Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 204/19
vom
15. August 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:150819B5STR204.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. August 2019 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 23. Februar 2018 wird 1. das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall C.I.1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last; 2. das vorbezeichnete Urteil
a) mitsamt den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben in den Fällen C.I.2.a und C.I.3.a der Urteilsgründe,
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen C.II.1 bis 8 der Urteilsgründe des Betruges in sechs Fällen schuldig ist,
c) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen C.II.1 bis 8 der Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung , unrichtiger Darstellung in zwei Fällen, Kreditbetruges in zwei Fällen und Betruges in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, hiervon zwei Monate als vollstreckt erklärt und die Strafvollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall C.I.1 wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung verurteilt worden ist. Den bislang getroffenen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass die F. AG, deren Vorstand der Angeklagte vom 19. Dezember 2001 bis 30. Juni 2010 war, spätestens ab dem 15. Mai 2009 zahlungsunfähig oder überschuldet war. Das Landgericht hat weder eine aussagekräftige stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig zu beschaffenden Mittel vorgenommen (vgl. zur sogenannten betriebswirtschaftlichen Methode: BGH, Beschlüsse vom 4. Dezember 2018 – 4 StR 319/18, NZI 2019, 247, 248; vom 12. April 2018 – 5 StR 538/17, NStZ-RR 2018, 216), noch hat es wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen festgestellt, die den Schluss eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft tragen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass das Vermögen der Gesellschaft ihre Schulden bis zum Ende der Stellung des Angeklagten als deren vertretungsberechtigter Organwalter nicht mehr gedeckt hat.
3
2. Die Schuldsprüche in den Fällen C.I.2.a, C.I.3.a sowie die konkurrenzrechtliche Bewertung in den Fällen C.II.3 und 4 und C.II.5 und 6 unterliegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In den Fällen C.II.1 bis 8 halten zudem die Aussprüche über die Einzelstrafen rechtlicher Prüfung nicht stand.
4
a) Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
5
aa) Zur unrichtigen Darstellung und zum Kreditbetrug: Als Vorstand der F. AG gab der Angeklagte in der „Bilanz 2007“ deren Verhältnisse unrichtig wieder. Im Einzelnen waren im „Lagebericht zum 31.12.2007“ unter dem Konto #1511 „GIB-Aktien“ mit einem Wert von 123.598,49 Euro eingestellt. Die Erläuterungen führten hierzu aus, „dass die für die Ausgabe der Aktien ver- antwortliche A. AG einen Tausch dieser Aktien in börsennotierte Aktien zu einem Wert von ca. 140.000 Euro angeboten habe. Ein Tausch sei nicht vorgenommen worden. Eine Wertberichtigung sei unterblieben“ (Fall C.I.2.a).
6
Unter Vorlage des „Jahresabschlusses 2007“ beantragte der Angeklagte am 26. März 2009 bei der AG einen Kredit für die F. AG. Er „wollte unter Zuhilfenahme des unrichtigen Jahresabschlusses 2007 eine positive Kreditentscheidung der AG erreichen.“ Der Kreditantrag wurde abgelehnt, da die Bonität der F. AG seitens der Bank als unzureichend eingestuft wurde (Fall C.I.3.a).
7
bb) Zum Betrug: Bis 24. März 2009 schloss der Angeklagte für die F. AG insgesamt acht jeweils längerfristige Leasingverträge, wobei er bei Vertragsschluss beabsichtigte, keine oder nur einzelne Leasingraten zu ent- richten. Die Leasinggegenstände wurden durch die Leasinggeber von einem Lieferanten erworben und in allen Fällen an die F. AG ausgeliefert ; mit einer Ausnahme (Fall C.II.5) gelangten sie auch an den jeweiligen Leasinggeber zurück. Die Leasingraten hätten über die Laufzeit jeweils zur Vollamortisation des durch die Leasinggeber aufgebrachten Kaufpreises geführt oder wären einer solchen nahegekommen (Fälle C.II.).
8
b) Die Feststellungen tragen eine Verurteilung des Angeklagten wegen unrichtiger Darstellung und Kreditbetrug in den Fällen C.I.2.a und C.I.3.a nicht.
9
aa) Die Verhältnisse in einem Jahresabschluss sind im Sinne des § 331 HGB unrichtig wiedergegeben, wenn die Darstellung mit den objektiven Gegebenheiten am Maßstab konkreter Rechnungslegungsnormen und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nicht übereinstimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017 – 1 StR 306/16, NStZ 2018, 540, 541). Unabhängig davon, ob die Feststellungen vorliegend ein taugliches Tatobjekt im Sinne des § 331 HGB belegen, setzt eine sich aus § 253 Abs. 3 HGB (in der bis 28. Mai 2009 geltenden Fassung) ergebende Pflicht zur Wertabschreibung bei Gegenständen des Umlaufvermögens jedenfalls voraus, dass der Teilwert am Abschlussstichtag unter dem Buchwert liegt. Dies hat das Landgericht nicht festgestellt. Es hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, seine eigene Wertung und diejenige des Angeklagten mitzuteilen. Der Senat vermag daher nicht zu beurteilen, ob eine Wertberichtung objektiv erforderlich war.
10
bb) Da die Unrichtigkeit des bei der Kreditantragstellung vorgelegten Jahresabschlusses damit nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist, kann auch die hieran anknüpfende Verurteilung wegen Kreditbetrugs keinen Bestand haben.
11

c) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges in acht Fällen (C.II.) hält rechtlicher Überprüfung nur eingeschränkt stand. Zudem unterliegen die jeweiligen Einzelstrafaussprüche der Aufhebung.
12
aa) Das Landgericht hat in sämtlichen Fällen als Vermögensschaden die durch die F. AG nicht gezahlten Leasingraten zugrunde gelegt. Es hat damit nicht bedacht, dass für die zur Schadensbestimmung erforderliche Gesamtsaldierung bei dem Abschluss eines Leasingvertrags der Geldwert des vom Leasinggeber erworbenen Anspruchs auf die vom Leasingnehmer zu leistenden vertraglich vereinbarten Leasingraten unter Berücksichtigung des jeweiligen Ausfallrisikos zu bewerten und mit dem Geldwert der eingegangenen Verpflichtung durch den Leasinggeber zu vergleichen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 2 StR 291/18). Das verbleibende Eigentum an einem Leasingfahrzeug darf bei der Berechnung des Vermögensschadens nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Leasingnehmer von Anfang an beabsichtigt, dem Leasinggeber das Fahrzeug gänzlich zu entziehen und das Eigentum dadurch aus dessen Vermögen herauszunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – 4 StR 66/17, NStZ-RR 2018, 109, 110). Letzteres ist nicht festgestellt.
13
Da aufgrund des Tatplans des Angeklagten, die Leasingraten allenfalls anfänglich zu entrichten, sowie der bei natürlicher Betrachtung eingetretenen Abnutzung der Fahrzeuge ausgeschlossen werden kann, dass den einzelnen Leasinggebern kein Schaden entstanden ist, haben die Schuldsprüche Bestand (vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 – 4 StR 346/11, NStZ 2012,

276).


14
bb) Sie sind allerdings entsprechend der Beschlussformel zu ändern, da die konkurrenzrechtliche Bewertung in den Fällen C.II.3 und 4 sowie C.II.6 und 7 nicht frei von Rechtsfehlern ist. Der Angeklagte hatte am 26. Februar 2009 und am 23. März 2009 jeweils zwei Leasingverträge mit demselben Leasinggeber geschlossen, wobei die Verträge über denselben Vermittler der Leasinggesellschaft zugeleitet oder zeitgleich abgeschlossen wurden. Die an demselben Tag in der Absicht der Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils eingereichten Anträge sind damit derart eng miteinander verknüpft, dass insoweit eine Tat im Rechtssinne vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2016 – 4 StR 75/16, NStZ-RR 2016, 281).
15
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. § 265 StPO steht nicht entgegen; es ist ausgeschlossen, dass der geständige Angeklagte sich wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
16
cc) Die Einzelstrafen in den Fällen C.II.1 bis 8 unterliegen bereits aufgrund der fehlerhaften Bestimmung des jeweils eingetretenen Vermögensschadens als wesentlichem Strafzumessungsaspekt der Aufhebung. Die Feststellungen können bestehen bleiben und dürfen um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
17
3. Die Aufhebung der vorgenannten Einzelstrafen und der Schuldsprüche in den Fällen C.I.2.a und C.I.3.a entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.
Sander Schneider König
Berger Mosbacher

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2019 - 5 StR 204/19

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2019 - 5 StR 204/19

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2019 - 5 StR 204/19 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Handelsgesetzbuch - HGB | § 253 Zugangs- und Folgebewertung


(1) Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen nach den Absätzen 3 bis 5, anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernün

Handelsgesetzbuch - HGB | § 331 Unrichtige Darstellung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft in der Eröffnungsbilanz, im

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2019 - 5 StR 204/19 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2019 - 5 StR 204/19 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2011 - 4 StR 346/11

bei uns veröffentlicht am 18.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 346/11 vom 18. Oktober 2011 in der Strafsache gegen wegen Betruges Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 18. Oktober 2011 gemäß § 349 Abs.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2018 - 4 StR 319/18

bei uns veröffentlicht am 04.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 319/18 vom 4. Dezember 2018 in der Strafsache gegen wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:041218B4STR319.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Apr. 2018 - 5 StR 538/17

bei uns veröffentlicht am 12.04.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 538/17 vom 12. April 2018 in der Strafsache gegen wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt u.a. ECLI:DE:BGH:2018:120418B5STR538.17.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2017 - 4 StR 66/17

bei uns veröffentlicht am 20.12.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 66/17 vom 20. Dezember 2017 in der Strafsache gegen wegen Betrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2017:201217B4STR66.17.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2017 - 1 StR 306/16

bei uns veröffentlicht am 16.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 306/16 vom 16. Mai 2017 in der Strafsache gegen wegen Betrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2017:160517B1STR306.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwa

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juni 2016 - 4 StR 75/16

bei uns veröffentlicht am 23.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 75/16 vom 23. Juni 2016 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2016:230616B4STR75.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und n

Referenzen

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 319/18
vom
4. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:041218B4STR319.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 2. Mai 2018 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Ferner hat es drei Monate der verhängten Freiheitsstrafe wegen einer überlangen Verfahrensdauer für vollstreckt erklärt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte war alleiniger Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der A. GmbH (A. ) mit Sitz in B. .
Das Unternehmen war im Großhandel mit EDV-Geräten tätig und hatte zeitweise bis zu 100 Mitarbeiter.
4
Im Jahr 2009 zeichnete sich eine unternehmerische Krise der A. ab – zumJahresende bestand eine negative Schlussbilanz mit einem Fehlbetrag von 952.024,42 €. Im April 2010 lagerte der Angeklagte den umsatzstärksten Geschäftsbereich der A. , den Handel mit Rückläufergeräten, auf eine hierfür neu gegründete Gesellschaft aus.
5
Die A. setzte ihre Geschäfte im Übrigen fort. Gegenüber einem ihrer Hauptlieferanten, der H. GmbH (H. ) entstanden im Laufe des Jahres 2010 Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 2.211.357,11 €, welche die A. mangels Liquidität nicht bedienen konnte. Der Angeklagte bat H. insofern erfolgreich um Stundung bis zum 30. September 2010. Nachdem jedoch die Verhandlungen über einen Zahlungsplan gescheitert waren, forderte H. die A. wieder zur Zahlung auf.
6
Zur Liquiditätslage der A. hat das Landgericht festgestellt, dass das Unternehmen jedenfalls im Tatzeitraum vom 30. September bis zum 26. November 2010 nicht in der Lage war, mindestens 90 % der fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen. Zur subjektiven Tatseite ist festgestellt, dass dem Angeklagten bekannt war, dass der A. „innerhalb absehbarer Zeit keine weiteren liquiden Mittel zufließen würden“.
7
Am 21. April 2011 stellte H. schließlich einen Insolvenzantrag, in dessen Folge das Insolvenzverfahren gegen die A. eröffnet wurde.

II.


8
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Das angefochtene Urteil hält sowohl bezüglich der Annahme der Zahlungsunfähigkeit der A. als auch bezüglich der subjektiven Tatseite rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
1. Die Urteilsgründe liefern keinen ausreichenden Beleg, dass die A. im Tatzeitraum zahlungsunfähig war.
10
a) Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO) erfolgt entweder durch die betriebswirtschaftliche Methode oder durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12, NJW 2014, 164 ff. mwN).
11
Die – hier vom Landgericht angewandte – betriebswirtschaftliche Methode setzt eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits voraus (BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 – 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 156; Beschlüsse vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12, NJW 2014, 164 ff.; vom 30. Januar 2003 – 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546 ff.). Zur Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung ist diese Methode um eine Prognose darüber zu ergänzen, ob innerhalb von drei Wochen mit der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit hinreichend sicher zu rechnen ist, etwa durch Kredite, Zuführung von Eigenkapital, Einnahmen aus dem normalen Geschäftsbetrieb oder der Veräußerung von Vermögensgegenständen; das geschieht durch eine Finanzplanrechnung, aus der sich die hinreichend konkret zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben der nächsten 21 Tage ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12, aaO; Reinhart in Graf/Jäger/ Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 15a InsO Rn. 65 f. mwN). Wird die betriebswirtschaftliche Methode gewählt, muss die Darstellung der Liquiditätslage zu ausgewählten Stichtagen so aussagekräftig sein, dass dem Revisionsgericht die Kontrolle möglich ist, ob das Landgericht von zutreffenden Voraussetzungen ausgegangen und einen nachvollziehbaren Rechenweg gewählt hat (BGH, Beschluss vom 25. August 2016 – 1 StR 290/16, ZInsO 2016, 2032 f.).
12
b) Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
13
Die Strafkammer bezieht sich im Rahmen der Beweiswürdigung für das Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit der A. auf den betriebswirtschaftlichen Sachverständigen V. . Aus dessen in den Urteilsgründen wiedergegebenen Ausführungen ergibt sich allerdings keine für das Revisionsgericht nachvollziehbare stichtagsbezogene Bewertung der Liquiditätslage.
14
aa) Für den Tatzeitraum wird überhaupt nur für den 30. September 2010 ein Deckungsgrad konkret beziffert (80,51 %). Zur Erläuterung werden jedoch nur die von dem Sachverständigen für diesen Tag errechneten Gesamtergebnisse zu den Aktiva und Passiva mitgeteilt (liquide Mittel in Höhe von insgesamt 1.852.663,64 € bei fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 2.301.219,06 €). Da es an jeder näheren Ausführung hierzu fehlt – insbesondere nach welchen Prämissen eine Finanzplanrechnung vorgenommen wurde –, kann die sachverständige Berechnung nicht nachvollzogen werden. Dabei bleibt auch unklar, auf welcher tatsächlichen Grundlage der Sachverständige die Liquiditätslage überhaupt bewertet hat, weil nach seinen Ausführungen die Geschäftsunterlagen der A. für das Jahr 2010 „unvollständig“ waren; der Insolvenzverwalter der A. , hat ausweislich der Urteilsgründe sogar angegeben, dass die gesamte Buchführung des Unternehmens nicht mehr verfügbar gewesen sei.
15
Hinzu kommt, dass der Sachverständige V. bei der Berechnungder Liquiditätslücke für den 30. September 2010 ersichtlich auch die Forderungen des Unternehmens H. berücksichtigt hat. Nach den getroffenen Feststellungen waren diese Forderungen allerdings bis zum 30. September 2010 gestundet. Dass Fälligkeit gleichwohl schon vor dem 1. Oktober 2010 eintrat, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Gestundete Forderungen dürfen bei der Berechnung der Liquiditätslücke jedoch nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 − 1 StR 665/12, NJW 2014, 164, 165; MüKoStGB /Hohmann, 2. Aufl., § 15a InsO Rn. 31).
16
bb) Im Übrigen wird in den Urteilsgründen für kein weiteres Datum im Tatzeitraum überhaupt ein konkreter Deckungsgrad benannt, sondern es wird lediglich pauschal ausgeführt, dass bis zum 26. November 2010 ein Deckungsgrad von 90 % „jeweils nicht erreicht“ worden sei. Dies genügt keinesfalls den eingangs genannten Anforderungen an die Darstellung der Zahlungsunfähigkeit.
17
2. Auch zur subjektiven Tatseite hält das Urteil rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
18
a) Bereits die Feststellungen tragen nicht die Annahme vorsätzlichen Handelns des Angeklagten.
19
Im Rahmen von § 15a InsO muss der Täter es zumindest für möglich halten und in Kauf nehmen, dass die wirtschaftliche Situation des betroffenen Unternehmens durch den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zur Stellung eines Eröffnungsantrags verpflichtet (vgl. MüKo-StGB/Hohmann, aaO, § 15a InsO Rn. 90; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 15a InsO Rn. 132; Richter in Müller-Guggenberger, 6. Aufl., § 80 Rn. 57). Festgestellt ist vorliegend lediglich, dass dem Angeklagten bekannt war, dass der A. innerhalb absehbarer Zeit „keine weiteren liquiden Mittel zufließen würden“. Dies entspricht jedoch nicht der Kenntnis vom Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit, da eine solche nicht zwingend mit dem fehlenden Zufluss liquider Mittel einhergeht, sondern sich erst aus einer Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva ergibt.
20
b) Im Übrigen hält auch die Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite revisionsrechtlicher Kontrolle nicht stand, da dem angefochtenen Urteil keine eigenen Erwägungen der Strafkammer zum Vorsatz des Angeklagten im Tatzeitraum zu entnehmen sind. Ein entsprechender Vorsatz liegt unter den festgestellten Umständen zur Liquiditätslage der A. auch keinesfalls auf der Hand, da keine besonders gravierende Unterdeckung festgestellt ist und die Strafkammer zum 27. November 2010 von einer wiederhergestellten Zahlungsfähigkeit ausgeht.
21
Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass sich die Strafkammer insgesamt den Ausführungen des betriebswirtschaftlichen Sachverständigen V. „in eigener Überzeugungsbildung“ angeschlossen hat. Der Sachverständige hat unter anderem ausgeführt, der Angeklagte habe als Geschäftsführer Kenntnis von der Liquiditätslage „haben müssen“ beziehungsweise er habe sich jederzeit umfassend Kenntnis „verschaffen können“. Dies dient jedoch allenfalls zum Be- leg eines Fahrlässigkeitsvorwurfes. Im Übrigen ist die Feststellung des Vor- satzes keine dem Sachverständigenbeweis zugängliche Frage, sondern obliegt allein dem Tatrichter (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17, NJW 2018, 1621, 1624; vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13, NStZ 2013, 581, 583; LKStGB /Vogel, 12. Aufl., § 15 Rn. 63).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 538/17
vom
12. April 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:120418B5STR538.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 12. April 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 14. Juni 2017
a) im Fall 6 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin abgeändert , dass der Angeklagte der Verletzung der Buchführungspflicht schuldig ist,
b) in den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in drei Fällen, wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung , wegen Betruges und wegen Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und der Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Entgegen der Auffassung der Revision liegt dem Verfahren auch bezüglich der in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe abgeurteilten Taten des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt eine wirksame Anklageschrift und – daran anknüpfend – ein wirksamer Eröffnungsbeschluss der Wirtschaftsstraf- kammer zugrunde.
3
Die ursprünglich dem Amtsgericht – Strafrichter – vorgelegte Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Göttingen vom 7. August 2015 wird ihrer Umgrenzungsfunktion gerecht. Denn die Beschäftigung des in der Anklage nicht benannten Arbeitnehmers S. lag in dem von Anklagefall 3 erfassten Tatzeitraum (August 2013); auch diesbezüglich war die Barmer GEK zuständige Einzugsstelle. Bei gleichzeitigem Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen für mehrere Arbeitnehmer gegenüber derselben Einzugsstelle liegt aber nur eine Tat vor (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2007 – 1 StR 639/06, StraFo 2007, 342; LK-Möhrenschlager, 12. Aufl. § 266a Rn. 108). Für diese Tat – wie auch für die in den Fällen 1 und 2 abgeurteilten Taten (Juni und Juli 2013) – teilt der Anklagesatz die Stellung des Angeklagten als Arbeitgeber, seinen Geschäftsort, die Einzugsstelle und die dieser gegenüber zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge – aufgeschlüsselt nach Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen – zu konkret bezeichneten Beschäftigungs- und Beitragsmonaten mit. Diese Angaben lassen eine Abgrenzung zu anderen Taten ohne weiteres zu. Für die Erfüllung der Umgrenzungsfunktion der Anklage bedurfte es deshalb weder näherer Angaben zu den Einkünften der einzelnen Arbeitnehmer und zu dem jeweiligen Berechnungssatz für die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge noch einer Differenzierung nach einzelnen Personen bei der Auflistung der Taten, die nach Beschäftigungsmonaten abgegrenzt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2018 – 1 StR 370/17, NJW 2018, 878, 880, und Beschluss vom 26. April 2017 – 2 StR 242/16, wistra 2018, 49, 50, jeweils in Abgrenzung zu OLG Celle, Beschluss vom 3. Juli 2013 – 1 Ws 123/13, und OLG Hamm, wistra 2016, 86, 87). Insoweit bestehende Mängel in der Informationsfunktion der Anklageschrift lassen sich im weiteren Verfahren – wie es hier hinsichtlich der nicht gemeldeten Arbeitnehmer, die von der Schadensberechnung erfasst waren, nach dem Revisionsvorbringen auch geschehen ist – durch gerichtliche Hinweise zur Gewährung rechtlichen Gehörs beheben (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 1994 – 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 45; vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 156, und vom 24. Januar 2012 – 1 StR 412/11,BGHSt 57, 88, 91; Beschluss vom 26. April 2017 – 2 StR 242/16, aaO).

II.


4
Die Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat, dass die Rüge nach § 338 Nr. 3 StPO jedenfalls unbegründet ist. Soweit die Äußerungen der abgelehnten Rich- ter überhaupt dazu geeignet sein sollten, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, ist diese jedenfalls durch die dienstlichen Erklärungen ausgeräumt worden.

III.


5
Die Sachrüge erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
6
1. Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall 6 zu Unrecht wegen Bankrotts verurteilt, da eine der in § 283 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 StGB aufgeführten Tathandlungen nicht festgestellt ist. Insoweit ist dem Landgericht ein Tenorierungsversehen unterlaufen, wie es einleitend in den Entscheidungsgründen (UA S. 6) klargestellt hat. Demgemäß hat es seiner rechtlichen Bewertung der zu dieser Tat rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen den Straftatbestand der Verletzung der Buchführungspflicht gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 3 b StGB zugrunde gelegt (UA S. 80). Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend berichtigt. Der Einzelstrafausspruch ist von dem Tenorierungsversehen nicht betroffen.
7
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Insolvenzverschleppung (Fall 4) und wegen Betruges (Fall 5) hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
a) Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
9
aa) Die wirtschaftliche Situation der F. D. U. (haftungsbeschränkt), die durch den Angeklagten als faktischen Ge- schäftsführer geleitet wurde, verschlechterte sich Ende des Jahres 2013, weil mehrere ihrer Ausgangsrechnungen von Auftraggebern wegen geltend gemachter Werkmängel nicht gezahlt wurden. Im späteren Insolvenzverfahren über das Vermögen der Unternehmergesellschaft (UG) wurden Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 20.000 Euro zur Tabelle angemeldet, die bereits Ende Januar 2014 fällig gewesen waren. Obwohl die Gesellschaft aus dem Verkauf einer ihren wesentlichen Vermögenswert darstellenden Immobilie den Kaufpreis von insgesamt 48.000 Euro bis Anfang Februar 2014 in drei Teilzahlungen erhalten hatte, konnte sie ihre Verbindlichkeiten bis zur Insolvenzantragstellung im März 2014 mangels liquider Mittel nicht mehr begleichen. Auch die Löhne für die offiziell gemeldeten Arbeitnehmer wurden nicht mehr bezahlt, sodass für Januar 2014 die Agentur für Arbeit an Insolvenzgeld 6.130 Euro leistete.
10
Der Angeklagte kannte die finanzielle Situation der UG und ihm war bewusst , dass sie Ende Januar 2014 keine ausreichenden liquiden Mittel mehr hatte, um zumindest einen wesentlichen Teil ihrer fälligen Verbindlichkeiten begleichen zu können. Ende Januar 2014 war auch nicht wahrscheinlich, dass der Mangel an liquiden Mitteln kurzfristig behoben werden könnte. Obwohl danach spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Zahlungsunfähigkeit bestanden hatte , unterließ es der Angeklagte, für die Gesellschaft einen Insolvenzantrag zu stellen. Die Antragstellung erfolgte absichtlich verzögert, um den Sitz bei der erwarteten Insolvenz zunächst von Bad Lauterberg nach München zu verlegen. Der Angeklagte erhoffte sich hierdurch eine „geräuschlosere“ Insolvenz der Gesellschaft. Die als formelle Geschäftsführerin tätige Ehefrau des Angeklagten reichte erst am 12. März 2014 für die UG einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht München ein (Tat 4).
11
Trotz ihrer finanziellen Situation beauftragte der Angeklagte für die UG am 7. Februar 2014 die K. GmbH mit der Montage sanitärer Einrichtungen in einer Wohnung in München. Dabei war ihm das hohe Risiko bewusst, dass die in Auftrag gegebenen Leistungen nicht würden bezahlt werden können. Tatsächlich wurde die Rechnung des Sanitärunternehmens vom 24. Februar 2014 über 2.141 Euro von der UG nicht mehr beglichen. Erst im August 2016 zahlte der Angeklagte persönlich 2.200 Euro an die K. GmbH (Tat 5).
12
bb) Seine Feststellungen zur Insolvenzreife der UG bei Fall 4 hat das Landgericht auf folgende Überlegungen gestützt:
13
Nach Aussage des Insolvenzverwalters habe auf die sich zunächst nach den betriebswirtschaftlichen Auswertungen ergebenden Forderungen in Höhe von rund 52.000 Euro bei seinen Realisierungsversuchen kein einziger der vorgeblichen Schuldner gezahlt. Später habe er lediglich Forderungen in Höhe von 19.700 Euro als noch offen feststellen können. Insoweit seien aber Mängeleinreden erhoben worden oder es habe sonst an der Durchsetzbarkeit gefehlt. Den Forderungen der Gesellschaft hätten zur Tabelle im Insolvenzverfahren angemeldete Forderungen von Gläubigern der Gesellschaft in Höhe von 20.000 Euro gegenüber gestanden, die bis Ende Januar 2014 fällig gewesen seien. Die Verbindlichkeiten seien trotz der Zahlungseingänge aus dem Immobilienverkauf bis zur Insolvenzantragsstellung Mitte März 2014 nicht beglichen worden. Auch die unterbliebenen Gehaltszahlungen in dieser Zeit unterstrichen die desolate Finanzlage der Gesellschaft. Für die Zahlung der für Januar 2014 geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge, die nicht ausschließbar zunächst gestundet gewesen seien, habe ebenfalls kein Geld zur Verfügung gestanden.
Trotz des Zugangs an Liquidität durch den Immobilienverkauf seien auch sie – der Insolvenztabelle zufolge – bis zur Insolvenzeröffnung nicht gezahlt worden.
14
Auch die Strafbarkeit wegen Betruges (Fall 5) hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Angeklagte um die zu Beginn des Jahres 2014 desolate Finanzlage der UG gewusst habe.
15
b) Die Verurteilung im Fall 4 wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 InsO ist nicht tragfähig begründet. Denn das Landgericht hat bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit als Voraussetzung für die Pflicht nach § 15a Abs. 1 InsO, einen Insolvenzantrag zu stellen, einen falschen Maßstab angelegt.
16
aa) Nach § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit erfolgt in der Regel durch die betriebswirtschaftliche Methode. Sie setzt eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits voraus. Zur Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung ist diese Methode um eine Prognose darüber zu ergänzen , ob innerhalb der Drei-Wochen-Frist mit der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit hinreichend sicher zu rechnen ist, etwa durch Kredite, Zuführung von Eigenkapital, Einnahmen aus dem normalen Geschäftsbetrieb oder der Veräußerung von Vermögensgegenständen (BGH, Beschluss vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12, NJW 2014, 164, 165 mwN). Daneben kann eine Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO auch durch wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 – 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 156; Beschlüsse vom 21. August 2013 – 1StR 665/12, aaO, und vom 23. Juli 2015 – 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341, 342). Als solche Warnzeichen kommen beispielsweise in Betracht die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen, gescheiterte Vollstreckungsversuche sowie die Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten.
17
bb) Hieran gemessen hat die Wirtschaftsstrafkammer bei ihrer rückblickenden Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit im Anschluss an die Aussage des Insolvenzverwalters unzutreffend darauf abgestellt, dass im fraglichen Zeitraum fällige Verbindlichkeiten der UG bestanden hätten, die bis zu dem – nicht mitgeteilten – Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beglichen worden seien. Damit hat sie den bei der Frage einer Insolvenzantragspflicht geltenden Maßstab verfehlt, nach dem entscheidend ist, ob ein Liquiditätsmangel besteht, mit dessen Beseitigung innerhalb von maximal drei Wochen nicht sicher zu rechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12, aaO; siehe auch Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222, 2224 f., abgrenzend zur vereinfachten Feststellung endgültiger Zahlungsunfähigkeit bei der Insolvenzanfechtung).
18
cc) Hierauf beruht auch der Schuldspruch. Denn aus den beweiswürdigenden Ausführungen der Wirtschaftsstrafkammer erschließt sich nicht, weshalb nicht einmal bei den im späteren Verfahren vom Insolvenzverwalter als „noch offen“ festgestellten Forderungen der UG in Höhe von 19.700 Euro eine zumindest teilweise Durchsetzbarkeit bestanden haben sollte und weshalb dies für den Angeklagten bereits im Januar 2014 erkennbar gewesen sein sollte.
19
Zudem ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Wirtschaftsstrafkammer dem von ihr als „Notverkauf des ‚Tafelsilbers‘ der Gesellschaft“ gewerteten Im- mobilienverkauf (UA S. 72) indiziellen Beweiswert für und nicht etwa gegen eine schon Ende Januar 2014 bestehende Zahlungsunfähigkeit beigemessen hat. Denn nach den Feststellungen flossen dadurch der Gesellschaft zum Monatswechsel Januar/Februar 2014 in zwei Teilbeträgen insgesamt 43.000 Euro zu. Dieser Liquiditätszuwachs überstieg die Ende Januar 2014 fälligen Verbindlichkeiten in der festgestellten Höhe von rund 20.000 Euro bei weitem, so dass sie bei damit naheliegender Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit hätten erfüllt werden können. Der insoweit vom Landgericht in den Blick genommene Umstand, dass der Angeklagte die Verkaufserlöse in der Folgezeit nicht zum Ausgleich dieser Verbindlichkeiten eingesetzt hat, verfehlt erneut den anzulegenden Maßstab und stellt kein taugliches Indiz für einen zeitlich vorgelagerten Eintritt der Zahlungsunfähigkeit dar.
20
c) Da die Zahlungsunfähigkeit der UG mithin nicht ausreichend belegt ist, aber hieran unmittelbar auch die Feststellungen im Fall 5 zu dem am 7. Februar 2014 dem Sanitärunternehmen K. GmbH erteilten Auftrag anknüpfen, war die Verurteilung wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB ebenfalls aufzuheben.
21
d) Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen 4 und 5 entzieht auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Infolgedessen kam es nicht mehr auf die (mit einem Jahr und sechs Monaten) unzutreffende Angabe der Gesamtstrafenhöhe im Rahmen der Begründung dieser Strafzumessungsentscheidung und die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage an, ob sich dieser Fehler auf die Entscheidung der Wirtschaftsstrafkammer über eine Strafaussetzung zur Bewährung ausgewirkt haben könnte.
Mutzbauer Schneider König
Berger Mosbacher

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft in der Eröffnungsbilanz, im Jahresabschluß, im Lagebericht einschließlich der nichtfinanziellen Erklärung, im gesonderten nichtfinanziellen Bericht oder im Zwischenabschluß nach § 340a Abs. 3 unrichtig wiedergibt oder verschleiert,
1a.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft zum Zwecke der Befreiung nach § 325 Abs. 2a Satz 1, Abs. 2b einen Einzelabschluss nach den in § 315e Absatz 1 genannten internationalen Rechnungslegungsstandards, in dem die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft unrichtig wiedergegeben oder verschleiert worden sind, offen legt,
2.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft die Verhältnisse des Konzerns im Konzernabschluß, im Konzernlagebericht einschließlich der nichtfinanziellen Konzernerklärung, im gesonderten nichtfinanziellen Konzernbericht oder im Konzernzwischenabschluß nach § 340i Abs. 4 unrichtig wiedergibt oder verschleiert,
3.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft zum Zwecke der Befreiung nach § 291 Abs. 1 und 2 oder nach § 292 einen Konzernabschluß oder Konzernlagebericht, in dem die Verhältnisse des Konzerns unrichtig wiedergegeben oder verschleiert worden sind, offenlegt oder,
3a.
(weggefallen)
4.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft oder als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter eines ihrer Tochterunternehmen (§ 290 Abs. 1, 2) in Aufklärungen oder Nachweisen, die nach § 320 einem Abschlußprüfer der Kapitalgesellschaft, eines verbundenen Unternehmens oder des Konzerns zu geben sind, unrichtige Angaben macht oder die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft, eines Tochterunternehmens oder des Konzerns unrichtig wiedergibt oder verschleiert.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1a oder 3 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 306/16
vom
16. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:160517B1STR306.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – hinsichtlich Ziff. 3 auf seinen Antrag – am 16. Mai 2017 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 4. Februar 2016
a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Betrugs verurteilt worden ist,
b) im verbleibenden Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte der unrichtigen Darstellung schuldig ist und
c) im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unrichtiger Darstellung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tatmehrheit mit Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat we- gen überlanger Verfahrensdauer von der Gesamtfreiheitsstrafe drei Monate für vollstreckt erachtet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
In den für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Kalenderjahren 2006 und 2007 war der Angeklagte Vorstand der im Bereich Photovoltaikanlagen handelnden S. AG (im Folgenden: AG). Er hatte auf die Entscheidungen dieser AG aufgrund seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen beherrschenden Einfluss. Der Angeklagte plante mit der AG im Laufe des Jahres 2008 einen Börsengang. Um diesen Börsengang wirtschaftlich sinnvoll durchführen zu können und eine solide finanzielle Grundlage der AG zu schaffen , plante er, weitere Aktien durch Kapitalerhöhungen auszugeben. Er ging davon aus, dass eine positive Bilanz für das Jahr 2006 die gesetzliche Voraussetzung für die geplante Kapitalerhöhung war.
4
a) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 31. Januar 2007 ließ der Angeklagte die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der AG durch das Steuerbüro N. für das Jahr 2006 aufgrund von ihm übermittelter Angaben erstellen und unterzeichnete jedenfalls vor dem 12. Februar 2007 den Jah- resabschluss. Hierbei hatte er die Bilanz in zweifacher Hinsicht manipuliert, um den Weg für die Kapitalerhöhungen und damit den geplanten Börsengang zu bereiten:
5
aa) Auf Betreiben des Angeklagten stellte die AG am 15. Dezember 2006 eine (Schein-)Rechnung an die nicht existente Firma „E. AG, “ über 601.982 Euro einschließlich Umsatzsteuer in Höhe von 83.032 Euro aus, der angeblich Planungsleistungen der AG zugrunde lagen. Tatsächlich waren die in der Rechnung erfassten Planungsleistungen weder erbracht worden, noch eine Zahlung auf die Rechnung beabsichtigt, was der Angeklagte auch wusste. Er wies die Zeugin R. dennoch an, diese Rechnung gewinnerhöhend zu verbuchen, um einen tatsächlich nicht existenten Jahresüberschuss in Höhe von 224.373,26 Euro in der Gewinn- und Verlustrechnung 2006 auszuweisen. Hierdurch vermied der Angeklagte den Ausweis eines Verlustes im Jahresabschluss 2006 in Höhe von 294.576,74 Euro.
6
bb) Am 4. April 2006 schloss die AG mit der einen Tag zuvor gegründeten S. B. GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG), deren Geschäftsgegenstand der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und Veräußerung der Beteiligungen an der AG war, einen Vertrag, mit welchem sich die AG verpflichtete , die KG durch Ausgabe neuer Aktien und deren Verkauf bis zu einer Höhe von 20 % des Grundkapitals an der AG zu beteiligen. Gleichzeitig wurde der KG die Option eingeräumt, diese Aktien zu erwerben. Am 27. April 2006 wurde im Rahmen einer Nachtragsvereinbarung die Option auf 25 % angehoben. Komplementärin der KG war die F. GmbH, deren Geschäftsführer der Zeuge O. war.
7
Aufgrund der genannten Verträge überwies die KG im Jahr 2006 insgesamt 39 Vorauszahlungen auf den Erwerb von Aktien, jeweils mit dem Verwen- dungszweck „Aktienerwerb S. AG“, in Höhe von insgesamt 4.800.500 Euro.
8
Der Angeklagte wies die Zeugin R. aus der Buchhaltung der AG an, die Zahlungen buchhalterisch in die Kapitalrücklage der AG einzubuchen, obwohl er wusste, dass die Zeichnung durch die KG erst für 30.570 Aktien (lt. Aktienbuch 20.408 Aktien am 28. April 2006 und 10.162 Aktien am 15. Mai 2006) in Höhe von 1.548.740 Euro erfolgt war und hinsichtlich des überschießenden Betrags in Höhe von 3.251.760 Euro bisher keine Aktien ausgegeben worden waren. Die Bilanz des Jahres 2006 wies eine Kapitalrücklage von 5.187.350 Euro aus.
9
b) Mit den oben geschilderten Plänen zum Börsengang, dem angeblich positiven Bilanzergebnis im Jahr 2006 und dem hohen fingierten Eigenkapital warb der Angeklagte Anfang 2007 bewusst wahrheitswidrig um weitere Anleger , insbesondere bei den Verantwortlichen der KG. Die wahrheitswidrigen Behauptungen tätigte der Angeklagte u.a. in Newslettern, dem Jahresbericht der AG für 2006, auf deren Hauptversammlung und auf Präsentationsveranstaltungen der AG und der KG. Bereits in einer E-Mail vom 24. Dezember 2006 hatte der Angeklagte den Verantwortlichen der KG mitgeteilt, dass im Februar 2007 eine Kapitalerhöhung aus Eigenmitteln beabsichtigt sei, mit der das Grundkapital der AG auf das Fünffache erhöht werden sollte.
10
Am 12. Februar 2007 beschloss die AG die Erhöhung des Grundkapitals aus Gesellschaftsmitteln um 4.200.000 Euro auf 5.250.000 Euro. Die Gesellschaftsmittel stammten zum Teil aus den im Jahr 2006 geleisteten Zahlungen der KG, die als Kapitalrücklage verbucht worden waren. Ferner wurde der Vor- stand ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates, das Grundkapital um bis zu 500.000 Euro zu erhöhen (genehmigtes Kapital 2007/I). Bereits am 31. März 2006 hatte die Hauptversammlung genehmigtes Kapital in Höhe von 450.000 Euro beschlossen (genehmigtes Kapital 2006/I), was der Vorstand bis zum 12. Februar 2007 erst in Höhe von 50.000 Euro verbraucht hatte (Grundkapital zu diesem Zeitpunkt: 1.050.000 Euro).
11
Am 21. März 2007 wurde die Kapitalerhöhung ins Handelsregister eingetragen. Dem Angeklagten war dabei bekannt, dass diese mangels Vorliegens der Voraussetzungen „nicht wirksam“ erfolgt war.
12
Im Vertrauen auf die Angaben des Angeklagten zur wirtschaftlichen Situation und zur Börsenfähigkeit der AG übte die KG im Zeitraum vom 1. März 2007 bis zum 7. Februar 2008 ihr Optionsrecht erneut aus und „erwarb Aktien“ der AG zum Preis von insgesamt 13.634.500 Euro. Hierzu überwies sie zwischen dem 1. März 2007 und dem 7. Februar 2008 diese Summe in mehreren Tranchen an die AG. Zudem bestand noch ein Anspruch auf Übertragung weiterer Aktien aus den Anzahlungen im Jahr 2006 in Höhe von 3.251.760 Euro. Dem Zeugen O. war dabei bewusst, dass man „üblicherweise“ bei einem Aktienerwerb die Aktien „erst zeichnen, und dann zahlen würde“, die Zahlungen aber hiervon abweichend vorab erfolgt waren. Er wollte den Angeklagten bzw. die AG aber „unterstützen“ und leistete daher schon vor Zeichnung Anzahlungen auf die zukünftigen Aktienerwerbe.
13
Am 5. Juni 2007 schloss die KG mit der vom Angeklagten beherrschten BSG mbH (im Folgenden: BSG) einen Garantievertrag zur Absicherung der KG hinsichtlich der Anzahlungen auf die Aktienerwerbe an der AG. Die BSG hielt 23,78 % der Anteile an der AG.
14
Am 8. Juni 2007 beschloss der Vorstand der AG die Erhöhung des Grundkapitals in Höhe von 500.000 Euro aufgrund der Ermächtigung vom 12. Februar 2007. Das ausgewiesene Grundkapital betrug sodann 5.750.000 Euro.
15
Mit Zeichnungsschein vom 2. Juli 2007 erwarb die KG 500.000 Aktien für 7.145.000 Euro, die infolge der vorgenannten Kapitalerhöhung ausgegeben wurden. Diese Kapitalerhöhung konnte „nicht wirksam“ genehmigt werden, da schon die vorausgegangene Kapitalerhöhung auf 5.250.000 Euro „nicht wirk- sam“ erfolgt war. Die erfolgte Eintragung in das Aktienbuch wurde der KG am 18. September 2007 mitgeteilt. Der KG entstand hierdurch ein „Totalschaden“ in Höhe von 7.145.000 Euro.
16
Am 26. Juli 2007 beschloss die Hauptversammlung die Schaffung weiteren genehmigten Kapitals (§ 202 AktG) in Höhe von 1.500.000 Euro (genehmigtes Kapital 2007/II).
17
Mit Zeichnungsschein vom 10. September 2007 erwarb die KG wirksam 450.000 Aktien zum Preis von 4.050.000 Euro. Der tatsächliche Anteil am Buchwert betrug allerdings nicht 1.269.538,78 Euro, sondern wegen der fälschlicherweise eingebuchten (Schein-)Forderung gegenüber der E. AG nur 1.231.873,06 Euro. Hieraus ergab sich ein Minderwert der Aktien und damit ein Schaden in Höhe von 37.665,73 Euro.
18
Aufgrund der Ermächtigung vom 26. Juli 2007 wurde am 6. November 2007 vom Vorstand die Erhöhung des Grundkapitals um weitere 500.000 Euro beschlossen und es wurden neue Aktien ausgegeben.
19
Infolge dieser Kapitalerhöhung erhielt die KG mit Zeichnungsschein vom 7. November 2007 weitere 500.000 Aktien für 3.100.000 Euro. Die Über- tragung war jedoch wiederum „nicht wirksam“, da die Kapitalerhöhung wegen des „nichtigen zugrunde liegendenGenehmigten Kapitals aus dem Beschluss vom 26.07.2007 unwirksam war“. Gleichwohl bestätigte die AG die Eintragung in das Aktienbuch. Der KG entstand hierdurch ein Schaden in Höhe von 3.100.000 Euro.
20
Insgesamt erlitt die KG einen Schaden in Höhe von 10.282.665,73 Euro. Die AG stellte am 22. Dezember 2008 Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. März 2009 vom Amtsgericht München eröffnet.
21
2. a) Das Landgericht hat die unter I. 1. a) dargestellten Geschehnisse als unrichtige Darstellung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen gemäß § 331 Nr. 1 HGB gewürdigt. Sowohl bei dem ausgewiesenen Gewinn im Jahresabschluss 2006 als auch bei der dort angegebenen Höhe der Kapitalrücklage habe es sich um maßgebliche Verhältnisse der Gesellschaft gehandelt, die der Angeklagte jeweils bewusst unzutreffend angegeben habe. Er habe gewusst , dass der Forderung gegen die E. AG nur eine Scheinrechnung zugrunde liege und deswegen nicht gewinnerhöhend hätte eingestellt werden dürfen. Dennoch habe er die unrichtige Buchung veranlasst. Er habe auch gewusst , dass der im Jahr 2006 von der KG gezahlte Betrag nur insoweit in die Kapitalrücklage habe eingestellt werden dürfen, als die Zeichnung für 30.570 Aktien erfolgt sei, mithin in Höhe von 1.548.740 Euro. Der darüber hinausgehende Betrag hätte nicht als Kapitalrücklage unter dem Bilanzposten Eigenkapital , sondern als Verbindlichkeit gebucht werden müssen, da es sich um An-/Überzahlungen für noch nicht existente Aktien gehandelt habe. Dennoch habe der Angeklagte die Buchhaltung angewiesen, den gesamten von der KG gezahlten Betrag in die Kapitalrücklage einzustellen, so dass diese statt 1.935.590 Euro eine Höhe von 5.187.350 Euro ausgewiesen habe.
22
Das Landgericht hat die Manipulationen als eine Handlung in zwei Fällen angesehen und auf eine Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten erkannt.
23
b) Durch den unter I. 1. b) geschilderten Sachverhalt habe der Angeklagte sich des Betrugs schuldig gemacht. Er habe sowohl darüber getäuscht, im Jahr 2006 einen Gewinn erzielt zu haben als auch über die Höhe der Kapitalrücklagen. Die Annahme, die KG habe die Aktien jeweils irrtumsbedingt gezeichnet , stützt das Landgericht auf die Aussage des Zeugen O. . Dieser hat angegeben, dass man selbstverständlich keine weiteren Gelder bei der AG angelegt hätte, wenn man von den fehlenden Voraussetzungen für die Kapitalerhöhung und den damit zusammenhängenden Problemen bei der Aktienstruktur gewusst hätte. Der berechnete Schaden sei eingetreten, weil die Übertragung der Aktien nicht wirksam erfolgt sei. Dies beruhe auf Folgendem: Der Jahresabschluss 2006 sei nichtig gewesen, da unzutreffende Buchungen in die Kapitalrücklage erfolgt seien. Der Hauptversammlungsbeschluss, mit dem die Grundkapitalerhöhung beschlossen worden war, sei demnach auch nichtig gewesen , da diesem der nichtige Jahresabschluss zugrunde gelegen habe. Zudem habe es an dem für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erforderlichen Gewinn gefehlt. Infolge der Nichtigkeit betrug das genehmigte Kapital 2007/I mehr als die Hälfte des tatsächlich vorhandenen Grundkapitals in Höhe von nur 1.050.000 Euro. Dies habe gemäß § 202 Abs. 3 AktG zur Nichtigkeit des Beschlusses vom 12. Februar 2007 geführt, mit dem der Vorstand ermächtigt worden war, das Grundkapital bis zu 500.000 Euro zu erhöhen. Denn das nicht verbrauchte genehmigte Kapital 2006/I sei zu den 500.000 Euro hinzuzuzählen. Die auf der Grundlage dieser nichtigen Ermächtigung vom Vor- stand beschlossene Kapitalerhöhung vom 8. Juni 2007 sei damit ebenfalls nichtig gewesen. Die aufgrund der Zeichnungen vom 2. Juli und vom 7. November 2007 erworbenen Aktien seien daher nicht wirksam übertragen worden und konnten keinen wirksamen Anteil an der AG vermitteln. In Höhe von 7.145.000 Euro (Zeichnung 2. Juli 2007) und in Höhe von 3.100.000 Euro (Zeichnung 7. November 2007) sei daher der KG ein Schaden entstanden. Die mit Zeichnungsschein vom 10. September 2007 erworbenen Aktien seien hingegen wirksam übertragen worden, da sie ausweislich des Zeichnungsscheins aus der am 30. August 2007 wirksam erfolgten Kapitalerhöhung stammten. Die Aktien repräsentierten aber nicht den Wert, von dem die KG aufgrund der Bilanz habe ausgehen können. Für die Schadensberechnung sei der Buchwert der AG um die unzutreffend als Gewinn eingebuchte Forderung gegenüber der E. AG zu bereinigen und sodann der Anteil am Buchwert sowie am bereinigten Buchwert der betroffenen Aktien zu ermitteln. Die Differenz zwischen beiden Werten stelle den Mindestschaden dar.
24
Da die unrichtige Darstellung der Verhältnisse der AG zu den verschiedenen Anzahlungen und Zeichnungen geführt habe, ohne dass es neuer Täuschungen bedurft hätte, liege eine Betrugstat vor. Im Hinblick auf die Höhe des Schadens sei ein besonders schwerer Fall des Betrugs anzunehmen, der hier mit drei Jahren zu ahnden sei.

II.


25
1. Verfahrensrüge
26
Der Revisionsführer beanstandet die Verletzung von § 261 StPO. Er behauptet , das Landgericht habe den Inhalt verlesener Urkunden nicht bzw. nicht umfassend in seine Beweiswürdigung einbezogen, obwohl sich diese vollständige Würdigung aufgedrängt habe. Die Rüge bleibt ohne Erfolg.
27
Durch den Vortrag der Revision ist nicht als offensichtlich dargelegt, dass die Urteilsfeststellungen in prozessual fehlerhafter Weise gewonnen worden sind. Die von der Revision hierfür insbesondere in Bezug genommene Passage eines Vertrages zwischen der KG und der AG betrifft die Berechtigung der AG, die Zuteilung der Aktien auf anderem Wege sicherzustellen, falls das genehmigte Kapital nicht ausreicht, um der KG die Beteiligung von 20 % zu verschaffen. Auf dem Boden der getroffenen Feststellungen, wonach für einen Großteil der von der KG geleisteten Zahlungen keine Aktien erworben bzw. zugeteilt worden sind, drängte sich allein anhand ihres unmittelbaren Inhalts (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2003 – 5 StR 20/03, BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 41) die Relevanz dieser vertraglichen Gestaltung für die rechtliche Beurteilung nicht auf und damit zugleich nicht die Fehlerhaftigkeit der unterbliebenen Auseinandersetzung hiermit. Ohne Rekonstruktion der Beweisaufnahme lässt sich auch im Zusammenhang mit dem unkommentiert vorgetragenen 30-seitigen Urkundenkonvolut nicht der Nachweis führen, dass – wie die Revision meint – die KG unabhängig von der Aktienzuteilung eine be- stimmte Beteiligungsquote an der AG erreichen wollte und die Zahlungen ohne Verknüpfung zum Erhalt von Aktien erfolgten bzw. die Würdigung zu den vertraglichen Verhältnissen zwischen der AG und der KG durch das Landgericht rechtsfehlerhaft ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18 und vom 11. März 1993 – 4 StR 31/93, BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 30; Urteil vom 12. August 1987 – 3 StR 250/87, BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 6 und Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 4 StR 401/10, StV 2012, 67; Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 171 ff. mwN; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 261 Rn. 38a). Letztlich wendet sich die Revision allein gegen die Würdigung durch das Landgericht und setzt ihr eigenes Verständnis der Verträge an dessen Stelle, womit sie keinen Erfolg haben kann.
28
2. Sachrüge
29
Das Urteil hält materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte wegen unrichtiger Darstellung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen statt nur der unrichtigen Darstellung (a) und soweit er wegen Betrugs verurteilt worden ist (b).
30
a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch die Manipulationen im Jahresabschluss 2006 den Tatbestand des § 331 Nr. 1 HGB auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung des Tatbestands erfüllt hat.
31
aa) Der Ausweis der 2006 erfolgten Anzahlungen der KG in der Kapitalrücklage des Jahresabschlusses 2006 der AG durch den Angeklagten gibt die Verhältnisse der Gesellschaft unrichtig wieder (§ 331 Nr. 1 HGB). Die Verhältnisse in einem Jahresabschluss sind im Sinne des § 331 HGB unrichtig wiedergegeben , wenn die Darstellung mit den objektiven Gegebenheiten am Maßstab konkreter Rechnungslegungsnormen und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nicht übereinstimmt (§ 264 Abs. 2 Satz 1, § 243 HGB; MüKoStGB/Sorgenfrei, 2. Aufl., HGB § 331 Rn. 49). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Ausweis als Kapitalrücklage und damit als Eigenkapital hat das Gesamtbild der Verhältnisse der Gesellschaft auch erheblich verfälscht, was vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war.
32
(1) In den Jahresabschluss sind das Anlage- und Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert aufzunehmen und aufzugliedern (§ 246 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 247 HGB). Zum Eigenkapital gehören auch die Kapitalrücklagen (§ 266 Abs. 3 A. II. HGB). Die Darstellung im Jahresabschluss muss dabei der objektiven Sachlage entsprechen , auf die subjektive Vorstellung des Handelnden kommt es nicht an. Die unrichtige Wiedergabe beschränkt sich nicht auf unwahre Angaben. Unrichtig können nicht nur Aussagen über Tatsachen, sondern auch – evtl. auf zutreffenden Tatsachen beruhende – Schlussfolgerungen, wie Bewertungen, Schätzungen und Prognosen sein (MüKoAktG/Schaal, 3. Aufl., § 400 AktG Rn. 35; Beck Bil-Komm/Grottel/H. Hoffmann, 10. Aufl., HGB § 331 Rn. 11).
33
Die Einbuchung der Anzahlungen in der Kapitalrücklage entsprach danach nicht der objektiven Sachlage, da es sich bei den Anzahlungen nach den Feststellungen jedenfalls im Jahr 2006 (noch) nicht um Eigenkapital der AG handelte. Eigenkapital hat eine Haftungs- oder Garantiefunktion, ist gegenüber den übrigen Ansprüchen der Gläubiger nachrangig zurückzuzahlen und steht der Gesellschaft dauerhaft, also nachhaltig zur Verfügung (vgl. Küting/Kessler, BB 1994, 2103, 2104 f. mwN). Dies traf auf die 2006 geleisteten Anzahlungen der KG nicht zu. Die Verbuchung in der Kapitalrücklage vermittelte damit insbesondere gegenüber Anlegern den unzutreffenden Eindruck, dass die erhaltenen Anzahlungen der AG bereits dauerhaft und vorbehaltlos zur Verfügung standen.
34
(a) Die Kapitalrücklage nach § 272 HGB umfasst hauptsächlich solche Kapitalbeträge, die der Kapitalgesellschaft von außen zugeführt und nicht aus dem erwirtschafteten Ergebnis gebildet werden (Beck Bil-Komm/K. Hoffmann/ Winkeljohann, 10. Aufl., HGB § 272 Rn. 160).
35
Die Anzahlungen der KG stellten keine hier allein in Betracht kommende Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB dar. Nach dieser Norm sind andere Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten, in die Kapitalrücklage einzustellen. Der Gesellschafter muss demnach eine gewollte Zahlung in das Eigenkapital erbringen, was sich bereits aus dem Begriff der Leistung selbst ergibt (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum RegE BiRiLiG, BT-Drucks. 10/4268 S. 106 f.: Die Leistung in das Eigen- kapital muss „gewollt sein, so daß verdeckte Einlagen oder auch verlorene Zuschüsse nicht ohne weiteres erfaßt“ werden; OLG Hamm, Beschluss vom 22. Januar 2008 – 15 W 246/07, FGPrax 2008, 120; Heymann in Beck´sches Handbuch der Rechnungslegung, Stand November 2016, Band 1, B. 231, Rn. 88 ff.; MüKoHGB/Reiner, 3. Aufl., HGB § 272 Rn. 100, 104; Baumbach /Hopt/Merkt, 37. Aufl., HGB § 272 Rn. 9; Kropff in MüKoBilanzrecht, HGB § 272 Rn. 141).
36
Das Landgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass es nicht dem Willen der KG entsprach, die gezahlten Gelder bereits vor Zeichnung der Aktien der AG als Eigenkapital zur Verfügung zu stellen , und der AG zu ermöglichen, diese als Kapitalrücklage zu buchen. Dies wird maßgeblich durch die vertragliche Ausgestaltung und die Bezeichnung der Zah- lungen als „Anzahlungen“ belegt. Auf der Grundlage dieser Feststellungen scheidet eine Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB genauso aus wie andere Arten der Kapitalrücklagen.
37
(b) Da jedenfalls die Verbuchung in die Kapitalrücklage schlechthin unvertretbar war (vgl. hierzu Beck Bil-Komm/Grottel/H. Hoffmann, 10. Aufl., HGB § 331 Rn. 5; KG Berlin, Beschluss vom 11. Februar 2010 – 1 Ws 212/08, Rn. 6, wistra 2010, 235), braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob – wie das Landgericht meint – ein Ausweis der Zahlungen als Fremdkapital (Verbindlichkeit) hätte erfolgen müssen oder der Ausweis eines Sonderpostens zwischen Eigenund Fremdkapital den Rechnungslegungsnormen und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprochen hätte. Angesichts der Besonderheiten des Falles – der Angeklagte beherrschte aufgrund seiner mittelbaren und unmittelbaren Beteiligungen die AG und konnte auch die Beschlüsse in der Hauptversammlung treffen, zudem wurden die versprochenen Kapitalerhöhungsmaßnahmen faktisch durchgeführt und eingetragen – kam neben der Bilanzierung als Verbindlichkeit auch der Ausweis eines Sonderpostens in Betracht (sog. eigenkapitalähnliche Posten, Quasi-Eigenkapital oder Eigenkapitalsurrogat ; vgl. MüKoHGB/Reiner/Haußer, 3. Aufl., HGB § 266 Rn. 99). Eine der beiden Darstellungen in der Bilanz hätte jedenfalls dem von § 331 HGB bezweckten Schutz des Vertrauens in die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen über die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft (MüKoStGB/Sorgenfrei , 2. Aufl., HGB § 331 Rn. 1; Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., 11. Kapitel Rn. 48 f.) genügt. Hingegen verletzt gerade die fehlerhafte Einbuchung in die Kapitalrücklage das nach Außen ersichtliche Bilanzergebnis und erfüllt damit den Tatbestand des § 331 HGB.
38
(2) Der Verstoß ist auch erheblich. Nicht jede Verletzung von Rechnungslegungsvorschriften führt zu einer Verletzung von § 331 HGB, vielmehr muss es sich um eine solche handeln, die die Interessen der Gläubiger, der Arbeitnehmer oder der Gesellschafter berührt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebe- schluss vom 15. August 2006 – 2 BvR 822/06, NJW-RR 2006, 1627 mwN; Beck Bil-Komm/Grottel/H. Hoffmann, 10. Aufl., HGB § 331 Rn. 20). Die unzutreffende Buchung von Eigenkapital betrifft das gesamte Bilanzergebnis. Gläubiger und Gesellschafter erhalten auf diese Weise einen falschen Eindruck von der Liquidität und Kreditwürdigkeit der Gesellschaft und werden in ihrem Vertrauen auf die Richtigkeit der dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft enttäuscht.
39
(3) Das Landgericht hat ein vorsätzliches Handeln des Angeklagten rechtsfehlerfrei festgestellt. Hierzu hat es sich von der positiven Kenntnis des Angeklagten überzeugt, dass die Zahlungen der KG im Jahr 2006 als Vorauszahlung auf den Aktienerwerb erfolgt waren, Aktien aber nur für einen Bruchteil der Summe ausgegeben worden waren und daher der Großteil der Zahlungen nicht als Kapitalrücklage gebucht werden durfte. Auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung, insbesondere der zeugenschaftlichen Angaben der eingebundenen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie der langen Erfahrung des Angeklagten in gesellschaftsrechtlichen Fragen, hat es die entgegenstehende Einlassung des Angeklagten, er habe nicht gewusst, dass die Buchung als Kapitalrücklage falsch gewesen sei, als Schutzbehauptung widerlegt. Gestützt auf die Angaben der Buchhalterin der AG, hat es sich zudem davon überzeugt, dass der Angeklagte die ausdrückliche Weisung zur Buchung der „Überzahlungen“ in die Kapitalrücklage erteilt hat. Die Würdigung belegt den Vorsatz in ausreichender Weise; soweit die Revision dies für unzureichend erachtet , zeigt sie keine Rechtsfehler auf.
40
bb) Allerdings ist die Verurteilung des Angeklagten wegen zweier rechtlich zusammentreffender Fälle der unrichtigen Darstellung (§ 331 HGB), wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt hat, unzutreffend. Da die Buchungsvorgänge jeweils den Jahresabschluss 2006 betrafen, bilden mehrere falsche Angaben eine einheitliche Handlung als natürliche Handlungseinheit (BGH, Beschluss vom 21. August 1996 – 4 StR 364/96, wistra 1996, 348; MüKoHGB/Quedenfeld, 3. Aufl., § 331 Rn. 106).
41
b) Die Verurteilung wegen Betrugs kann keinen Bestand haben, da sich die Beweiswürdigung als lückenhaft erweist.
42
aa) Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatgerichts, das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 30. März 2004 – 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238; vom 1. Juli 2008 – 1 StR 654/07 und vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZRR 2015, 148). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212 und vom 11. November 2015 – 1 StR 235/15, NStZ-RR 2016, 47). Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass das Tatgericht solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87; vom 2. April 2015 – 3 StR 635/14 und vom 12. Januar 2017 – 1 StR 360/16, NStZ-RR 2017, 185).
43
bb) Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorstellungsbild des für die KG handelnden Zeugen O. nicht gerecht. Ein Erörterungsmangel und damit eine Lücke sind gegeben, wenn sich der Tatrichter mit tatsächlich vorhandenen Anhaltspunkten für nahe liegende andere Möglichkeiten nicht auseinandergesetzt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 – 1 StR 385/16 mwN). So verhält es sich hier, da das Landgericht die Möglichkeit unerörtert lässt, dass der Zeuge O. positive Kenntnis von den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der AG gehabt haben könnte, obwohl für eine solche Anhaltspunkte bestehen.
44
(1) Ein Irrtum i.S.d. § 263 StGB ist zwar nicht nur gegeben, wenn der Getäuschte von der Gewissheit der behaupteten Tatsache ausgeht, sondern auch dann, wenn er trotz gewisser Zweifel die Vermögensverfügung trifft, wenn er also die Möglichkeit der Unwahrheit für geringer hält (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 40). Denn der Getäuschte ist im Regelfall des Betrugs schon dann der List des anderen zum Opfer gefallen, wenn er die Vermögensverfügung trotz eines Zweifels vornimmt (BGH, Urteil vom 8. Mai 1990 – 1 StR 144/90, wistra 1990, 305; vgl. auch Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 19). Zweifel an der Wahrheit sind solange irrelevant, als der Getäuschte die Wahrheit der Tatsache noch für möglich hält und die Vermögensverfügung infolge der Täuschung vornimmt (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198). Leichtgläubigkeit des Getäuschten und Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung sind dagegen für den Irrtum ohne Belang (BGH, Urteile vom 22. Oktober 1986 – 3 StR 226/86, BGHSt 34, 199; vom 15. Oktober 1991 – 4 StR 420/91, wistra 1992, 95, 97; vom 11. Juli 2001 – 1 StR 576/00, BGHSt 47, 83 und vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198). Weiß der Verfügende jedoch positiv – etwa aufgrund kollusiven Zusammenwirkens mit dem Täuschenden – um die Unwahrheit der vorgespiegelten Umstände, so liegt kein Irrtum vor (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2013 – 2 StR 474/12, NStZ 2013, 472).
45
(2) Das Landgericht folgt ohne weitere Erörterung den Angaben des Zeugen O. , wonach es jeweils nicht zur konkreten Ausübung der Opti- on gekommen wäre, wenn „man“ um die Unrichtigkeit der Angaben zur wirt- schaftlichen Situation und zur Börsenfähigkeit der AG gewusst hätte. Eine Auseinandersetzung mit zu Tage getretenen Umständen, die geeignet sind, den Irrtum des Zeugen O. in Frage zu stellen, lässt das Urteil vermissen. Hierzu zählt zunächst, dass nach den Feststellungen der Zeuge O. aufgrund der ihm übersandten Informationen in Newslettern und E-Mails Kenntnis von der Kapitalausstattung der AG hatte. Danach liegt es nahe, dass er die Entwicklung der Kapitalrücklage aus der Übersendung des Berichts des Vorstands und der Mitteilung über die geplante Kapitalerhöhung ersehen konnte. Hinzu tritt, dass dem Zeugen bekannt war, dass die AG auf der einen Seite auf die Zuführung fremden Kapitals durch die KG angewiesen war, was vor dem Hintergrund einer in der Bilanz für 2006 ausgewiesenen Kapitalrücklage in Höhe von über 5 Mio. Euro ein jedenfalls erörterungsbedürftiges Vorstellungsbild des Zeugen gewesen wäre. Andererseits plante die AG nach seinen Vorstellungen aber eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, was sich mit einem Kapitalbedarf nicht ohne weiteres verträgt. Erörterungsbedürftig wäre auch gewesen , dass die KG der AG bereits 2006 erhebliche Kapitalbeträge, nämlich 4.800.500 Euro als Vorauszahlung zur Verfügung gestellt hatte, mithin genau die Summe, die nun als Kapitalrücklage ausgewiesen war.
46
Zudem war dem Zeugen O. bekannt, dass man „üblicherweise bei einem Aktienerwerb die Aktien „erst zeichnen, und dann zahlen würde“, die Zahlungen aber hiervon abweichend vorab erfolgten. Er wollte den Angeklagten bzw. die AG aber „unterstützen“, leistete daher schon vor Zeichnung die Zahlungen auf die zukünftigen Aktienerwerbe. Wieso es nach den Vorstellungen des Zeugen einer von der Zeichnung losgelösten Zahlung bedurfte, wenn die Angaben in der Bilanz 2006, insbesondere zur Kapitalrücklage zutreffen sollten, wäre kritisch zu würdigen gewesen. In diesem Zusammenhang wäre auch in den Blick zu nehmen gewesen, dass es zwischen dem Zeugen O. und dem Angeklagten seit Ende 2006 „erhitzte Diskussionen“ wegen des Auseinan- derfallens des Zeitpunkts der Zahlung und der Zeichnung der Aktien gab. Im Zuge dessen schloss die KG am 5. Juni 2007 zur Absicherung der Aktienerwerbe auch einen Garantievertrag mit einer von dem Angeklagten beherrsch- ten GmbH, der BSG. Die BSG sollte dafür „gerade […]stehen“, dass die KG auch wirklich alle Aktien übertragen bekommen würde, für die Anzahlungen schon geleistet worden waren. Vor diesem Hintergrund versteht es sich nicht von selbst, dass der nach Abschluss dieses Vertrages dennoch das Optionsrecht weiterhin ausübende und über 7 Mio. Euro als Vorauszahlung überweisende Zeuge O. tatsächlich noch – wie festgestellt –, über die in der Bilanz dargestellten Verhältnisse der AG irrte.
47
Darüber hinaus ist im Urteil unerwähnt geblieben, dass der Zeuge O. aufgrund seiner Stellung in der KG ein eigenes Interesse am Ausgang des vorliegenden Strafverfahrens hatte, da für den Fall kollusiven Zusammenwirkens mit dem Angeklagten oder sonst begründeter positiver Kenntnis von den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der AG möglicherweise Haftungsansprüche, aber auch strafrechtliche Verfolgung wegen Untreue drohten.
48
In der Zusammenschau lässt die fehlende Auseinandersetzung mit all diesen Umständen besorgen, dass das Landgericht die Möglichkeit der positiven Kenntnis des Zeugen O. von der Unrichtigkeit der Bilanz 2006 gar nicht in den Blick genommen hat.
49
Das neue Tatgericht wird sich mit dem Vorstellungsbild des Zeugen O. im Zeitpunkt der Verfügungen erneut auseinandersetzen müssen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198).
50
c) Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Nicht hiervon erfasst ist jedoch die zuerkannte Kompensation wegen überlanger Verfahrensdauer bis zum ersten landgerichtlichen Urteil (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 3 StR 128/16, NStZ 2016, 675).
51
3. Sollte das neue Tatgericht erneut den Tatbestand des § 263 StGB als erfüllt ansehen, insbesondere eine irrtumsbedingte Verfügung des Zeugen O. feststellen, weist der Senat zur Bestimmung des Vermögensschadens auf Folgendes hin:
52
a) Die vorliegenden Urteilsgründe lassen besorgen, dass das Landgericht von unzutreffenden Voraussetzungen für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ausgegangen ist.
53
Zum einen können die Kapitalrücklage und die Gewinnrücklagen nicht in Grundkapital umgewandelt werden, „soweit“ in der zugrunde gelegten Bilanz ein Verlust einschließlich eines Verlustvortrages ausgewiesen ist (§ 208 Abs. 2 Satz 1 AktG). Das bedeutet, dass der ausgewiesene Verlust zunächst auszugleichen wäre und nur die positive Differenz zwischen Rücklagen und Verlust in das Grundkapital eingestellt werden könnte (MüKoAktG/Arnold, 4. Aufl.,AktG, § 208 Rn. 32). Laut Urteilsfeststellungen wären richtigerweise 1.935.590 Euro in der Kapitalrücklage und ein Verlust in Höhe von 294.576,74 Euro auszuweisen gewesen. Die Differenz in Höhe von ca. 1,64 Mio. Euro hätte bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach §§ 207 ff. AktG in Eigenkapital umgewandelt werden können.
54
Zum anderen hat das Landgericht nicht gesehen, dass zwischeneiner Heilung des Hauptversammlungsbeschlusses nach § 242 AktG und der Heilung eines Jahresabschlusses nach § 256 Abs. 6 AktG zu unterscheiden ist. Die Nichtigkeit einer dem Kapitalerhöhungsbeschluss aus Gesellschaftsmitteln zugrunde gelegten, mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehenen Jahresbilanz (§ 209 Abs. 1 AktG) oder einer Erhöhungsbilanz (§ 209 Abs. 2 AktG), wirkt sich nicht unmittelbar auf den Kapitalerhöhungsbeschluss aus. Vielmehr wird mit der Eintragung des Beschlusses das Grundkapital erhöht (§ 211 AktG). Stellt sich nach der Durchführung der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln heraus, dass die zugrunde gelegte Bilanz die Rücklagen zu hoch ausgewiesen hat und diese tatsächlich für die vorgenommene Kapitalerhöhung nicht ausreichten oder ergibt sich Gleiches aus einer späteren Änderung der Bilanz, stellt das die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung nicht in Frage (Schröer in Ekkenga/Schröer, Handbuch der AG-Finanzierung, 2014, Kapitel 7 Rn. 11; Koch in Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 211 Rn. 5; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 211 Rn. 8; Korsten, AG 2006, 321 ff.).
55
Im Urteil fehlen Feststellungen hinsichtlich der dem Erhöhungsbeschluss zugrunde gelegten Bilanz und der Eintragungen in das Handelsregister, so dass der Senat nicht zu entscheiden vermag, ob die Eintragung des Beschlusses das Kapital nach § 211 AktG erhöht hat. Das neu zuständige Tatgericht wird aufgrund der dargestellten Erwägungen zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und den vorgenannten Grundsätzen zunächst zu erörtern haben, ob durch den Hauptversammlungsbeschluss vom 12. Februar 2007 eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach § 211 AktG eingetreten ist bzw. jedenfalls insoweit eingetreten ist, als Kapitalrücklagen tatsächlich vorhanden waren.
56
b) Sodann müsste der Vermögensschaden ermittelt werden, was nach den bisherigen Urteilsfeststellungen gleichfalls nicht bedenkenfrei erfolgt ist.
57
aa) Maßgeblich für die Berechnung des Vermögensschadens ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199). Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung ; st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 2016 – 1 StR 435/15, BGHSt 61, 149; vom 8. Oktober 2014 – 1 StR 359/13, BGHSt 60, 1 und vom 27. Juni 2012 – 2 StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77; Beschlüsse vom 16. Juni 2014 – 4 StR 21/14, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 83; vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13, wistra 2014, 270; vom 29. Januar 2013 – 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711; vom 25. Januar2012 – 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95, 113 f. und vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201, jeweils mwN). Welche Vermögenspositionen im Einzelnen in die Gesamtsaldierung einzustellen sind, bestimmt sich letztlich danach, auf welches unmittelbar vermögensmindernde Verhalten des im Irrtum befindlichen Täuschungsopfers (Vermögensverfügung) abgestellt wird. Spätere Entwicklungen , wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. Wie sich die Dinge später entwickeln , ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang (BGH, Beschluss vom 23. Februar 1982 – 5 StR 685/81, BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 17 und vom 21. April 2016 – 1 StR 456/15, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 89).
58
Wurde der Getäuschte – wie hier – zur Ausübung der Option zur Zeichnung von Aktien veranlasst, sind bei der für die Schadensbestimmung erforderlichen Gesamtsaldierung der Wert (Marktwert) der (vermeintlich) erworbenen Aktien und der hierfür entrichtete Kaufpreis miteinander zu vergleichen. Hinsichtlich der vermeintlich erworbenen Aktien wird ggf. auch dem Umstand Rechnung zu tragen sein, dass die AG die Beschlüsse über die Schaffung genehmigten Kapitals nach § 202 AktG jedenfalls wie wirksame Beschlüsse behandelt hat, die gezeichneten Aktien jeweils auch ausgegeben wurden und ähnlich den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ein wirtschaftlicher Wert der ausgegeben Aktien vorhanden gewesen sein könnte (Koch in Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 248 Rn. 7a; MüKoAktG/Schürnband, 4. Aufl., § 189 Rn. 18; Apfelbacher/Niggemann in Hölters, AktG, 3. Aufl., § 189 Rn. 4; Klaaßen/van Lier, NZG 2014, 1250; zur Anwendbarkeit des Instituts der fehlerhaften Gesellschaft vgl. MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl., § 14 Rn. 77). Dies gilt insbesondere, weil im Hinblick auf die am 10. September 2007 ausgegebenen 450.000 Aktien bislang festgestellt ist, dass auf diese ein Anteil am Buchwert der Bilanz von 1.231.873,06 Euro entfällt. Hierbei handelte es sich um 7,2581 % der am 10. September 2007 vorhandenen 6.200.000 Aktien. Ob in diesen 6.200.000 Aktien auch die 1.000.000 Aktien aus den beiden anderen Erwerben der KG enthalten sind, ist nicht ersichtlich, erscheint aber naheliegend.
59
bb) Für die vermeintlich erworbenen Aktien ist zunächst ein Verkehrsoder Marktwert ggf. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen zu ermitteln (BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 – 1 StR 20/16, NJW 2016, 3543; Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95, 115; vgl. auch Dannecker, NStZ 2016, 318, 319). Dabei wird der vereinbarte Kaufpreis der Aktien als Anhaltspunkt für den maßgeblichen Marktwert zu berücksichtigen sein. Ein wichtiges Indiz dafür, dass der Kaufpreis dem Marktwert entsprach, wäre der Umstand , dass die vermeintlich erworbenen Aktien nicht nur der KG, sondern auch anderen Anlegern am Markt für denselben Stückpreis angeboten und verkauft wurden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2016 – 1 StR 435/15, BGHSt 61, 149). Bei einer Bewertung des Vermögensschadens anhand des vereinbarten Stückpreises muss im Blick behalten werden, dass der Erwerb von Aktien auch immer das zukünftige Gewinnerwartungspotential eines Unternehmens zum Ausdruck bringt und diese Erwartung gerade nicht den gegenwärtigen wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung widerspiegelt. Insofern wäre der Kaufpreis der Aktie jedenfalls um derartige Erwartungen zu bereinigen (BGH, Beschluss vom 2. September 2015 – 5 StR 186/15, NStZ-RR 2015, 374; Dannecker, NStZ 2016, 318, 324).
RiBGH Prof. Dr. Graf ist in Urlaub und deshalb an der Unterschrift gehindert. Raum Raum Cirener Radtke Bär

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft in der Eröffnungsbilanz, im Jahresabschluß, im Lagebericht einschließlich der nichtfinanziellen Erklärung, im gesonderten nichtfinanziellen Bericht oder im Zwischenabschluß nach § 340a Abs. 3 unrichtig wiedergibt oder verschleiert,
1a.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft zum Zwecke der Befreiung nach § 325 Abs. 2a Satz 1, Abs. 2b einen Einzelabschluss nach den in § 315e Absatz 1 genannten internationalen Rechnungslegungsstandards, in dem die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft unrichtig wiedergegeben oder verschleiert worden sind, offen legt,
2.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft die Verhältnisse des Konzerns im Konzernabschluß, im Konzernlagebericht einschließlich der nichtfinanziellen Konzernerklärung, im gesonderten nichtfinanziellen Konzernbericht oder im Konzernzwischenabschluß nach § 340i Abs. 4 unrichtig wiedergibt oder verschleiert,
3.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft zum Zwecke der Befreiung nach § 291 Abs. 1 und 2 oder nach § 292 einen Konzernabschluß oder Konzernlagebericht, in dem die Verhältnisse des Konzerns unrichtig wiedergegeben oder verschleiert worden sind, offenlegt oder,
3a.
(weggefallen)
4.
als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft oder als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder als vertretungsberechtigter Gesellschafter eines ihrer Tochterunternehmen (§ 290 Abs. 1, 2) in Aufklärungen oder Nachweisen, die nach § 320 einem Abschlußprüfer der Kapitalgesellschaft, eines verbundenen Unternehmens oder des Konzerns zu geben sind, unrichtige Angaben macht oder die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft, eines Tochterunternehmens oder des Konzerns unrichtig wiedergibt oder verschleiert.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1a oder 3 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen nach den Absätzen 3 bis 5, anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Soweit sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren im Sinn des § 266 Abs. 2 A. III. 5 bestimmt, sind Rückstellungen hierfür zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, soweit er einen garantierten Mindestbetrag übersteigt. Nach § 246 Abs. 2 Satz 2 zu verrechnende Vermögensgegenstände sind mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a) dürfen eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert nur vornehmen, wenn sie von keiner der in § 264 Absatz 1 Satz 5, § 266 Absatz 1 Satz 4, § 275 Absatz 5 und § 326 Absatz 2 vorgesehenen Erleichterungen Gebrauch machen. Macht eine Kleinstkapitalgesellschaft von mindestens einer der in Satz 5 genannten Erleichterungen Gebrauch, erfolgt die Bewertung der Vermögensgegenstände nach Satz 1, auch soweit eine Verrechnung nach § 246 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist.

(2) Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind abzuzinsen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und im Falle sonstiger Rückstellungen aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren ergibt. Abweichend von Satz 1 dürfen Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für auf Rentenverpflichtungen beruhende Verbindlichkeiten, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Der nach den Sätzen 1 und 2 anzuwendende Abzinsungszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich bekannt gegeben. In der Rechtsverordnung nach Satz 4, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt das Bundesministerium der Justiz im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank das Nähere zur Ermittlung der Abzinsungszinssätze, insbesondere die Ermittlungsmethodik und deren Grundlagen, sowie die Form der Bekanntgabe.

(3) Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Kann in Ausnahmefällen die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen. Satz 3 findet auf einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert entsprechende Anwendung. Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden.

(4) Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben.

(5) Ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 3 Satz 5 oder 6 und Absatz 4 darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Ein niedrigerer Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes ist beizubehalten.

(6) Im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren in jedem Geschäftsjahr zu ermitteln. Gewinne dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens dem Unterschiedsbetrag nach Satz 1 entsprechen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist in jedem Geschäftsjahr im Anhang oder unter der Bilanz darzustellen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 66/17
vom
20. Dezember 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:201217B4STR66.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Dezember 2017 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 1. Juli 2016 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen III. 17, 19, 21, 23, 27, 29, 31 bis 37 und 44 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch klarstellend wie folgt neu gefasst: Der Angeklagte ist der Urkundenfälschung in 16 Fällen, des Betrugs in 29 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, des versuchten Betrugs in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, der Beihilfe zum Betrug, der Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen und des Subventionsbetrugs in sechs Fällen schuldig. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Urkundenfälschung in sechzehn Fällen, Betruges in dreiundvierzig Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb, wegen Beihilfe zum Betrug in vier Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch des Betruges blieb, wegen Subventionsbetruges in sechs Fällen sowie wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fäl- len, wobei es in einem Fall beim Versuch des Betruges blieb,“ zu einer Gesamt- freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zur Einstellung des Verfahrens; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren aus verfahrensökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen III. 17, 19, 21, 23, 27, 31 bis 37 und 44 der Urteilsgründe wegen Betrugs und im Fall III. 29 wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt worden ist.
3
a) In den Fällen III. 17, 19, 21, 23, 27, 31 bis 37 der Urteilsgründe sind durch die vom Landgericht hierzu getroffenen – äußerst knappen – Feststellungen die Voraussetzungen eines Betrugs zum Nachteil der jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse zumal mit Blick auf die Besonderheiten des kassenärztlichen Versorgungs- und Abrechnungssystems (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 29. März 2012 – GSSt 2/11, BGHSt 57, 202; vom 16. August 2016 – 4 StR 163/16, NJW 2016, 3253; OLG Stuttgart, NStZ-RR 2013, 174; zur sozialgerichtlichen Rechtsprechung BSGE 105, 157) nicht ausreichend dargetan.
4
b) Im Fall III. 29 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zu einem vollendeten Betrug schon deshalb nicht, weil den Urteilsgründen nicht zu entnehmen ist, dass dem hierzu nicht anspruchsberechtigten Zeugen S. das mit Unterstützung des Angeklagten beantragte Insolvenzgeld tatsächlich ausgezahlt wurde.
5
c) Im Fall III. 44 der Urteilsgründe begegnet der Strafausspruch rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen. Die Feststellungen rechtfertigen jedoch weder die Annahme gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB noch diejenige des Herbeiführens eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB.
6
aa) Ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten ist mit Blick darauf, dass die Nutzung des von ihm in seiner Eigenschaft als faktischer Geschäftsführer der V. GmbH von der M. GmbH geleasten Fahrzeugs allein durch den Scheingeschäftsführer der V. GmbH erfolgen und damit diesem der erstrebte Vermögensvorteilzufallen sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 – 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215 mwN), nach den bisherigen Feststellungen nicht dargetan.
7
bb) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt, wird von den Feststellungen ebenfalls nicht getragen. Es bleibt bereits unklar, auf welcher Grundlage die Strafkammer die Schadensbemessung vorgenommen hat. Weder der mit 78.935 Euro festgestellte Wert des Leasingfahrzeugs noch die einen Betrag von 55.250,40 Euro ergebende Summe aller Leasingraten im Vertragszeitraum bildet den Vermögensabfluss bei der getäuschten M. GmbH zum Verfügungszeitpunkt ab.
8
Die Summe sämtlicher innerhalb der Leasinglaufzeit fällig werdenden Raten von 55.250,40 Euro kann für den Wert des Vermögensabflusses schon deshalb nicht herangezogen werden, weil in ihr der mit dem Vertrag typischerweise zu erzielende Gewinn der Leasinggeberin enthalten ist. Ein ausbleibender Gewinn fließt zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten ab, sondern lediglich seinem Vermögen nicht zu.
9
Wegen des der Leasinggeberin verbleibenden Eigentums am Fahrzeug umfasst der Vermögensabfluss bei ihr zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung auch nicht den gesamten, mit 78.935 Euro festgestellten Wert des an dieV. GmbH überlassenen Leasingfahrzeugs. Das verbleibende Eigentum am Leasingfahrzeug darf bei der Berechnung des Vermögensschadens (vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 2016 – 1 StR 437/15, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 86; vom 24. März 2016 – 2 StR 344/14, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 92; vom 21. April 2016 – 1 StR 456/15, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 89) nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Leasingnehmer von Anfang an beabsichtigt, der Leasinggeberin das Fahrzeug gänzlich zu entziehen und das Eigentum dadurch aus ihrem Vermögen herauszunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2006 – 5 StR 156/06, wistra 2007, 18, 21; Beschluss vom 18. Oktober 2011 – 4 StR 346/11, NStZ 2012, 276). Dies ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.
10
Der Senat kann nicht ausschließen, dass bei zutreffender Schadensbemessung die für die Anwendbarkeit des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB maßgebliche Wertgrenze von 50.000 Euro (vgl. BGH, Urteile vom 7. Oktober 2003 – 1 StR 274/03, BGHSt 48, 360, 361 ff.; vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12 Rn. 52; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 298a) nicht erreicht worden wäre.
11
2. Im verbleibenden Umfang erweist sich das Rechtsmittel des Angeklagten als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift bemerkt der Senat:
12
a) Die Feststellungen tragen in den Fällen III. 38 bis 43 der Urteilsgründe jeweils die Verurteilung wegen Subventionsbetrugs.
13
In sämtlichen Fällen verschleierte der Angeklagte gegenüber den für die Bewilligung der Subventionen zuständigen Behörden, dass es sich bei den förderfähigen Maßnahmen (Arbeitsverhältnisse und Existenzgründungsseminare) lediglich um Scheingeschäfte im Sinne von § 4 Abs. 1 SubvG, § 117 Abs. 1 BGB handelte. Hierdurch machte er unrichtige Angaben über subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB.
14
Da die ohne marktmäßige Gegenleistung gewährten wirtschaftsfördernden Leistungen im Fall III. 38 der Urteilsgründe ausschließlich, in den übrigen Fällen anteilig aus öffentlichen Mitteln des Bundes stammten (§ 264 Abs. 7 Nr. 1 StGB), ergibt sich die Subventionserheblichkeit der die Scheingeschäfte verschleiernden Angaben im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB aus § 4 Abs. 1 SubvG. Diese Vorschrift verbietet die Subventionierung von Scheingeschäften zwingend mit der Folge, dass die Bewilligung und Gewährung der Subvention vom Nichtvorliegen eines bloßen Scheingeschäfts gesetzlich abhängig ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2014 – 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 249 f.; vom 11. Oktober 2017 – 4 StR 572/16, Rn. 6). Der Senat kann daher – auch für den Schuldumfang – weiterhin offen lassen, ob sich die Subventionserheblichkeit des Nichtbestehens eines Scheingeschäfts für die in den Fällen III. 39 bis 43 der Urteilsgründe anteilig aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gewährten Zuwendungen auch aus Europäischem Recht begründen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2017 – 4 StR 572/16, Rn. 8 f.).
15
b) Im Fall III. 70 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte wegen versuchten Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung verurteilt worden ist, hält der Strafausspruch im Ergebnis revisionsrechtlicher Prüfung stand.
16
Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerhaft die Strafe dem – gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten – Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen, weil der Versuch „auf die Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes und damit auf die Verwirklichung eines Regelbeispiels im Sinne des § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB gerichtet“ gewesen sei. Die Regelwirkung nach dieser Vorschrift wird indes nach ständiger Rechtsprechung nur dann begründet , wenn der Täter den Vermögensverlust herbeiführt, dieser also tatsächlich eingetreten ist (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 – 1 StR 212/03, BGHSt 48, 354, 359; Beschlüsse vom 17. November 2006 – 2 StR 388/06, BGHR StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Vermögensverlust 6; vom 9. Januar 2007 – 4 StR 428/06, wistra 2007, 183, 184; vom 24. März 2009 – 3 StR 598/08, NStZ-RR 2009, 206, 207; LK-StGB/Tiedemann, aaO, § 263 Rn. 298; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 263 Rn. 215).
17
Auf diesem Rechtsfehler beruht die Bemessung der Strafe in diesem Fall aber nicht, weil die Feststellungen hinreichend ergeben, dass der Angeklagte gewerbsmäßig im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB handelte. Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2015 – 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341, 343; LK-StGB/Rissing-van Saan, aaO, vor § 52 Rn. 80). Nach den Feststellungen beruhte das Vorgehen des Angeklagten im Fall III. 70 der Urteilsgründe auf sei- ner zusammen mit mindestens zwei Bekannten gefassten Idee, sich „durch den Verkauf billig erworbener Immobilien zu überhöhten, bankenfinanzierten Preisen an fiktive Personen eine Geldquelle zu erschließen und den Gewinn unter sich aufzuteilen“ (UA 42 f.).
18
Der Senat schließt aus, dass das Landgericht der Strafzumessung einen anderen Strafrahmen zugrunde gelegt oder auf eine mildere Einzelstrafe erkannt hätte, wenn es anstatt auf den Versuch des Angeklagten, einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeizuführen, auf sein gewerbsmäßiges Handeln abgestellt hätte, zumal in diesem Fall die beträchtliche Höhe des erstrebten Schadens bei der konkreten Strafzumessung zu berücksichtigen war. Mit Blick auf das umfassende Geständnis des Angeklagten hätte er sich gegen den Vorwurf gewerbsmäßigen Handelns auch nicht wirksamer als geschehen verteidigen können (§ 265 StPO).
19
c) Der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen III. 17, 19, 21, 23, 27, 29, 31 bis 37 und 44 der Urteilsgründe lässt den Gesamtstrafenausspruch unberührt. Ausgehend von der verbleibenden Einsatzstrafe von einem Jahr im Fall III. 70 der Urteilsgründe und den weiteren Einzelstrafen von zehn Mal zehn Monaten, 31 Mal acht Monaten, vier Mal sechs Monaten, drei Mal vier Monaten, zwei Mal zwei Monaten und den sechs Einzelgeldstrafen zwischen 30 und 90 Tagessätzen schließt der Senat aus, dass das Landgericht auf eine noch geringere als die – ohnehin mit Blick auf einen angemessenen Schuldausgleich kaum vertretbar milde – Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten erkannt hätte.
20
3. Das Urteil gibt Anlass zu bemerken, dass auch im Fall einer Verfahrensabsprache keine verringerten Sorgfaltsanforderungen an die Abfassung der Urteilsgründe zu stellen sind.
Sost-Scheible Bender Quentin
Feilcke Paul

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 346/11
vom
18. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Oktober 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 17. Februar 2011 1. hinsichtlich dieses Angeklagten in den Fällen III.2.6, III.2.13 – 20, III.2.22 – 28 der Urteilsgründe
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte insoweit des Betruges in 16 tateinheitlichen Fällen schuldig ist,
b) aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen; 2. hinsichtlich des Angeklagten M. und des früheren Mitangeklagten H. mit den Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über
a) die Einzelstrafen in den Fällen III.2.8 – 12 der Urteilsgründe,
b) die Gesamtstrafen. II. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Betruges in 28 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der nicht revidierende Mitangeklagte H. ist des Betruges in 58 Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten M. hat, teilweise auch hinsichtlich des früheren Mitangeklagten H. , in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Landgericht hat in den Fällen III.2.6, III.2.13 – 20, III.2.22 – 28 der Urteilsgründe das Konkurrenzverhältnis der dem Angeklagten M. rechtsfehlerfrei als Mittäter zugerechneten betrügerischen Einzelakte unzutreffend beurteilt. Insofern liegt statt Tatmehrheit Tateinheit vor.
3
a) Sind, wie hier, an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei, ob er hinsichtlich der einzelnen Taten der Serie jeweils einen individuellen, (nur) diese fördernden Tatbeitrag geleistet hat. In solchen Fällen sind ihm diese Taten als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen; die (zusätzliche) organisatorische Einbindung des Täters in das betrügerische Geschäftsunternehmen vermag dann diese Einzeltaten der Deliktsserie rechtlich nicht zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Fehlt es jedoch an einer solchen individuellen Tatförderung, er- bringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge , durch die alle oder je mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr. vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2841; Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 3 StR 434/10 jeweils mwN).
4
b) Hieran gemessen belegen die Feststellungen lediglich in den Fällen III.2.1 – 5, III.2.7 – 12 und III.2.21 jeweils einen individuellen, nur diese Taten fördernden Beitrag des Angeklagten. In den übrigen 16 Fällen (Taten III.2.6, III.2.13 – 20 und III.2.22 - 28) erschöpfen sich die rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbeiträge des Angeklagten auf seine Mitwirkung bei der Einrichtung und Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes der Fa. U. GmbH. Daher sind diese Fälle zu einer Betrugstat in 16 rechtlich zusammentreffenden Fällen zusammenzufassen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 3 StR 373/09).
5
c) Der Senat schließt – insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils zur Aufgabenverteilung innerhalb der Fa. U. GmbH (UA S. 39) – aus, dass hierzu in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden können. Er ändert deshalb den Schuldspruch selbst in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den Vorwurf einer teilweise tateinheitlichen Begehung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
6
Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der für diese Fälle verhängten Einzelstrafen nach sich. Der neue Tatrichter wird daher für die Fälle III.2.6, III.2.13 – 20 und III.2.22 – 28 unter Beachtung des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO eine Einzelstrafe festzusetzen haben (zu § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO: vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2002 – 1StR 313/02, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12). Einer Aufhebung der insoweit getroffenen Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisher getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.
7
2. In den Fällen III.2.8 – 12 der Urteilsgründe, in denen das Landgericht den Angeklagten M. und den Mitangeklagten H. wegen Betruges in fünf Fällen verurteilt hat, können die Strafaussprüche ebenfalls nicht bestehen bleiben.
8
a) Nach den von der Strafkammer hierzu getroffenen Feststellungen schloss die u.a. aus dem Angeklagten M. und dem Mitangeklagten H. bestehende Tätergruppe im Zeitraum vom 19. November 2009 bis zum 14. Januar 2010 im Namen der Fa. U. GmbH mit verschiedenen Leasinggesellschaften fünf Leasingverträge über Pkws mit Laufzeiten zwischen 36 und 60 Monaten ab, wobei sie von Anfang an beabsichtigte, allenfalls in geringem Umfang ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, jedoch die Pkws solange wie möglich zu nutzen und sie „irgendwann später an die jeweiligen Leasinggeber zurückgelangen zu lassen“ (UA S. 30). Entsprechend ging sie vor.
9
b) Bei dieser Sachlage nimmt das Landgericht zutreffend jeweils einen vollendeten Betrug gegenüber den Leasinggesellschaften an, da aufgrund der getroffenen Feststellungen außer Frage steht, dass diesen jeweils ein Betrugs- schaden entstanden ist. Jedoch lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, wie die Strafkammer die Höhe der von ihr bei den Leasinggesellschaften festgestellten Schäden ermittelt hat. Zwar sind „Werte“ der Pkws sowie – bei erfolgter Rückerlangung – die dann von den Leasinggesellschaften erzielten Verkaufserlöse , die Höhe der Leasingraten sowie etwaige von der Tätergruppe erbrachte Zahlungen angegeben. Hieraus lassen sich jedoch die als Schaden festgestellten Einzelbeträge nicht errechnen.
10
c) Der Mangel führt – auch bezüglich des früheren MitangeklagtenH. (§ 357 Satz 1 StPO) – zur Aufhebung der Einzelstrafaussprüche in jedem der fünf Betrugsfälle, da das Landgericht bei deren Bemessung die Höhe der durch die Taten verursachten Schäden straferschwerend berücksichtigt hat. Dies hat bei beiden Angeklagten – beim Angeklagten M. auch aufgrund der Änderung des Konkurrenzverhältnisses (oben 1.) – die Aufhebung der Aussprüche über die Gesamtstrafen zur Folge.
11
d) Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass sich der vom Angeklagten für sich oder Dritte erstrebte Vermögensvorteil – da die Pkws an die Leasinggeber „zurückgelangen“ sollten – auf die von seinem Vorsatz erfasste Nutzung beschränkt, dass ein etwaiger höherer Schaden des Leasinggebers dem Angeklagten aber strafschärfend angelastet werden kann, soweit es sich dabei um vorhersehbare verschuldete Auswirkungen der Tat gehandelt hat. Auf den bei einem von Anfang an beabsichtigten Verschieben oder Weiterverkauf der Fahrzeuge maßgeblichen Wert der Pkws bei Übergabe (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2006 – 5 StR 156/06, wistra 2007, 18, 21; Beschluss vom 27. September 2007 – 5 StR 414/07, wistra 2007, 457) darf dagegen – wegen der geplanten „Rückerlangung“ des Leasinggegenstandes – nicht abgestellt werden; auch der Wert der Pkws im Zeitpunkt der jedenfalls in den Fällen 8 und 12 in Betracht kommenden Unterschlagungen (in diesen Fällen sinddie Fahrzeuge nicht an die Leasinggeber zurückgelangt) ist nicht maßgeblich, zumal es sich hierbei sowohl materiell als auch prozessual um eine weitere (verfolgbare ) Tat handelt.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 75/16
vom
23. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:230616B4STR75.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Juni 2016 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 7. Oktober 2015 wird
a) das Verfahren im Fall II.23 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt; insoweit hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen;
b) das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, dass aa) der Angeklagte des banden- und gewerbsmäßigen Betruges in zwölf Fällen, des Betruges in zwei Fällen , des versuchten Betruges und der Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern in sieben Fällen schuldig ist; bb) eine der für die Fälle II.13 und II.14 jeweils verhängten Freiheitsstrafen entfällt und die verbleibende Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten durch eine solche von einem Jahr ersetzt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in 14 Fällen, Betrugs, versuchten Betrugs und Anstiftung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO und § 74 StGB getroffen. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu einer Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 2 StPO und zu den aus dem Tenor ersichtlichen Änderungen im Schuld- und Strafausspruch; im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Soweit der Angeklagte im Fall II.23 der Urteilsgründe wegen Anstif2 tung zum Missbrauch von Wegstreckenzählern verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts aus den Gründen der Zuschrift vom 29. Februar 2016 gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein.
3
2. Die Verurteilung wegen zweier zueinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehenden Taten des banden- und gewerbsmäßigen Betruges gemäß § 263 Abs. 5 StGB in den Fällen II.13 und II.14 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
4
a) Nach den Feststellungen plante der im Kraftfahrzeughandel tätige An4 geklagte spätestens ab dem Jahr 2011 bei verschiedenen Banken über von ihm beherrschte Vermittlungsfirmen Darlehensverträge zur (vermeintlichen) Finanzierung von Kfz-Käufen abzuschließen. Dabei sollte den Banken eine Rückzahlungsbereitschaft der jeweiligen Darlehensnehmer lediglich vorgetäuscht werden. Die im Vertrauen hierauf ausgezahlten Valuta wollte der Angeklagte für sich vereinnahmen, um sich auf diese Weise eine fortlaufende Ein- nahmequelle zu sichern. „Im Laufe des Jahres 2012“ kam der Angeklagte mit den gesondert Verfolgten A. , O. und Z. überein, bei weiteren plangemäßen Taten arbeitsteilig vorzugehen. Am 2. Juli 2012 stellte die S. AG über die von dem Angeklagten geleitete G. GmbH bei der Sa. Bank einen Darlehensantrag für die Finanzierung des Ankaufs eines Pkw der Marke Mercedes-Benz C 250 über 27.124,51 Euro (Fall II.13 der Urteilsgründe ) und einen weiteren Darlehensantrag zur Finanzierung des Ankaufs eines – tatsächlich nicht existierenden – Pkw der Marke VW-Crafter über 26.218,82 Euro (Fall II.14 der Urteilsgründe). Im Vertrauen darauf, dass die S. AG zur Rückzahlung der Darlehen bereit und in der Lage sei, schloss der zuständige Mitarbeiter der Sa. Bank Darlehensverträge ab und übergab dem Angeklagten am 17. Juli 2012 zwei Verrechnungsschecks über 22.499 Euro (Fall II.13 der Urteilsgründe) und 21.499 Euro (Fall II.14 der Urteilsgründe). Das Landgericht hat in der Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und den anderweitig Verfolgten A. , O. und Z. eine Bandenabrede im Sinne des § 263 Abs. 3 Nr. 1 Var. 2, Abs. 5 StGB gesehen.
5
b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass die am 2. Juli 2012 gegen5 über der Sa. Bank gestellten Darlehensanträge von der vom Landgericht rechtsfehlerfrei als Bandenabrede im Sinne des § 263 Abs. 3 Nr. 1 Var. 2, Abs. 5 StGB gewerteten Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und den gesondert Verfolgten A. , O. und Z. umfasst waren. Denn die vom Landgericht für die Bandenabrede getroffene Zeitbestimmung („im Laufe des Jahres 2012“) lässt auch die Möglichkeit offen, dass es erst nach dem 2. Juli 2012 zu der Vereinbarung kam. In diesem Fall würde es sich bei den an diesem Tag begangenen Taten nicht um Bandentaten handeln.
6
Zudem hat das Landgericht bei der Bewertung des Konkurrenzverhältnisses nicht erkennbar bedacht, dass die an einem Tag bei demselben Bankinstitut eingereichten Kreditanträge möglicherweise zusammen vorgelegt worden sind oder zwischen beiden ein so enger Zusammenhang besteht, dass eine natürliche Handlungseinheit und damit jeweils auch nur eine Tat im Rechtssinne in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 2014 – 4 StR 207/14, wistra 2015, 17 mwN).
7
3. Der Senat schließt aus, dass ein neuer Tatrichter noch genauere
7
Feststellungen zum Zeitpunkt der Bandenabrede und zu den Modalitäten bei der Einreichung der Kreditanträge am 2. Juli 2012 treffen könnte. Insoweit gilt deshalb der Zweifelsgrundsatz (BGH, Beschluss vom 11. September 2014 – 4 StR 207/14, wistra 2015, 17; Beschluss vom 12. Februar 2008 – 4 StR 623/07, NJW 2008, 1394), sodass davon auszugehen ist, dass sich der Angeklagte in den Fällen II.13 und 14 der Urteilsgründe lediglich wegen (gewerbsmäßigen ) Betrugs gemäß § 263 Abs. 1; Abs. 3 Nr. 1 1. Var. StGB schuldig gemacht hat und nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Der Schuldspruch war in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO abzuändern. § 265 StPO steht nicht entgegen; denn der geständige Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
8
Damit entfällt eine der in den Fällen II.13 und II.14 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen von zwei Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe. Die verbleibende Einzelstrafe kann nicht bestehen bleiben, weil infolge der Schuldspruchänderung ein niedrigerer Strafrahmen anzusetzen ist. Da das Landgericht im Fall eines nur versuchten Betrugs im Fall II.16 der Urteilsgründe bei sonst gleichen Tatmodalitäten eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt hat, kann der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die verhängte Einzelstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe durch eine solche von einem Jahr ersetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2002 – 3 StR 233/02, NStZ-RR 2003, 293; Beschluss vom 31. Mai 2001 – 1 StR 173/01). Der Angeklagte ist dadurch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt beschwert; dass das Landgericht auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs eine noch niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte, ist auszuschließen.
9
Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht vor dem Hintergrund der Anzahl und Höhe der verbleibenden 22 Einzelstrafen zwischen zwei Jahren und sechs Monaten und zwei Monaten Freiheitsstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2015 – 3 StR 490/14, NStZ-RR 2015, 139, 140).
10
4. Wegen des lediglich geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den verbleibenden Kosten seines Rechts10 mittels zu belasten.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.