Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 3 StR 525/12

published on 05/03/2013 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 3 StR 525/12
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 525/12
vom
5. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und auf Antrag des Generalbundesanwalts am 5. März 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27. März 2012 in dem ihn betreffenden Strafausspruch - unter Aufrechterhaltung der Feststellungen - aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zur Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel ist zum Schuldspruch unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Strafausspruch kann hingegen keinen Bestand haben. Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt: "Die Überprüfung des Urteils auf die allgemeine Sachrüge hat lediglich insoweit einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, als das Urteil sich nicht zu den Auswirkungen eines am 20. August 2010 er- gangenen rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Nettetal verhält. […] Die verfahrensgegenständliche Tat vom 13. Juli 2010 liegt sowohl vor der Verurteilung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 6. August 2010, die sich auf eine Betäubungsmittelstraftat vom 19. April 2010 bezieht, als auch vor der oben genannten Verurteilung des Amtsgerichts Nettetal vom 20. August 2010 wegen einer am 2. Juli 2010 begangenen weiteren Betäubungsmittelstraftat. Während die mit Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 6. August 2010 verhängte Strafe wegen der Zäsurwirkung eines weiteren Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf vom 8. Juni 2010 bei der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe im vorliegenden Verfahren außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BGHSt 32, 190, 193; BGHSt 33, 367, 369; Heintschel-Heinegg in Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 55 Rn. 19, 20), handelt es sich bei dem Urteil des Amtsgerichts Nettetal vom 20. August 2010 im Verhältnis zu dem hier angegriffenen Urteil um eine grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 55 Abs. 1 StGB unterfallende frühere Verurteilung. Eine Gesamtstrafenfähigkeit mit der Geldstrafe aus jener letzten Verurteilung wäre damit gegeben, wenn die dort verhängte Strafe noch nicht erledigt ist. Ob diese Voraussetzung vorliegt, teilt die Strafkammer jedoch nicht mit. Das Revisionsgericht kann daher nicht beurteilen, ob eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden oder - im Falle der Erledigung der Strafe aus der letzten rechtskräftigen Verurteilung vom 20. August 2010 - ein Härteausgleich vorzunehmen gewesen wäre (vgl. Fischer StGB 59. Aufl. § 55 Rn. 21 mwN). Der Rechtsfehler führt zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht (§ 354 Abs. 2 StPO). Die neu zu treffende Entscheidung über den Strafausspruch kann nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass es im weiteren Verfahren ausschließlich um die Bildung einer erstmals festzusetzenden oder neu zu bestimmenden Gesamtstrafe geht, mithin die Voraussetzungen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB an sich vorliegen. Dies ist aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht abschließend zu beurteilen; denn die Urteilsgründe verhalten sich nicht dazu , ob die Geldstrafe aus dem Urteil vom 20. August 2010 bereits vollständig vollstreckt wurde. In diesem Fall wäre keine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden, sondern ein Härteausgleich vorzunehmen. Diese Entscheidung fällt nicht in den Regelungsbereich der §§ 460 ff. StPO; sie ist vielmehr dem Tatgericht nach Durchführung einer Hauptverhandlung vorbehalten (BGH Beschl. v. 29. November 2011 - 3 StR 358/11 -)."
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
Die getroffenen Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben, da sie durch den Rechtsfehler im Zusammenhang mit der möglichen Anwendung des § 55 StGB nicht betroffen werden. Ergänzende Feststellungen zur Vollstreckung der Geldstrafe sind erforderlich und im Übrigen möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
Tolksdorf Hubert Schäfer Gericke Spaniol
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.