Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2017 - 3 StR 499/17

bei uns veröffentlicht am29.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 499/17
vom
29. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2017:291117B3STR499.17.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 29. November 2017 gemäß §§ 46, 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 3. Juli 2017 wird auf seine Kosten verworfen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
2
Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten am 10. August 2017 Revision eingelegt und zugleich beantragt, Wiedereinsetzung in die Frist zur Revisionseinlegung zu gewähren. Zur Begründung hat er ausgeführt, bei der ursprünglichen Rechtsmitteleinlegung versehentlich von einem späteren Fristbeginn ausgegangen zu sein. Dass die Revisionseinlegung verspätet ge- wesen sei, habe er erst durch "die Mitteilung des Landgerichts vom 2. August 2017" erfahren.
3
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb dieser Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Diese Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 StR 573/14, NStZ-RR 2015, 145 mwN). Bereits hieran fehlt es.
4
Der Antrag enthält keine Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO tatsächlich weggefallen ist. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte und nicht der Verteidiger Kenntnis von der Fristversäumung erlangt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474). Das Wiedereinsetzungsgesuch verhält sich indes nur dazu, dass der Verteidiger durch ein Schreiben des Landgerichts von der verspäteten Revisionseinlegung erfahren hat. Angaben dazu, wann der Angeklagte Kenntnis von der Fristversäumung erlangt hat, fehlen dagegen.
5
2. Da der Antrag auf Wiedereinsetzung erfolglos bleibt, ist auch das Rechtsmittel, weil verspätet, als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO).
Becker Gericke Spaniol Tiemann Berg

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 45 Anforderungen an einen Wiedereinsetzungsantrag


(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de

Strafprozeßordnung - StPO | § 46 Zuständigkeit; Rechtsmittel


(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. (2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. (3) Gegen die den Antrag verwerfende E

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(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR573/14
vom
14. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2015 beschlossen
:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung
der Revision gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 26. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45
Abs. 1 Satz 1 StPO wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 26. Mai 2014 wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Urteilsverkündung fand in Anwesenheit des Angeklagten statt. Gegen dieses Urteil hat die Pflichtverteidigerin des Angeklagten fristgerecht Revision eingelegt. Das Urteil wurde ihr am 7. Juli 2014 zugestellt. Nachdem bis zum Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO keine Rechtsmittelbegründung eingegangen war, verwarf das Landgericht die Revision durch Beschluss vom 12. August 2014 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Dieser Beschluss wurde der Pflichtverteidigerin am 21. August 2014 zugestellt.
2
Mit Schreiben seines neuen Wahlverteidigers vom 9. September 2014, eingegangen bei dem Landgericht am selben Tag, hat der Angeklagte die Revision begründet und beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung des Antrags auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags sowie bezüglich der Versäumung der Frist zur Abgabe einer Revisionsbegründung und eines Revisionsantrags zu gewähren.
3
Er trägt vor, weder er noch der unterzeichnende Rechtsanwalt hätten Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss gehabt. Der unterzeichnende Rechtsanwalt habe von diesem Beschluss erst durch eine Akteneinsicht in der 36. Kalenderwoche erfahren. In dieser Woche habe auch er selbst den Verwerfungsbeschluss in der Justizvollzugsanstalt erhalten. Da seine Pflichtverteidigerin für ihn bereits Revision eingelegt hatte, habe er davon ausgehen dürfen, dass sie auch einen Revisionsantrag stellt und zumindest die allgemeine Sachrüge erhebt. Das Versäumnis der Pflichtverteidigerin könne ihm nicht zugerechnet werden.
4
Die Vollzugsgeschäftsstelle der Justizvollzugsanstalt München hat auf Anfrage eines Vertreters des Generalbundesanwalts im November 2014 mitgeteilt , dass der Verwerfungsbeschluss dort nicht zur Aushändigung an den Angeklagten eingegangen, diesem also offensichtlich persönlich zugesandt worden sei. Auf Befragen habe der Angeklagte erklärt, er habe den Beschluss am 12. September 2014 oder am 13. September 2014 erhalten.

II.


5
Beide Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind unzulässig.
6
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist unzulässig.
7
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Die hierzu erforderlichen Angaben sind ebenso wie ihre Glaubhaftmachung Zulässigkeitsvoraussetzungen (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 - 1 StR 341/12; und vom 7. Juni 2013 - 1 StR 232/13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., 2014, § 45 Rn. 5 mwN). Bereits an dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es.
8
Darüber hinaus hat der Angeklagte auch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Rechtsmittelfrist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO).
9
a) Der Antrag enthält keine Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO tatsächlich weggefallen ist. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte und nicht der Verteidiger Kenntnis von dem Verwerfungsbeschluss erlangt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; und vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 412/13). Die Angabe eines längeren Zeitraums, hier sogar von einer Woche, genügt diesem Erfordernis nicht.
10
Zudem ist der Vortrag, wann dem Angeklagten die Versäumung der Rechtsmittelfrist bekannt geworden ist, in sich widersprüchlich.
11
Aus der vom Generalbundesanwalt eingeholten Auskunft der Vollzugsgeschäftsstelle ergibt sich, dass der Angeklagte im November 2014 behauptet hat, den Verwerfungsbeschluss erst am 12. oder 13. September 2014 erhalten zu haben. Über seinen Verteidiger hat er allerdings am 9. September 2014 vortragen lassen, den Beschluss bereits in der 36. Kalenderwoche bekommen zu haben. Die 36. Kalenderwoche ist die Woche von Montag, dem 1. September, bis Sonntag, dem 7. September 2014.
12
Der Vortrag schließt zudem nicht aus, dass der Angeklagte den Beschluss bereits am 1. September 2014 erhalten hat. In diesem Fall hätte das am 9. September 2014 eingegangene Gesuch um Wiedereinsetzung die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO nicht gewahrt. Diese Zweifel an der Fristeinhaltung gehen zu Lasten des Antragstellers (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 45 Rn. 3).
13
b) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bleibt auch deshalb ohne Erfolg, weil der Angeklagte weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO). Sein Vortrag lässt offen, ob er seine Pflichtverteidigerin überhaupt mit der Begründung des Rechtsmittels beauftragt hatte; ein solcher Auftrag ist auch nicht durch anwaltliche Versicherung der Pflichtverteidigerin glaubhaft gemacht. Auch wurde nicht näher dargelegt und ebenfalls nicht anwaltlich versichert, weshalb die Pflichtverteidigerin tatsächlich die Revisionsbegründung trotz eventuellen Auftrags unterlassen hat.
14
c) Soweit der Angeklagte nun mit Schreiben vom 21. Dezember 2014 erstmals vorträgt, er habe seine Pflichtverteidigerin auch mit der Revisionsbegründung beauftragt, ändert dies im Ergebnis an der Unzulässigkeit des Antrags nichts.
15
2. Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO ist unzulässig. Der Umstand, dass der Wahlverteidiger in seinem Gesuch vom 9. September 2014 ausdrücklich auch einen solchen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat, belegt, dass dem Angeklagten die Versäumung der Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags bekannt war; zumindest aber hat er eine solche Fristversäumung bei Antragstellung am 9. September 2014 ernsthaft in Betracht gezogen. Dennoch legt der Antrag keine Umstände dar, aus denen sich ein unverschuldetes Fristversäumnis ergibt.
Rothfuß Cirener Radtke
Mosbacher Fischer

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 320/12
vom
29. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 29. Januar 2013 gemäß § 46
Abs. 1, § 346 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 13. März 2012 wird als unzulässig verworfen. 2. Der Antrag der Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Beschluss vom 20. Juni 2012 hat das Landgericht die Revision gemäß § 346 Abs. 1, § 345 StPO als unzulässig verworfen, da die Angeklagte die Revisionsanträge nicht fristgerecht angebracht habe. Gegen diesen dem Pflichtverteidiger am 26. Juni 2012 zugestellten Verwerfungsbeschluss hat die Angeklagte mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 3. Juli 2012, beim Landgericht am selben Tag eingegan- gen, „Beschwerde“ eingelegt; eine Begründung enthielt der Schriftsatz nicht. Mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 18. Juli 2012, beim Landgericht am 20. Juli 2012 eingegangen, hat die Angeklagte unter Bezugnahme auf die „Beschwer- de“ beantragt, den Beschluss vom 20. Juni 2012 aufzuheben. Ferner hat sie unter Beifügung einer Kopie der Revisionsbegründung vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat der Verteidiger vorgetragen, er habe die Revision mit Schriftsatz vom 24. Mai 2012 begründet und den Schriftsatz am 25. Mai 2012 bei der „Deutschen Bundespost“ aufgegeben , so dass dieser fristgerecht beim Landgericht hätte eingehen müssen; dies scheine offensichtlich nicht geschehen zu sein oder aber der Schriftsatz sei in der Poststelle des Landgerichts untergegangen oder aber fehlgeleitet worden.
2
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumnis der Revisionsbegründungsfrist sowie das gemäß § 300 StPO als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO auszulegende Rechtsmittel der „Beschwerde“ vom 3. Juli 2012 bleiben ohne Erfolg.
3
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision ist unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 45 Rn. 5 mwN).
4
An dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es hier. Der Antrag enthält keine Angaben dazu, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand , weggefallen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. April 2003 – 3 StR 30/03, BeckRS 2003, 04641, und vom 13. September 2005 – 4 StR 399/05, NStZ 2006, 54, 55; Meyer-Goßner, aaO). Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Angeklagte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. April 1992 – 2 StR 114/92 und vom 13. September 2005, aaO). Wann der Angeklagten die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bekannt geworden ist, wird ungeachtet des erheblichen Zeitablaufs nicht vorgetragen. Jedenfalls in den Fällen, in denen wie hier die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags, dass die Antragstellerin mitteilt, wann das Hindernis , das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1991 – 1 StR 737/90, BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 7 mwN, vom 5. August 2010 – 3 StR 269/10, NStZ-RR 2010, 378 mN, und vom 8. Dezember 2011 – 4 StR 430/11, NStZ 2012, 276, 277 mwN). Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das der Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2010 – 2 StR 365/10).
5
2. Der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO gegen den Verwerfungsbeschluss vom 20. Juni 2012 ist zulässig, jedoch unbegründet, weil die Revision nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begründet wurde.
6
Nachdem das Urteil dem Pflichtverteidiger am 2. Mai 2012 zugestellt worden war (§ 145a Abs. 1 StPO), endete die Revisionsbegründungsfrist mit Ablauf des 4. Juni 2012 (§ 345 Abs. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1, 2 StPO). Die Revisionsbegründung ging am 20. Juli 2012 und damit verspätet beim Landgericht ein. Da der Schriftsatz des Pflichtverteidigers vom 14. März 2012, mit dem Revision gegen das Urteil eingelegt wurde, keine Ausführungen dazu enthielt, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge), hat das Landgericht die Revision zu Recht als unzulässig verworfen.
7
Damit verbleibt es bei dem Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 20. Juni 2012. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass die Revision, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Oktober 2012 zutreffend ausgeführt hat, auch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO wäre.
Mutzbauer Cierniak Bender
Quentin Reiter

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.