Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2018 - 4 StR 516/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:140318B4STR516.17.0
14.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 516/17
vom
14. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
ECLI:DE:BGH:2018:140318B4STR516.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 27. Juni 2017
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung schuldig ist und im Übrigen freigesprochen wird; soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, fallen der Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zur Last;
b) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit eine Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist und hinsichtlich der Adhäsionsentscheidung.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 Euro nebst Zinsen an die Nebenklägerin verurteilt. Von der Freiheitsstrafe gelten fünf Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme von drei ideal konkurrierenden Vergewaltigungstaten hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
3
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte den Entschluss gefasst, mit der Nebenklägerin mehrfach und auch gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr durchzuführen. Als sie seine Wohnung verlassen wollte, zog er sie von der Wohnungstür weg, schubste sie ins Schlafzimmer und schlug ihr ins Gesicht. Auch zog er ihr die geschlossene Jacke so über den Kopf, dass sie wenig Luft bekam, die Arme nicht bewegen konnte und Todesangst verspürte. Anschließend übte er mit ihr gegen ihren Willen den vaginalen Geschlechtsverkehr aus. Sodann half er ihr, die Jacke auszuziehen und forderte sie auf, im Bett liegen zu bleiben. Aus Angst befolgte die Nebenklägerin diese Anweisung. Nach 15 Minuten forderte der Angeklagte die Nebenklägerin auf, den Oralverkehr an ihm auszuüben und drückte ihren Kopf in Richtung auf sein erigiertes Glied. Es kam nun erneut zum oralen und vaginalen Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin gegen deren Willen. Nach einer weiteren Pause von 15 bis 30 Minuten verlangte der Angeklagte wiederum, dass ihn die Nebenklägerin oral oder mit der Hand befriedige, was die Nebenklägerin tat. Anschließend übte der Angeklagte nochmals den vaginalen Geschlechtsverkehr mit ihr aus.
4
a) Soweit die Strafkammer nicht feststellen konnte, dass es danach zu einem vierten, als selbstständige Tat angeklagten Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Nebenklägerin kam, hatte aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift angeführten Gründen Teilfreispruch zu erfolgen. Dies holt der Senat nach.
5
b) Für die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei mehrfach hintereinander begangenen Vergewaltigungen kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, ob der Nötigung des Tatopfers ein einheitliches Tun des Angeklagten zugrunde liegt. Bei einheitlicher Gewaltanwendung liegt ebenso wie bei fortgesetzter oder fortwirkender Drohung trotz mehrfach dadurch erzwungener Beischlafhandlungen nur eine Tat im Rechtssinne vor (vgl. BGH, Urteile vom 19. April 2007 – 4 StR 572/06, NStZ-RR 2007, 235; vom 13. Februar 2007 – 1 StR 574/06, juris Rn. 12; vom 25. Oktober 2001 – 4 StR262/01, NStZ 2002, 199, 200; Beschlüsse vom 18. Juni 2015 – 4 StR 46/15, NStZ-RR 2015, 277; vom 28. Januar 2003 – 4 StR 521/02, StraFo 2003, 281; vom 9. März 2000 – 4 StR 513/99, NStZ 2000, 419, 420; vom 23. November 1993 – 1 StR 739/93, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Gewalt 10). So liegt der Fall hier. Den Feststellungen der Strafkammer ist jedenfalls in ihrem Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass die vom Angeklagten durch den Schlag und die Beseitigung der Gegenwehrmöglichkeiten der Nebenklägerin mittels Hochziehens ihrer Jacke zur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs geschaffene Bedrohungssituation noch fortbestand, als er sie zur Ausübung des Oralverkehrs bzw. der Manipulation an seinem Glied und anschließend jeweils zur Duldung des Geschlechtsverkehrs zwang. Damit wurden die sexuellen Handlungen auf- grund eines Tatentschlusses durch den Einsatz desselben Nötigungsmittels erzwungen, sodass sich das Geschehen als einheitliche Tat der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF darstellt.
6
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Unrechtsgehalt der Tat ändert sich durch die geänderte konkurrenzrechtliche Bewertung nicht. Die mehrfache Ausübung des Oral- und Geschlechtsverkehrs durfte die Strafkammer auch bei einer einheitlichen Tat strafschärfend berücksichtigen.
7
2. Das Urteil kann keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die Feststellungen zum Alkoholkonsum des Angeklagten drängten zu der Prüfung , ob die Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 64 StGB gegeben sind.
8
Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 56 Jahre alte Angeklagte trinkt seit dem Schulabschluss im Übermaß Alkohol. Zwei Ausbildungen und eine Umschulung brach er deshalb ab. In seiner Ehe kam es wegen seines übermäßigen Alkoholkonsums zu Spannungen, die letztlich zur Trennung und zur Scheidung führten. Bei einer einschlägigen Vortat in der Nacht vom 5. auf den 6. März 1995 hatte er eine Blutalkoholkonzentration von 2,21 ‰. Das Landgericht Dortmund ordnete seinerzeit die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Die Unterbringung war am 13. September 2000 erledigt. Am 24. Januar 2011 wurde er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt. Vor der jetzt ausgeurteilten Tat in der Nacht vom 14. auf den 15. März 2012 trank der Angeklagte neun Flaschen Bier à 0,5 Liter. Um Mitternacht hatte er eine Blutalkoholkonzentration von maximal 1,56 ‰.
9
Diese Feststellungen legen nahe, dass der Angeklagte einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB hat, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2012 – 4 StR 253/12, juris Rn. 2; Beschluss vom 6. November 2003 – 1 StR 406/03, NStZ-RR 2004, 39, 40) und die abgeurteilte Tat hierauf zurückgeht (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, NJW 1990, 3282, 3283). Die mitgeteilte Vorstrafe und die Alkoholisierung bei der jetzigen Tat deuten darauf hin, dass ihm auch die für eine Maßnahme nach § 64 StGB erforderliche Gefährlichkeitsprognose zu stellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1993 – 1 StR 572/93, NStZ 1994, 280). Umstände, die eine Erörterung des § 64 StGB entbehrlich machten, sind aus den Urteilsgründen nicht ersichtlich.
10
Der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht einer Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
11
Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt hätte.
12
3. Der Adhäsionsantrag der Nebenklägerin genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen gemäß § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO. Daher ist die Adhäsionsentscheidung aufzuheben und die Sache auch insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen.
13
a) Die Adhäsionsklägerin hat beantragt, den Angeklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen. Das reicht nicht aus.
14
§ 404 Abs. 1 Satz 2 StPO verlangt die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Bei einem unbezifferten Antrag müssen die tatsächlichen Grundlagen für die Ermessensausübung des Gerichts mitgeteilt werden. Wenn der Umfang der Leistung im richterlichen Ermessen steht, muss zwar kein konkreter Betrag geltend gemacht werden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt aber zumindest die Angabe der Größenordnung des begehrten Betrages, um das Gericht und den Gegner darüber zu unterrichten, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll (vgl. BGH, Urteile vom 13. Oktober 1981 – VI ZR 162/80, NJW 1982, 340; vom 30. April 1996 – VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 350, 351; Beschluss vom 25. August 2016 – 2 StR 585/15, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 9). Deshalb fehlt es an der von § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO geforderten Bestimmtheit des unbezifferten Adhäsionsantrags, wenn – wie hier – der Kläger keine Angaben zur Größenordnung des begehrten Schmerzensgeldes macht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1984 – VI ZR 70/82, NJW 1984, 1807, 1809).
15
b) Der Senat hat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung über den Adhäsionsantrag zurückverwiesen.
16
Zwar soll regelmäßig eine Zurückverweisung allein zur Entscheidung über einen Adhäsionsantrag unterbleiben; in diesen Fällen soll vielmehr von einer Entscheidung über die Entschädigung des Verletzten ganz abgesehen werden (st. Rspr.; vgl. Beschlüsse vom 27. März 1987 – 2 StR 106/87, NStZ 1988, 237, 238; vom 29. Juli 2003 – 4 StR 222/03, juris Rn. 5; vom 7. Juli 2010 – 2 StR 100/10, NStZ-RR 2010, 337). Jedoch hat der Senat die angefochtene Entscheidung auch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, soweit von einer Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist. Damit hat der Tatrichter Gelegenheit – nach entsprechender Ergänzung des Antrags – auch über den zivilrechtlichen Teil der Sache neu zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2017 – 4 StR 177/17, NStZ-RR 2018, 24, 25).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 572/06
vom
19. April 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. April
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim BGH in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin W. ,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin E. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 7. Juli 2006 im Schuldspruch dahin geändert, dass er der Vergewaltigung in drei Fällen , davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen , davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt; außerdem hat es Entscheidungen in Adhäsionsverfahren getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
2
1. Das Rechtsmittel führt zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Schuldspruchänderung, da der Senat im Fall 2 der Urteilsgründe gemäß § 154 a Abs. 2 StPO die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundes- anwalts und der Nebenklägerin E. auf den Vorwurf der Vergewaltigung beschränkt hat; im Übrigen ist es unbegründet.
3
2. Soweit die Revision die Verletzung formellen Rechts rügt, bleibt ihr aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.
4
3. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere begegnet die Annahme von Tatmehrheit hinsichtlich der Taten 2 und 3 der Urteilsgründe durch den Tatrichter keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5
a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen zwang der Angeklagte die Nebenklägerin E. unter Anwendung von Gewalt zum Oral- und Vaginalverkehr. Danach ließ er von ihr ab und legte sich zur Seite, derweil die Geschädigte das Badezimmer aufsuchte und sich wusch. Als sie aus dem Bad kam, hatte sich der Angeklagte wieder vollständig bekleidet und sprach sie auf das soeben Geschehene an. Auf ihre Aufforderung, sofort die Wohnung zu verlassen , begab er sich in den Flur, wo seine Schuhe standen. Dann erst fasste er den Entschluss, die Nebenklägerin nochmals zu vergewaltigen. Unter erneuter Gewaltanwendung vollzog er mit ihr den Vaginalverkehr, nachdem er erst vergeblich versucht hatte, sie erneut zum Oralverkehr zu zwingen.
6
b) Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei mehrfach nacheinander mittels Gewaltanwendung begangenen Vergewaltigungstaten hängt entscheidend davon ab, ob diesen Taten eine einheitliche Gewalteinwirkung zu Grunde liegt (vgl. BGH NStZ 2000, 419, 420; Urteil vom 13. Februar 2007 - 1 StR 574/06). Die Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte die zweite Tat unter Ausnutzung einheitlicher, während des gesamten Tatgeschehens fortwirkender Gewaltanwendung erzwang. Der Angeklagte handelte vielmehr auf Grund eines neuen Tatentschlusses und unter Einsatz erneuter Gewalt.
7
Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze der natürlichen Handlungseinheit war die Annahme nur einer Tat im Rechtssinne nicht geboten. Nach der ersten Tat war zunächst eine gewisse Beruhigung der Situation eingetreten, sodass sich das gesamte Tätigwerden des Angeklagten auch für einen objektiven Dritten bei natürlicher Betrachtungsweise nicht zwingend als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt.
8
Nach alledem ist die Bewertung des Konkurrenzverhältnisses durch das Landgericht vertretbar. Sie hält sich im Rahmen des insoweit dem Tatrichter eröffneten Beurteilungsspielraums und ist - unbeschadet der Frage, ob auch eine andere Beurteilung möglich wäre - daher vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 68, 69). Der Tatsache, dass zwischen den beiden Taten zum Nachteil der Nebenklägerin E. ein enger zeitlicher, personeller und situativer Zusammenhang bestand, hat das Landgericht bei der Gesamtstrafenbildung Rechnung getragen.
9
4. Der Strafausspruch im Fall 2 der Urteilsgründe kann ungeachtet der Änderung des Schuldspruchs bestehen bleiben. Allerdings hat das Landgericht bei der Bemessung der insoweit verhängten Einzelstrafe von vier Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe die Verwirklichung einer tateinheitlich begangenen vorsätzlichen Körperverletzung strafschärfend berücksichtigt. Angesichts dessen kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs auf eine geringere Strafe erkannt hätte. Einer Aufhebung des Einzelstrafausspruchs bedarf es gleichwohl nicht, weil der Senat die Strafe im Hinblick darauf, dass die Tat ihr Gewicht allein durch die mehrfachen, mit einem Eindringen in den Körper der Geschädigten verbundenen sexuellen Übergriffe erhält, als schuldangemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO erachtet (vgl. hierzu BGHSt 49, 371 ff.).
Tepperwien Kuckein Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible
12
1. Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen verurteilt und hat hierbei offenbar zwischen den gemeinschaftlich mit dem Mitangeklagten B. begangenen Vergewaltigungshandlungen und den beiden nach seinem Weggang erfolgten weiteren Vergewaltigungen unterschieden. Dies begegnet rechtlichen Bedenken. Allein der Umstand, dass einer von zwei Tätern von dem Opfer ablässt, rechtfertigt keine Trennung in zwei Taten beim anderen Täter. Vielmehr kommt es bei mehrfach hintereinander begangenen Vergewaltigungen allein dar auf an, ob diesen, jedenfalls soweit es die als Tatmittel angewendete Gewalt betrifft, ein einheitliches Tun eines Angeklagten zugrunde liegt (BGH NStZ 2000, 419, 420). Bei einheitlicher Gewaltanwendung liegt ebenso wie bei fortgesetzter oder fortwirkender Drohung trotz mehrfacher dadurch erzwungener Beischlafhandlungen nur eine Tat im Rechtssinne vor (BGH NStZ 2002, 199, 200). So ist es auch bei den vorliegenden Taten des Angeklagten G. ; denn einerseits hat er die ständig Gegenwehr leistende Geschädigte immer weiter geschlagen und an den Haaren gerissen und andererseits von vorneherein vorgehabt, nach dem Weggehen des Mitangeklagten B. erneut und mehrfach den Geschlechtsverkehr mit der Zeugin gegen deren Willen zu vollziehen, was diese nur unter dem Eindruck des vorangegangenen Geschehens über sich ergehen ließ (UA S. 17).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR46/15
vom
18. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 17. November 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung in zwei Fällen, der Körperverletzung und der Geiselnahme in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig ist;
b) hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II. 2. Tatkomplex 4 und 5 der Urteilsgründe, im Gesamtstrafen- sowie im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen sowie Körperverletzung und Geiselnahme in Tateinheit mit Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Annahme von zwei selbständigen, real konkurrierenden Vergewaltigungstaten in den Fällen II. 2. Tatkomplex 4 und 5 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
3
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte die Nebenklägerin, mit der er eine Beziehung unterhielt und zusammenwohnte, im Verlauf des Tattags mehrfach geschlagen und getreten sowie sie gezwungen, mehrere Stunden mit ihm durch die Stadt zu laufen, wobei er sie mit dem Ziel, sie gefügig zu machen, durch Drohung mit dem Tod zu Bekundungen ihrer Loyalität und des Gehorsams ihm gegenüber genötigt hatte. In den späten Abendstunden befahl der Angeklagte der Nebenklägerin, die noch unter dem Eindruck der vorangegangenen Vorfälle und Bedrohungen stand, einem neuen Tatentschluss folgend, sich auszuziehen und aufs Bett zu legen. Er drohte hierbei, sich zu holen, was er wolle, und sie umzubringen. Als die Nebenklägerin, die – vom Angeklagten wahrgenommen – stark zitterte, erklärte, sie habe Angst vor dem Angeklagten, erwiderte dieser, es sei gut, dass sie Angst habe, jetzt habe sie endlich Respekt vor ihm. In Kenntnis dieser Ängste und der psychischen Ausnahmesituation der Nebenklägerin vollzog der Angeklagte sodann mit ihr den Geschlechtsverkehr, wobei die Nebenklägerin aufgrund ihrer Ängste und der vorangegangenen Dro- hungen und Beeinträchtigungen keine Gegenwehr leistete (Tatkomplex 4). Einige Stunden später führte der Angeklagte aufgrund erneuten Tatentschlusses im Bewusstsein der fortdauernden psychischen Ausnahmesituation sowie der fortbestehenden Ängste der Nebenklägerin gegen deren Willen mit ihr den Analverkehr aus, was der Nebenklägerin, die das Geschehen aufgrund ihrer vorausgegangenen Erlebnisse sowie aus Angst vor weiteren körperlichen Beeinträchtigungen über sich ergehen ließ, nicht unerhebliche Schmerzen bereitete (Tatkomplex 5).
4
Für die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei mehrfach hintereinander begangenen Vergewaltigungen kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, ob der Nötigung des Tatopfers ein einheitliches Tun des Angeklagten zugrunde liegt. Bei einheitlicher Gewaltanwendung liegt ebenso wie bei fortgesetzter oder fortwirkender Drohung trotz mehrfach dadurch erzwungener Beischlafhandlungen nur eine Tat im Rechtssinne vor (vgl. BGH, Urteile vom 19. April 2007 – 4 StR 572/06, NStZ-RR 2007, 235; vom 13. Februar 2007 – 1 StR 574/06; vom 25. Oktober 2001 – 4 StR 262/01, NStZ 2002, 199, 200; Beschlüsse vom 28. Januar 2003 – 4 StR 521/02, StraFo 2003, 281; vom 9. März 2000 – 4 StR 513/99, NStZ 2000, 419, 420; vom 23. November 1993 – 1 StR 739/93, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Gewalt 10). So liegt der Fall hier. Den Feststellungen der Strafkammer ist jedenfalls in ihrem Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass die vom Angeklagten durch die Todesdrohung zur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs geschaffene Bedrohungssituation noch fortbestand, als er die Nebenklägerin zur Duldung des Analverkehrs zwang. Damit wurden die sexuellen Handlungen durch den Einsatz desselben Nötigungsmittels erzwungen, sodass sich das Geschehen als einheitliche Tat der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB darstellt.
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Einzelstrafaussprüche in den Fällen II. 2. Tatkomplex 4 und 5 der Urteilsgründe und der Gesamtstrafe. Der Maßregelausspruch kann ebenfalls nicht bestehen bleiben , weil das Landgericht bei der auf § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB gestützten Anordnung der Sicherungsverwahrung von drei selbständigen Vergewaltigungstaten des Angeklagten als Anlasstaten ausgegangen ist.
6
Für die neu zu treffende Maßregelentscheidung weist der Senat darauf hin, dass in Fällen, in denen – wie bei § 66 Abs. 3 StGB – die Anordnung der Sicherungsverwahrung im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters steht, die maßgeblichen Gründe für die tatrichterliche Ermessensentscheidung in den Urteilsgründen darzulegen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 25. Mai 2011 – 4 StR 87/11, NStZ-RR 2011, 272; vom 15. Oktober2009 – 5 StR 351/09, NStZ-RR 2010, 43).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 521/02
vom
28. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Januar 2003 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 15. Juli 2002
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der schweren Vergewaltigung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung , schuldig ist,
b) hinsichtlich der in den Fällen II. 2.2. bis II. 2.5. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen, der Gesamtstrafe und der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in vier Fällen, wegen Vergewaltigung und wegen
sexueller Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.
Das Rechtsmittel hat lediglich in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts können die vom Angeklagten in den Fällen II. 2.2. bis II. 2.5. der Urteilsgründe erzwungenen Sexualakte nicht als vier rechtlich selbständige Straftaten angesehen werden.
Nach den insoweit getroffenen Feststellungen fesselte der Angeklagte Jasmin J. an das Bett, indem er ihre Hände und Füße daran festband. Bis zum Abend des folgenden Tages führte er mit ihr mehrfach den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß durch und nötigte sie zu weiteren sexuellen Handlungen, wobei zwischen den einzelnen Übergriffen drei längere Zeitabstände lagen. Während des gesamten Tatgeschehens wirkte sowohl die durch die Fesselung ausgeübte Gewalt als auch die Drohung mit dem Einsatz eines Elektroschockgeräts, das der Angeklagte stets in Reichweite hatte, fort. Dies nutzte der Angeklagte entsprechend seinem vorgefaßten Plan zur Tatbegehung aus.
Er hat demnach jeweils dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Handlung im Rechtssinne (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177
Abs. 1 Gewalt 10 jew.m.N.) und damit, trotz der mehrfachen Verwirklichung des Straftatbestandes des § 177 StGB, nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 139 f.; NStZ 2000, 419 f.; (bei Pfister) NStZ-RR 2000, 360). Diese ist, da das Landgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB angenommen hat, als schwere Vergewaltigung (zur Kennzeichnung der Qualifikation in der Urteilsformel vgl. BGH, Beschluß vom 28. Januar 2003 - 3 StR 373/02) in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu werten. Der Tatbestand des § 239 StGB tritt hier nicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter der Vergewaltigung zurück, weil die Freiheitsberaubung über das zur Tatbestandsverwirklichung des § 177 StGB Erforderliche hinausging (vgl. BGH NStZ 1999, 83 m.N.).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen die Annahme nur einer Tat nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
2. Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der in den Fällen II. 2.2. bis II. 2.5. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge. Der neu entscheidende Tatrichter wird insoweit zu bedenken haben, daß bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang die unterschiedliche rechtliche Bewertung des Konkurrenzverhältnisses kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (vgl. BGHSt 41, 368, 373; BGH NStZ 1997, 233).
3. Der Maßregelausspruch hat ebenfalls keinen Bestand. Zur Schuldfähigkeitsbeurteilung hat sich das Landgericht den Ausführungen des gehörten psychiatrischen Sachverständigen angeschlossen, demzufolge bei dem Ange-
klagten eine "emotional instabile Persönlichkeitsstörung" vorliege, da alle für diese Störung charakteristischen Kriterien bei ihm festzustellen seien, "wie die deutliche Tendenz, bei launenhaft wechselnder Stimmung Impulse auszuagieren , ohne dabei die Konsequenzen zu berücksichtigen, die starke Neigung zu Aggressionen, geringe Fähigkeit zu längerfristigen Planungen, fehlende Zukunftszuversicht und das soziale Scheitern auf allen Gebieten". Auch soweit der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt ist, daß es aufgrund dieser Störung "zur zunehmenden gedanklichen Einengung auf die Verwirklichung der Tat und dem Abbau von Hemmungen gekommen (sei), welche bei der Tatbegehung möglicherweise zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit geführt hätten", hat sich die Strafkammer dem angeschlossen.
Diese zur Schuldfähigkeit des Angeklagten getroffenen Feststellungen und Bewertungen sind nicht geeignet, die Maßregelanordnung zu rechtfertigen. Diese setzt die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB - sicher - begründet (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 22, 26; BGHR StGB § 63 Zustand 26). Daran fehlt es hier.
Über den Maßregelausspruch ist daher - gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines weiteren Sachverständigen - ebenfalls neu zu befinden. Das Landgericht wird dabei zu bedenken haben, daß zwar auch nicht pathologisch bedingte Störungen Anlaß für eine Unterbringung nach § 63 StGB sein können, wenn sie in ihrem Gewicht den krankhaften seelischen Störungen entsprechen (BGHSt 34, 22, 28). Die Diagnose einer wie auch immer gearteten Persönlichkeitsstörung läßt jedoch für sich genommen eine Aussage über die Frage der Schuldfähigkeit des Täters nicht zu (vgl. BGHSt 42, 385, 388). Vielmehr bedarf
es einer Gesamtschau der Täterpersönlichkeit und ihrer Entwicklung, um feststellen zu können, ob die Störungen des Täters sein Leben vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen wie krankhafte seelische Störungen - auch
im Hinblick auf seine Fähigkeit zu normgemäßem Verhalten - stören, belasten oder einengen (vgl. BGHSt 37, 397, 401; BGHR StGB § 63 Zustand 25, 34).
Tepperwien Maatz Kuckein

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 513/99
vom
9. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. März 2000 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 12. Februar 1999, soweit er und der Mitangeklagte A. verurteilt worden sind, 1. bezüglich des Angeklagten D.
a) zur Klarstellung hinsichtlich der Verurteilung im Fall II 2 d der Urteilsgründe dahin neu gefaßt, daß der Angeklagte wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 19. August 1997 (2 Ds 96 Js 1889/96 - 171/97 -) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt ist;
b) im Schuldspruch in den Fällen II 3 a, e, f, h und j der Urteilsgründe dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung, schuldig ist;
c) in den Aussprüchen über die in den Fällen II 3 a, e, f, h und j verhängten Freiheitsstrafen und über die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten mit den Feststellungen aufgehoben. 2. bezüglich des Mitangeklagten A.
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und in dem weiteren Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, sowie der Körperverletzung in zwei Fällen schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die in den Fällen II 3 b und d verhängten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten D. "der Vergewaltigung in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und in den anderen Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, davon wiederum in einem Fall tateinheitlich mit vorsätzlicher Körperverletzung begangen" schuldig gesprochen und ihn "unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 19. August 1997 (2 Ds 96 Js 1889/96 - 171/97 - ) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten" verurteilt. Den Mitangeklagten A. , der keine Revision eingelegt hat, hat es "der Vergewaltigung in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub, in den anderen zwei Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, außerdem der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen", schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verhängt. Von dem Vorwurf des Menschenhandels sind die Angeklagten freigesprochen worden.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte D. die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Revision hat mit der Sachbeschwerde teilweise Erfolg und ist insoweit gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten A. zu erstrecken; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Zu den Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:


a) Auch die Ablehnungsrüge (§§ 24, 338 Nr. 3 StPO) greift im Ergebnis nicht durch. Allerdings beanstandet der Angeklagte entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zu Recht, daß sein Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden und einen der beisitzenden Richter als unzulässig (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 StPO) verworfen wurde, denn er hat die Ablehnung, nachdem ihm die Umstände, auf die er sie gestützt hat, bekanntgeworden waren, unverzüglich geltend gemacht (§ 25 Abs. 2 Satz 1 StPO). Der Beschwerdeführer hat nämlich das Ablehnungsgesuch nicht allein damit begründet, daß die abgelehnten Richter mit den ihm in der Anklage zur Last gelegten Taten zum Nachteil der Prostituierten Aurelia Av. und Oksana P. bereits in dem Verfahren befaßt waren, in dem sein Bruder Arben unter anderem wegen Vergewaltigung dieser Frauen verurteilt wurde. Vielmehr hat er darüberhinaus geltend gemacht , daß die Kammer in jenem Verfahren Feststellungen auch zu den gegen den Beschwerdeführer und den Mitangeklagten A. erhobenen Vorwürfen getroffen und hierzu in den Urteilsgründen unter anderem ausgeführt hatte, sie sei ”fest davon überzeugt,” daß die als Zeuginnen vernommenen Tatopfer ”generell glaubwürdig” und ihre Angaben glaubhaft seien. Von dem Inhalt der Urteilsgründe hatte der Angeklagte, wie in dem Gesuch glaubhaft gemacht worden ist, aber erst unmittelbar vor der Verhandlung am 3. Dezember 1998 Kenntnis erlangt, zu deren Beginn das Ablehnungsgesuch angebracht wurde.
Das Ablehnungsgesuch war jedoch nicht begründet. Die Vorbefassung mit demselben Sachverhalt liefert grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund (BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 24 Rdn. 13 m. w. N.), und zwar auch dann nicht, wenn die Schilderung des Tatgeschehens in dem früheren Urteil – wie hier – auch noch nicht
angeklagte Beteiligte einschließt. Die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter aufgrund ihrer Ä ußerungen in dem früheren Urteil wäre nur dann begründet, wenn diese Ä ußerungen nach der Sachlage unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten hätten (vgl. BGH aaO m. N.). Das ist jedoch hier nicht der Fall.
Die Einbeziehung auch der hier abgeurteilten Taten in die Schilderung der in dem früheren Verfahren abgeurteilten Tat zum Nachteil derselben Tatopfer war aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im einzelnen dargelegten Gründen sachlich geboten. Allerdings können die zahlreichen Hinweise in dem früheren Urteil auf die Überzeugung des Gerichts (”fest davon überzeugt”, ”der festen Überzeugung” und ”keinerlei Zweifel”), die zur Darlegung einer den Anforderungen des § 261 StPO genügenden Überzeugungsbildung (vgl. BGH NStZ 1988, 236 und Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 261 Rdn. 2 m.N.) nicht erforderlich waren (vgl. BGH, Beschluß vom 28. Juli 1998 – 4 StR 293/98), für sich genommen Anlaß zu Mißdeutungen geben. Sie waren hier aber vor allem auch im Hinblick auf den Umfang der an den vorangegangenen Sitzungstagen bereits durchgeführten Beweisaufnahme nicht geeignet, zu dem Zeitpunkt der Anbringung des Ablehnungsgesuches am zehnten Sitzungstage aus der Sicht eines verständigen Angeklagten die Annahme zu begründen , daß die abgelehnten Richter in dem früheren Verfahren bereits eine endgültige Überzeugung von der Schuld des Beschwerdeführers gewonnen hatten (vgl. BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 11), zumal bereits in der Terminsverfügung vom 2. Oktober 1998 (Bd. III Bl. 551 d.A.) die Ladung von 18 Zeugen angeordnet worden war und die Hauptverhandlung, die am 27. Oktober 1998 begonnen hatte und für die zunächst 24 Sitzungstage vorgesehen waren, erst am 12. Februar 1999 abgeschlossen wurde.


b) Die Verwertung der Ergebnisse der Wahlgegenüberstellungen, die das Landgericht in der Hauptverhandlung durchgeführt hat und außerhalb der Hauptverhandlung hat durchführen lassen, ist weder verfahrens- noch sachlichrechtlich zu beanstanden. Der Senat weist jedoch darauf hin, daß Wahlgegenüberstellungen in der Hauptverhandlung entbehrlich sind, wenn bereits im Ermittlungsverfahren Wahllichtbildvorlagen oder Wahlgegenüberstellungen durchgeführt worden sind (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 58 Rdn. 13). Zudem dürfte eine sukzessive (sequentielle) Gegenüberstellung, bei welcher der Zeuge jeweils nur eine Person sieht, ihm aber nacheinander mehrere Personen gezeigt werden (vgl. Mertn/Schwarz/Walser Kriminalistik 1998, 421), einer Wahlgegenüberstellung (vgl. RiStBV 18 Satz 1) vorzuziehen sein.
2. Die Sachbeschwerde führt zur Ä nderung des den Angeklagten D. betreffenden Schuldspruchs in den Fällen II 3 a, e, f, h und j der Urteilsgründe und zur Aufhebung der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen sowie der aus diesen Strafen gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe, weil das Landgericht insoweit das Konkurrenzverhältnis rechtsfehlerhaft beurteilt und Tatmehrheit angenommen hat.

a) Nach den Feststellungen veranlaßten die Angeklagten den Betreiber eines Bordells, ihnen die Prostituierten Oksana P. und Aurelia Av. zu übergeben. Der Angeklagte A. brachte die Frauen in die Wohnung der Angeklagten und sperrte sie dort gemeinsam mit dem Angeklagten D. in der Zeit vom 24. August 1997, 8.00 Uhr, bis zum 28. August 1997 ein. Der Angeklagte D. zwang Oksana P. in vier Fällen mit ihm (II 3 a, e, f und j der Urteilsgründe) und in einem weiteren, nach § 154 Abs. 2 StPO von der Verfol-
gung ausgenommenen Fall mit einem Italiener den Geschlechtsverkehr auszuführen. Beide Frauen wurden in Gegenwart der Angeklagten von dem Bruder des Angeklagten D. v ergewaltigt. Nachdem der Angeklagte A. Aurelia Av. zum Geschlechtsverkehr mit ihm (Fälle II 3 b und d der Urteilsgründe) und in einem weiteren, ebenfalls von der Verfolgung ausgenommenen Fall mit einem Albaner gezwungen hatte, zwang sie am 25. August 1997 der Angeklagte D. zum Oral- und Vaginalverkehr (II 3 h der Urteilsgründe). Der Angeklagte D. war sich bewußt, ”daß die beiden Frauen in der Wohnung eingesperrt waren und sich damit in einer hilflosen Lage befanden, in der sie beiden Angeklagten schutzlos ausgeliefert waren”. Dies nutzte er in allen Fällen aus, um den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Im ersten der Fälle versetzte der Angeklagte Oksana P. zudem mehrere mit großer Wucht ausgeführte Faustschläge gegen den Kopf, um ihren Widerstandswillen zu brechen. Danach ging er davon aus, daß er ”nicht erneut zuschlagen mußte, weil der Widerstandswille der Frau infolge seiner früheren Gewalttätigkeiten gebrochen war.” In dem letzten der Fälle ging er ”zutreffender Weise davon aus, daß P. der Av. von den Schlägen erzählt bzw. daß Av. die Schläge und Schreie selbst gehört hatte.”
Dieser der Verurteilung des Angeklagten D. wegen Vergewaltigung in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und in einem Fall mit Körperverletzung zugrundeliegende Geschehensablauf vermag die Annahme rechtlich selbständiger Taten nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist der Geschehensablauf als eine Tat im Sinne des sachlichen Rechts aufzufassen, weil die von dem Angeklagten erzwungenen Sexualakte eine einheitliche Handlung bilden:
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein das mehrfache Ausnutzen derselben schutzlosen Lage z ur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs zur Annahme nur einer Tat führen kann (vgl. BGH, Beschluß vom 6. Juli 1999 – 1 StR 216/99). Hier liegt den Vergewaltigungen, auf die das Landgericht zutreffend § 177 Abs. 1, 2 Satz 2 Nr.1 StGB i.d.F. des 33. StrÄ ndG angewendet hat, jedenfalls soweit es die als Tatmittel angewendete Gewalt betrifft, ein einheitliches Tun des Angeklagten D. zugrunde. Neben der Freiheitsberaubung, in der hier eine Gewaltanwendung im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB liegt (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs.1 Gewalt 10), die der Angeklagte in allen Fällen als Nötigungsmittel einsetzte, wirkte auch die im ersten Fall vom Angeklagten ausgeübte massive körperliche Gewalt während des gesamten Tatgeschehens fort, was der Angeklagte in den nachfolgenden Fällen ebenfalls ausnutzte. Der Annahme einer fortwirkenden Gewaltanwendung steht hier entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht entgegen, daß sich das Tatgeschehen über mehrere Tage erstreckte und daß es durch Straftaten anderer zum Nachteil der Tatopfer ”unterbrochen” wurde. Diese Taten bilden schon deshalb keine Zäsur, die zur Annahme rechtlich selbständiger Taten führt, weil sie durch die schutzlose Lage der Frauen ermöglicht wurden und der Angeklagte D. Oksana P. zudem in einem der nicht abgeurteilten Fälle zu dem Geschlechtsverkehr mit einem Italiener unter Ausnutzung dieser Lage gezwungen hat. Im übrigen ist, da zur zeitlichen Einordnung der Vorfälle keine sicheren Feststellungen getroffen werden konnten, zugunsten des Angeklagten D. davon auszugehen, daß das Tatgeschehen, soweit es die erzwungenen sexuellen Handlungen betrifft, in der Nacht vom 25. zum 26. August 1997 beendet war, so daß ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben ist.
Der Angeklagte D. hat danach in allen Fällen, soweit es die angewendete Gewalt betrifft, dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Handlung im Rechtssinne vorliegt (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs.1 Gewalt 10, jew. m. N.). Soweit es gegenüber Oksana P. zu mehreren sexuellen Handlungen kam, liegt daher nur eine Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung (vgl. BGH NStZ 1999, 83) und mit Körperverletzung vor. Hierzu stehen die durch dieselbe Handlung zum Nachteil von Aurelia Av. begangenen Delikte (Vergewaltigung und Freiheitsberaubung) in Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. September 1997 – 4 StR 377/97 und vom 16. November 1999 – 4 StR 504/99). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte hiergegen nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

b) Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der in den Fällen II 3 a, e, f, h und j verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten zur Folge.

c) Soweit der Angeklagte im Fall II 2 d wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem erpresserischem Menschenraub wegen der Zäsurwirkung der einbezogenen Vorverurteilung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt worden ist, faßt der Senat den diese Tat betreffenden Schuld- und Strafausspruch zur Klarstellung der Zuordnung dieser Strafe neu. 3. Die Revision ist, soweit der Mitangeklagte A. in den Fällen II 3 b und d wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt worden ist, wegen der insoweit gegebenen Identität der
Tat (vgl. Kuckein in KK/StPO 4. Aufl. § 357 StPO Rdn. 8) gemäß § 357 StPO auf diesen zu erstrecken.
Der Angeklagte A. hat den Geschlechtsverkehr mit Aurelia Av. , und zwar - wovon zu seinen Gunsten auszugehen ist – an demselben Tage, jeweils unter Ausnutzung der in der Freiheitsberaubung liegenden Gewaltanwendung erzwungen und insoweit dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Zu der Vergewaltigung steht die Freiheitsberaubung zum Nachteil beider geschädigter Frauen in Tateinheit. Der Senat hat den Schuldspruch in den genannten Fällen entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der beiden diese Fälle betreffenden Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein Athing Ernemann

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 30. Juli 2012 ausgeführt: „Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, dass sich das Landgericht bei der Beurteilung, ob bei dem Angeklagten ein ‚Hang‛ im Sinne des § 64 StGB vorliegt, zu sehr auf den behaupteten Konsum von Heroin – den das Gericht als zumindest weit überhöht bewertet – fokussiert und dabei den auch von der Kammer nicht in Frage gestellten Missbrauch von Kokain aus den Augen verloren hat.
a) Die Kammer stellt ausdrücklich fest – und hat insoweit keine Bedenken , den Angaben des Angeklagten zu folgen – , dass der Angeklagte ‚beinahe täglich‛ Kokain konsumierte (UA S. 5), ‚langjährig‛ Marihuana und Kokain zu sich nahm (UA S. 17), auch während der Tatzeiten ‚Kokain konsumierte‛ (UA S. 17) und er ‚die wirtschaftlichen Vorteile aus den Straftaten … zum Ankauf von Betäubungsmitteln einzusetzen‛ gedachte (UA S. 11).
b) Die Annahme eines ‚Hangs‛ im Sinne von § 64 StGB verlangt eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel zu sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011, 3 StR 421/11 mwN). Dem Umstand, dass durch den Rauschgiftgebrauch bereits die Gesundheit, sowie Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt sind – worauf die Kammer in ihrem Urteil abstellt (UA S. 34) – kommt für das Vorliegen eines Hangs zwar eine wichtige indizielle Bedeutung zu, das Fehlen dieser Beeinträchtigungen schließt indes nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (Senat, Beschluss vom 1. April 2008, 4 StR 56/08 = NStZ-RR 2008, 198). Ausreichend ist es bereits, wenn der Betroffene aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint, was insbesondere bei sogenannter Beschaffungskriminalität zu bejahen ist (BGH, Beschluss vom 27. März 2008, 3 StR 38/08).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 406/03
vom
6. November 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2003 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 16. Juni 2003 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die Strafkammer hat ohne Rechtsfehler eine erheblich verminderte
Schuldfähigkeit des Angeklagten zu den Tatzeiten verneint. Der Angeklagte,
der mit Haschisch im Kilogrammbereich Handel trieb (zweimal 5 kg, einmal 10
kg), hat zwar wegen seines langjährigen Konsums von Kokain insoweit ein Abhängigkeitssyndrom
entwickelt. Gleichwohl liegt eine erheblich verminderte
Steuerungsfähigkeit bei der hier gegebenen Konstellation - Handeltreiben mit
großen Mengen eines anderen Rauschgiftes - eher fern. Die Strafkammer hat
deshalb zutreffend darauf abgestellt, daß der Angeklagte immer wieder Jobs
fand und zuletzt als Essensausfahrer tätig war. Er hatte eine Freundin kennen
gelernt, zu dieser eine Beziehung aufgebaut und derentwegen auch seinen
Kokainkonsum gedrosselt. Schwere oder gar schwerste Persönlichkeitsveränderungen
oder starke Entzugserscheinungen lagen ebensowenig vor wie eine
bestimmende Furcht vor solchen. Unter diesen Umständen hat das Landgericht
zu Recht die Frage einer etwaigen Erheblichkeit verminderten Steuerungsver-
mögens verneint und ist insoweit von der Bewertung des Sachverständigen
abgewichen.
Letzteres ist ebenfalls rechtens: Der Senat hat wiederholt hervorgehoben
, daß es sich bei der Frage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit
"erheblich" im Sinne des § 21 StGB ist, um eine Rechtsfrage handelt. Diese hat
der Tatrichter ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten.
Dabei fließen normative Erwägungen mit ein. Die rechtliche Erheblichkeit
der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt überdies von den Anforderungen
ab, die die Rechtsordnung an das Verhalten des einzelnen zu
stellen hat. Dies zu bewerten und zu entscheiden ist Sache des Richters. Allein
zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinisch-psychiatrischen Anknüpfungstatsachen
bedarf er sachverständiger Hilfe, sofern er hierzu nicht aufgrund
eigener Sachkunde befinden kann (BGHSt 43, 66, 77; BGH StV 1999,
309, 310; BGH, Urt. vom 10. September 2003 - 1 StR 147/03).
2. Von Rechts wegen ist schließlich nichts dagegen zu erinnern, daß die
Strafkammer davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt anzuordnen (§ 64 StGB). Voraussetzung für eine solche
Unterbringung ist unter anderem ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß
zu sich zu nehmen. Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte
, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene
intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren,
wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht
haben muß (vgl. nur BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; Körner BtMG 5. Aufl. §
35 Rdn. 297; Hanack in LK 11. Aufl. § 64 Rdn. 40, jeweils m.w.N.). "Im Übermaß"
bedeutet, daß der Täter berauschende Mittel in einem solchen Umfang
zu sich nimmt, daß seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch
erheblich beeinträchtigt wird (BGH NStZ-RR 2003, 106; Körner aaO.; Hanack
aaO. Rdn. 44 m.w.N. in Fußn. 12). Solches ist den Urteilsgründen hier nicht zu
entnehmen. Zudem ist auch die Verneinung des symptomatischen Zusammenhanges
zwischen dem Hang des Angeklagten, Kokain zu sich zu nehmen und
den abgeurteilten Fällen des Handeltreibens mit Haschisch in nicht geringen
Mengen rechtsfehlerfrei (vgl. dazu nur BGH NStZ 2003, 86).
Nack Boetticher Schluckebier
Hebenstreit Elf

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 585/15
vom
25. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchten Totschlags u.a.
zu 2.: Beihilfe zum versuchten Totschlag u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:250816B2STR585.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 25. August 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 12. Mai 2015 im Ausspruch über die Adhäsionsanträge wie folgt abgeändert:
a) Der Anspruch des Adhäsionsklägers S. gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz aller immateriellen Schäden aus dem Ereignis vom 10. September 2014 ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, dass der Adhäsionskläger S. gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz aller künftigen materiellen Schäden aus dem genannten Ereignis hat, soweit nicht Ansprüche auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Es wird festgestellt, dass die Schmerzensgeldansprüche auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen. Im Übrigen wird von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren über die Anträge des Adhäsionsklägers S. abgesehen.
b) Der Adhäsionsausspruch zugunsten der Adhäsionsklägerin N. wird aufgehoben. Insoweit wird von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. gegen das vorgenannte Urteil wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die den Nebenklägern insoweit entstandenen notwendigen Auslagen und die dem Neben- und Adhäsionskläger S. im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten zu tragen. Die aufgrund des Antrags der Adhäsionsklägerin N. entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die insoweit entstandenen eigenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst. 3. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten D. , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weiter gehende Revision des Angeklagten D. wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen gefährlicher Kör1 perverletzung und wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Den Angeklagten D. hat es wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum versuchten Totschlag und zur gefährlichen Körperverletzung unter Einbeziehung eines früheren Urteils zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Außerdem hat das Landgericht festgestellt, dass die Angeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Nebenklägern alle materiellen und immateriellen Schäden aus dem Schadensereignis vom 10. September 2014 zu erstatten, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Schließlich hat es festgestellt, dass „diese Schmerzensgeldansprüche“ auf ei- ner vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen. Im Übrigen hat es von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

1. Der Ausspruch über die Adhäsionsanträge des Adhäsionsklägers
2
S. ist teilweise abzuändern.
a) Die Strafkammer wollte nach den Urteilsgründen „jeweils ein Grund-
3
urteil erlassen“, das sie aber wie ein Feststellungsurteil tenoriert hat. Der Senat berichtigt insoweit die Urteilsformel, soweit es um den Anspruch des Adhäsionsklägers S. auf Ersatz aller immateriellen Schäden geht.
4
Insofern hatte er eine auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 175.000 Euro nebst Prozesszinsen gerichtete Leistungsklage erhoben, über die das Landgericht durch Teilurteil dem Grunde nach zu seinen Gunsten entschieden hat. Ein Vorbehalt für den Fall des Forderungsübergangs auf Sozialversicherungsträger (§ 116 Abs. 1 SGB X) oder andere Dritte (§ 86 Abs. 1 VVG) ist in dem Grundurteil nicht auszusprechen, zumal ein Forderungsübergang beim Schmerzensgeldanspruch grundsätzlich nicht in Frage kommt.
b) Hinsichtlich der bisher entstandenen und künftigen materiellen Schä5 den hat der Adhäsionskläger S. einen Feststellungsantrag gestellt, der nur zum Teil zulässig und begründet ist. aa) Hinsichtlich der bereits entstandenen materiellen Schäden hat der
6
Adhäsionskläger S. weder geltend gemacht noch ist aus seinem Vortrag ansonsten ersichtlich, welche Schäden bereits entstanden sein könnten und warum er nicht in der Lage ist, diese Schäden schon jetzt zu beziffern. Für die Feststellungsklage mangelt es insoweit an dem erforderlichen Feststellungsinteresse (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 - 4 StR 169/15 mwN). bb) Hinsichtlich der künftigen materiellen Schäden, die angesichts der
7
erheblichen Verletzungen des Adhäsionsklägers S. in Betracht kommen, aber von ihm noch nicht beziffert werden können, ist ein Feststellungsausspruch zulässig und in der Sache gerechtfertigt. Bei schweren Verletzungen kann ein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftigen Schaden nur dann verneint werden, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen kann, mit Spätfolgen wenigstens zu rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 1997 - VI ZR 184/96, BGHR ZPO § 256 Feststellungsinteresse 43). Das ist hier nicht der Fall.
8
Die Anspruchsvoraussetzungen liegen vor. Insoweit bedarf der Ausspruch nur der Einschränkung für den Fall des Forderungsübergangs auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte. 2. Soweit sich die Revisionen gegen den Adhäsionsausspruch zuguns9 ten der Adhäsionsklägerin N. richten, sind sie begründet. Deren Adhäsionsantrag genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Daher ist von einer Adhäsionsentscheidung zu ihren Gunsten abzusehen.
a) Die Adhäsionsklägerin N. hat zunächst beantragt, die Ange10 klagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes „Teilschmerzensgeld“ zu zahlen. Das reicht nicht aus. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt die bestimmte Angabe des Gegen11 standes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Er steht der Zulässigkeit eines unbezifferten Klageantrags nur dann nicht entgegen, wenn zugleich die tatsächlichen Grundlagen für die Ermessensausübung des Gerichts mitgeteilt werden. Wenn der Umfang der Leistung im richterlichen Ermessen steht, muss zwar kein konkreter Betrag geltend gemacht werden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt aber zumindest die Angabe der Größenordnung des begehrten Betrages, um das Gericht und den Gegner darüber zu unterrichten, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 1981 - VI ZR 162/80, NJW 1982, 340). Deshalb fehlt es an der von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO geforderten Bestimmtheit des unbezifferten Klageantrags, wenn der Kläger keine Angaben zur Größenordnung des begehrten Schmerzensgeldes macht (vgl. BGH, Urteil 28. Februar 1984 - VI ZR 70/82, NJW 1984, 1807, 1809). Das gilt erst recht im Fall einer offenen Teilklage.
12
b) Soweit die Adhäsionsklägerin N. weiter beantragt hat „festzustellen , dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Nebenklägerin alle absehbaren und nicht absehbaren Folgeschäden aus dem Schadensereignis vom 14. Juli 2014 zu ersetzen“, ist dieser Antrag - von der fehlerhaften Datierung der unerlaubten Handlung abgesehen - unklar. Was unter al- len „absehbaren und nicht absehbaren Folgeschäden“ zu verstehen sein soll, für die Schadensersatz begehrt wird, hat die Adhäsionsklägerin nicht erklärt. Daraus ist bereits nicht zu entnehmen, ob es um den Ersatz künftiger materieller oder immaterieller Schäden gehen soll und wie sich diese Klage zur Teilklage auf ein Schmerzensgeld verhält.

II.

Die Revision des Angeklagten M. ist unbegründet im Sinne von
13
§ 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Die rechtsfehlerhafte Annahme von Tateinheit der gegen die höchstpersönlichen Rechtsgüter der Nebenkläger gerichteten Handlungen beschwert ihn nicht. Die Kostenentscheidung zum Rechtsmittel des Angeklagten M. be14 ruht auf § 473 Abs. 4, § 472a Abs. 2 StPO.

III.

1. Die Revision des Angeklagten D. ist im Sinne von § 349 Abs. 2
15
StPO unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Der Ausspruch über die Jugendstrafe kann dagegen keinen Bestand haben.
16
a) Das Landgericht hat angenommen, dass „in Übereinstimmung mit dem Votum der Jugendgerichtshilfe Jugendstrafrecht anzuwenden“ sei. Man- gels Erläuterung ist dies nicht nachprüfbar.
b) Die Notwendigkeit der Verhängung einer Jugendstrafe ist im Urteil
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nur damit erklärt worden, dies gebiete „bereits die Schwere der Schuld“. Auch dagegen bestehen rechtliche Bedenken. Der Schuldgehalt der Tat bei der Begehung durch heranwachsende Täter, auf die das Jugendstrafrecht Anwendung findet, ist jugendspezifisch zu bestimmen. Die „Schwere der Schuld“ im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG wird daher nicht vorrangig anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat und ihrer Einordnung nach dem allgemeinen Strafrecht bestimmt. Vielmehr ist auf die innere Tatseite abzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 19. Februar 2014 - 2 StR 413/13, NStZ 2014, 407, 408). Die Urteilsgründe setzen sich damit nicht auseinander.
c) Schließlich begegnet der Ausspruch über die Höhe der Jugendstrafe
18
durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Gemäß § 18 Abs. 2 JGG bemisst sich die Höhe der Jugendstrafe vor19 rangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist. Die Urteilsausführungen lassen nicht erkennen, dass das Landgericht dem Erziehungsgedanken Bedeutung beigemessen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 22. April 2015 - 2 StR 503/14, NStZ 2016, 105). Es hat alleine auf das Tatunrecht abgestellt und nur Strafzumessungserwägungen aus dem allgemeinen Strafrecht genannt. Die verhängte Einheitsjugendstrafe hat es deshalb als „tat- und schuldangemessen“ bezeich- net. Unter erzieherischen Gesichtspunkten hätte es zum Beispiel - gegebenenfalls - auf eine positive Entwicklung eingehen müssen, die der Angeklagte seit der Tat genommen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 2 StR 376/12, StV 2013, 758). An derartigen Erwägungen zum Erziehungsbedarf fehlt es in den Urteilsgründen. 2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch zum
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Nachteil des Angeklagten auf den Rechtsfehlern beruht. Deshalb verweist er die Sache insoweit an das Landgericht zurück. Fischer Krehl Eschelbach Ott Zeng

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 177/17
vom
14. September 2017
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:140917B4STR177.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. September 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 30. November 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II. 3 a, II. 3 b, II. 4, II. 5 a und II. 5 b der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) in den Aussprüchen über aa) die Gesamtstrafe, bb) die Sperrfrist, cc) den Adhäsionsantrag.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe und mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition, vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, unerlaubten Entfernens vom Unfallort in zwei Fällen und vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, eine isolierte Sperrfrist von vier Jahren angeordnet und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Verfahrensbeanstandung, mit der die Revision einen Verstoß gegen die Mitteilungspflicht über angebliche Verständigungsgespräche gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO rügt, ist in zulässiger Weise erhoben, jedoch – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift an den Senat zutreffend ausgeführt hat – unbegründet. Mit Blick auf den zweiten Teil der Verfahrensrüge, der sich auf ein (unangekündigtes) Aufsuchen des Dienstzimmers der Vorsitzenden Richterin durch die Verteidigung nach Ende des zweiten Hauptverhandlungstages bezieht, bemerkt der Senat ergänzend, dass hier auch keine Gespräche stattgefunden haben, durch die frühere Verständigungsgespräche inhaltlich modifiziert worden wären (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2016 – 1 StR 136/16, NStZ 2017, 56 f.). Vielmehr ergibt sich aus dem Revisionsvorbringen selbst und aus der dienstlichen Erklärung der Strafkammervorsitzenden vom 16. März 2017, dass sie bei dem unangekündigten Besuch seitens der Verteidigung zu einem auf eine Verständigung abzielenden Gespräch oder zu einer Modifikation des früheren Verständigungsvorschlags der Strafkammer gerade nicht bereit war und sich auf solche Erörterungen auch tatsächlich nicht eingelassen hat.

II.


3
Die Revision hat hingegen mit der Sachrüge teilweise Erfolg.
4
1. Die Verurteilungen in den Fällen II. 3 a und II. 5 a der Urteilsgründe, jeweils wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, haben bereits wegen eines Erörterungsmangels in Bezug auf die Voraussetzungen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB keinen Bestand. Denn die Strafkammer verhält sich nicht näher zu der Frage, ob sich der Angeklagte, wie von ihm behauptet (UA 33), zum Zeitpunkt der Fahrten im Besitz einer österreichischen Fahrerlaubnis befand. Hierzu wird im Urteil lediglich ausgeführt, eine etwaige österreichische Fahrerlaubnis des Angeklagten ändere „an der Tatbe- standsmäßigkeit der von ihm mit Kraftfahrzeugen unternommenen Fahrten angesichts der Vorschriften der §§ 7 Abs. 1 und 28 Abs. 1 und 4 Nr. 2 und 3 FeV nichts“ (UA 33).
5
Das Landgericht durfte es indes nur dann offen lassen, ob der Angeklagte im Besitz einer österreichischen Fahrerlaubnis war, wenn auch tatsächlich die Voraussetzungen eines der Gründe nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 FeV vorlagen, aufgrund derer eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigen würde. Zu diesen Voraussetzungen verhält sich das angefochtene Urteil jedoch auch unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe nicht.
6
2. Aufgrund der Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II. 3 a und II. 5 a der Urteilsgründe kann auch derjenige in den Fällen II. 3 b und II. 5 b, jeweils wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB, nicht bestehen bleiben.
7
Die zum Unfall führende Gesetzesverletzung und das sich daran anschließende unerlaubte Sichentfernen vom Unfallort bilden, da sie nicht nur äußerlich ineinander übergehen, sondern auch innerlich derart eng miteinander verknüpft sind, dass der Unrechts- und Schuldgehalt des Sichentfernens vom Unfallort nicht ohne Berücksichtigung der Umstände, unter denen es zum Unfall gekommen ist, beurteilt werden kann, einen einheitlichen Lebensvorgang und damit eine prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 25. März 1982 – 4 StR 705/81, VRS 63, 39, 42; vom 5. November 1969 – 4 StR 519/68, BGHSt 23, 141, 144; Beschlüsse vom 9. November 1972 – 4 StR 457/71, BGHSt 25, 72, 74; vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 186; MüKo-StGB/Zopfs, 3. Aufl., § 142 Rn. 138).
8
Zwar ist es nicht von vornherein unzulässig, die Verurteilung wegen mehrerer rechtlich selbständiger Taten innerhalb desselben geschichtlichen Vorgangs nur teilweise aufzuheben bzw. bestehen zu lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971, aaO; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 318 Rn. 6 ff. und § 353 Rn. 6). Der Senat kann jedoch nicht ausschließen, dass das neue Tatgericht in den Fällen II. 3 a sowie II. 5 a der Urteilsgründe jeweils Feststellungen zu den Unfallgeschehnissen trifft, die in Widerspruch zu den bislang rechtsfehlerfrei festgestellten Tatsachen des sich anschließenden unerlaubten Sichentfernens vom Unfallort treten. Die den Fällen II. 3 a und b sowie II. 5 a und b zugrunde liegenden Sachverhalte bedürfen daher insgesamt neuer tatrichterlicher Feststellung.
9
3. Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Fall II. 4 der Urteilsgründe unterliegt ebenfalls der Aufhebung. Die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 StGB) zwischen dieser Tat und den zueinander in Tateinheit stehenden Verstößen gegen § 315c Abs. 1 StGB und § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG im Fall II. 5 a der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
10
Mehrere strafbare Gesetzesverstöße stehen zueinander in Tateinheit, wenn die jeweiligen Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Begeht ein Täter, der Rauschgift zu Handelszwecken in einem Fahrzeug befördert (Einfuhrfahrt, Transportfahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zu einem Abnehmer etc.) durch das Führen des Transportfahrzeugs weitere Gesetzesverstöße , so stehen diese zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit. Denn ihr Tatbestand wird durch dieselbe Ausführungshandlung verwirklicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. Januar 2017 – 4 StR 597/16, NStZ-RR 2017, 123 f.; vom 2. Juli 2013 – 4 StR 187/13, NStZ-RR 2013, 320, 321; vom 5. März 2009 – 3 StR 566/08, StV 2010, 119 f.).
11
Nach den Feststellungen zu Fall II. 4 der Urteilsgründe waren die in dem vom Angeklagten geführten Fahrzeug verwahrten Betäubungsmittel für den gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen. Vor diesem Hintergrund hätte erörtert werden müssen, ob die dem Angeklagten unter II. 5 a der Urteilsgründe angelasteten Gesetzesverletzungen bei einer Fahrt begangen wurden, die dem Transport des im Pkw befindlichen Methamphetamins zu Handelszwecken, etwa zu einem Abnehmer, diente und deshalb insoweit Tateinheit anzunehmen war.
12
4. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II. 3 a, II. 3 b, II. 4, II. 5 a und II. 5 b der Urteilsgründe und der zugehörigen Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe sowie der gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB angeordneten isolierten Sperrfrist, der das Landgericht die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II. 3 a und II. 5 a zugrunde gelegt hat (UA 38), nach sich.

III.


13
Auch die Adhäsionsentscheidung, wonach im Fall II. 5 a der Urteilsgründe der von der Eigentümerin des vom Angeklagten geführten Fahrzeugs geltend gemachte Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gemäß § 823 Abs. 1 BGB festgestellt wurde, hat keinen Bestand.
14
Es besteht allerdings kein Anlass, gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO von einer Entscheidung abzusehen.
15
1. Zunächst steht jedoch weder der Zulässigkeit (vgl. § 403 StPO) noch der Begründetheit des Antrags (vgl. § 406 Abs. 1 StPO) entgegen, dass die zur Aburteilung gelangte vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs der Antragstellerin als Eigentümerin des Fahrzeugs keinen strafrechtlichen Schutz vermittelt.
16
a) Zwar ist das vom Täter geführte Fahrzeug auch dann nicht als fremde Sache in den Schutzbereich des § 315c StGB einbezogen, wenn es – wie hier – ihm nicht gehört (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 28. Oktober 1976 – 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40, 41 f.; Beschlüsse vom 18. Dezember 1957 – 4 StR 554/57, BGHSt 11, 148, 150; vom 13. Januar 2000 – 4 StR 598/99, NZV 2000, 213; vom 16. April 2012 – 4 StR 45/12, NStZ-RR 2012, 252; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 315c Rn. 15).
17
b) Die fehlende Einbeziehung des der Antragstellerin gehörenden Fahrzeugs in den Schutzbereich der zur Aburteilung gelangten Vorschrift ändert aber nichts daran, dass ihr als Verletzter im Sinne des § 403 StPO aus der Straftat ein vermögensrechtlicher Anspruch (§ 823 Abs. 1, § 249 BGB) erwachsen und ihr Antrag im Sinne des § 406 Abs. 1 Satz 1 StPO wegen dieser Straftat begründet ist.
18
Straftat im Sinne der §§ 403, 406 Abs. 1 Satz 1 StPO ist die Tat im prozessualen Sinn gemäß § 264 StPO (vgl. Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 405 Rn. 4 und 7, § 406 Rn. 2; Zabeck in KK-StPO, 7. Aufl., § 403 Rn. 2; Meyer-Goßner, aaO, § 405 Rn. 3). Für die Frage, ob der Anspruch aus der Tat erwachsen ist, ist hiernach allein der historische Sachverhalt entscheidend , aus dem sich der Anspruch ergibt, nicht aber das Schutzgut des verletzten Strafgesetzes, aus dem der Angeklagte verurteilt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – 5 StR 306/13, BGHSt 58, 152, 154; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 254/09, BGHR StGB § 73 Verletzter 14 [jeweils zu § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in der bis zum 30. Juni 2017 gültigen Fassung]).
19
2. Zu Recht rügt der Angeklagte jedoch, dass er zum Entschädigungsantrag in der Hauptverhandlung nicht gehört worden ist, was durch die dazu fehlenden Feststellungen im Protokoll bewiesen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1990 – 4 StR 519/90, BGHSt 37, 260; Meyer-Goßner, aaO, § 404 Rn. 10).
20
Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Adhäsionsentscheidung und – da es sich um einen behebbaren Verfahrensfehler handelt und das neue Tat- gericht ohnehin erneut mit der Sache befasst wird – auch insoweit zur Zurückverweisung zu neuer Verhandlung und Entscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 – 4 StR 602/11, StraFo 2012, 236; Meyer-Goßner, aaO, § 406a Rn. 5).

IV.


21
Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben, in den Fällen II. 3 a und II. 5 a der Urteilsgründe das Vorliegen der Voraussetzungen einer Straftat der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs – insbesondere im Fall II. 3 a das Vorliegen einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben einer anderen Person oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert und im Fall II. 5 a ein sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht grob verkehrswidriges und rück- sichtsloses Handeln des Angeklagten – eingehender, als dies bislang erfolgt ist, darzulegen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke