Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2002 - 5 StR 617/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagte am 25. September 2001 wegen insgesamt 30 Fällen des Betruges und wegen versuchten Betruges unter Einbeziehung anderweits verhängter Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr sowie zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung erklärte die Angeklagte nach Rücksprache mit ihrem damaligen Wahlverteidiger, der für sie an der Hauptverhandlung teilgenommen hatte, Rechtsmittelverzicht.
I.
Mit am 2. November 2001 eingegangenem Schriftsatz meldete sich ein neuer Wahlverteidiger für die Angeklagte. Er trug vor, diese sei am 26. Oktober 2001 von der Rechtsanwaltskammer Berlin darüber informiert worden, daß ihr bisheriger Wahlverteidiger zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht als Rechtsanwalt zugelassen gewesen sei. Der neue Wahlverteidiger beantragte für die Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist und legte Revision ein.
Tatsächlich war der Widerruf der Zulassung des damaligen Wahlverteidigers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) mit Beschluß des Bundesgerichtshofs – Senat für Anwaltssachen – vom 18. Juni 2001 – AnwZ (B) 6/00 – bestandskräftig geworden. Gleichwohl hatte sich der ehemalige Rechtsanwalt danach als anwaltlicher Wahlverteidiger für die Angeklagte gemeldet und für sie an der Hauptverhandlung vor der großen Strafkammer des Landgerichts teilgenommen.
II.
Das Wiedereinsetzungsgesuch der Angeklagten hat Erfolg.
1. Ihr am Schluß der Hauptverhandlung erklärter Rechtsmittelverzicht erweist sich abweichend von dem Grundsatz, daß eine solche Prozeßerklärung als unwiderruflich und unanfechtbar zu gelten hat (BGHSt 45, 51, 53), aufgrund besonderer verfahrensrechtlicher Gegebenheiten als von Anfang an unwirksam.
In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vor dem Landgericht fehlte es an der nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO notwendigen Mitwirkung eines Verteidigers. Der für die Angeklagte als Wahlverteidiger mitwirkende ehemalige Rechtsanwalt konnte infolge des Verlusts seiner Rechtsanwaltszulassung gemäß § 138 Abs. 1 StPO nicht mehr als Verteidiger auftreten.
Am Schluß der Hauptverhandlung wurde der Angeklagten vor ihrer Rechtsmittelverzichtserklärung Gelegenheit zur Rücksprache mit ihrem vermeintlichen Verteidiger gegeben. Hiermit wollte das Landgericht der gebotenen Einhaltung der Verfahrensregeln vor Herbeiführung eines wirksamen Rechtsmittelverzichts (vgl. BGHSt 18, 257, 260; 19, 101, 104; 45, 51, 57) Rechnung tragen. Vorliegend war die Einhaltung jener Regeln indes da-
durch gehindert, daû der ± wie das Gericht nicht wuûte ± nicht mehr zugelassene Rechtsanwalt die Verteidigung nicht führen durfte. Die Angeklagte war damit vor Abgabe der Prozeûerklärung des Rechtsmittelverzichts ohne den bei einer erstinstanzlichen Verhandlung vor dem Landgericht gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Beistand eines zugelassenen Verteidigers; ihr fehlte folglich die rechtsstaatlich unverzichtbare Rechtsberatung. Infolge dieser gravierenden, gemessen an den Anforderungen an ein faires Verfahren nicht hinnehmbaren Einschränkung der Verteidigungsrechte der Angeklagten muû ihr Rechtsmittelverzicht als von Anfang an unwirksam gewertet werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goûner, StPO 45. Aufl. § 302 Rdn. 25; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 302 Rdn. 57; jeweils m.w.N.).
Anhaltspunkte für einen besonders gelagerten Sachverhalt, wonach die Angeklagte den Rechtsmittelverzicht aufgrund unbedingter, von jeglichem Rat irgendeines Verteidigers unbeeinfluûbarer ± damit auch tatsächlich nicht vom Rat des Scheinverteidigers beeinfluûter ± autonomer Entschlieûung abgegeben hätte, nämlich auf der Grundlage eines allein gebildeten verbindlichen Verzichtswillens, der dem eines jeden Verteidigers vorrangig wäre (vgl. BGHSt 45, 51, 56; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7, 11; Ruû in KK 4. Aufl. § 302 Rdn. 12), liegen nicht vor. In der Antrags - und Rechtsmittelschrift hat sie schlüssig ± und unwiderlegbar ± abweichend vorgetragen.
Freilich hinderte der Umstand eines Vermögensverfalls, der Anlaû zum Widerruf der Rechtsanwaltszulassung gewesen war, den Scheinverteidiger kurz nach Bestandskraft des Widerrufs ersichtlich nicht stärker an einer seiner Ausbildung entsprechenden Wahrnehmung von Verteidigeraufgaben, als dies bei Wahrnehmung eines Mandats kurz zuvor der Fall gewesen wäre ; auch liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, daû der Mangel an berufsrechtlicher Pflichteinbindung irgendeinen Einfluû auf seine konkrete Vertei-
digungstätigkeit erlangt haben könnte. Gleichwohl ist für die Frage, welche Personen als Verteidiger an einem Strafverfahren mitwirken dürfen, Rechtsklarheit unverzichtbar. Mit diesem Anliegen wäre eine Auslegung, welche die Rechtsverbindlichkeit von Verteidigerhandlungen einer zur Verteidigung nicht befugten Person von einem gewissen ± dann aber nicht sicher abgrenzbaren ± Schweregrad des konkreten Mangels abhängig machen wollte, nicht zu vereinbaren. Jede Form der Nichterfüllung der gesetzlichen Anforderungen an die Person des Verteidigers (hier: § 138 Abs. 1 StPO) muû vielmehr identische Unwirksamkeitsfolgen nach sich ziehen.
Angesichts der Bedeutung der Verteidigungsrechte der Angeklagten muû schlieûlich der Umstand unerheblich bleiben, daû das Gericht den Mangel in der Person des mitwirkenden Verteidigers bei Entgegennahme des Rechtsmittelverzichts nicht gekannt hat.
2. Nach Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts ist der Angeklagten die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, welche die Annahme rechtfertigen könnten, daû die Angeklagte ± etwa anders als das Gericht ± hätte wissen müssen, daû ihr an der Hauptverhandlung mitwirkender Scheinverteidiger kein zugelassener Rechtsanwalt war. Im unerkannt falschen Vertrauen auf die Wirksamkeit eines nach anwaltlicher Beratung erklärten Rechtsmittelverzichts hat sie sich an einer fristgerechten Revisionseinlegung gehindert gesehen. In diesem enttäuschten Vertrauen ist die unverschuldete Ursache der Rechtmittelfristversäumung zu finden.
Daû jenes Vertrauen der Angeklagten auf die Wirksamkeit eines nach ordnungsgemäûer anwaltlicher Beratung erklärten Rechtsmittelverzichts Ursache für die verspätete Revisionseinlegung war, ist der Antrags- und Rechtsmittelschrift hinreichend deutlich zu entnehmen. Dieses Vorbringen ist nicht etwa widerlegbar in dem Sinne, daû die Angeklagte ganz unabhän-
gig von scheinbar anwaltlich fachkundigem Rat mit dem Urteil zufrieden gewesen wäre, deshalb gar nicht an eine Revisionseinlegung gedacht hätte und nur später anderen Sinnes geworden wäre. Die konkrete Prozeûgeschichte versetzt die Angeklagte faktisch in eine der Regelung des § 44 Satz 2 StPO entsprechende Beweislage. Die Verfahrenssituation wäre im übrigen nicht anders zu beurteilen, wenn nicht auf Rechtsmittel verzichtet worden wäre und die Angeklagte lediglich hätte vorbringen können, die Nichteinlegung des Rechtsmittels habe auf dem Rat des Scheinverteidigers beruht. Die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO) ergibt sich aus der Antragsschrift: Das in der Unkenntnis der Angeklagten begründete Hindernis ist erst durch ihre eine Woche vor Antragstellung erfolgte Aufklärung seitens der Anwaltskammer beseitigt worden.
Die Angeklagte wird mit der Zubilligung einer die Wiedereinsetzung rechtfertigenden unverschuldeten Verhinderung im Sinne des § 44 Satz 1 StPO sachgerecht entsprechend behandelt wie ein Angeklagter, der einen Rechtsmittelverzicht erklärt hat, der unzulässigerweise (BGHSt 43, 195) im Rahmen einer Verständigung vereinbart worden war (vgl. BGHSt 45, 227, 233 f.; Rieû in Festschrift für Lutz Meyer-Goûner, 2001, S. 645, 658 ff., 663).
3. Die Revisionsbegründungsfrist von einem Monat beginnt mit Zustellung dieses Beschlusses, jedoch nicht vor Zustellung des angefochtenen Urteils, im Falle einer Ergänzung der Urteilsgründe nach § 267 Abs. 4 Satz 3 StPO mit Zustellung des ergänzten Urteils (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goûner aaO § 345 Rdn. 5 f. m.w.N.).
Anlaû, das mit der nunmehr als zulässig anzusehenden Revision angefochtene Urteil sogleich aufzuheben, sieht der Senat nicht. Freilich liegen die Voraussetzungen des absoluten Revisionsgrundes nach § 338 Nr. 5 StPO offensichtlich vor: In der Hauptverhandlung war kein nach § 138 Abs. 1
StPO zugelassener Verteidiger anwesend; der rechtsstaatswidrige Mangel, der in der Durchführung einer Hauptverhandlung ohne Mitwirkung eines notwendigen Verteidigers liegt, hat zwar nicht die Nichtigkeit des hiernach ergangenen Urteils zur Folge, begründet aber die Möglichkeit, das Urteil ohne jede weitere Sachprüfung über den absoluten Revisionsgrund zur Aufhebung zu bringen. Auch könnte möglicherweise bereits dem Wiedereinsetzungs - und Revisionseinlegungsschriftsatz die im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausreichend begründete Rüge des § 338 Nr. 5 StPO entnommen werden. Die Angeklagte soll indes, wie von ihr ausdrücklich erstrebt, zunächst noch Gelegenheit erhalten, während der Revisionsbegründungsfrist ± nunmehr nach ordnungsgemäûer Beratung durch einen Verteidiger ± über die Frage der Urteilsanfechtung, gegebenenfalls auch über deren Umfang , abschlieûend zu befinden.
Harms Basdorf Gerhardt Brause Schaal
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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.
Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn - a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder - b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und - aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind, - bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder - cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
- 2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war; - 3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; - 4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; - 5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat; - 6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind; - 8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.
(1) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn Tatsachen nachträglich bekannt werden, bei deren Kenntnis die Zulassung hätte versagt werden müssen. Von der Rücknahme der Zulassung kann abgesehen werden, wenn die Gründe, aus denen die Zulassung hätte versagt werden müssen, nicht mehr bestehen.
(2) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu widerrufen,
- 1.
wenn der Rechtsanwalt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat; - 2.
wenn der Rechtsanwalt infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat; - 3.
wenn der Rechtsanwalt aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben, es sei denn, dass sein Verbleiben in der Rechtsanwaltschaft die Rechtspflege nicht gefährdet; - 4.
wenn der Rechtsanwalt auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft der Rechtsanwaltskammer gegenüber schriftlich verzichtet hat; - 5.
wenn der Rechtsanwalt zum Richter oder Beamten auf Lebenszeit ernannt, in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten berufen oder nach § 6 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechenden Rechtsvorschriften wieder in das frühere Dienstverhältnis als Richter oder Beamter auf Lebenszeit oder als Berufssoldat zurückgeführt wird und nicht auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet; - 6.
(weggefallen) - 7.
wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist; - 8.
wenn der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausübt, die mit seinem Beruf, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann; dies gilt nicht, wenn der Widerruf für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde; - 9.
wenn der Rechtsanwalt nicht die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung (§ 51) unterhält.
(3) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft kann widerrufen werden, wenn der Rechtsanwalt
- 1.
nicht binnen drei Monaten, nachdem die Pflicht hierzu entstanden ist, im Bezirk der Rechtsanwaltskammer eine Kanzlei einrichtet; - 2.
nicht binnen drei Monaten eine ihm bei der Befreiung nach § 29 Abs. 1 oder § 29a Abs. 2 gemachte Auflage erfüllt; - 3.
nicht binnen drei Monaten, nachdem er von der Pflicht, eine Kanzlei zu unterhalten, befreit worden (§ 29 Abs. 1, § 29a Abs. 2) oder der bisherige Zustellungsbevollmächtigte weggefallen ist, einen Zustellungsbevollmächtigten benennt; - 4.
seine Kanzlei aufgibt, ohne dass er von der Pflicht des § 27 Abs. 1 befreit worden ist.
(4) Ordnet die Rechtsanwaltskammer die sofortige Vollziehung der Verfügung an, sind § 155 Abs. 2, 4 und 5, § 156 Abs. 2, § 160 Abs. 1 Satz 2 und § 161 entsprechend anzuwenden. Im Fall des Absatzes 2 Nr. 9 ist die Anordnung in der Regel zu treffen.
(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn
- 1.
zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet; - 2.
dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird; - 3.
das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann; - 4.
der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist; - 5.
der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet; - 6.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt; - 7.
zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird; - 8.
der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist; - 9.
dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist; - 10.
bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint; - 11.
ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.
(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.
(3) (weggefallen)
(1) Zu Verteidigern können Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an deutschen Hochschulen im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt gewählt werden.
(2) Andere Personen können nur mit Genehmigung des Gerichts gewählt werden. Gehört die gewählte Person im Fall der notwendigen Verteidigung nicht zu den Personen, die zu Verteidigern bestellt werden dürfen, kann sie zudem nur in Gemeinschaft mit einer solchen als Wahlverteidiger zugelassen werden.
(3) Können sich Zeugen, Privatkläger, Nebenkläger, Nebenklagebefugte und Verletzte eines Rechtsanwalts als Beistand bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen, können sie nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 Satz 1 auch die übrigen dort genannten Personen wählen.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
(1) Zu Verteidigern können Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an deutschen Hochschulen im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt gewählt werden.
(2) Andere Personen können nur mit Genehmigung des Gerichts gewählt werden. Gehört die gewählte Person im Fall der notwendigen Verteidigung nicht zu den Personen, die zu Verteidigern bestellt werden dürfen, kann sie zudem nur in Gemeinschaft mit einer solchen als Wahlverteidiger zugelassen werden.
(3) Können sich Zeugen, Privatkläger, Nebenkläger, Nebenklagebefugte und Verletzte eines Rechtsanwalts als Beistand bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen, können sie nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 Satz 1 auch die übrigen dort genannten Personen wählen.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.
(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.
(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn - a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder - b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und - aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind, - bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder - cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
- 2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war; - 3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; - 4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; - 5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat; - 6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind; - 8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn - a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder - b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und - aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind, - bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder - cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
- 2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war; - 3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; - 4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; - 5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat; - 6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind; - 8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.