Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2020 - 2 StR 291/19

bei uns veröffentlicht am12.02.2020
vorgehend
Landgericht Wiesbaden, 1140 , 01.11.22070

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 291/19
vom
12. Februar 2020
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2020:120220B2STR291.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 2. auf dessen Antrag – am 12. Februar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 20. März 2019 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II.1 bis II.12 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II.13 und II.14 der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Darüber hinaus hat es bestimmt, dass drei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe als Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die hiergegen ge- richtete, auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den Feststellungen war der Angeklagte seit 1993 Geschäftsführer der D. K. mbH (im Folgenden: D. K. ), einer Tochtergesellschaft der Z. -AG (im Folgenden: Z. ), mit dem Aufgabengebiet einer steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung insbesondere von Konzerngesellschaften der Z. -Gruppe, sowie seit 1999 zudemSteuersyndikus der Z. . Die D. K. betreute u.a. die T. GmbH (im Folgenden: T. ), ebenfalls eine Tochtergesellschaft der Z. . Zwischen der T. und der Z. bestand seit 2003 ein – in seinen Einzelheiten nicht näher festgestellter – Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag.
3
Die D. K. führte im Rahmen der Betreuung der T. ein Treuhandkonto bei der C. AG in S. „ 02 – D. K. GmbH Anderkonto T. “ (im Folgenden: Konto …02), auf welchem „Rückstellungen gebucht“ wurden , die „aufgelöst“ werden sollten, weil sie regelmäßig zu hoch ausfielen. „Im Zuge von Rückstellungsverbrauchen“ veranlasste der Angeklagte im Januar 2005, dass das verbleibende Guthaben nicht auf ein Konto der T. , sondern auf ein durch ihn zuvor eingerichtetes Treuhandkonto bei der C.

S.

„ 04 – D. K. GmbH Anderkonto Z. -AG (Deutschland )“ (im Folgenden: Konto …04) übertragen wurde. Die Rückstellungen wur-
den „ergebnisneutral aufgelöst, indem die freiwerdenden Gelder […] auf das Konto …04 […] transferiertwurden. Auf diese Weise wurde das Ergebnis der T. geglättet und waren die Rückstellungen in ihrer Buchhaltung nicht mehr vorhan- den“.Diese Handhabung, die auf einer Idee des Angeklagten beruhte, war mit der Geschäftsführung der T. nicht abgesprochen, da sich die Verantwortlichen der T. aus Sicht des Angeklagten dafür nicht interessierten. Das Konto …04 hatte der Angeklagte ursprünglich für die Abwicklung im Zusammenhang von Einladungen u.a. von Sponsoren anlässlich der Olympischen Spielevon Athen mit Wissen des zuständigen Mitglieds des Finanzvorstands der Z. eingerichtet. Über die weitere Verwendung dieses Anderkontos hatte dieser allerdings keine Kenntnis. Er überwachte die Führung solcher Anderkonten auch nicht.
4
Allein aus den Überträgen von dem Konto …02 ergab sich auf dem Kon- to …04ein Guthaben in Höhe von insgesamt 692.300 €. Bereits in dem aus Sicht der Strafkammer verjährten Zeitraum im Jahr 2005 tätigte der Angeklagte Barabhebungen in Höhe von insgesamt 400.000 € von dem Konto …04. Von April bis September 2009 hob er weitere Barbeträge in Höhe von zweimal 1.000 €, einmal 5.000 € und einmal 7.500 € (Fälle II.1 bis II.4 der Urteilsgründe) von dem Konto ab, um nach eigenem Gutdünken „hier und da etwas Gutes“ zu tun. Belege für etwaige Aufwendungen verwahrte er nicht. Die Bewegungen des Kontos …04 wurden von einer Mitarbeiterin der D. K. in einer ExcelTabelle erfasst; im Falle ihrer Abwesenheit wurde sie teilweise durch den Prokuristen der D. K. bei dieser Tätigkeit vertreten.
5
Im Oktober 2009 ließ der Angeklagte das auf dem Konto …04 noch befindliche Guthaben „in Höhe von 497.656,32 €“ auf das kurz zuvor auf seinen Namen eingerichtete Treuhandkonto der D. K. bei derC. S. „ 83 – L. -AG“ (im Folgenden: Konto …83) überweisen, wobei sich ander Handhabung und der Verfügungs- berechtigung gegenüber dem Konto …04 nichts ändernsollte. Ausweislich eines Formulars zur „Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten – Anlage zur Er- öffnung von zusätzlichen Unterkonten“ sollte die Z. wirtschaftlich Berechtigte des neuen Treuhandkontos sein. Anlass für die Einrichtung dieses Treuhandkontos waren geänderte Richtlinien der C. AG zur Führung von Anderkonten , die nicht auf eine juristische Person, sondern einen Berufsträger lauten sollten. Die Kontobewegungen wurden wiederum in einer Excel-Tabelle durch dieselbe Mitarbeiterin der D. K. erfasst.
6
Von diesem Konto bewirkte der Angeklagte Ende 2009 drei Barabhebungen in Höhe von zweimal 1.000 € und einmalig 7.500 € (Fälle II.5, II.6 und II.8 der Urteilsgründe). Das Bargeld deponierte er in einem privaten, auf seinen Namen laufenden Schließfach, von dem neben ihm nur seine älteste Tochter wusste, die auch Zugang dazu hatte. Das Geld war „als Verwendungsmasse für eventuelle besonderen Fälle“ gedacht, diejedoch niemals eintraten. Weiterhin veranlasste der Angeklagte im November 2009 die Abbuchung von 425.727,50 € (Fall II.7 der Urteilsgründe), um 17,5 kg Gold zu erwerben, das er in einer Schachtel ebenfalls in dem vorgenannten Schließfach verwahrte, an der ein Zettel mit der Aufschrift angebracht war „Melden bei D. K. , falls mir etwas passiert“ und in der sich ein weiterer Zettel befand mit dem Hinweis: „Dieses Gold gehört der Z. “.
7
Im Hinblick auf sein Anfang 2011 anstehendes Ausscheiden aus dem Konzern wollte der Angeklagte das Konto …83 auflösen. Aus diesem Grund hob er von diesem im Januar 2011 zweimal 5.000 € und je einmalig 7.500 € sowie 10.000 € (Fälle II.9 bis II.12 der Urteilsgründe) ab und legte die betreffenden Bargeldbeträge wiederum in sein privates Schließfach, um sie später einer nicht konkret feststehenden Vertrauensperson des Z. -Konzerns zurückzugeben. Ein neuer, womöglich „von außen“ kommender Geschäftsführer der D. K. sollte nach seiner Vorstellung nicht gleich über verschiedene „Dinge“ des Z. -Kon- zerns Bescheid wissen und keine Kenntnis von dem Konto …83 erhalten. Der Angeklagte suchte das Gespräch mit seinem Fachvorgesetzten in der Schweiz, um diesen über die Existenz des Kontos zu informieren. Ein solches Gespräch kam indes nicht zustande.
8
Ende Februar 2011 schied der Angeklagte aus der Z. aus und legte die Geschäftsführung der D. K. nieder. Auf seinen Wunsch kam es im April 2011 zu einem Treffen zwischen ihm, dem amtierenden Finanzvorstand der Z. sowie einem weiteren Vertreter der Z. -Gruppe, um „die Sache zu be- reinigen“. Zwei Tage später übergab der Angeklagte die erworbenen 17,5 kg Gold, dessen Wert auf 600.632,20 € gestiegen war, und 71.928 € in bar – inklusive Kontoführungsgebühren in Höhe von 316,57 € aus eigenen Mitteln – in den Büroräumen der Z. -Gruppe Deutschland in F. .
9
Bereits im Dezember 2007 und Dezember 2009 hatte der Angeklagte als Geschäftsführer der D. K. den Ausgleich zweier an die D. K. gerichteter Rechnungen einer T. , A. - und mbH (im Folgenden: TA. ), deren Mitgesellschafter er war, über 17.250 € (Fall II.13 der Urteilsgründe) und 15.863,40 € (Fall II.14 der Urteilsgründe) veranlasst , obwohl diese, wie er wusste, nicht leistungsunterlegt waren. Er handelte in dem Ansinnen, auf diese Weise sein Privatvermögen zu vermehren.
10
Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als jeweils selbstständige Untreuetaten gemäß § 266 Abs. 1 1. Alt. StGB gewürdigt. In den Fällen II.1 bis II.4 der Urteilsgründe habe er unter Verletzung der ihm als Geschäftsführer der D. K. obliegenden Pflicht, deren Vermögensinteressen sowie die ihrer Mandanten – der T. und weiterer Gesellschaften der Z. -Gruppe – zu wahren, durch die Barabhebungen von dem Konto …04 unmittelbar die T. , „welcherdas Guthaben infolge der Rückstellungsauflösungen primär zustand“ und „mittelbar“ auch die Z. als Begünstigte des Gewinnabführungsvertrages mit der T. geschädigt. Indem der Angeklagte in den Fällen II.5 bis II.12 von dem Konto …83 Bargeld abgehoben bzw. Gold erworben und dieses in seinem privaten Schließfach deponiert habe, habe er auch dort pflichtwidrig „der T. bzw. Z. “ einen Vermögensschaden zugefügt, da die Vermögenswerte „zum Zeitpunkt der Kontoabhebungen, spätestens mit Beginn ihrer Verwahrung in dem privaten Schließfach des Angeklagten dem Gesamtvermögen der Z. - Gruppe für nicht absehbare Zeit und damit bereits endgültig entzogen“ gewesen seien.

II.

11
Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung führt aufgrund der Sachrüge zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II.1 bis II.12 der Urteilsgründe , der Einzelstrafen in den Fällen II.13 und II.14 der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe.
12
1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II.13 und II.14. Hingegen bieten sie in den Fällen II.1 bis II.12 keine ausreichende Grundlage für die revi- sionsrechtliche Prüfung des Schuldspruchs. Sie belegen nicht, dass sich der Angeklagte in zwölf tatmehrheitlichen Fällen der Untreue strafbar gemacht hat.
13
a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Strafbarkeit wegen Untreue – in der Variante des Missbrauchs- oder Treubruchstatbestands – gegeben sein kann, wenn der Angestellte einer juristischen Person, insbesondere auch einer Kapitalgesellschaft, dieser ohne wirksame Einwilligung Vermögenswerte entzieht, um sie nach Maßgabe eigener Zwecksetzung, wenn auch möglicherweise im Interesse des Treugebers, zu verwenden (Senat, Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07 („Siemens“), BGHSt 52, 323, 333 Rn. 36; BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 – 3 StR 490/16, juris Rn. 40, NStZ 2018, 105, 107 f.; vgl. auch Senat, Urteil vom 21. Oktober 1994 – 2 StR 328/94, BGHSt 40, 287, 296; BGH, Beschluss vom 27. August 2014 – 5 StR 181/14, NZWiSt 2015, 36). Zum Kernbereich einer Vermögensbetreuungspflicht eines Angestellten mit eigenständiger Dispositionsmacht über fremdes Vermögen gehört es auch, seiner Arbeitgeberin verborgene Geldmittel auf verdeckten, nicht unter ihrem Namen geführten, Konten zu offenbaren (vgl. Senat, Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 333 f. Rn. 37; insoweit zustimmend Bosch, JA 2009, 233, 234; Brammsen/Apel, WM 2010, 781, 783). Das Schwergewicht der Pflichtwidrigkeit liegt in diesem Fall regelmäßig nicht auf einzelnen Verwaltungs- und Verschleierungshandlungen des Treunehmers, sondern in dem Unterlassen der Offenbarung durch ordnungsgemäße Verbuchung der Geldmittel (Senat, Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 334 Rn. 38; vgl. auch Senat, Urteile vom 18. Oktober 2006 – 2 StR 499/05 („Kanther“), BGHSt 51, 100, 112 Rn. 41; vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 276 ff. Rn. 30 f.; MüKo-StGB/Dierlamm, 3. Aufl., § 266 Rn. 139; Brand, NJW 2010, 3463; kritisch Bernsmann, GA 2009, 296, 304; Satzger, NStZ 2009, 297, 300 f.; Saliger, NStZ 2007, 545, 546 f.; differenzierend Rönnau, StV 2009, 246, 247).
14
Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann bereits durch das Einrichten und Führen einer solchen sog. schwarzen oder verdeckten Kasse eintreten, ohne dass es auf die Grundsätze einer schadensgleichen Vermögensgefährdung ankommt (Senat, Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff. Rn. 42 ff.; vgl. ferner Senat, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff. Rn. 40 ff.; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2018 – 1 StR 234/17, GmbHR 2019, 401, 404 f. Rn. 49 ff.; insoweit zustimmend Ransiek, NJW 2009, 95; kritisch BeckOK-StGB/Wittig, 45. Ed., § 266 Rn. 57.1; LK-StGB/Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 180; Graf/Jäger/Wittig/Waßmer, StGB, 2. Aufl., § 266 Rn. 200a f.; NK-StGB/Kindhäuser, 5. Aufl., § 266 Rn. 121b; MüKo-StGB/Dierlamm, aaO, Rn. 248; Rönnau, aaO, 248 f.; Satzger, aaO, 302 ff. je mwN). Maßgeblich ist, ob die Treugeberin nach der konkreten Ausgestaltung der verdeckten Kasse auf diese nicht mehr zugreifen kann und die ausgegliederten Vermögenswerte damit nicht nur in ihrem wirtschaftlichen Wert gemindert, sondern der Treugeberin dauerhaft entzogen sind (vgl. BGH, Urteile vom 23. Oktober 2018 – 1 StR 234/17, GmbHR 2019, 401, 405 Rn. 59 f.; vom 27. August 2014 – 5 StR 181/14, NZWiSt 2015, 36; ferner Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2017 – 2 StR 308/16, juris Rn. 21; Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 284 Rn. 44; BGH, Urteil vom 6. September 2016 – 1 StR 104/15, juris Rn. 36). Dies kommt nicht nur in Betracht, wenn die Kasse ohne Kenntnis des Vorstands bzw. der Geschäftsführung und unter Verstoß gegen Unternehmensrichtlinien eingerichtet und geführt wird, sondern auch bei bewusstem Ausschluss der Kontrolle und Aufsicht durch dieGesellschaftsorgane (vgl. Senat, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff. Rn. 41 ff.). Die dauerhafte Entziehung der Verfügungsmöglichkeit der Treugeberin über die Vermögenswerte stellt einen endgültigen Vermögensverlust dar, der zur Vollendung des Tatbestands der Untreue und zu einem Vermögens- nachteil in Höhe der in der verdeckten Kasse vorenthaltenen Mittel führt; die Verwendung der entzogenen Mittel ist danach nur eine Schadensvertiefung und ihre Rückführung allenfalls Schadenswiedergutmachung (Senat, Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 338 Rn. 46; vgl. ferner Senat, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 284 Rn. 45; BGH, Beschlüsse vom 27. August 2014 – 5 StR 181/14, NZWiSt 2015, 36; vom 30. September 2010 – 5 StR 259/10, NStZ 2011, 160, 161; vom 14. Dezember 1999 – 5 StR 520/99, juris Rn. 11).
15
b) Hieran gemessen belegen die Urteilsfeststellungen nicht, dass sich der Angeklagte in den Fällen II.1 bis II.12 der Urteilsgründe wegen Untreue in zwölf tatmehrheitlichen Fällen strafbar gemacht hat.
16
Die Strafkammer hat sich durch die Annahme einer lediglich „mittelbaren“ Schädigung der Z. den Blick darauf verstellt, dass es sich bei derT. und der Z. um selbständige Rechtsgutsträger handelt und die Rechtsverhältnisse sowie die wirtschaftliche Berechtigung an den verschiedenen Anderkonten nur unzureichend festgestellt. Damit bleibt aber offen, ob die von der Strafkammer der Verurteilung zugrunde gelegten Geldentnahmen als jeweils einzelne Tathandlung geeignet waren, einen Vermögensschaden zum Nachteil der T. bzw. der Z. als eigenständige Rechtssubjekte zu begründen.
17
aa) Eine Untreue zum Nachteil der T. wird durch die Feststellungen nicht getragen.
18
Zwar traf den Angeklagten als Geschäftsführer der mit der steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung der T. betrauten D. K. gegenüber derT. eine Vermögensbetreuungspflicht. Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass die von dem Angeklagten veranlassten zwölf – naheliegenderweise pflichtwidrigen − Geldentnahmen eine Minderung des Vermögens dieser Gesellschaft zur Folge hatten.
19
Die Strafkammer hat keine Feststellung dazu getroffen, dass die T. wirtschaftliche Berechtigte des Kontos …04 bzw. des Kontos …83 war. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um einen Schaden zum Nachteil der T. zu belegen. Hiergegen könnte sprechen, dass das Konto …04 mit „D. K. GmbH Anderkonto Z. -AG“ bezeichnet war. Auch das weitere Verhalten des Angeklagten deutet darauf hin, dass er dieses Anderkonto, das lediglich in einer Nebenbuchführung – in Gestalt einer Excel-Tabelle – der D. K. erfasst war, als verdeckte bzw. schwarze Kasse für die Z. führte. Denn auch das Konto …83auf das 2009 die noch vorhandene Valuta des Kontos …04 übertragen wurde, trug den Namen „ L. -AG (Deutschland )“, wobei die Z. ausweislich des vorerwähnten Abklärungsformulars wirtschaftliche Berechtigte des Kontos …83 sein sollte. Durch die Umbuchung vom Konto …04 auf das Konto …83 sollte sich keine Änderung an der Handhabung und der Verfügungsberechtigung ergeben. In die Schachtel, in der der Angeklagte das mit Mitteln des Kontos …83 erworbene Gold aufbewahrte, hatte er einen Zettel mit dem Hinweis eingelegt: „Dieses Gold gehört der Z. “.Letzt- lich sah sich auch der Angeklagte hinsichtlich der bei seinem Ausscheiden im Jahre 2011 noch vorhandenen Vermögenswerte gegenüber der Z. und nicht gegenüber der T. verantwortlich. Eine Schädigung der T. durch die einzelnen Geldentnahmen hat die Strafkammer damit nicht festgestellt.
20
Die Strafkammer hat auch nicht erkennbar in den Blick genommen, dass bereits dem Abfluss von 692.300 € von dem für die T. geführten Konto …02 auf das Konto …04 im Jahr 2005 möglicherweise ein rechtmäßiger Vermögens- transfer der T. in Richtung der Z. zu Grunde lag, was ebenfalls für eine wirtschaftliche Berechtigung der Z. am Konto …04 sprechen könnte. Die Urteilsgründe lassen offen, welche betriebswirtschaftlichen Vorgänge zu dieser Überweisung führten. Allein der Hinweis, dass liquide Mittel aus freigewordenen Rückstellungen ohne Wissen der Geschäftsführung der T. von dem Konto …02transferiert wurden, erklärt nicht, wie die Rückstellungen bei der T. „er- gebnisneutral aufgelöst“ und das Ergebnis der T. „geglättet“ wurden.Damit kann insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Angeklagten veranlasste Überweisung von dem Konto …02 auf das Konto …04 ihre betriebswirtschaftliche Rechtfertigung in einer Gewinnabführung aufgrund des festgestellten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen der T. und der Z. oder in der Erfüllung von Erstattungsansprüchen der Muttergesellschaft (Z. ) gegenüber der Tochtergesellschaft (T. ) hatte.
21
bb) Die Urteilsfeststellungen belegen auch keine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue in zwölf Fällen zum Nachteil der Z. .
22
(1) Zwar oblag dem Angeklagten als deren Steuersyndikus eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Z. . Die Urteilsgründe legen auch nahe, dass die Anderkonten …04 und …83 wirtschaftlich für die Z. geführt wurden; sicher festgestellt ist dies indes nicht. Vielmehr hat die Strafkammer die von beiden Konten veranlassten Vermögensabflüsse als unmittelbare Schädigung der T. und lediglich – im Hinblick auf den Gewinnabführungsvertrag – als mittelbare Schädigung der Z. gewertet.
23
(2) Selbst wenn die Z. wirtschaftliche Berechtigte der Anderkonten …04 und … 83wäre, hätte die Strafkammer einen möglicherweise maßgeblichen Anknüpfungspunkt für den Tatbestand der Untreue zum Nachteil der Z.
verkannt. Denn den Angeklagten traf in diesem Fall mit dem von ihm veranlassten Transfer der frei gewordenen Gelder vom Konto …02 auf das Konto …04 die Pflicht, die Z. über den von ihm veranlassten Geldeingang in Höhe von 692.300 € auf dem für sie geführten Anderkonto zu informieren, indem er dafür Sorge trug, dass die liquiden Mittel der Z. zugeführt und als Aktiva in ihre Buchführung eingestellt wurden, um so den Anforderungen an die Bilanzwahrheit zu genügen und den zuständigen Organen der Z. den Zugriff auf diese Barmittel zu eröffnen. Dabei liegt es nahe, dass es zum Kernbereich der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten als Steuersyndikus der Z. gehörte , seiner Arbeitgeberin bislang unbekannte, ihr zustehende Vermögenswerte zu offenbaren und für deren ordnungsgemäße Verbuchung zu sorgen. Das Schwergewicht der Pflichtverletzung des Angeklagten lag damit möglicherweise nicht erst auf den einzelnen Geldabflüssen, sondern schon auf dem Unterlassen der Offenbarung und der ordnungsgemäßen Zuführung sowie Verbuchung der Geldmittel im Vermögensbestand der Z. (vgl. Senat, Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 334 Rn. 38; ferner BGH, Beschluss vom 6. September 2016 – 1 StR 104/15, juris Rn. 36). Es erscheint auch keineswegs ausgeschlossen, dass durch die unterbliebene Offenbarung des Mit- telzuflusses auf das Konto …04 ein endgültiger Schaden in Höhe der verborge- nen Mittel eingetreten ist, so dass sich die nachfolgenden Geldabflüsse nicht mehr als eigenständige Untreuetaten zum Nachteil der Z. darstellen (vgl. Senat , Urteil vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 334 Rn. 46; BGH, Beschlüsse vom 27. August 2014 – 5 StR 181/14, NZWiSt 2015, 36; vom 30. September 2010 – 5 StR 259/10, NStZ 2011, 160, 161).
24
c) Zutreffend hat das Landgericht hingegen die Taten II.13 und II.14 als zwei – weitere – tatmehrheitliche Fälle der Untreue des Angeklagten bewertet.
25
Indem der Angeklagte als Geschäftsführer der D. K. im Dezember 2007 und im Dezember 2009 wissentlich den Ausgleich von – nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen – zwei nicht leistungsunterlegten Rechnungen der TA. zu Lasten der D. K. veranlasste, hat er letzterer pflichtwidrig einen Vermögensnachteil in Höhe des jeweiligen Rechnungsbetrags im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zugefügt. Bereits im Hinblick auf die zeitlich weit auseinanderliegenden Verhaltensweisen und Schadenseintritte geschah dies auch durch zwei rechtlich selbstständige Handlungen gemäß § 53 Abs. 1 StGB.
26
2. Die Aussprüche zu den Einzelstrafen in den Fällen II.13 und II.14 der Urteilsgründe haben keinen Bestand. Die Strafkammer hat die Möglichkeit einer Strafrahmenverschiebung nach § 46a StGB unerörtert gelassen, obwohl dies nach den getroffenen Feststellungen angesichts der naheliegenden Möglichkeit einer Schadenswiedergutmachung im Sinne von § 46a Nr. 2 StGB veranlasst war (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 20. Januar 2010 – 1 StR 634/09, NStZ-RR 2010, 147). Denn nach der Wertung der Strafkammer hat der Ange- klagte den „verursachten Schaden […] von insgesamt 510.340,90 €“, errechnet aus der Summe der durch die vierzehn abgeurteilten Taten erfolgten Geldabflüsse , „nicht nur früh und vollends wiedergutgemacht, sondern ihn sogar über Gebühr – mit einem Mehrwert von 162.219,30 € – aus[ge]glich[en]“. Bei dieser Sachlage stellt es einen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass das Landgericht die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs – auch bezogen auf die D. K. − gemäß § 46a Nr. 2 StGB nicht erkennbar in den Blick genommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 – 4 StR 419/16, NStZ-RR 2017, 107 mwN zu § 46a Nr. 1 StGB). Der Erörterungsmangel bedingt die Aufhebung der verbliebenen Einzelstrafen; der Entfall sämtlicher Einzelstrafen entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage.
27
3. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der – für sich rechtsfehlerfreien – Kompensation der bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrens - verzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 138 Rn. 8; Beschlüsse vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, juris Rn. 13; vom 16. März 2016 – 1 StR 402/15, juris Rn. 21).
Franke Eschelbach Grube Schmidt Wenske

Vorinstanz:
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5 StR 259/10 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 30. September 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Untreue Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. September 2010 beschlossen: Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil de

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2018 - 1 StR 234/17

bei uns veröffentlicht am 23.10.2018

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2017 - 2 StR 308/16

bei uns veröffentlicht am 12.12.2017

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juli 2017 - 3 StR 490/16

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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2016 - 4 StR 419/16

bei uns veröffentlicht am 07.12.2016

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Sept. 2016 - 1 StR 104/15

bei uns veröffentlicht am 06.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 104/15 vom 6. September 2016 in der Strafsache gegen wegen Untreue ECLI:DE:BGH:2016:060916U1STR104.15.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 26. Juli

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Aug. 2014 - 5 StR 181/14

bei uns veröffentlicht am 27.08.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 181/14 vom 27. August 2014 in der Strafsache gegen wegen Untreue u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2014 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgeri

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

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Zwar kommt Untreue auch dann in Betracht, wenn der Täter dem Vermögensinhaber Vermögenwerte dauerhaft vorenthält, um über sie nach Gutdünken eigenmächtig und unkontrolliert, wenngleich unter Umständen in dessen (mutmaßlichem) Interesse zu verfügen. Dies betrifft namentlich die Fallgruppe der "Bildung schwarzer Kassen" (s. hierzu BGH, Urteile vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 113 f.; vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff.; vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff.; Beschluss vom 27. August2014 - 5 StR 181/14, NStZ 2014, 646; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 246). Damit ist die hier zu beurteilende Fallkonstellation jedoch nicht vergleichbar. Ein "Schwarzbestand" an Gegenständen, der den zuständigen Gremien nicht bekannt ist, stellt für sich jedenfalls dann keine relevante Vermögensminderung dar, wenn sich die Gremien die Kenntnis, etwa durch eine Inventur, verschaffen können. Bei der Handwerkskammer fehlte indes ein "System der Inventarisierung" (UA S. 50, 56), so dass das Wissen um den tatsächlichen Bestand des Anlage- und des Umlaufvermögens ohnehin allenfalls unzulänglich war. Dass S. der Handwerkskammer die verschleiert ("inoffiziell") bestellten Gegenstände leichter als andere hätte entziehen können, begründet ebenfalls keinen Vermögensschaden , weil hierfür eine weitere eigenständige Vermögensstraftat erforderlich gewesen wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 181/14
vom
27. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2014 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Neuruppin vom 25. September 2013 nach § 349
Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte im Tatkomplex
II.A (Tauchreisen) wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit
im geschäftlichen Verkehr in drei Fällen verurteilt
worden ist;

b) im Gesamtstrafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (Tatkomplex II.A), wegen Untreue in zehn Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine hiergegen mit einer Verfahrensbe- anstandung und der Sachrüge geführte Revision erzielt – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Entgegen den Ausführungen der Revision ist das angefochtene Urteil nunmehr wirksam zugestellt worden, so dass die Revisionsbegründungsfrist in Lauf gesetzt wurde (§ 345 Abs. 1 StPO). Die noch vorhandenen Abweichungen der zugestellten Urteilsausfertigung von dem Urteilsoriginal betreffen lediglich „kleine Fehler“, die den Sinngehalt der fraglichen Urteilspassagen nicht berüh- ren und die deshalb der Wirksamkeit der Urteilszustellung nicht entgegenstehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. März 2004 – 2 StR 44/04, StraFo 2004, 238, und vom 30. März 1994 – 3 StR 33/94, Urteil vom 27. Oktober 1977 – 4 StR 326/77, NJW 1978, 60).Soweit der Beschwerdeführer aus dem Anbringen der handschriftlichen Korrekturen auf dem Urteilsoriginal ableiten will, dass das Urteil nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht worden sei (§ 275 Abs. 1, § 338 Nr. 7 StPO), ist ein Verfahrensverstoß nicht belegt.
3
2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, soweit der Angeklagte im Tatkomplex II.A wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verurteilt wurde.
4
a) Nach den Urteilsfeststellungen entschied der Angeklagte als Abteilungsleiter der Gleisbauabteilung der Firma K. (nachfolgend: Fa. K. ) eigenständig darüber, von welchem Lieferanten und zu welchen Konditionen die Fa. K. die Materialien zur Ausführung von Gleisbauaufträgen der Deutschen Bundesbahn bezog. Einer dieser Lieferanten war die V. (nachfolgend: V. ), deren Niederlassungsleiter in Berlin dem Angeklagten im Jahr 2000 das Angebot unterbreitete, für ihn eine sogenannte schwarze Kasse zu bilden. Dies lehnte der Angeklagte zunächst ab; in der Folgezeit entwickelte sich je- doch eine Praxis, dass auf „Zuruf“ des Angeklagten die V. die Ausgangs- rechnungen „erhöhte“, ohne die entsprechenden Leistungen erbracht zu haben (UA S. 4). Die überschießenden Beträge wurden auf einem Konto der V. „geparkt“; der Angeklagte konnte Gelder zur freien Verwendung nach Einrei- chung von Scheinrechnungen durch Mitarbeiter der V. abrufen (UA S. 4, 16). Im Gegenzug bestellte der Angeklagte in Fällen, bei denen Bahnschienen kurzfristig zu liefern waren, zu den üblichen Preisen mit Aufschlägen ausschließlich bei der V. , deren Mitarbeitern er gegebenenfalls mitteilte – falls er Vergleichsangebote anderer Firmen eingeholt hatte –, dass günstigere Anbieter vorhanden seien, so dass die V. ihre Preisgestaltung diesem Umstand anpassen konnte.
5
Die vom Angeklagten getätigten Mittelabrufe vom Konto der V. dienten zunächst dazu, geschäftliche Angelegenheiten der Fa. K. zu finanzieren. Im Zeitraum 2006 bis 2008 veranlasste der Angeklagte die Abbuchung von drei Beträgen in Höhe von 12.180 Euro, 18.000 Euro und 25.287,50 Euro zur Begleichung der Kosten seiner privat veranstalteten Tauchreisen.
6
b) Der rechtliche Ansatz des Landgerichts, die Untreuehandlungen des Angeklagten in den Mittelabrufen zur Tilgung privater Verbindlichkeiten als verwirklicht anzusehen, ist unzutreffend. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) sind vorliegend vielmehr bereits die vom Angeklagten zum Nachteil der Fa. K. durch „Zuruf“ bewirkten Rechnungsstellungen seitens der V. , die jeweils wegen tatsächlich nicht erbrachter Leistungen überschießende Geldabflüsse zur Folge hatten, mit denen die schwarze Kasse gespeist wurden. Mit den Geldabflüssen sind die jeweiligen Beträge der Fa. K. endgültig entzogen worden (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff., und vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff.), so dass ein späteres Abrufen etwaiger Geldbeträge vom verdeckten Konto zur Verwirklichung des Untreuetatbestandes rechtlich irrelevant ist.
7
c) Weil das Landgericht zu den überhöhten Rechnungen der V. und den dadurch zum Nachteil der Fa. K. bewirkten Geldabflüssen keine Feststellungen getroffen hat, unterliegt das Urteil hinsichtlich dieses Tatkomplexes insgesamt der Aufhebung. Das gilt auch für die jeweils tateinheitlich zur Untreue abgeurteilte, an sich rechtsfehlerfrei festgestellte Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB). Diese liegt freilich bereits in den im Zusammenhang mit der Bildung und dem Einspeisen der schwarzen Kassen getroffenen Unrechtsvereinbarungen und nicht etwa erst in den Abbuchungen für private Zwecke.
8
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Tatkomplex II.A zieht die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Gegebenenfalls bietet sich mit Blick auf die nunmehr rechtskräftig verhängten Einsatz- und Einzelstrafen eine Verfahrensweise nach § 154 Abs. 2 StPO an, die jedenfalls keinen erheblichen Einfluss auf die neu zu bildende Gesamtstrafe haben dürfte.
Basdorf Sander Schneider
Dölp Bellay

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

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(2) Bezogen auf die Zahlungen zu Bestechungszwecken sind Vermögensnachteile gemäß § 266 Abs. 1 StGB entstanden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 181/14
vom
27. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2014 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Neuruppin vom 25. September 2013 nach § 349
Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte im Tatkomplex
II.A (Tauchreisen) wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit
im geschäftlichen Verkehr in drei Fällen verurteilt
worden ist;

b) im Gesamtstrafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (Tatkomplex II.A), wegen Untreue in zehn Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine hiergegen mit einer Verfahrensbe- anstandung und der Sachrüge geführte Revision erzielt – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Entgegen den Ausführungen der Revision ist das angefochtene Urteil nunmehr wirksam zugestellt worden, so dass die Revisionsbegründungsfrist in Lauf gesetzt wurde (§ 345 Abs. 1 StPO). Die noch vorhandenen Abweichungen der zugestellten Urteilsausfertigung von dem Urteilsoriginal betreffen lediglich „kleine Fehler“, die den Sinngehalt der fraglichen Urteilspassagen nicht berüh- ren und die deshalb der Wirksamkeit der Urteilszustellung nicht entgegenstehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. März 2004 – 2 StR 44/04, StraFo 2004, 238, und vom 30. März 1994 – 3 StR 33/94, Urteil vom 27. Oktober 1977 – 4 StR 326/77, NJW 1978, 60).Soweit der Beschwerdeführer aus dem Anbringen der handschriftlichen Korrekturen auf dem Urteilsoriginal ableiten will, dass das Urteil nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht worden sei (§ 275 Abs. 1, § 338 Nr. 7 StPO), ist ein Verfahrensverstoß nicht belegt.
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2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, soweit der Angeklagte im Tatkomplex II.A wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verurteilt wurde.
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a) Nach den Urteilsfeststellungen entschied der Angeklagte als Abteilungsleiter der Gleisbauabteilung der Firma K. (nachfolgend: Fa. K. ) eigenständig darüber, von welchem Lieferanten und zu welchen Konditionen die Fa. K. die Materialien zur Ausführung von Gleisbauaufträgen der Deutschen Bundesbahn bezog. Einer dieser Lieferanten war die V. (nachfolgend: V. ), deren Niederlassungsleiter in Berlin dem Angeklagten im Jahr 2000 das Angebot unterbreitete, für ihn eine sogenannte schwarze Kasse zu bilden. Dies lehnte der Angeklagte zunächst ab; in der Folgezeit entwickelte sich je- doch eine Praxis, dass auf „Zuruf“ des Angeklagten die V. die Ausgangs- rechnungen „erhöhte“, ohne die entsprechenden Leistungen erbracht zu haben (UA S. 4). Die überschießenden Beträge wurden auf einem Konto der V. „geparkt“; der Angeklagte konnte Gelder zur freien Verwendung nach Einrei- chung von Scheinrechnungen durch Mitarbeiter der V. abrufen (UA S. 4, 16). Im Gegenzug bestellte der Angeklagte in Fällen, bei denen Bahnschienen kurzfristig zu liefern waren, zu den üblichen Preisen mit Aufschlägen ausschließlich bei der V. , deren Mitarbeitern er gegebenenfalls mitteilte – falls er Vergleichsangebote anderer Firmen eingeholt hatte –, dass günstigere Anbieter vorhanden seien, so dass die V. ihre Preisgestaltung diesem Umstand anpassen konnte.
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Die vom Angeklagten getätigten Mittelabrufe vom Konto der V. dienten zunächst dazu, geschäftliche Angelegenheiten der Fa. K. zu finanzieren. Im Zeitraum 2006 bis 2008 veranlasste der Angeklagte die Abbuchung von drei Beträgen in Höhe von 12.180 Euro, 18.000 Euro und 25.287,50 Euro zur Begleichung der Kosten seiner privat veranstalteten Tauchreisen.
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b) Der rechtliche Ansatz des Landgerichts, die Untreuehandlungen des Angeklagten in den Mittelabrufen zur Tilgung privater Verbindlichkeiten als verwirklicht anzusehen, ist unzutreffend. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) sind vorliegend vielmehr bereits die vom Angeklagten zum Nachteil der Fa. K. durch „Zuruf“ bewirkten Rechnungsstellungen seitens der V. , die jeweils wegen tatsächlich nicht erbrachter Leistungen überschießende Geldabflüsse zur Folge hatten, mit denen die schwarze Kasse gespeist wurden. Mit den Geldabflüssen sind die jeweiligen Beträge der Fa. K. endgültig entzogen worden (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff., und vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff.), so dass ein späteres Abrufen etwaiger Geldbeträge vom verdeckten Konto zur Verwirklichung des Untreuetatbestandes rechtlich irrelevant ist.
7
c) Weil das Landgericht zu den überhöhten Rechnungen der V. und den dadurch zum Nachteil der Fa. K. bewirkten Geldabflüssen keine Feststellungen getroffen hat, unterliegt das Urteil hinsichtlich dieses Tatkomplexes insgesamt der Aufhebung. Das gilt auch für die jeweils tateinheitlich zur Untreue abgeurteilte, an sich rechtsfehlerfrei festgestellte Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB). Diese liegt freilich bereits in den im Zusammenhang mit der Bildung und dem Einspeisen der schwarzen Kassen getroffenen Unrechtsvereinbarungen und nicht etwa erst in den Abbuchungen für private Zwecke.
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3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Tatkomplex II.A zieht die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Gegebenenfalls bietet sich mit Blick auf die nunmehr rechtskräftig verhängten Einsatz- und Einzelstrafen eine Verfahrensweise nach § 154 Abs. 2 StPO an, die jedenfalls keinen erheblichen Einfluss auf die neu zu bildende Gesamtstrafe haben dürfte.
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Vorliegend ist als Zeitpunkt des endgültigen Vermögensverlusts der Eingang der für die angeblich erbrachten Beratungsleistungen gezahlten Vergütung bei der V. anzusehen, da die Kontrolle der Gelder von da an ausschließlich den gesondert verfolgten Fu. und K. oblag und keine Unternehmenseinheit der M. den Verbleib und die Verwendung der Gelder mehr überwachen konnte (UA S. 14). Im Hinblick darauf, dass die Verjährung erst durch die Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens mittels Schreibens der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 9. Februar 2011 gemäß § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB unterbrochen wurde, sind die vor dem 9. Februar 2006 beendeten Taten II.13, 15, 16 und 19 der Urteilsgründe verjährt und daher nicht mehr verfolgbar.
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4. Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue durch Unterlassen kann hier auch nicht von vorneherein aus Rechtsgründen ausgeschlossen werden. Denn die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten gegenüber der Siemens AG ergibt sich spätestens seit 1. Oktober 2000 aus seiner Stellung als Mitglied des Zentralvorstands. Zwar stellt nicht jedes Unterhalten einer schwarzen Kasse bzw. deren mangelnde Auflösung eine Untreue im Sinne des § 266 StGB dar, sondern nur, wenn es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einem Vermögensnachteil der Treugeberin kommt (vgl. BGH, Urteile vom 18. Oktober 2006 – 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100 und vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323). Zur Klärung, ob im vorliegenden Fall ein Ver- mögensnachteil der Siemens AG eingetreten ist, wird die neue Wirtschaftsstrafkammer in den Blick zu nehmen haben, ob die Siemens AG direkten Zugriff auf die Gelder der schwarzen Kasse hatte. Andernfalls wird der neue Tatrichter – gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen oder im Wege der Schätzung – bestimmen müssen, inwieweit eine Wertminderung der Anteile an den Tochtergesellschaften durch die mangelnde Rückführung der schwarzen Kasse eingetreten ist.

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BESCHLUSS
5 StR 181/14
vom
27. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2014 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Neuruppin vom 25. September 2013 nach § 349
Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte im Tatkomplex
II.A (Tauchreisen) wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit
im geschäftlichen Verkehr in drei Fällen verurteilt
worden ist;

b) im Gesamtstrafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (Tatkomplex II.A), wegen Untreue in zehn Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine hiergegen mit einer Verfahrensbe- anstandung und der Sachrüge geführte Revision erzielt – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Entgegen den Ausführungen der Revision ist das angefochtene Urteil nunmehr wirksam zugestellt worden, so dass die Revisionsbegründungsfrist in Lauf gesetzt wurde (§ 345 Abs. 1 StPO). Die noch vorhandenen Abweichungen der zugestellten Urteilsausfertigung von dem Urteilsoriginal betreffen lediglich „kleine Fehler“, die den Sinngehalt der fraglichen Urteilspassagen nicht berüh- ren und die deshalb der Wirksamkeit der Urteilszustellung nicht entgegenstehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. März 2004 – 2 StR 44/04, StraFo 2004, 238, und vom 30. März 1994 – 3 StR 33/94, Urteil vom 27. Oktober 1977 – 4 StR 326/77, NJW 1978, 60).Soweit der Beschwerdeführer aus dem Anbringen der handschriftlichen Korrekturen auf dem Urteilsoriginal ableiten will, dass das Urteil nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht worden sei (§ 275 Abs. 1, § 338 Nr. 7 StPO), ist ein Verfahrensverstoß nicht belegt.
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2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, soweit der Angeklagte im Tatkomplex II.A wegen Untreue in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verurteilt wurde.
4
a) Nach den Urteilsfeststellungen entschied der Angeklagte als Abteilungsleiter der Gleisbauabteilung der Firma K. (nachfolgend: Fa. K. ) eigenständig darüber, von welchem Lieferanten und zu welchen Konditionen die Fa. K. die Materialien zur Ausführung von Gleisbauaufträgen der Deutschen Bundesbahn bezog. Einer dieser Lieferanten war die V. (nachfolgend: V. ), deren Niederlassungsleiter in Berlin dem Angeklagten im Jahr 2000 das Angebot unterbreitete, für ihn eine sogenannte schwarze Kasse zu bilden. Dies lehnte der Angeklagte zunächst ab; in der Folgezeit entwickelte sich je- doch eine Praxis, dass auf „Zuruf“ des Angeklagten die V. die Ausgangs- rechnungen „erhöhte“, ohne die entsprechenden Leistungen erbracht zu haben (UA S. 4). Die überschießenden Beträge wurden auf einem Konto der V. „geparkt“; der Angeklagte konnte Gelder zur freien Verwendung nach Einrei- chung von Scheinrechnungen durch Mitarbeiter der V. abrufen (UA S. 4, 16). Im Gegenzug bestellte der Angeklagte in Fällen, bei denen Bahnschienen kurzfristig zu liefern waren, zu den üblichen Preisen mit Aufschlägen ausschließlich bei der V. , deren Mitarbeitern er gegebenenfalls mitteilte – falls er Vergleichsangebote anderer Firmen eingeholt hatte –, dass günstigere Anbieter vorhanden seien, so dass die V. ihre Preisgestaltung diesem Umstand anpassen konnte.
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Die vom Angeklagten getätigten Mittelabrufe vom Konto der V. dienten zunächst dazu, geschäftliche Angelegenheiten der Fa. K. zu finanzieren. Im Zeitraum 2006 bis 2008 veranlasste der Angeklagte die Abbuchung von drei Beträgen in Höhe von 12.180 Euro, 18.000 Euro und 25.287,50 Euro zur Begleichung der Kosten seiner privat veranstalteten Tauchreisen.
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b) Der rechtliche Ansatz des Landgerichts, die Untreuehandlungen des Angeklagten in den Mittelabrufen zur Tilgung privater Verbindlichkeiten als verwirklicht anzusehen, ist unzutreffend. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) sind vorliegend vielmehr bereits die vom Angeklagten zum Nachteil der Fa. K. durch „Zuruf“ bewirkten Rechnungsstellungen seitens der V. , die jeweils wegen tatsächlich nicht erbrachter Leistungen überschießende Geldabflüsse zur Folge hatten, mit denen die schwarze Kasse gespeist wurden. Mit den Geldabflüssen sind die jeweiligen Beträge der Fa. K. endgültig entzogen worden (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff., und vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 282 ff.), so dass ein späteres Abrufen etwaiger Geldbeträge vom verdeckten Konto zur Verwirklichung des Untreuetatbestandes rechtlich irrelevant ist.
7
c) Weil das Landgericht zu den überhöhten Rechnungen der V. und den dadurch zum Nachteil der Fa. K. bewirkten Geldabflüssen keine Feststellungen getroffen hat, unterliegt das Urteil hinsichtlich dieses Tatkomplexes insgesamt der Aufhebung. Das gilt auch für die jeweils tateinheitlich zur Untreue abgeurteilte, an sich rechtsfehlerfrei festgestellte Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB). Diese liegt freilich bereits in den im Zusammenhang mit der Bildung und dem Einspeisen der schwarzen Kassen getroffenen Unrechtsvereinbarungen und nicht etwa erst in den Abbuchungen für private Zwecke.
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3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Tatkomplex II.A zieht die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Gegebenenfalls bietet sich mit Blick auf die nunmehr rechtskräftig verhängten Einsatz- und Einzelstrafen eine Verfahrensweise nach § 154 Abs. 2 StPO an, die jedenfalls keinen erheblichen Einfluss auf die neu zu bildende Gesamtstrafe haben dürfte.
Basdorf Sander Schneider
Dölp Bellay
5 StR 259/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 30. September 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. September 2010

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 5. Februar 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) dahingehend abgeändert, dass beide Angeklagte der Untreue (in einem Fall) schuldig sind;
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich beider Angeklagten aufgehoben.
Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die beiden Angeklagten jeweils wegen Untreue in zwei Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren (Z. ) und zwei Jahren und vier Monaten (W. ) verurteilt. Als Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es bei dem Angeklagten Z. fünf Monate und bei dem Angeklagten W. vier Monate auf die verhängten Gesamtfreiheitsstrafen angerechnet. Ihre hiergegen gerichteten Revisionen haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel zu entnehmenden Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Die Angeklagten waren Vorstände der W. „G. “ S. D. (im Folgenden: WGS). Die WGS musste einen Teil ihres Wohnungsbestandes verkaufen. Hierdurch kamen die Angeklagten in Kontakt mit F. , dem Käufer von Wohnungen, und – ebenfalls über F. – dem Schweizer Kaufmann H. . Diese beschäftigten sich mit sogenannten „Finanztradings“. Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts sollten dabei neu emittierte Unternehmensanlagen zum Nominalwert gekauft und anschließend sofort an Interessenten eines zweiten Markts verkauft werden. Die damit verbundenen Gewinnchancen betrugen nach der Vorstellung der Beteiligten bis zu 300 %. Erforderlich hierfür war allerdings eine Beteiligung an einem Kapitalstock. Der Anteil musste bei 10 bis 15 Mio. € liegen. Das Geld sollte als „Spiegelgeld“ auf einem Konto gelagert werden. Die beiden Angeklagten, die wussten, dass die Gelder in Finanztradinggeschäfte investiert werden sollten, schlossen als Organe der WGS einen Darlehensvertrag mit der B. AG. Hinter der B. AG stand H. . In dem Vertrag wurde eine – damals überdurchschnittliche – Verzinsung von über 4 % jährlich vorgesehen, um gegenüber den Gremien der WGS diese Form der Kapitalanlage rechtfertigen zu können. Der in dieser Sache bereits abgeurteilte Notar L. beurkundete den Vertrag. L. wurde zudem in einem daneben geschlossenen Treuhandvertrag als Treuhänder eingesetzt, wobei er angewiesen war, über die auf sein Anderkonto geleiteten Gelder nur zu verfügen, wenn die Rückzahlung gesichert war.
4
L. überwies die 14 Mio. € auf das von der C. I. geführte Bereitstellungskonto. Dort verlor das Kapital infolge von Währungsschwankungen an Wert. Um die Verluste auszugleichen, begannen L. , F. und H. ohne Wissen der Angeklagten mit hochriskanten Währungsspekulationsgeschäften , die jedoch nicht erfolgreich waren. Zum Rückzahlungstermin waren nurmehr gut 2 Mio. € vorhanden. L. und H. gelang es gleichwohl, die Angeklagten zu einer Verlängerung der Anlage bis Ende 2004 zu überreden.
5
Nach den Feststellungen des Landgerichts stellten die Angeklagten zwar keine konkreten Nachfragen, gingen jedoch davon aus, dass das Kapital aktuell jedenfalls ernsthaft gefährdet sei. Sie hofften aber, dass bis zum Rückzahlungstermin die Schwierigkeiten behoben sein könnten. In der Folgezeit wurden jedoch weitere Gelder verloren, so dass der Schaden sich insgesamt auf 13,29 Mio. € belief. Die Angeklagten erhielten von F. Schmiergelder, deren konkrete Höhe nicht mehr feststellbar war.
6
2. Das Landgericht hat diesen Sachverhalt als gemeinschaftliche Untreue in zwei Fällen gewürdigt. Bereits mit der Überweisung der 15 Mio. € sei eine Vermögensminderung eingetreten, weil der Rückzahlungsanspruch ungesichert gewesen sei. Dessen Wert lasse sich zwar nicht feststellen, weil es an marktmäßigen Erfahrungen für die Art des zu bewertenden Anspruches fehle. Dies sei jedoch für die Tatbestandserfüllung ebenso irrelevant wie die subjektive Hoffnung der Angeklagten, dass die Rückzahlung sich doch realisieren lasse. Eine weitere Untreue in der Missbrauchsvariante des § 266 Abs. 1 StGB hätten die Angeklagten begangen, als sie den verbliebenen Rest des Kapitals nicht zurückgefordert, sondern vielmehr die Kapitalüberlassung verlängert hätten. Diese Handlung habe auf einem neuen Tatentschluss beruht.

II.


7
Die Revisionen der Angeklagten sind teilweise begründet. Sie führen zu einer Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.
8
1. Die Angriffe des Angeklagten W. gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts sind allerdings erfolglos. Weder hat das Landgericht die gebotene Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte unterlassen noch liegt ein Erörterungsmangel vor. Das Landgericht hat sich mit der Frage, ob auch der Angeklagte W. in die Taten eingeweiht war, eingehend auseinandergesetzt. Es hat dies aus seinem vertrauensvollen Verhältnis zum Angeklagten Z. gefolgert, aus seiner Rolle als „Macher“ innerhalb des Vorstands wie auch aus seiner Teilnahme am Vertragsschluss selbst. Zudem hat es Äußerungen über ihn im Vorfeld der Vereinbarung und von ihm nach Abschluss der Vereinbarung ergänzend für seine Überzeugungsbildung herangezogen.
9
a) Entgegen der Auffassung der Revision musste die Strafkammer bei ihrer Beweiswürdigung nicht den Umstand näher bewerten, dass sich – wie sie auf einen entsprechenden Beweisantrag hin als wahr unterstellt hat – bei Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu seinem Vermögen keine Anhaltspunkte für Zuwendungen von F. oder H. ergeben hätten. Dieser Gesichtspunkt erschöpft sich in einem Fehlen weiterer belastender Indizien. Da die Aushändigung der Bestechungsgelder an den Angeklagten Z. – mit Ausnahme einer kleineren Überweisung an seine Lebensgefährtin – in bar erfolgte, ist das Fehlen solcher Spuren kaum aussagekräftig und bedurfte deshalb im Rahmen der Gesamtwürdigung keiner ausdrücklichen Erwähnung.
10
Es liegt auch kein Zirkelschluss in der Folgerung des Landgerichts, der Angeklagte W. hätte an dem Finanztrading nicht mitgewirkt, wenn er nicht auch Bestechungsgelder erhalten hätte. Vielmehr ist das Landgericht aufgrund von zwischen F. und H. ausgetauschten E-Mails ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass beide Angeklagte sogenanntes „Ostergeld“ in Höhe mindestens ihrer Jahresgehälter empfangen haben. Ersichtlich war die Argumentationskette deshalb, dass für den Erhalt von Bestechungsgeldern Indizien sprechen, die Bestechungsgelder wiederum die Pflichtwidrigkeit erklären können, die in der Überlassung der Gelder zum Zwecke des Finanztradings liegt.
11
b) Die Revision rügt weiter erfolglos, das Landgericht hätte die Möglichkeit erörtern müssen, dass der Angeklagte W. seinem Vorstandskollegen vertraut habe und letztlich von diesem hintergangen worden sei. Es hebt hierbei insbesondere auf eine in den Urteilsgründen geschilderte Episode ab, wonach der Angeklagte Z. den Notar L. vor dem Abschluss der Verlängerungsvereinbarung „angebrüllt“ und zur Ordnung gerufen haben soll, dies aber vorher angekündigt hatte. Gegenüber F. habe er erklärt, dass dieser „Wutanfall“ für W. inszeniert worden sei. Diesen möglichen Hintergrund sieht das Landgericht ersichtlich, zieht aber den nach dem Gesamtzusammenhang der Aussage des H. revisionsrechtlich letztlich nicht zu beanstandenden Schluss, Z. habe gegenüber dem nervös gewordenen Angeklagten W. so unter Beweis stellen wollen, dass er H. nunmehr im Griff habe.
12
2. Der Schuldspruch wegen Untreue hält im Grundsatz rechtlicher Überprüfung stand. Bei einem Kapitaltransfer in dieser Größenordnung zur Durchführung von Spekulations- und Risikogeschäften ohne jegliche wirksame Absicherung ist ohne jeden Zweifel ein Nachteil im Sinne § 266 Abs. 1 StGB eingetreten. Die subjektiven Voraussetzungen des Tatbestands liegen gleichermaßen vor.
13
Das Landgericht hat jedoch zu Unrecht bei beiden Angeklagten zwei selbständige Taten der Untreue ausgeurteilt. Der Senat korrigiert deshalb den Schuldspruch entsprechend.
14
Die vom Landgericht angenommene zweite selbständige Untreuehandlung durch den Abschluss der Verlängerungsvereinbarung und die unterbliebene Rückforderung des noch übrigen Kapitals ist mitbestrafte Nachtat. Das Landgericht geht nämlich selbst zutreffend davon aus, dass mit der Überweisung des Kapitals jedenfalls eine Vermögensminderung eingetreten ist, weil der Rückzahlungsanspruch nicht gesichert war. Damit war die Untreue – im Hinblick auf den Gesamtbetrag – bereits vollendet. Die späteren Maßnahmen, insbesondere der Abschluss der Verlängerungsvereinbarung waren deshalb keine neuen Taten, sondern lediglich Einzelhandlungen, die geeignet waren, den mit der Überweisung des Kapitalstocks ausgelösten Schaden zu vertiefen. Mit den nachfolgenden Handlungen wurde das bereits aus dem Vermögen der WGS herausgelöste Kapital zugunsten der Täter verwertet. Qualitativ wird hierdurch kein neuer Schaden begründet (BGH NStZ 2008, 396, 397; vgl. auch Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl. vor § 52 Rdn. 151 f.). Ob hierfür ein neuer Entschluss gefasst wird, ist unerheblich. Diese Handlungen sind dann lediglich unter dem Gesichtspunkt „Art der Ausführung und verschuldete Auswirkungen der Tat“ nach § 46 Abs. 2 StGB strafzumessungsrechtlich relevant.
15
Eines Freispruchs bedurfte es insoweit nicht, weil die vom Landgericht angenommene zweite Untreue nach zutreffender rechtlicher Würdigung nicht Gegenstand eines selbständigen Schuld- und Strafausspruchs sein konnte. In diesen Fällen ist für einen Teilfreispruch kein Raum (BGH NStZ 2003, 546,

548).


III.


16
Die Änderung des Schuldspruchs zieht hier die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich. Die rechtliche Fehlbewertung des Landgerichts führt zwar dazu, dass der zusätzliche Unrechtsgehalt, der in der Verlängerung der Kapitalanlage zu sehen ist, nicht in die Strafzumessung für die ausgeurteilte erste Tat eingeflossen ist. Dort wäre die mitbestrafte Nachtat zu berücksichtigen gewesen. Letztlich kam indes hier eine Aufrechterhaltung der Gesamtstrafe als einheitliche Strafe nicht in Betracht, auch weil die bislang gebildeten Einzelstrafen in ihren Beziehungen zueinander nicht ohne weiteres stimmig erscheinen.
17
Das neue Tatgericht wird bei der Strafzumessung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2010 (StV 2010, 564) eine wirtschaftliche Bewertung der Vermögensminderung vorzunehmen haben, die der den finanziellen Spekulationen ausgesetzte Kapitalstock erfahren hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts darf nämlich eine konkrete Ermittlung des Nachteils nicht deshalb unterbleiben , weil sie im Einzelfall mit praktischen Schwierigkeiten verbunden ist (BVerfG aaO, S. 573). Jedenfalls kann im Wege der Schätzung unter Berücksichtigung des Risikos solcher Geschäfte der eingetretene Nachteil betragsmäßig quantifiziert werden. Hierzu bedarf es indes keiner Aufhebung von Feststellungen, weil die neu zu treffenden Feststellungen nicht mit den bereits getroffenen in Widerspruch treten können.
18
Aufzuheben war auch die ausgesprochene Kompensation für die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung, weil das Landgericht schon wegen der unterschiedlichen Bemessung für die beiden Angeklagten von einem durchgreifend bedenklichen Maßstab ausgegangen ist. Zudem ist es zweifelhaft, die Kompensation am Gewicht der Tat und der verhängten Strafe zu orientieren (vgl. BGHSt 54, 135, 138).
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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 419/16
vom
7. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2016:071216B4STR419.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. Dezember 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 15. Juni 2016 mit den zugehörigen Feststellungen im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Hinsichtlich des Schuldspruchs hat die Prüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
Dagegen können der Strafausspruch und die Entscheidung, von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abzusehen, nicht bestehen bleiben.
4
1. Nach den Feststellungen würgte der Angeklagte, der zuvor größere Mengen alkoholischer Getränke zu sich genommen hatte, die Geschädigte, mit der er eine Beziehung unterhielt, am Abend des 17. August 2015 in ihrer Wohnung mit seinen Händen am Hals. Im weiteren Handgemenge schlug er sie mit seinen Händen an diversen Stellen ihres Körpers und schleifte sie halb liegend durch die Wohnung. Hierdurch erlitt die Geschädigte Würgemale am Hals sowie multiple Prellungen an den Armen und Beinen, im Bereich zweier Rippen und am Kopf. Seit 15. März 2016 sind die Geschädigte und der Angeklagte verlobt. Der Strafzumessung hat die Strafkammer den nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt und dem Angeklagten unter anderem zugutegehalten, dass er sich mit der Geschädigten ausgesöhnt hat. Angesichts der von ihr angenommenen Aussöhnung zwischen der Geschädigten und dem Angeklagten hätte sich die Strafkammer indes zur Prüfung veranlasst sehen müssen, ob die Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB erfüllt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2001 - 3 StR 41/01, StV 2001, 457; Urteil vom 28. Januar 2016 - 3 StR 354/15, NStZ 2016, 401 f.). Dass ein Opfer dem Täter den Täter-Opfer-Ausgleich leicht macht, indem es an das Maß der Wiedergutmachungsbemühungen keine hohen Anforderungen stellt und schnell zu einer Versöhnung bereit ist, steht der Bejahung der Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB nicht grundsätzlich entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2001 - 3 StR 41/01 aaO).
5
Der Senat kann - trotz der strafmildernden Berücksichtigung der Aussöhnung im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne - nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass das Landgericht im Falle einer weiteren Strafrahmenverschiebung nach § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB eine mildere Freiheitsstrafe verhängt hätte.
6
2. Die Entscheidung des Landgerichts, wegen fehlender Erfolgsaussichten von der Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB abzusehen, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat - sachverständig beraten - angenommen, dass beim Angeklagten eine Therapiemotivation nicht gegeben sei und auch nicht geweckt werden könne. Diese Bewertung hat es maßgeblich darauf gestützt, dass der Angeklagte in der Vergangenheit nach anfänglichem Bemühen eine Therapie gegen Alkoholabhängigkeit bei der Caritas kurzfristig abbrach und im Anschluss an die abgeurteilte Tat eine Entgiftungsbehandlung bereits nach zwei Tagen beendete, weil er nicht bereit war, sich den Stationsregeln zu unterwerfen. Indem die Strafkammer ausschließlich die vom Angeklagten bislang freiwillig unternommenen „niederschwelligen“ Versuche einer Therapie in den Blick genommen hat, hat sie es versäumt, sich wie geboten mit der Frage zu befassen, ob bei dem Angeklagten die Bereitschaft, sich auf eine Behandlung seines Alkoholmissbrauchs im Rahmen einer Unterbringung nach § 64 StGB einzulassen, durch therapeutische Maßnahmen im Maßregelvollzug geweckt werden kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2016 - 4 StR 408/16 Rn. 7; vom 25. April 2013 - 5 StR 104/13, NStZ-RR 2013, 239, 240; vom 22. September 2010 - 2 StR 268/10, NStZ-RR 2011, 203; vom 5. Mai 2009 - 4 StR 99/09, NStZ-RR 2009, 277). Darüber hinaus lassen die Urteilsausführungen eine Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten vermissen, wonach er nach der Tat, die für ihn ein „Denkzettel" gewesen sei, seinen Alkoholkonsum erheblich reduziert habe.
7
Die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt , deren Voraussetzungen nach den bislang getroffenen Feststellungen nicht fernliegen, bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Prüfung und Entscheidung. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht einer Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 9).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Paul

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

8
Nach diesen Maßstäben erfasst die Aufhebung allein des Strafausspruchs durch das Revisionsgericht grundsätzlich die Frage eines Ausgleichs für eine bis dahin eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht; vielmehr tritt insoweit horizontale (Teil-)Rechtskraft ein. Zwar wurde nach der früheren Rechtsprechung die übermäßige und von dem Angeklagten nicht zu vertretende Verzögerung des Verfahrens bei der Strafzumessung berücksichtigt. Demgemäß umfasste damals die Aufhebung eines tatgerichtlichen Urteils im Strafausspruch auch die Frage der Kompensation eines rechtsstaatswidrigen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot. Jedoch hat der Große Senat für Strafsachen dieses sog. Strafabschlagsmodell mit seiner Entscheidung vom 17. Januar 2008 (BGHSt 52, 124) aufgegeben und es durch die sog. Vollstreckungslösung ersetzt. Danach ist der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nunmehr getrennt und unabhängig von der Strafzumessung vorzunehmen. Er lässt die Frage des Unrechts, der Schuld und der Strafhöhe unberührt und stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (vgl. Meyer-Goßner aaO Art. 6 MRK Rdn. 9 a). Deshalb sind der Strafausspruch und die Kompensationsentscheidung grundsätzlich je für sich auf Rechtsfehler überprüfbar (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09 Rdn. 27). Hieraus folgt im Einzelnen: