Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2013 - 5 StR 173/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat jeden der beiden Angeklagten wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Betreiben von Anlagen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Daneben hat es gegen die – nicht revidierende – Verfallsbeteiligte Re. KG den Verfall von Wertersatz in Höhe von 700.000 € angeordnet. Die Revisionen der Angeklagten haben mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
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- 1. Sie rügen zu Recht die Verletzung von § 257c Abs. 5 StPO. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde: Die Angeklagten haben die ihnen zur Last gelegten Taten auf der Grundlage einer Verständigung eingeräumt. Zuvor hatte das Gericht in der Hauptverhandlung für den Fall eines „umfassenden, von Reue und Unrechtseinsicht getragenen Geständnisses“ sowie von Erklärungen im Zusammenhang mit dem Verfall angekündigt, dass gegen jeden Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verhängt werden würde. Die in § 257c Abs. 5 StPO vorgesehe- ne Belehrung ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Ihr Inhalt war den Angeklagten nicht bekannt.
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- Der Senat kann trotz der vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. Mai 2013 dargelegten Umstände nicht ausschließen, dass das Urteil auf diesem Belehrungsfehler beruht (vgl. hierzu BVerfG, NJW 2013, 1058, 1067 Rn. 99; BGH, Beschlüsse vom 11. April 2013 – 1 StR 563/12, StV 2013, 611, und vom 17. September 2013 – 1 StR 443/10), und hebt es daher auf.
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- 2. Die nicht angefochtene Verfallsanordnung bleibt bestehen. Mit der Urteilsaufhebung erledigen sich die Beschwerden gegen die Bewährungsbeschlüsse. Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat:
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- Die Verwertbarkeit der im Rahmen der Durchsuchung auf dem Gelände der Deponie E. vom 21. November und 1. Dezember 2006 gewonnenen Beweismittel unterliegt keinem Zweifel. Gegen eine Unverwertbarkeit der Ergebnisse der Durchsuchung auf dem Gelände der Deponie E. , die von Kriminalbeamten und einer Mitarbeiterin der zuständigen Ordnungsbehörde durchgeführt wurde, spricht hier schon entscheidend, dass dieRe. GmbH ohnehin gemäß § 40 Abs. 2 KrW-/AbfG verpflichtet war, das Betreten der Grundstücke, Geschäfts- und Betriebsräume, die Einsicht in Unterlagen und die Vornahme von technischen Ermittlungen und Prüfungen durch von der zuständigen Behörde beauftragte Personen zu gestatten. Unter die technischen Ermittlungen und Prüfungen fallen auch der Einsatz apparativer Technik und die Entnahme von Stichproben (BeckOK/ Thull, KrW-/AbfG, § 40 Rn. 33). Danach hätten die im Rahmen der Durchsuchungen vom 21. November und 1. Dezember 2006 erlangten und im Urteil verwerteten Beweismittel naheliegend auch im Rahmen einer – ohne richterliche Anordnung zulässigen – rein präventiv ausgerichteten Maßnahme im Auftrag der zuständigen Ordnungsbehörde gewonnen werden können. Zudem ist es namentlich vor diesem Hintergrund nicht unvertretbar anzuneh- men, dass die Ermittlungsbeamten von einem Einverständnis des die Maßnahme in Gegenwart seines anwaltlichen Beraters widerspruchslos duldenden angeklagten Geschäftsführers ausgehen konnten.
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.
(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.
(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.
(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.