Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - 2 StR 144/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. November 2015 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1, 44 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in dreiundzwanzig Fällen und wegen Betrugs in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, eine Adhäsionsentscheidung getroffen und dem Angeklagten für die Dauer von drei Jahren verboten, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben.
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- Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist zulässig. Ihm war aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 29. Juni 2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision zu gewähren. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- 1. Die Annahme zweier tatmehrheitlicher Vergehen der Untreue in den Fällen II. 13 und 14 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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- a) Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte, der als Rechtsanwalt tätig war, das Vertrauen der Geschädigten L. gewonnen und mit ihr vereinbart, sich um ihre finanziellen Angelegenheiten zu kümmern und ihr Vermögen gewinnbringend anzulegen. Am 30. Mai 2012 veranlasste er aufgrund ihm zuvor erteilter Kontovollmachten zwei Überweisungen in Höhe von jeweils 7.500 Euro von dem bei der C. bestehenden Konto der Geschädigten auf sein Geschäftsgirokonto (Fall II. 13) sowie auf sein Privatgirokonto (Fall II. 14) und verbrauchte die Geldbeträge vorgefasster Absicht gemäß für sich. Feststellungen zum exakten Zeitpunkt der Tathandlungen des Angeklagten oder zu den näheren Umständen der Überweisungen hat das Landgericht nicht getroffen.
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- b) Diese Feststellungen tragen die Annahme zweier tatmehrheitlicher Vergehen der Untreue nicht. Das Landgericht hat nicht erkennbar bedacht, dass angesichts des engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit in Betracht kommen kann. Hätte der Angeklagte mehrere Überweisungsträger jeweils am selben Tag bei der C. eingereicht oder hätte er die beiden Überweisungen am 30. Mai 2012 aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses veranlasst, so läge die Annahme natürlicher Handlungseinheit nahe, auch wenn die Geldbeträge – wie festgestellt – auf verschiedene Konten des Angeklagten überwiesen worden sind (vgl. Senat, Beschluss vom 7. September 2005 – 2 StR 342/05, NStZ 2006, 100; BGH, Beschluss vom 11. September 2014 – 4 StR 207/14, wistra 2015, 17; Beschluss vom 12. Februar 2008 – 4 StR 623/07, NJW 2008, 1394, 1395; für den mehrfachen Einsatz einer entwendeten Kreditkarte an einem Geldautomaten vgl. Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2007 – 2 StR 457/07, wistra 2008, 220 f.).
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- c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden können, die die Annahme zweier materiellrechtlich selbständiger Taten tragen könnten. Er ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst ab; § 265 StPO steht nicht entgegen, denn der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Tatvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
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- d) Damit entfällt die für den Fall II. 14 verhängte Einzelstrafe von zehn Monaten. Im Hinblick auf die Einsatzstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten und die Vielzahl und Höhe der verbleibenden Einzelstrafen ist auszuschließen, dass das Tatgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Konkurrenzen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
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- 2. Die Überprüfung des Urteils im Übrigen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
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- Es ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht in den Fällen II. 30 bis 34 der Urteilsgründe von einer durch aktives Tun und nicht durch Unterlassen (§ 13 Abs. 1 StGB) verwirklichten Untreue ausgegangen ist.
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- Nach den Feststellungen ließ sich der Angeklagte für seine jeweiligen Mandanten bestimmte Gelder auf sein Geschäftsgirokonto überweisen und verwendete diese Gelder in Folge für eigene Zwecke. Er war dabei weder uneingeschränkt bereit noch jederzeit in der Lage, die entsprechenden Beträge aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren und verwirklichte damit den Tatbestand der Untreue (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 24. Juli 2014 − 2 StR 221/14, NStZ 2015, 277; Schmidt, NStZ 2013, 498, 500 f.).
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- Zwar kann der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen im Sinne des § 13 StGB liegen, wenn ein Rechtsanwalt den Tatbestand der Untreue allein dadurch verwirklicht, dass er pflichtwidrig seinem Mandanten oder einem Dritten zustehende Gelder nicht weiterleitet, sondern diese Gelder auf seinem Geschäftskonto belässt und der Vorwurf sich in einem bloßen Vorenthalten der Gelder erschöpft (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1997 – 3 StR 179/97, NStZ-RR 1997, 357). Tritt zur bloßen Entgegennahme des Geldes ein aktives Tun des Rechtsanwalts hinzu, indem er die Gelder beispielsweise anfordert, sie für eigene Zwecke verwendet oder ihren Eingang auf seinen Geschäftskonten leugnet, liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in aktivem Tun (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2015 – 1 StR 587/14, NJW 2015, 1190, 1191). So liegt es hier. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte die Gelder für eigene Zwecke verwendete; in den Fällen II. 30 und 34 verschleierte er gegenüber seinen Mandanten außerdem den Eingang der für sie bestimmten Gelder, hielt sie mit Ausflüchten hin und spiegelte ihnen vor, ein gerichtliches Verfahren müsse eingeleitet werden (Fall II. 30) oder dauere noch an (Fall II. 34).
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- 3. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision des Angeklagten scheidet eine Kostenteilung im Rahmen des § 473 Abs. 4 StPO aus.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.
(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
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auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.