfechtung. Erwirbt der Gläubiger eine Sicherheit, die er nicht, nicht in
der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat und die deshalb inkongruent ist, ist diese Rechtshandlung unter den Voraussetzungen des § 131 InsO anfechtbar. Die Erweiterung des Begriffs der Unentgeltlichkeit in § 134 InsO in dem gewünschten Sinne würde regelmäßig alle inkongruent geleisteten Sicherheiten erfassen und damit die Möglichkeit ihrer Anfechtbarkeit auch in zeitlicher Hinsicht deutlich ausdehnen. Dies würde die Abgrenzung der Anfechtungswürdigkeit eines Verhaltens nach § 131 InsO unterlaufen. Die Gewährung einer Sicherheit, auch wenn sie kongruent ist, kann ferner insbesondere nach § 130 und § 133 InsO anfechtbar sein. Mit diesen Vorschriften wird der Gesamtheit der Gläubiger des Schuldners ausreichend Schutz vor der Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers gewährt.
2. Die von der Revision als unbefriedigend angesehenen Fälle, in denen die Sicherheit in der Krise des Schuldners gewährt wird, wenn die Forderung selbst für den Gläubiger bereits wertlos ist, finden nach § 130 InsO, insbesondere aber nach §§ 131, 133 InsO eine befriedigende Lösung.
Diese Vorschriften sind vom Landgericht und Berufungsgeri cht im vorliegenden Fall nicht geprüft worden. Sie greifen im Ergebnis nicht durch, weil der Kläger die Voraussetzungen hierfür nicht dargetan hat.

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der A nfechtung ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hier nicht der 2. August 1999, an dem die Urkunde über die Globalabtretung unterzeichnet wurde. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung vielmehr in dem Zeitpunkt als vorgenommen , in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Bei mehraktigen Rechtshandlungen treten diese erst mit dem letzten zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlichen Teilakt ein (BGHZ 99, 274, 286; 113, 393, 394; BGH, Urt. v.
23. Oktober 2003 - IX ZR 252/01, ZIP 2003, 2307, 2309; v. 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, WM 2004, 517, 518; v. 17. Februar 2004 - IX ZR 318/01, ZIP 2004, 669, 670; HK-InsO/Kreft, aaO § 140 Rn. 4; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 140 Rn. 7). Bei Vorausabtretungen kommt es deshalb darauf an, wann die abgetretene Forderung entsteht (BGHZ 30, 238, 239; BGH, Urt. v. 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080, 2082; v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808, 809; st. Rechtspr.; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 140 Rn. 14; HK-InsO/Kreft, aaO).
Der Anspruch der Schuldnerin aus dem Kaufvertrag ist mit dessen Abschluß am 18. Dezember 2000 entstanden. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt. Auf diesen Zeitpunkt kommt es deshalb auch für die Anfechtung an. Er liegt 2 Monate und 4 Tage vor dem Antrag der Schuldnerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit in der kritischen Zeit des § 130 Abs. 1 Nr. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat allerdings weder vorgetragen und unter Beweis gestellt , daß die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war, noch daß die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit kannte. Deshalb können die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 und § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht festgestellt werden.

b) Die Sicherungsabtretung war, soweit sie bereits fr üher ausgereichte Darlehen besichern sollte, inkongruent. § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO setzt voraus, daß dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß diese die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Der Gläubiger hat diese Kenntnis, wenn er weiß, daß der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02, ZIP 2004, 319, 322; HKInsO /Kreft, aaO § 131 Rn. 21).

Entsprechende Feststellungen sind nicht entbehrlich; de nn die Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kann nicht allein wegen der Inkongruenz der Sicherheit angenommen werden. Nur wenn dem Gläubiger eine finanziell beengte Lage des Schuldners bekannt ist, kann die Inkongruenz einer Deckung auch im Rahmen des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO ein nach § 286 ZPO zu würdigendes Beweisanzeichen für die Kenntnis des Gläubigers von der Gläubigerbenachteiligung sein (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003, aaO S. 319, 322 f).
Der Umstand, daß der Gläubiger im maßgeblichen Zeitp unkt wußte, daß sich die Schuldnerin in einer finanziell beengten Lage befand, ist vom Kläger zu beweisen (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003, aaO S. 323; HK-Inso/Kreft, aaO Rn. 24; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 63). Dieser hat hierzu nichts vorgetragen.

c) Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO kann ebenfall s nicht festgestellt werden. Auch hierzu fehlt jeder Vortrag.
3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Rückabtretung der Forderung wegen Zweckverfehlung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB zu.

a) Ein Bereicherungsanspruch nach dieser Bestimmung (con dictio ob rem) erfordert eine tatsächliche Einigung der Beteiligten über einen später nicht mehr erreichbaren Zweck; diese darf aber nicht den Charakter einer vertraglichen Bindung erreichen. Haben die Beteiligten eine vertragliche Vereinbarung geschlossen, aufgrund derer die Leistungen erbracht werden, ist das Rechtsverhältnis nach den Grundsätzen des Vertragsrechts abzuwickeln (BGHZ 44, 321, 323; BGH, Urt. v. 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90, WM 1992, 1674; v.
22. Juni 2001 - V ZR 128/00, WM 2001, 1909, 1911; Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl. § 812 Rn. 86; MünchKomm-BGB/Lieb BGB 4. Aufl. § 812 Rn. 200 ff).
Eine stillschweigende Einigung über den mit einer Lei stung bezweckten Erfolg ist anzunehmen, wenn der Empfänger die Erwartung des Leistenden kennt und durch die Annahme zu verstehen gibt, daß er diese Zweckbestimmung billigt (BGHZ 44, 321; BGH, Urt. v. 19. Januar 1973 - V ZR 24/71, NJW 1973, 612, 613; MünchKomm-BGB/Lieb, aaO § 812 Rn. 201). Die Erwartung des Leistenden darf danach nicht lediglich dessen Motiv sein. Voraussetzung ist vielmehr das Zustandekommen einer Willenseinigung zwischen den Parteien, daß der Empfänger die Leistung nur im Hinblick auf einen bestimmten Zweck erhält (MünchKomm-BGB/Lieb, aaO § 812 Rn. 200 f).

b) Die Globalabtretung vom 2. August 1999 sichert schon ihrem Wortlaut nach nicht nur den künftigen Anspruch aus dem Darlehensvertrag vom selben Tage, sondern auch bereits bestehende Ansprüche der Beklagten. Die vom Kläger behauptete gemeinsame Erwartung der Parteien, es werde zur Durchführung des Bauvorhabens auf dem Grundstück B. -Weg 4a und damit zur Valutierung des Darlehensvertrages vom 2. August 1999 kommen, wird von der Beklagten bestritten. Eine solche Zweckbestimmung außerhalb vertraglicher Bindung läßt sich den Vereinbarungen der Parteien nicht entnehmen. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß eine solche gemeinsame Erwartung außerhalb der geschlossenen Vereinbarungen begründet worden sein könnte, sind nicht vorgetragen. Der Kredit durfte gemäß Ziffer 6.2 des Darlehensvertrages erst in Anspruch genommen werden, wenn die Globalzession vorgenommen war. Diese war damit vertragliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Darlehens und Grundlage des Vertragsvollzugs. Daß umgekehrt die Globalzession den von den Parteien gemeinsam gewollten Zweck verfolgte, den Darlehens-
vertrag auch tatsächlich zu vollziehen, läßt sich demgegenüber nicht feststellen. Der Darlehensvertrag war ein Bauzwischenkredit in Form eines Höchstbetragsdarlehens ; der Kredit sollte auf einem Girokonto zur Verfügung gestellt werden. Ob und in welcher Höhe die Schuldnerin das Darlehen in Anspruch nahm, stand in ihrem Belieben. Nach Ziffer 3 des Vertrages durften außerdem beide Parteien den Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, daß die Globalabtretung über die Herstellung der Auszahlungsvoraussetzungen für das Darlehen vom 2. August 1999 hinaus die tatsächliche Valutierung des Darlehens zur Zweckbestimmung hatte. Es ist schon nicht dargetan oder ersichtlich, daß die Schuldnerin eine solche Bestimmung für die Beklagte erkennbar gemacht hätte. Zumindest kann nicht davon ausgegangen werden, daß auch die Beklagte für den Fall, daß das Darlehen nicht (voll) valutiert werden sollte, den Zweck der Globalabtretung als entfallen ansehen wollte; mit ihr wollte sie sich gerade auch für bereits früher entstandene Forderungen weitere Sicherheiten verschaffen.
Jedenfalls ist alles, was zwischen den Parteien vereinba rt wurde, Gegenstand vertraglicher Abreden. Darüber hinausgehende Absprachen oder Zweckbindungen sind nicht dargetan. Damit fehlt es an der erforderlichen außervertraglichen gemeinsamen Zweckbestimmung.
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Fischer ist wegen urlaubsbedingter Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft Kreft Ganter Richter am Bundesgerichtshof Neškovi? ist wegen Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft Vill

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolgs ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider Treu und Glauben verhindert hat.