Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2007 - 1 StR 574/06

bei uns veröffentlicht am13.02.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 574/06
vom
13. Februar 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vergewaltigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Februar
2007, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten B.
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 10. August 2006
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte G. einer besonders schweren Vergewaltigung schuldig ist;
b) im Strafausspruch gegen die Angeklagten G. und B. aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Die weitergehende Revision zum Nachteil des Angeklagten B. wird verworfen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten sowie den Angeklagten B. wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der gegen den Angeklagten B. ausgesprochenen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen greift die Staatsanwaltschaft mit der Sachbeschwerde das Urteil insgesamt an und wendet sich insbesondere gegen die beim Angeklagten B. mit einem Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a Nr. 1 StGB begründete Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

2
Das Landgericht hat unter anderem folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte G. und die damals 26-jährige Zeugin Bi. S. hatten sich Ende Januar/Anfang Februar 2006 über das Internet kennen gelernt. Nachdem man sich bereits am 18. Februar 2006 einmal getroffen hatte, wobei die Zeugin S. anschließend von der Person des Angeklagten enttäuscht war, gab sie seinem Drängen nach und nahm eine weitere Einladung auf den Abend des 3. März 2006 an, um ihm eine "zweite Chance" zu geben.
3
Am Abend des 3. März 2006 kam die Zeugin S. in die Wohnung des Angeklagten G. und hielt sich mit diesem zunächst in dessen Bett auf. Gegen 22.00 Uhr traf der Mitangeklagte B. ein. In der Folge begaben die drei sich in die Diskothek "Sch. " in H. . Dort hielten sie sich bis etwa 4.00 Uhr auf, wobei sich die Zeugin S. darauf einließ, mit dem Angeklagten B. Küsse zu tauschen und sich "zum Teil aufeinander liegend" - jedoch über der Kleidung - zu "befummeln".
4
Nach dem Verlassen der Diskothek begaben sich die drei zum Pkw des Angeklagten B. , wobei der Angeklagte G. , der nunmehr entschlossen war, sexuell mit der Zeugin zu verkehren, diese gegen einen dort ebenfalls abgestellten Pkw drückte und versuchte, unter der Bekleidung an die nackten Brüste der Zeugin zu fassen. Aufgrund der Gegenwehr der Zeugin gelang dies jedoch nicht. Auf der anschließenden Fahrt zurück zur Wohnung des Angeklagten G. , wo auch der Pkw der Zeugin stand, kam es zwischen der Zeugin S. und dem Angeklagten G. zu Streitigkeiten, in deren Verlauf G. die Zeugin ohne rechtfertigenden Grund mehrfach mit der Hand schmerzhaft ins Gesicht schlug und an den Haaren zog. Bei der Wohnung des Angeklagten G. angekommen, kam die Zeugin aus Angst und aufgrund des vorausgegangenen Geschehens im Pkw der Aufforderung nach, sich mit in die Wohnung zu begeben. Nach dem Betreten der Wohnung gegen 5.00 Uhr früh forderte der Angeklagte G. die Zeugin auf, sich ins Bett im Schlafzimmer zu legen und sich auszuziehen. Dieser Aufforderung kam sie unter dem Eindruck des vorausgegangenen Tuns auch nach, zog sich jedoch nur bis auf die Unterwäsche aus. Die beiden Angeklagten zogen sich nackt aus und legten sich zur Zeugin ins Bett. Sie zogen sie dann vollständig aus, weil sie mit ihr - notfalls auch gegen ihren Willen - geschlechtlich verkehren wollten. Weil diese offensichtlich hiermit nicht einverstanden war, begann der Angeklagte G. , die Zeugin mit erneuten schmerzhaften Schlägen ins Gesicht und an den Körper sowie durch schmerzhaftes Zerren an den Haaren und das Ausreißen von Haaren gefügig zu machen. Trotz der ständigen Gegenwehr der Geschädigten und ihrer Bitten, aufzuhören, vollzogen beide Angeklagten in der Folgezeit gegen den weiter erkennbaren Willen der Geschädigten mehrfach den un- geschützten Geschlechtsverkehr mit ihr, jeweils in mindestens einem Fall auch bis zum Samenerguss.
5
Bereits von Anfang an und im weiteren Verlauf immer wieder forderte der Angeklagte G. auch den Angeklagten B. auf, mit der Geschädigten geschlechtlich zu verkehren. Dem kam der Angeklagte B. nach, wobei er das Verhalten des Angeklagten G. , der sein Opfer weiterhin ständig schmerzhaft schlug und an den Haaren riss, ausnutzte. Die Zeugin, welche vom Angeklagten G. auch schmerzhaft in eine ihrer Brüste gekniffen und daran gezogen wurde, musste in der Folge die Angeklagten auch mehrfach oral und manuell befriedigen. In einem Fall drang der Angeklagte G. mit seinem erigierten Penis zudem anal in die Geschädigte ein, während der Angeklagte B. ein entsprechendes Vorhaben auf Bitte der Geschädigten und wegen ihrer Klage über die damit verbundenen Schmerzen aufgab.
6
Gegen 8.00 Uhr zog sich der Angeklagte B. an und verließ die Wohnung. In der Folge vollzog der Angeklagte G. , wie von vornherein beabsichtigt , noch zweimal den ungeschützten Geschlechtsverkehr gegen den erkennbaren Willen der Geschädigten, die dies nur unter dem Eindruck des vorausgegangenen Tuns über sich ergehen ließ.
7
Anschließend konnte die Zeugin S. mit ihrem Pkw wegfahren.
8
Die Zeugin erlitt an zahlreichen Körperstellen Hämatome sowie verschiedene Kratzer, Blutergüsse und Hautabschürfungen. Daneben war es infolge der Taten zu einer schmerzhaften Rötung und Schwellung des Scheideneingangs und zu mehreren Einrissen im Bereich der hinteren Kommissur der Vulva gekommen. Dies hatte zu einer Harnwegs- und Scheideninfektion geführt, wodurch die Zeugin in der Folgezeit starke Schmerzen, insbesondere beim Wasserlassen erlitt, welche jedoch nach medikamentöser Behandlung abklangen.
Hinsichtlich der von der Zeugin weiter geschilderten andauernden starken Beschwerden im Analbereich und damit verbundener Probleme beim Stuhlgang konnten bei einer endoskopischen Untersuchung keine äußerlich sichtbaren Verletzungen festgestellt werden. Die Zeugin leidet auch heute noch unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung, welche anfangs mit Schlafstörungen und nachlassenden schulischen Leistungen bei der Umschulung verbunden waren sowie mit der Angst, sich unter Menschen zu begeben. Sie wird deswegen seit Ende Juni 2006 zweimal wöchentlich psychologisch behandelt.
9
Bei Beginn der Taten um 5.00 Uhr hatte der Angeklagte G. eine Blutalkoholkonzentration von maximal 1,91 Promille, der Angeklagte B. von maximal 0,46 Promille und die Geschädigte von maximal 0,68 Promille, wobei nach den Feststellungen der Strafkammer die Fähigkeit des Angeklagten G. , das Unrecht seines Tuns einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, weder aufgehoben noch erheblich vermindert war.
10
Der Angeklagte B. hat sich in der Hauptverhandlung bei der Zeugin S. für sein Tun entschuldigt. Die Zeugin hat auf diese Entschuldigung nicht reagiert, sie jedoch auch nicht ausdrücklich zurückgewiesen. Im Übrigen hat der Angeklagte B. der Zeugin nach Aufnahme eines Darlehens 4.000 € zukommen lassen, wobei diese aber über den Nebenklägervertreter für den Fall einer vergleichsweisen Regelung ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 € gefordert hatte.

II.

11
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg und führt zur Änderung des Schuldspruchs beim Angeklagten G. sowie zur Aufhebung der Strafaussprüche gegen beide Angeklagte.
12
1. Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen verurteilt und hat hierbei offenbar zwischen den gemeinschaftlich mit dem Mitangeklagten B. begangenen Vergewaltigungshandlungen und den beiden nach seinem Weggang erfolgten weiteren Vergewaltigungen unterschieden. Dies begegnet rechtlichen Bedenken. Allein der Umstand, dass einer von zwei Tätern von dem Opfer ablässt, rechtfertigt keine Trennung in zwei Taten beim anderen Täter. Vielmehr kommt es bei mehrfach hintereinander begangenen Vergewaltigungen allein dar auf an, ob diesen, jedenfalls soweit es die als Tatmittel angewendete Gewalt betrifft, ein einheitliches Tun eines Angeklagten zugrunde liegt (BGH NStZ 2000, 419, 420). Bei einheitlicher Gewaltanwendung liegt ebenso wie bei fortgesetzter oder fortwirkender Drohung trotz mehrfacher dadurch erzwungener Beischlafhandlungen nur eine Tat im Rechtssinne vor (BGH NStZ 2002, 199, 200). So ist es auch bei den vorliegenden Taten des Angeklagten G. ; denn einerseits hat er die ständig Gegenwehr leistende Geschädigte immer weiter geschlagen und an den Haaren gerissen und andererseits von vorneherein vorgehabt, nach dem Weggehen des Mitangeklagten B. erneut und mehrfach den Geschlechtsverkehr mit der Zeugin gegen deren Willen zu vollziehen, was diese nur unter dem Eindruck des vorangegangenen Geschehens über sich ergehen ließ (UA S. 17).
13
2. Weiterhin hat die Strafkammer die dem Opfer im Scheidenbereich zugefügten Verletzungen und die damit verbundenen anschließenden starken Schmerzen als schwere körperliche Misshandlung nach § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB angesehen, jedoch diese Qualifikation den Schuldsprüchen gegen die Angeklagten nicht zugrunde gelegt, weil nicht feststellbar sei, welcher der Angeklagten die Verletzungen herbeigeführt hatte und zu welchem Zeitpunkt dies geschehen sei.
14
Diese Beurteilung des Sachverhalts begegnet bereits deswegen Bedenken , weil es sich nur um eine Tat handelt. Jedenfalls dem Angeklagten G. , welcher am gesamten Geschehen beteiligt war und zudem den Mitangeklagten B. immer wieder aufforderte, ebenfalls mit der Geschädigten gegen deren Willen geschlechtlich zu verkehren (UA S. 16), ist die gesamte Tat zuzurechnen (§ 25 Abs. 2 StGB). Somit kann es auch hinsichtlich des Angeklagten G. dahinstehen, welcher der beiden Täter der Zeugin die Scheidenverletzungen zufügte; denn es ist allgemeinkundig, dass bei einem gewaltsamen Geschlechtsverkehr, bei welchem sich das Opfer zudem noch wehrt, solche Verletzungen häufig eintreten, so dass ein Täter derartige Verletzungen in diesen Fällen zumindest billigend in Kauf nimmt. Ebenso kann insoweit nicht darauf vertraut werden, dass gewaltsam herbeigeführte Verletzungen im Scheidenbereich folgenlos abheilen, sondern mit dem Entstehen schmerzhafter Entzündungen auf Grund von Wunden im Scheidenbereich ist immer zu rechnen, so dass ein bedingter Vorsatz eines den körperlichen Widerstand des Opfers gewaltsam überwindenden Vergewaltigers auch diesbezüglich anzunehmen ist.
15
Allerdings kann vorliegend dahinstehen, ob allein das Herbeiführen von Scheidenrissen mit äußerst schmerzhaften Entzündungsfolgen schon eine schwere körperliche Misshandlung im Sinne von § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB darstellt. Jedenfalls aber gebietet die Gesamtschau von über mehrere Stunden andauernden ständigen und schmerzhaften Schlägen ins Gesicht und an den Körper, dem schmerzhaften Zerren an den Haaren und dem Ausreißen von Haaren, dem einmaligen schmerzhaften Kneifen in eine Brust der Geschädigten sowie den Scheideneinrissen mit ihren länger anhaltenden schmerzhaften Folgen die Annahme einer Qualifikation nach § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB. Durch das vorliegende Vorgehen des Angeklagten wurde die körperliche Integrität des Opfers in einer Weise beeinträchtigt, die mit erheblichen Schmerzen verbunden ist (vgl. BGH NStZ 1998, 461; Beschl. vom 26. April 2006 - 1 StR 151/06). Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Landgerichts, so dass der Schuldspruch durch den Senat entsprechend abzuändern war; § 265 StPO steht dem nicht entgegen, nachdem dem Angeklagten ein entsprechender rechtlicher Hinweis bereits durch das Landgericht erteilt worden ist.
16
3. Hinsichtlich des Mitangeklagten B. konnte die Strafkammer keine Feststellungen treffen, wann der Geschädigten die Risse zugefügt worden sind. Die Annahme der Strafkammer, dass ohne Berücksichtigung der Scheideneinrisse ein besonders schwerer Fall nach § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB nicht vorliege, liegt im Rahmen tatrichterlichen Beurteilungsspielraums und ist vom Revisionsgericht hinzunehmen. Da weitere Feststellungen auch nicht in einer neuen Hauptverhandlung zu erwarten sind, hatte es für den Angeklagten B. beim Schuldspruch des Urteils des Landgerichts Ellwangen zu verbleiben; insoweit war die Revision der Staatsanwaltschaft zu verwerfen.

III.

17
Die Strafaussprüche gegen beide Angeklagten waren aufzuheben.
18
1. Für den Angeklagten G. muss die Strafe neu zugemessen werden, da nur eine Tat vorliegt, welche allerdings unter den qualifizierenden Merkmalen des § 177 Abs. 4 StGB begangen wurde.
19
2. Hinsichtlich des Angeklagten B. begegnet die Bejahung der Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a StGB durch das Landgericht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
20
a) Gemäß § 46a Nr. 1 StGB muss der Täter im Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil" wieder gutgemacht haben, wobei es aber auch ausreichend sein kann, dass der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung bereits mehrfach ausgeführt hat, setzt das Bemühen des Täters grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben ohne den Versuch der Einbeziehung des Opfers genügt dazu nicht (BGH NStZ 1995, 492, 493; NStZ 2002, 29; BGH, Urt. vom 27. August 2002 - 1 StR 204/02; NStZ 2006, 275). Wenngleich ein "Wiedergutmachungserfolg" nicht zwingende Voraussetzung ist, so muss sich doch das Opfer auf freiwilliger Grundlage zu einem Ausgleich bereit finden und sich auf ihn einlassen. Dabei reicht aber allein die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen nicht aus; insbesondere kann dadurch nicht das Erfordernis eines kommunikativen Prozesses zwischen Täter und Opfer ersetzt werden.
21
b) Aus der Sicht des Opfers ist es für die verlangte Kommunikation unabdingbar , dass die Geschädigte in den Dialog mit dem Täter über die zur Wiedergutmachung erforderlichen Leistungen einbezogen wird. Ein erfolgreicher Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB setzt grundsätzlich voraus , dass das Opfer die Leistungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert (BGHSt 48, 134, 142; NStZ 2002, 646). Dies ergibt sich schon daraus , dass überhaupt nur angemessene und nachhaltige Leistungen die erlittenen Schädigungen ausgleichen und zu einer Genugtuung für das Opfer führen können. Keinesfalls reicht es hin, wenn ein Täter ohne Zustimmung des Opfers eine finanzielle Leistung erbringt, welche nur die Hälfte der im Rahmen eines Vergleichsvorschlags beanspruchten Forderung erreicht, wobei sich schon der Vergleichsvorschlag, wie die Strafkammer zutreffend festgestellt hat, eher an der unteren Grenze des Schmerzensgeldanspruchs der Geschädigten orientiert hat.
22
c) Nicht ausreichend sind zudem die tatrichterlichen Feststellungen dazu, wie sich das Opfer zu den bisherigen Bemühungen des Täters gestellt hat und wie sicher die Erfüllung einer weiteren Schmerzensgeldzahlung ist (vgl. BGH NStZ 2002, 29; BGH, Beschl. vom 22. Januar 2002 - 1 StR 500/01; NStZ 2006, 275). Auch unter Berücksichtigung der vor der Hauptverhandlung gegenüber dem Angeklagten verhängten Kontaktsperre hätte die Möglichkeit zu einer Kommunikation zwischen dem Angeklagten B. und dem Opfer, jedenfalls im Rahmen der Hauptverhandlung, bestanden - auch zur Frage ihres Einverständnisses (BGHSt 48, 134, 147).
23
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte belegen die Urteilsgründe die Voraussetzungen eines erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleichs nicht. Wahl Boetticher Hebenstreit Elf Graf

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Hat der Täter 1. in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder2. in einem Fall, in welchem die

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Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 151/06
vom
26. April 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2006 gemäß § 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kempten vom 19. Dezember 2005 wird verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Raubes und wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, erpresserischem Menschenraub, versuchter schwerer räuberischer Erpressung und versuchtem Computerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch, insbesondere auch hinsichtlich der Verurteilung wegen schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB. Anders, als die Revision vorträgt, hat das Gericht festgestellt, dass der Geschädigte P. durch den Angriff der Angeklagten fast im gesamten Bereich des Oberkörpers und des Kopfes Schürfwunden und Prellungen erlitten hat. Die körperliche Integrität des Opfers ist somit in einer Weise beeinträchtigt worden, die mit erheblichen Schmerzen verbunden ist. Dass diese Misshandlungen bei der Tat erfolgt sind, ergibt sich ebenfalls aus dem Urteil.
3
2. Von der vom Generalbundesanwalt beantragten Änderung des Schuldspruchs sieht der Senat ab. Es liegt im Rahmen tatrichterlicher Würdigung , wenn das Landgericht hinsichtlich der Straftat zum Nachteil des Geschädigten M. und derjenigen zum Nachteil des Geschädigten P. Tatmehrheit anstelle von Tateinheit angenommen hat. Nach den Feststellungen fassten die Angeklagten S. und G. zwar den Entschluss, beide Geschädigte zu berauben, und entwickelten dementsprechend den Tatplan zusammen mit den anderen Mittätern. Beide Opfer wurden auch gemeinsam und zum gleichen Zeitpunkt angegriffen. Der Geschädigte M. konnte jedoch nach dem ersten Angriff der Angeklagten fliehen, sodass sich alle folgenden Handlungen allein gegen den Geschädigten P. richteten. Unter diesen Umständen begegnet die - nur begrenzter revisionsrechtlicher Kontrolle zugängliche - Bewertung des Landgerichts, hier liege Tatmehrheit vor, keinen rechtlichen Bedenken.
4
3. Auch der Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Da der Generalbundesanwalt trotz der von ihm beantragten Änderung des Schuldspruchs nicht die Aufhebung des Strafausspruchs beantragt hat, war der Senat an einer Entscheidung nach § 349 Abs. 2 StPO nicht gehindert (Senat NStZ-RR 1999, 24 m.w.Nachw.).
Nack Boetticher Kolz Elf Graf

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 204/02
vom
27. August 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. August
2002, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Nack
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 29. Januar 2002 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes, wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Schutzbefohlenen in vier Fällen sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Sie erstrebt im Ergebnis eine höhere, zu vollstreckende Strafe. Ihr Rechtsmittel bleibt erfolglos.

I.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts streichelte der Angeklagte im Jahr 1987 seine aus erster Ehe stammende, in seinem Haushalt lebende
damals 13jährige Tochter N. im Bereich der Vagina, führte für wenige Sekunden einen Finger leicht in die Scheide ein und ließ N. kurz sein entblößtes , erigiertes Glied anfassen. Er onanierte sodann vor dem Kind bis zum Samenerguß und zeigte die Samenflüssigkeit seiner Tochter mit den Worten: "Schau' mal, wie sich das anfühlt!" (Fall II. 1., sexueller Mißbrauch eines Kindes nach § 176 Abs. 1 StGB aF; die Gesetzesverletzung nach § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB war verjährt). Im Juli oder August 1998 veranlaßte der Angeklagte die seinerzeit 8jährige Tochter I. seiner nunmehrigen Lebensgefährtin J. K. , sein nicht erigiertes Glied für wenige Sekunden in den Mund zu nehmen und daran zu lutschen, als er I. zu Bett brachte. Er war in diesem Zeitraum auch mit der Erziehung des Kindes befaßt. Ein bis zwei Wochen später wiederholte sich dieser Vorgang. Etwa ein bis drei Wochen darauf führte der Angeklagte einen Finger in die Scheide des Mädchens ein und bewegte ihn. Aufforderungsgemäß leckte das Kind den Finger sodann ab. Er streichelte es schließlich im Bereich der Scheide und küßte diese. Wenige Tage später kam es erneut zu den gleichen Handlungen; zudem gab der Angeklagte jetzt dem Kind einen Zungenkuß (Fälle II. 2. a) bis d), schwerer sexueller Mißbrauch eines Kindes in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Schutzbefohlenen, § 176 Abs. 1, § 176a Abs. 1 Nr. 1, § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Am 18. Juni 2000 würgte der Angeklagte seine Lebensgefährtin J. K. im Zuge der Trennung beider, so daß diese zwei Tage lang unter Schluckbeschwerden litt (Fall II. 3., vorsätzliche Körperverletzung, § 223 Abs. 1 StGB). 2. Das Landgericht hat für die erste Tat - zum Nachteil von N. , Fall II.1. - eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, für die vier Taten zum
Nachteil von I. - Fälle II. 2. - je eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und für die Körperverletzung zum Nachteil der J. K. - Fall II.3. - eine Geldstrafe ! "! $# % & von 120 Tagessätzen á 40 sstrafe von zwei Jahren gebildet. Deren Vollstreckung hat es zur Bewährung ausgesetzt. In den ersten beiden Komplexen (zum Nachteil N. und I. ) hat es jeweils minder schwere Fälle angenommen und dabei ausdrücklich darauf abgestellt, daß die Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs nach § 46a Nr. 1 StGB erfüllt seien. Bei der Bemessung der Geldstrafe für das Körperverletzungsdelikt hat es ebenso die Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB bejaht und den Strafrahmen über § 49 Abs. 1 StGB gemildert. Die Strafkammer hat dies damit begründet, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung an sei- %' )(+*, "- . / '10 / ' 2 354 6 '1 1*, 7 98/4 70 ne Tochter N. 260 zivilrechtlichen Verjährung eines im Adhäsionsverfahren anhängigen Schmerzensgeldanspruchs ausgegangen war. Zur Abgeltung weiterer, ebenfalls im Adhäsionsverfahren geltend gemachter Ansprüche der Geschädigten I. und J. K. hat er sich im Wege eines in der Hauptverhandlung protokol- # 0 1;: ,< = *, 8/4 ?> lierten Vergleichs zur Zahlung von 3.000 ver- 6@ pflichtet, die bei ratenweiser Zahlung in Höhe von insgesamt 2.000 zehn Monaten als vollständig erfüllt gelten sollten. J. K. hat er im Vergleichswege sämtliche im ehemals gemeinsamen Haushalt verbliebenen gemeinschaftlichen Möbel und Hausratsgegenstände zu Alleineigentum überlassen ; diese ging dabei von einem Wert der Gegenstände in Höhe von 3.500 aus. Der Angeklagte bezog zuletzt Übergangsgeld vom Arbeitsamt; er hat Unterhaltsverpflichtungen und ist hoch verschuldet.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. 1. Die Bejahung der Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs (gemäß § 46a Nr. 1 StGB) durch das Landgericht begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) § 46a Nr. 1 StGB verlangt, daß der Täter im Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil" wiedergutgemacht hat; es ist aber auch ausreichend, daß der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Das Bemühen des Täters setzt grundsätzlich einen kommunikativen Prozeß zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden , friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muß. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben ohne den Versuch der Einbeziehung des Opfers genügt dazu nicht (BGH NStZ 1995, 492; NJW 2001, 2557; NStZ 2002, 29). Wenngleich ein "Wiedergutmachungserfolg" nicht zwingende Voraussetzung ist (BGH aaO), so muß sich doch das Opfer auf freiwilliger Grundlage zu einem Ausgleich bereit finden und sich auf ihn einlassen. Ebensowenig wie allein die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen genügt, ist andererseits bei einem auf Ausgleich angelegten Verhalten des Täters, das sich als "Ausdruck der Übernahme von Verantwortung" erweist, die vollständige Erfüllung der bestehenden Ersatzansprüche erforderlich ; die strafrechtliche Wiedergutmachung im Sinne von § 46a StGB darf mit dem zivilrechtlichen Schadensersatz nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden (so zu § 46a Nr. 2 StGB: BGH NJW 2001, 2557). Der Anwendbarkeit steht zudem nicht von vornherein entgegen, daß der Täter den finanziellen Ausgleich durch seinen Verteidiger und etwa erst zu einem Zeitpunkt veranlaßt hat oder sich dazu verpflichtet hat, zudem ihn das Opfer bereits auf Zahlung in An-
spruch genommen hat (BGH StV 2000, 129 = NStZ-RR 2000, 364; StV 1999, 89; NStZ 1995, 284). Regelmäßig sind aber tatrichterliche Feststellungen dazu erforderlich, wie sich das Opfer zu den Bemühungen des Täters gestellt hat, wie sicher die Erfüllung einer etwaigen Schmerzensgeldzahlungsverpflichtung ist und welche Folgen diese Verpflichtung für den Täter haben wird (BGH NStZ 2002, 29; BGH, Beschluß vom 22. Januar 2002 - 1 StR 500/01). Auf dieser Grundlage hat der Tatrichter in "wertender Betrachtung" und schließlich nach Ermessensgesichtspunkten zu entscheiden, ob er die Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs annimmt und danach von der so eröffneten Milderungsmöglichkeit Gebrauch macht. Dabei gilt es, das gesetzgeberische Anliegen im Blick zu behalten, mit der Vorschrift für den Täter einen als "vertypten Strafmilderungsgrund" ausgestalteten Anreiz für entsprechende Ausgleichsbemühungen zu schaffen. Das verbietet nach Auffassung des Senats ein allzu enges Verständnis der Vorschrift jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen ein kommunikativer Prozeß zwischen Täter und Opfer stattgefunden hat; dies wird vornehmlich für Taten im Familienverbund oder innerhalb sonstiger persönlicher Beziehungen zu gelten haben.
b) Das Landgericht hat diese Maßstäbe im Ergebnis beachtet. Die Urteilsgründe belegen in ihrem Zusammenhang noch hinreichend die Voraussetzungen eines stattgefundenen Täter-Opfer-Ausgleichs, den die Beschwerdeführerin namentlich hinsichtlich der ersten beiden Tatkomplexe (Taten zum Nachteil der Kinder) in Frage stellt. Die Feststellungen ergeben, daß der Angeklagte versucht hat, die Tatopfer in seine Ausgleichsbemühungen einzubeziehen und daß ein friedensstiftender "kommunikativer Prozeß" stattgefunden hat. So nahm der Angeklagte im zweiten Fallkomplex (zum Nachteil von I. ) nach Offenlegung des Kindesmißbrauchs durch die Geschädigte gegenüber ihrer Mutter um die Jahreswende 1998/99 mit der Telefonseelsorge Kontakt
auf; die Mutter ließ sich ebenfalls beraten. In Absprache mit der Mutter kam es danach zu einem - ersichtlich auch von der Beratungsstelle für sinnvoll erachteten - Gespräch zwischen Angeklagtem und dem Kind. Im Einvernehmen des Angeklagten, des Kindes und der Mutter lebten alle drei mit einer weiteren, jüngeren Tochter der Mutter seit Frühjahr 1999 wieder zusammen und zogen im Herbst 1999 gemeinsam nach Ku. , wo der Angeklagte und seine Lebensgefährtin ein Haus kauften (UA S. 13). Daß dieser ersichtlich einstweilen erfolgreiche Versuch einer "Aufarbeitung" der Taten zeitlich vor der Einleitung des Ermittlungsverfahrens lag, hindert den Tatrichter nicht, ihn - jedenfalls im Ergebnis - mit in Betracht zu ziehen. Ähnlich lag es auch beim ersten Fall (zum Nachteil von N. ). Nachdem sich das Opfer seiner Stiefmutter, der zweiten Ehefrau des Angeklagten, anvertraut und diese dem Angeklagten deshalb Vorhaltungen gemacht hatte, gab der Angeklagte die Tat zu. Da er N. versprach , derartiges nie mehr zu tun, hielt diese auch in der Folgezeit weiter Kontakt zu ihm. Dies blieb so, bis im Jahr 2000 die Vorwürfe des Mißbrauchs von I. bekannt wurden. Aus Empörung darüber brach N. nun den Kontakt mit ihrem Vater ab und erstattete ihrerseits Anzeige. Daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung ein Schmerzensgeld an N. gezahlt hat und im übrigen im Wege eines protokollierten Vergleichs entsprechende Verpflichtungen zur Ersatzleistung eingegangen ist (UA S. 7, 8/9, 11), belegt unter diesen Umständen noch genügend, daß die Ausgleichsbemühungen auch in der Folge jedenfalls eine gewisse friedensstiftende Wirkung gezeitigt oder jedenfalls angebahnt haben; die Annahme der Vergleiche und der vergleichsweisen Zahlung setzt eine entsprechende Bereitschaft seitens der Opfer voraus. Ein gerichtlich protokollierter Vergleich ist ein Vollstrekkungstitel (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Auswirkungen der erfolgten und der zu erbringenden Zahlungen für den hoch verschuldeten Angeklagten erge-
ben sich noch genügend aus dem Zusammenhang mit den Feststellungen zu seinen finanziellen und persönlichen Verhältnissen. Unter all diesen Umständen ist jedenfalls von Rechts wegen nichts dagegen zu erinnern, daß die Strafkammer die Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs in wertender Betrachtung für alle Fälle bejaht und von ihrer Straffindungskompetenz in revisionsrechtlich hinzunehmender Weise Gebrauch gemacht hat. Im ersten Fall steht der ersichtlichen Annahme "überwiegender Wiedergutmachung" von Rechts wegen nicht die eher geringe Höhe des gezahlten Schmerzensgeldes entgegen. Denn die Tat lag lange zurück. Die Geschädigte hatte nach Aussprache weiter Kontakt mit dem Angeklagten, ihrem Vater, gepflegt, und fortdauernde erhebliche psychische Folgen des Tatgeschehens sind im Urteil nicht festgestellt. Sie liegen angesichts des Zeitablaufs und des Lebensalters der Geschädigten zur Tatzeit sowie zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung auch nicht nahe.
c) Aus den Urteilsgründen ergibt sich schließlich auch kein Anhalt dafür, daß die Geschädigten den Täter-Opfer-Ausgleich etwa nicht "ernsthaft mitgetragen" und nicht als friedensstiftende Konfliktregelung "innerlich akzeptiert" hätten. Deshalb kann der Senat dahinstellen, ob ein solcher innerer Vorbehalt des Opfers der Annahme der Voraussetzungen eines Ausgleichs entgegenstünde (so der 2. Strafsenat, Urteil vom 31. Mai 2002 - 2 StR 73/02).
2. Die Revisionsbegründung der Beschwerdeführerin zeigt auch sonst einen Rechtsfehler nicht auf. Nack Wahl Boetticher Schluckebier Kolz

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 500/01
vom
22. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2002 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 12. Juli 2001, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die rechtswirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die Revision beanstandet zu Recht, daß sich die Strafkammer nicht mit § 46a Abs. 1 Nr. 1 StGB auseinandergesetzt hat, obgleich hierzu Anlaß bestand. Im Rahmen der Strafzumessung stellt die Strafkammer fest: "Zu seinen Gunsten war allerdings zu werten, daß er dem Geschädigten bereits freiwillig ein Schmerzensgeld von 3.500 DM angeboten und bezahlt hat." Weitere Ausführungen hierzu, etwa zum Zustandekommen dieser Zahlung, dem dazu in der Regel notwendigen Kommunikationsprozeß zwischen Täter und Opfer, wie sich
der Geschädigte zu den Bemühungen des Angeklagten stellte oder welche Folgen die Schmerzensgeldzahlung für den Angeklagten hatte, finden sich in den Urteilsgründen nicht. § 46a StGB wird nicht erwähnt. Eine Strafrahmenverschiebung wird nicht vorgenommen. Der Strafsenat vermag so nicht zu beurteilen, ob die Strafkammer die Voraussetzungen des § 46a Abs. 1 Nr. 1 StGB trotz der Schmerzensgeldzahlung zu Recht nicht für erfüllt angesehen hat oder zu hohe Anforderungen an die Milderungsmöglichkeit nach §§ 46a Abs. 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB gestellt hat (vgl. BGHR StGB § 46a Anwendungsbereich 1; BGH NStZ 2002, 29). Der Strafausspruch hat daher keinen Bestand. Die Feststellungen bleiben bestehen. Sie können durch neue Feststellungen, die den bisher getroffenen nicht widersprechen, ergänzt werden. Schäfer Nack Wahl Schluckebier Hebenstreit