Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2018 - 5 StR 85/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:240418B5STR85.18.0
bei uns veröffentlicht am24.04.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 85/18
vom
24. April 2018
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:240418B5STR85.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. April 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 20. Dezember 2017 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlichem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsschutz, wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung , wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung und wegen vorsätzlichen unerlaubtem Besitzes einer verbotenen Waffe schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegender Urkundenfälschung in Tateinheit mit dem vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis und einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz in drei Fällen, wegen eines versuchten Totschlags in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung, wegen einer versuchten Nötigung in Tateinheit mit einer Beleidigung und wegen des vorsätz- lichen unerlaubten Besitzes einer verbotenen Waffe in Gestalt eines Schlag- rings“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt und einen näher bezeichneten Pkw eingezogen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle 1 und 3 der Urteilsgründe (Tatmehrheit) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
a) Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte am 13. Dezember 2016 mit seinem nicht zugelassenen und nicht haftpflichtversicherten Pkw öffentliche Straßen in Kiel, obwohl er wusste, dass er nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war und für das Fahrzeug kein Haftpflichtversicherungsschutz bestand. Der Angeklagte hatte zuvor an dem Fahrzeug ein für einen anderen Pkw ausgegebenes Kennzeichen angebracht (Fall 1). Nachdem er sein Auto am Straßenrand abgestellt hatte und ausgestiegen war, um den Zeugen Pe. aufzusuchen, erblickte er auf der Straße den Zeugen A. , über den er verärgert war. Zwischen beiden kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung , in deren Verlauf der Angeklagte den Zeugen in den Bauch stach (Fall 2 – versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung). Sodann fuhr der Angeklagte mit seinem Fahrzeug davon. Diese Fahrt hat die Strafkammer als neue, rechtlich selbständige Tat der Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz gewertet (Fall 3).
4
b) Das Anbringen eines fremden Fahrzeugkennzeichens an dem Auto des Angeklagten ist als Herstellen einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde (§ 267 Abs. 1, 1. Variante StGB) zu werten. Auch die Strafkammer geht davon aus, dass der Angeklagte von dieser zudem in den Fällen 1 und 3 Gebrauch machte (§ 267 Abs. 1, 3. Variante StGB), indem er das mit dem fremden Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern sowie mit der Verkehrsüberwachung befassten Polizeibeamten die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NJW 2014, 871). Sie hat allerdings bei der Bewertung des Konkurrenzverhältnisses zwischen Fall 1 und Fall 3 nicht bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3, und vom 16. Juli 2015 – 4 StR 279/15). Von einem solchen konkreten Gesamtvorsatz des Angeklagten ist auf der Grundlage der Feststellungen auszugehen. Das hat zur Folge, dass der mit beiden Fahrten verwirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bilden und damit auch die weiteren während der beiden Fahrten begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 4 StR 279/15 mwN). Zu dieser Tat steht der im Fall 2 verwirklichte versuchte Totschlag (in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) in Tatmehrheit. Denn wie aus den Feststellungen hervorgeht, beging der Angeklagte diese Tat aufgrund eines neuen, spontan gefassten Tatentschlusses, als er nach dem Aussteigen aus seinem Fahrzeug den Geschädigten auf der Straße erblickte.
5
2. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert; § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
6
3. Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der für den Fall 3 verhängten Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten zur Folge. Für das in diesem und im Fall 1 der Urteilsgründe verwirklichte einheitliche Delikt hat es bei der im Fall 1 verhängten Freiheitsstrafe von sechs Monaten sein Bewenden.
7
Im Hinblick auf die Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie die weiteren Einzelstrafen von insgesamt zweimal sechs und zweimal vier Monaten Freiheitsstrafe schließt der Senat aus, dass das Landgericht eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, wenn es die Konkurrenzen in den Fällen 1 und 3 zutreffend beurteilt hätte.
8
4. Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs erscheint es nicht unbillig , den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Mutzbauer Schneider König
Berger Mosbacher

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 S t R 5 2 8 / 1 3
vom
28. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. Januar 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 21. August 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Diebstahl, Urkundenfälschung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls zugleich mit Urkundenfälschung , wegen schwerer räuberischer Erpressung und wegen Urkundenfälschung zugleich mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Maßregelentscheidung nach §§ 69, 69a StGB getroffen. Hiergegen richtet sich die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Revision des Angeklagten ist nicht auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Zwar begehrt der Beschwerdeführer mit seinem ausdrücklich formulierten Revisionsantrag die Aufhebung des angefochtenen Urteils lediglich im Rechtsfolgenausspruch. Die Einzelausführungen zur Revisionsbegründung lassen jedoch erkennen, dass mit dem Rechtsmittel auch die dem Schuldspruch zugrunde liegende Beurteilung des materiell-rechtlichen Konkurrenzverhältnisses angegriffen wird. Der nicht auflösbare Widerspruch zwischen ausdrücklichem Revisionsantrag und erkennbar verfolgtem Rechtsschutzziel hat zur Folge , dass die Revision im Wege der Auslegung mangels eines eindeutig zum Ausdruck gebrachten Beschränkungswillens als unbeschränkt zu behandeln ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 1984 – 2 StR 725/83, bei Pfeiffer/ Miebach, NStZ 1985, 13, 17; Urteil vom 10. April 1959 – 4 StR 56/59, VRS 17, 47; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 10 mwN).
3
2. Die Annahme mehrerer selbständiger, real konkurrierender Taten durch die Strafkammer hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
a) Nach den Feststellungen entschloss sich der Angeklagte spätestens am Tag seiner Entlassung aus dem Strafvollzug dazu, einen Banküberfall zu begehen. Zur Verwirklichung seines Tatvorhabens entwendete er die amtlichen Kennzeichen eines geparkten Pkws und brachte diese an seinem nicht zugelassenen Fahrzeug an. Mit dem so präparierten Fahrzeug fuhr der Angeklagte zur Filiale der Raiffeisenbank in B. , wo er unter Vorhalt einer nicht ausschließbar ungeladenen Softair-Pistole die Übergabe von Bargeld in Höhe von 800 € erzwang. Anschließend verließ er die Bankfiliale, stieg in sein unmittelbar vor dem Gebäude abgestelltes Fahrzeug und flüchtete vom Tatort. Als er im Zuge der eingeleiteten Fahndung von der Besatzung eines Polizeifahrzeugs auf der Bundesautobahn A 3 gesichtet wurde, setzte er, um sich der Verfolgung durch die Polizei zu entziehen, seine Fahrt mit hoher Geschwindigkeit fort, bis er auf der Bundesstraße B 505 im Bereich einer unübersichtlichen Baustelle auf Grund stark überhöhter Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn geriet und frontal mit der Zugmaschine eines Sattelzugs kollidierte. Infolge des Unfalls erlitt der Angeklagte lebensgefährliche Verbrennungen, die dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen und Entstellungen zur Folge haben.
5
b) In der Nutzung des mit falschen amtlichen Kennzeichen versehenen Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr, durch die den anderen Verkehrsteilnehmern die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglicht wurde (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1988 – 2 StR 613/88, BGHSt 36, 64, 65), liegt ein einheitliches Gebrauchmachen von einer unechten zusammengesetzten Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1962 – 4 StR 266/62, BGHSt 18, 66, 71; RGSt 72, 369, 370), das nicht nur die Fahrten zu und von der Bankfiliale, sondern auch das kurzzeitige Abstellen des Fahrzeugs vor dem Bankgebäude umfasste. Da diese Nutzung des Fahrzeugs dem vom Angeklagten bereits beim Anbringen der falschen Kennzeichen verfolgten Tatvorhaben entsprach, bilden das durch das Anbringen der Kennzeichen verwirklichte Herstellen der unechten Urkunde und deren nachfolgender Gebrauch als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, StV 2009, 589, 590).
6
Die Urkundenfälschung steht nicht nur mit der vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung sowie im Wege der natürlichen Handlungseinheit mit dem Diebstahl der Kennzeichen, sondern auch mit der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit. Die schwere räuberische Erpressung war, als der Angeklagte mit seinem unmittelbar vor dem Bankgebäude abgestellten Fahrzeug die Flucht antrat, vollendet aber nicht beendet, weil der Angeklagte bis dahin noch keinen gesicherten Gewahrsam an der erpressten Tatbeute erlangt hatte. Die anschließende Fahrt mit am Fahrzeug angebrachten falschen amtlichen Kennzeichen zielte gerade auch auf die Sicherung der Beute ab. Handlungen, die nach der rechtlichen Vollendung einer (schweren) räuberischen Erpressung, aber vor deren tatsächlichen Beendigung vorgenommen werden, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Tateinheit, wenn sie der Verwirklichung der tatbestandsmäßig vorausgesetzten Absicht dienen und zugleich weitere Strafgesetze verletzen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2003 – 2 StR 294/03, NStZ 2004, 329; Urteil vom 6. November 1974 – 3 StR 200/74, BGHSt 26, 24, 27).
7
Das jeweils tateinheitliche Zusammentreffen der übrigen Delikte mit der einheitlichen Urkundenfälschung hat schließlich zur Folge, dass sämtliche Gesetzesverstöße zu einer Tat im materiell-rechtlichen Sinne verklammert werden (vgl. Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 28 ff. mwN). Dass eines der von der Zusammenfassung betroffenen Delikte – die schwere räuberische Erpressung – einen höheren Unrechtsgehalt als das die Verbindung begründende Delikt – die Urkundenfälschung – aufweist, steht einer Verklammerung nicht entgegen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – 2 StR 70/12, NStZ 2013, 158; Urteil vom 14. Juli 1992 – 1 StR 243/92, NStZ 1993, 39, 40; Beschluss vom 26. März 1982 – 2 StR 700/81, BGHSt 31, 29).
8
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Der rechtsfehlerfreie Maßregelausspruch bleibt hiervon unberührt.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 156/08
vom
30. Oktober 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur II. 5. der Gründe
Veröffentlichung: ja
Die Zulassungsbescheinigung Teil I (früher: Fahrzeugschein) ist auch hinsichtlich
der Identität des zum Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeugs eine öffentliche
Urkunde im Sinne des § 271 StGB.
BGH, Beschl. vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08 - LG Wuppertal
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur Urkundenfälschung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) mit dessen Zustimmung, zu 2.
auf dessen Antrag - am 30. Oktober 2008 gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 19. Dezember 2007 wird, soweit es ihn betrifft,
a) die Strafverfolgung auf die unter b) aa) genannten Vorwürfe beschränkt;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Anstiftung zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Hehlerei sowie zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt schuldig ist, bb) im gesamten Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Hehlerei und Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt sowie wegen Hehlerei in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Nach den Feststellungen förderte der Angeklagte die grenzüberschreitende "Verschiebung" von zwei in Italien mit falschen italienischen Fahrzeugpapieren ausgestatteten Kraftfahrzeugen ("Fahrzeugdoubletten") durch Unterstützungshandlungen bei deren Zulassung in Deutschland (II. 1. und 4. der Urteilsgründe ).
3
a) Im Fall II. 1. der Urteilsgründe war ein PKW BMW 530 D, der - zumindest nach der Vorstellung des Angeklagten sowie des Mitangeklagten N. - durch Dritte in Italien gestohlen worden war, nach Einschlagen einer falschen, einem anderen Kraftfahrzeug zugehörigen Fahrzeug-Identifizierungsnummer und Fälschung der italienischen Fahrzeugpapiere als sog. "Fahrzeugdoublette" in Italien zugelassen und sodann nach Deutschland verbracht worden. Bei dem sich anschließenden Versuch, dieses Fahrzeug zum Zwecke des Weiterverkaufs durch den hierzu von einer italienischen Tätergruppe beauftragten Mitangeklagten N. in Deutschland zuzulassen, begleitete der Angeklagte diesen am 20. Februar 2007 zunächst bei einer Fahrt von Düsseldorf zum Kraftfahrtbundesamt nach Flensburg, um dort eine für die Zulassung erforderliche Bescheinigung abzuholen.
4
Darüber hinaus verschaffte er dem Mitangeklagten N. - wie auf der gemeinsamen Fahrt nach Flensburg vereinbart - drei falsche italienische Personalausweise zur weiteren Verwendung sowohl bei der Zulassung des PKW BMW 530 D als auch bei künftigen Taten zum Zwecke der gewinnbringenden Weiterveräußerung von anderweit rechtswidrig erlangten Kraftfahrzeugen, um für N. das Risiko einer Ergreifung zu verringern. Zur Beschaffung der Ausweispapiere gab der Angeklagte bei einem ihm bekannten Fälscher die Herstellung von drei - auf unterschiedliche Aliaspersonalien lautenden - Personalausweisen in Auftrag. Die von dem Fälscher zu einem Preis von 900 Euro auftragsgemäß hergestellten Ausweispapiere reichte er umgehend an den Mitangeklagten N. weiter, wofür er von diesem insgesamt 1.500 Euro verlangte.
5
Nachdem N. den PKW BMW 530 D am 21. Februar 2007 bei einer TÜV-Prüfstelle zur Erteilung der Betriebserlaubnis und zur Abgasuntersuchung vorgeführt hatte, scheiterte der Versuch, das Fahrzeug am 22. Februar 2007 unter Vorlage eines der gefälschten Personalausweise beim Straßenverkehrsamt in Düsseldorf zuzulassen; die Mitarbeiterin der Zulassungsstelle war misstrauisch geworden und hatte die Polizei informiert.
6
b) Ende März/Anfang April 2007 verwendete N. eine Kopie eines der drei ihm vom Angeklagten überlassenen falschen Personalausweise, als er einen PKW Mercedes E-Klasse bei einer Düsseldorfer Autovermietung in betrü- gerischer Absicht anmietete. Anschließend wurde das Fahrzeug nach Italien verbracht und dort mit falscher - weil für ein anderes Fahrzeug ausgegebener - Fahrzeug-Identifizierungsnummer, falschen italienischen Fahrzeugpapieren und falschen italienischen KfZ-Kennzeichen versehen als sogenannte "Fahrzeugdoublette" zum Verkehr zugelassen. Nach Rückführung des Fahrzeuges nach Deutschland sowie nach dessen Vorführung bei einer TÜV-Prüfstelle zur Erteilung einer Betriebserlaubnis und zur Abgasuntersuchung versuchte der Mitangeklagte N. am 5. April 2007 erfolglos, es beim Straßenverkehrsamt Solingen zuzulassen. Hierbei legte er wiederum einen der drei gefälschten italienischen Personalausweise vor, die er vom Angeklagten erhalten hatte. Zur Zulassung des Fahrzeuges kam es erneut nicht (Fall II. 4. der Urteilsgründe).
7
2. Das Landgericht hat die Beschaffung und Übergabe der unechten Personalausweise durch den Angeklagten an den Mitangeklagten N. hinsichtlich des PKW BMW 530 D als mittäterschaftliche Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Hehlerei sowie zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt bewertet. Bezüglich des PKW Mercedes E-Klasse hat es den Tatbeitrag des Angeklagten rechtlich als - zu den Taten betreffend den PKW BMW in Tatmehrheit stehend - täterschaftliche Hehlerei in Tateinheit mit mittäterschaftlicher Urkundenfälschung und Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung eingestuft.

II.


8
Die rechtliche Würdigung des Landgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte - nach Ausscheidung des Tatvorwurfs der Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt im Fall II. 1. der Urteilsgründe (Komplex PKW BMW 530 D) gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO - der Anstiftung zur Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 1. Alt., § 26 StGB) in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Hehlerei (§ 259 Abs. 1, §§ 22, 27 Abs. 1 StGB) sowie zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt (§ 271 Abs. 1 und 3, §§ 22, 27 Abs. 1 StGB) schuldig. Im Einzelnen :
9
1. Dadurch, dass der Angeklagte unter Übergabe dreier Passfotos an den Fälscher die Herstellung von falschen Ausweispapieren für den Mitangeklagten N. in Auftrag gab, hat er sich nicht der mittäterschaftlichen Urkundenfälschung , sondern der Anstiftung zur Urkundenfälschung schuldig gemacht. Durch die Verdingung des Fälschers, gegen Bezahlung drei falsche Ausweispapiere herzustellen, bestimmte der Angeklagte diesen zu dessen Tat nach § 267 Abs. 1 1. Alt. StGB, über die nicht er, sondern allein der Fälscher Tatherrschaft hatte (vgl. BGH StV 2008, 188, 189). Gegen die Annahme eigener Tatherrschaft des Angeklagten spricht insbesondere, dass er auf die exakte Tatzeit, den Tatort sowie die Art und Weise der Erstellung der Personalausweise , d. h. unter Verwendung von Blankovordrucken oder durch Verfälschung gestohlener Ausweise, keinen Einfluss hatte.
10
2. Indem der Angeklagte die in Auftrag gegebenen, aus Blankovordrucken neu erstellten italienischen Personalausweise an sich nahm und an den Mitangeklagten N. zur weiteren Verwendung übergab, leistete er diesem Beihilfe zu dem sich anschließenden zweifachen Gebrauch der unechten Urkunden zur Täuschung im Rechtsverkehr (§ 267 Abs. 1 3. Alt., § 27 Abs. 1 StGB). Denn durch Vorlage der falschen Personalausweise bei den Zulassungsstellen in Düsseldorf und Solingen wollte N. - um sich dem Risiko einer Strafverfolgung zu entziehen - über seine Identität täuschen (vgl. BGHSt 33, 159, 160 f.). Dabei hat der Angeklagte ihn durch Beschaffung und Übergabe der falschen Ausweise unterstützt.
11
Diese Beihilfe zur zweifachen Urkundenfälschung (in der Alternative des Gebrauchens) geht indes in der Anstiftung zur Urkundenfälschung (in der Alternative des Herstellens) auf, da beide Teilnahmehandlungen eine deliktische Einheit darstellen, in der die schwerwiegendere Anstiftung der Beihilfe vorgeht (so auch Gribbohm in LK 11. Aufl. § 267 Rdn. 291 aE). Diese für die täterschaftlich begangenen Alternativen des Herstellens und Gebrauchens einer unechten Urkunde anerkannte tatbestandliche Handlungseinheit, in denen der Gebrauch der Urkunde dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGHSt 5, 291, 293; BGH GA 1955, 245, 246; Erb in MünchKomm-StGB § 267 Rdn. 217; Gribbohm aaO Rdn. 288; Cramer /Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 267 Rdn. 79, 79 b; aA Hoyer in SK-StGB § 267 Rdn. 114), gilt auch für die Teilnahme an den verschiedenen Tatvarianten der Urkundenfälschung (vgl. Erb aaO Rdn. 219; Cramer/Heine aaO Rdn. 80; Gribbohm aaO Rdn. 291 aE), und zwar selbst dann, wenn sich Anstiftung und Beihilfe jeweils auf Taten unterschiedlicher Haupttäter beziehen. Auch hier verbindet der Gesamtvorsatz des doppelten Teilnehmers, zur Fälschung der Urkunde gerade deshalb anzustiften, um einem anderen deren (mehrfachen) Gebrauch zu ermöglichen, dessen Teilnahmehandlungen zu einer einheitlichen Tat.
12
Die ebenfalls verwirklichten Tatbestände des Sich-Verschaffens (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. StGB) und des Überlassens (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 3. Alt. StGB) von falschen - auch ausländischen (BGH NJW 2000, 3148; BGHR StGB § 276 Konkurrenzen 1) - Ausweispapieren, die insgesamt nur einen einheitlichen Verstoß gegen § 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen (Erb aaO § 276 Rdn. 5; Gribbohm aaO § 276 Rdn. 22), treten, da sie typische Vorbereitungshandlungen zu dem - in der Anstiftung als deliktische Einheit aufgegangenen - nachfolgenden Urkundengebrauch darstellen, als mitbestrafte Vortaten zurück (BGHR StGB § 276 Konkurrenzen 1; Gribbohm aaO Rdn. 27; Erb aaO; Cramer/Heine aaO § 276 Rdn. 11; Hoyer aaO § 276 Rdn. 6).
13
3. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht in Bezug auf den PKW BMW 530 D (Fall II. 1. der Urteilsgründe) die Überlassung der unechten Personalausweise an den Mitangeklagten N. auch als Beihilfehandlung zu dessen versuchter Hehlerei in Form der Absatzhilfe an diesem Fahrzeug bewertet (§ 259 Abs. 1, §§ 22, 27 Abs. 1 StGB). Die Haupttat des N. hat es zu Recht nur als Versuch einer Hehlerei angesehen. Zwar kommt es bei der Hehlerei in Form der Absatzhilfe (für die italienischen Hintermänner, die als Zwischenhehler - vgl. BGH NStZ 1999, 351, 352 m. w. N. - ihrerseits über das Fahrzeug zu eigenen Zwecken verfügen konnten) auf einen Absatzerfolg des Hehlgutes nicht an (BGHSt 22, 206, 207; 26, 358; 27, 45). Das Landgericht konnte jedoch nicht ausschließen, dass die italienische Tätergruppe den PKW BMW 530 D im Einverständnis mit dessen Eigentümer erlangt hatte, weil dieser in betrügerischer Weise einen Versicherungsschaden geltend machen wollte. Damit hätte es an der rechtswidrigen Vortat im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB gefehlt.
14
4. Nicht zutreffend hat das Landgericht dagegen in Fall II. 4. der Urteilsgründe die Überlassung der unechten Ausweispapiere Ende Februar 2007 als täterschaftliche Hehlerei des Angeklagten in Form der Absatzhilfe bewertet. Der Mitangeklagte N. hat den PKW Mercedes erst Ende März/Anfang April 2007 betrügerisch erlangt. Bei diesem zeitlichen Ablauf kommt eine Hehlerei des Angeklagten durch die vorhergehende Überlassung der Personalausweise nicht in Betracht, weil der Hehlereitatbestand in sämtlichen Handlungsalternativen eine abgeschlossene Vortat voraussetzt. Tatbeiträge, die bereits erbracht werden, bevor das Hehlgut durch eine rechtswidrige Vortat erlangt ist, sich aber erst bei der Verwertung desselben auswirken, können allenfalls als Teilnahme an der Vortat oder als Beihilfe an einer etwaigen Hehlerei eines Dritten angesehen werden (vgl. BGHSt 13, 403, 405; BGH NStZ 1994, 486). Hier trifft keine der beiden Möglichkeiten zu. Insbesondere machte sich der Angeklagte bei der Überlassung der Ausweispapiere an den Mitangeklagten N. keine Gedanken über deren Verwendung bereits bei der rechtswidrigen Erlangung von Kraftfahrzeugen. Billigend in Kauf nahm er nur, dass N. die Ausweispapiere bei der gewinnbringenden Verwertung von zuvor gestohlenen Kraftfahrzeugen verwendete , so dass es für eine Teilnahme an der betrügerischen Erlangung des PKW Mercedes am Teilnahmevorsatz fehlt.
15
5. Näherer Erörterung bedarf die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung. Da der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die Ahndung dieses Delikts gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen hat, soweit dem Angeklagten die Unterstützung der versuchten Zulassung des PKW BMW 530 D am 22. Februar 2007 vorgeworfen worden ist, steht allein noch die vom Angeklagten durch Überlassung der falschen Ausweise geleistete Hilfe zu dem Versuch der Zulassung des PKW Mercedes E-Klasse am 5. April 2007 (Fall II. 4. der Urteilsgründe) in Rede; zu diesem Zeitpunkt richtete sich das Zulassungsverfahren nach der zum 1. März 2007 in Kraft getretenen Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr vom 25. April 2006 (Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV; BGBl I 988).
16
a) Das Landgericht hat die Bemühungen des Mitangeklagten N. , den PKW Mercedes am 5. April 2007 beim Straßenverkehrsamt Solingen zum deutschen Straßenverkehr zuzulassen, als Versuch einer mittelbaren Falschbeurkundung bewertet. Bei der Subsumtion des erfolglosen Zulassungsversuchs unter den Tatbestand der § 271 Abs. 1 und Abs. 4, § 22 StGB hat es, da die Fahrzeug-Identifizierungsnummer in den Fahrzeugpapieren selbst nicht dem öffentlichen Glauben unterliege (vgl. BGHSt 20, 186), entscheidend darauf abgestellt , ob der Mitangeklagte N. dazu angesetzt habe, falsch beglaubigen zu lassen, dass das in dem Kraftfahrzeugschein nach seinen der Verwaltungsbehörde erkennbaren Merkmalen beschriebene Fahrzeug das ist, das zum öffentlichen Verkehr zugelassen werden sollte. Insoweit sei die FahrzeugIdentifizierungsnummer ein wesentliches, das jeweilige Fahrzeug kennzeichnendes Merkmal (vgl. BGHR StGB § 271 Abs. 1 Beweiskraft 1). Indem N. dem Straßenverkehrsamt Solingen einen gefälschten italienischen "Kraftfahrzeugbrief" vorgelegt habe, dessen Fahrzeug-Identifizierungsnummer ein anderes Kraftfahrzeug betraf als das, das zugelassen werden sollte, habe er den Versuch einer mittelbaren Falschbeurkundung begangen. Hierzu habe der Angeklagte durch Überlassung der Ausweispapiere Beihilfe geleistet.
17
b) Diese rechtliche Würdigung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Überlassung der auf Falschpersonalien lautenden Ausweispapiere zur Verwendung bei der Zulassung eines italienischen "Doublettenfahrzeugs" in Deutschland stellt eine Beihilfe des Angeklagten zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung (§ 271 Abs. 1, §§ 22, 27 StGB) des Mitangeklagten N. dar. Bei der im Rahmen des Zulassungsverfahrens auszustellenden Zulassungsbescheinigung Teil I handelt es sich um eine Urkunde i. S. d. § 271 StGB, deren öffentlicher Glaube sich auch auf die Identität des zum Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeuges erstreckt.
18
Wegen der zum 1. März 2007 eingetretenen Änderung der rechtlichen Grundlagen des Zulassungsverfahrens bedarf es dabei keiner Entscheidung, ob die vom Landgericht in Bezug genommenen, auf der früheren Rechtslage zum Zulassungsverfahren nach §§ 23, 24 StVZO aF basierenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Frage, ob der Fahrzeugschein auch hinsichtlich der Identität des zugelassenen Fahrzeugs eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 271 StGB darstellt (BGHSt 20, 186, 188 einerseits sowie BGHR StGB § 271 Beweiskraft 1 andererseits), miteinander vereinbar sind (verneinend Puppe JZ 1997, 490, 496 f.). Vielmehr gilt:
19
aa) Die Zulassungsbescheinigung Teil I, die nach der zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen 38. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 24. September 2004 (BGBl I 2374) den Fahrzeugschein ersetzt hat, ist wie dieser eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 271 StGB, soweit sie den Zulassungsvorgang dokumentiert und ein wesentliches Legitimationspapier bei Verkehrskontrollen darstellt (Dauer in Hentschel, Straßenverkehrsrecht 39. Aufl. § 11 FZV Rdn. 2 und 5). Allerdings kann nicht jede in einer öffentlichen Urkunde enthaltene Angabe, die ein Außenstehender durch Täuschung des gutgläubigen Amtsträgers bewirkt, Gegenstand einer Straftat nach § 271 StGB sein. Strafbewehrt beurkundet im Sinne des § 271 StGB sind vielmehr nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, d. h. die "volle Beweiswirkung für und gegen jedermann" , erstreckt. Welche Angaben dies im Einzelnen sind, ist, wenn es an einer ausdrücklichen Vorschrift fehlt, den gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen, die für die Errichtung und den Zweck der Urkunde maßgeblich sind. Wesentliche Kriterien zur Bestimmung der Reichweite des öffentlichen Glaubens sind dabei - neben dem Beurkundungsinhalt als solchem - das Verfahren und die Umstände des Beurkundungsvorgangs sowie die Möglichkeit des die Bescheinigung ausstellenden Amtsträgers, die Richtigkeit des zu Beurkundenden zu überprüfen (BGHSt - GS - 22, 201, 203 f.; BGHSt 42, 131 f.; BGH NJW 1996, 470). Die den öffentlichen Glauben legitimierende erhöhte Beweiswirkung kann auf den eigenen Wahrnehmungsmöglichkeiten des die Urkunde ausstellenden Amtsträgers beruhen (BGH NJW 1996, 470), sie kann sich für den Urkunden- aussteller aber auch aus den im Verfahren vorzulegenden Bescheinigungen anderer öffentlicher Stellen mit erhöhter Richtigkeitsgewähr ergeben.
20
bb) Nach diesen Maßstäben umfasst der öffentliche Glaube der Zulassungsbescheinigung Teil I auch die Identität des zugelassenen Fahrzeugs. Der seit 1. März 2007 in Kraft befindliche § 6 Abs. 8 FZV schreibt in Umsetzung der EG-Richtlinie 1999/37/EG des Rates vom 29. April 1999 über Zulassungsdokumente für Fahrzeuge (ABl. EG Nr. L 138 S. 57) - erstmals - die Identifizierung des Fahrzeuges durch die Zulassungsbehörde im Rahmen der Zulassung vor. Wie die Identifizierung durchzuführen ist, entscheidet die Zulassungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Entsprechend der amtlichen Begründung (VkBl 2006, 604) kann sie von der Identität des Fahrzeuges mit dem in der Zulassungsbescheinigung Teil II bezeichneten grundsätzlich ausgehen, wenn es sich um ein Neufahrzeug handelt, für das die Zulassungsbescheinigung Teil II durch den Hersteller zugeordnet oder wenn - wie hier - das Fahrzeug bereits einer Haupt- oder Sonderuntersuchung unterzogen wurde (Dauer aaO § 6 FZV Rdn. 10). Denn sowohl bei der Hauptuntersuchung (Anlage VIII a Nr. 4.10 zur StVZO, Verordnung vom 20. Mai 1998, BGBl I 1064, 1069; neu gefasst durch Verordnung vom 3. März 2006, BGBl I 485, 492) als auch bei der Abgasuntersuchung (Nr. 2.1 der Richtlinie für die Untersuchung der Abgase von Kraftfahrzeugen nach Nummer 4.8.2 Anlage VIII a StVZO - "AU-Richtlinie", VkBl 2006, 304) muss eine Identifizierung des Fahrzeuges durchgeführt werden. Nach Nr. 4.10 der Anlage VIII a zur StVZO ist dabei der Zustand der FahrzeugIdentifizierungsnummer und dessen Übereinstimmung mit den Fahrzeugdokumenten zu überprüfen, während nach der AU-Richtlinie bei der Fahrzeugidentifizierung als Identifizierungsangaben das amtliche Kennzeichen, die Emissionsschlüsselnummer /Emissionsklasse, der Fahrzeughersteller, Typ und Ausführung i. V. m. der Schlüsselnummer, die Kraftstoffart, der Stand des Wegstreckenzählers sowie die Fahrzeug-Identifizierungsnummer mit dem Fahrzeugdokument abzugleichen sind.
21
cc) Nach den Feststellungen hatte der Mitangeklagte N. den PKW Mercedes unmittelbar vor dessen am 5. April 2007 beantragter Zulassung bei einer TÜV-Prüfstelle zur Erteilung einer Betriebserlaubnis und zur Abgasuntersuchung vorgeführt. Nachdem damit die Identität des PKW am Tag vor dessen Zulassung im Rahmen der Abgasuntersuchung überprüft worden war und das Ergebnis dieser Überprüfung in der AU-Bescheinigung dem zuständigen - gemäß § 6 Abs. 8 FZV zur Identifizierung des Fahrzeuges verpflichteten - Amtsträger vorlag, konnte und wollte (vgl. BGH NJW 1996, 470) dieser zu öffentlichem Glauben beurkunden, dass die von dem Antragsteller angegebenen, in die Zulassungsbescheinigung Teil I aufzunehmenden Identifizierungsmerkmale, insbesondere die Fahrzeug-Identifizierungsnummer, sich auf das Kraftfahrzeug bezogen, das am Vortag einer Abgasuntersuchung unterzogen worden war und das nunmehr zum Straßenverkehr zugelassen werden sollte. Da die mitgeteilte Fahrzeug-Identifizierungsnummer jedoch ursprünglich einem anderen Fahrzeug zugeteilt worden war, zu dem das zugelassene Fahrzeug nur eine "Doublette" darstellte, wäre im Falle der erstrebten Zulassung in der Zulassungsbescheinigung Teil I mit öffentlicher Beweiswirkung ein dahingehend unrichtiger Sachverhalt dokumentiert worden, dass das zugelassene Fahrzeug mit dem in der Zulassungsbescheinigung unter anderem anhand der FahrzeugIdentifizierungsnummer beschriebenen identisch sei.
22
c) Da der Angeklagte die strafschärfende Bereicherungsabsicht des Mitangeklagten N. , dem die Zulassungen von Kraftfahrzeugen als Mittel zur Erlangung von Vermögensvorteilen dienen sollten (vgl. BGHSt 34, 299, 303), auch hinsichtlich der Zulassung etwaiger weiterer Fahrzeuge kannte, hat er als Gehilfe auch hinsichtlich des PKW Mercedes den Qualifikationstatbestand des § 271 Abs. 3 StGB erfüllt (Cramer/Heine aaO § 271 Rdn. 45; Gribbohm aaO § 271 Rdn. 109; Puppe in NK-StGB § 271 Rdn. 66; aA Hoyer in SK-StGB § 271 Rdn. 36: besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB). Einer dahingehenden Verschärfung des Schuldspruchs steht, auch wenn das Landgericht in dem Fall des PKW Mercedes nicht vom Qualifikationstatbestand der Entgeltlichkeit ausgegangen ist, das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht entgegen (st. Rspr.; BGHSt 14, 5, 7; BGH NStZ 2006, 34, 35; StV 2008, 233, 234 sowie die Nachweise bei Kuckein in KK 6. Aufl. § 358 Rdn. 18).

III.


23
1. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Taten führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch (§ 354 Abs. 1 StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvor wurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

24
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Die Feststellungen zum Strafausspruch sind rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende weitere Feststellungen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen , sind zulässig.
Becker Miebach Pfister
Sost-Scheible Schäfer

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR279/15
vom
16. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 16. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 10. März 2015 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der versuchten besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung , der schweren Brandstiftung, der versuchten schweren Brandstiftung und der Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichem Fahren ohne Versicherungsschutz und vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „versuchter besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung, wegen schwerer Brandstiftung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, hiervon in einem Fall versucht , und wegen zwei tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Versicherungsschutz, hiervon in einem Fall zusätzlich in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr“ zu der Gesamtfrei- heitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle II.1. und 2. der Urteilsgründe (Tatmehrheit) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
a) Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte am 19. August 2014 mit seinem Pkw öffentliche Straßen in H. , obwohl er wusste, dass er nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war und für das Fahrzeug kein Haftpflichtversicherungsschutz bestand. Der Angeklagte hatte zuvor an dem zwangsentstempelten Fahrzeug andere Zulassungsstempel angebracht, die den echten Stempeln täuschend ähnlich sahen, „um bei etwaigen polizeilichen Kontrollen einen Versicherungsschutz vorzutäuschen“ (UA 17). Die Manipulation fiel den kontrollierenden Polizeibeamten an diesem Tag bei einer Kontrolle nicht auf.
4
Zwei Tage später, am 21. August 2014, befuhr der Angeklagte erneut öffentliche Straßen in H. , obwohl er auch zu diesem Zeitpunkt – wie er wusste – nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte und auch kein Haftpflichtversicherungsschutz bestand. Am Fahrzeug waren dieselben Kennzeichen mit den falschen, nicht von der Zulassungsstelle ausgegebenen Zulassungsstempeln angebracht. Auch wusste er, dass er aufgrund erheblicher Alkoholisierung nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine ihm 35 Minuten nach Fahrtende entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,23 ‰.
5
b) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er an den mit seinem Kraftfahrzeug verbundenen entstempelten amtlichen Kennzeichen das Falsifikat einer Stempelplakette , die auch den angeblichen Aussteller erkennen ließ (UA 32), angebracht hatte (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 370). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II.1. und 2. das mit den manipulierten Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern sowie mit der Verkehrsüberwachung befassten Polizeibeamten die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3, und vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15). Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die falschen Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht, um „bei et- waigen polizeilichen Kontrollen“ einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Damit hatte er schon beim Anbringen der Kennzeichen den ein einheitliches Urkundsdelikt im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung konstituierenden konkreten Gesamtvorsatz. Das hat zur Folge, dass der mit beiden Fahrten ver- wirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der beiden Fahrten begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15).
6
2. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert und klarstellend neu gefasst (§ 354 Abs. 1 StPO analog); § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
7
3. Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der für den Fall II.1. der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten zur Folge; für das in diesem und im Fall II.2. der Urteilsgründe verwirklichte einheitliche Urkundsdelikt hat es bei der im Fall II. 2. verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten sein Bewenden.
8
Im Blick auf die Einsatzstrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe sowie die weiteren Einzelstrafen von drei Jahren und sechs Monaten sowie zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe schließt der Senat aus, dass das Landgericht eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, wenn es die Konkurrenzen in den Fällen II.1. und 2. zutreffend beurteilt hätte.
9
4. Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs erscheint es nicht unbillig , den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
VRinBGH Sost-Scheible ist Roggenbuck Cierniak wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Roggenbuck
Mutzbauer Bender

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.