Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2019 - 5 StR 149/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 und nach § 357 Satz 1 StPO beschlossen : Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. Oktober 2018 dahin geändert , dass
1. die Angeklagten K. und Kw. jeweils des Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Amtsanmaßung schuldig sind,
2. der Angeklagte K. deswegen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, der Angeklagte Kw. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt ist.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen sowie die in der Revisionsinstanz im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und notwendigen Auslagen der Adhäsionsklägerin zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten K. und den nichtrevidierenden Mitangeklagten Kw. wegen „Diebstahls in drei Fällen, je- weils in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Amtsanmaßung, sowie versuchten Diebstahls in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Amtsanmaßung,“ schuldig gesprochen. Den Angeklagten K. hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie den Mitangeklagten Kw. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Daneben hat es eine Einziehungs- und eine Adhäsionsentscheidung getroffen.
- 2
- Die gegen das Urteil gerichtete Revision des Angeklagten K. führt mit der allgemeinen Sachrüge zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuld- und Strafausspruchs. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- 1. Nach den Feststellungen planten der Angeklagte K. und sein Vater, der Mitangeklagte Kw. , gemeinsam ältere Menschen zu bestehlen, in deren Wohnungen sie Bargeldbeträge und Schmuck vermuteten. Hierzu wollten sie auf der Straße potentielle Opfer beobachten, denen der Angeklagte K. in deren Wohnhäuser folgen und sie unmittelbar vor ihrer Wohnung ansprechen sollte. Dort sollte er unter Vorhalt eines gefälschten Polizeiausweises einen dringenden Polizeieinsatz wegen Wohnungseinbrüchen in der Nachbarschaft behaupten, damit die so Getäuschten ihm Zugang zu ihren Wohnungen gewähren. Anschließend sollte er unter dem Vorwand, nach Einbruchsspuren zu suchen, Bargeld und Schmuck an sich nehmen. Zur Umset- zung ihrer Verabredung stellten sie einen „Polizei Dienstausweis“ her, der mit einem Lichtbild des Angeklagten K. versehen war und als Aussteller durch Aufschrift und Landeswappen eine Landespolizeibehörde auswies. Plangemäß begingen der Angeklagte K. und der nichtrevidierende Mitangeklagten Kw. sodann im Zeitraum vom 12. bis 28. März 2018 sieben Taten.
- 4
- 2. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Urkundenfälschungen als tatmehrheitlich begangene selbständige Taten begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat bei der Bewertung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den genannten Taten nicht erkennbar bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine vom Täter gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dies von vornherein von ihm geplant war (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Mai 2014 – 4 StR 95/14, wistra 2014, 349 mwN; vom 12. November 2015 – 2 StR 429/15, wistra 2016, 107; vom 24. April 2018 – 5 StR 85/18, NStZ 2018, 468 mwN, und vom 24. September 2018 – 5 StR 365/18). Das mehrfache Gebrauchen des gefälschten Dienstausweises beruhte nach den Urteilsgründen jeweils auf einem einheitlichen Tatentschluss und stellt daher eine einheitliche Urkundenfälschung dar. Diese verklammert auch die zugleich begangenen Diebstahlstaten und Amtsanmaßungen zu einer rechtlichen Einheit.
- 5
- 3. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert; § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte K. bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
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- Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung der verhängten Einzelstrafen nach sich. Der Senat kann indessen die vom Landgericht verhängte Gesamtfreiheitsstrafe in entsprechender Anwendung der Regelung des § 354 Abs. 1 StPO als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund einer abweichenden Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses eine noch mildere Strafe verhängt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012 – 2 StR 294/12), zumal der Unrechts- und Schuldgehalt einer Tat durch eine bloße Änderung der Konkurrenzen nicht berührt wird.
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- 4. Die Entscheidung war gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den Mitangeklagten Kw. zu erstrecken. Auch die gegen ihn verhängten Einzelstrafen entfallen. Die ausgeurteilte Gesamtfreiheitsstrafe kann ebenfalls als Freiheitsstrafe aufrechterhalten werden.
- 8
- 5. Das Landgericht hat zwar zutreffend die bei dem Angeklagten K. sichergestellte Rolex-Uhr nicht eingezogen, deren Erlangung durch eine (andere) rechtswidrige Tat als Voraussetzung einer Einziehung nach § 73a Abs. 1 StGB es nicht hat feststellen können. Es hat aber nicht geprüft, ob hinsichtlich des für ihren Erwerb aufgewendeten Geldbetrages eine erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73a Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB in Betracht kam (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2019 – 5 StR 603/18). Insoweit hätte es nach den Feststellungen des Landgerichts angesichts seiner hohen Schulden, des Iaufenden Privatinsolvenzverfahrens, eines fehlenden regulären Einkommens, seines kriminellen Vorlebens und der abgeurteilten Serie von Diebstahlstaten, bei deren Ende in einem Versteck im Tatfahrzeug 30.000 Euro Bargeld aufgefunden wurden, allerdings nahegelegen, dass die Uhr mit Mitteln erworben worden war, die durch andere rechtswidrige Taten erlangt worden sind. Der Rechtsfehler beschwert den Angeklagten indes nicht.
- 9
- 6. Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs erscheint es nicht unbillig , den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Mosbacher Köhler
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.