Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2015 - 2 StR 150/14

bei uns veröffentlicht am14.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 1 5 0 / 1 4
vom
14. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
zu 2. bis 4.: unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 14. Januar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27. November 2013 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Aachen vom 16. Dezember 2011 - 64 KLs 26/11 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt und Wertersatzverfall in Höhe von 10.000 Euro angeordnet. Den Angeklagten S. hat es wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Mo- naten und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer weiteren Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt; ferner hat es einen Wertersatzverfall in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Den Angeklagten M. hat das Landgericht der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig gesprochen, den Angeklagten F. der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und gegen beide Angeklagte unter Einbeziehung von Strafen aus Vorahndungen jeweils eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts, die Angeklagten H. und S. erheben zudem Verfahrensrügen.
2
1. Keines der Rechtsmittel hat Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf nur Folgendes :
3
a) Das vom Angeklagten H. hinsichtlich der Fälle II.1. und II.2. der Urteilsgründe in der Sache geltend gemachte Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Insoweit trägt die Revision im Kern vor, diese Taten seien bereits Gegenstand einer Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO in dem früheren, vor dem Landgericht Aachen gegen den Angeklagten geführten Verfahren mit dem Aktenzeichen 64 KLs 26/11 gewesen.
4
Entgegen der Auffassung der Revision waren die betroffenen Fälle II.1. und II.2. der Urteilsgründe indes nicht Gegenstand dieses früheren Verfahrens und daher auch nicht von der dort erfolgten teilweisen Verfahrenseinstellung erfasst. Zu Recht weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass dem Angeklagten H. insoweit im Anklagesatz des Verfahrens 64 KLs 26/11 ausschließlich die Errichtung einer im Zeitraum Juni 2010 bis etwa März 2011 in einem zuvor als Vorratsraum benutzten Gebäudeteil des Tatanwesens in V. /Niederlande und vom damaligen Mitangeklagten Hu. betreuten Cannabisplantage samt der daraus mindestens erzielten einzelnen Ernte zur Last gelegt wurde. Die Fälle II.1. und II.2. der Urteilsgründe betreffen dagegen zwei Erntevorgänge aus einer in der Scheune des Tatanwesens in einem Container bzw. dem Dachboden angelegten gesonderten Cannabisplantage, die der Angeklagte vom gesondert Verfolgten Sc. im Herbst 2010 übernommen hatte und die vom Mitangeklagten M. betreut wurde. Aus der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift ergibt sich zudem, dass der Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung im Verfahren 64 KLs 26/11 beide Anbauorte auf dem Anwesen bekannt waren. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, bezog sich daher der maßgebliche Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft im Verfahren 64 KLs 26/11 allein auf die im Vorratsraum des Anwesens errichtete Plantage, während die weiteren Anbauvorgänge in der Scheune samt den daraus gewonnenen Ernten davon nicht umfasst waren. Diese sind vielmehr sowohl materiellrechtlich (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 407/12 juris Rn. 31, insoweit in BGHSt 58, 99 nicht abgedruckt; Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 634, § 29 Rn. 115) als auch prozessual als gesonderte Taten anzusehen. Angesichts der unterschiedlichen Tatmodalitäten, auch hinsichtlich der mit der Betreuung der Plantagen beauftragten Personen, führt allein die räumliche Nähe der Plantagen nicht dazu, dass durch die gesonderte Betrach- tung der einzelnen Anbauvorgänge ein einheitlicher Lebensvorgang unnatürlich aufgespalten werden würde, wie die Revision meint.
5
b) Soweit der Generalbundesanwalt allerdings davon ausgeht, der Tatvorwurf der früheren Anklage im Verfahren 64 KLs 26/11 sei auch von der Anklage im hiesigen Verfahren umfasst, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Gegenstand des diesbezüglichen Tatvorwurfs der hiesigen Anklage - die im Anklagesatz nicht ausdrücklich zwischen einzelnen Plantagen innerhalb des Anwesens differenziert - waren vier Erntevorgänge, "wobei eine Ernte bereits Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht Aachen (64 KLs 26/11) war und dort gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde". Aus den im Anklagesatz wiedergegebenen Strafvorschriften lässt sich entnehmen, dass dem Angeklagten H. insoweit drei Fälle zur Last gelegt wurden. Hieraus ergibt sich ohne Weiteres, dass der Erntevorgang, der bereits Gegenstand des früheren Verfahrens war, vom maßgeblichen Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft ausgenommen sein sollte; es wäre auch widersinnig anzunehmen, die Staatsanwaltschaft wolle eine Tat in vollem Bewusstsein dessen anklagen, dass das Verfahren insoweit bereits eingestellt worden war. Da mithin diese Tat von vornherein nicht Gegenstand des hiesigen Verfahren war, bedarf es insoweit nicht der vom Generalbundesanwalt beantragten Einstellung des Verfahrens gemäß § 354 Abs. 1 StPO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. September 2014 - 4 StR 69/14 juris Rn. 19 mwN).
6
2. Der Senat kann über das Rechtsmittel ungeachtet des Einstellungsantrags des Generalbundesanwalts insgesamt durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO entscheiden. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine vom Generalbundesanwalt beantragte Verfahrensbeschränkung (§ 154a Abs. 2 StPO) oder Schuldspruchänderung, der der Senat nicht folgen will, einer Verwerfung des Rechtsmittels durch Beschluss nicht entgegensteht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 22. Juni 2007 - 2 StR 203/07, NJW 2007, 2565, 2566, vom 11. August 1999 - 2 StR 44/99, wistra 2000, 465, 466, und vom 23. Juli 1993 - 2 StR 346/93, BGHR StPO § 349 Abs. 2 Antrag 1; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 349 Rn. 22; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 349 Rn. 28, jeweils mwN). Dies gilt erst recht in den Fällen der vorliegenden Art, in denen der Generalbundesanwalt die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf eine Tat beantragt , die gar nicht Gegenstand des Verfahrens wurde, da dies den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch, hinsichtlich derer er Verwerfung der Revision beantragt hat, in keiner Weise tangiert. Fischer Schmitt Krehl Eschelbach Zeng

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(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

31
In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass gesonderte Anbauvorgänge , die auf die gewinnbringende Veräußerung der erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten sind. Soweit der Täter allerdings mehrere der durch die einzelnen Anbauvorgänge erzielten Erträge in einem einheitlichen Umsatzgeschäft veräußert, führt dies zu einer Teilidentität der Ausführungshandlungen und verknüpft die Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 485/10
vom
28. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am 28. Juni
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 8. Juli 2010 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte verurteilt worden ist in den Fällen - II. 2. bis 7. der Urteilsgründe wegen sechs Fällen des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, - II. 17. bis 25. der Urteilsgründe wegen neun Fällen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, - II. 26. der Urteilsgründe wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, - II. 30. der Urteilsgründe wegen Erwerbs einer Schusswaffe zum Zwecke der Überlassung an einen Nichtberechtigten in Tateinheit mit Erwerb und Besitz von halbautomatischen Kurzwaffen,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen - bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen (Fälle II. 2. bis 7. der Urteilsgründe), - bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 26. der Urteilsgründe), - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln , jeweils in nicht geringer Menge, in zwölf Fällen (Fälle II. 14. bis 25. der Urteilsgründe), - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, in drei Fällen (Fälle II. 8. bis 10. der Urteilsgründe), - zweier Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln oder Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln , jeweils in nicht geringer Menge (Fälle II. 11. und 12. der Urteilsgründe), - Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, in drei Fällen (Fälle II. 27. bis 29. der Urteilsgründe), - zweier Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fälle II. 1. und 13. der Urteilsgründe) sowie - Erwerbs einer Schusswaffe zum Zwecke der Überlassung an einen Nichtberechtigen in Tateinheit mit "Erwerb und Besitz von halbautomatischen Kurzwaffen" (Fall II. 30. der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Ferner hat es zu seinen Lasten 10.000 € für verfallen erklärt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.


2
1. Der Schuldspruch wegen sechs Fällen des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG) in den Fällen II. 2. bis 7. der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3
a) Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte ab September 2008 zusammen mit seiner Ehefrau, seinem Sohn und zwei weiteren Personen insgesamt drei Indoor-Plantagen zur Erzeugung von Marihuana für den gewinnbringenden Verkauf. In der von Ende September 2008 bis Ende März 2009 bestehenden Plantage in H. fanden insgesamt drei Ernten statt, und zwar im Dezember 2008 sowie im Februar und im März 2009; der Gesamtertrag belief sich auf 5,1 kg. Die Pflanzen in der ab Dezember 2008 unterhaltenen Plantage in N. waren zum Zeitpunkt der Festnahme des Angeklagten am 28. April 2009 noch nicht erntereif. In der ab Januar 2009 betriebenen Plantage in Ha. fand bis 28. April 2009 eine Ernte statt, die 4,5 kg erbrachte; weitere 3 kg abgeerntete Pflanzenteile nebst einer Generation noch nicht abgeernteter Pflanzen wurden dort sichergestellt. Wie das Landgericht weiter feststellt, hat der Angeklagte aus dem Gesamtertrag - ca. 13 kg - 6 kg am 13. April 2009 an den Zeugen W. verkauft (vgl. Fall II. 30. der Urteilsgründe ); 7 kg hat er in mehreren Einzelmengen an den Zeugen We. veräußert.
4
b) Ungeachtet dessen, dass ein Verkauf der insgesamt geernteten ca. 13 kg Marihuana nicht mit einer Sicherstellung von 3 kg hiervon in Einklang gebracht werden kann, erschließt sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass die dem Zeugen W. am 13. April 2009 verkaufte Menge aus mehreren Ernten herrührte.
5
Zwar geht das Landgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2005 - 3 StR 106/05, NStZ 2005, 650; Weber , BtMG, 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 516; § 29 Rn. 109). Anderes gilt indes, soweit der Täter - wie hier hinsichtlich des Verkaufs an den Zeugen W. festgestellt - mehrere der durch die einzelnen Anbauvorgänge erzielten Erträge in einem einheitlichen Umsatzgeschäft veräußert. Dies führt jedenfalls zu einer Teilidentität der jeweiligen tatbestandlichen Ausführungshandlungen und verknüpft so die einzelnen Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2003 - 4 StR 130/03; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 521, 563). Sammelt der Täter darüber hinaus mehrere Ernten zu einem Gesamtvorrat an, bevor er mit dem Verkauf beginnt, so verbindet dies alle hierauf bezogenen Einzelakte des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit mit der Folge einer materiellrechtlich einheitlichen, auch die zu Grunde liegenden Anbauvorgänge umfassenden Tat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, NJW 2003, 300; Beschluss vom 25. Juni 1998 - 1 StR 68/98, NStZ-RR 1999, 250; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 514 f.).
6
c) Eine Berichtigung des Schuldspruchs ist dem Senat schon wegen der aufgezeigten Widersprüche nicht möglich. Der neue Tatrichter wird deshalb insgesamt neue Feststellungen zu den jeweiligen Erntemengen und ihrer Verwendung zu treffen haben.
7
2. Auch der Schuldspruch wegen neun Fällen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG), in den Fällen II. 17. bis 25. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte zwischen Ende Oktober 2008 und Ende April 2009 insgesamt 18 kg Marihuana an den Zeugen We. . Es stammte "aus Einfuhren", die der Angeklagte entweder selbst tätigte oder durch den Zeugen R. tätigen ließ. Die Veräußerung geschah "in Portionen" von 1 bis 2 kg, also in mindestens neun Fällen.
9
b) Die Zahl der Einfuhren lässt das Landgericht offen. Hierzu nähere Feststellungen zu treffen wäre es indes gehalten gewesen, denn allein der Umstand , dass der Angeklagte das eingeführte Marihuana in neun Einzelakten verkauft hat, trägt noch nicht die Annahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun Fällen. Beschafft sich der Täter eine einheitliche Rauschgiftmenge zur gewinnbringenden Weiterveräußerung, so verwirklicht er den Tatbestand des Handeltreibens vielmehr auch dann nur einmal, wenn er sie in mehreren Teilmengen absetzt, denn Akte des Handeltreibens, die sich auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen, bilden eine Bewertungseinheit (BGH, Beschluss vom 4. April 2006 - 3 StR 91/06, NStZ 2007, 102; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 487, 489, 492). Dass der Angeklagte die verkauften "Portionen" jeweils gesondert eingeführt hätte, legen die Feststellungen nicht nahe.
10
3. Im Fall II. 26. der Urteilsgründe tragen die Feststellungen nicht die Annahme der Qualifikation des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG).
11
a) Danach führte der Angeklagte am 3. November 2008 in seinem Pkw 995 g Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf und 336 Cannabispflanzen für seine Plantage in H. aus den Niederlanden nach Deutschland ein. Dabei führte er im leeren Airbag-Fach des Pkw einen ohne weiteres erreichbaren Schlagring mit.
12
b) Bewaffnetes Handeltreiben nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus , dass der Täter die Schusswaffe oder den Gegenstand bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann (BGH, Urteil vom 15. November 2007 - 4 StR 435/07, BGHSt 52, 89; Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8). Ausreichend, aber auch erforderlich ist das aktuelle Bewusstsein des Bewaffnetseins (BGH, Urteil vom 21. März 2000 - 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Weber aaO § 30a Rn. 128). Zu dieser subjektiven Tatseite ist indes nichts festgestellt. Vielmehr lassen die weiteren Darlegungen darauf schließen, dass sich das Landgericht außerstande gesehen hat, die Einlassung des Angeklagten zu widerlegen, er habe den Schlagring als Geschenk für den Lieferanten in die Niederlande mitgenommen , ihn dann aber vergessen und auf der Rückfahrt nicht mehr an ihn gedacht.
13
c) Nicht tragfähig ist die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte sei sich jedenfalls bei seiner Anfahrt aus Deutschland zum Zwecke des Erwerbs der Betäubungsmittel der Zugriffsmöglichkeit auf den Schlagring bewusst gewesen. Handelt der Täter in mehreren Einzelakten, so reicht es zwar aus, wenn er die Tatbestandsmerkmale der Qualifikation nur bei einem Einzelakt verwirklicht (BGH, Urteil vom 21. März 2000 - 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8). Ein dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz vorgelagertes Handeln des Täters ist Teilakt des Handeltreibens jedoch erst dann, wenn die Tat damit wenigstens in das Versuchsstadium eingetreten ist; die Bewaffnung nur während einer Vorbereitungshandlung genügt für § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht (Weber aaO § 30a Rn. 152). Allein mit dem Antritt einer Fahrt in der Absicht, am Zielort Betäubungsmittel zu erwerben , setzt der Täter aber grundsätzlich noch nicht zu einem konkretisierbaren Umsatzgeschäft an. Etwas anderes kann etwa dann gelten, wenn dem Täter dort ein zuverlässiger Händler bekannt ist (Weber aaO § 29 Rn. 351, 541; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507). Solche besonderen Umstände des Einzelfalles hat das Landgericht indes nicht festgestellt.
14
4. Auch der Schuldspruch wegen Erwerbs einer Schusswaffe zwecks Überlassung an einen Nichtberechtigen (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) in Tateinheit mit "Erwerb und Besitz von halbautomatischen Kurzwaffen" (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG) im Fall II. 30. der Urteilsgründe wird von den Feststellungen nicht getragen.
15
a) Danach bat der Angeklagte Anfang April 2009 den Zeugen We. , ihm eine Schusswaffe zu besorgen. We. erwarb hierauf eine Pistole Walther P1, einen Revolver HS Kal. 22 Single Action und einen Revolver ME 33 Magnum und veräußerte diese Waffen an den Angeklagten. Die Pistole verkaufte der Angeklagte an den Zeugen W. weiter, als dieser am 13. April 2009 die erworbenen 6 kg Marihuana (Fälle II. 2. bis 7. der Urteilsgründe) mit der Bahn nach Hause bringen wollte. Die beiden Revolver verwahrte er in einem Hohlraum in der Decke seiner Wohnung.
16
b) Der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG setzt voraus, dass der Täter bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Waffe die Absicht hat, sie an einen Nichtberechtigten weiterzugeben (MünchKommStGB/Heinrich, § 52 WaffG Rn. 15). Dies ist hinsichtlich der Pistole Walther P1 nicht festgestellt und kann nach dem dargelegten Geschehensablauf auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnommen werden. Danach käme insoweit - tateinheitlich zu Erwerb und Besitz gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG - lediglich Überlassen einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG in Betracht (MünchKommStGB/Heinrich aaO Rn. 83 f.,

145).


17
Desweiteren handelt es sich bei den Revolvern nicht um halbautomatische Kurzwaffen im Sinne von § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, denn diese werden nach Abgabe eines Schusses nicht selbsttätig, sondern nur durch Einsatz körperlicher Kraft erneut schussbereit. Anlage 1 zum WaffG Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.2 stellt dies auch für den Typ Double Action wie den Revolver ME 33 Magnum klar. In Betracht kommt damit insoweit nur Erwerb einer Schusswaffe tateinheitlich in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit deren Besitz (§ 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG; vgl. MünchKommStGB/Heinrich aaO Rn. 147, 159 mwN).
18
c) In Anbetracht der ausgesprochenen - im Verhältnis zum Strafrahmen des § 52 Abs. 1 WaffG erheblichen - Einzelstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten kann das Urteil auf den Rechtsfehlern beruhen. Es ist nicht auszuschließen , dass das Landgericht zu einer milderen Strafe gelangt wäre, hätte es hinsichtlich der Pistole nur § 52 Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 3 Nr. 7 WaffG und hinsichtlich der Revolver tateinheitlich hierzu nur § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG angewandt.

II.


19
Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Näherer Erörterung bedarf lediglich die Rüge des Beschwerdeführers, ihm sei entgegen § 258 Abs. 2 und 3 StPO weder das letzte Wort gewährt worden noch sei er befragt worden, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.
20
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
21
a) In der Hauptverhandlung am 8. Juli 2010 wurde die Beweisaufnahme zunächst im allseitigen Einverständnis geschlossen. Nach den Schlussanträgen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigerin hatte der Angeklagte das letzte Wort. Der Angeklagte wurde befragt, ob er selbst noch etwas zur Verteidigung anzuführen habe; "er erklärte sich". Nach Unterbrechung trat die Strafkammer nochmals in die Beweisaufnahme ein. Sie beschloss eine Teileinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO und gab einen rechtlichen Hinweis zu zwei der später abgeurteilten Taten. Im Anschluss daran wurde die Beweisaufnahme erneut geschlossen. Zum weiteren Verfahrensgang ist in dem am 24. August 2010 fertiggestellten - vom Beschwerdeführer zur Grundlage seiner Rüge genommenen - Hauptverhandlungsprotokoll vermerkt: "Die Staatsanwältin, die Verteidigerin und der Angeklagte wiederholten ihre Anträge." Nach Beratung verkündete die Strafkammer sodann das Urteil.
22
b) Nach Eingang der Revisionsbegründung gaben der Vorsitzende und die Urkundsbeamtin am 5. November 2010 zu der Rüge dienstliche Äußerungen dahingehend ab, der Angeklagte sei nach der erneuten Schließung der Beweisaufnahme ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er nochmals das letzte Wort habe. Er habe jedoch ebenso wie die Staatsanwältin und die Verteidigerin keine weiteren Ausführungen gemacht, weshalb im Protokoll missverständlich festgehalten worden sei, dass alle Genannten ihre Anträge wiederholt hätten. Mit Beschluss vom gleichen Tag berichtigten der Vorsitzende und die Urkundsbeamtin das Protokoll ohne Anhörung des Beschwerdeführers insoweit wie folgt:
23
"Die Beweisaufnahme wurde wieder geschlossen. Die Staatsanwältin und die Verteidigerin wiederholten ihre Anträge. Der Angeklagte hatte erneut das letzte Wort. Er machte keine weiteren Ausführungen."
24
2. Die Rüge bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
25
a) Allerdings sieht sich der Senat anders als der Generalbundesanwalt nicht in der Lage, den Wortlaut des Protokolls in der am 24. August 2010 fertig gestellten Fassung dahin auszulegen, der Angeklagte habe nach der erneuten Schließung der Beweisaufnahme nochmals das letzte Wort gehabt. Zwar sind auch diesbezügliche Protokollvermerke auslegungsfähig, weshalb es nicht entscheidend darauf ankommt, ob der Verfasser dem Gesetzeswortlaut entsprechend den Begriff "letztes Wort" verwendet hat (BGH, Urteil vom 20. März 1959 - 4 StR 416/58, BGHSt 13, 53, 59 f.). Stets muss der Vermerk jedoch hinreichend deutlich machen, dass das Gericht den Angeklagten befragt und ihm Gelegenheit gegeben hat, sich als letzter der Beteiligten zu äußern. Aus der vom Landgericht hier gewählten Formulierung kann der Senat dies nicht ableiten.
26
b) Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Generalbundesanwalts , das Verfahrensgeschehen könne jedenfalls im Freibeweis anhand der dienstlichen Äußerungen ermittelt werden, weil das (unberichtigte) Protokoll insoweit widersprüchlich sei, als es einerseits festhalte, der Angeklagte habe "sich erklärt", andererseits bekunde, er habe seinen "Antrag" wiederholt. Dabei kann offen bleiben, ob hierin überhaupt eine die Frage der Erteilung des letzten Wortes berührende Widersprüchlichkeit des Protokolls zu sehen ist. Denn nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 158/10, StV 2010, 675; Beschluss vom 28. Januar 2010 - 5 StR 169/09, NJW 2010, 2068), der sich der Senat anschließt, ist es dem Revisionsgericht grundsätzlich verwehrt, den tatgerichtlichen Verfahrensablauf anhand dienstlicher Erklärungen im Wege des Freibeweises darauf zu überprüfen, ob die für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten beobachtet worden sind. Diese können nach § 274 Satz 1 StPO allein durch das Protokoll bewiesen werden; als Gegenbeweis lässt § 274 Satz 2 StPO nur den Nachweis der Fälschung zu. Insbesondere angesichts der nunmehr durch die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen (Beschluss vom 23. April 2007 - GSSt 1/06, BGHSt 51, 298) bestätigten Möglichkeit, auch noch nach Erhebung einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge das Protokoll zu berichtigen , selbst wenn dieser dadurch die Tatsachengrundlage entzogen wird, besteht grundsätzlich kein Raum mehr dafür, zum Nachteil des Angeklagten freibeweislich über die Beobachtung der wesentlichen Förmlichkeiten zu befinden. Denn gegenüber einem den Maßstäben des Großen Senats (aaO Rn. 61 ff.) genügenden förmlichen Berichtigungsverfahren bietet das Freibeweisverfahren nur geringere verfahrensrechtliche Sicherungen für die Ermittlung des wahren Sachverhalts (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 158/10, StV 2010,

675).


27
c) Indes ergibt sich aus dem nunmehr berichtigten Protokoll, dass der vom Beschwerdeführer behauptete Verfahrensverstoß nicht vorgelegen hat.
28
Unbeachtlich ist allerdings der Berichtigungsbeschluss des Landgerichts vom 5. November 2010, denn mangels Anhörung des Beschwerdeführers ist er nicht in einem Verfahren ergangen, das den im Beschluss des Großen Senats (aaO) niedergelegten Grundsätzen genügt. Dasselbe gilt für die vom Landgericht am 21. März 2011 - nach Rückgabe der Sache durch den Senat - beschlossene gleichlautende Protokollberichtigung, die unberücksichtigt ließ, dass der Beschwerdeführer der Maßnahme am 15. März 2011 widersprochen hatte. Indes hat das Landgericht schließlich am 17. Mai 2011, wiederum mit demselben Wortlaut, einen weiteren Berichtigungsbeschluss gefasst, der nach Überprüfung durch den Senat auf einem den genannten Vorgaben entsprechenden Verfahren beruht.
29
Angesichts der sich aus den dienstlichen Äußerungen vom 5. November 2010 ergebenden sicheren Erinnerung der Urkundspersonen bedurfte es der vom Beschwerdeführer vermissten Erklärungen des beisitzenden Richters und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft nicht mehr. Insbesondere hat der Beschwerdeführer auch in seinem erneuten Widerspruch vom 11. Mai 2011 nicht substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen er sich im Gegensatz zu den Urkundspersonen der Richtigkeit des zunächst gefertigten Protokolls sicher ist (vgl. BGH - GSSt - aaO Rn. 63). Hierzu hätte er den ihm erinnerlichen Verfahrensablauf näher schildern und sich auch dazu erklären müssen, auf welchen tatsächlichen Vorgängen der von ihm für richtig gehaltene Vermerk, er sei bei seinem Antrag geblieben, beruht.
30
d) Die Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Zulässigkeit der Wiederholung eines zunächst wegen eines Verfahrensfehlers ohne Wirkung gebliebenen Berichtigungsverfahrens teilt der Senat nicht. Der von der Rechtsprechung und der Literatur vereinzelt vertretenen, aber nicht näher begründeten Auffassung, eine solche Vorgehensweise verstoße gegen das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren (OLG Hamm, Beschluss vom 10. März 2009 - 5 Ss 506/08, StV 2009, 349; Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 3 RVs 49/10, StV 2011, 272; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 271 Rn. 26a), kann sich der Senat jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht anschließen. Rechtsfehlerhaft und damit nach den Maßstäben der genannten Entscheidung des Großen Senats unbeachtlich waren die Berichtigungsbeschlüsse des Landgerichts vom 5. November 2010 und vom 21. März 2011 wegen eines Verstoßes gegen das Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs. Die ordnungsgemäße Neuvornahme einer an einem solchen Mangel leidenden, aber im Übrigen statthaften strafprozessualen Maßnahme führt für sich allein weder zu einer unangemessenen Benachteiligung des Beschuldigten noch zu einer unzumutbaren Erschwerung seiner Möglichkeiten , zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Strafverfahrens Einfluss zu nehmen. Die allgemeine Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise ergibt sich nicht zuletzt aus der gesetzlichen Regelung der Anhörungsrüge. Dafür, dass das Tatgericht bei einer Protokollberichtigung, die einer Verfahrensrüge nachträglich die tatsächliche Grundlage entzieht, abweichend auf insgesamt nur einen "Versuch" beschränkt bleiben sollte, findet sich keine überzeugende Begründung. Die Schranken für eine erfolgreiche revisionsrechtliche Verfahrensrüge erhöhen sich nicht dadurch, dass nicht schon das erste, sondern erst ein weiteres Protokollberichtigungsverfahren zur Rügeverkümmerung führt.
31
Zwar hat auch der Bundesgerichtshof in einem Einzelfall von der Rücksendung der Akten an das Tatgericht zum Zwecke der Einleitung eines Protokollberichtigungsverfahrens mit der Begründung abgesehen, dies käme einer Verletzung des Rechts des Angeklagten auf ein faires Verfahren gleich (Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 158/10, StV 2010, 675). Dies betraf jedoch nicht wie hier die Wiederholung eines wegen Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs wirkungslosen Berichtigungsverfahrens, sondern die abweichende Fallgestaltung , dass das Tatgericht bereits von der Staatsanwaltschaft die Gelegenheit zur Protokollberichtigung erhalten, hiervon aber abgesehen hatte. In einer solchen Situation liegt es nahe, dass der Angeklagte die nochmalige Rückgabe der Sache als unzulässigen Druck auf die allein verantwortlichen Urkundspersonen missverstehen könnte, das Protokoll doch noch zu seinem Nachteil zu ändern.

III.


32
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
33
Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht die festgestellte Aufklärungshilfe des Angeklagten in der Weise strafmildernd berücksichtigt, dass es die Untergrenze des Strafrahmens nach § 31 Nr. 1 BtMG aF, § 49 Abs. 2 StGB und dessen Obergrenze nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG in der ab 1. September 2009 geltenden Fassung in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 StGB bestimmt hat. Damit hat es gegen § 2 Abs. 3 StGB verstoßen, denn diese Vorschrift gestattet es nicht, dem Täter günstige Elemente aus Gesetzen verschiedener Gültigkeit zu kombinieren, sondern verlangt einen Gesamtvergleich der jeweiligen Fassungen anhand des konkreten Falles (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 2 Rn. 9). Das Landgericht hätte deshalb im Einzelfall entscheiden müssen, ob die neue oder die alte Regelung der Rechtsfolgen einer Aufklärungs- bzw. Präventionshilfe in ihrer Gesamtheit die für den Angeklagten günstigere Gesetzeslage darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523).
34
Soweit die Einzelstrafen nicht ohnehin in Wegfall kommen, schließt der Senat allerdings aus, dass das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten auf diesem Rechtsfehler beruht.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

19
Ist der Einstellungsbeschluss wirksam, hat das Revisionsgericht als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu überprüfen, ob den ausgeurteilten Taten eine Einstellung entgegensteht. Lässt sich dies den Urteilsgründen nicht hinreichend sicher entnehmen, kann dies zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung führen (BGH, Beschluss vom 9. November 2011 – 4 StR 300/11). Sind eingestellte Taten ausgeurteilt worden, stellt das Revisionsgericht das (weitere) Verfahren insoweit ein (st. Rspr.; u.a. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2013 – 4 StR 192/13; Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 19 ff., insoweit in BGHSt 57, 95 nicht abgedruckt; Urteil vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 290/06, NStZ-RR 2007, 83).

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.