Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2014 - 3 StR 62/14

bei uns veröffentlicht am09.12.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR62/14
vom
9. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
9. Dezember 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 8. Oktober 2013
a) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben aa) in den Fällen B. III. 2, 8, 14, 15 und 19 der Urteilsgründe , bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
b) in den Fällen B. III. 1, 3, 4, 6, 7, 9-13, 17, 18 und 20 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist - der gewerbsmäßigen Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck in drei Fällen, - des gewerbsmäßigen Zuwiderhandelns gegen das Bereitstellungsverbot eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Union, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme dient, in acht Fällen, - des jeweils tateinheitlichen gewerbsmäßigen Zuwiderhandelns gegen das Verkaufs-, Liefer-, Ausfuhr- und Bereitstellungsverbot eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Union, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme dient, - des versuchten gewerbsmäßigen Zuwiderhandelns gegen das Bereitstellungsverbot eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Union, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme dient. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) in 18 Fällen, davon in 2 Fällen versucht" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und gegen ihn den Verfall von Wertersatz in Höhe von 123.000 € angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts lernte der Angeklagte Ende des Jahres 2009 den Einkaufsleiter der iranischen Firma H. kennen. Dieser trat mit dem Ansinnen an ihn heran, formell über die H. hochwertige Messgeräte für die Luftfahrtindustrie-Gruppe S. zu liefern. Dem Angeklagten war bekannt, dass hinter der letztgenannten Gesellschaft die I. E. stand, die für das iranische Ministerium für Verteidigung und Logistik agierte. Weiter wusste er, dass es sich bei den nachgefragten Gütern überwiegend um solche handelte, die aufgrund ihres potentiell auch militärischen Verwendungszweckes der Exportkontrolle unterlagen, wobei die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung angesichts der vorgesehenen Endkundin ausgeschlossen war. In der Folgezeit sagte der Angeklagte seine Kooperation zu. In Umsetzung dieses Entschlusses erwarb er bis zu seiner Festnahme im November 2012 von unterschiedlichen Firmen diverse Güter insbesondere der Satelliten- und Nachrichtentechnik, die er über die IM. GmbH, deren geschäftsführender Alleingesellschafter er war, pro forma entweder an die INGENIEUR-GESELLSCHAFT P. mbH (P. ) oder die SI. (Si. ) verkaufte. Die P. hatte ihren Geschäftssitz in Teheran/Iran; der Angeklagte hielt 97% der Anteile und fungierte als Generaldirektor sowie Mitglied des Vorstandes. An der Si. , die ihren Geschäftssitz in Istanbul/Türkei hatte, hielt der Angeklagte 50% der Geschäftsanteile. In den Fällen B. III. 1-4, 6-15, 17-19 der Urteilsgründe trat im weiteren Verlauf die P. als Verkäuferin gegenüber ira- nischen Firmen bzw. Organisationen auf. Der Angeklagte brachte die jeweiligen Güter auf dem Luftwege entweder in seinem Reisegepäck in die Islamische Republik Iran oder begleitete deren Transport per Luftfracht. Anschließend hinterlegte er sie beim Zollamt der Islamischen Republik Iran am Flughafen Khomeini Teheran für die jeweilige Endkundin. Er beabsichtigte, sich hierdurch eine dauerhafte Einnahmequelle von einiger Dauer und Erheblichkeit zu verschaffen. Die dem Angeklagten jeweils bekannten Endempfänger der Güter waren entweder die I. C. , ein Tochterunternehmen der I. E. , oder die I. S. , eine unselbständige Abteilung der I. E. . In den Fällen B. III. 1-4, 6-15, 17 und 18 der Urteilsgründe zahlten die Endempfängerinnen den jeweils vereinbarten Kaufpreis auf ein Bankkonto der P. . Von dort veranlasste der Angeklagte entweder die Überweisung auf Firmenkonten der IM. GmbH oder hob die Beträge in Rial ab, tauschte sie auf dem Schwarzmarkt in Euro und brachte sie sodann in bar in die Bundesrepublik Deutschland.
3
Soweit für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung hat das Landgericht folgende weitere Einzelheiten zu den Handlungen des Angeklagten festgestellt:
4
Fall B. III. 2 der Urteilsgründe:
5
Am 28. April 2010 transportierte der Angeklagte in seinem Reisegepäck einen PSG Analog-Signal-Generator, Frequenzbereich von 250 kHz bis 67 GHz einschließlich Zubehör. Bei dem PSG Analog-Signal-Generator handelt es sich um einen universell einsetzbaren Hochfrequenz-Messsender. Neben dem Einsatz in kommerziellen Bereichen ist ein solcher auch bei der Entwicklung und Wartung von militärischen Gütern möglich. Hiermit reiste er über den Flughafen Frankfurt/Main nach Teheran/Iran, wo er die Ware ablieferte. Eine Ausfuhrgenehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle lag nicht vor.
6
Fälle B. III. 8, 14 und 15 der Urteilsgründe:
7
Am 21. April, 8. Oktober und 10. Dezember 2011 führte der Angeklagte jeweils ohne Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle insgesamt 1.215 weltraumgeeignete Solarzellen des Typs 3G28A mit einem Wirkungsgrad von ca. 28%, bestehend aus dem Verbindungshalbleiter Galliumsenid, nach Teheran/Iran aus. Den Lieferungen lag ein Gesamtauftrag über 2.000 Solarzellen zugrunde, den der Angeklagte in drei Teilaufträge gesplittet hatte. Endempfängerin der Solarzellen war die I. S. .
8
Fall B. III. 19 der Urteilsgründe:
9
Am 26. Oktober 2012 führte der Angeklagte in seinem Reisegepäck zwei der Stabilisierung von Satelliten dienende Flight Model RWT-065 Reaktionsräder (FM 5 und 6) mit sich, "um sie über Istanbul/Türkei in den Iran auszuführen." Endempfängerin der Ware sollte die I. S. sein. Die Reaktionsräder wurden bei einer Kontrolle des aufgegebenen Reisegepäcks am Frankfurter Flughafen sichergestellt.
10
I. Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen, die der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegt hat, jedenfalls unbegründet.
11
II. Die umfassende Überprüfung des Urteils auf die von dem Angeklagten erhobene Sachrüge führt zur Aufhebung des Urteils in den Fällen B. III. 2, 8, 14, 15 und 19 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch und zur Änderung bzw. Neufassung des Schuldspruchs in den übrigen Fällen (B. III. 1, 3, 4, 6, 7, 9-13, 17, 18 und 20 der Urteilsgründe); im Übrigen hat sie keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Im Einzelnen:
12
1. Zu den Fällen B. III. 2, 8, 14 und 15 der Urteilsgründe:
13
In den Fällen B. III. 2, 8, 14 und 15 der Urteilsgründe genügen die Feststellungen nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO, wonach die für erwiesen erachteten Tatsachen anzugeben sind, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Hierzu hat der Tatrichter die Urteilsgründe so abzufassen, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen können (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - 3 StR 473/04, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 13).
14
a) Im Fall B. III. 2 der Urteilsgründe hat das Landgericht angenommen, der Angeklagte habe entgegen Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (Dual-Use-Verordnung) ohne die erforderliche Genehmigung Güter mit doppeltem Verwendungszweck ausgeführt, die in Anhang I dieser Verordnung aufgeführt seien, und sich hierdurch (unter Beachtung des § 2 Abs. 3 StGB) gemäß § 18 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 2 AWG nF strafbar gemacht. Den in Fall B. III. 2 der Urteilsgründe betroffenen Analog-Signal-Generator hat das Landgericht der Listenposition 3A002d des Anhangs I der Dual-Use-Verordnung zugewiesen. Diese erfasst mit Frequenzsynthese arbeitende Signalgeneratoren, die Ausgangsfrequenzen erzeugen, deren Genauigkeit sowie Kurz- und Langzeitstabili- tät vom geräteeigenen Hauptreferenzoszillator gesteuert, abgeleitet oder geregelt werden, soweit sie die im Weiteren in den Unternummern 1-4 der Listenposition beschriebenen Eigenschaften aufweisen. Dass der gegenständliche PSG Analog-Signal-Generator diese Voraussetzungen erfüllt, lässt sich den schriftlichen Urteilsgründen nicht entnehmen. Dort wird lediglich mitgeteilt, es handele sich um einen universell einsetzbaren Hochfrequenz-Messsender, dessen Frequenzbereich von 250 kHz bis 67 GHz liege; auch eine Einordnung unter die einzelnen Untergruppen der Pos. 3A002d hat die Strafkammer unterlassen.
15
b) aa) In den Fällen B. III. 8, 14, und 15 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuldspruch ebenfalls nicht. Das Landgericht ist davon ausgegangen, der Angeklagte habe sich in diesen Fällen nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 AWG nF strafbar gemacht, weil er entgegen Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 (Iran-Embargo-VO) i.V.m. Anhang I Iran-Embargo-VO und Anhang I Dual-Use-VO gelistete Güter mit doppeltem Verwendungszweck in den Iran ausgeführt habe. Die in diesen Fällen von dem Angeklagten ausgeführten Solarzellen hat die Strafkammer der Listenposition 3A001e Nr. 4 des Anhangs I der Dual-Use-Verordnung zugeordnet. Hierunter fallen aber nur weltraumgeeignete Solarzellen mit einem minimalen mittleren Wirkungsgrad größer 20% gemessen bei einer Betriebstemperatur von 301 K (28°C) und einer simulierten ´AM0´-Beleuchtung mit einer Strahlungsleistung von 1,367 Watt pro Quadratmeter. Zu diesen Merkmalen verhalten sich die Urteilsgründe nicht.
16
bb) Die Teilaufhebung des Urteils in diesen Fällen umfasst auch die in Tateinheit stehenden, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellten Delikte des gewerbsmäßigen Zuwiderhandelns gegen das Bereitstellungsverbot des Art. 16 Abs. 3, Anhang VIII B Nr. 20 Iran-Embargo-VO i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 AWG nF (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12).
17
cc) Für den Fall, dass sich in der neuen Hauptverhandlung die Voraussetzungen der Listenposition 3A001e Ziff. 4 des Anhangs I der Dual-Use-Verordnung nachweisen lassen, gilt Folgendes:
18
(1) Der Angeklagte hat nicht nur gegen das in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Iran-Embargo-VO enthaltene Ausfuhrverbot verstoßen, sondern auch gegen das hieraus folgende Verkaufsverbot. In Verbindung mit § 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 AWG aF bzw. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 AWG nF verlagert das Verkaufsverbot die Strafbarkeit vor und knüpft - anders als etwa die Variante des Bereitstellens - nicht an einen Realakt an; sanktioniert wird bereits der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages (MüKoStGB/Wagner, AWG, § 34 Rn. 119; Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR, 40. Erg.Lfg., Außenwirtschaftsgesetz 2013 vor §§ 17, 18 Rn. 96, sowie 32. Erg.Lfg., Außenwirtschaftsgesetz § 34 Abs. 4 Rn. 77). Da die Güter tatsächlich an die I. E. gelangten und diese den vereinbarten Kaufpreis entrichtete , sind die einzelnen Verkaufsgeschäfte vollzogen worden. Die Abgrenzung des unerlaubten Verkaufs von Gütern zu straflosen Vertragsverhandlungen (vgl. Morweiser in Wolffgang/Simonsen aaO) kann daher dahinstehen.
19
Zudem hat der Angeklagte dem aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. a IranEmbargo -VO folgenden Lieferverbot zuwider gehandelt, indem er die Waren in die Islamische Republik transferierte und der I. E. zukommen ließ. Das Tatbestandsmerkmal des Lieferns ist weit auszulegen und umfasst jede Form der Zurverfügungstellung (Morweiser in Wolffgang/ Simonsen, AWR, 40. Erg.Lfg., Außenwirtschaftsgesetz 2013 § 18 Rn. 26, sowie 32. Erg.Lfg., Außenwirtschaftsgesetz § 34 Abs. 4 Rn. 78), wobei Voraussetzung der Tatvollendung ist, dass die Ware entweder die vom Embargo erfasste Person - unmittelbar oder mittelbar - oder zumindest diejenige Person oder Organisation erreicht, welche die Ware im Iran zu verwenden beabsichtigt (vgl. MüKoStGB/Wagner aaO, Rn. 120). Ob es bereits zur Tatvollendung ausreichen kann, dass die Ware im Embargo-Land ankommt (so MüKoStGB/Wagner aaO), kann vorliegend offen bleiben, da die iranischen Empfänger die Güter erhielten. Soweit in der Literatur vertreten wird, unter das Merkmal des Lieferns seien nur solche Transportaktivitäten zu fassen, die sich nicht als Ausfuhr darstellen (MüKoStGB/Wagner aaO) bzw. die Ausfuhr als Spezialfall des Lieferns gewertet wird (Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR, 32. Erg.Lfg., § 34 Abs. 4 Rn. 78), ist dem nicht zu folgen. Ausfuhr- und Lieferverbot unterscheiden sich nicht nur aufgrund der Lieferwege, über die der Täter das Gut transferiert. Sanktionsgrund des Ausfuhrverbotes ist das rechtswidrige Umgehen der Exportkontrolle. Die Ausfuhr ist daher bereits vollendet, sobald die Ware die Wirtschaftsgrenze der EU überschreitet (Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR, 40. Erg.Lfg., Außenwirtschaftsgesetz 2013 vor §§ 17, 18 Rn. 79; MüKoStGB/ Wagner aaO, Rn. 115), unabhängig von dem weiteren Schicksal der Lieferung. Für das Unrecht des Verstoßes gegen das Lieferverbot ist demgegenüber der Liefererfolg maßgebend.
20
(2) Die Verstöße gegen das Verkaufs-, Liefer-, Ausfuhr- und Bereitstellungsverbot stehen in Tateinheit zueinander. Im Einzelnen:
21
(a) Der Verstoß gegen das aus Art. 16 Abs. 3 Iran-Embargo-VO folgende Bereitstellungsverbot steht in Tateinheit zu den Verstößen gegen die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Iran-Embargo-VO enthaltenen Verbote, da sich in den Verboten unterschiedliche Unrechtsgehalte widerspiegeln. Das Bereitstellungsverbot ist personenbezogen und knüpft an die Listung des jeweiligen Empfängers an. Demgegenüber orientieren sich die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Iran-Embargo-VO aufgeführten Verbote an der potenziellen Gefährlichkeit der jeweiligen Güter (vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. Januar 2013 - StB 10/12 u.a., juris Rn. 34, zum konkurrenzrechtlichen Verhältnis zwischen dem personenbezogenen Bereitstellungs - und dem sachbezogenen Vermittlungsverbot).
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(b) Auch die einzelnen aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Iran-Embargo-VO folgenden sachbezogenen Verbote (Verkaufs-, Liefer- und Ausfuhrverbot) stehen im Verhältnis der Idealkonkurrenz zueinander. Schon die Klarstellungsfunktion des § 52 Abs. 1 StGB spricht dafür, den Verstoß gegen das Verkaufsverbot als in Idealkonkurrenz zu dem Ausfuhrdelikt stehend in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13, NJW 2014, 3047, 3048; MüKoStGB/von Heintschel-Heinegg, 2. Aufl., vor §§ 52 ff. Rn. 26 f.). Es ist auch ansonsten kein Grund dafür ersichtlich, von Gesetzeskonkurrenz auszugehen. Weder besteht außenwirtschaftsrechtlich ein allgemeiner Vorrang der Ausfuhrdelikte noch liegt in dem vorangegangenen Verkauf ein Fall der mitbestraften Vortat zu der nachfolgenden Ausfuhr (BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13, NJW 2014, 3047, 3048 mwN). Entsprechendes gilt für das Verhältnis von Verkaufs- und Lieferverbot. Da Letzteres auch nicht in dem Ausfuhrverbot enthalten ist, beide Tatbestände hinsichtlich ihrer Tatvollendung vielmehr an voneinander unabhängige Handlungserfolge anknüpfen, ist auch der in dem Verstoß gegen das Lieferverbot liegende Unrechtsgehalt im Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen.
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(c) Die Urteilsgründe legen nahe, dass sich der Angeklagte mit seiner Kundin, der I. E. , bereits im Rahmen des von der Strafkammer festgestellten "Gesamtauftrages" über die wesentlichen Vertragsbe- standteile (vgl. Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR, 40. Erg.Lfg., Außenwirtschaftsgesetz 2013 vor §§ 17, 18 Rn. 96, sowie 32. Erg.Lfg., § 34 Abs. 4 Rn. 77) geeinigt hatte, so dass der Verstoß gegen das Verkaufsverbot bereits zu diesem Zeitpunkt vollendet war und die den Fällen B. III. 8, 14 und 15 zugrunde liegenden Einzelakte Ausfluss desselben Verkaufsgeschäfts waren. Damit wären die diesen Delikten zugrunde liegenden Handlungen insgesamt zu einer einzigen Tat verbunden.
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2. Zu Fall B. III. 19 der Urteilsgründe:
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Im Fall B. III. 19 der Urteilsgründe hält der Schuldspruch wegen versuchten gewerbsmäßigen Zuwiderhandelns gegen ein Bereitstellungsverbot gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 AWG nF i.V.m. Art. 23 Abs. 3, Anhang IX B Nr. 20 Verordnung (EU) Nr. 267/2012 (Iran-Embargo-VO) rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Tat auf Grundlage der getroffenen Feststellungen noch nicht in das Versuchsstadium eingetreten war.
26
Das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung besteht in einem Verhalten des Täters, das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte zur - vollständigen - Tatbestandserfüllung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in sie einmündet. Dabei muss das, was er zur Verwirklichung seines Vorhabens unternimmt, zu dem in Betracht kommenden Straftatbestand in Beziehung gesetzt werden (BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 - 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 296; Beschluss vom 12. Januar 2011 - 1 StR 540/10, NStZ 2011, 400, 401; vgl. auch BGH, Urteil vom 20. März 2014 - 3 StR 424/13, NStZ 2014, 447, 448).
27
Das Bereitstellungsverbot des Art. 23 Abs. 3 Iran-Embargo-VO bezieht sich auf den tatsächlichen Vorgang des Zur-Verfügung-Stellens, der dazu führt, dass der gelisteten Person oder Einrichtung ein wirtschaftlicher Vorteil zu Gute kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2010 - AK 2/10, BGHSt 55, 94, 101 mwN zum wortgleichen Art. 7 Abs. 3 Verordnung [EG] Nr. 423/2007). Da Anknüpfungspunkt der Realakt, also der materielle Transfer des Gutes, und es das Ziel des Bereitstellungsverbots ist, den gelisteten Personen oder Einrichtungen in tatsächlicher Hinsicht die materiellen Grundlagen ihrer Tätigkeit vorzuenthalten , hätte der Angeklagte zu einer Tathandlung im Sinne des Art. 23 Abs. 3 Iran-Embargo-VO nach seinem Tatplan frühestens dann unmittelbar angesetzt , wenn er die Reaktionsräder - ohne dass weitere wesentliche Zwischenschritte erforderlich gewesen wären - auf den Weg zum gelisteten Empfänger gebracht oder für diesen zur unmittelbaren Abholung bereit gestellt hätte. Dies belegen die Feststellungen, nach denen der Angeklagte die Waren über die Türkei in den Iran ausführen wollte, jedoch nicht. Es bleibt vielmehr offen, ob bzw. welcher weiteren Zwischenschritte es nach den Vorstellungen des Angeklagten noch bedurfte, um die Reaktionsräder von der Türkei in den Iran oder zu dem Empfänger zu bringen.
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3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen B. III. 2, 8, 14, 15 und 19 der Urteilsgründe entzieht den insoweit verhängten Einzelstrafen die Grundlage und hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge.
29
4. Zur Änderung und Neufassung des Schuldspruchs im Übrigen:
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In den übrigen Fällen (Fälle B. III. 1, 3, 4, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 17, 18 und 20 der Urteilsgründe) hat die auf die Revision veranlasste Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Jedoch waren die Schuldsprüche in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 3 StR 244/11, NStZ-RR 2012, 76; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 354 Rn. 12) zu ändern bzw. neu zu fassen. Im Einzelnen:
31
a) Im Fall 13 der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte tateinheitlich zu den bereits vom Landgericht ausgeurteilten Verstößen gegen § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 AWG nF i.V.m. Art. 16 Abs. 3, Anhang VIII B Nr. 20 IranEmbargo -VO Nr. 961/2010 (Bereitstellungsverbot) und Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Iran-Embargo-VO i.V.m. Position 9A010c Anhang I Dual-Use-VO (Ausfuhrverbot ) auch im Hinblick auf das in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Iran-Embargo-VO enthaltene Verkaufsverbot sowie das dort statuierte Lieferverbot strafbar gemacht, indem er die in Anhang I Dual-Use-VO gelisteten Magnetic-Torquer und Magnetometer an die I. S. veräußerte und an diese in den Iran transferierte. Die unter II. 1. b) cc) (2) zu den Fällen 8, 14 und 15 der Urteilsgründe in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen gelten entsprechend. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegenüber dem geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
32
b) Im Fall 4 der Urteilsgründe hat der Angeklagte neben dem Verstoß gegen § 18 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 2 AWG nF auch gegen das in Art. 7 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (1. Iran-Embargo-VO) enthaltene Bereitstellungsverbot verstoßen, weil die Empfängerin im Tatzeitpunkt bereits gelistet war, und damit auch den objektiven Tatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG nF verwirklicht. Da das Urteil aber keine Ausführungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten und der Frage einer etwaigen Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - 3 StR 295/12, wistra 2013, 153; aA Diemer in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 197. Erg.Lfg., AWG § 34 Rn. 37) enthält, kommt eine Schuldspruchänderung durch den Senat insoweit nicht in Betracht. Eine (Teil)Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache zur weiteren Aufklärung scheidet aus, da die unterbliebene Ausurteilung des Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG nF den Angeklagten nicht beschwert.
33
c) Die vom Landgericht im Urteilstenor verwendete Formel "wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz" reicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO) nicht aus (vgl. zum WaffG: BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1989 - 4 StR 513/89, BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Nr. 3a Führen 1; zum BtMG: BGH, Beschluss vom 12. Januar 1984 - 4 StR 765/83, juris Rn. 3; KK-Ott, StPO, 7. Aufl., § 260 Rn. 29 mwN; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 260 Rn. 23 mwN). Aus Klarstellungsgründen hat der Senat die Schuldsprüche daher insgesamt neu gefasst. Die Kennzeichnung der Taten hatte sich dabei an den Tatbeständen des § 18 AWG nF zu orientieren, da - worauf auch das Landgericht zu Recht abgestellt hat - sich das Außenwirtschaftsgesetz in der Fassung vom 6. Juni 2013 angesichts des aus § 18 Abs. 7 AWG nF folgenden, gegenüber § 34 Abs. 6 AWG aF günstigeren Strafrahmens gemäß § 2 Abs. 3 StGB als das mildere Gesetz darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13, NJW 2014, 3047, 3048).
Becker Hubert Schäfer
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 4 2 4 / 1 3 vom 20. März 2014 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. März 2014, an der teilgenommen haben: Vors

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2012 - 3 StR 295/12

bei uns veröffentlicht am 15.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 295/12 vom 15. November 2012 in der Strafsache gegen wegen versuchter Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot eines Rechtsaktes der EG u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Be

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2011 - 1 StR 540/10

bei uns veröffentlicht am 12.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 540/10 vom 12. Januar 2011 in der Strafsache gegen wegen versuchten Betruges Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Jan. 2013 - StB 10/12

bei uns veröffentlicht am 04.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS __________ StB 10/12 und 11/12 StB 14/12 und 15/12 vom 4. Januar 2013 in dem Ermittlungsverfahren gegen 1. 2. wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach An

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2010 - AK 2/10

bei uns veröffentlicht am 23.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS ___________ AK 2/10 vom 23. April 2010 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ______________________________ AWG § 34 Abs. 4 Nr. 2 idF vom 26. Juni 2006 EG-VO 423/2007 Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Zur

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13

bei uns veröffentlicht am 24.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 3 1 4 / 1 3 vom 24. Juli 2014 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja [nur zu I. und III. 1. a)] Veröffentlichung: ja AWG 2013 § 17 AWV 2013 §§ 74, 75 1. Der Verkauf und die Ausfuhr von Gütern

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
einem
a)
Ausfuhr-, Einfuhr-, Durchfuhr-, Verbringungs-, Verkaufs-, Erwerbs-, Liefer-, Bereitstellungs-, Weitergabe- oder Investitionsverbot oder
b)
Sende-, Übertragungs-, Verbreitungs- oder sonstigen Dienstleistungsverbot oder
c)
Verfügungsverbot über eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen
eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient oder
2.
gegen eine Genehmigungspflicht für
a)
die Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Verbringung, einen Verkauf, einen Erwerb, eine Lieferung, Bereitstellung, Weitergabe oder Investition,
b)
eine Sendung, Übertragung, Verbreitung oder sonstige Dienstleistung oder
c)
die Verfügung über eingefrorene Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen
eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union verstößt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 2 zuwiderhandelt.

(1b) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 15 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 ein Stimmrecht ausübt,
2.
entgegen § 15 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 oder 4 eine dort genannte Information überlässt oder offenlegt oder
3.
einer Rechtsverordnung nach § 15 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 Nummer 1 oder 2 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.

(2) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Außenwirtschaftsverordnung verstößt, indem er

1.
ohne Genehmigung nach § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1 oder § 78 dort genannte Güter ausführt,
2.
entgegen § 9 Absatz 2 Satz 3 dort genannte Güter ausführt,
3.
ohne Genehmigung nach § 11 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter verbringt,
4.
ohne Genehmigung nach § 46 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 47 Absatz 1, oder ohne Genehmigung nach § 47 Absatz 2 ein Handels- und Vermittlungsgeschäft vornimmt,
5.
entgegen § 47 Absatz 3 Satz 3 ein Handels- und Vermittlungsgeschäft vornimmt,
6.
ohne Genehmigung nach § 49 Absatz 1, § 50 Absatz 1, § 51 Absatz 1 oder Absatz 2 oder § 52 Absatz 1 technische Unterstützung erbringt,
7.
entgegen § 49 Absatz 2 Satz 3, § 50 Absatz 2 Satz 3, § 51 Absatz 3 Satz 3 oder § 52 Absatz 2 Satz 3 technische Unterstützung erbringt oder
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 59 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 Nummer 1 oder § 62 Absatz 1 zuwiderhandelt.

(3) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 2368/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 zur Umsetzung des Zertifikationssystems des Kimberley-Prozesses für den internationalen Handel mit Rohdiamanten (ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 28), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/2149 vom 9. Dezember 2020 (ABl. L 428 vom 18.12.2020, S. 38) geändert worden ist, verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 3 Rohdiamanten einführt oder
2.
entgegen Artikel 11 Rohdiamanten ausführt.

(4) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (ABl. L 30 vom 31.1.2019, S. 1), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/139 vom 4. Dezember 2020 (ABl. L 43 vom 8.2.2021, S. 5) geändert worden ist, verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter ausführt,
2.
entgegen Artikel 3 Absatz 1 Satz 3 technische Hilfe erbringt,
3.
entgegen Artikel 4 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter einführt,
4.
entgegen Artikel 4 Absatz 1 Satz 2 technische Hilfe annimmt,
5.
entgegen Artikel 5, Artikel 13 oder Artikel 18 dort genannte Güter durchführt,
6.
entgegen Artikel 6 eine Vermittlungstätigkeit erbringt,
7.
entgegen Artikel 7 eine Ausbildungsmaßnahme erbringt oder anbietet,
8.
ohne Genehmigung nach Artikel 11 Absatz 1 Satz 1 oder Artikel 16 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter ausführt,
9.
ohne Genehmigung nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe a technische Hilfe erbringt oder
10.
ohne Genehmigung nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b eine Vermittlungstätigkeit erbringt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf die Anhänge II, III oder IV zur Verordnung (EU) 2019/125 verweisen, finden diese Anhänge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

(5) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2021/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 über eine Unionsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung der Durchfuhr und der Verbringung betreffend Güter mit doppeltem Verwendungszweck (ABl. L 206 vom 11.6.2021, S. 1) verstößt, indem er

1.
ohne Genehmigung nach Artikel 3 Absatz 1 oder Artikel 4 Absatz 1 Güter mit doppeltem Verwendungszweck ausführt,
2.
entgegen Artikel 4 Absatz 2 Satz 2 Güter ohne Entscheidung der zuständigen Behörde über die Genehmigungspflicht oder ohne Genehmigung der zuständigen Behörde ausführt,
3.
ohne Genehmigung nach Artikel 6 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a eine Vermittlungstätigkeit erbringt oder
4.
entgegen Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a eine Vermittlungstätigkeit ohne Entscheidung der zuständigen Behörde über die Genehmigungspflicht oder ohne Genehmigung der zuständigen Behörde erbringt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf Anhang I der Verordnung (EU) 2021/821 verweisen, findet dieser Anhang in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 steht dem Ausführer eine Person gleich, die die Ausfuhr durch einen anderen begeht, wenn der Person bekannt ist, dass die Güter mit doppeltem Verwendungszweck ganz oder teilweise für eine Verwendung im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2021/821 bestimmt sind.

(5a) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. L 78 vom 17.3.2014, S. 6), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1529 (ABl. L 239 vom 15.9.2022, S. 1) geändert worden ist, eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.

(5b) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2019/125 verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 8 dort genannte Güter ausstellt oder zum Verkauf anbietet oder
2.
entgegen Artikel 9 eine Werbefläche oder Werbezeit verkauft oder erwirbt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf den Anhang II zur Verordnung (EU) 2019/125 verweisen, findet dieser Anhang in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

(6) Der Versuch ist in den Fällen der Absätze 1 bis 5 oder 5b strafbar.

(7) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
in den Fällen der Absätze 1 oder 1a für den Geheimdienst einer fremden Macht handelt,
2.
in den Fällen der Absätze 1, 1a und 2 bis 4 oder des Absatzes 5 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, oder
3.
eine in den Absätzen 1 oder 1a bezeichnete Handlung begeht, die sich auf die Entwicklung, Herstellung, Wartung oder Lagerung von Flugkörpern für chemische, biologische oder Atomwaffen bezieht.

(8) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer in den Fällen der Absätze 1, 1a und 2 bis 4 oder des Absatzes 5 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, gewerbsmäßig handelt.

(9) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2, des Absatzes 1a, des Absatzes 2 Nummer 1, 3, 4 oder Nummer 6, des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 5 oder des Absatzes 5 Satz 1 steht einem Handeln ohne Genehmigung ein Handeln auf Grund einer durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Genehmigung gleich.

(10) Die Absätze 1 bis 9 gelten, unabhängig vom Recht des Tatorts, auch für Taten, die im Ausland begangen werden, wenn der Täter Deutscher ist.

(11) Nach Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 6, 7, 8 oder Absatz 10, wird nicht bestraft, wer

1.
bis zum Ablauf des zweiten Werktages handelt, der auf die Veröffentlichung des Rechtsaktes im Amtsblatt der Europäischen Union folgt, und
2.
von einem Verbot oder von einem Genehmigungserfordernis, das in dem Rechtsakt nach Nummer 1 angeordnet wird, zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

(12) Nach Absatz 1a, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 6, 7, 8, 9 oder 10, wird nicht bestraft, wer

1.
einer öffentlich bekannt gemachten Anordnung bis zum Ablauf des zweiten Werktages, der auf die Veröffentlichung folgt, zuwiderhandelt und
2.
von einer dadurch angeordneten Beschränkung zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

(13) Nach Absatz 5a wird nicht bestraft, wer eine dort genannte Meldung freiwillig und vollständig nachholt, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

34
Danach ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts davon auszugehen, dass die Beschuldigten der MITEC in zwei Fällen entgegen Art. 16 Abs. 3 IranEmbargo -VO 2010 wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt und tateinheitlich dazu in einem Fall gemäß Art. 5 Abs. 1b) Iran-Embargo-VO 2010 verbotene Vermittlungsdienste im Zusammenhang mit den gelisteten Faltenbalgventilen erbracht haben (§ 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG i.V.m. Art. 16 Abs. 3 IranEmbargo -VO 2010 in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG i.V.m. Art. 5 Abs. 1b) Iran-Embargo-VO 2010). Dabei handelten sie gewerbsmäßig (§ 34 Abs. 6 Nr. 2 AWG). Es kann für die Frage der Haftfortdauer offen bleiben, ob diese Handlungen auch geeignet waren, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 3 1 4 / 1 3
vom
24. Juli 2014
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja [nur zu I. und III. 1. a)]
Veröffentlichung: ja
1. Der Verkauf und die Ausfuhr von Gütern des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste in
Embargoländer, strafbar gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG in Verbindung mit § 4
Abs. 1 AWG, § 80 Nr. 1, § 74 Abs. 1 AWV, stehen zueinander in Idealkonkurrenz.
2. Das Verkaufsverbot des § 74 Abs. 1 AWV stellt sich gegenüber dem Verbot der
Durchführung eines Handels- und Vermittlungsgeschäfts nach § 75 Abs. 1 AWV
als lex specialis dar. Der Verstoß gegen das Verbot der Durchführung eines Handels
- und Vermittlungsgeschäfts tritt deshalb hinter denjenigen gegen das Verkaufsverbot
zurück.
BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
wegen Ausfuhr von Gütern unter Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung,
die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme
dient, u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
26. Juni 2014 in der Sitzung am 24. Juli 2014, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Staatsanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. Mai 2013, soweit es ihn betrifft,
a) in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte schuldig ist des Handeltreibens mit Munition in zwei Fällen, in Tateinheit jeweils mit Erwerb und Besitz von Munition sowie mit gewerbsmäßiger Ausfuhr und mit gewerbsmäßigem Verkauf von Gütern unter Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme dient,
b) im Fall 3 der Urteilsgründe sowie im gesamten Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die insoweit getroffenen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Munition zum Zwecke des Überlassens an Nichtberechtigte in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Handeltreiben mit Munition, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßiger unerlaubter vorsätzlicher Ausfuhr von Rüstungsgütern in den Libanon unter Zuwiderhandlung gegen ein in einem Rechtsakt der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik enthaltenen und im Bundesanzeiger veröffentlichten Ausfuhrverbot und in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gewerbsmäßiger unerlaubter vorsätzlicher Ausfuhr von Rüstungsgütern in den Libanon unter Zuwiderhandlung gegen ein in einem Rechtsakt der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik enthaltenen und im Bundesanzeiger veröffentlichten Ausfuhrverbot und vorsätzlicher Tätigung eines Handelsgeschäftes betreffend für Personen im Libanon bestimmte Rüstungsgüter unter Zuwiderhandlung gegen eine der Durchführung einer wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme der EU (GASP) dienenden Rechtsverordnung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und die sichergestellte, im Einzelnen bezeichnete Munition eingezogen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts entschloss sich der Angeklagte spätestens im März 2012, dem Ansinnen eines ihm bekannten ehemaligen Generals der libanesischen Armee nachzukommen und von diesem bzw. dessen Gefolgsleuten bestellte großkalibrige Munition in den Libanon zu liefern, die für syrische Widerstandskreise bestimmt war. Vorausgegangen war ein fehlgeschlagenes Geschäft, für dessen Scheitern seine Geschäftspartner den Angeklagten verantwortlich machten und ihm bedeutet hatten, er werde Probleme im Libanon bekommen, wenn er die verfahrensgegenständlichen Munitionslieferungen nicht durchführe. Maßgeblich für den Entschluss des Angeklagten war indes sein eigenes Gewinnstreben. Er veräußerte die Munition mit hohen Aufschlägen und beabsichtigte, sich durch wiederholte Lieferungen eine Einnahmequelle von einiger Dauer und Umfang zu verschaffen.
3
In Umsetzung dieses Entschlusses erwarb der Angeklagte zwischen März und Oktober 2012 nach vorheriger Auftragserteilung durch seine libanesischen Geschäftspartner bei dem früheren Mitangeklagten B. in drei Fällen Munition, insbesondere für das Maschinengewehr AK-47 und für Handfeuerwaffen , und war auch für die Organisation und die Durchführung der Lieferungen in den Libanon verantwortlich; das bestehende Waffenembargo gegenüber dem Libanon war ihm dabei bekannt. Für die erste Lieferung belud der Angeklagte zwei Kastenwagen mit insgesamt 45.000 Patronen, die anschließend von Hamburg nach Tripolis im Libanon verschifft wurden. Die Munition wurde von libanesischen Sicherheitskräften, die einen Hinweis auf die Lieferung erhalten hatten, sichergestellt. Eine zweite Lieferung von über 60.000 Patronen , die der Angeklagte bei B. im Juli 2012 bestellt hatte, erreichte ihre Abnehmer. In diesem Fall deponierte der Angeklagte die Munition in einem Transporter des Typs VW T4, den er ebenfalls in den Libanon verschiffen ließ. Im dritten Fall verstaute der Angeklagte im Oktober 2012 nunmehr über 70.000 Patronen, die er bei B. erworben hatte, wiederum in einem VWTransporter und ließ diesen zur Verschiffung im Hamburger Hafen abstellen; zuvor hatte er bereits die Verschiffung des Fahrzeugs in Auftrag gegeben. Dazu kam es nicht, weil die Ermittlungsbehörden - als das Beladen und anschließend das Ablegen des Frachtschiffes unmittelbar bevorstanden - das Fahrzeug auf dem Lagerplatz des mit der Verschiffung beauftragten Unternehmens durchsuchten und die Munition sicherstellten.
4
II. Die Verfahrensrügen sind aus den Gründen, die der Generalbundesanwalt in seiner Antragschrift dargelegt hat, jedenfalls unbegründet. Ergänzend dazu bemerkt der Senat:
5
1. Die Begründung, mit der die Strafkammer den Antrag auf Ladung und - hilfsweise kommissarische - Vernehmung des angeblichen Auftraggebers H. vom 10. Mai 2013 zurückgewiesen hat, begegnet zwar insoweit Bedenken , als das Landgericht darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte bislang selbst nicht vorgetragen habe, dass H. sein Auftraggeber gewesen sei und die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen lediglich als Schlussfolgerungen gewertet hat. Die nachfolgenden Erwägungen, mit denen die Strafkammer die Ablehnung des Beweisantrages auch mit der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen begründet hat, erweisen sich hingegen als rechtsfehlerfrei.
6
2. Soweit sich die Strafkammer bei der Zurückweisung des weiteren Antrags auf Ladung des H. vom 16. Mai 2013 auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO berufen hat, ist auch dieses Vorgehen rechtsbedenkenfrei. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt hierzu ausgeführt, dass das legitime Interesse des Angeklagten in einem Verfahren mit starkem Auslandsbezug, sich durch die Benennung von im Ausland ansässigen Zeugen zu verteidigen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11, 23 f.), die Ablehnung eines Beweisantrages auf Vernehmung eines Auslandszeugen unter Berufung auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nicht notwendig im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null ausschließt. Kann - wie hier - das Tatgericht durch bereits erhobene Sachbeweise, die zu einem relativ gesicherten Beweisergeb- nis geführt haben, den Beweiswert einer möglichen Aussage des Auslandszeugen zuverlässig prognostisch bewerten und gelangt es dabei zu der tragfähig begründeten Einschätzung, dass dessen Aussage für seine Überzeugungsbildung irrelevant ist, so ist dies revisionsrechtlich vielmehr nicht zu beanstanden (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NStZ 2005, 701, 703). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
7
III. Die umfassende Überprüfung des Urteils auf die von dem Angeklagten erhobene Sachrüge führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe und zur Aufhebung des Urteils im Fall 3 der Urteilsgründe sowie im gesamten Strafausspruch ; im Übrigen hat sie keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Im Einzelnen:
8
1. Zu den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe:
9
a) Die Verurteilung wegen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz bedarf in diesen beiden Fällen der Schuldspruchänderung, weil das - von der Strafkammer für sich genommen rechtsfehlerfrei angewandte - zur Tatzeit und noch im Zeitpunkt der Urteilsverkündung geltende Außenwirtschaftsgesetz (im Folgenden: AWG aF) aufgrund von Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts vom 6. Juni 2013 (BGBl. I, S. 1482) mit Wirkung vom 1. September 2013 außer Kraft trat und gleichzeitig die in Art. 1 des vorgenannten Gesetzes enthaltene Neufassung des Außenwirtschaftsgesetzes (im Folgenden: AWG nF) Geltung erlangte. Zugleich trat die durch Rechtsverordnung vom 2. August 2013 mit Wirkung vom 1. September 2013 neu gefasste Außenwirtschaftsverordnung (im Folgenden: AWV nF) in Kraft. Diese Gesetzesänderungen sind nach § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO zu berücksichtigen, weil sich die Regelungen des AWG nF hinsichtlich der in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe abgeurteilten Taten als milderes Gesetz erweisen. Insoweit gilt:
10
aa) Der Angeklagte erfüllte in diesen Fällen jeweils den Tatbestand des § 34 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. b) AWG aF, weil er - als tauglicher Täter (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2007 - 5 StR 225/06, NJW 2007, 1893, 1895; Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR-Kommentar, 32. Erg.-Lfg., § 34 Abs. 1 AWG Rn. 11 mwN - die Munition und damit in Teil I Abschnitt A Position 0003 der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung aF) genannte Güter in den Libanon ausführte; denn damit beging er eine in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AWG aF genannte Handlung und handelte dadurch dem in Art. 1 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2006/625/GASP des Rates vom 15. September 2006, betreffend das Verbot des Verkaufs oder der Lieferung von Rüstungsgütern und zugehörigen Gütern und die Erbringung damit zusammenhängender Dienstleistungen an Einrichtungen oder Einzelpersonen im Libanon im Sinne der Resolution 1701 (2006) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen enthaltenen Ausfuhrverbot zuwider, das zur Strafbewehrung im Bundesanzeiger (Nr. 181, S. 6479) am 23. September 2006 veröffentlicht worden war.
11
In dem Verkauf und der Ausfuhr der Munition in den Libanon lag jeweils auch ein Verstoß gegen § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b) AWG aF in Verbindung mit § 69m Abs. 1, § 70a Abs. 2 Nr. 1 AWV aF, der indes im Wege der formellen Subsidiarität hinter den Verstoß gegen § 34 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. b) AWG aF zurücktrat. Aus diesem Grund bedarf es hier keiner Entscheidung, ob in dem (schuldrechtlichen) Verkauf zugleich auch ein gemäß § 69m Abs. 2 AWV aF verbotener Abschluss eines Handelsgeschäfts lag, der in Verbindung mit § 70a Abs. 2 Nr. 3 AWV aF wiederum eine Strafbarkeit nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b) AWG aF hätte begründen können.
12
bb) Nach nunmehr geltendem Recht stellen sich sowohl der Verkauf als auch die Ausfuhr jeweils als Verstöße gegen § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG nF in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AWG nF, § 80 Nr. 1, § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF dar. Zudem kommt eine Strafbarkeit nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG nF in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AWG nF, § 80 Nr. 2, § 75 Abs. 1 Nr. 7 AWV nF in Betracht. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung des AWG die Differenzierung zwischen Verstößen gegen Ausfuhrverbote und Verstößen gegen sonstige Verbotstatbestände - insbesondere das Verbot, Güter des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste in Embargoländer zu verkaufen oder diesbezüglich Handels- und Vermittlungsgeschäfte abzuschließen - bewusst nicht aufrecht erhalten, weil der Unrechtsgehalt dieser Tathandlungen mit Verstößen gegen Ausfuhrverbote betreffend Güter des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste vergleichbar sei (BT-Drucks. 17/11127, S. 26). Damit ist der Tatbestand der Neuregelung weiter gefasst. Dies könnte bei abstrakter Betrachtung dafür sprechen, das alte Recht als das mildeste anzusehen.
13
cc) Jedoch ist als mildestes Gesetz dasjenige anzuwenden, das bei einem Gesamtvergleich des konkreten Einzelfalls die dem Täter günstigste Beurteilung zulässt (st. Rspr.; s. zuletzt BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - StB 16/13, juris Rn. 24 mwN). Dabei ist der Grundsatz strikter Alternativität zu beachten, nach dem entweder das eine oder das andere Gesetz in seiner Gesamtheit gilt (BGH, Urteil vom 27. November 1996 - 3 StR 508/96, NJW 1997,

951).


14
Der vorzunehmende Gesamtvergleich ergibt, dass das neue Recht für den Angeklagten günstiger ist:
15
(1) Allerdings verstieß der Angeklagte durch den Verkauf nach und die Ausfuhr der Munition in den Libanon gegen zwei Verbote gemäß § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF, die aufgrund der Strafbewehrung in § 80 Nr. 1 AWV nF jeweils zur Strafbarkeit nach § 17 Abs. 1 AWG nF führen. Da - wie dargelegt - in der Neufassung die Subsidiarität der Verstöße gegen das Verkaufsverbot nicht mehr gilt, ist für Fälle, in denen der Täter sowohl gegen das Ausfuhr- als auch gegen das Verkaufsverbot verstößt, nunmehr zum einen das Konkurrenzverhältnis dieser beiden Tatbestandsalternativen zueinander zu klären (s. unten (a)). Zum anderen kommt hinzu, dass in dem Verkauf der Munition zugleich ein nach § 75 Abs. 1 Nr. 7 AWV nF verbotenes Handels- und Vermittlungsgeschäft liegt, das ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 AWG nF strafbewehrt ist. Daher ist auch das konkurrenzrechtliche Verhältnis dieser Straftat zu den Verstößen gegen das Ausfuhr- und das Verkaufsverbot zu bestimmen (s. unten (b)).
16
(a) Der Verstoß gegen das Verkaufs- und derjenige gegen das Ausfuhrverbot stehen zueinander im Verhältnis der Idealkonkurrenz. Mit dem Verkauf von Gütern, die in der nationalen Waffenliste geführt werden, verstößt der Täter gegen eine eigenständige Verbotsnorm nach § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF. Der Gesetzgeber hat durch die Aufhebung der Subsidiaritätsklausel die Bedeutung dieses Verbotes unterstrichen und einen Verstoß dagegen einem solchen gegen das Ausfuhrverbot gleichgestellt. Angesichts dessen spricht schon die Klarstellungsfunktion des § 52 Abs. 1 StGB dafür, den Verstoß gegen das Verkaufsverbot als in Idealkonkurrenz zu dem Ausfuhrdelikt stehend in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. MüKoStGB/von Heintschel-Heinegg, 2. Aufl. vor §§ 52 ff. Rn. 26 f.). Es ist auch ansonsten kein Grund dafür ersichtlich, von Gesetzeskonkurrenz auszugehen. So ergibt sich etwa kein allgemeiner Vorrang der Ausfuhrdelikte. Soweit in der außenwirtschaftsrechtlichen Literatur zum alten Recht die Auffassung vertreten wurde, beim Zusammentreffen eines Handelsgeschäfts mit einer Ausfuhr kämen wegen des Vorrangs der Ausfuhrgenehmigungspflicht die Regelungen über Handels- und Vermittlungsgeschäfte nicht zur Anwendung (Tervooren/Mrozek in Wolffgang/Simonsen, aaO, 22. Erg.-Lfg., § 4c AWV Rn. 26), kann dem schon aufgrund des zitierten, in der Begründung der Neuregelung zum Ausdruck gebrachten Willens des Gesetzgebers jedenfalls für die strafrechtliche Beurteilung nicht gefolgt werden. Es liegt in dem vorangegangenen Verkauf auch kein Fall der mitbestraften Vortat zu der nachfolgenden Ausfuhr. Eine straflose mitbestrafte Vortat liegt nur vor, wenn diese das notwendige oder regelmäßige Mittel zur Haupttat ist (st. Rspr.; s. zuletzt BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - 3 StR 178/13, juris Rn. 16). Davon kann im Verhältnis zwischen Verkauf und späterer Ausfuhr indes nicht ausgegangen werden, denn eine verbotene Ausfuhr von Gütern kann auch der Täter begehen, der sie vorher nicht an den Empfänger verkauft hat; umgekehrt ist es keine notwendige Folge eines Verkaufs, dass der Täter die Güter anschließend ausführt. Der Verkauf stellt im Verhältnis zur Ausfuhr mithin zusätzliches Unrecht dar.
17
(b) Daneben kommt ein Schuldspruch auch wegen eines tateinheitlichen Verstoßes gegen das Verbot der Durchführung eines Handels- und Vermittlungsgeschäfts (§ 75 Abs. 1 Nr. 7 AWV nF in Verbindung mit § 17 Abs. 1 AWG nF) indes nicht in Betracht, weil sich das Verkaufsverbot des § 74 Abs. 1 AWV nF als lex specialis gegenüber dem Verbot, ein Handels- und Vermittlungsgeschäft abzuschließen, darstellt. Nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 14 Satz 1 Nr. 3 AWG nF ist ein Handels- und Vermittlungsgeschäft auch der Abschluss eines Vertrages über das Überlassen von Gütern. Nichts anderes stellt aber der Verkauf von Gütern dar, so dass in den Fällen, in denen der Täter - wie hier - in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste erfasste Güter verkauft, das Verbot der Handels- und Vermittlungsgeschäfte nach § 75 Abs. 1 AWV nF hinter dem - spezielleren - Verkaufsverbot des § 74 Abs. 1 AWV nF zurücktritt.
18
(2) Die Anwendung des neuen Rechts führt damit zwar zu einer Verschärfung des Schuldspruchs; da der Angeklagte nach den Feststellungen der Strafkammer aber auch gewerbsmäßig handelte, fallen seine Taten unter den Qualifikationstatbestand des § 17 Abs. 2 Nr. 2 AWG nF. Es ist mithin dieser Strafrahmen mit dem des § 34 Abs. 6 AWG aF zu vergleichen. Gegenüber § 34 Abs. 6 AWG aF, der eine Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe vorsah, erweist sich die Vorschrift des § 17 Abs. 2 AWG nF als milderes Gesetz, weil sie im Verhältnis zum Grundtatbestand des § 17 Abs. 1 AWG nF nur die Obergrenze des Strafrahmens erhöht, so dass sie bei gleicher Strafobergrenze (Freiheitsstrafe von 15 Jahren, vgl. § 38 Abs. 2 StGB) eine Mindeststrafe von (nur) einem Jahr Freiheitsstrafe vorsieht (vgl. zur vergleichbaren Konstellation bei Straftaten nach § 18 AWG nF BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - StB 16/13, aaO).
19
b) Die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Verstößen gegen das Waffengesetz indes nur zum Teil.
20
aa) Beanstandungsfrei ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen , dass sich der Angeklagte in allen drei Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Munition nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) WaffG schuldig gemacht hat. Nach der in Abschnitt 2 Nr. 9 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG gegebenen Definition treibt Waffenhandel, wer gewerbsmäßig oder selbstständig im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung Schusswaffen oder Munition ankauft, feilhält, Bestellungen entgegennimmt oder aufsucht, anderen überlässt oder den Erwerb, den Vertrieb oder das Überlassen vermittelt. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Angeklagte kaufte die Munition nach den Feststellungen der Strafkammer gewerbsmäßig handelnd an und überließ sie seinen Abnehmern im Libanon. Dabei verfügte er nicht über die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 WaffG für den Handel mit Munition erforderliche Waffenhandelserlaubnis , was ihm auch bekannt war.
21
bb) Die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Erwerbs von Munition zum Zwecke des Überlassens an Nichtberechtigte nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) WaffG kann hingegen keinen Bestand haben.
22
Dieser Straftatbestand erfordert nach seinem Wortlaut, dass die Überlassung an einen Nichtberechtigten gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 WaffG verstößt, wonach Waffen oder Munition nur berechtigten Personen überlassen werden dürfen. Ein solcher Verstoß ist hier nicht gegeben, weil § 34 Abs. 1 WaffG nach der Ausnahmeregelung in § 34 Abs. 3 WaffG nicht für denjenigen gilt, der - wie der Angeklagte - Schusswaffen oder Munition einem anderen, der sie außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes erwirbt, insbesondere im Versandwege unter eigenem Namen überlässt. In diesen Fällen ist der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) WaffG nicht erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 - 5 StR 394 + 395/87, NStZ 1988, 133, 134 zur Rechtslage nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 WaffG aF).
23
cc) Neben dem Handeltreiben mit Munition hat der Angeklagte die Tatbestände des Erwerbs und des Besitzes von Munition nach § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) WaffG erfüllt, indem er, ohne über einen Munitionserwerbsschein (vgl. § 10 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 WaffG) zu verfügen, die Munition bei B. abholte und so die tatsächliche Gewalt darüber erlangte und in der Folgezeit ausübte (vgl. Abschnitt 2 Nr. 1 und 2 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG).
24
Nach der Rechtsprechung des Bundgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 28. März 2006 - 4 StR 596/05, BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 1) stehen Erwerb , Besitz und Handeltreiben untereinander in Tateinheit, wenn der Täter Waffen oder Munition gewerbsmäßig ankauft und bis zu deren Überlassung an seinen Abnehmer die tatsächliche Gewalt darüber ausübt. Soweit Rechtsprechung des Senats dieser konkurrenzrechtlichen Beurteilung entgegenstehen könnte (BGH, Beschluss vom 26. April 1996 - 3 StR 641/95, BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Konkurrenzen 5), hält er daran nicht fest.
25
c) Nach alledem ist der Schuldspruch in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe wie aus der Urteilsformel ersichtlich abzuändern.
26
2. Zu Fall 3 der Urteilsgründe:
27
Im Fall 3 der Urteilsgründe ist dem Senat eine abschließende Entscheidung , welches Gesetz das mildeste ist, nicht möglich, so dass hier der Schuldspruch nicht zu ändern, sondern das Urteil insoweit aufzuheben ist. Im Einzelnen :
28
Bezogen auf das Ausfuhrdelikt liegt lediglich ein Versuch vor. Der Angeklagte hatte zu der Tat im Sinne von § 22 StGB unmittelbar angesetzt: Dieser Zeitpunkt des Versuchsbeginns ist nach allgemeinen Maßstäben auch dann erreicht, wenn der Täter solche Handlungen vorgenommen hat, die nach seinem Tatplan im ungestörten Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden sollen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 20. März 2014 - 3 StR 424/13, juris Rn. 8 mwN). Bei Ausfuhrdelikten ist dies auch dann der Fall, wenn der Täter die Ware nach seinem Transportplan endgültig auf den Weg gebracht hat (Bieneck in Wolffgang/Simonsen, aaO, 17. Erg.-Lfg., § 34 Abs. 5 Rn. 8; weitergehend BGH, Urteil vom 19. Januar 1965 - 1 StR 541/64, BGHSt 20, 150, 152: Aufladen der Ware auf ein Fahrzeug , um sie demnächst ungenehmigt über die Grenze zu bringen; s. auch G/J/W/Cornelius, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 34 AWG Rn. 124). So verhielt es sich hier: Die Munition war in dem Transporter verstaut, dessen Verladung auf das Frachtschiff unmittelbar bevorstand; das Schiff wiederum sollte im Anschluss daran auslaufen und seine Fracht in den Libanon bringen. Weitere Handlungen des Angeklagten waren zur Bewirkung der Ausfuhr nicht mehr erforderlich. Der Versuch war fehlgeschlagen, nachdem die Munition von den Ermittlungsbehörden entdeckt und sichergestellt worden war.
29
a) Nach altem Recht hat sich der Angeklagte damit gemäß § 34 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. b) AWG aF, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Der zugleich erfüllte Tatbestand des § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b) AWG aF in Verbindung mit § 69m Abs. 1, § 70a Abs. 2 Nr. 1 AWV aF (Verkauf der Munition) bzw. § 69m Abs. 2, § 70a Abs. 2 Nr. 3 AWV aF (Abschluss eines Handelsgeschäfts über die Munition mit seinen Vertragspartnern im Libanon) trat auch hier aufgrund der Subsidiaritätsklausel in § 34 Abs. 4 Nr. 1 aE AWG aF zurück; dass insoweit nur ein Versuch vorlag, ändert nichts daran, dass die Tat in § 34 Abs. 6 Nr. 3 AWG aF mit Strafe bedroht war und diese Strafbarkeit die nach der subsidiären Norm verdrängt (s. zur vergleichbaren Regelung in § 265 Abs. 1 StGB MüKoStGB/Wohlers/Mühlbauer, aaO, § 265 Rn. 34 mwN).
30
b) Nach neuem Recht hat der Angeklagte neben der nur versuchten Ausfuhr (strafbar nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG nF in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AWG nF, § 80 Nr. 1, § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) die Munition wiederum an seine Abnehmer im Libanon verkauft. Da der Verkauf bereits durch Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages abgeschlossen war, hat sich der Angeklagte gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG nF in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AWG nF, § 80 Nr. 1, § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF wegen des vollendeten Verkaufs strafbar gemacht. Wie oben dargelegt, stehen Ausfuhr und Verkauf zueinander in Tateinheit. Dies muss hier auch deshalb gelten, weil sich ansonsten ein Wertungswiderspruch ergäbe, wenn derjenige, der zusätzlich zu dem vollendeten Verkauf noch einen versuchten Ausfuhrverstoß beging, wegen der möglichen Versuchsmilderung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gegenüber demjenigen privilegiert werden könnte, der nur einen Verkauf getätigt hatte. Die Strafbarkeit wegen Abschlusses eines Handelsgeschäfts tritt - wie ebenfalls oben dargelegt - wegen Spezialität der Strafbarkeit wegen Verkaufs zurück.
31
c) Da der Angeklagte auch insoweit gewerbsmäßig handelte, wäre die Strafe für ihn bei Anwendung des neuen Rechts wiederum dem Strafrahmen des § 17 Abs. 2 AWG nF zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren vorsieht und gegenüber dem Strafrahmen des § 34 Abs. 6 AWG aF milder ist. Bei Anwendung alten Rechts kommt wegen der Strafbarkeit nur wegen Versuchs indes in Betracht, den Strafrahmen des § 34 Abs. 6 AWG aF nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, so dass die zu verhängende Strafe einem Rahmen von sechs Monaten bis elf Jahre und drei Monaten Freiheitsstrafe zu entnehmen wäre; dieser gemilderte Strafrahmen erweist sich gegenüber demjenigen - wegen der Vollendung des Verkaufs der Munition nicht zu mildernden - des § 17 Abs. 2 AWG nF als das mildere Gesetz. Die Entscheidung , ob die Strafe gemäß § 23 Abs. 2 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern ist, hat indes das Tatgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen und dabei eine Gesamtbetrachtung aller Tatumstände und der Täterpersönlichkeit anzustellen, wobei versuchsbezogenen Umständen ein besonderes Gewicht zukommt (st. Rspr.; s. zuletzt BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 261/10, wistra 2011, 18, 19). Diese Entscheidung ist dem Revisionsgericht entzogen. Dem Senat ist es deshalb nicht möglich, abschließend zu bestimmen , welches Recht milder ist und den Schuldspruch entsprechend zu ändern ; vielmehr ist das Urteil insoweit aufzuheben. Da es sich nur um eine Wer- tungsfrage handelt, können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Schuldspruch aufrecht erhalten bleiben.
32
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 3 der Urteilsgründe führt zum Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafe, der wiederum die Aufhebung der Gesamtstrafe bedingt.
33
Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe hat auch die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer, die die Einzelstrafen dem Strafrahmen des § 34 Abs. 6 AWG aF (Mindeststrafe zwei Jahre Freiheitsstrafe ) entnommen hat, bei Anwendung des nunmehr geltenden Strafrahmens des § 17 Abs. 2 AWG nF, der mit einem Jahr Freiheitsstrafe eine deutlich niedrigere Mindeststrafe aufweist, mildere Einzelstrafen ausgesprochen hätte.
34
Die zum Strafausspruch insgesamt rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sind davon indes nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).
35
4. Der Senat hat bei der Schuldspruchänderung den Zusatz vorsätzlicher und unerlaubter Tatbegehung entfallen lassen. Dies dient der Klarstellung der ansonsten durch die Aufnahme nicht notwendigen Inhalts unübersichtlichen Urteilsformel (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 1992 - 3 StR 61/92, NStZ 1992, 546 und vom 20. Mai 2014 - 1 StR 90/14, juris Rn. 16). Da nach § 15 StGB nur vorsätzliches Handeln strafbar ist, fahrlässiges hingegen lediglich dann, wenn es ausdrücklich mit Strafe bedroht ist, bedarf der Zusatz vorsätzlicher Begehung keiner Aufnahme in die Urteilsformel. Dass es sich bei Straftaten nach dem AWG und dem WaffG um einen "unerlaubten" Umgang mit Gütern bzw. Waffen handelt, versteht sich von selbst, weil das Handeln im Rah- men einer erteilten Erlaubnis die Strafbarkeit aufgrund der gegebenen Verwaltungsakzessorietät der Straftatbestände ausschließt. Das Merkmal "unerlaubt" bedarf deshalb nicht der Tenorierung.
Becker Pfister Schäfer Mayer Gericke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 540/10
vom
12. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2011 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 21. Mai 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit er verurteilt worden ist. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betruges zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und ihn von weiteren Vorwürfen freigesprochen. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Schon die Sachrüge ist erfolgreich. Eines näheren Eingehens auf die zudem erhobene Verfahrensrüge bedarf es daher nicht.
2
1. Die Verurteilung hat das Landgericht im Wesentlichen auf folgende Feststellungen gestützt:
3
Seit 2002 arbeitete der Angeklagte für die 1923 geborene Frau J. als Hausmeister. Nachdem diese im September 2005 schwer gestürzt war, kümmerte er sich gegen entsprechendes Honorar u.a. auch um deren körperliche Hygiene und Verpflegung. Im August 2008 erklärte sich Frau J. mit dem Vorschlag des Angeklagten einverstanden, ihm das ihr gehörende Grund- stück, dessen Verkehrswert das Urteil nicht mitteilt, zu schenken. In dem darauf stehenden Haus sollte sie weiterhin unentgeltlich wohnen dürfen und vom Angeklagten wie bisher gepflegt werden. Bei diesem Gespräch spiegelte der Angeklagte Frau J. „bewusst wahrheitswidrig … vor, dass für die Übertragung des Anwesens Schenkungssteuer in Höhe von 150.000 € anfallen würde“, obwohl er „wusste, dass die“ Steuer „wesentlich niedriger … sein“, nämlich 81.175,40 € betragen würde. Da der Angeklagte sie nicht hätte bezahlen können , willigte Frau J. ein, ihm 150.000 € zusätzlich „zur Begleichung der anfallenden Schenkungssteuer zu schenken“.
4
Mitte September 2008 beauftragte der Angeklagte einen befreundeten Rechtsanwalt, einen Überlassungsvertrag zu entwerfen. Der Entwurf enthielt in § 9 folgende Regelung: „Die Überlasserin übergibt dem Übernehmer neben der Überlassung des Grundstücks einen Betrag in Höhe von 150.000 € als Schenkung. Den Betrag in Höhe von 150.000 € übergibt die Überlasserin an den Übernehmer im Ausgleich der mit der Überlassung und auch der Schenkung des Betrages von 150.000 € anfallenden Schenkungssteuer. Sollte die anfallende Schenkungssteuer unter dem Betrag von 150.000 € liegen, ist vom Übernehmer eine teilweise Rückerstattung nicht geschuldet. Ein möglicher Restbetrag wird dem Übernehmer von der Überlasserin geschenkt“.
5
Nachdem der Angeklagte den Vertragsentwurf gebilligt hatte, übersandte ihn sein Rechtsanwalt an einen Notar, der den Beurkundungstermin auf den 1. Oktober 2008 um 17.00 Uhr bestimmte. Zu der Beurkundung kam es nicht mehr, weil der Angeklagte am Vormittag des genannten Tages festgenommen wurde.
6
2. Diese Feststellungen vermögen die Verurteilung wegen versuchten Betruges nicht zu tragen. Denn sie belegen nicht, dass der Angeklagte nach seinem Tatentschluss zur Verwirklichung des Betruges unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB) und ggf. von dessen Versuch nicht strafbefreiend zurückgetreten ist (§ 24 Abs. 1 StGB).
7
a) Der Senat hat Bedenken, ob der Angeklagte die nach § 22 StGB für den Versuchsbeginn maßgebliche Schwelle schon überschritten hat. Zwar trifft die vom Landgericht vertretene Ansicht zu, dass es hierfür regelmäßig genügt, dass ein Täter bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 - 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 296; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2002 - 1 StR 222/01, NStZ 2002, 433, 435). Es hat insofern eine Täuschung bejaht. Jedoch muss das, was der Täter zur Verwirklichung seines Vorhabens getan hat, zu dem in Betracht kommenden Straftatbestand und dessen beabsichtigter Verwirklichung in Beziehung gesetzt werden. Handelt es sich aber dabei - wie hier - um ein mehraktiges Geschehen, so ist erst diejenige Täuschungshandlung maßgeblich, die den Getäuschten unmittelbar zur irrtumsbedingten Verfügungsverfügung bestimmen und den Vermögensschaden herbeiführen soll (vgl. Satzger in SSW, StGB, 1. Aufl., § 263 Rn. 254). Daher lag es nicht nahe, auf die in dem ersten, im August 2008 geführten Gespräch hinsichtlich der Höhe der Schenkungssteuer gemachte Angabe abzustellen. Denn diese konnte nicht ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in die angestrebte Vermögensverschiebung münden, sondern sollte diese nur vorbereiten. Insbesondere bedurfte es auch nach der Vorstellung des Angeklagten noch der Ausarbeitung eines entsprechenden schriftlichen Vertrages und zwingend (§ 311b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB) dessen notarieller Beurkundung. Angesichts dessen vermag der Senat den Feststellungen ebenfalls nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte gar ohne Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals das Vorbereitungsstadium (hierzu BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 - 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 297; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2002 - 1 StR 222/01, NStZ 2002, 433, 435) bereits verlassen und die Schwelle zum „Jetzt geht es los“, also zum ohne Zwischenakte den Tatbestand verwirklichenden Tun überschritten hatte. Die Frage des unmittelbaren Ansetzens kann er aber letztlich offen lassen.
8
b) Denn jedenfalls hat das Landgericht nicht geprüft, ob der Angeklagte von dem - angenommenen - Betrugsversuch strafbefreiend zurückgetreten ist. Eventuell ist es im Hinblick auf die einige Stunden vor dem Notartermin erfolgte Festnahme des Angeklagten von einem fehlgeschlagenen Versuch ausgegangen. Hierdurch hat es sich jedoch den Blick auf die Möglichkeit verstellt, dass der Angeklagte bereits zuvor vom Versuch zurückgetreten ist.
9
Insofern wäre es für die Voraussetzungen des für den allein handelnden Täter maßgeblichen § 24 Abs. 1 StGB zunächst darauf angekommen, ob ein beendeter oder ein unbeendeter Versuch vorliegt. Im ersten Fall erlangt der Täter Strafbefreiung nur dann, wenn er durch aktives Tun den Eintritt des Erfolges freiwillig verhindert. Im zweiten Fall genügt es, wenn er während der Ausführung seines Tatplans dessen weitere Durchführung freiwillig aufgibt. Maßgeblich für die Abgrenzung ist der sog. Rücktrittshorizont, d.h. die Vorstellung des Täters nach der letzten Ausführungshandlung (BGH, Urteil vom 12. November 1987 - 4 StR 541/87, BGHSt 35, 90, 93 f.).
10
Hierzu enthält das Urteil keinerlei Feststellungen. Diese zu treffen hätte aber schon wegen der Ausgestaltung des dem Notar übermittelten Entwurfs eines Übernahmevertrages Anlass bestanden. Denn hierin war nicht nur von der für das zu schenkende Grundstück anfallenden Steuer die Rede, sondern es wurde - was das Landgericht ebenfalls nicht ausdrücklich gewürdigt hat - zutreffend auch auf diejenige für die Geldschenkung hingewiesen. Beide zu- sammen hätten nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7, 10, 16 Abs. 1 Nr. 5, 19 Abs. 1 ErbStG (in der zum Tatzeitraum geltenden Fassung) 128.992 € betragen, wenn man die in der Beweiswürdigung mitgeteilte Annahme des Angeklagten zugrunde legt, „das Haus“ sei 300.000 € wert. Schließlich verwies der Vertragsentwurf auf die Möglichkeit, dass die insgesamt fällig werdende Steuer weniger als 150.000 € ausmachen könnte. Der Umstand, dass diese in Aussicht genommene Regelung keine Täuschung (mehr) enthielt und der Notar verpflichtet gewesen wäre, sie Frau J. vor der Beurkundung vorzulesen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BUrkG), durfte in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben und hätte zur Prüfung der Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 StGB führen müssen.
11
3. Auf die erhobene Verfahrensrüge, das Recht des Angeklagten auf konfrontative Befragung der Belastungszeugin (Art. 6 Abs. 3 Buchst. b MRK) sei dadurch verletzt worden, dass keine ermittlungsrichterliche Vernehmung Frau J. s durchgeführt wurde, bei der diese zumindest durch einen Verteidiger hätte „konfrontativ“ befragt werden können, kommt es somit nicht mehr an. Der Senat bemerkt jedoch, dass diese nur dann hätte erfolgreich sein können , wenn das Unterlassen der Vernehmung der Justiz zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2006 - 1 StR 493/06, BGHSt 51, 150), die Durchführung der Vernehmung m.a.W. geboten gewesen wäre. Dies war aber nicht schon deshalb so, weil Frau J. im fraglichen Zeitpunkt 85 Jahre alt und infolge ihres Sturzes im Jahr 2005 „körperlich gebrechlich“ war. Insbesondere war nicht vorhersehbar, dass sie Anfang November 2008 einen Schlaganfall mit Hirnblutung erleiden würde, infolge dessen sie bis zu ihrem Tod im Februar 2009 nicht mehr vernehmungsfähig sein würde. Bei ihren im Oktober 2008 durchgeführten polizeilichen Vernehmungen war Frau J. ungeachtet eines „schwankenden Zustandes“ jedenfalls uneingeschränkt zeugentüchtig, wie das Landgericht im Urteil ausführlich dargelegt hat.
Nack Wahl Rothfuß Elf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 4 2 4 / 1 3
vom
20. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. März
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. August 2013 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu der Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre und sechs Monate der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet - insoweit nicht näher ausgeführt - das Verfahren.
2
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts tragen die Feststellungen des Landgerichts die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Mordes (§§ 211, 22 StGB).
3
1. Der Angeklagte unterhielt eine Beziehung zu der getrennt von ihm auf derselben Etage wohnhaften Nebenklägerin. Am Abend des 9. November 2012 kam es in der Wohnung des Angeklagten zu einem Streitgespräch, in dessen Verlauf die Nebenklägerin den insoweit uneinsichtigen Angeklagten erfolglos drängte, sich seiner Alkohol- und Aggressionsprobleme anzunehmen. Gegen 0.30 Uhr wollte die Nebenklägerin die Wohnung des Angeklagten verlassen. Dies verhinderte der alkoholisierte Angeklagte, indem er die bereits an der Tür befindliche Nebenklägerin an den Haaren zurückzog, sie im Wohnzimmer auf die Couch warf und sich auf sie setzte. Nunmehr entschlossen, die Nebenklägerin "durch anhaltendes Würgen zu quälen und sie sodann zu töten", begann der Angeklagte, sie mit beiden Händen am Hals zu würgen. Unter Todesdrohungen drückte er ihr über geraume Zeit hinweg in einer Vielzahl von Fällen den Hals bzw. den Kehlkopf zu, bis sie erschlaffte, und lockerte dann jeweils seinen Griff, um sie wieder zu Bewusstsein gelangen zu lassen. Hierdurch wollte der Angeklagte der Nebenklägerin besondere Leiden zufügen und "den Tötungsprozess hinauszögern".
4
Als es der Nebenklägerin gelang, ein Mobiltelefon zu ergreifen, äußerte der Angeklagte, nun sei sie "wirklich dran". Unter der Drohung, heute werde sie sterben, drückte er ihr mit seinen Knien ein Kissen auf das Gesicht, bis sie in Atemnot geriet. Auf ihr sitzend und ihr den Mund zuhaltend meldete er sich sodann telefonisch bei seiner Arbeitsstelle krank. Hierzu erklärte er der Nebenklägerin , er habe sich jetzt Zeit genommen, um sie weiter zu quälen; "dich wird eh keiner so fünf Tage vermissen." Auf ihre Frage, warum er kein Messer nehme , antwortete er, dass es damit keinen Spaß mache, er werde sie mit einem Messer entstellen und dann töten. Aus der Küche holte er Paketklebeband und fesselte damit die nun auf dem Boden liegende Nebenklägerin an Armen und Beinen.
5
Anschließend trank der Angeklagte zwei Flaschen Weißwein, eine davon nahezu in einem Zug. Darauf setzte er sich hin und schlief unwillkürlich ein. Die Nebenklägerin, die dies bemerkt hatte, konnte sich befreien und gegen 4.45 Uhr die Wohnung des Angeklagten verlassen.
6
2. Danach hatte der Angeklagte, bevor die weitere Ausführung seines Vorhabens infolge seines Einschlafens und der Flucht der Nebenklägerin fehlschlug , nach seiner Vorstellung bereits unmittelbar zu einer auf Verwirklichung seiner Tötungsabsicht gerichteten Handlung angesetzt (§ 22 StGB).
7
a) Zu Recht weist der Generalbundesanwalt allerdings darauf hin, dass der Angeklagte nach den Feststellungen noch keine Handlungen vorgenommen hatte, die nach seiner Vorstellung Tatbestandsmerkmale eines vorsätzlichen Tötungsdelikts verwirklichten. Weder wollte der Angeklagte durch die wiederholte Herbeiführung der Atemnot bereits den Tod der Nebenklägerin herbeiführen noch lässt sich den Urteilsgründen entnehmen, dass er mit einem solchen Geschehensablauf rechnete. Zutreffend geht der Generalbundesanwalt auch davon aus, dass ein als bloße Vorbereitung eines Tötungsdelikts zu bewertendes Handeln des Täters nicht allein deshalb bereits eine teilweise Verwirklichung des Mordtatbestands bedeutet, weil es von Grausamkeit im Sinne des § 211 StGB getragen war (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1990 - 1 StR 99/90, BGHSt 37, 40, 41).
8
b) Ein unmittelbares Ansetzen im Sinne des § 22 StGB liegt jedoch nicht erst dann vor, wenn der Täter bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands verwirklicht hat. In den Bereich des Versuchs einbezogen ist vielmehr auch ein für sich gesehen noch nicht tatbestandsmäßiges Handeln, soweit es nach der Vorstellung des Täters der Verwirklichung eines Tatbestandsmerk- mals räumlich und zeitlich unmittelbar vorgelagert ist oder nach dem Tatplan im ungestörten Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1975 - 1 StR 264/75, BGHSt 26, 201, 203 f.; vom 26. Oktober 1978 - 4 StR 429/78, BGHSt 28, 162, 163; vom 26. Januar 1982 - 4 StR 631/81, BGHSt 30, 363, 364; Beschluss vom 24. Juli 1987 - 2 StR 338/87, BGHSt 35, 6, 8 f.; Urteile vom 16. Januar 1991 - 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 296; vom 13. September 1994 - 1 StR 357/94, BGHSt 40, 257, 268 f.; Beschluss vom 14. März 2001 - 3 StR 48/01, NStZ 2001, 415, 416).
9
Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen jedoch stets der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles (BGH, Urteile vom 12. Dezember 2001 - 3 StR 303/01, NJW 2002, 1057; vom 27. Januar 2011 - 4 StR 338/10, NStZ 2011, 517). Ein wesentliches Abgrenzungskriterium ist das aus der Sicht des Täters erreichte Maß konkreter Gefährdung des geschützten Rechtsguts (BGH aaO, S. 518; Urteile vom 26. Januar 1982 - 4 StR 631/81, BGHSt 30, 363, 364; vom 13. September 1994 - 1 StR 357/94, BGHSt 40, 257, 268 f.; Beschluss vom 7. April 1983 - 1 StR 207/83, NStZ 1983, 462; Urteil vom 26. August 1986 - 1 StR 351/86, NStZ 1987, 20; Beschlüsse vom 2. August 1989 - 3 StR 239/89, StV 1989, 526; vom 15. Mai 1990 - 5 StR 152/90, NJW 1990, 2072, 2073). Auch die Dichte des Tatplans kann für die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnen (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - 3 StR 303/01, NJW 2002, 1057). So sind Handlungen , die keinen tatbestandsfremden Zwecken dienen, sondern wegen ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit mit der Tathandlung nach dem Plan des Täters als deren Bestandteil erscheinen, weil sie an diese zeitlich und räumlich angrenzen und mit ihr im Falle der Ausführung eine natürliche Einheit bilden, nicht als der Annahme unmittelbaren Ansetzens entgegenstehende Zwischenakte anzusehen (BGH aaO, S. 1058; Urteil vom 30. April 1980 - 3 StR 108/80, NJW 1980, 1759).
10
c) Nach diesen Maßstäben hatte der Angeklagte dadurch, dass er die Nebenklägerin in der Absicht, sie zu töten, in seine Gewalt brachte und sie in Ausführung seines Tatplans zunächst quälte, nach seiner Vorstellung bereits unmittelbar zur Begehung eines das Mordmerkmal der Grausamkeit erfüllenden vorsätzlichen Tötungsdelikts angesetzt.
11
Zwar verweist der Generalbundesanwalt zutreffend darauf, dass das Urteil dazu schweigt, welche Vorstellungen der Angeklagte zum weiteren Fortgang des Geschehens in zeitlicher Hinsicht entwickelt hatte, und sich in diesem Zusammenhang insbesondere nicht mit dessen Äußerung auseinandersetzt, niemand werde die Nebenklägerin "so fünf Tage vermissen". Beides war indes deshalb entbehrlich, weil in den festgestellten Handlungen auch dann schon ein unmittelbares Ansetzen zu einer grausamen Tötung der Nebenklägerin läge , wenn der Angeklagte die nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlichen Gewaltakte noch weiter - selbst über erhebliche Zeit hinweg - hätte hinausschieben wollen. Denn bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Gesamtumstände verliert hier das zur Abgrenzung von Vorbereitungshandlung und Versuch grundsätzlich auch heranzuziehende Kriterium der zeitlichen Abfolge derart an Gewicht, dass auch eine vom Angeklagten etwa noch eingeplante längere Zeitspanne bis zur Verwirklichung seiner Tötungsabsicht den unmittelbaren Zusammenhang der bisherigen Körperverletzungen mit der beabsichtigten Einleitung des todbringenden Geschehens nicht in Frage stellen könnte.
12
So war die Nebenklägerin bereits ab dem Zeitpunkt, zu dem sich der Angeklagte ihrer in Tötungsabsicht bemächtigt hatte, unmittelbar und konkret an Leib und Leben gefährdet. Der Angeklagte hielt sie mittels körperlicher Gewalt in seiner Wohnung fest. Auch nach dessen Vorstellung verfügte sie damit über keine Möglichkeiten mehr, sich weiteren Tathandlungen zu entziehen oder schließlich den geplanten todbringenden Angriff abzuwehren. Diese Beschränkung der persönlichen Freiheit der Nebenklägerin stand in engem räumlichem und situativem Zusammenhang mit deren beabsichtigter Tötung, denn sie sollte gerade sicherstellen, dass der vom Angeklagten geplante Geschehensablauf ungestört Fortgang nehmen und ohne weitere Unterbrechungen in die Tatvollendung einmünden kann. Allein die zeitliche Streckung dieses Ablaufs ändert an dem situativen Zusammenhang nichts; sie war im Gegenteil wesentliches Element des Tatplans, der dahin ging, der Nebenklägerin vor der Herbeiführung ihres Todes zunächst langanhaltende Qualen zuzufügen. Die wiederkehrenden und nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen noch weiter beabsichtigten Misshandlungen der Nebenklägerin bedeuten deshalb auch keine Unterbrechungen des Geschehensablaufs zu tatbestandsfremden Zwecken, sondern stellen sich dar als untrennbare Bestandteile eines einheitlichen, auf den Tod der Nebenklägerin abzielenden Handelns. Selbständige Handlungsschritte unter Mitwirkung des Opfers, die durch dessen "vorzeitigen" Tod vereitelt worden wären (so der Fall BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - 3 StR 303/01, NJW 2002, 1057), waren nach dem Tatplan des Angeklagten nicht vorgesehen.
Becker Pfister Schäfer Mayer Gericke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
___________
AK 2/10
vom
23. April 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
______________________________
AWG § 34 Abs. 4 Nr. 2 idF vom 26. Juni 2006
EG-VO 423/2007 Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3
Zur Strafbarkeit nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF wegen Zuwiderhandelns gegen
das Umgehungsverbot des Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Verordnung (EG)
423/2007 vom 19. April 2007 (Iran-Embargo-Verordnung).
BGH, Beschluss vom 23. April 2010 - AK 2/10 - Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Angeschuldigten und seines Verteidigers am 23. April
2010 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
1. Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes vom 17. Oktober 2009 (1 BGs 240/09) wird aufgehoben.
2. Der Angeschuldigte ist unverzüglich freizulassen.

Gründe:

1
Der Angeschuldigte wurde am 16. Oktober 2009 vorläufig festgenommen und befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 2009 - 1 BGs 240/09 - seit diesem Tag in Untersuchungshaft. Mit Anklageschrift vom 19. März 2010 hat der Generalbundesanwalt gegen den Angeschuldigten und den Mitangeschuldigten Dr. S. Anklage zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens und den Antrag des Generalbundesanwalts auf Erlass eines Haftbefehls nach Maßgabe des Anklagesatzes hat das Oberlandesgericht noch nicht entschieden.
2
Der dem Haftbefehl zugrunde liegende Sachverhalt kann die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht rechtfertigen. Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs ist deshalb aufzuheben.

I.


3
1. Im Haftbefehl wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt, gewerbsmäßig handelnd einer in Anhang IV zur Verordnung (EG) Nr. 423/2007 vom 19. April 2007 (im Folgenden: Iran-Embargo-VO) gelisteten Einrichtung eine wirtschaftliche Ressource zur Verfügung gestellt und damit einem im Bundesanzeiger veröffentlichten, unmittelbar geltenden Bereitstellungsverbot eines Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaft zuwidergehandelt zu haben, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient; die Tat sei geeignet gewesen, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (strafbar gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 und Nr. 4 Buchst. c AWG i. V. m. Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO). Dem Angeschuldigten wird vorgeworfen , gemeinschaftlich mit dem gesondert verfolgten K. und dem Mitangeschuldigten Dr. S. der Shahid Hemmat Industrial Group (im Folgenden: SHIG) - einer Beschaffungsstelle des iranischen Raketenprogramms - im Juli 2007 einen in der F. GmbH (im Folgenden: F. ) in Deutschland hergestellten Keramiksinterofen im Wert von 1,1 Mio. € geliefert zu haben.
4
2. Die weiteren Ermittlungen haben eine Auslieferung des Ofens an die SHIG nicht bestätigt. Vielmehr ist - in Übereinstimmung mit der Anklageschrift, auf deren Ausführungen zur Verdachtslage der Senat Bezug nimmt - von folgendem Sachverhalt auszugehen:
5
Der im Iran ansässige Angeschuldigte, der allein die iranische Staatsangehörigkeit besitzt, erhielt im Frühjahr 2004 von V. , dem Verantwortlichen einer getarnten Forschungseinrichtung für die iranische Raketenproduktion , den Auftrag, über die von ihm betriebene Gesellschaft E.
(im Folgenden: E. ), einen Vakuumofen zu beschaffen. Vakuumöfen werden zum Sintern von keramischen Werkstoffen eingesetzt und sind für eine Verwendung bei der Entwicklung und Herstellung von Raketenteilen geeignet. Innerhalb des iranischen Raketenprogramms hatten sich die Verantwortlichen darauf verständigt, solche Keramiktechnologie bei der Fortentwicklung weit reichender Raketensysteme einzusetzen. Endempfänger des Ofens sollte, was der Angeschuldigte wusste, die SHIG sein. Diese ist eine Unterorganisation der zentralen Beschaffungsstelle des iranischen Raketenprogramms, der Aerospace Industries Organisation, von der V. einen dementsprechenden Beschaffungsauftrag erteilt bekommen hatte.
6
Über den in Deutschland ansässigen Mitangeschuldigten Dr. S. wandte sich der Angeschuldigte an den gesondert verfolgten K. , den Geschäftsführer der F. , die solche Öfen herstellt. Die zunächst im Jahr 2004 ins Stocken geratenen Verhandlungen, in deren Verlauf der Angeschuldigte dem gesondert verfolgten K. eine unzutreffende, auf eine zivile Nutzung des Ofens hinweisende Endverbleibserklärung der E. übersandt hatte, wurden ab dem Jahr 2006 fortgesetzt. Der Angeschuldigte traf sich im August 2006 und am 14. März 2007 mit Dr. S. und K. in Deutschland; beim zweiten Treffen schlossen der Angeschuldigte und K. einen Vertrag über die Lieferung eines Vakuumofens der F. an die E. . Bereits zuvor, im Januar 2007, hatte die F. auf ihren Antrag zur Genehmigung der Ausfuhr vom zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) den Bescheid erhalten, dass die Lieferung des Ofens, der ausweislich des Antrags der F. in der Porzellanindustrie Verwendung finden sollte, an die E. nicht genehmigungspflichtig sei (sog. Nullbescheid). Während es der Mitangeschuldigte Dr. S. bereits von Beginn der Ge- schäftsanbahnung an für möglich hielt, dass der Ofen für das iranische Raketenprogramm bestimmt war, und dies im Hinblick auf die in Aussicht genommene Provision billigend in Kauf nahm, hatte der gesondert verfolgte K. keine Kenntnis von der Bestimmung des Ofens für die Herstellung von Raketenteilen.
7
Nach Vertragsabschluss und Erteilung des Nullbescheids trat am 20. April 2007 das Iran-Embargo in Kraft, das am 8. Mai 2007 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Gleichwohl führte die F. , ohne beim BAFA nochmals um eine Genehmigung nachzusuchen, den Ofen im Juli 2007 an die E. in den Iran aus.
8
In der Folgezeit bemühte sich der Angeschuldigte in einer Industriehalle in Teheran, die Voraussetzungen für die Inbetriebnahme des Ofens zu schaffen. Vom 3. bis 14. März 2008 reisten Mitarbeiter der F. auf Veranlassung des Angeschuldigten in den Iran, um den Ofen bei der E. in den vertraglich vereinbarten Probebetrieb zu nehmen. Die dafür nach der IranEmbargo -VO erforderliche Genehmigung hatte K. zuvor nicht eingeholt. Die Techniker stellten den Ofen vor Ort auf; die für den Funktionsbetrieb erforderliche Software installierten sie dabei jedoch nicht. Nachdem das BAFA den gesondert verfolgten K. mit Schreiben vom 13. März 2008 darauf hingewiesen hatte, dass die E. im Verdacht stehe, Beschaffungen für das iranische Trägertechnologieprogramm durchzuführen, leistete die F. keine weitere technische Unterstützung mehr. Deshalb scheiterte letztlich auch die vom Angeschuldigten geplante Weiterveräußerung des noch nicht funktionsfähigen Ofens an die SHIG.

II.


9
1. Ausgehend von dieser gegenüber dem Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls geänderten Verdachtslage hat sich der Angeschuldigte im Zusammenhang mit der Lieferung des Ofens an die E. nicht wegen eines Verstoßes gegen das AWG strafbar gemacht.
10
a) Es besteht kein dringender Verdacht, dass sich der Angeschuldigte als Mittäter oder Teilnehmer an einem Ausfuhrdelikt beteiligt hat. Die von dem gesondert verfolgten K. veranlasste Ausfuhr des Ofens in den Iran war - wovon auch der Generalbundesanwalt in seiner Anklageschrift ausgeht - weder nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 AWG noch nach § 34 Abs. 2 AWG (jew. idF vom 26. Juni 2006, im Folgenden aF) strafbar.
11
Zwar hatte der der F. im Januar 2007 erteilte Nullbescheid durch das Inkrafttreten der Iran-Embargo-VO am 20. April 2007 formal seine Wirkung verloren und war die Ausfuhr des von der Position II.A.2.005 des Anhangs II der Verordnung erfassten Ofens in den Iran fortan - unabhängig vom Empfänger - gemäß Art. 3 Abs. 1 Iran-Embargo-VO genehmigungspflichtig. Eine Genehmigung hatte der gesondert verfolgte K. beim BAFA nicht eingeholt. Ein Verstoß gegen diese Genehmigungspflicht war im Zeitpunkt der Ausfuhr indes nicht unter Strafe gestellt. Denn die zur Tatzeit geltende Fassung des § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG vom 26. Juni 2006 nahm lediglich auf die in den Embargovorschriften enthaltenen Verbote (Ausfuhr-, Bereitstellungsverbote etc.) Bezug, hingegen wurde ein Verstoß gegen einen Genehmigungsvorbehalt, wie ihn Art. 3 Abs. 1 Iran-Embargo-VO enthält, von dieser Strafvorschrift nicht erfasst. Der Verstoß gegen den Genehmigungsvorbehalt wurde vielmehr erst mit Einführung des § 69 o Abs. 6 AWV durch die 80. AWV-ÄnderungsVO vom 16. August 2007 (veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 22. August 2007), mithin nach der ver- fahrensgegenständlichen Ausfuhr über § 70 a Abs. 2 Nr. 8 AWV der Strafbewehrung nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b AWG aF unterstellt.
12
Bis dahin kam eine Strafbarkeit wegen eines Ausfuhrdelikts nur nach § 34 Abs. 2, § 33 Abs. 4 AWG aF i. V. m. § 70 Abs. 5 a (hier: Nr. 3) AWV aF in Betracht, wenn Güter mit doppeltem Verwendungszweck entgegen den Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 (Dual-Use-VO) ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt wurden. Da der hier in Rede stehende Ofen nicht in der Dual-Use-VO gelistet ist, richtete sich die Genehmigungsbedürftigkeit seiner Ausfuhr nach der damaligen Rechtslage nach Art. 4 Dual-Use-VO. Gemäß der hier allein in Betracht kommenden Regelung des Art. 4 Abs. 4 DualUse -VO ist der Ausführer verpflichtet, vor der Ausfuhr nicht gelisteter Güter, die nach seiner positiven Kenntnis für bestimmte militärische Verwendungen bestimmt sind, das BAFA zu unterrichten, das sodann über die Genehmigungspflicht zu entscheiden hat. Eine solche positive Kenntnis im Sinne eines direkten Vorsatzes ist nach den bisherigen Erkenntnissen dem für die Ausfuhr verantwortlichen gesondert verfolgten K. jedoch nicht nachzuweisen, so dass es im Zusammenhang mit der Ausfuhr des Ofens an einem strafbaren Verhalten des K. , an dem sich der Angeschuldigte als Mittäter oder Teilnehmer beteiligt haben könnte, fehlt.
13
Die Strafvorschrift des § 34 Abs. 2 AWG aF stellt, soweit sie in Verbindung mit Art. 4 Abs. 4 Dual-Use-VO Anwendung findet, zudem ein Sonderdelikt dar, da der Genehmigungsvorbehalt des Art. 4 Abs. 4 Dual-Use-VO nicht an den tatsächlichen Vorgang der Ausfuhr (vgl. BGH NJW 1992, 3114), sondern unmittelbar an die Ausführereigenschaft anknüpft (Bieneck in Bieneck, Handbuch AWR § 24 Rdn. 14). Gemäß Art. 2 Buchst. c Satz 1 Dual-Use-VO ist Ausführer jedoch nur derjenige, der zum Zeitpunkt der Entgegennahme der Anmel- dung Vertragspartner des Empfängers im Drittland ist und über die Versendung der Güter aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft bestimmt. Diese Eigenschaft wies im vorliegenden Fall nur der gesondert verfolgte K. auf, nicht hingegen der Angeschuldigte. Dem Angeschuldigten fehlte sonach die erforderliche Täterqualität für dieses Ausfuhrdelikt, so dass auch aus diesem Grunde eine Strafbarkeit als Mittäter oder mittelbarer Täter nicht in Betracht gekommen wäre (Fischer , StGB 57. Aufl. § 25 Rdn. 6 und 16).
14
b) Es liegen auch keine dringenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Angeschuldigte als (Mit- oder mittelbarer) Täter dem Verbot des Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO, einer in Anhang IV der Verordnung gelisteten Einrichtung unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, zuwidergehandelt oder sich an einer solchen Tat eines Dritten beteiligt und sich deshalb wegen eines Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF strafbar gemacht hat.
15
aa) Eine Strafbarkeit scheidet allerdings nicht bereits deshalb aus, weil § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF nur Zuwiderhandlungen gegen ein Bereitstellungs verbot pönalisiert, Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO aber nicht das "Bereitstellen", sondern das "Zur-Verfügung-Stellen" von wirtschaftlichen Ressourcen untersagt. Obwohl sich insoweit der Wortlaut der Blankettnorm und der ausfüllenden Norm nicht decken, ist der Sinngehalt der beiden Tatbestandsmerkmale identisch , so dass Verstöße gegen Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO der Strafbewehrung des § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF unterfallen.
16
Dem steht nicht entgegen, dass in Verbotsnormen der Iran-Embargo-VO nicht nur der Begriff des "Zur-Verfügung-Stellens", sondern auch derjenige des "Bereitstellens" - etwa in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und c - Verwendung findet. Zwar spricht diese Differenzierung durchaus für einen unterschiedlichen Bedeu- tungsgehalt der Begriffe, zumal auch in der englischen Fassung der IranEmbargo -VO in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und c ("to provide") und in Art. 7 Abs. 3 ("made available") die Begriffswahl nicht identisch ist. Indes zeigt der Blick in andere EU-Embargo-Verordnungen, dass der unterschiedliche Wortlaut der Verbotsnormen in der deutschen Fassung der Iran-Embargo-VO keiner Gesetzessystematik geschuldet, sondern ersichtlich auf Ungenauigkeiten bei der Übertragung des Verordnungstextes in die deutsche Sprache zurückzuführen ist. Denn die englische Formulierung "no funds or economic ressources shall be made available", wie sie auch in Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO verwendet wird, wird in anderen EU-Embargo-Verordnungen in vergleichbaren Zusammenhängen gebraucht und in den jeweiligen deutschen Fassungen nicht nur mit "ZurVerfügung -Stellen" (so etwa auch in Art. 2 Abs. 2 und 3 Verordnung (EG) Nr. 881/2002) sondern gleichermaßen mit "Bereitstellen" (so etwa in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 und in Einl. Nr. 2 der Verordnung (EG) 881/2002) übersetzt. Dies spricht dafür, den Begriffen des "Bereitstellens" und des "Zur-Verfügung-Stellens" den selben Sinngehalt zuzuschreiben (vgl. Dahme, Terrorismusbekämpfung durch Wirtschaftssanktionen S. 113 f.).
17
Der das deutsche Strafrecht beherrschende Grundsatz, dass die Auslegung eines Tatbestandsmerkmals die Grenze des äußersten Sinngehalts seines Wortlauts nicht überschreiten darf, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Vielmehr wird auch im deutschen Sprachgebrauch "bereitstellen" gleichgesetzt mit "zur Verfügung stellen" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch 6. Aufl.; Grimm, Deutsches Wörterbuch Bd. 25), mithin den Begriffen eine übereinstimmende Bedeutung beigemessen.
18
bb) Die Lieferung des Ofens an die E. erfüllt jedoch weder die Voraussetzungen eines vollendeten noch eines versuchten unmittelbaren oder mittelbaren Bereit- bzw. Zur-Verfügung-Stellens einer wirtschaftlichen Ressource (vgl. BGH, Beschl. vom 8. September 2008 - StB 19/08) an eine im Anhang IV der Iran-Embargo-VO gelistete Einrichtung.
19
(1) Zwar ist die SHIG unter Nr. 21 des Anhangs IV in der Iran-EmbargoVO gelistet. Eine Tatvollendung im Sinne eines unmittelbaren Bereitstellens des Ofens an diese Einrichtung liegt indes nicht vor. Denn das Bereitstellungsverbot des Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO bezieht sich auf den tatsächlichen Vorgang des Zur-Verfügung-Stellens, also auf den Realakt, der dazu führt, dass der gelisteten Person oder der Einrichtung ein wirtschaftlicher Vorteil zu Gute kommt (vgl. Dahme aaO S. 117 f.; Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWRKommentar § 34 Abs. 4 AWG Rdn. 90). Tatsächlich ist der Ofen bei der SHIG jedoch nicht angelangt.
20
Die Lieferung des Ofens an die E. erfüllt auch nicht die Voraussetzungen eines mittelbaren Bereitstellens im Sinne des Art. 7 Abs. 3 IranEmbargo -VO. Ein solches kann gegeben sein, wenn wirtschaftliche Ressourcen an nicht gelistete Dritte geliefert werden, die zur Weitergabe an die gelisteten Personen oder Organisationen bereit sind (vgl. Bieneck AW-Prax 2002, 348, 349). Zwar hatte der Angeschuldigte grundsätzlich vorgesehen, den Vakuumofen über die von ihm geführte E. an die SHIG weiter zu veräußern; Voraussetzung war jedoch, dass der Ofen funktionstüchtig war. Gerade am Fehlen dieser Voraussetzung ist die Weiterveräußerung vorliegend gescheitert. In dieser Konstellation kann die Lieferung an die E. , die ein selbständiges Veräußerungsgeschäft mit der SHIG nur unter bestimmten Voraussetzungen durchführen konnte und wollte, nicht bereits als vollendetes mittelba- res Bereitstellen im Sinne des Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO angesehen werden. Ziel des Bereitstellungsverbots ist die Verhinderung des Zugriffs der gelisteten Personen oder Einrichtungen auf Gelder und wirtschaftliche Ressourcen ; ihnen soll die materielle Grundlage ihrer Tätigkeit entzogen oder vorenthalten werden (vgl. Dahme aaO S. 118). Wenn sie aber bei der Einschaltung eines Zwischenhändlers nicht ohne weiteres auf die dort angelangten Waren zugreifen können, fehlt es an einer Verbesserung ihrer materiellen Grundlage. In der Lieferung an einen Dritten kann somit nur dann ein bereits vollendetes mittelbares Bereitstellen im Sinne des Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO liegen, wenn es im Belieben der gelisteten Person oder Einrichtung steht, auf die Gelder oder die wirtschaftliche Ressource zuzugreifen. Dies ergeben die Ermittlungen nicht.
21
Schließlich stellt auch der Abschluss eines Kauf- oder Liefervertrags zwischen dem Lieferanten eines Gutes und dem gelisteten Endverwender und damit erst recht eine entsprechende vertragliche Vereinbarung, die - wie hier - nur zwischen dem Lieferanten und einem Zwischenhändler zustande gekommen ist, für sich genommen kein vollendetes unmittelbares oder mittelbares Bereitstellen einer wirtschaftlichen Ressource an die gelistete Einrichtung dar, da der bloße vertragliche Anspruch auf Auslieferung des erworbenen Gegenstands , dessen Erfüllung dem Dritten untersagt ist, noch keinen materiellen Vorteil für den gelisteten Empfänger im oben dargelegten Sinn bedeutet (Dahme aaO S. 118).
22
(2) Die Tat ist aber auch noch nicht in das Stadium des strafbaren Versuchs gelangt, da der Angeschuldigte noch nicht zur Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals Bereitstellen unmittelbar angesetzt hatte.
23
Die Teilnahme des Angeschuldigten an Vertragsverhandlungen mit dem gesondert verfolgten K. und dem Mitangeschuldigten Dr. S. im August 2006 und der ebenfalls in Deutschland erfolgte Abschluss des Vertrags vom März 2007 über den Verkauf und die Lieferung des Ofens an die E. scheiden schon deshalb als taugliche Versuchshandlungen einer Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF i. V. m. Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO aus, weil sie zeitlich vor dem Inkrafttreten der Iran-Embargo-VO lagen, es mithin an einer Strafbewehrung fehlte.
24
Aber auch die von Deutschland aus veranlasste Ausfuhr und Lieferung des Ofens in den Iran stellt in der hier gegebenen Fallkonstellation lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung für das geplante Bereitstellen des Ofens an die gelistete Einrichtung dar.
25
Ein unmittelbares Ansetzen zur Tat im Sinne des § 22 StGB liegt bei Handlungen des Täters vor, die nach dem Tatplan der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals unmittelbar vorgelagert sind und im Falle ungestörten Fortgangs ohne Zwischenakte in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden sollen (Fischer aaO § 22 Rdn. 10). Nach den bisherigen Erkenntnissen nahm der Angeschuldigte im Geltungsbereich des StGB keine Handlungen vor, durch die er nach seinen Vorstellungen unmittelbar zum Bereitstellen des Ofens an die SHIG ansetzte. Vielmehr ging sein Tatplan dahin, der SHIG den Ofen in funktionsfähigem Zustand zu überlassen. Dieser Zustand sollte jedoch erst durch den Aufbau des Ofens und nach dessen probeweiser Inbetriebnahme in der Betriebsstätte der E. im Iran hergestellt werden. Erst im Anschluss daran hätte nach der Vorstellung des Angeschuldigten der Ofen durch die E. der SHIG bereitgestellt werden sollen. Da - wie dargelegt - bei dem Tatbestandsmerkmal des Bereitstellens von Ressourcen an den Realakt, also den materiellen Transfer des Gutes anzuknüpfen und es das Ziel des Bereitstellungsverbots ist, den gelisteten Personen oder Einrichtungen in tatsächlicher Hinsicht die materiellen Grundlagen ihrer Tätigkeit vorzuenthalten, hätte der Angeschuldigte zu einer Tathandlung im Sinne des Art. 7 Abs. 3 IranEmbargo -VO nach seinem Tatplan daher frühestens dann unmittelbar angesetzt , wenn er den Ofen von der E. auf den Weg zum gelisteten Empfänger gebracht oder für diesen zur unmittelbaren Abholung bereit gestellt hätte. Da es nach den bisherigen Erkenntnissen hierzu nicht kam, befand sich die Tat in Bezug auf die geplante Bereitstellung an die gelistete Einrichtung noch im straflosen Vorbereitungsstadium. Entsprechende versuchsbegründende Handlungen des Angeschuldigten im Iran wären im Übrigen als Tathandlungen eines Ausländers im Ausland weder nach § 35 AWG noch gemäß § 7 StGB vom Geltungsbereich des deutschen Strafrechts erfasst.
26
(3) Der Angeschuldigte hat sich auch nicht täterschaftlich oder als Teilnehmer an einer versuchten Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF i. V. m. Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO des gesondert verfolgten K. beteiligt. An einem entsprechenden strafbaren Verhalten des K. fehlt es nach den Ermittlungen bereits deshalb, weil dieser bei Veranlassung des Transports des Ofens in den Iran weder wusste noch es für möglich hielt und billigte, dass Endabnehmer der Ware eine in der Iran-Embargo-VO gelistete Einrichtung sein sollte. Darüber hinaus lag aus den oben dargelegten Gründen nach der Vorstellung des Angeschuldigten in der Versendung des Ofens an die E. noch kein versuchtes Bereitstellen an die SHIG, so dass auch dem Angeschuldigten insoweit der Vorsatz für ein strafbares Handeln als mittelbarer Täter fehlte.
27
(4) Schließlich liegen auch keine dringenden Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Angeschuldigte mit dem gesondert verfolgten K. und/oder dem Mitbeschuldigten Dr. S. zur mittäterschaftlichen Begehung eines Verbrechens des gewerbsmäßigen Bereitstellens einer wirtschaftlichen Ressource an eine in der Iran-Embargo-VO gelistete Einrichtung verabredet und sich deshalb gemäß § 30 Abs. 2 StGB i. V. m. § 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 (und 4 Buchst. c) AWG aF, Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO strafbar gemacht hat. Eine entsprechende Verabredung während der Vertragsverhandlungen oder bei Abschluss des Kauf- und Liefervertrags im März 2007 unterlag, da die Iran-Embargo-VO noch nicht in Kraft getreten und im Bundesanzeiger veröffentlicht war, nicht der Strafbewehrung nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF. Im Übrigen fehlte es - wie bereits dargelegt - dem gesondert verfolgten K. nach den bisherigen Erkenntnissen an dem erforderlichen Tatvorsatz. Dem Mitangeschuldigten Dr. S. kam im Hinblick auf das vom Angeschuldigten geplante Bereitstellen des Ofens an die SHIG nach Aktenlage nur die Rolle eines Gehilfen zu, da ihm insoweit jegliche Tatherrschaft fehlte und sich seine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium des Bereitstellens nur auf untergeordnete Vermittlungstätigkeiten beschränkte.
28
c) Entgegen der vom Generalbundesanwalt in der Anklageschrift vertretenen Rechtsauffassung hat sich der Angeschuldigte auch nicht deswegen eines Embargoverstoßes nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF schuldig gemacht, weil er dem Umgehungsverbot des Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Iran-Embargo-VO zuwidergehandelt hat.
29
Nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF wird u. a. bestraft, wer einem im Bundesanzeiger veröffentlichten unmittelbar geltenden Umgehungsverbot eines Rechtsakts der Europäischen Gemeinschaften zuwiderhandelt. Eine solche Umgehungsklausel, die sich in ähnlicher Weise in zahlreichen Embargoverordnungen findet, enthält auch die Iran-Embargo-VO. Gemäß Art. 7 Abs. 4 dieser Verordnung ist es u. a. verboten, "wissentlich und vorsätzlich" an Aktivitäten teilzunehmen, mit denen die Umgehung des in Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO normierten Verbots, einer in Anlage IV der Verordnung gelisteten Einrichtung wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, bezweckt oder bewirkt wird. Die Verweisung in § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF auf europarechtliche Verordnungen bewirkt, dass die Voraussetzungen des Verweisungsobjekts den Tatbestandsvoraussetzungen der Blankettnorm entsprechen, mithin ein grundsätzlicher Gleichlauf zwischen der Strafrechtsnorm des AWG und dem EGRechtsakt besteht (Morweiser aaO § 34 Abs. 4 Rdn. 71).
30
Der hiernach für die Frage der Strafbarkeit maßgebliche Begriff der Umgehungshandlung bzw. der Teilnahme an Aktivitäten, die die Umgehung bezwecken , ist gesetzlich weder definiert noch näher umschrieben. Auch die Gesetzesmaterialien sind für die Auslegung unergiebig (BTDrucks.16/385 S. 5 f.). Allein seinem Wortlaut nach könnte Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO in objektiver Hinsicht unter Einebnung der Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme in geradezu uferloser Weise auf alle möglichen Verhaltensformen ausgedehnt werden, die selbst im weitesten Vorfeld der Rechtsgutsrelevanz dem durch Art. 7 Abs. 1 bis 3 Iran-Embargo-VO verfolgten Interesse zuwiderlaufen. Es bestehen daher erhebliche Bedenken, ob die im Schrifttum unternommenen Versuche einer Eingrenzung des Umgehungsverbots auf alle Tätigkeiten, die der formalen Scheinanpassung des Handelns an die geltenden Verbots- und Gebotsnormen dienen (Morweiser aaO § 34 Abs. 4 Rdn. 93; Bieneck in Bieneck, Handbuch AWR § 25 Rdn. 10 ff.), eine hinreichende, vom Normadressaten aus der Vorschrift nachvollziehbare Konturierung bewirken, oder ob § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF i. V. m. Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO nicht vielmehr dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) widerstreitet. Dieses Gebot ist durch die formelle Einbeziehung von EGVerordnungen in das nationale Strafrecht nicht eingeschränkt; es ist auch auf Rechtsakte der Europäischen Union anzuwenden, die die nationale Blankettnorm ausfüllen (Morweiser aaO § 34 Abs. 4 Rdn. 68; Bieneck aaO § 23 Rdn. 55). Das bedeutet, dass der Bürger aus der Verbindung der strafrechtlichen Blankettvorschrift des AWG und der sie ausfüllenden Regelung in der EGVerordnung entnehmen können muss, welches Verhalten verboten ist und welche Sanktionen ihm für den Fall des Verstoßes gegen das Verbot drohen (vgl. BVerfG NJW 1992, 2624).
31
Dies bedarf indes keiner näheren Vertiefung; denn hier ergibt sich unabhängig von der verfassungsrechtlichen Problematik schon aus systematischen Grundsätzen des einfachen Rechts, dass die dem Angeschuldigten nachweisbaren Aktivitäten, die er nach Inkrafttreten der Iran-Embargo-VO und deren Veröffentlichung im Bundesanzeiger (8. Mai 2007) entfaltete, auch dann nicht als Zuwiderhandeln gegen ein Umgehungsverbot nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF, Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO eingestuft werden können, wenn sie der im Schrifttum vertretenen Umschreibung einer Umgehungshandlung entsprechen sollten. Dies ergibt sich aus Folgendem: Selbst nach dieser zitierten Ansicht wäre jede Handlung, die mit dem Ziel unternommen wird, einer an sich mit einer Verbots- oder Gebotsnorm eines EU-Embargos unvereinbaren Aktivität den Schein der Rechtmäßigkeit zu verleihen, bereits als vollendete Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG zu ahnden. Ein derartiges Rechtsverständnis hätte aber nicht nur eine uferlose Ausdehnung und Vorverlagerung der Strafbarkeit zur Folge; vielmehr würde das auch für die Strafvorschriften des AWG geltende System der abgestuften Strafbarkeit von Vorbereitung, Verabredung, Versuch und Vollendung für ein dem Umgehungsdelikt zugrunde liegendes Hauptdelikt aufgelöst. Es ist aber nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber durch die Regelungstechnik des Blanketttatbestands, der zu seiner Ausfüllung auf EUEmbargo -Vorschriften verweist, für das Außenwirtschaftsstrafrecht die Systematik des deutschen Strafrechts in Teilen aufgeben wollte. Demgemäß kann die Strafbarkeit wegen eines Umgehungsdelikts nicht weiter gehen als die Strafbarkeit wegen eines Verstoßes gegen das vom Umgehungstatbestand in Bezug genommene Verbot oder Gebot. Liegt insoweit lediglich der Versuch einer Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF oder sogar nur eine straflose Vorbereitungshandlung vor, können die entsprechenden Handlungen daher nicht wegen eines Verstoßes gegen ein Umgehungsverbot zu einer vollendeten Straftat heraufgestuft werden.
32
Gemessen an diesen Grundsätzen kann dem Angeschuldigten kein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF i. V. m. Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO zur Last gelegt werden. Soweit der Generalbundesanwalt die Umgehungshandlungen in den Tätigkeiten des Angeschuldigten erblickt , die die Auslieferung des Ofens an die lediglich zum Schein als Endabnehmerin auftretende E. bewirkten, scheidet eine Strafbarkeit wegen eines Verstoßes gegen das Umgehungsverbot aus, weil - wie oben dargelegt - die Ausfuhr und Lieferung des Gutes an die E. lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung des von Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO in Bezug genommenen Bereitstellungsverbots darstellte. Gleiches gilt für die im Zusammenhang mit der beabsichtigten Auslieferung des Ofens vom Angeschuldigten zur Verschleierung entfalteten "Aktivitäten"; auch diese bereiteten die Bereitstellung des Ofens an die gelistete Einrichtung nur vor und sind daher straflos.
33
d) Soweit der Mitangeschuldigte Dr. S. im Zusammenhang mit dem Verkauf und der im Juli 2007 erfolgten Ausfuhr des in Anhang II der IranEmbargo -VO gelisteten Ofens in den Iran verschiedene Aktivitäten entfaltete, geschah dies vor Veröffentlichung des § 69 o AWV im Bundesanzeiger (22. August 2007), so dass ein strafbewehrtes Erbringen ungenehmigter Maklerdienstleistungen gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b AWG aF, § 70 a Abs. 2 Nr. 9, § 69 o Abs. 9 AWV i. V. m. Art. 5 Abs. 2 Buchst. a Iran-Embargo-VO durch den Mitangeschuldigten, zu dem ihn der Angeklagte angestiftet haben könnte, nicht vorlag.
34
2. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Angeschuldigte über den Tatvorwurf im Haftbefehl hinaus entsprechend der Anklageschrift dringend verdächtig ist, den gesondert verfolgten K. durch eine Handlung nach dem 22. August 2007 (Veröffentlichung des § 69 o AWV im Bundesanzeiger) zu einem Verbrechen gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 und 4 Buchst. c AWG aF i. V. m. § 69 o Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV (idF der 81. AWV-ÄnderungsVO vom 23. Dezember 2007) angestiftet zu haben, indem er ihn im März 2008 veranlasste, Mitarbeiter der F. ohne Einholung der für technische Unterstützungshandlungen erforderlichen Genehmigung in den Iran zu entsenden, um dort den bereits ausgelieferten Ofen funktionsfähig zu machen. Es kann auch offen bleiben, ob es ggf. im Haftprüfungsverfahren nach §§ 121, 122 StPO zulässig wäre, den Haftbefehl auf diesen Vorwurf umzustellen und auf dieser (neuen) Grundlage die Haftfortdauer anzuordnen (ablehnend : OLG Hamm MDR 1975, 950; OLG Koblenz NStZ-RR 2008, 92; Schultheis in KK 6. Aufl. § 125 Rdn. 2; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 125 Rdn. 2). Denn die Verfolgung allein dieser Straftat kann die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts gemäß § 142 a, § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG - die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b GVG liegen insoweit ersicht- lich nicht vor - und damit auch des Ermittlungsrichters und des Staatsschutzsenats des Bundesgerichtshofs im Haftprüfungsverfahren nicht begründen.
35
Der vorgenannte Tatvorwurf wäre für sich betrachtet nicht geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden , so dass bereits aus diesem Grund eine Verfolgungszuständigkeit des Generalbundesanwalts für diese Tat ausscheidet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt bei der Prüfung, ob eine Handlung des Täters geeignet ist, eine erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen herbeizuführen , dem Umstand, ob staatlichen deutschen Stellen ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass es zu dem Verstoß gegen die außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen kommen konnte, eine wesentliche Indizwirkung zu (BGHSt 53, 238, 255 f.). Entsprechendes ergeben die Ermittlungen nicht, denn die Entsendung der Techniker in den Iran zum Zwecke der Inbetriebnahme des Ofens geschah ohne Einschaltung oder Täuschung der deutschen Exportkontrollbehörden. Zweifel an deren Effektivität konnten daher nicht aufkommen. Dies gilt erst recht mit Blick darauf, dass das BAFA im Tatzeitraum dafür Sorge trug, der F. umgehend neue Hinweise auf eine Einbindung der E. in das iranische Trägertechnologieprogramm zuzuleiten, wodurch ein weiteres Tätigwerden der F. im Iran unterbunden werden konnte. Andere Umstände von Gewicht, die allein diesen Tatvorwurf geeignet erscheinen lassen, eine erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen, sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Daher kann auch dahinstehen, ob maßgeblicher Anknüpfungspunkt der Strafverfolgungskompetenz des Bundes nach § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG in Bezug auf den Angeklagten nicht ohnehin dessen Anstiftungshandlung im Iran sein müsste, die aber schwerlich geeignet sein kann, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden.

III.


36
Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 2009 kann nach alledem nicht Bestand haben.
Becker Sost-Scheible Mayer

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 244/11
vom
8. November 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. auf dessen Antrag - am
8. November 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 154 Abs. 2,
§ 464 Abs. 3 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 22. November 2010 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 23. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte unter Freisprechung im Übrigen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der versuchten Nötigung in zwei Fällen, der Volksverhetzung, der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten in 13 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung, sowie der Beleidigung in fünf Fällen schuldig ist; bb) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 5. der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte zu einer Geldstrafe in Höhe von fünf Tagessätzen zu jeweils einem Euro verurteilt wird. Die weitergehende Revision wird verworfen.
2. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird die Kostenentscheidung in dem vorgenannten Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte die Kosten des Verfahrens trägt, soweit er verurteilt ist; soweit er freigesprochen ist, fallen die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten der Revision und die Kosten der sofortigen Beschwerde zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, versuchter Nötigung, versuchter Nötigung eines Mitglieds eines Verfassungsorgans, Volksverhetzung in zwei Fällen, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten in 13 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung, und wegen Beleidigung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Vom Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hat es den Angeklagten freigesprochen. Es hat ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt.
2
Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge - die Verfahrensrügen sind nicht in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Form erhoben (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1969 - 5 StR 358/69) - den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Seine sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung ist teilweise erfolgreich.
3
1. Soweit der Angeklagte im Fall II. 23. der Urteilsgründe wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 2 StPO ein.
4
2. Im Fall II. 5. der Urteilsgründe ändert der Senat den Schuldspruch in versuchte Nötigung und den Ausspruch über die Einzelstrafe gemäß dem Antrag des Generalbundesanwalts auf die gesetzlich niedrigste Strafe (§ 354 Abs. 1 StPO).
5
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts übersandte der Angeklagte , der einen ihm persönlich unbekannten Heranwachsenden von Justiz- und Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen unschuldig verfolgt wähnte, dem damaligen Bundesminister des Innern am 22. April 2007 eine E-Mail, in der er ihn - von dem Wunsch geleitet, der Bundesminister des Innern möge sich mit seinem Anliegen befassen - aufforderte, "zu dieser Sache … umgehend und überzeugend Stellung [zu] nehmen". Für den Fall, dass er nicht Stellung nehmen werde, drohte der Angeklagte damit, ihn zu töten. Der Bundesminister des Innern äußerte sich nicht.
6
b) Die Feststellungen des Landgerichts tragen eine Verurteilung wegen versuchter Nötigung eines Mitglieds eines Verfassungsorgans nach § 106 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, §§ 22, 23 StGB nicht. Nach diesen Vorschriften wird bestraft, wer nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar dazu ansetzt, ein dort bezeichnetes Mitglied eines Verfassungsorgans rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel dazu zu nötigen, seine Befugnisse nicht oder in einem bestimmten Sinne auszuüben. Da die erfolglose Aufforderung des Angeklagten lediglich darauf zielte, der Bundesminister des Innern möge sich außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs zu Maßnahmen ihm hierarchisch nicht nachgeordneter Landesressorts äußern, zielte sein Tatentschluss nicht auf das Abnötigen einer Ausübung von Befugnissen im Sinne des § 106 StGB und setzte er nicht zu einer Verwirklichung dieses Straftatbestands an.
7
c) Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in eine Verurteilung wegen versuchter Nötigung, weil auszuschließen ist, dass weitere Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tat führten. Zielt der im Übrigen tatbestandsmäßige Nötigungsversuch nicht auf die Ausübung oder Nichtausübung von Befugnissen im Sinne des § 106 StGB, sondern auf eine sonstige Handlung, Duldung oder Unterlassung, so lebt die ansonsten verdrängte Strafbarkeit nach § 240 StGB wieder auf (noch offen gelassen bei BGH, Urteil vom 23. November 1983 - 3 StR 256/83, BGHSt 32, 165, 177).
8
§ 265 StPO steht einer Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den Vorwurf der versuchten Nötigung nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
9
d) Der Senat verhängt in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts im Fall II. 5. der Urteilsgründe mit einer Geldstrafe in Höhe von fünf Tagessätzen zu jeweils einem Euro die nach § 40 StGB gesetzlich niedrigste Strafe (§ 354 Abs. 1 StPO).
10
e) An der Änderung des Schuldspruchs und der Festsetzung der gesetzlichen Mindeststrafe in entsprechender bzw. unmittelbarer Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ist der Senat nicht dadurch gehindert, dass dem Landgericht - was der Senat von Amts wegen zu prüfen hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 240 ff.) - für die Aburteilung eines Vergehens nach § 106 StGB gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 5 GVG die sachliche Zuständigkeit fehlte. Dies führt hier nicht dazu, dass der Senat den fraglichen Schuldspruch aufheben und die Sache insoweit gemäß § 355 StPO an das Oberlandesgericht verweisen müsste; denn das Landgericht hat seine Zuständigkeit nicht "mit Unrecht" im Sinne dieser Vorschrift angenommen. Ob ein Gericht seine Zuständigkeit fehlerhaft annimmt, bemisst sich nicht nach dessen subjektiver rechtlicher Einschätzung des Sachverhalts, sondern nach der objektiven Rechtslage (RG, Urteil vom 22. April 1882 - Rep. 446/82, RGSt 6, 309, 314 f.; Urteil vom 2. April 1940 - 4 D 151/40, RGSt 74, 139, 140; Dallinger, MDR 1952, 118 Fn. 5; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 355 Rn. 3). Weder im Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses, in dem das Landgericht die Tat im Anschluss an die Anklageschrift zutreffend nicht als versuchte Nötigung eines Mitglieds eines Verfassungsorgans wertete, noch im hier im Hinblick auf § 270 StPO maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung über den im Rahmen der Hauptverhandlung nach seiner Überzeugung erwiesenen Sachverhalt rechtfertigten die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen eine Verurteilung des Angeklagten nach § 106 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1961 - 5 StR 246/61; Urteil vom 13. Dezember 1960 - 5 StR 341/60, GA 1962, 149; Beschluss vom 19. August 1971 - 4 StR 304/71, MDR 1972, 18 bei Dallinger; Meyer-Goßner, aaO, § 338 Rn. 32 f.), so dass das Landgericht für die Aburteilung der Tat objektiv zuständig war. Da auszuschließen ist, dass in einer erneuten Verhandlung noch Tatsachen festgestellt werden könnten, die einen Schuldspruch nach § 106 StPO zu tragen vermöchten, ist der Senat daher nicht gehindert, gemäß § 354 Abs. 1 StPO zu verfahren.
11
3. Im Übrigen gibt die Revision keinen Anlass zu einer Änderung des Schuld- oder Strafausspruchs. Dass das Landgericht in den Fällen II. 14., 15. und 17. bis 19. der Urteilsgründe im Zusammenhang mit der Strafzumessung das angedrohte Höchstmaß der Strafe unzutreffend bezeichnet hat, führt nicht zur Aufhebung der vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen. Der Senat vermag auszuschließen, dass das Landgericht, das Strafen knapp über dem richtig ermittelten Mindestmaß verhängt hat, bei einer korrekten Bezeichnung des Höchstmaßes zu geringeren Einzelstrafen gelangt wäre. Da der Senat weiter ausschließen kann, dass das Landgericht bei Wegfall der für Fall II. 23. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe und bei Berücksichtigung der gesetzlich niedrigsten Strafe im Fall II. 5. der Urteilsgründe zu einer anderen als der verhängten Gesamtstrafe gelangt wäre, hat auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe Bestand.
12
4. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts hat insoweit Erfolg, als das Landgericht von der Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO zugunsten des Angeklagten abgesehen hat. Im Übrigen ist sie unbegründet, weil die Kostenentscheidung den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
13
5. Die verbleibenden Kosten des Revisionsverfahrens und die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren nach § 473 Abs. 1 StPO dem Angeklagten aufzuerlegen, weil der geringe Teilerfolg eine Kostenteilung nach § 473 Abs. 4 StPO nicht rechtfertigt.
Becker Pfister von Lienen Schäfer Menges

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
einem
a)
Ausfuhr-, Einfuhr-, Durchfuhr-, Verbringungs-, Verkaufs-, Erwerbs-, Liefer-, Bereitstellungs-, Weitergabe- oder Investitionsverbot oder
b)
Sende-, Übertragungs-, Verbreitungs- oder sonstigen Dienstleistungsverbot oder
c)
Verfügungsverbot über eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen
eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient oder
2.
gegen eine Genehmigungspflicht für
a)
die Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Verbringung, einen Verkauf, einen Erwerb, eine Lieferung, Bereitstellung, Weitergabe oder Investition,
b)
eine Sendung, Übertragung, Verbreitung oder sonstige Dienstleistung oder
c)
die Verfügung über eingefrorene Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen
eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union verstößt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 2 zuwiderhandelt.

(1b) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 15 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 ein Stimmrecht ausübt,
2.
entgegen § 15 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 oder 4 eine dort genannte Information überlässt oder offenlegt oder
3.
einer Rechtsverordnung nach § 15 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 Nummer 1 oder 2 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.

(2) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Außenwirtschaftsverordnung verstößt, indem er

1.
ohne Genehmigung nach § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1 oder § 78 dort genannte Güter ausführt,
2.
entgegen § 9 Absatz 2 Satz 3 dort genannte Güter ausführt,
3.
ohne Genehmigung nach § 11 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter verbringt,
4.
ohne Genehmigung nach § 46 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 47 Absatz 1, oder ohne Genehmigung nach § 47 Absatz 2 ein Handels- und Vermittlungsgeschäft vornimmt,
5.
entgegen § 47 Absatz 3 Satz 3 ein Handels- und Vermittlungsgeschäft vornimmt,
6.
ohne Genehmigung nach § 49 Absatz 1, § 50 Absatz 1, § 51 Absatz 1 oder Absatz 2 oder § 52 Absatz 1 technische Unterstützung erbringt,
7.
entgegen § 49 Absatz 2 Satz 3, § 50 Absatz 2 Satz 3, § 51 Absatz 3 Satz 3 oder § 52 Absatz 2 Satz 3 technische Unterstützung erbringt oder
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 59 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 Nummer 1 oder § 62 Absatz 1 zuwiderhandelt.

(3) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 2368/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 zur Umsetzung des Zertifikationssystems des Kimberley-Prozesses für den internationalen Handel mit Rohdiamanten (ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 28), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/2149 vom 9. Dezember 2020 (ABl. L 428 vom 18.12.2020, S. 38) geändert worden ist, verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 3 Rohdiamanten einführt oder
2.
entgegen Artikel 11 Rohdiamanten ausführt.

(4) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (ABl. L 30 vom 31.1.2019, S. 1), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/139 vom 4. Dezember 2020 (ABl. L 43 vom 8.2.2021, S. 5) geändert worden ist, verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter ausführt,
2.
entgegen Artikel 3 Absatz 1 Satz 3 technische Hilfe erbringt,
3.
entgegen Artikel 4 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter einführt,
4.
entgegen Artikel 4 Absatz 1 Satz 2 technische Hilfe annimmt,
5.
entgegen Artikel 5, Artikel 13 oder Artikel 18 dort genannte Güter durchführt,
6.
entgegen Artikel 6 eine Vermittlungstätigkeit erbringt,
7.
entgegen Artikel 7 eine Ausbildungsmaßnahme erbringt oder anbietet,
8.
ohne Genehmigung nach Artikel 11 Absatz 1 Satz 1 oder Artikel 16 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter ausführt,
9.
ohne Genehmigung nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe a technische Hilfe erbringt oder
10.
ohne Genehmigung nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b eine Vermittlungstätigkeit erbringt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf die Anhänge II, III oder IV zur Verordnung (EU) 2019/125 verweisen, finden diese Anhänge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

(5) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2021/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 über eine Unionsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung der Durchfuhr und der Verbringung betreffend Güter mit doppeltem Verwendungszweck (ABl. L 206 vom 11.6.2021, S. 1) verstößt, indem er

1.
ohne Genehmigung nach Artikel 3 Absatz 1 oder Artikel 4 Absatz 1 Güter mit doppeltem Verwendungszweck ausführt,
2.
entgegen Artikel 4 Absatz 2 Satz 2 Güter ohne Entscheidung der zuständigen Behörde über die Genehmigungspflicht oder ohne Genehmigung der zuständigen Behörde ausführt,
3.
ohne Genehmigung nach Artikel 6 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a eine Vermittlungstätigkeit erbringt oder
4.
entgegen Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a eine Vermittlungstätigkeit ohne Entscheidung der zuständigen Behörde über die Genehmigungspflicht oder ohne Genehmigung der zuständigen Behörde erbringt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf Anhang I der Verordnung (EU) 2021/821 verweisen, findet dieser Anhang in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 steht dem Ausführer eine Person gleich, die die Ausfuhr durch einen anderen begeht, wenn der Person bekannt ist, dass die Güter mit doppeltem Verwendungszweck ganz oder teilweise für eine Verwendung im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2021/821 bestimmt sind.

(5a) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. L 78 vom 17.3.2014, S. 6), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1529 (ABl. L 239 vom 15.9.2022, S. 1) geändert worden ist, eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.

(5b) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2019/125 verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 8 dort genannte Güter ausstellt oder zum Verkauf anbietet oder
2.
entgegen Artikel 9 eine Werbefläche oder Werbezeit verkauft oder erwirbt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf den Anhang II zur Verordnung (EU) 2019/125 verweisen, findet dieser Anhang in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

(6) Der Versuch ist in den Fällen der Absätze 1 bis 5 oder 5b strafbar.

(7) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
in den Fällen der Absätze 1 oder 1a für den Geheimdienst einer fremden Macht handelt,
2.
in den Fällen der Absätze 1, 1a und 2 bis 4 oder des Absatzes 5 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, oder
3.
eine in den Absätzen 1 oder 1a bezeichnete Handlung begeht, die sich auf die Entwicklung, Herstellung, Wartung oder Lagerung von Flugkörpern für chemische, biologische oder Atomwaffen bezieht.

(8) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer in den Fällen der Absätze 1, 1a und 2 bis 4 oder des Absatzes 5 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, gewerbsmäßig handelt.

(9) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2, des Absatzes 1a, des Absatzes 2 Nummer 1, 3, 4 oder Nummer 6, des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 5 oder des Absatzes 5 Satz 1 steht einem Handeln ohne Genehmigung ein Handeln auf Grund einer durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Genehmigung gleich.

(10) Die Absätze 1 bis 9 gelten, unabhängig vom Recht des Tatorts, auch für Taten, die im Ausland begangen werden, wenn der Täter Deutscher ist.

(11) Nach Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 6, 7, 8 oder Absatz 10, wird nicht bestraft, wer

1.
bis zum Ablauf des zweiten Werktages handelt, der auf die Veröffentlichung des Rechtsaktes im Amtsblatt der Europäischen Union folgt, und
2.
von einem Verbot oder von einem Genehmigungserfordernis, das in dem Rechtsakt nach Nummer 1 angeordnet wird, zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

(12) Nach Absatz 1a, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 6, 7, 8, 9 oder 10, wird nicht bestraft, wer

1.
einer öffentlich bekannt gemachten Anordnung bis zum Ablauf des zweiten Werktages, der auf die Veröffentlichung folgt, zuwiderhandelt und
2.
von einer dadurch angeordneten Beschränkung zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

(13) Nach Absatz 5a wird nicht bestraft, wer eine dort genannte Meldung freiwillig und vollständig nachholt, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 295/12
vom
15. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot eines
Rechtsaktes der EG u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
15. November 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. Dezember 2011 im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.2 der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtgeldstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (Embargoverstoß) sowie wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (Embargoverstoß) in fünf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 90 € verurteilt und gegen die Nebenbeteiligte, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Angeklagte ist, den Verfall eines Geldbetrages angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Einzelstrafenausspruch im Fall II.2 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Kammer hat nicht feststellen können, dass der Angeklagte wusste, dass die von seiner Gesellschaft in diesem Fall zu beliefernde A. (A. ) in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran (Iran-Embargo-VO) genannt wird. Diese Listung hat zur Folge, dass es nach Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO verboten ist, der A. wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, worunter das zu liefernde Tritium zu subsumieren ist. Mit der Veröffentlichung der Iran-Embargo-VO im Bundesanzeiger am 8. Mai 2007 ist ein Verstoß gegen dieses Bereitstellungsverbot gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG mit Strafe bedroht.
3
Zutreffend hat die Strafkammer ausgeführt, dass die (mögliche) Unkenntnis von der Listung den Vorsatz des Angeklagten unberührt lässt, weil der Irrtum über den Inhalt und oder die Reichweite einer Ausfüllungsnorm, auf die ein Blankettstraftatbestand wie § 34 Abs. 4 AWG ausdrücklich verweist, sich als Verbots-, nicht aber als Tatbestandsirrtum darstellt (BGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 5 StR 105/06, NStZ 2007, 644; Urteil vom 11. Juli 1995 - 1 StR 242/95, NStZ-RR 1996, 24, 25; vgl. auch Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 92, 116, 209). Nicht zu beanstanden ist auch, dass sie einen solchen Irrtum für vermeidbar gehalten hat.
4
Da das Landgericht damit aber das Vorliegen eines vermeidbaren Verbotsirrtums nicht ausgeschlossen, sondern für zumindest möglich gehalten hat, hätte es sich im Rahmen der Strafzumessung auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der - wegen Versuchs bereits nach § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderte - Strafrahmen des § 34 Abs. 4 AWG gegebenenfalls gemäß § 17 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB ein weiteres Mal zu mildern war. Der Senat kann trotz der maßvollen Strafe nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des zweifach gemilderten Strafrahmens zu einer geringeren Einzelstrafe gelangt wäre.
5
Der Wegfall der im Fall II.2 verhängten Einsatzstrafe entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.
Becker Hubert Schäfer Mayer Gericke

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 2 Abs. 1 eine nicht erlaubnispflichtige Waffe oder nicht erlaubnispflichtige Munition erwirbt oder besitzt,
2.
(weggefallen)
3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4, dieser in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, mit einer Schusswaffe schießt,
4.
einer vollziehbaren Auflage nach § 9 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 2 Satz 3, § 17 Abs. 2 Satz 2, § 18 Absatz 2 Satz 2 oder § 28a Absatz 1 Satz 3 oder einer vollziehbaren Anordnung nach § 9 Abs. 3, § 36 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 6, § 37c Absatz 2 Nummer 2, § 39 Abs. 3, § 40 Abs. 5 Satz 2 oder § 46 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 1 zuwiderhandelt,
5.
(weggefallen)
6.
entgegen § 10 Absatz 2 Satz 4 oder § 37i eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
7.
entgegen § 13 Absatz 3 Satz 2 oder § 20 Absatz 1 die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte oder die Eintragung in eine Waffenbesitzkarte nicht oder nicht rechtzeitig beantragt,
8.
entgegen § 21 Absatz 6, § 24 Absatz 6, § 27 Absatz 1 Satz 6 oder Absatz 2 Satz 2, § 30 Satz 3, § 34 Absatz 4 oder 5 Satz 1, § 37 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, entgegen § 37a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 3, entgegen § 37a Satz 2, § 37b Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3, § 37c Absatz 1, § 37d Absatz 1 oder 2, § 40 Absatz 5 Satz 1 oder § 58 Absatz 19 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstattet,
9.
entgegen § 24 Abs. 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Nummer 1 oder Nr. 2 Buchstabe a, oder § 24 Absatz 4 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Nummer 1, eine Angabe, ein Zeichen oder die Bezeichnung der Munition auf der Schusswaffe nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig anbringt oder Munition nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig mit einem besonderen Kennzeichen versieht,
10.
entgegen § 24 Absatz 5 eine Schusswaffe oder Munition anderen gewerbsmäßig überlässt,
11.
ohne Erlaubnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 eine Schießstätte betreibt oder ihre Beschaffenheit oder die Art ihrer Benutzung wesentlich ändert,
12.
entgegen § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 einem Kind oder Jugendlichen das Schießen gestattet oder entgegen § 27 Abs. 6 Satz 2 nicht sicherstellt, dass die Aufsichtsperson nur einen Schützen bedient,
13.
entgegen § 27 Abs. 3 Satz 2 Unterlagen nicht aufbewahrt oder entgegen § 27 Abs. 3 Satz 3 diese nicht herausgibt,
14.
entgegen § 27 Abs. 5 Satz 2 eine Bescheinigung nicht mitführt,
15.
entgegen § 33 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition nicht anmeldet oder nicht oder nicht rechtzeitig vorführt,
16.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine nicht erlaubnispflichtige Waffe oder nicht erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
17.
entgegen § 35 Abs. 1 Satz 4 die Urkunden nicht aufbewahrt oder nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig Einsicht gewährt,
18.
entgegen § 35 Abs. 2 einen Hinweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gibt oder die Erfüllung einer dort genannten Pflicht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig protokolliert,
19.
entgegen § 37g Absatz 1 ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt,
20.
entgegen § 38 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 ein dort genanntes Dokument nicht mit sich führt oder nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt,
21.
entgegen § 39 Abs. 1 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt,
21a.
entgegen § 42a Abs. 1 eine Anscheinswaffe, eine dort genannte Hieb- oder Stoßwaffe oder ein dort genanntes Messer führt,
22.
entgegen § 46 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Ausfertigung der Erlaubnisurkunde nicht oder nicht rechtzeitig zurückgibt oder
23.
einer Rechtsverordnung nach § 15a Absatz 4, § 27 Absatz 7 Satz 2, § 36 Absatz 5, den §§ 39a, 39c Absatz 1 oder 2 Satz 1, § 42 Absatz 5 Satz 1 oder Absatz 6 Satz 1 oder § 47 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(1a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne Genehmigung nach Artikel 4 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Umsetzung des Artikels 10 des Protokolls der Vereinten Nationen gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit, in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (VN-Feuerwaffenprotokoll) und zur Einführung von Ausfuhrgenehmigungen für Feuerwaffen, deren Teile, Komponenten und Munition sowie von Maßnahmen betreffend deren Einfuhr und Durchfuhr (ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 1) einen dort genannten Gegenstand ausführt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind

1.
in den Fällen des Absatzes 1, soweit dieses Gesetz von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, dem Bundesverwaltungsamt oder dem Bundeskriminalamt ausgeführt wird, die für die Erteilung von Erlaubnissen nach § 21 Absatz 1 zuständigen Behörden,
2.
in den Fällen des Absatzes 1a die Hauptzollämter.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
einem
a)
Ausfuhr-, Einfuhr-, Durchfuhr-, Verbringungs-, Verkaufs-, Erwerbs-, Liefer-, Bereitstellungs-, Weitergabe- oder Investitionsverbot oder
b)
Sende-, Übertragungs-, Verbreitungs- oder sonstigen Dienstleistungsverbot oder
c)
Verfügungsverbot über eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen
eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient oder
2.
gegen eine Genehmigungspflicht für
a)
die Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Verbringung, einen Verkauf, einen Erwerb, eine Lieferung, Bereitstellung, Weitergabe oder Investition,
b)
eine Sendung, Übertragung, Verbreitung oder sonstige Dienstleistung oder
c)
die Verfügung über eingefrorene Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen
eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union verstößt, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 2 zuwiderhandelt.

(1b) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 15 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 ein Stimmrecht ausübt,
2.
entgegen § 15 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 oder 4 eine dort genannte Information überlässt oder offenlegt oder
3.
einer Rechtsverordnung nach § 15 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 Nummer 1 oder 2 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.

(2) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Außenwirtschaftsverordnung verstößt, indem er

1.
ohne Genehmigung nach § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1 oder § 78 dort genannte Güter ausführt,
2.
entgegen § 9 Absatz 2 Satz 3 dort genannte Güter ausführt,
3.
ohne Genehmigung nach § 11 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter verbringt,
4.
ohne Genehmigung nach § 46 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 47 Absatz 1, oder ohne Genehmigung nach § 47 Absatz 2 ein Handels- und Vermittlungsgeschäft vornimmt,
5.
entgegen § 47 Absatz 3 Satz 3 ein Handels- und Vermittlungsgeschäft vornimmt,
6.
ohne Genehmigung nach § 49 Absatz 1, § 50 Absatz 1, § 51 Absatz 1 oder Absatz 2 oder § 52 Absatz 1 technische Unterstützung erbringt,
7.
entgegen § 49 Absatz 2 Satz 3, § 50 Absatz 2 Satz 3, § 51 Absatz 3 Satz 3 oder § 52 Absatz 2 Satz 3 technische Unterstützung erbringt oder
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 59 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 Nummer 1 oder § 62 Absatz 1 zuwiderhandelt.

(3) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 2368/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 zur Umsetzung des Zertifikationssystems des Kimberley-Prozesses für den internationalen Handel mit Rohdiamanten (ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 28), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/2149 vom 9. Dezember 2020 (ABl. L 428 vom 18.12.2020, S. 38) geändert worden ist, verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 3 Rohdiamanten einführt oder
2.
entgegen Artikel 11 Rohdiamanten ausführt.

(4) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (ABl. L 30 vom 31.1.2019, S. 1), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/139 vom 4. Dezember 2020 (ABl. L 43 vom 8.2.2021, S. 5) geändert worden ist, verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter ausführt,
2.
entgegen Artikel 3 Absatz 1 Satz 3 technische Hilfe erbringt,
3.
entgegen Artikel 4 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter einführt,
4.
entgegen Artikel 4 Absatz 1 Satz 2 technische Hilfe annimmt,
5.
entgegen Artikel 5, Artikel 13 oder Artikel 18 dort genannte Güter durchführt,
6.
entgegen Artikel 6 eine Vermittlungstätigkeit erbringt,
7.
entgegen Artikel 7 eine Ausbildungsmaßnahme erbringt oder anbietet,
8.
ohne Genehmigung nach Artikel 11 Absatz 1 Satz 1 oder Artikel 16 Absatz 1 Satz 1 dort genannte Güter ausführt,
9.
ohne Genehmigung nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe a technische Hilfe erbringt oder
10.
ohne Genehmigung nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b eine Vermittlungstätigkeit erbringt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf die Anhänge II, III oder IV zur Verordnung (EU) 2019/125 verweisen, finden diese Anhänge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

(5) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2021/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 über eine Unionsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung der Durchfuhr und der Verbringung betreffend Güter mit doppeltem Verwendungszweck (ABl. L 206 vom 11.6.2021, S. 1) verstößt, indem er

1.
ohne Genehmigung nach Artikel 3 Absatz 1 oder Artikel 4 Absatz 1 Güter mit doppeltem Verwendungszweck ausführt,
2.
entgegen Artikel 4 Absatz 2 Satz 2 Güter ohne Entscheidung der zuständigen Behörde über die Genehmigungspflicht oder ohne Genehmigung der zuständigen Behörde ausführt,
3.
ohne Genehmigung nach Artikel 6 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a eine Vermittlungstätigkeit erbringt oder
4.
entgegen Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a eine Vermittlungstätigkeit ohne Entscheidung der zuständigen Behörde über die Genehmigungspflicht oder ohne Genehmigung der zuständigen Behörde erbringt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf Anhang I der Verordnung (EU) 2021/821 verweisen, findet dieser Anhang in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 steht dem Ausführer eine Person gleich, die die Ausfuhr durch einen anderen begeht, wenn der Person bekannt ist, dass die Güter mit doppeltem Verwendungszweck ganz oder teilweise für eine Verwendung im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2021/821 bestimmt sind.

(5a) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. L 78 vom 17.3.2014, S. 6), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1529 (ABl. L 239 vom 15.9.2022, S. 1) geändert worden ist, eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.

(5b) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) 2019/125 verstößt, indem er

1.
entgegen Artikel 8 dort genannte Güter ausstellt oder zum Verkauf anbietet oder
2.
entgegen Artikel 9 eine Werbefläche oder Werbezeit verkauft oder erwirbt.
Soweit die in Satz 1 genannten Vorschriften auf den Anhang II zur Verordnung (EU) 2019/125 verweisen, findet dieser Anhang in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

(6) Der Versuch ist in den Fällen der Absätze 1 bis 5 oder 5b strafbar.

(7) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
in den Fällen der Absätze 1 oder 1a für den Geheimdienst einer fremden Macht handelt,
2.
in den Fällen der Absätze 1, 1a und 2 bis 4 oder des Absatzes 5 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, oder
3.
eine in den Absätzen 1 oder 1a bezeichnete Handlung begeht, die sich auf die Entwicklung, Herstellung, Wartung oder Lagerung von Flugkörpern für chemische, biologische oder Atomwaffen bezieht.

(8) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer in den Fällen der Absätze 1, 1a und 2 bis 4 oder des Absatzes 5 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, gewerbsmäßig handelt.

(9) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2, des Absatzes 1a, des Absatzes 2 Nummer 1, 3, 4 oder Nummer 6, des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 5 oder des Absatzes 5 Satz 1 steht einem Handeln ohne Genehmigung ein Handeln auf Grund einer durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Genehmigung gleich.

(10) Die Absätze 1 bis 9 gelten, unabhängig vom Recht des Tatorts, auch für Taten, die im Ausland begangen werden, wenn der Täter Deutscher ist.

(11) Nach Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 6, 7, 8 oder Absatz 10, wird nicht bestraft, wer

1.
bis zum Ablauf des zweiten Werktages handelt, der auf die Veröffentlichung des Rechtsaktes im Amtsblatt der Europäischen Union folgt, und
2.
von einem Verbot oder von einem Genehmigungserfordernis, das in dem Rechtsakt nach Nummer 1 angeordnet wird, zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

(12) Nach Absatz 1a, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 6, 7, 8, 9 oder 10, wird nicht bestraft, wer

1.
einer öffentlich bekannt gemachten Anordnung bis zum Ablauf des zweiten Werktages, der auf die Veröffentlichung folgt, zuwiderhandelt und
2.
von einer dadurch angeordneten Beschränkung zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat.

(13) Nach Absatz 5a wird nicht bestraft, wer eine dort genannte Meldung freiwillig und vollständig nachholt, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 3 1 4 / 1 3
vom
24. Juli 2014
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja [nur zu I. und III. 1. a)]
Veröffentlichung: ja
1. Der Verkauf und die Ausfuhr von Gütern des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste in
Embargoländer, strafbar gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG in Verbindung mit § 4
Abs. 1 AWG, § 80 Nr. 1, § 74 Abs. 1 AWV, stehen zueinander in Idealkonkurrenz.
2. Das Verkaufsverbot des § 74 Abs. 1 AWV stellt sich gegenüber dem Verbot der
Durchführung eines Handels- und Vermittlungsgeschäfts nach § 75 Abs. 1 AWV
als lex specialis dar. Der Verstoß gegen das Verbot der Durchführung eines Handels
- und Vermittlungsgeschäfts tritt deshalb hinter denjenigen gegen das Verkaufsverbot
zurück.
BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
wegen Ausfuhr von Gütern unter Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung,
die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme
dient, u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
26. Juni 2014 in der Sitzung am 24. Juli 2014, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Staatsanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. Mai 2013, soweit es ihn betrifft,
a) in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte schuldig ist des Handeltreibens mit Munition in zwei Fällen, in Tateinheit jeweils mit Erwerb und Besitz von Munition sowie mit gewerbsmäßiger Ausfuhr und mit gewerbsmäßigem Verkauf von Gütern unter Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Sanktionsmaßnahme dient,
b) im Fall 3 der Urteilsgründe sowie im gesamten Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die insoweit getroffenen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Munition zum Zwecke des Überlassens an Nichtberechtigte in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Handeltreiben mit Munition, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßiger unerlaubter vorsätzlicher Ausfuhr von Rüstungsgütern in den Libanon unter Zuwiderhandlung gegen ein in einem Rechtsakt der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik enthaltenen und im Bundesanzeiger veröffentlichten Ausfuhrverbot und in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gewerbsmäßiger unerlaubter vorsätzlicher Ausfuhr von Rüstungsgütern in den Libanon unter Zuwiderhandlung gegen ein in einem Rechtsakt der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik enthaltenen und im Bundesanzeiger veröffentlichten Ausfuhrverbot und vorsätzlicher Tätigung eines Handelsgeschäftes betreffend für Personen im Libanon bestimmte Rüstungsgüter unter Zuwiderhandlung gegen eine der Durchführung einer wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme der EU (GASP) dienenden Rechtsverordnung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und die sichergestellte, im Einzelnen bezeichnete Munition eingezogen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts entschloss sich der Angeklagte spätestens im März 2012, dem Ansinnen eines ihm bekannten ehemaligen Generals der libanesischen Armee nachzukommen und von diesem bzw. dessen Gefolgsleuten bestellte großkalibrige Munition in den Libanon zu liefern, die für syrische Widerstandskreise bestimmt war. Vorausgegangen war ein fehlgeschlagenes Geschäft, für dessen Scheitern seine Geschäftspartner den Angeklagten verantwortlich machten und ihm bedeutet hatten, er werde Probleme im Libanon bekommen, wenn er die verfahrensgegenständlichen Munitionslieferungen nicht durchführe. Maßgeblich für den Entschluss des Angeklagten war indes sein eigenes Gewinnstreben. Er veräußerte die Munition mit hohen Aufschlägen und beabsichtigte, sich durch wiederholte Lieferungen eine Einnahmequelle von einiger Dauer und Umfang zu verschaffen.
3
In Umsetzung dieses Entschlusses erwarb der Angeklagte zwischen März und Oktober 2012 nach vorheriger Auftragserteilung durch seine libanesischen Geschäftspartner bei dem früheren Mitangeklagten B. in drei Fällen Munition, insbesondere für das Maschinengewehr AK-47 und für Handfeuerwaffen , und war auch für die Organisation und die Durchführung der Lieferungen in den Libanon verantwortlich; das bestehende Waffenembargo gegenüber dem Libanon war ihm dabei bekannt. Für die erste Lieferung belud der Angeklagte zwei Kastenwagen mit insgesamt 45.000 Patronen, die anschließend von Hamburg nach Tripolis im Libanon verschifft wurden. Die Munition wurde von libanesischen Sicherheitskräften, die einen Hinweis auf die Lieferung erhalten hatten, sichergestellt. Eine zweite Lieferung von über 60.000 Patronen , die der Angeklagte bei B. im Juli 2012 bestellt hatte, erreichte ihre Abnehmer. In diesem Fall deponierte der Angeklagte die Munition in einem Transporter des Typs VW T4, den er ebenfalls in den Libanon verschiffen ließ. Im dritten Fall verstaute der Angeklagte im Oktober 2012 nunmehr über 70.000 Patronen, die er bei B. erworben hatte, wiederum in einem VWTransporter und ließ diesen zur Verschiffung im Hamburger Hafen abstellen; zuvor hatte er bereits die Verschiffung des Fahrzeugs in Auftrag gegeben. Dazu kam es nicht, weil die Ermittlungsbehörden - als das Beladen und anschließend das Ablegen des Frachtschiffes unmittelbar bevorstanden - das Fahrzeug auf dem Lagerplatz des mit der Verschiffung beauftragten Unternehmens durchsuchten und die Munition sicherstellten.
4
II. Die Verfahrensrügen sind aus den Gründen, die der Generalbundesanwalt in seiner Antragschrift dargelegt hat, jedenfalls unbegründet. Ergänzend dazu bemerkt der Senat:
5
1. Die Begründung, mit der die Strafkammer den Antrag auf Ladung und - hilfsweise kommissarische - Vernehmung des angeblichen Auftraggebers H. vom 10. Mai 2013 zurückgewiesen hat, begegnet zwar insoweit Bedenken , als das Landgericht darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte bislang selbst nicht vorgetragen habe, dass H. sein Auftraggeber gewesen sei und die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen lediglich als Schlussfolgerungen gewertet hat. Die nachfolgenden Erwägungen, mit denen die Strafkammer die Ablehnung des Beweisantrages auch mit der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen begründet hat, erweisen sich hingegen als rechtsfehlerfrei.
6
2. Soweit sich die Strafkammer bei der Zurückweisung des weiteren Antrags auf Ladung des H. vom 16. Mai 2013 auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO berufen hat, ist auch dieses Vorgehen rechtsbedenkenfrei. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt hierzu ausgeführt, dass das legitime Interesse des Angeklagten in einem Verfahren mit starkem Auslandsbezug, sich durch die Benennung von im Ausland ansässigen Zeugen zu verteidigen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 3 StR 274/09, BGHSt 55, 11, 23 f.), die Ablehnung eines Beweisantrages auf Vernehmung eines Auslandszeugen unter Berufung auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nicht notwendig im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null ausschließt. Kann - wie hier - das Tatgericht durch bereits erhobene Sachbeweise, die zu einem relativ gesicherten Beweisergeb- nis geführt haben, den Beweiswert einer möglichen Aussage des Auslandszeugen zuverlässig prognostisch bewerten und gelangt es dabei zu der tragfähig begründeten Einschätzung, dass dessen Aussage für seine Überzeugungsbildung irrelevant ist, so ist dies revisionsrechtlich vielmehr nicht zu beanstanden (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NStZ 2005, 701, 703). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
7
III. Die umfassende Überprüfung des Urteils auf die von dem Angeklagten erhobene Sachrüge führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe und zur Aufhebung des Urteils im Fall 3 der Urteilsgründe sowie im gesamten Strafausspruch ; im Übrigen hat sie keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Im Einzelnen:
8
1. Zu den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe:
9
a) Die Verurteilung wegen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz bedarf in diesen beiden Fällen der Schuldspruchänderung, weil das - von der Strafkammer für sich genommen rechtsfehlerfrei angewandte - zur Tatzeit und noch im Zeitpunkt der Urteilsverkündung geltende Außenwirtschaftsgesetz (im Folgenden: AWG aF) aufgrund von Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts vom 6. Juni 2013 (BGBl. I, S. 1482) mit Wirkung vom 1. September 2013 außer Kraft trat und gleichzeitig die in Art. 1 des vorgenannten Gesetzes enthaltene Neufassung des Außenwirtschaftsgesetzes (im Folgenden: AWG nF) Geltung erlangte. Zugleich trat die durch Rechtsverordnung vom 2. August 2013 mit Wirkung vom 1. September 2013 neu gefasste Außenwirtschaftsverordnung (im Folgenden: AWV nF) in Kraft. Diese Gesetzesänderungen sind nach § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO zu berücksichtigen, weil sich die Regelungen des AWG nF hinsichtlich der in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe abgeurteilten Taten als milderes Gesetz erweisen. Insoweit gilt:
10
aa) Der Angeklagte erfüllte in diesen Fällen jeweils den Tatbestand des § 34 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. b) AWG aF, weil er - als tauglicher Täter (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2007 - 5 StR 225/06, NJW 2007, 1893, 1895; Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR-Kommentar, 32. Erg.-Lfg., § 34 Abs. 1 AWG Rn. 11 mwN - die Munition und damit in Teil I Abschnitt A Position 0003 der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung aF) genannte Güter in den Libanon ausführte; denn damit beging er eine in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AWG aF genannte Handlung und handelte dadurch dem in Art. 1 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2006/625/GASP des Rates vom 15. September 2006, betreffend das Verbot des Verkaufs oder der Lieferung von Rüstungsgütern und zugehörigen Gütern und die Erbringung damit zusammenhängender Dienstleistungen an Einrichtungen oder Einzelpersonen im Libanon im Sinne der Resolution 1701 (2006) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen enthaltenen Ausfuhrverbot zuwider, das zur Strafbewehrung im Bundesanzeiger (Nr. 181, S. 6479) am 23. September 2006 veröffentlicht worden war.
11
In dem Verkauf und der Ausfuhr der Munition in den Libanon lag jeweils auch ein Verstoß gegen § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b) AWG aF in Verbindung mit § 69m Abs. 1, § 70a Abs. 2 Nr. 1 AWV aF, der indes im Wege der formellen Subsidiarität hinter den Verstoß gegen § 34 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. b) AWG aF zurücktrat. Aus diesem Grund bedarf es hier keiner Entscheidung, ob in dem (schuldrechtlichen) Verkauf zugleich auch ein gemäß § 69m Abs. 2 AWV aF verbotener Abschluss eines Handelsgeschäfts lag, der in Verbindung mit § 70a Abs. 2 Nr. 3 AWV aF wiederum eine Strafbarkeit nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b) AWG aF hätte begründen können.
12
bb) Nach nunmehr geltendem Recht stellen sich sowohl der Verkauf als auch die Ausfuhr jeweils als Verstöße gegen § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG nF in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AWG nF, § 80 Nr. 1, § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF dar. Zudem kommt eine Strafbarkeit nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG nF in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AWG nF, § 80 Nr. 2, § 75 Abs. 1 Nr. 7 AWV nF in Betracht. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung des AWG die Differenzierung zwischen Verstößen gegen Ausfuhrverbote und Verstößen gegen sonstige Verbotstatbestände - insbesondere das Verbot, Güter des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste in Embargoländer zu verkaufen oder diesbezüglich Handels- und Vermittlungsgeschäfte abzuschließen - bewusst nicht aufrecht erhalten, weil der Unrechtsgehalt dieser Tathandlungen mit Verstößen gegen Ausfuhrverbote betreffend Güter des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste vergleichbar sei (BT-Drucks. 17/11127, S. 26). Damit ist der Tatbestand der Neuregelung weiter gefasst. Dies könnte bei abstrakter Betrachtung dafür sprechen, das alte Recht als das mildeste anzusehen.
13
cc) Jedoch ist als mildestes Gesetz dasjenige anzuwenden, das bei einem Gesamtvergleich des konkreten Einzelfalls die dem Täter günstigste Beurteilung zulässt (st. Rspr.; s. zuletzt BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - StB 16/13, juris Rn. 24 mwN). Dabei ist der Grundsatz strikter Alternativität zu beachten, nach dem entweder das eine oder das andere Gesetz in seiner Gesamtheit gilt (BGH, Urteil vom 27. November 1996 - 3 StR 508/96, NJW 1997,

951).


14
Der vorzunehmende Gesamtvergleich ergibt, dass das neue Recht für den Angeklagten günstiger ist:
15
(1) Allerdings verstieß der Angeklagte durch den Verkauf nach und die Ausfuhr der Munition in den Libanon gegen zwei Verbote gemäß § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF, die aufgrund der Strafbewehrung in § 80 Nr. 1 AWV nF jeweils zur Strafbarkeit nach § 17 Abs. 1 AWG nF führen. Da - wie dargelegt - in der Neufassung die Subsidiarität der Verstöße gegen das Verkaufsverbot nicht mehr gilt, ist für Fälle, in denen der Täter sowohl gegen das Ausfuhr- als auch gegen das Verkaufsverbot verstößt, nunmehr zum einen das Konkurrenzverhältnis dieser beiden Tatbestandsalternativen zueinander zu klären (s. unten (a)). Zum anderen kommt hinzu, dass in dem Verkauf der Munition zugleich ein nach § 75 Abs. 1 Nr. 7 AWV nF verbotenes Handels- und Vermittlungsgeschäft liegt, das ebenfalls gemäß § 17 Abs. 1 AWG nF strafbewehrt ist. Daher ist auch das konkurrenzrechtliche Verhältnis dieser Straftat zu den Verstößen gegen das Ausfuhr- und das Verkaufsverbot zu bestimmen (s. unten (b)).
16
(a) Der Verstoß gegen das Verkaufs- und derjenige gegen das Ausfuhrverbot stehen zueinander im Verhältnis der Idealkonkurrenz. Mit dem Verkauf von Gütern, die in der nationalen Waffenliste geführt werden, verstößt der Täter gegen eine eigenständige Verbotsnorm nach § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF. Der Gesetzgeber hat durch die Aufhebung der Subsidiaritätsklausel die Bedeutung dieses Verbotes unterstrichen und einen Verstoß dagegen einem solchen gegen das Ausfuhrverbot gleichgestellt. Angesichts dessen spricht schon die Klarstellungsfunktion des § 52 Abs. 1 StGB dafür, den Verstoß gegen das Verkaufsverbot als in Idealkonkurrenz zu dem Ausfuhrdelikt stehend in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. MüKoStGB/von Heintschel-Heinegg, 2. Aufl. vor §§ 52 ff. Rn. 26 f.). Es ist auch ansonsten kein Grund dafür ersichtlich, von Gesetzeskonkurrenz auszugehen. So ergibt sich etwa kein allgemeiner Vorrang der Ausfuhrdelikte. Soweit in der außenwirtschaftsrechtlichen Literatur zum alten Recht die Auffassung vertreten wurde, beim Zusammentreffen eines Handelsgeschäfts mit einer Ausfuhr kämen wegen des Vorrangs der Ausfuhrgenehmigungspflicht die Regelungen über Handels- und Vermittlungsgeschäfte nicht zur Anwendung (Tervooren/Mrozek in Wolffgang/Simonsen, aaO, 22. Erg.-Lfg., § 4c AWV Rn. 26), kann dem schon aufgrund des zitierten, in der Begründung der Neuregelung zum Ausdruck gebrachten Willens des Gesetzgebers jedenfalls für die strafrechtliche Beurteilung nicht gefolgt werden. Es liegt in dem vorangegangenen Verkauf auch kein Fall der mitbestraften Vortat zu der nachfolgenden Ausfuhr. Eine straflose mitbestrafte Vortat liegt nur vor, wenn diese das notwendige oder regelmäßige Mittel zur Haupttat ist (st. Rspr.; s. zuletzt BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - 3 StR 178/13, juris Rn. 16). Davon kann im Verhältnis zwischen Verkauf und späterer Ausfuhr indes nicht ausgegangen werden, denn eine verbotene Ausfuhr von Gütern kann auch der Täter begehen, der sie vorher nicht an den Empfänger verkauft hat; umgekehrt ist es keine notwendige Folge eines Verkaufs, dass der Täter die Güter anschließend ausführt. Der Verkauf stellt im Verhältnis zur Ausfuhr mithin zusätzliches Unrecht dar.
17
(b) Daneben kommt ein Schuldspruch auch wegen eines tateinheitlichen Verstoßes gegen das Verbot der Durchführung eines Handels- und Vermittlungsgeschäfts (§ 75 Abs. 1 Nr. 7 AWV nF in Verbindung mit § 17 Abs. 1 AWG nF) indes nicht in Betracht, weil sich das Verkaufsverbot des § 74 Abs. 1 AWV nF als lex specialis gegenüber dem Verbot, ein Handels- und Vermittlungsgeschäft abzuschließen, darstellt. Nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 14 Satz 1 Nr. 3 AWG nF ist ein Handels- und Vermittlungsgeschäft auch der Abschluss eines Vertrages über das Überlassen von Gütern. Nichts anderes stellt aber der Verkauf von Gütern dar, so dass in den Fällen, in denen der Täter - wie hier - in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste erfasste Güter verkauft, das Verbot der Handels- und Vermittlungsgeschäfte nach § 75 Abs. 1 AWV nF hinter dem - spezielleren - Verkaufsverbot des § 74 Abs. 1 AWV nF zurücktritt.
18
(2) Die Anwendung des neuen Rechts führt damit zwar zu einer Verschärfung des Schuldspruchs; da der Angeklagte nach den Feststellungen der Strafkammer aber auch gewerbsmäßig handelte, fallen seine Taten unter den Qualifikationstatbestand des § 17 Abs. 2 Nr. 2 AWG nF. Es ist mithin dieser Strafrahmen mit dem des § 34 Abs. 6 AWG aF zu vergleichen. Gegenüber § 34 Abs. 6 AWG aF, der eine Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe vorsah, erweist sich die Vorschrift des § 17 Abs. 2 AWG nF als milderes Gesetz, weil sie im Verhältnis zum Grundtatbestand des § 17 Abs. 1 AWG nF nur die Obergrenze des Strafrahmens erhöht, so dass sie bei gleicher Strafobergrenze (Freiheitsstrafe von 15 Jahren, vgl. § 38 Abs. 2 StGB) eine Mindeststrafe von (nur) einem Jahr Freiheitsstrafe vorsieht (vgl. zur vergleichbaren Konstellation bei Straftaten nach § 18 AWG nF BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - StB 16/13, aaO).
19
b) Die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Verstößen gegen das Waffengesetz indes nur zum Teil.
20
aa) Beanstandungsfrei ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen , dass sich der Angeklagte in allen drei Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Munition nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) WaffG schuldig gemacht hat. Nach der in Abschnitt 2 Nr. 9 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG gegebenen Definition treibt Waffenhandel, wer gewerbsmäßig oder selbstständig im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung Schusswaffen oder Munition ankauft, feilhält, Bestellungen entgegennimmt oder aufsucht, anderen überlässt oder den Erwerb, den Vertrieb oder das Überlassen vermittelt. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Angeklagte kaufte die Munition nach den Feststellungen der Strafkammer gewerbsmäßig handelnd an und überließ sie seinen Abnehmern im Libanon. Dabei verfügte er nicht über die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 WaffG für den Handel mit Munition erforderliche Waffenhandelserlaubnis , was ihm auch bekannt war.
21
bb) Die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Erwerbs von Munition zum Zwecke des Überlassens an Nichtberechtigte nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) WaffG kann hingegen keinen Bestand haben.
22
Dieser Straftatbestand erfordert nach seinem Wortlaut, dass die Überlassung an einen Nichtberechtigten gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 WaffG verstößt, wonach Waffen oder Munition nur berechtigten Personen überlassen werden dürfen. Ein solcher Verstoß ist hier nicht gegeben, weil § 34 Abs. 1 WaffG nach der Ausnahmeregelung in § 34 Abs. 3 WaffG nicht für denjenigen gilt, der - wie der Angeklagte - Schusswaffen oder Munition einem anderen, der sie außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes erwirbt, insbesondere im Versandwege unter eigenem Namen überlässt. In diesen Fällen ist der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) WaffG nicht erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 - 5 StR 394 + 395/87, NStZ 1988, 133, 134 zur Rechtslage nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 WaffG aF).
23
cc) Neben dem Handeltreiben mit Munition hat der Angeklagte die Tatbestände des Erwerbs und des Besitzes von Munition nach § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) WaffG erfüllt, indem er, ohne über einen Munitionserwerbsschein (vgl. § 10 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 WaffG) zu verfügen, die Munition bei B. abholte und so die tatsächliche Gewalt darüber erlangte und in der Folgezeit ausübte (vgl. Abschnitt 2 Nr. 1 und 2 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG).
24
Nach der Rechtsprechung des Bundgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 28. März 2006 - 4 StR 596/05, BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 1) stehen Erwerb , Besitz und Handeltreiben untereinander in Tateinheit, wenn der Täter Waffen oder Munition gewerbsmäßig ankauft und bis zu deren Überlassung an seinen Abnehmer die tatsächliche Gewalt darüber ausübt. Soweit Rechtsprechung des Senats dieser konkurrenzrechtlichen Beurteilung entgegenstehen könnte (BGH, Beschluss vom 26. April 1996 - 3 StR 641/95, BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Konkurrenzen 5), hält er daran nicht fest.
25
c) Nach alledem ist der Schuldspruch in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe wie aus der Urteilsformel ersichtlich abzuändern.
26
2. Zu Fall 3 der Urteilsgründe:
27
Im Fall 3 der Urteilsgründe ist dem Senat eine abschließende Entscheidung , welches Gesetz das mildeste ist, nicht möglich, so dass hier der Schuldspruch nicht zu ändern, sondern das Urteil insoweit aufzuheben ist. Im Einzelnen :
28
Bezogen auf das Ausfuhrdelikt liegt lediglich ein Versuch vor. Der Angeklagte hatte zu der Tat im Sinne von § 22 StGB unmittelbar angesetzt: Dieser Zeitpunkt des Versuchsbeginns ist nach allgemeinen Maßstäben auch dann erreicht, wenn der Täter solche Handlungen vorgenommen hat, die nach seinem Tatplan im ungestörten Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden sollen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 20. März 2014 - 3 StR 424/13, juris Rn. 8 mwN). Bei Ausfuhrdelikten ist dies auch dann der Fall, wenn der Täter die Ware nach seinem Transportplan endgültig auf den Weg gebracht hat (Bieneck in Wolffgang/Simonsen, aaO, 17. Erg.-Lfg., § 34 Abs. 5 Rn. 8; weitergehend BGH, Urteil vom 19. Januar 1965 - 1 StR 541/64, BGHSt 20, 150, 152: Aufladen der Ware auf ein Fahrzeug , um sie demnächst ungenehmigt über die Grenze zu bringen; s. auch G/J/W/Cornelius, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 34 AWG Rn. 124). So verhielt es sich hier: Die Munition war in dem Transporter verstaut, dessen Verladung auf das Frachtschiff unmittelbar bevorstand; das Schiff wiederum sollte im Anschluss daran auslaufen und seine Fracht in den Libanon bringen. Weitere Handlungen des Angeklagten waren zur Bewirkung der Ausfuhr nicht mehr erforderlich. Der Versuch war fehlgeschlagen, nachdem die Munition von den Ermittlungsbehörden entdeckt und sichergestellt worden war.
29
a) Nach altem Recht hat sich der Angeklagte damit gemäß § 34 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. b) AWG aF, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Der zugleich erfüllte Tatbestand des § 34 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b) AWG aF in Verbindung mit § 69m Abs. 1, § 70a Abs. 2 Nr. 1 AWV aF (Verkauf der Munition) bzw. § 69m Abs. 2, § 70a Abs. 2 Nr. 3 AWV aF (Abschluss eines Handelsgeschäfts über die Munition mit seinen Vertragspartnern im Libanon) trat auch hier aufgrund der Subsidiaritätsklausel in § 34 Abs. 4 Nr. 1 aE AWG aF zurück; dass insoweit nur ein Versuch vorlag, ändert nichts daran, dass die Tat in § 34 Abs. 6 Nr. 3 AWG aF mit Strafe bedroht war und diese Strafbarkeit die nach der subsidiären Norm verdrängt (s. zur vergleichbaren Regelung in § 265 Abs. 1 StGB MüKoStGB/Wohlers/Mühlbauer, aaO, § 265 Rn. 34 mwN).
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b) Nach neuem Recht hat der Angeklagte neben der nur versuchten Ausfuhr (strafbar nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG nF in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AWG nF, § 80 Nr. 1, § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) die Munition wiederum an seine Abnehmer im Libanon verkauft. Da der Verkauf bereits durch Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages abgeschlossen war, hat sich der Angeklagte gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 AWG nF in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AWG nF, § 80 Nr. 1, § 74 Abs. 1 Nr. 9 AWV nF wegen des vollendeten Verkaufs strafbar gemacht. Wie oben dargelegt, stehen Ausfuhr und Verkauf zueinander in Tateinheit. Dies muss hier auch deshalb gelten, weil sich ansonsten ein Wertungswiderspruch ergäbe, wenn derjenige, der zusätzlich zu dem vollendeten Verkauf noch einen versuchten Ausfuhrverstoß beging, wegen der möglichen Versuchsmilderung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gegenüber demjenigen privilegiert werden könnte, der nur einen Verkauf getätigt hatte. Die Strafbarkeit wegen Abschlusses eines Handelsgeschäfts tritt - wie ebenfalls oben dargelegt - wegen Spezialität der Strafbarkeit wegen Verkaufs zurück.
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c) Da der Angeklagte auch insoweit gewerbsmäßig handelte, wäre die Strafe für ihn bei Anwendung des neuen Rechts wiederum dem Strafrahmen des § 17 Abs. 2 AWG nF zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren vorsieht und gegenüber dem Strafrahmen des § 34 Abs. 6 AWG aF milder ist. Bei Anwendung alten Rechts kommt wegen der Strafbarkeit nur wegen Versuchs indes in Betracht, den Strafrahmen des § 34 Abs. 6 AWG aF nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, so dass die zu verhängende Strafe einem Rahmen von sechs Monaten bis elf Jahre und drei Monaten Freiheitsstrafe zu entnehmen wäre; dieser gemilderte Strafrahmen erweist sich gegenüber demjenigen - wegen der Vollendung des Verkaufs der Munition nicht zu mildernden - des § 17 Abs. 2 AWG nF als das mildere Gesetz. Die Entscheidung , ob die Strafe gemäß § 23 Abs. 2 StGB nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern ist, hat indes das Tatgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen und dabei eine Gesamtbetrachtung aller Tatumstände und der Täterpersönlichkeit anzustellen, wobei versuchsbezogenen Umständen ein besonderes Gewicht zukommt (st. Rspr.; s. zuletzt BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 261/10, wistra 2011, 18, 19). Diese Entscheidung ist dem Revisionsgericht entzogen. Dem Senat ist es deshalb nicht möglich, abschließend zu bestimmen , welches Recht milder ist und den Schuldspruch entsprechend zu ändern ; vielmehr ist das Urteil insoweit aufzuheben. Da es sich nur um eine Wer- tungsfrage handelt, können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Schuldspruch aufrecht erhalten bleiben.
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3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 3 der Urteilsgründe führt zum Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafe, der wiederum die Aufhebung der Gesamtstrafe bedingt.
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Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen 1 und 2 der Urteilsgründe hat auch die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer, die die Einzelstrafen dem Strafrahmen des § 34 Abs. 6 AWG aF (Mindeststrafe zwei Jahre Freiheitsstrafe ) entnommen hat, bei Anwendung des nunmehr geltenden Strafrahmens des § 17 Abs. 2 AWG nF, der mit einem Jahr Freiheitsstrafe eine deutlich niedrigere Mindeststrafe aufweist, mildere Einzelstrafen ausgesprochen hätte.
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Die zum Strafausspruch insgesamt rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sind davon indes nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).
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4. Der Senat hat bei der Schuldspruchänderung den Zusatz vorsätzlicher und unerlaubter Tatbegehung entfallen lassen. Dies dient der Klarstellung der ansonsten durch die Aufnahme nicht notwendigen Inhalts unübersichtlichen Urteilsformel (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 1992 - 3 StR 61/92, NStZ 1992, 546 und vom 20. Mai 2014 - 1 StR 90/14, juris Rn. 16). Da nach § 15 StGB nur vorsätzliches Handeln strafbar ist, fahrlässiges hingegen lediglich dann, wenn es ausdrücklich mit Strafe bedroht ist, bedarf der Zusatz vorsätzlicher Begehung keiner Aufnahme in die Urteilsformel. Dass es sich bei Straftaten nach dem AWG und dem WaffG um einen "unerlaubten" Umgang mit Gütern bzw. Waffen handelt, versteht sich von selbst, weil das Handeln im Rah- men einer erteilten Erlaubnis die Strafbarkeit aufgrund der gegebenen Verwaltungsakzessorietät der Straftatbestände ausschließt. Das Merkmal "unerlaubt" bedarf deshalb nicht der Tenorierung.
Becker Pfister Schäfer Mayer Gericke