Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - I ZB 62/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin aus einem Vollstreckungsbescheid die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung.
- 2
- Die Schuldnerin gab am 4. Juni 2016 die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO ab. Dabei gab sie auf die Frage Nr. 10 nach monatlichen Einkünften an: Arbeitslosengeld II und Kosten für die Unterkunft/NK 295 € Aktenzeichen […] Höhe der Leistung in EUR, Zahlungszeitraum: 399,00 Leistungsverpflichteter und auszahlende Stelle: Jobcenter Nordsachsen […]
- 3
- Die Frage Nr. 17 nach Ansprüchen aus Pacht-, Miet- und Leasingverträgen , Untermietverträgen und Ansprüchen auf Rückzahlung geleisteter Mietkautionen und Nebenkosten verneinte die Schuldnerin. Angaben zum Vermieter machte die Schuldnerin nicht.
- 4
- Mit Schreiben vom 6. August 2016 beantragte die Gläubigerin beim Gerichtsvollzieher erfolglos die Nachbesserung der Vermögensauskunft, um den Schuldner nach Name und Anschrift des Vermieters zu fragen. Die gegen die Ablehnung des Gerichtsvollziehers gerichtete Erinnerung wies das Amtsgericht zurück. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Nachbesserungsantrag weiter.
- 5
- II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Gläubigerin könne keine Nachbesserung der Vermögensauskunft verlangen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vermögensauskunft sei weder unvollständig noch widersprüchlich. Hinsichtlich etwaiger Ansprüche auf Rückerstattung nicht verbrauchter Nebenkostenvorauszahlungen fehle es am Rechtsschutzbedürfnis für das Nachbesserungsverlangen , weil solche Ansprüche eines Beziehers von Leistungen nach dem SGB II unpfändbar seien.
- 6
- III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch ansonsten zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Beschwerdegericht entschieden, dass die Gläubigerin nicht verlangen kann, dass der Gerichtsvollzieher einen Termin zur Nachbesserung der Vermögensauskunft bestimmt und die Schuldnerin auffordert, unter Nr. 17 des Vermögensverzeichnisses den Namen und die Anschrift des Vermieters zu benennen.
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- 1. Der Gläubiger kann die Nachbesserung einer Vermögensauskunft verlangen , wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat. Dazu muss aus dem Vermögensverzeichnis selbst ersichtlich sein, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind, oder der Gläubiger glaubhaft machen, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis versehentlich unvollständige oder un- zutreffende Angaben gemacht hat. Unzulässig ist allerdings eine Nachbesserung zur Beantwortung von Fragen über Vermögenspositionen, die schon zusammengefasst verneint sind (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2016 - I ZB 74/15, NZM 2016, 768 Rn. 7; Beschluss vom 28. April 2016 - I ZB 92/15, Rn. 12 f. juris; Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZB 54/16, Rn. 9 juris, jeweils mwN).
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- Einem Verlangen auf Nachbesserung einer Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Gläubiger Auskunft über Erstattungsforderungen für Betriebs- und Heizkosten verlangt, die der Sozialhilfeträger für einen Empfänger von Leistungen nach dem SGB II an dessen Vermieter geleistet hat. Ein solches Auskunftsbegehren ist mutwillig, weil diese Ansprüche nicht der Pfändung unterliegen (BGH, NZM 2016, 768 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 28. April 2016 - I ZB 92/15, Rn. 10 juris; Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZB 54/16, Rn. 12 juris).
- 9
- 2. Im Streitfall kann die Gläubigerin nach diesen Maßstäben keine Ergänzung der Vermögensauskunft verlangen. Die Rechtsbeschwerde verweist ohne Erfolg auf eine mögliche Forderung des Schuldners auf Nebenkosten (nachfolgend III 2 a) oder Kautionsrückzahlung (nachfolgend III 2 b).
- 10
- a) Das Ergänzungsverlangen ist nicht im Hinblick auf einen Anspruch der Schuldnerin auf Nebenkostenrückzahlung gerechtfertigt.
- 11
- Die Rechtsbeschwerde hält die Vermögensauskunft in diesem Punkt zu Unrecht für unklar oder widersprüchlich. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf verweist, dass die in der Antwort auf Frage 10 enthaltenen Betragsangaben (295 € und 399 €) unklar seien, ändert dies nichts an dem aus der Antwort ins- gesamt zweifelsfrei hervorgehenden Umstand, dass die Kosten für die Unterkunft und Nebenkosten der Schuldnerin vom Jobcenter getragen werden. Auch aus der Zusammenschau mit der auf Frage 17 gegebenen Antwort ergibt sich insoweit keine das Nachbesserungsverlangen rechtfertigende Unklarheit. Steht damit fest, dass im Streitfall der Sozialhilfeträger die Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen für die Schuldnerin leistet, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für das Verlangen nach Auskunft über mit Blick auf diese Vorauszahlungen bestehende Erstattungsforderungen. Mit der vorliegenden Fallkonstellation ist die von der Rechtsbeschwerde angeführte Entscheidung des LG Ansbach (Beschluss vom 3. Februar 2017 - 1 T 19/17) nicht vergleichbar, der ein Sachverhalt zugrunde liegt, in dem Leistungen nach dem SGB II erst beantragt waren.
- 12
- b) Eine Ergänzung der Vermögensauskunft im Hinblick auf einen Anspruch auf Kautionsrückzahlung kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die erteilte Auskunft insoweit weder unvollständig noch ungenau oder widersprüchlich ist. Die Schuldnerin hat die Frage 17 nach bestehenden Kautionsrückzahlungsansprüchen verneint. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unterliegt diese Antwort auch mit Blick darauf keinen Zweifeln, dass die Schuldnerin - anders als in der der Senatsentscheidung vom 3. März 2016 (NZM 2016, 768 Rn. 2, 13) zugrunde liegenden Fallgestaltung - nicht ausdrücklich erklärt hat, die Kaution sei vom Jobcenter bezahlt worden. Verneint der Schuldner, dessen Unterkunftskosten von einem Sozialhilfeträger geleistet werden, das Bestehen etwaiger Kautionsrückzahlungsansprüche, ist dem Informationsbedürfnis des Gläubigers genügt. Ein Nachbesserungsverlangen kommt allenfalls dann in Betracht , wenn die Frage nach Kautionsrückzahlungsansprüchen nicht beantwortet worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZB 54/16, juris Rn. 16).
- 13
- IV. Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Koch Feddersen
Vorinstanzen:
AG Eilenburg, Entscheidung vom 12.10.2015 - 1 M 2757/15 -
LG Leipzig, Entscheidung vom 23.06.2016 - 7 T 1096/15 -
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(1) Der Schuldner ist verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.
(2) Zur Auskunftserteilung hat der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:
- 1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat; - 2.
die unentgeltlichen Leistungen des Schuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Wertes richteten.
(3) Der Schuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Die Vorschriften der §§ 478 bis 480, 483 gelten entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
(1) Der Schuldner ist verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.
(2) Zur Auskunftserteilung hat der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:
- 1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat; - 2.
die unentgeltlichen Leistungen des Schuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Wertes richteten.
(3) Der Schuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Die Vorschriften der §§ 478 bis 480, 483 gelten entsprechend.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)