Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2012 - 1 StR 522/12

bei uns veröffentlicht am13.12.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 522/12
vom
13. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2012 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 12. Juli 2012 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts merkt der
Senat an:
Der Tatrichter hat rechtsfehlerfrei einen besonders schweren Fall der
Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB) bejaht.
Hierbei ist er ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Angeklagte sowohl
gewerbsmäßig als auch als Mitglied einer Bande gehandelt hat.
Entgegen dem Revisionsvorbringen scheitert die Annahme einer Bande
nicht daran, weil bei Absatzdelikten anerkannt ist, dass eine bandenmäßige
Verbindung nicht zwischen Personen besteht, die sich auf Veräußerer- und Erwerberseite
mit gegenläufigen Marktinteressen gegenüberstehen. Nach Auffassung
der Revision ist der vorliegende Fall mit einem Absatzdelikt vergleichbar,
weil sich auch hier spiegelbildlich der Bestechende und der Bestochene mit
unterschiedlichen Interessen auf unterschiedlichen Seiten des Geschäfts gegenüberstünden.
Der Revision ist beizupflichten, dass es an einer bandenmäßigen Begehungsweise
fehlt, wenn sich z.B. die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts
auf der Verkäufer- und der Erwerberseite selbständig gegenüberstehen,
auch wenn sie in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem im Rahmen
einer andauernden Geschäftsbeziehung handeln.
Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel
zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in
dessen Absatzorganisation als verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser
auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenübersteht,
beurteilt sich wesentlich nach der getroffenen Risikoverteilung (vgl. hierzu im
Einzelnen u.a. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 5 StR 315/12; BGH, Urteil
vom 29. Februar 2012 - 2 StR 426/11; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2011
- 3 StR 129/11; BGH, Urteil vom 22. April 2004 - 3 StR 28/04 = NStZ 2004, 696
jeweils mwN).
Der vorliegende Sachverhalt ist jedoch anders gelagert. Der Angeklagte
war als Obersekretär im Justizvollzugsdienst in der Justizvollzugsanstalt M.
tätig und schmuggelte unter bewusster Verletzung seiner Dienstvorschriften
u.a. Mobiltelefone in die Vollzugsanstalt. Er hatte sich einer aus mehreren
Personen bestehenden Bande angeschlossen. Diese bestand aus Personen,
die außerhalb der Justizvollzugsanstalt Mobiltelefone und andere Gegenstände
beschafften und weiteren Personen, die als einsitzende Häftlinge die vom Angeklagten
dann eingeschmuggelten Gegenstände mit beträchtlichem Gewinn
an Mithäftlinge veräußerten. Der Angeklagte erhielt für seine 14 Taten insgesamt
mindestens 3.500 Euro. Ihm kam "die Schlüsselposition innerhalb der Organisation
zu" (UA S. 5).
Demnach ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Tatrichter den
Angeklagten als Mitglied der Bande angesehen hat.
Er stand der Organisation nicht selbständig gegenüber, sondern war in
diese eingebunden, wenn auch in einer wichtigen Position. Alle Beteiligten zogen
am gleichen Strang in gleicher Richtung und vertraten nicht gegenläufige
Interessen. Die Abrede beruhte auf einer gemeinsam getroffenen Unrechtsvereinbarung.
Eine Bande liegt daher auch beim Zusammenschluss von bestechlichen
Amtsträgern und Vorteilsgebern vor (vgl. auch MK-Diemer/Krick § 300
Rn. 4; MK-Korte § 335 Rn. 16; NK-Dannecker § 300 Rn. 8; NK-Kuhlen § 335
Rn. 8; Fischer, StGB 59. Aufl. § 300 Rn. 6; Beck OK-Momsen § 300 Rn. 4).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 335 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung


(1) In besonders schweren Fällen wird 1. eine Tat nach a) § 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, undb) § 334 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und2. ein

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) In besonders schweren Fällen wird

1.
eine Tat nach
a)
§ 332 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und
b)
§ 334 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3,
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und
2.
eine Tat nach § 332 Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren
bestraft.

(2) Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn

1.
die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht,
2.
der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt, die er als Gegenleistung dafür gefordert hat, daß er eine Diensthandlung künftig vornehme, oder
3.
der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

5 StR 315/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 31. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2012

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 15. November 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Zur Straffestsetzung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen „unerlaubten Handeltreibens mitBetäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts schloss sich der Angeklagte mit den gesondert Verfolgten A. H. und I. H. „in der Absicht zusammen, arbeitsteilig vorgehend in einer nicht näher bestimmten Anzahl von Fällen unerlaubt mit Betäubungsmitteln Handel zu treiben, um sich so jeweils eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von eini- ger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen“ (UA S. 5). Am 15. Okto- ber 2010 bestellte A. H. beim Angeklagten „in Umsetzung ihres zuvor getroffenen gemeinsamen Tatplanes“ (UA S. 6) 20 Kilogramm Heroin. Hiervon abweichend einigte man sich in einem Telefonat am folgenden Tag auf die Lieferung von acht Kilogramm Heroingemisch und acht Kilogramm Streckmittel, weil der Angeklagte kurzfristig keine größere Menge beschaffen konnte. A. H. leistete an den Angeklagten eine Anzahlung in Höhe von 21.000 €, von der dieser 19.000 € für den Erwerb des Betäubungsmittels aufwendete. Nach dem Verkauf des Heroins durch A. und I. H. sollte der Angeklagte weitere 15.000 € erhalten. Nachdem der Angeklagte am 19. Oktober 2011 telefonisch A. H. informiert hatte, dass die Übergabe des Heroingemisches in der folgenden Nacht in Braunschweig stattfinden solle, begab er sich mit dem in einer Sporttasche verstauten Betäubungs- und Streckmittel von Rotterdam nach Eindhoven, wo er es der Kurierin B. übergab, die ihm durch seinen Cousin und einen mit diesem bekannten Marokkaner vermittelt worden war. In der Sporttasche befanden sich 7,923 Kilogramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 126,5 Gramm Heroinhydrochlorid sowie 8,9 Kilogramm Streckmittel. Während B. nach Braunschweig fuhr, koordinierte der Angeklagte telefonisch mit A. H. die Übergabe an dessen zur Entgegennahme der Betäubungsmittel in Begleitung des A. nach Braunschweig angereisten Bruder I. H. . Unmittelbar nach der Übergabe erfolgte die Festnahme von I. H. , A. und B. sowie die Sicherstellung der Sporttasche mit den Betäubungsmitteln.
3
2. Die Annahme bandenmäßiger Begehungsweise wird von den Feststellungen nicht getragen. Wesentliches Merkmal einer Bande ist die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321; Urteile vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696, und vom 29. Februar 2012 – 2 StR 426/11). Daran fehlt es, wenn sich die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts auf der Verkäufer - und der Erwerberseite selbständig gegenüber stehen, auch wenn sie in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung handeln (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 – 3StR 129/11, StraFo 2011, 413 mwN). Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in dessen Absatzorganisation als verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenüber steht, beurteilt sich wesentlich nach der getroffenen Risikoverteilung. Der Abnehmer in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem, der die Betäubungsmittel zum vereinbarten Preis erwirbt und diese anschließend ausschließlich auf eigenes Risiko verkauft , insbesondere die Verkaufspreise selbst festsetzt und über die von ihm erzielten Gewinne allein disponiert, ist regelmäßig als selbständiger Käufer anzusehen und nicht als Teil der Verkäuferseite. Von einer Einbindung in die Absatzorganisation des Verkäufers ist demgegenüber in der Regel auszugehen , wenn dieser dem Abnehmer die Höhe des Verkaufspreises vorgibt, Zeitpunkt und Umfang der Weiterveräußerungen bestimmt sowie an deren Gewinn und Risiko beteiligt ist (BGH aaO; Urteil vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696).
4
Im hier zu entscheidenden Fall lassen die Urteilsfeststellungen keinerlei unmittelbare Beteiligung des Angeklagten an dem mit dem Weiterverkauf verbundenen Risiko des A. H. und seines Bruders erkennen. Vielmehr sollte der Angeklagte nach der mit A. H. getroffenen Abrede den Kaufpreis von 36.000 € – auch den erst nach dem Weiterverkauf zu zahlenden Anteil von 15.000 € – unabhängig von den im Rahmen des Weiterverkaufs erzielten Erlösen erhalten. Ferner ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte Vorgaben zur Abwicklung des Weiterverkaufs und den Verkaufspreisen gemacht hat. Allein daraus, dass der Angeklagte gegenüber A. H. äußerte, er „möchte auch, dass es für dich gut funktioniert“ und – bezogen auf die zu schlechte Qualität für ihn er- hältlichen Heroins – bemerkte, sie würden beide Verluste machen, sie würden „zusammen verlieren“ (UA S. 18), folgt keine Einbindung H. s in die Absatzorganisation des Angeklagten. Dies stellt die unabhängig von dem im Rahmen des Weiterverkaufs erzielten Erlös bestehende Verpflichtung H. s zur Zahlung des Kaufpreises an den Angeklagten nicht in Frage und belegen nicht eine unmittelbare Risikobeteiligung des Angeklagten. Einer solchen steht schon entgegen, dass der Angeklagte von H. bereits eine die Einkaufskosten übersteigende Summe als Anzahlung erhalten hat, so dass auch abgesehen von der Verpflichtung H. s zur Zahlung des vollen Kaufpreises allenfalls die Höhe des Gewinns des Angeklagten vom Erfolg des Weiterverkaufs abhängen kann. Ein Interesse des Angeklagten an einem erfolgreichen Weiterverkauf seiner Abnehmer besteht im Übrigen bereits im Hinblick auf die geplante Fortführung der Geschäftsbeziehung und lässt für sich genommen nicht auf eine weitergehende Risikobeteiligung schließen. Noch weniger erlaubt die aus der fehlenden Rückmeldung H. s nach der Übergabe folgende Besorgnis des Angeklagten einen solchen Rückschluss. Auch im Rahmen von Betäubungsmittelgeschäften, bei denen sich Verkäufer und Erwerber in typischer Weise selbständig gegenüberstehen, muss der Verkäufer bei einer – durchaus üblichen – Vereinbarung einer Restkaufpreiszahlung nach Weiterverkauf im Falle der Festnahme der Abnehmer in der Regel mit dem Ausfall seiner Restforderung rechnen und zudem strafrechtliche Verfolgung befürchten.
5
Da somit nach den Urteilsfeststellungen die Annahme bandenmäßigen Handelns bereits deshalb ausscheidet, weil A. H. dem Angeklagten selbständig auf der Abnehmerseite gegenüberstand, braucht der Senat nicht der Frage nachzugehen, ob dieFeststellungen eine Einbindung I. H. s in die zwischen dem Angeklagten und A. H. getroffene Abrede zu künftiger Deliktsbegehung ausreichend belegen.
6
3. Der Senat ändert den Schuldspruch ab, weil weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind. Der Angeklagte hat die Tatbestände der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (vgl. hierzu etwa BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32) und des unerlaubten Handeltreibens mit Be- täubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG tateinheitlich verwirklicht (vgl. zur Tateinheit BGH, Beschluss vom 25. November 2009 – 2 StR 344/09, NStZ-RR 2010, 119). Da der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können, steht § 265 StPO der Schuldspruchänderung nicht entgegen. Auch der im Hinblick auf die Auslieferungsbewilligung geltende Spezialitätsgrundsatz hindert eine Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 – 3 StR 177/86, NStZ 1986, 557; Beschluss vom 9. Oktober 2000 – 5 StR 248/00).
7
Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, weil lediglich Wertungsfehler vorliegen. Das neue Tatgericht kann hinsichtlich des – entgegen der missverständlichen Wendung auf UA S. 16 – umfassend ge- ständigen Angeklagten ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Die im Urteil getroffene Anrechnungsentscheidung gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB bleibt unberührt.
Basdorf Raum Schaal Dölp Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 426/11
vom
29. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. Februar
2012, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 19. April 2011, soweit es den Angeklagten E. betrifft, in den Fällen II. 12, 14 und 15 der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen sowie der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es den Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 37.140 € angeord- net. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft , die sich gegen die Verurteilung in den Fällen II. 12, 14 und 15 richtet, hat Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen der seit vielen Jahren Drogen konsumierende Angeklagte und der frühere Mitangeklagte I. , der als Kurierfahrer eingesetzt werden sollte, im Jahr 2009 überein, gemeinsam Drogengeschäfte zu tätigen. Der Angeklagte beabsichtigte, mit den Erlösen aus den Rauschgiftgeschäften seine erheblichen Geldschulden tilgen.
3
Beginnend ab einem nicht genau zu bestimmenden Zeitpunkt im Sommer 2009 bis Januar 2010 kam es dementsprechend zu insgesamt zehn Rauschgiftgeschäften. Dabei erwarb der Angeklagte Haschisch, Marihuana oder Amphetamin in unterschiedlichen Mengen zum gewinnbringenden Weiterverkauf , zum Teil auch im Ausland, das er von dort nach Deutschland einführte (Fälle 1-7, 9-11).
4
2. Im Oktober/November 2009 traf der Angeklagte den ihm schon länger bekannten gesondert Verfolgten M. wieder, mit dem er in der Folgezeit ebenfalls Drogengeschäfte tätigte. Dabei lieferte der Angeklagte diesem Amphetamin , das er mit ebenfalls vom Angeklagten bereit gestellten Koffein streckte. Von dem aufgestreckten Amphetamin gab dieser jeweils etwa zwei Drittel an ihn zurück; den Rest erwarb er zum eigenen Weiterverkauf von dem Angeklagten , der ihm für das Strecken einen Preisnachlass gewährte. Es kam in der Folgezeit zu fünf Geschäften.
5
Am 13. Januar 2010 holte der frühere Mitangeklagte I. im Auftrag des Angeklagten bei dem gesondert Verfolgten M. mindestens 1 kg Amphetamin ab, das dieser zuvor gestreckt und portioniert hatte. Er transportierte es zu einer dritten Person, die es von dem Angeklagten erworben hatte (Fall 8). Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt im Januar 2010 erwarb der Angeklagte im deutsch-niederländischen Grenzgebiet mindestens 1 kg Amphetamin, das der frühere Mitangeklagte I. von dort durch Deutschland transportierte, bevor es der Angeklagte wieder übernahm und dem gesondert Verfolgten M. zur Streckung und Portionierung übergab. Dieser stellte zwei Pakete von jeweils 1 kg gestrecktem Amphetamin zur Weiterveräußerung durch den Angeklagten her und behielt zum gewinnbringenden Weiterverkauf einen Rest von 500 g zum Preis von 2,50 € je Gramm (Fall 12). Am 2. Februar 2010 holte der gesondert Verfolgte F. , der für den zwischenzeitlich inhaftierten I. die Kurierfahrten übernommen hatte, in Aachen mindestens 1 kg Amphetamin ab und transportierte es zu dem Angeklagten, der es zum gesondert Verfolgten M. brachte. Dieser streckte das Amphetamin und portionierte es. Von dieser Menge holte der Angeklagte am 4. Februar 2010 ein Kilogramm zur Weiterveräußerung ab; 500 g erwarb der gesondert verfolgte M. zum gewinnbringenden Weiterverkauf (Fall 14). Am 11. Februar 2010 bestellte der gesondert Verfolgte F. bei dem Angeklagten 500 g Amphetamin. Er holte es in Absprache mit dem Angeklagten bei dem gesondert Verfolgten M. ab, nachdem dieser die bestellten Drogen zuvor im Auftrag des Angeklagten aufbereitet und portioniert hatte (Fall 13). Schließlich bestellte der Angeklagte am 20. Februar 2010 bei seinem niederländischen Lieferanten zwei Kilogramm Amphetamin und drei Kilogramm Koffein, das der gesondert Verfolgte F. am 23. Februar 2010 dort abholte und dies in Kenntnis der Absicht des Angeklagten, es in Deutschland nach Streckung und Portionierung durch den gesondert Verfolgten M. gewinnbringend zu veräußern, einführte. Hierzu kam es jedoch nicht mehr, da der Angeklagte wie auch der gesondert Verfolgte F. alsbald festgenommen wurden (Fall 15).
6
3. Das Landgericht hat den Angeklagten in allen Fällen wegen unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge verurteilt, in einigen Fällen, unter anderem auch im Fall 15, zusätzlich wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Von einer Verurteilung wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat es abgesehen, weil sich der Angeklagte und der gesondert verfolgte M. je- weils auf Verkäufer- und Erwerberseite gegenübergestanden hätten und es insoweit an einer Verbindung zur künftigen gemeinsamen Tatbegehung gefehlt habe.
7
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet, dass der Angeklagte in den Fällen 12, 14 und 15 nicht auch wegen bandenmäßigen Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Weiter wendet sie sich gegen die Strafzumessung des Landgerichts, das rechtsfehlerhaft zu Gunsten des Angeklagten die gleichzeitige Anordnung von Wertersatzverfall angeordnet habe.

II.


8
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
9
1. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Verurteilung in den Fällen II. 12, 14 und 15 beschränkt. Die nach der Rechtsmittelbeschränkung nachträglich erhobenen Einwendungen gegen die Strafzumessung gehen ins Leere, soweit sie sich gegen den Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der Verurteilungen in den anderen Fällen richten.
10
2. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
11
a) Das Landgericht hat in den genannten Fällen das Vorliegen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels nach § 30a Abs. 1 BtMG nicht rechtsfehlerfrei verneint. Nach der neueren Rechtsprechung (vgl. BGHSt 46, 321) setzt der Begriff der Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus , die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Wesentliches Element einer Bande ist danach eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung mehrerer Personen zur zukünftigen gemeinsamen Deliktsbegehung (BGHSt 46, 321, 329), wobei Mitglied einer Bande auch sein kann, wem nach der - stillschweigend möglichen - Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeiten darstellen (BGHSt 47, 214). An einer Verbindung zur gemeinsamen Tatbegehung fehlt es, wenn sich Beteiligte einesDrogengeschäfts - sei es auch in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem - lediglich jeweils auf der Verkäufer- und Erwerberseite gegenüberstehen (vgl. BGH NStZ 2004, 696).
12
Die Annahme des Landgerichts, es habe zwischen dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten M. keine Verbindung zu gemeinsamer Deliktsbegehung bestanden, weil sie sich jeweils auf Käufer- und Verkäuferseite gegenüber gestanden hätten, greift zu kurz. Zwar erwarb M. von dem Angeklagten Amphetamin, das er auf eigene Rechnung und eigenes Risiko weiterveräußerte. Der Angeklagte seinerseits unternahm seine Betäubungsmittelgeschäfte allein und in eigenem Namen, ohne Beteiligung eines Dritten am Gewinn oder Risiko. Dies betrifft sowohl den Verkauf der Drogen an M. wie auch den der übrigen Drogen an weitere Abnehmer. Der Angeklagte und M. standen sich danach insoweit selbständig auf Verkäufer- und Käuferseite gegenüber (vgl. Körner, BtMG, 7. Aufl. 2012, § 30, Rn. 31).
13
Zu berücksichtigen ist aber darüber hinaus, dass M. für den Angeklagten das ihm angelieferte Amphetamin mit Koffein streckte, portionierte und - abzüglich der selbst erworbenen Menge - an den Angeklagten zurückgab. Dies hätte dem Landgericht Anlass zu näherer Prüfung geben müssen, ob dadurch eine Einbindung von M. in die Absatzorganisation des Angeklagten , die nach den Feststellungen jedenfalls mit den Kurieren I. bzw. später F. bestand, erfolgt ist.
14
Zwar folgt nicht aus jeglicher Unterstützung einer Gruppierung, etwa durch Strecken von Betäubungsmitteln (vgl. Körner, BtMG 7. Aufl. 2012, § 30, Rn. 43) oder Kurierfahrten, auch ohne Weiteres Zugehörigkeit zu einer Bande; auch Dienstleistungen eines Dritten, die einem Täterzusammenschluss zugutekommen , können "selbständig" erbracht werden, ohne dass darin eine Verbindung zu gemeinsamer künftiger Deliktsbegehung zu sehen ist. Es ist aber auch in diesen Fällen - wie bei Handelsketten im Betäubungsmittelhandel - sorgfältig zu prüfen, ob darin eine Verbindung zu gemeinsamer künftiger Deliktsbegehung oder lediglich eine durch Eigeninteresse gekennzeichnete Geschäftsbeziehung zu Mitgliedern einer Absatzorganisation zu sehen ist. Eine solche Prüfung, die nicht allein darauf abzustellen hat, ob diese Dienstleistung mit einem festen Preis entlohnt worden ist, sondern auch die sonstigen Umstände der Geschäftsbeziehung (wie Art und Häufigkeit der Leistung, ihre äußere Gestaltung oder auch den Einfluss, den die Beteiligten darauf im Einzelnen nehmen) in den Blick nehmen muss, hat das Landgericht nicht vorgenommen. Insoweit hat das Landgericht seiner Ablehnung einer Bandenmitgliedschaft einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt. Dabei war zwar auch der Umstand zu berücksichtigen, dass M. selbst auch einen Teil der Betäubungsmittel erwarb und seine Entlohnung in der Form eines Preisnachlasses erhielt. Doch steht dies seiner Einbeziehung in eine Bandenabrede nicht von vornherein entgegen.
15
Die Prüfung wird nachzuholen sein, wobei der neue Tatrichter nicht nur der Frage nachzugehen haben wird, ob und inwieweit die Kuriere I. und F. Kenntnis von der Tätigkeit des gesondert Verfolgten M. für den Angeklagten hatten und ob insoweit eine (auch nur stillschweigende) Abrede zum Zwecke künftigen gemeinsamen Betäubungsmittelhandels vorlag, sondern auch, ob M. in den Fällen II. 12, 14 und 15, in denen er nach den Feststellungen lediglich Kontakt mit dem Angeklagten hatte, seinerseits Kenntnis vom Tätigwerden von Kurieren hatte.
16
b) Die Aufhebung des Schuldspruchs in den genannten Fällen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
Fischer Berger Krehl Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 129/11
vom
4. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 4. Juli 2011 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten H. , E. und W. wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 10. Dezember 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten betrifft. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten H. und E. wegen "bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von jeweils 38.750 € angeordnet. Den Angeklagten W. hat es schuldig gesprochen des "bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen sowie des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen", gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verhängt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 46.500 € angeordnet und eine Sperrfrist von zwei Jahren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ausgesprochen. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben in vollem Umfang Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen handelten die Angeklagten H. und E. mit Heroin. Nachdem der Angeklagte W. davon erfahren hatte, bat er die Angeklagten H. und E. eindringlich, ihn an ihren Betäubungsmittelgeschäften zu beteiligen. Diese waren damit einverstanden, weil ihnen ein solcher Zusammenschluss zur Arbeitsteilung, zur eigenen Risikominimierung und zur Gewinnmaximierung vorteilhaft erschien. Anfang 2010 schlossen sich daher die drei Angeklagten zusammen, um fortan in Solingen und Umgebung in arbeitsteiliger Weise einen auf Dauer angelegten schwunghaften Handel mit Heroin zu betreiben. Die Angeklagten H. und E. hatten die Aufgabe, das Heroin zu beschaffen und teilweise zu portionieren, während der Angeklagte W. für den Straßenverkauf zuständig war.
3
Im Zeitraum März 2010 bis 21. April 2010 kauften die Angeklagten H. und E. von einem Drogenhändler aus den Niederlanden in vier Fällen 350 Gramm und in zwei Fällen 400 Gramm Heroin guter Qualität (Wirkstoffgehalt mindestens 34,1 % HHC), wovon jeweils 50 Gramm der jeweiligen Lieferung dem Eigenkonsum dienten. Den überwiegenden Teil des Heroins veräußerte der Angeklagte W. in Kleinstmengen an feste Abnehmer (Fälle II.A. 1. - 5. der Urteilsgründe) bzw. sollte er absprachegemäß veräußern (Fall II.A.6.).
4
Die Angeklagten H. und E. kauften das Heroin zu einem Preis von 15 € pro Gramm ein. Der Angeklagte W. , der die Betäubungsmittel auf Kommission erhielt, musste an sie 25 € pro Gramm bezahlen. Er verlangte von seinen Abnehmern 30 € pro Gramm, war nach der mit den Angeklagten H. und E. getroffenen Übereinkunft in seiner Preisgestaltung jedoch frei und konnte über seine Gewinne selbst verfügen. Die Angeklagte E. führte zur Kontrolle Buch über die an W. abgegebenen Mengen und die von diesem geleisteten Zahlungen. Der Angeklagte H. unterstützte den Angeklagten W. beim Absatz des Heroins dadurch, dass er ihm Kunden vermittelte und bei Bedarf dafür sorgte, dass die Abnehmer ihre Schulden beglichen.
5
Der Angeklagte W. fuhr im Tatzeitraum an drei Tagen zur Abwicklung von Betäubungsmittelgeschäften mit einem Personenkraftwagen im Stadtgebiet von S. , obwohl ihm bewusst war, dass er nicht im Besitz der dafür erforderlichen Fahrerlaubnis war.
6
2. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
a) Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen hat das Landgericht die Angeklagten rechtsfehlerhaft wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen (§ 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30a Abs. 1 BtMG) verurteilt.
8
An einem Bandenhandel fehlt es, wenn sich die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts auf der Verkäufer- und der Erwerberseite selbständig gegenüber stehen, auch wenn sie in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung handeln (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1996 - 3 StR 220/96, BGHSt 42, 255, 259 f.; Beschluss vom 5. Oktober 2007 - 2 StR 436/07, NStZ-RR 2008, 55; Beschluss vom 6. Februar 2007 - 4 StR 612/06, NStZ 2007, 533; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 30 Rn. 58 ff.). Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in die Absatzorganisation als deren verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenüber steht, beurteilt sich wesentlich nach der getroffenen Risikoverteilung. Der Abnehmer in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem, der die Betäubungsmittel zum vereinbarten Preis erwirbt und diese anschließend ausschließlich auf eigenes Risiko verkauft, insbesondere die Verkaufspreise selbst festsetzt und über die von ihm erzielten Gewinne allein disponiert, ist regelmäßig als selbständiger Käufer anzusehen, der nicht Teil der Verkäuferseite ist. Von einer Einbindung in die Absatzorganisation als deren verlängerter Arm ist demgegenüber in der Regel auszugehen, wenn die Verkäuferseite dem Abnehmer die Höhe des Verkaufspreises vorgibt, Zeitpunkt und Umfang der Lieferungen der Betäubungsmittel bestimmt sowie am Gewinn und Risiko des Weiterverkaufs beteiligt ist (BGH, Beschluss vom 20. August 1997 - 3 StR 385/97, BGHR BtMG § 30a Bande 7; Urteil vom 22. April 2004 - 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 30 Rn. 58 ff.). Diese Abgrenzungskriterien gelten auch für den Fall, dass der Abnehmer die Betäubungsmittel auf Kommission bezieht (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1996 - 3 StR 220/96, BGHSt 42, 255, 260; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 30 Rn. 63).
9
Die in den Urteilsgründen dargestellte Risikoverteilung spricht gegen das Vorliegen einer Bande. Danach verkauften die Angeklagten H. und E. das von ihnen für 15 € pro Gramm eingekaufte Heroin zum Preis von 25 € pro Gramm an den Angeklagten W. weiter. Dieser konnte frei darüber entscheiden , zu welchem Preis er die Betäubungsmittel an seine Abnehmer weiterveräußerte. Ihm allein standen die von ihm aus seinem Betäubungsmittelhandel erzielten Gewinne zu, ohne dass die Angeklagten H. und E. von seinen Geschäftserfolgen über die ihnen zugeflossenen Verkaufspreise hinaus noch weitere Vorteile hatten. Auch der Umstand, dass die Angeklagte E. über die an W. gelieferten Betäubungsmittel und die von diesem geleisteten Zahlungen Buch führte, deutet eher auf eine selbständige Geschäftsbeziehung zwischen den Angeklagten H. und E. einerseits und dem Angeklagten W. andererseits hin. Aus den Urteilsgründen ergibt sich insbesondere nicht, dass die Angeklagten H. und E. mögliche Verluste aus dem Betäubungsmittelhandel des Angeklagten W. anteilig tragen sollten. Unter diesen Umständen genügt es für die Annahme einer Bande nicht, dass der Angeklagte H. dem Angeklagten W. Kunden vermittelte und ihn beim Eintreiben von Kaufpreisforderungen unterstützte.
10
b) Weiterhin hat das Landgericht beim Angeklagten W. rechtsfehlerhaft Tatmehrheit zwischen den drei Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und den von ihm begangenen sechs Fällen des Betäubungsmittelhandels angenommen.
11
Da der Angeklagte W. nach den Feststellungen in diesen drei Fällen jeweils ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr ohne die erforderliche Fahrerlaubnis führte, um seine Betäubungsmittelgeschäfte abzuwickeln, decken sich die Ausführungshandlungen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis jeweils mit einem Teilakt des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln, nämlich dem Transport des Heroins, sodass Tateinheit (§ 52 StGB) zwischen diesen Delikten gegeben ist (BGH, Beschluss von 6. April 2006 - 3 StR 93/06, StraFo 2006, 342; Weber, BtMG, 3. Aufl., vor §§ 29 ff., Rn. 472 f. mwN).
12
c) Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Da nicht ausgeschlossen ist, dass die Voraussetzungen für einen Bandenhandel mit Betäubungsmitteln noch festgestellt werden können, kommt eine Änderung des Schuldspruchs durch den Senat nicht in Betracht.
13
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
14
Nach Einstellung der weiteren in Betracht kommenden Betäubungsmittelstraftaten gemäß § 154a Abs. 1 Nr. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft hat das Landgericht zu Recht davon abgesehen, die Angeklagten H. und E. wegen tateinheitlich begangenen Erwerbs von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu verurteilen. Bei der Berechnung der nicht geringen Menge, mit der die Angeklagten Handel trieben, ist das Heroin, welches sie selbst konsumierten oder konsumieren wollten, nicht zu berücksichtigen. Soweit sie Heroinbase verkauften, ist die Wirkstoffmenge mit dem Faktor 1,1 zu multiplizieren (Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29a Rn. 104).
15
Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist auf die Vermögenswerte zu beschränken, welche jeder der Angeklagten selbst tatsächlich erlangte, wobei eine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt ausreicht. Sollten die Angeklagten H. und E. über das gesamte von dem Mitangeklagten W. erhaltene Geld gemeinsam Mitverfügungsgewalt erlangt haben, wäre eine Haftung als Gesamtschuldner auszusprechen (BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, StV 2004, 409; BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03, NStZ 2004, 440; Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 73 Rn. 16 mwN). Bei der Ermessensausübung im Rahmen der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB ist insbesondere in den Blick zu nehmen, wofür die Angeklagten das ihnen zugeflossene Geld verbrauchten und inwieweit die Abschöpfung des durch die Straftaten Erlangten ihre Resozialisierung durch hohe finanzielle Belastungen gefährden könnte (Fischer, aaO, § 73c Rn. 5).

Becker Pfister von Lienen Schäfer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 28/04
vom
22. April 2004
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. April
2004, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Winkler
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Becker,
Hubert
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 18. August 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit ihrer - zum Nachteil des Angeklagten eingelegten - Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie beanstandet namentlich, das Landgericht habe nicht geprüft, ob der Angeklagte wegen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels zu verurteilen sei, die verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe seien in rechtsfehlerhafter Weise zu milde bemessen worden und das Landgericht habe es unzutreffend abgelehnt, hinsichtlich der Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften den Verfall von Wertersatz anzuordnen.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Einer Erörterung der verfahrensrechtlichen Beanstandungen bedarf es daher nicht. 1. Die fragmentarischen Urteilsfeststellungen erlauben dem Senat nicht die Prüfung, ob das Landgericht rechtsfehlerfrei davon abgesehen hat, den Angeklagten des bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels (§ 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30 a Abs. 1 BtMG) bzw. der Beihilfe hierzu (§ 27 StGB) schuldig zu sprechen.
a) Danach hatte der Angeklagte zunächst den anderweitig verfolgten B. begleitet, als dieser im Zeitraum August bis Mitte November 2002 an 15 kurz aufeinander folgenden Tagen den gesondert verfolgten Ba. und Be. jeweils 20 g Kokain zum gewinnbringenden Weiterverkauf übergab. Seine Anwesenheit diente dem Zweck, B. abzusichern und sich darauf vorzubereiten , bei späterer Abwesenheit B. s die Kokainlieferungen zu übernehmen. Als sich B. im Ausland aufhielt, übergab dementsprechend der Angeklagte selbst von Mitte November bis 2. Dezember 2002 an fünf Tagen jeweils 20 g Kokain an Ba. und Be. . In neun weiteren Fällen lieferte der Angeklagte zwischen dem 5. und 23. Dezember 2002 je 20 g Kokain an Ba. und in einem weiteren Fall eine nicht mehr feststellbare Menge Kokain an den anderweitig verfolgten C. . Das Kokain war stets zum Weiterverkauf bestimmt bzw. in einem Fall von Ba. "für eine Party benötigt(e)". Es wies jeweils einen Wirkstoffgehalt von 30 % auf. Am 27./28. Dezember 2002 organisierte der Angeklagte im Auftrag B. s die Beschaffung von 998,7 g Kokain (Wirkstoffgehalt 90,5 %) in Rotterdam und deren Transport nach Hannover. Er weihte den gesondert verfolgten I. in den Tatplan ein, warb Ba. und Be. als Kuriere an, übergab I. das Kaufgeld von 26.200 € für den Erwerb des Betäubungsmittels, erteilte Anweisungen für die Abwicklung des Geschäfts sowie des Transports und überwach-
te die anschließende Kurierfahrt nach Deutschland durch Kontrollanrufe. Letztlich lagerte der Angeklagte in zwei von ihm genutzten Wohnungen 45,28 g (Wirkstoffgehalt 73,1 %) bzw. 5,19 g (Wirkstoffgehalt 75,4 %) Kokain, die bereits zum gewinnbringenden Weiterverkauf portioniert waren. Außerdem verwahrte er in einer der Wohnungen 6.400 €, die bei vorangegangenen Kokaingeschäften erlöst worden waren.
b) Diese Feststellungen deuten darauf hin, daß sich zumindest der Angeklagte , B. , Ba. und Be. mit dem Willen zusammengeschlossen haben könnten, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im einzelnen noch ungewisse Taten des Betäubungsmittelhandels zu begehen (vgl. BGHSt 46, 321, 325). Das Landgericht hätte daher die naheliegende Möglichkeit prüfen müssen, ob sich der Angeklagte des mehrfachen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels (in nicht geringer Menge) bzw. - so nicht auch bei den Taten 1 bis 15 tatsächlich Täterschaft des Angeklagten vorliegt - der Beihilfe hierzu schuldig gemacht hat (vgl. BGHSt 47, 214; BGHR BtMG § 30 a Bande 10). Für das Vorliegen von Bandenhandel ist hier insbesondere maßgeblich, ob Ba. und Be. in die Absatzorganisation B. s und des Angeklagten auf untergeordneter Ebene eingebunden waren oder ob sie diesen allein als Betäubungsmittelkäufer auf der Abnehmerseite gegenüberstanden. Dies beurteilt sich wesentlich danach, ob Ba. und Be. die einzelnen Kokainlieferungen unmittelbar bezahlten und anschließend deren weiteren Absatz auf eigene Rechnung, auf eigenes Risiko und zum eigenen Gewinn selbständig abwickelten , oder ob B. und der Angeklagte am weiteren Risiko und am Gewinn des weiteren Absatzes partizipierten, etwa weil erst die Erlöse aus den Weiterverkäufen - ggf. nach Abzug einer Entlohnung Ba. s und Be. s - an
B. und den Angeklagten abgeführt wurden (vgl. BGHSt 42, 255, 257 ff.; allerdings noch unter Anknüpfung an ein Tätigwerden im übergeordneten Bandeninteresse und an die Verwirklichung eines festen Bandenwillens und damit an Merkmale, die nach neuerer Rechtsprechung - BGHSt 46, 321 - nicht mehr konstituierend für den Begriff der Bande sind). Zu den Geldflüssen im Rahmen der abgeurteilten Betäubungsmittelgeschäfte verhält sich das angefochtene Urteil (abgesehen von Tat 31) indessen nicht. Daß hierzu Feststellungen nicht möglich waren und das Absehen von einer Verurteilung des Angeklagten wegen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels daher letztlich auf einer Anwendung des Zweifelssatzes beruht, läßt sich dem Urteil ebenfalls nicht entnehmen. Dies liegt im Hinblick auf das "unumwundene Geständnis" des Angeklagten und den Umfang der weiteren Beweisaufnahme - deren näheres Ergebnis in den Urteilsgründen allerdings weitgehend verschwiegen wird - auch eher fern. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. 2. Da bereits der aufgezeigte Rechtsfehler zur umfassenden Aufhebung des angefochtenen Urteils führt, weist der Senat für das weitere Verfahren lediglich ergänzend auf folgendes hin:
a) Der Schuldspruch zu Tat 31 lediglich wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hätte auch deswegen keinen Bestand haben können, weil sich der Angeklagte an der Betäubungsmitteleinfuhr (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) nach den Feststellungen - naheliegend - als Mittäter, zumindest aber als Anstifter oder Gehilfe beteiligt hat.
b) Der Angeklagte und B. übergaben Ba. und Be. in kurzen zeitlichen Abständen je 20 g Kokain. Es liegt nach den Gesamtumständen eher
fern, daß sie diese kleineren Einzelmengen zuvor jeweils gesondert erworben hatten. Vielmehr deutet die Menge des aus den Niederlanden eingeführten (Tat 31) und des vom Angeklagten vorrätig gehaltenen (Tat 32) Kokains darauf hin, daß mehrere Lieferungen an Ba. und Be. aus jeweils größeren Erwerbsmengen des Angeklagten bzw. B. s stammten. Es wird daher - unter Beachtung des Zweifelssatzes - zu prüfen sein, inwieweit Einzellieferungen an Ba. und Be. aufgrund ihrer Herkunft aus einer einheitlichen Erwerbsmenge rechtlich zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen sind (vgl. BGH NJW 2002, 1810).
c) Zur hier rechtlich bedenklichen strafmildernden Berücksichtigung der Untersuchungshaft, drohender Ausweisung oder Abschiebung und besonderer Härten des Strafvollzugs für den Angeklagten als Ausländer wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 27. Januar 2004 verwiesen.
d) Bei der erneuten Entscheidung über die Anordnung des Verfalls (§ 73 StGB), des Wertersatzverfalls (§ 73 a StGB) oder des erweiterten Verfalls (§ 33 Abs. 1 BtMG, § 73 d StGB) wird zunächst zu berücksichtigen sein, daß in der Wohnung des Angeklagten 6.400 € gefunden wurden, die nach den bisherigen Feststellungen aus vorangegangenen Betäubungsmittelgeschäften stammten. Es lagen damit insoweit zumindest die Voraussetzungen des erweiterten Verfalls vor. Warum dieser nicht angeordnet wurde, läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Bezüglich - im einzelnen festzustellender - weiterer Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften hindert allein der Umstand, daß sie wertmäßig nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden sind, nicht die Anordnung von Wertersatzverfall. Dies kann es allenfalls rechtfertigen, von der Härteregelung des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB Gebrauch zu machen. Hierbei
handelt es sich indessen um eine Ermessensvorschrift, deren Anwendung näherer Begründung bedarf. Eine solche läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen.
e) Die seitenweise Wiedergabe von Protokollen abgehörter Telefongespräche vermag eine eigenständige Beweiswürdigung des Tatrichters nicht zu ersetzen. Für deren revisionsrechtliche Prüfung sind sie ohne Belang, insbesondere wenn - wie hier - in keinem der Telefonate ein konkretes Betäubungsmittelgeschäft offen angesprochen wird. Es bedarf vielmehr der Darlegung des Tatrichters, welche beweiswürdigenden Schlußfolgerungen er aus dem Inhalt der Telefonate zieht. Winkler Pfister von Lienen Becker Hubert