Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Aug. 2011 - XI B 39/11

bei uns veröffentlicht am08.08.2011

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine AG mit Sitz im Inland, vertrieb in den Jahren 2001 bis 2005 (Streitjahre) im deutschsprachigen Raum Fondsanteile der US-amerikanischen Fondsgesellschaften A und B. Sie war dazu von ihrer Schwestergesellschaft, der … mit Sitz in Liechtenstein, beauftragt worden, die Inhaberin der Alleinvertriebsrechte dieser Fondsgesellschaften war.

2

Die Antragstellerin sah in ihrer Tätigkeit umsatzsteuerfreie Vermittlungen von Fondsanteilen i.S. von § 4 Nr. 8 Buchst. e oder f des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Diese Leistungen seien nicht steuerbar, weil sie gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 3a Abs. 3 UStG dort erbracht worden seien, wo die … als Leistungsempfängerin ihren Sitz habe (Liechtenstein).

3

Nach Auffassung des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) stellte dagegen die ausgeübte Tätigkeit der Klägerin --mit Ausnahme von einvernehmlich abgegrenzten Eigenvermittlungen-- keine Vermittlungstätigkeit i.S. des § 4 Nr. 8 Buchst. e oder f UStG dar. Vielmehr lägen anderweitige sonstige Leistungen vor, die teilweise nicht steuerbar und teilweise steuerpflichtig seien. Das FA setzte die Umsatzsteuer für 2001 bis 2005 durch Bescheide vom 6. April 2009 entsprechend fest.

4

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Antragstellerin wegen Umsatzsteuer 2005 mit Urteil vom 24. März 2011 abgewiesen (Az. 6 K 2456/09, juris) und die Revision zugelassen (Az. des Bundesfinanzhofs --BFH-- XI R 13/11).

5

Es hat ferner den bei ihm gestellten Antrag der Antragstellerin, die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide für 2001 bis 2005 auszusetzen, durch den angefochtenen Beschluss (ebenfalls) vom 24. März 2011 als unbegründet abgelehnt und die Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen.

6

Die Antragstellerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide für 2001 bis 2005 vom 6. April 2009 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Revision XI R 13/11 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 FGO zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Sie führt zur Aussetzung der Vollziehung (AdV) der angefochtenen Bescheide gegen Sicherheitsleistung.

8

1. Es bestehen ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide für 2001 bis 2005 vom 6. April 2009. Denn bei der gebotenen summarischen Prüfung treten neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der zugrunde liegenden Rechtsfragen bewirken (vgl. die ständige Rechtsprechung des BFH seit dem Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182).

9

Eine überwiegende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist zur AdV nicht erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 26. Mai 2010 V B 80/09, BFH/NV 2010, 2079; vom 12. April 2011 XI B 27/11, BFH/NV 2011, 1374, unter II.1.).

10

2. Diese Zweifel ergeben sich aus dem zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil des FG wegen Umsatzsteuer 2005 (Az. 6 K 2456/09, juris).

11

a) Das FG hat die Revision gegen dieses Urteil "gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO" zugelassen und zur Begründung u.a. ausgeführt, es sei der Rechtsprechung des BFH gefolgt, erachte es --auch vor dem Hintergrund der immensen wirtschaftlichen Folgen nicht nur im Streitfall-- aber für angezeigt, dass der BFH seine Rechtsprechung weiter präzisiere. Insbesondere weiter klärungsbedürftig sei die Frage, wo die Grenze zwischen bloßer Sacharbeit und Vermittlungstätigkeit verlaufe. Darauf werde auch in der Literatur hingewiesen.

12

Unabhängig davon sehe der Senat auch Klärungsbedarf in der Frage, in welchem Umfang die Ausführungen des BFH im Urteil vom 9. Juli 1998 V R 62/97 (BFHE 187, 56, BStBl II 1999, 253) in dem hier interessierenden Zusammenhang weiterhin gültig seien. Der BFH habe sich im Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07 (BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554) mit dieser Frage nicht beschäftigt.

13

b) Angesichts dieses vom FG selbst dargelegten --und nicht von der Hand zu weisenden-- Klärungsbedarfs besteht Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden Rechtsfragen (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1374, unter II.2.b).

14

Darüber ist nicht im summarischen Verfahren auf AdV eines Verwaltungsaktes zu entscheiden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. Oktober 2007 V B 170/07, BFH/NV 2008, 627; in BFH/NV 2011, 1374, unter II.2.a).

15

3. Allerdings war die somit zu gewährende AdV --wie vom FA in der Beschwerdeerwiderung hilfsweise geltend gemacht-- von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.

16

a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO kann auch die finanzgerichtliche AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Durch die Verknüpfung mit einer Sicherheitsleistung sollen Steuerausfälle bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang vermieden werden. Eine diesbezügliche Gefahr kann insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen bestehen. Andererseits entfällt das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Steuerausfällen, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Mai 1988 V B 26/86, BFH/NV 1989, 403, unter 1.b aa; vom 24. Oktober 2000 V B 144/00, BFH/NV 2001, 493; vom 29. November 2004 V B 78/04, BFHE 208, 93, BStBl II 2005, 535, und vom 25. November 2005 V B 75/05, BFHE 212, 176, BStBl II 2006, 484, unter II.4.a).

17

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt es im Rahmen sachgerechter Ausübung des richterlichen Ermessens, die der Antragstellerin zugebilligte AdV mit der Anordnung einer Sicherheitsleistung in Höhe des Umfangs der Aussetzung zu verknüpfen.

18

Eine Gefährdung der umstrittenen Umsatzsteueransprüche ergibt sich aus den dazu --auch im Beschwerdeverfahren-- unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des FA im Schriftsatz vom 20. Mai 2010 vor dem FG und aus dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin, wonach die Vollziehung zu einer Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz führen würde (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BFHE 170, 197, BStBl II 1993, 426, 430; in BFHE 212, 176, BStBl II 2006, 484, unter II.4.b; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 69 FGO Rz 388).

19

Davon, dass mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für die Antragstellerin günstiger Prozessausgang zu erwarten ist, kann nicht ausgegangen werden.

20

Die Antragstellerin hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass sie ohne Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz nicht in der Lage wäre, Sicherheit zu leisten (vgl. dazu Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 157).

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(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstät

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(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.



Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Klägerin mit ihrer Tätigkeit in vollem Umfang steuerfreie Vermittlungsleistungen i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. e bzw. Nr. 8 Buchst. f UstG erbringt. Die Klägerin ist in den Vertrieb von Aktienfonds angelsächsischer Investmentgesellschaften involviert.

2

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie entstand durch formwechselnde Umwandlung (notarieller Vertrag vom 24.08.2000) aus der ehemaligen N (Deutschland) Investmentfondsvermittlungsgesellschaft mbH. Der ursprüngliche Gegenstand des Unternehmens (Satzung vom 24.08.2000), die gewerbsmäßige Vermittlung des Abschlusses von Verträgen über den Erwerb von ausländischen Investmentanteilen sowie der Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss solcher Verträge, wurde durch Änderungssatzung (19.12.2006) präzisiert bzw. ergänzt. Der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand wurde wie folgt neu definiert:

3

Gegenstand des Unternehmens ist die Vermittlung des Abschlusses von Verträgen über den Erwerb von nach dem Investmentgesetz zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen Anteilen an in- und ausländischen Investmentvermögen zwischen Kunden und

4

a) einem Institut im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG);

b) einem nach § 53 b Abs. 1 oder Abs. 7 KWG tätigen Unternehmen;

c) einem Unternehmen, das aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 53 c KWG gleichgestellt oder freigestellt ist oder

d) einer Investmentgesellschaft,

5

der Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss solcher Verträge sowie die darauf bezogene Anlageberatung. Die Gesellschaft ist nicht befugt, sich bei der Erbringung dieser Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Anteilen von Kunden zu verschaffen.

6

Im Zeitraum vom 19.06.2007 bis 17.11.2008 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt. Diese stellte im Rahmen der Prüfung den nachfolgenden – unstreitigen – Sachverhalt fest:

7

Vor dem Hintergrund ihres satzungsmäßigen Geschäftszwecks schlossen die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft, die N AG mit Sitz in Liechtenstein, verschiedene Vertriebsverträge ab. Die N AG ist Inhaberin vertraglich gesicherte Alleinvertriebsrechte der US-amerikanischen Fondsgesellschaften A Funds und D Funds. Für den deutschsprachigen Raum beauftragte die N AG die Klägerin mit dem Vertrieb der Fondsanteile. Die Einzelheiten sind in Vertriebsverträgen zwischen den beiden Schwestergesellschaften vom 10./14.5.1994 (A Fund, Bl. 153 ff. BP-Akte), vom 14.03.1995 (D Funds, Bl. 169 f. BP-Akte) und vom 17./22.09.1996 (A, Bl. 159 ff. BP-Akte) sowie in verschiedenen Nachträgen zu diesen Vereinbarungen in den Folgejahren fixiert.

8

Die Klägerin berät Kunden und Interessenten in Deutschland im Zusammenhang mit Kapitalanlagen in Investmentfonds. Sie bedient sich zur Vermittlung dieser Fondsanteile für sie tätiger selbständiger Vermittler. Diese werden gemäß Vertriebsvertrag von der Klägerin durch Mitarbeiterschulungen, durch Zurverfügungstellung von Werbematerial und Prospekten sowie Kaufanträgen in angemessenem Umfang, durch Erteilung von Auskünften und Informationen über Investmentfonds im Allgemeinen und die Fonds der beiden Fondsgesellschaften im Besonderen sowie durch Werbung und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Sofern Kaufanträge von den Fondsgesellschaften abgelehnt werden, hat die Klägerin pflichtgemäß den jeweiligen Vermittler unverzüglich zu informieren (vgl. III. Aufgaben und Pflichten des Vertriebsvertrags vom 14. Mai 1994).

9

Im Rahmen der Abwicklung von Kaufanträgen ist die Klägerin verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die zum Erwerb von Fondsanteilen notwendigen Anträge von den Käufern ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllt, eigenhändig unterzeichnet und direkt an die Fondsgesellschaft weitergeleitet werden. Die Klägerin ist nicht berechtigt, Gelder von Anteilskäufern entgegen zu nehmen (Vertrag vom 14. Mai 1994, dort IV. Abwicklung von Kaufanträgen).

10

Vereinbarungsgemäß hat die Klägerin Anspruch auf folgende Vergütungen:

11

1. Für Kundenvermittlung: Provision für die Vermittlung von Anteilskäufern mit monatlicher Abrechnung Marketingprovision; die Abrechnung erfolgt vierteljährlich.

12

2. Für Kundenbetreuung: Bestandspflegeprovision; die Abrechnung erfolgt vierteljährlich.

13

Von diesen Einnahmen gibt die Klägerin Provisionen an die für sie tätigen Vermittler weiter. Die Höhe dieser Provisionen richtet sich nach dem jeweiligen Vertriebsvertrag zwischen der Klägerin und dem Vermittler. Der ganz überwiegende Teil - über 90% - der Umsätze erfolgt über die selbständigen Vermittler. Dabei ist der Vermittler in der Weise tätig, dass er den Kundenkontakt herstellt, den Kunden berät und den Kaufantrag auf Erwerb der Fondsanteile erstellt und dafür sorgt, dass alle erforderlichen Unterlagen beigefügt werden. Der unterschriebene Kaufantrag wird von ihm nebst Unterlagen an die Klägerin weitergeleitet, von ihr überprüft (auf Korrektheit und Vollständigkeit), registriert (wegen Provisionsermittlungen - eigene und für die Vermittler) und sodann unmittelbar an die Fondsgesellschaft in die USA weitergeleitet. Diese Vorgehensweise ist nicht lediglich Ausfluss der Verpflichtung gemäß den abgeschlossenen Vertriebsverträgen. Der Klägerin wurden diese Prüfungspflichten auch von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auferlegt. Aus Sicht der BaFin ist die Auslagerung der Vermittlung durch die Klägerin wie ein Vermittlungseigengeschäft zu behandeln. Somit muss die Klägerin bei Einschaltung von Vermittlern dieselben Prüfungspflichten erfüllen, wie bei Eigenvermittlungen. Jeder einzelne Kaufantrag muss mit dem ebenfalls beizufügenden Zusatzfragebogen nach §§ 31, 32 WpHG samt Identifikationsnachweis zur Einhaltung der Vorschriften nach dem Geldwäschegesetz von der Klägerin überprüft werden. Die Einhaltung dieser Prüfungspflicht wird von der BaFin kontrolliert.

14

Der Anteilskäufer/Kunde zahlt den Anlagenbetrag an die im Kaufantrag angegebene inländische Bank ein. Von dort erhält die Fondsgesellschaft Mitteilung über den Geldeingang. Sofern die persönlichen Daten des Anteilskäufers korrekt sind, wird der Kaufantrag von der Fondsgesellschaft angenommen und der Fondsanteilskaufvertrag wirksam.

15

Die Fondsgesellschaft zahlt die vereinbarte Vermittlungsprovision an die N AG in Liechtenstein. Diese gibt von dieser Provision den vereinbarten Anteil an die Klägerin weiter, und diese zahlt ihrerseits die fälligen Provisionsanteile an ihre Vermittler aus. Auf diese Weise werden sowohl die Abschluss- als auch die Marketing- und Bestandspflegeprovisionen behandelt.

16

Nach eigenem Bekunden übernimmt die Klägerin für einen Teil der vermittelten Investmentfondsanteile direkt die Vermittlung an den Privatinvestor. Diese sollen sich It. eigener Ermittlung auf weniger als 10% der Gesamtprovisionen belaufen. Entsprechende Nachweise hierzu wurden durch die Klägerin im Rahmen der Betriebsprüfung jedoch nicht vorgelegt. Gleichwohl sind die von der Klägerin ermittelten Werte (Jahr 2005: 9,694%) vom Finanzamt übernommen worden.

17

Kontakt zu den Anteilserwerbern hat die Klägerin vereinzelt durch Übersendung von Prospekt-/Werbematerial oder i. R. v. Werbeveranstaltungen. Hieran nehmen gelegentlich auch Interessenten auf Grund von Einladungen der Vermittler teil.

18

Die Klägerin verfügt über eine Datei mit ca. 4.000 Kontaktdaten von unabhängigen Maklern, Maklerpools, Vermögensberatern etc., die als „Vertriebspartner“ der Klägerin tätig werden und die Fondsanteile an Privatinvestoren (natürliche und juristische Personen) vertreiben (Dokumentation der D GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft).

19

Dieser Sachverhalt wurde von der Klägerin und der Außenprüfung unterschiedlich gewürdigt. Die Klägerin sah in ihrer Tätigkeit umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistungen i. S. v. § 4 Nr. 8 Buchstabe e UStG, die sie an die N AG in Liechtenstein erbracht habe. Diese Vermittlungsleistungen unterstützten die unternehmerische Tätigkeit der Leistungsempfängerin N AG (Vertrieb von Fondsanteilen). Gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchstabe a UStG i. V. m. § 3a Abs. 1 UStG würden Vermittlungsleistungen dort erbracht, wo der Leistungsempfänger seinen Sitz habe. Dies sei hier der Sitz der N AG in Liechtenstein (Drittland). Die Vermittlungstätigkeit sei insoweit nicht steuerbar. Die Klägerin hatte demgemäß die ihr von der Schwestergesellschaft, der Fa. N AG in Liechtenstein gezahlten Provisionen in vollem Umfang als nicht steuerbare Umsätze angesehen und die auf diese Umsätze entfallenden Vorsteuern abgezogen (Anlage 10 zum BP-Bericht vom 30.12.2008 = Bl. 97 der BP-Akte II).

20

Nach Auffassung der Außenprüfung stellte demgegenüber die ausgeübte Tätigkeit der Klägerin - mit Ausnahme der einvernehmlich abgegrenzten und steuerlich zutreffend qualifizierten Eigenvermittlungen - keine Vermittlungstätigkeit im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchstabe e bzw. § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG dar. Die vorab beschriebenen Tätigkeiten erfüllten nicht die Voraussetzungen des umsatzsteuerrechtlichen Vermittlungsbegriffs. Vielmehr lägen mehrere selbständige Hauptleistungen in Form von sonstigen Leistungen vor, die teilweise nicht steuerbar und teilweise steuerpflichtig seien.

21

Mit Datum vom 06.04.2009 erließ der Beklagte den auf den Feststellungen der Außenprüfung beruhenden Umsatzsteuerbescheid 2005. Es erhöhte die Bemessungsrundlage der steuerpflichtigen sonstigen Leistungen um 2.475.101 €. Diesen geänderten Bescheid, der einschließlich unstrittiger Änderungen zu einer Nachzahlung in Höhe von insg. 456.351 € (incl. Zinsen) führte, hat die Klägerin mit form- und fristgerechtem Einspruch angefochten.

22

Der hiergegen form- und fristgerecht eingelegte Einspruch richtet sich gegen die Qualifizierung der Provisionseinnahmen im Zusammenhang mit den Erlösen aus der Vermittlung von Fondsanteilen steuerpflichtige sonstige Leistung. Nach Meinung der Klägerin sind die anteiligen Erlöse als steuerfreie Vermittlungen im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchstabe e UStG. Zur Einspruchsbegründung trug sie im Wesentlichen vor: Umsatzsteuerlich sei die Klägerin Unternehmerin mit der Vermittlung von Kapitalanlagen. Sie betreibe nach § 1 Abs. 1a KWG die Anlage- und Abschlussvermittlung von Finanzdienstleistungen und unterliege der Fachaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen und der Deutschen Bundesbank. Sie sei damit ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 4 Wertpapiergesetz (WPG).

23

Mit Einspruchsentscheidung vom 01. Oktober 2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit sei - mit Ausnahme der Eigenvermittlungen - keine Vermittlungstätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 8 e bzw. f UStG. Die Tätigkeit der Klägerin erfülle nicht die Kriterien des steuerfreien Vermittlungsbegriffs. Die Klägerin habe die Aufgabe, bestimmte Fonds (A und D) in Deutschland „anzubringen“. Ihre Verpflichtung gegenüber den jeweiligen Vertragspartnern erstrecke sich nach Ziff. III Nr. 1 der Vertriebsverträge allerdings auf Unterstützungsleistungen (Schulung, zur Verfügungsstellung von Werbematerial und Prospekten sowie Kaufverträge in angemessenem Umfang, Erteilung von Auskünften und Informationen über Investmentfonds im Allgemeinen und die Fonds A und D im Besonderen und durch Werbung und Öffentlichkeitsarbeit) für die jeweils tätigen Vermittler. Die genannten Tätigkeiten erfüllten nicht die Voraussetzungen des Vermittlungsbegriffs im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BFH. Die Informationsbereitstellungsaktivitäten der Klägerin, die Annahme, Überprüfung und Weiterleitung der Anträge auf Zeichnung der Fondsanteile stellten keine Vermittlungsleistungen, sondern Sacharbeit dar. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Klägerin neben der Annahme, Überprüfung und Weiterleitung der Anträge auf Zeichnung der Fondsanteile unmittelbare Einflussnahme bei den Kapitalanlagegesellschaften auf die Aushandlung der Fondbedingungen hätte. Dies sei jedoch unstreitig nicht der Fall.

24

Auch die Vereinbarung einer erfolgsbezogenen Vergütung (unabhängig von der Bezeichnung) sei für das Vorliegen einer Vermittlungsleistung irrelevant. Vielmehr sei der Umstand, dass die von der Klägerin durchgeführten Tätigkeiten nicht mit einer festen Vergütung entgolten, sondern durch eine provisionsabhängige und damit erfolgs- und abschlussabhängige Vergütung bezahlt würden, branchenüblich. Nach Auffassung des Beklagten stellten die einzelnen Aktivitätsbereiche bei der Klägerin selbständig zu beurteilende Leistungen dar, da die Leistungen nicht so ineinander griffen, dass sie bei natürlicher Betrachtung eine selbständige Leistung bildeten. Das prägende Element der Tätigkeit der Klägerin bestehe nur in Unterstützungsleistungen und Werbeaktivitäten.

25

Die Anteile der Werbeaktivitäten habe der Beklagte mangels Angaben der Klägerin geschätzt (§ 162 AO). Die Klägerin habe hierüber trotz Aufforderung keine Angaben gemacht, weil sie von einer insgesamt nicht steuerbaren Leistung ausgehe. Mit dem vorliegenden Einspruch habe die Klägerin die vorgenommene Schätzung aber auch nicht beanstandet. Einzelheiten zur vorgenommenen Schätzung seien im Bericht über die Außenprüfung (Anlage 10) dargestellt. Diese Werbeaktivitäten bzw. der Anteile Umsatz sei nicht steuerbar (§ 3 a Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. § 3 a Abs. 3 UStG); der anteilige Vorsteuerabzug der Klägerin bleibe erhalten.

26

Die Beurteilung der Tätigkeiten der Klägerin durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sei für die Beurteilung der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 8 e UStG unbeachtlich. Die von dort zu beachtenden Vorschriften, z.B. nach dem Geldwäschegesetz, hätten keine Auswirkung auf die von der Rechtsprechung aufgezeigten Grundsätze zum Vorliegen einer Vermittlungsleistung i.S.v. § 4 Nr. 8 UStG.

27

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 01. November 2009 bei Gericht eingegangenen Klage. Sie trägt klagebegründend vor:

I.

28

Die Gesellschaft sei 1978 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma N Immobilien- und Investitionsgesellschaft in M errichtet und dort am 28. März 1978 in das Handelsregister unter Nr. B 55500 eingetragen worden. In der Folgezeit hätten sich die satzungsgemäßen Bestimmungen einschließlich der Firma mehrfach geändert. Der Firmensitz sei 1982 nach F - damals unter der Firma N Investmentfondsvertriebsgesellschaft verlegt worden. Zumindest seit 1983 sei die Gesellschaft ausschließlich im Bereich Fondsvermittlung tätig.

29

Die Eintragung unter Nr. B 1848 beim Amtsgericht B unter der Firma N (Deutschland) Investmentvermittlungsgesellschaft mbH mit Sitz in B mit einem Stammkapital von DM 150.000 sei am 15. November 1994 erfolgt. Mit Urkunde Nr. .../2000 vom 24. August 2000 des Notars Dr. S in B hätten die Gesellschafter den Formwechsel in die Rechtsform der Aktiengesellschaft und die Änderung der Firma (N AG) beschlossen. Die Eintragung der Umwandlung sei am 20. Dezember 2000 im Handelsregister des Amtgerichts B erfolgt. Bei der formwechselnden Umwandlung sei das Stammkapital der Gesellschaft von DM 250.000 nach vorheriger Umstellung auf EUR und einer zur Glättung beschlossenen Kapitalerhöhung auf EUR 150.000 umgestellt worden.

30

Der satzungsgemäße Gegenstand des Unternehmens sei die gewerbsmäßige Vermittlung des Abschlusses von Verträgen über den Erwerb von ausländischen Investmentanteilen und der Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss solcher Verträge. Zum 31. Dezember 2005 seien die Aktien der N. AG gehalten worden von:

31

1. Frau A. B., B./Luxemburg, im Nominalwert von

 15.000 EUR

2. Herrn J. B., B./Luxemburg, im Nominalwert von

127.500 EUR

3. eigene Anteile im Nominalwert von

7.500 EUR

32

Die Klägerin sei ein Finanzdienstleistungsinstitut gemäß § 1 Abs. 1a Kreditwesengesetz (KWG). Sie betreibe die Anlage- und Abschlussvermittlung von Finanzinstrumenten ohne Eigenhandel. Im Zusammenhang mit der Anlage- und Abschlussvermittlung ist sie befugt, sich bei der Erbringung dieser Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen. Die Erstanzeige nach § 64e Abs. 2 Satz 1 KWG habe die Gesellschaft am 24. März 1998 abgegeben. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) habe mit Schreiben vom 4. August 1998 den Umfang der Erlaubnis bestätigt. Am 3. November 1998 habe die Klägerin beim BAKred einen Antrag auf Erweiterung der Geschäftserlaubnis gem. § 32 KWG gestellt.

33

Die Klägerin sei ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 4 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Sie unterliege der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und sei Mitglied der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW).

34

Die Gesellschaft betreibe ausschließlich das Vermittlungsgeschäft für ausländische Investmentfonds, die ihre Anteile zulässigerweise in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben. Die Vermittlung erfolge überwiegend über freie Handelsvertreter. Die Steuerung der geschäftlichen Aktivitäten erfolge zentral von B.

35

Der Umsatz (Provisionserträge im Zusammenhang mit der Anlage- und Abschlussvermittlung) habe in den letzten Geschäftsjahren (Kalenderjahr) betragen:

36

2005   

 4,4 Mio. EUR

2004   

 4,5 Mio. EUR

2003   

 4,4 Mio. EUR

2002   

 6,1 Mio. EUR

2001   

 9,3 Mio. EUR.

37

Das vermittelte Fondsvolumen habe nach ihren statistischen Aufzeichnungen betragen:

38

2005   

   46,7 Mio. US$, 2,9 Mio. EUR

2004   

   74,4 Mio. US$

2003   

   59,1 Mio. US$

2002   

   73,5 Mio. US$

2001   

 126,9 Mio. US$.

39

Die Gesellschaft habe die Anzeige- und Meldevorschriften nach der Monatsausweisverordnung, die Anzeigenverordnung, das KWG, die Groß- und Millionenkreditverordnung und die Grundsätze über das Eigenkapital und die Liquidität nach dem KWG zu beachten. Anzeigen nach § 25 Abs. 1 KWG (Vermögensstatus und Erfolgsrechnung) seien vierteljährlich der Deutschen Bundesbank einzureichen.

40

Am 3. November 2005 habe bei der BaFin ein Aufsichtsgespräch stattgefunden, an dem ebenfalls Vertreter der Bundesbank teilgenommen hätten. Inhalt des Aufsichtsgesprächs sei i.w. die Art, der Umfang und der Ablauf der Geschäftstätigkeit einschließlich des Marketings der Gesellschaft gewesen. Vertreter der BaKred hätten in der Vergangenheit beobachtend an der handelsrechtlichen Jahresabschlussprüfung bei der Gesellschaft teilgenommen.

41

In der Gesellschafterversammlung vom 13. Oktober 2006 hätten die Aktionäre der Gesellschaft den Verzicht auf die Erlaubnis zum Betreiben der Anlage- und Abschlussvermittlung von Finanzinstrumenten beschlossen und dieses mit Schreiben vom 16. Oktober 2006 der BaFin angezeigt. Die hierdurch erforderliche Änderung der Satzung sei am 19. Dezember 2006 erfolgt. Danach verfüge die Klägerin noch über die Erlaubnis nach § 34 c Gewerbeordnung (GewO) und vermittele im Rahmen dieser Bestimmung weiterhin den Verkauf von Fondsanteilen.

42

Die Betriebsprüfung habe die Vorjahre lückenlos überprüft; Änderungen bei der Umsatzsteuer hätten sich hierbei nicht ergeben. Daneben sei in 1995 für 1993 eine Umsatzsteuersonderprüfung erfolgt, ohne Änderungen - bei gleichem Sachverhalt - .

II.

43

Dem der tatsächlichen Verständigung zugrunde liegende Tatbestand „Vermittlung von Anteilen an US-Fondsgesellschaften" sei auch die Grundlage für die mit der Klage angefochtene Umsatzsteuer.

44

Die Klägerin erhalte von ihrer Schwestergesellschaft N AG mit Sitz in Lichtenstein, die die Vermarktungsrechte mit den US-Fondsgesellschaften für die Vermarktung in Europa vereinbart habe, exklusive Vermarktungsrechte für die Vermittlung von Fondsanteilen der US-Fondsgesellschaften A und D Funds. Die Klägerin vermittele den Kauf von Investmentfondsanteilen dieser Gesellschaften und berate ihre Kunden bei der Anlage. Dabei werde die Gesellschaft zum Teil eigenständig vermittelnd tätig, bediene sich aber bei dem Vertrieb der Fondsanteile auch selbständiger Handelsvertreter. Die Vertriebsseite sei dabei durch eine mehrstufige Struktur gekennzeichnet. Die selbständigen Handelsvertreter erhielten die Unterlagen und Informationen zu den Fonds ausschließlich von der Klägerin. Sie vermittelten bei den Kunden in individuellen Beratungen die Fondsanteile. Dabei würden die für die Vermittlung erforderlichen Unterlagen gemeinsam mit den Kunden ausgefüllt und an die Klägerin weitergeleitet. Nach Überprüfung der eingereichten Unterlagen durch die Klägerin auf Vollständigkeit und auf Plausibilität leite diese sie an den Fonds weiter. Für die Vermittlung der Fondsanteile erhalte die Klägerin Abschluss- und Bestandspflegeprovisionen. Soweit Dritte an der Vermittlung für die N AG tätig seien, erhalten diese hierfür ein Entgelt. Um erfolgreiche Vermittlungen durchführen zu können, würden die Fondsanteile von der Gesellschaft beworben. Dieses erfolge auch in sog. Informationsveranstaltungen, zu denen Vermittler und interessierte Kunden eingeladen würden.

45

Die Klägerin werde von der N AG in die Beschaffung von Vermittlungsleistungen eingeschaltet. Die Klägerin als Auftragnehmerin lasse diese Vermittlungsleistungen im eigenen Namen und für Rechnung der N AG als Auftraggeberin durch Dritte (Untervermittler) erbringen (Dienstleistungskommission, vgl. § 3 Abs. 11 UStG, Abschnitt 32 Abs. 1 Satz 5 UStR 2008).

46

Bei der Dienstleistungskommission werde eine Leistungskette fingiert. Die Leistungen der Leistungskette, d.h. die an die Klägerin von den Untervermittlern erbrachte Leistung und die von der Klägerin an N AG erbrachte Leistung würden bezüglich ihres Leistungsinhalts gleich behandelt (vgl. Abschnitt 32 Abs. 2 Satz 1 UStR). Wenn es unstreitig sei, dass der Untervermittler eine steuerbefreite Vermittlungsleistung (mit der Vermittlung von Anteilen an US-Fondsgesellschaften) an die Klägerin erbringe, müsse es sich bei der von der Klägerin an die N AG erbrachten Leistungen ebenfalls um steuerbefreite Vermittlungsleistungen handeln. Dieses gehe eindeutig aus den von der Klägerin verwandten Kaufanträgen hervor; die Vermittlungsleistung des Dritten erfolge im Namen der Klägerin.

47

Auch aus der Sicht der BaFin würden die Vermittlungen über die Untervermittler den Eigenvermittlungen gleichgestellt. Diese Vorgehensweise decke sich mit den Grundsätzen zu § 3 Abs. 11 UStG für Dienstleistungskommissionen.

48

Die begleitend zu den Vertriebsverträgen der N AG durchgeführten Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten erbringe die Klägerin im eigenen Interesse zur Förderung des wirtschaftlichen Erfolgs. Es lägen keine von den Fondsgesellschaften auf die Klägerin ausgelagerten und umsatzsteuerlich selbständig zu beurteilende "Sacharbeiten eines Verkäufers" vor. Diese lägen nur dann vor, wenn kein unmittelbarer Bezug zu den Vermittlungsleistungen bestehen würde.

49

Der Käufer der Fondsanteile erwerbe diese nach erfolgter Vermittlung durch die Klägerin bzw. durch den Untervermittler. Daher hätten die zuvor genannten Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten aus der Sicht der Klägerin das alleinige Ziel, Kaufvertragsabschlüsse zu vermitteln und damit Einnahmen der Klägerin zu erzielen. Die verkaufsunterstützenden Aktivitäten erfolgten grundsätzlich im Vorfeld einer Vermittlung und dienen allein dem im Wege der Vermittlungsleistung erfolgenden Fondsabsatz. Beispielsweise in 2005 hätten an den "verkaufsunterstützenden" Veranstaltungen insgesamt 1250 Kunden teilgenommen. In dieser Anzahl seien 12 Vertriebspartner enthalten, die allerdings auch zusätzlich Kunde seien. Von den 1250 Kunden seien der Klägerin 795 namentlich bekannt gewesen, 455 Personen hätten als Begleitpersonen an den Veranstaltungen teilgenommen. Zusätzlich zu den Kunden hätten 134 Vermittler die Veranstaltungen besucht. Insoweit sei die Aussage des Beklagten, "die von der Stpfl. in diesem Zusammenhang genannten ca. 6.000 Teilnehmer bezieht sich nach Ansicht der BP hauptsächlich auf teilnehmende Vermittler." unzutreffend. Sie schätze den Anteil der Vermittler an den Kundenveranstaltungen insgesamt auf ca. 10 vH.

50

Mit Urteil vom 30. Oktober 2008 (BFH vom 30.10.2008 - V R 44/07) habe sich der BFH zur Abgrenzung der steuerfreien Vermittlung von Fondsanteilen und Versicherungen zu steuerfreien Vertriebsleistungen allgemeiner Art geäußert. Die Steuerfreiheit der Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern nach § 4 Nr. 11 UStG setze danach voraus, dass der Unternehmer, der diese Leistungen übernehme, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots zumindest mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken könne, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen sei. Die einmalige Prüfung und Genehmigung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen reiche nicht aus. Der BFH lasse in den Urteilsgründen zwar die Frage offen, ob die Vorschriften im Hinblick auf den eigenständigen Wortlaut nach § 4 Nr. 8 Buchst. F (Vermittlung) und Nr. 11 UStG (Umsätze aus der Tätigkeit als) einheitlich auszulegen seien, mache aber deutlich, dass er auch unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung an seinem Urteil vom 9.7.1998 (BFH vom 9.7.1998 - V R 62/97, BStBI. II 1999, 253) weiter festhalte.

51

Dabei weiche der BFH von der Meinung der im Schreiben des BMF vom 9.10.2008 vertretenen Meinung, nach der Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbständigen Vermittlern auch dann steuerfrei sein sollen, wenn bei „Verwendung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen .... der Unternehmer durch die einmalige Prüfung und Genehmigung der Standardverträge und standardisierten Vorgänge mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann" ab, da es sich insoweit um Leistungen handele, die im Schwerpunkt durch nach der EuGH- Rechtsprechung steuerpflichtige Leistungselemente geprägt würden, die im Halten der Kontakte mit Versicherungsvertretern und in der Weitergabe von Informationen an diese bestünden.

52

Die Fondsgesellschaften hätten ein Eigeninteresse daran, dass die Anleger im Zusammenhang mit der Vermittlung bzw. bereits im Vorfeld von professionellen Vermögensberatern informiert und aufgeklärt würden. Auch schon aus diesem Grunde sei ein Direktverkauf von den Fondsgesellschaften ohne die Zwischenschaltung von Vermittlern nicht angestrebt. Die Gewinnung aufgeklärter Anleger sei aus Sicht der Fondsgesellschaften die Basis für deren mittel- bis langfristiges Engagement. Hierdurch steige langfristig das von der Fondsgesellschaft verwaltete Vermögen und damit korrespondierend deren Gebührenvolumen. Diese Gebühren seien die Basis des Umsatzes der Fondsgesellschaften. Damit dienten die Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten auch aus Sicht der Fondsgesellschaften der Vermittlung.

53

Insoweit hätten die Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten keinen eigenen Zweck. Sie seien lediglich ein Mittel, die Vermittlung der der Klägerin unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Die vorgenannten Aktivitäten seien für die Klägerin unverzichtbarer Bestandteil des Leistungsprozesses. Dieser Leistungserstellungsprozess münde nach außen hin - umsatzsteuerlich relevant - ausschließlich in Vermittlungsleistungen. Insoweit seien die Bezeichnungen "Bestandspflege- und Marketingprovision" irreführend, als diese auf den ersten Blick auf eine nach außen gerichtete und damit umsatzsteuerlich relevante Leistung hinweisen würden. Die Höhe dieser Provisionen richte sich allein nach dem Vermittlungserfolg der Klägerin und nach dem vorhandenen Fondsvolumen der Kunden.

54

Die Rechtsprechung habe sich zwischenzeitlich, insbesondere was die Bestandspflegeprovision, die auch als ratierliche Abschlussprovision bezeichnet wird, betrifft, dieser aus wirtschaftlicher Sicht sehr schlüssigen Betrachtungsweise angeschlossen. Der BFH habe mit Urteil vom 19.4.2007 - V R 31/05, UR 2007, S. 646 ff. entschieden, dass die neben der Absatzprovision gezahlte, bestandsabhängige Bestandspflegeprovision auch Bestandteil des Entgelts für die gem. § 4 Nr. 8 Buchst, e UStG steuerfreie Vermittlung von Fondsanteilen sein könne. Der Anspruch auf die Bestandspflegeprovision entstehe dem Grunde nach in voller Höhe mit der Ausgabe der Fondsanteile an den Kunden. Die nachgelagerte Zahlung der Bestandspflegeprovision sei als Erhöhung des Entgelts für die Abschlussprovision i.S. von § 17 UStG zu werten. Da sich die Bestandspflegeprovision nach dem vermittelten und von den Kunden gehaltene Fondsbeständen richte, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung der Bestandspflegeprovision und der Vermittlung. Eine Bestandspflegeprovision werde nur gezahlt, wenn zuvor Fondsanteile vermittelt worden seien.

55

Fondsgesellschaften erzielten ihre Umsätze hauptsächlich aus Gebühren für die laufende Verwaltung der Fondsanteile, wobei die Basis die Höhe des verwalteten Volumens bilde. Fondsgesellschaften bzw. Kapitalanlagegesellschaften hätten daher ein originäres Interesse daran, das von ihr verwaltete Fondsvolumen nachhaltig zu steigern. Von daher sei es wichtig, Kunden mit mittel- bzw. langfristiger Anlagephilosophie zu gewinnen. Um dem Vertrieb einen besonderen Anreiz für die Vermittlung langfristig orientierter Anleger zu geben, erhielten die Vertriebspartner (wie z.B. die Klägerin) eine bestandsabhängige Vergütung über die Dauer des Investments der Anleger an den laufenden Verwaltungskosten. Diese Überlegungen müssten unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung und der wirtschaftlichen Hintergründe auf die von der Klägerin vereinnahmten Bestandspflege- und Marketingprovisionen Anwendung finden.

56

Soweit die Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten als Unterstützungsaufgaben zugunsten der Vermittler in den Vertriebsverträgen zwischen der N AG und der N AG genannt würden, dürften diese "Aufgaben" nicht als umsatzsteuerlich eigenständige Leistungsverpflichtungen interpretiert werden. Der Erwähnung dieser Aufgaben komme lediglich deklaratorischer Charakter zu. Die Parteien brächten dadurch zum Ausdruck, wie der innerbetriebliche Leistungserstellungsprozess "Vermittlung" optimaler Weise zu erfolgen habe. Wie aus den Entgeltvereinbarungen über die Marketing- und Bestandspflegeprovisionen eindeutig ersichtlich, hätten diese Aktivitäten umsatzsteuerrechtlich, wenn überhaupt, lediglich Nebenleistungscharakter. Bedenke man, dass der wirtschaftliche Vorteil für die Fondsgesellschaften allein in den Vermittlungen und der Vermögensverwaltung bestehe, stelle sich sogar die Frage, ob den Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten überhaupt Nebenleistungscharakter zukomme oder diese Aktivitäten stattdessen nicht vollständig in den Vermittlungsleistungen "untergehen".

57

Entgegen der Entscheidung des BFH vom 6.12.2007 - V R 66/05, UR 2008, S. 273 könnten Marketing- und Werbeleistungen durchaus Bestandteile umsatzsteuerfreier Vermittlungsleistungen werden, wenn Marketing und Werbung bezweckten, dass sich die dieser bzw. diese Vermittlungsleistungen gegenüber dem Auftraggeber erbringen könne. Da die Fondsanteile grundsätzlich nur nach erfolgter Vermittlung durch die Klägerin bzw. deren Untervermittler erworben werden sollten, sei die Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt.

58

Die vorgenannten Ausführungen hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten entsprächen im Übrigen auch der Herangehensweise der BaFin. Die Klägerin habe von der BaFin nur die Erlaubnis zur Vermittlung von Fondsanteilen und nicht für den Eigenhandel. Nach dieser Erlaubnis seien der Klägerin keine über die Vermittlung hinausgehenden Tätigkeiten erlaubt gewesen, die nicht ursächlich mit der Vermittlung zusammenhängen. Da aus Sicht der BaFin die Vermittlungsleistungen der Untervermittler Eigenvermittlungen der N AG gleichzustellen seien, hätten die für die Untervermittler unentgeltlichen Schulungen und Unterstützungen aus Sicht der BaFin den Charakter von internen Mitarbeiterschulungen.

59

Im Übrigen könne eine einheitliche Leistung für Zwecke der Umsatzsteuer nicht aufgeteilt werden.

60

Ergänzend zu den Ausführungen zum Leistungseinkauf gem. § 3 Abs. 11 UStG und in Bezug zu den Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten als integraler Bestandteil des internen Leistungserstellungsprozesses seien neuere Entwicklungen auf dem Gebiet der sog. "Superprovisionen-Rechtsprechung" zu betrachten. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH seien Schulungs-, Betreuungs- und Überwachungsleistungen im Zusammenhang mit Vermittlungsleistungen im Versicherungsbereich stets steuerfrei gewesen. Das aktuelle Urteil des EuGH vom 3.4.2008, C-124/07, "J.C.M. Beheer BV", UR 2008, 389 weise zutreffend darauf hin, dass zukünftig die Steuerbefreiungen für den Vertrieb im Versicherungs- und Finanzbereich einheitlich auszulegen seien.

61

In beiden Bereichen komme es weder auf die Person des Leistenden noch auf die des Leistungsempfängers an (für den Finanzbereich vgl. EuGH vom 21.6.2007, C-453/or, Ludwig, UR 2007, S. 617, Rz. 25 f.). Darüber hinaus lasse es die vom EuGH stets hervorgehobene Freiheit des Organisationsmodells zu, dass steuerfreie Vermittlungsleistungen in einzelne Teile zerfielen. Dabei müsse es dem im Vertrieb tätigen Unternehmen möglich sein, ein ihm passendes Organisationsmodell zu wählen ohne dabei Gefahr zu laufen, aufgrund seiner Wahl von der Steuerfreiheit ausgeschlossen zu sein. Die freie Wahl des Organisationsmodells führe jedoch nicht zu einer Erweiterung des eigentlichen Befreiungstatbestandes. Ausgelagerte Teile von Vermittlungsleistungen seien nur steuerfrei, wenn sie als eigenständiges Ganzes die spezifischen und wesentlichen Funktionen der steuerfreien Leistung erfüllten (vgl. EuGH vom 21.6.2007, C-453/05, Ludwig, UR 2007, S. 617-621). Bei den von der Klägerin engagierten Untervermittlern seien diese Anforderungen für die Steuerfreiheit zweifelsfrei erfüllt. Beratungen im Vorfeld dieser Untervermittlungsleistungen seien aus Sicht des EuGH Nebenleistungen zu den Vermittlungsleistungen und teilten daher das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Vermittlungsleistungen (vgl. EuGH vom 21.6.2007, C-453/05, Ludwig, UR 2007, S. 619, Rz. 20).

62

Was die streitigen Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten der Klägerin als Hauptvermittler betreffe, ergebe sich aus der Angleichung der Rechtsprechung in Bezug auf Steuerbefreiungen für den Vertrieb im Versicherungs- und Finanzbereich das Folgende: Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Superprovisionen im Finanzbereich komme es darauf an, ob das Anwerben von Untervermittlern, deren Schulung, Betreuung und Überwachung noch als hinreichend Ganzes anzusehen sei, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der steuerfreien Vermittlung erfülle. Die Schulung, Betreuung und Überwachung seien, ebenso wie die hier vorliegenden, auf jeden Fall spezifisch und wesentlich für die Vertriebstätigkeit. Ob es sich dabei jedoch aufgrund des Bezugs derartiger Tätigkeiten zu allgemeinen Vertriebstätigkeiten auch um ein hinreichendes Ganzes im Hinblick auf die im Einzelfall zu erbringende steuerfreie Vermittlungsleistung handele, hänge davon ab, ob der Unternehmer, der die Superprovisionen erhält, an der Erbringung einzelner Vermittlungsleistungen beteiligt sei.

63

Die Voraussetzung der Beteiligung am einzelnen Vermittlungsakt sei bei der Klägerin ohne jeden Zweifel erfüllt. Da sie neben den Schulungs-, Informations- und Werbeaktivitäten explizit an der Erbringung der einzelnen Vermittlungsleistungen beteiligt sei, seien die Aktivitäten der N AG als eigenständiges Ganzes zu werten, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfreien Vermittlungsleistung erfülle.

64

Zu der Frage der Einbindung der N AG in den einzelnen Vermittlungsakt:

65

In den Vertriebsverträgen zwischen der N AG und der Klägerin verpflichte sich letztere, dafür Sorge zu tragen, dass die zum Erwerb von Fondsanteilen notwendigen Kaufanträge von den Käufern ordnungsgemäß ausgefüllt, eigenhändig unterzeichnet und an die Fondsgesellschaften weitergeleitet würden. Den Kaufanträgen sei grundsätzlich ein an die Klägerin adressierter Umschlag beigefügt. Aus den Anträgen ergebe sich eindeutig, dass jeder Kaufantrag zur Prüfung der darin enthaltenen Angaben "über den Schreibtisch" der Klägerin gehe, bevor der Kaufantrag von der N AG an die jeweilige Fondsgesellschaft weitergeleitet werde. Diese Vorgehensweise sei nicht lediglich Ausfluss der in den Vertriebsverträgen zwischen der N AG und der Klägerin vereinbarten Prüfungspflichten der Klägerin. Der Klägerin seien diese Prüfungspflichten auch von der BaFin auferlegt. Aus Sicht der BaFin sei die Auslagerung der Vermittlung bzw. die Einschaltung von Untervermittlern durch die N AG wie ein Vermittlungseigengeschäft zu behandeln. Somit müsse die Klägerin bei Einschaltung von Untervermittlern die gleichen Prüfungspflichten wie bei Eigenvermittlungen erfüllen. Jeder Kaufantrag müsse mit dem nach §§ 31, 32 WpHG beigefügten Prüfungsfragebogen zum Risikoprofil des Anlegers und dem Identifikationsnachweis zur Einhaltung der Vorschriften des Geldwäschegesetzes von der N AG überprüft werden. Die Einhaltung dieser Prüfungspflichten sei Bestandteil der Jahresabschlussprüfung und werde zusätzlich von der BaFin überwacht.

66

Der BFH habe mit Urteil vom 28.05.2009 - V R 7/08, BFH/NV-2009-1744 zu steuerfreien Vermittlungsleistungen eines Versicherungsvertreters entschieden, dass auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbständigen Vermittlern gem. § 4 Nr. 11 UStG oder zu Vermittlungsleistungen der in § 4 Nr. 8 UStG bezeichneten Art gehörten. Das setze aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken könne.

67

Aus dem Schriftverkehr bzw. den Kundenunterlagen der Klägerin, die bisher von der Beklagten nicht eingesehen und auch nicht angefordert worden seien, gehe eindeutig hervor, dass die Klägerin in vielen Fällen in die Geschäftsvermittlung im Rahmen der Einbindung hier eingegriffen habe.

68

Die Klägerin beantragt,

69

den Umsatzsteuerbescheid 2005 in der Änderungsfassung vom 06. April 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 01. Oktober 2009 ersatzlos aufzuheben.

70

Der Beklagte beantragt,

71

die Klage abzuweisen.

72

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und nimmt zur Klageerwiderung zunächst Bezug auf die Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung vom 01. Oktober 2009. Ergänzend führt er aus:

73

1. Dienstleistungskommission: Entgegen der klägerischen Auffassung werde diese nicht im Rahmen einer Dienstleistungskommission i.S.v. § 3 Abs. 11 UStG tätig. Die Dienstleistungskommission bedinge ein Auftreten im eigenen Namen auf Rechnung des Auftraggebers. Ob der Auftraggeber im eigenen Namen handele, hänge von seinem Auftreten nach außen gegenüber dem Dritten ab. Danach sei dem Dritten nicht bekannt, wer der Auftraggeber im Rahmen der Dienstleistungskommission sei. Ein Handeln für fremde Rechnung sei anzunehmen, wenn das wirtschaftliche Risiko, das mit der besorgten Leistung verbunden sei, nicht von dem Besorgungsunternehmer (Auftragnehmer) getragen werde. Der Dritte rechne hierbei seine erbrachte Leistung (Vermittlungsleistung) wie gewohnt mit dem Besorgungsunternehmer und der Besorgungsunternehmer seine Leitung (Besorgungsleistung) mit seinem Auftraggeber ab (ggf. im Gutschriftswege).

74

Die Kaufanträge aus dem Prüfungszeitraum 2001 bis 2005 wiesen gerade nicht auf eine Dienstleistungskommission hin. Auf den Kaufanträgen seien neben der Klägerin in der Kopfzeile die ausländischen Kapitalanlagegesellschaften benannt. Für den Dritten (Untervermittler) sei danach bekannt, für welche Gesellschaft er die Fondsanteile letztendlich vermittelt. Die Tatsache, dass die Kaufanträge bei der Klägerin einzusenden seien, bedinge nicht unmittelbar ein Handeln im eigenen Namen.

75

Würde die N AG im eigenen Namen handeln, wäre der Untervermittler zwangsläufig verpflichtet, eventuelle Regressansprüche unmittelbar gegenüber der Klägerin geltend zu machen bzw. einzuklagen. Die Haftung der Klägerin gegenüber dem Dritten beschränke sich nach dem Vertrag vom 22./29.08.2005 (Untervermittler: F AG, U-Str. 6, PLZ I - Bp-Berichtsakten Bd. l, lfd. Nr.1, Bl. 8-13) jedoch lediglich auf die unverzügliche Weiterleitung von Kauf- und Verkaufsanträgen an die Fonds und auf vorsätzliche und grobfahrlässige Sorgfaltspflichtverletzungen bei der Erteilung von Informationen und Ratschlägen im Bezug auf Anlagedispositionen, Kursentwicklungen, Börsentendenzen usw. an den Untervermittler. Die Klägerin hafte nicht für die Entlohnung der von den Untervermittlern erbrachten Vermittlungsleistungen. Dies ergebe sich auch aus Textziffer V des v.g. Vertrages. Danach sei die Zahlung von Vergütungen an den Untervermittler ausgeschlossen, wenn die Klägerin ihrerseits die Vergütungen nicht von den Fonds erhalte.

76

Eine Dienstleistungskommission könne unter anderem auch nur dann vorliegen, wenn die Klägerin von der N AG beauftragt worden sei, Vermittlungsleistungen zu beschaffen. Aus den der Betriebsprüfung vorgelegten Vertriebsverträgen (vgl. Bp-Berichtsakten Bd. l, lfd. Nr. 16, Bl. 153 - 177) ergäben sich diesbezüglich keine Anhaltspunkte. Nach den Vertriebsverträgen vom 10./14. Mai 1994 und 17./22. September 1996 in Bezug auf den The A Funds (amerikanische Kapitalanlagegesellschaft) und den A (luxemburgische Kapitalanlagegesellschaft) bestehe der eindeutige Auftrag der Klägerin in Unterstützungsleistungen der für sie tätigen Vermittler.

77

Auch aus dem Vertriebsvertrag vom 14.03.1995 in Bezug auf den D Funds (luxemburgische Kapitalanlagegesellschaft) gehe für die Klägerin keine Verpflichtung hervor, wonach sie für die N AG Vermittlungsleistungen zu besorgen habe. Vielmehr laute es unter Textziffer 2 (2. Absatz) der deutschen Übersetzung, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Ermessen vom Einsatz von Untervermittlern Gebrauch machen könne.

78

Ein Besorgungsvertrag in Bezug auf den N Quality Funds (luxemburgische Kapitalanlagegesellschaft) sei bisher von der Steuerberatungsgesellschaft noch nicht vorgelegt worden.

79

Ob ein Kommissionsgeschäft vorliege, richte sich nach den zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer. Insoweit sei die Handhabung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen unmaßgeblich. Letztendlich bleibe auch festzuhalten, dass im Bereich des Fondsvertriebs Kommissionsgeschäfte nicht üblich seien.

80

2. Bindungswirkung der im ertragsteuerlichen Bereich getroffenen tatsächlichen Verständigung („Vermittlung von Anteilen an US-Fondsgesellschaften") vom 21.07.2008 und der in den Vorjahren durchgeführten Prüfungen (Betriebsprüfung bzw. Umsatzsteuer-Sonderprüfung): In Bezug auf die in den Vorjahren (Prüfungszeiträume vor 2001) durchgeführte Betriebsprüfung und Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelte das Rechtsinstitut der Abschnittsbesteuerung. Getroffene Vertrauensschutztatbestände seien nicht erkennbar bzw. wurden von der Steuerberatungsgesellschaft auch nicht im Detail vorgetragen. Die tatsächliche Verständigung, die zum ertragsteuerlichen Bereich getroffen worden sei (Annahme Vermittlungsleistung), entfalte für die Umsatzsteuer keine Bindungswirkung.

81

3. Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG: Auch unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts (Art. 13 Teil B Buchstabe d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie) ist die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG eng auszulegen.

82

Hinsichtlich der Steuerbefreiung für Vermittlungsleistungen werde nochmals auf die bereits in der Einspruchsentscheidung zitierte, gefestigte Rechtsprechung des EuGH und BFH verwiesen (dazu insbesondere BFH-Urteile vom 20.12.2007 -Az.: V R 62/06 sowie vom 30.10.2008 V R 44/07). Nach dieser Rechtsprechung sei im Aufbau, in der Führung und Leitung eines Außendienstes keine Vermittlungstätigkeit zu sehen.

83

Die Klägerin habe auch in der Klagebegründung nicht dargetan, worin ihre Vermittlungstätigkeit konkret bestanden habe. Sie trage lediglich vor, 2005 hätten an ihren sog. „verkaufsunterstützenden" Veranstaltungen insgesamt 1250 Kunden teilgenommen und will daraus eine Steuerfreiheit ihrer Leistungen herleiten. Allerdings ergebe sich aus ihrem Vortrag weder, zu welchen Zeitpunkten bzw. an welchen Orten diese Veranstaltungen stattgefunden hätten, noch worin die Tätigkeit der Klägerin bestanden und worin ihre konkrete Vermittlungsleistung gegenüber den Käufern der Fondsanteile bestanden habe. Entsprechende Unterlagen bzw. sonstige Nachweise seien nicht vorgelegt worden.

84

Im Übrigen sprächen sowohl die von der Klägerin mit N AG als auch die mit den Untervermittlern geschlossenen Verträge gegen eine eigene Vermittlungstätigkeit.

85

Ausweislich dieser Vertriebsverträge habe die Klägerin die Aufgabe, bestimmte Fonds in Deutschland „anzubringen" (vgl. Ziffer 1 Vorbemerkung 2 der Verträge). Ihre Verpflichtung gegenüber den Vertragspartnern erstrecke sich allerdings auf Unterstützungsleistungen für die jeweils tätigen Untervermittler (Ziffer III Nr. 1 der Verträge). Die dort genannten Tätigkeiten erfüllten nicht die Voraussetzungen des Vermittlungsbegriffs im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung. Die Informationsbereitstellungsaktivitäten der Klägerin, die Aufnahme, Überprüfung und Weiterleitung der Anträge auf Zeichnung der Fondsanteile stellten keine Vermittlungsleistung, sondern Sacharbeit dar (Hinweis auf Finanzgericht Köln vom 24.04.2007 – 7 K 4355/05, EFG, 2007, 631 und BFH-Urteil vom 06.12.2007 – V R 66/05, dort Textziffer 15).

86

Etwas anderes würde gelten, wenn die Klägerin neben der Aufnahme, Überprüfung und Weiterleitung der Anträge auf Zeichnung der Fondsanteile unmittelbare Einflussnahme bei denn Kapitalanlagegesellschaften auf die Aushandlung der Fondsbedingungen hätte (EuGH-Urteil vom 21.06.2007 - RRs. C-4533/05, Textziffer 7, 10 und 37). Dies sei jedoch nicht der Fall.

87

Auch aus der von der Klägerin im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2001 – 2005 vorgelegten Verrechnungspreisdokumentation (Ziffern 3.1.3 - 3.1.7) ergebe sich, dass die Tätigkeit der Klägerin im Wesentlichen in den vertraglich vereinbarten Unterstützungsleistungen gegenüber den für sie tätigen freien Handelsvertretern bestehe.

88

Nach eigener Aussage habe sie lediglich für ca. 23 % des vermittelten und noch im Bestand befindlichen Fondsvolumens die Vermittlung an private Endkunden übernommen (Ziffer 3.1.4 der Verrechnungspreisdokumentation). Unterlagen, die diese Aussage belegen könnten, habe sie nicht vorgelegt. Außerdem sei auch hier unklar, wie hoch der Anteil der behaupteten, eigenen Vermittlungsleistungen im Streitjahr ist. Auch hierzu hat die Klägerin keinerlei Nachweise vorgelegt.

89

Der Beklagte habe der Möglichkeit eigener Vermittlungsleistungen durch die Klägerin durch Anerkennung eines steuerfreien Anteils von ca. 10 % an den von der Klägerin erzielten Umsätze, auch für das Streitjahr, Rechnung getragen.

Entscheidungsgründe

90

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die streitbefangenen Umsätze zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen.

I.

91

1. Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung steuerfrei die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren. Die Vermittlung muss sich auf Geschäfte mit Wertpapieren beziehen. Hierunter sind Umsätze zu verstehen, die geeignet sind, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 200, 93, BStBl II 2003, 730). Anteile an Investmentfonds sind Wertpapiere i.S. des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG 1999 (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2001, I-10237, BFH/NV Beilage 2002, 35 Rz 22; so auch BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 31/05, BFH/NV 2007, 1546).

92

2. Nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG sind die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen steuerfrei. Die Steuerfreiheit nach dieser Regelung überschneidet sich teilweise mit der Befreiung für Wertpapiergeschäfte nach Nr. 8e und rundet diese ab (vgl. nur Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9.Aufl., § 4 Nr. 8f Rz. 29 m.w.N.). Der Vermittlungsbegriff beider Normen ist daher deckungsgleich (Wäger in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 8 UstG Rz. 170; noch weitergehend Philiposki in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, § 4 Nr. 8 UStG Rz. 399, der diese Deckungsgleichheit auf alle Vermittlungsfälle in Nr. 8 ausdehnt; im letztgenannten Sinne auch FG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2008 1 K 3288/06 U, EFG 2009, 56); gemeinschaftsrechtlich beruhen beiden Vorschriften nunmehr auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL.

93

a. Umsätze i.S.d. Nr. 8f kommen z. B. in Betracht, wenn der Leistungsempfänger einen Anteil an einer Gesellschaft erhält und dadurch Gesellschafter einer Gesellschaft wird oder weitere Anteile an der Gesellschaft, an der er bereits beteiligt ist, erhält (BFH-Urteil vom 29. Januar 1998 V R 67/96, BStBl II 1998, 413). Die Vorschrift befreit die Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und die Vermittlung dieser Umsätze. Neben dem steuerfreien Anteilsumsatz als Grundgeschäft ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur die Vermittlung von Anteilsumsätzen steuerfrei. Die Steuerbefreiung erstreckt sich somit nicht allgemein auf Leistungen, die nach ihrem Gegenstand einen bloßen Bezug zu Gesellschaftsanteilen aufweisen. Steuerpflichtig sind daher insbesondere Beratungs- oder Werbeleistungen, mit denen der Kauf von Gesellschaftsanteilen lediglich empfohlen oder durch die für den Kauf von Gesellschaftsanteilen geworben wird (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 66/05, BFH/NV 2008, 716).Die Vorschrift ergänzt, wie dargestellt, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG um die Umsätze der nicht in Wertpapieren verbrieften Gesellschafts- bzw. Vereinigungsanteile. Andererseits gibt es zwischen § 4 Nr. 8 Buchst. e und f UStG auch Überschneidungen. So fällt z. B. der Umsatz mit einem GmbH-Anteil unter beide Vorschriften.

94

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG auch Umsätze, die in der Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen bestehen. Die Steuerfreiheit für die Vermittlung von Gesellschaftsanteilen erfordert keine unmittelbare Beauftragung durch eine der Parteien des vermittelten Vertrags (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2007 V R 62/06, BFH/NV 2008, 723 – Änderung der Rechtsprechung). Die Steuerfreiheit für die Vermittlung setzt eine Tätigkeit voraus, die einzelne Vertragsabschlüsse fördert. Eine der Art nach geschäftsführende Leitung einer Vermittlungsorganisation ist keine "Vermittlung" i. S. v. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG. Die vorgenannte BFH-Rechtsprechung geht auf den EuGH zurück. Dieser hat mit EuGH v. 21.6.2007, Rs. C-453/05, Ludwig, BFH/NV Beilage 2007, 398 entschieden, dass der Begriff der Vermittlung ein eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts ist. Er bezieht sich auf eine Tätigkeit einer Mittelsperson, die nicht Partei eines Vertrags über ein Finanzprodukt ist und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die im Rahmen solcher Verträge erbracht werden. Die Vermittlungstätigkeit ist eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Steuerbefreiung davon abhängt, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Erbringer der Vermittlungsleistung und einer Partei des zu vermittelnden Vertragsverhältnisses besteht. Vielmehr ist auf die Art der erbrachten Leistung und ihren Zweck abzustellen. Eine Vermittlungsleistung kann u. a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Ist der Vermittler zugleich vermögensberatend tätig, kann nach der EuGH-Rechtsprechung die Gesamtleistung steuerfrei sein, wenn sich die Vermögensberatung als Nebenleistung zu der Vermittlungsleistung darstellt. Eine Vermittlungsleistung (so jedenfalls vom EuGH entschieden für Kreditvermittlungen) kann nur dann als von der Steuer befreiter Umsatz qualifiziert werden, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes ist, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung erfüllt. Dagegen handelt es sich nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut, wie z. B. der Erteilung von Informationen an die andere Partei oder der Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung von Wertpapieren, die Gegenstand des Vertrags sind. In einem solchen Fall nimmt der Subunternehmer denselben Platz ein wie der Anbieter des Finanzprodukts und ist daher keine Mittelsperson, die nicht den Platz einer Vertragspartei einnimmt. Nach dieser Rechtsprechung des EuGH können sog. Untervermittlungsleistungen ebenfalls umsatzsteuerfrei sein; eine steuerfreie (Kredit-)Vermittlung setzt auch nicht voraus, dass ein Kontakt des Erbringers der Vermittlungsleistung zu beiden Vertragspartnern bestanden haben muss. Die insoweit abweichende nationale Rechtsauffassung war damit nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die Steuerbefreiung einer Vermittlungsleistung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG dürfte es danach nicht voraussetzen, dass es tatsächlich zu einem Umsatz mit Gesellschaftsanteilen gekommen ist. Unbeschadet dessen erfüllen bloße Beratungsleistungen den Begriff der Vermittlung nicht. Der Begriff der Vermittlung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG ist m. E. identisch mit dem in § 4 Nr. 8 Buchst. a. UStG (vgl. zum Begriff daher auch § 4 Nr. 8 Buchst. a Rz. 52 ff.).

95

b. Der Vermittlungsbegriff ist ein autonomer Begriff des Gemeinschaftsrechts, durch den eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Befreiungstatbestands vermieden werden soll (so zutreffend Philiposki in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, § 4 Nr. 8 UStG Rz. 90 unter Geltung der – auch im Streitfall noch anwendbaren – 6. EG-RL. Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG u.a. die Vermittlung von Anteilen an Gesellschaften. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach ist die Vermittlung der Umsätze, die sich auf Anteile an Gesellschaften beziehen, steuerfrei. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG ist entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen (BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07, BStBl II 2008, 554).

96

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) definiert Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 bis 5 der Richtlinie 77/388/EWG den Begriff der "Vermittlung" nicht (vgl. zuletzt Urteil vom 21. Juni 2007 C-453/05, Ludwig, BFH/NV Beilage 2007, 398, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2007, 617 Randnrn. 23 ff.). Zur Kreditvermittlung nach Nr. 1 und zur Wertpapier- und Anteilsvermittlung nach Nr. 5 dieser Bestimmung hat der EuGH aber entschieden, dass es sich bei der Vermittlung um die Tätigkeit einer Mittelsperson handelt, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages über ein Finanzprodukt einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet. Zweck der Vermittlungstätigkeit ist, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln (EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2001 C-235/00, CSC, Slg. 2001, I-10237, BFH/NV Beilage 2002, 35, UR 2002, 84 Randnr. 39 zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Richtlinie 77/388/EWG, und EuGH-Urteil Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 Randnr. 23; BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07, BStBl II 2008, 554).

97

Im Hinblick auf die an eine steuerfreie Vermittlungsleistung ihrer Art nach zu stellenden Anforderungen gilt Folgendes:

98

- Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 bis 5 der Richtlinie 77/388/EWG enthält keine allgemeine Steuerbefreiung für Vertriebsleistungen, die dem Absatz von Finanzprodukten dienen. Die Steuerfreiheit beschränkt sich vielmehr auf die Vermittlung der in diesen Bestimmungen bezeichneten Finanzdienstleistungen. Dabei besteht nach der übereinstimmenden Vermittlungsdefinition in den EuGH-Urteilen CSC in Slg. 2001, I-10237, BFH/NV Beilage 2002, 35, UR 2002, 84, und Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 (s. oben II.1.) die Vermittlung darin, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag über das jeweilige Finanzprodukt abschließen. Die Vermittlung kann in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen. Gemeinsames Merkmal dieser Mittlertätigkeiten ist der Bezug zu einzelnen Wertpapier- oder Anteilsumsätzen. Sowohl der Nachweis von Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages als auch die Kontaktaufnahme mit der anderen Partei oder das Verhandeln über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen setzen voraus, dass sich die Mittlertätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, bezieht (BFH-Urteil in BStBl II 2008, 641, BFH/NV 2008, 723).

99

- Auch aus der Freiheit des Organisationsmodells (EuGH-Urteil Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 Randnrn. 29 ff.) ergibt sich keine über die Vermittlung von Einzelabschlüssen hinausgehende Steuerfreiheit für Vertriebstätigkeiten allgemeiner Art. Zwar kann danach die Vermittlung in verschiedene einzelne Dienstleistungen zerfallen, die dann ihrerseits als Vermittlung steuerfrei sind. Dies gilt jedoch nach der EuGH-Rechtsprechung nur, wenn es sich bei der einzelnen Leistung um ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes handelt, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Vermittlung erfüllt. Da somit auch Leistungen im Rahmen einer arbeitsteiligen Vermittlung als eigenständiges Ganzes die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Vermittlung erfüllen müssen, sind sie nur steuerfrei, wenn der jeweilige Vermittler eine Mittlertätigkeit ausübt, die sich auf einzelne Wertpapier- oder Anteilsumsätze bezieht (BFH-Urteil in BStBl II 2008, 641, BFH/NV 2008, 723). Dementsprechend bejaht der EuGH im Urteil Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 die Steuerfreiheit, wenn ein Untervermittler verbindliche Vertragsangebote einzelner Interessenten einholt und diese an den Hauptvermittler übermittelt, der sie dann nach eigener Kontrolle an das Finanzinstitut weiterleitet (EuGH-Urteil Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 Rdnr. 10).

100

- Eine weitergehende Steuerfreiheit für Leistungen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, einen anderen Unternehmer, der Vermittlungsleistungen erbringt, zu unterstützen, besteht nicht. Eine Steuerfreiheit für "vertriebsunterstützende Aufgaben" wie z.B. die "Administration einer Vertriebsorganisation" ohne "Beteiligung an der konkreten einzelfallbezogenen Maklertätigkeit der angeschlossenen Vermittler" und somit für "administrative Tätigkeiten ohne ... unmittelbaren Bezug zu konkreten steuerfreien Wertpapierumsätzen" kommt entgegen Hahne (UR 2008, 271 ff.) nicht in Betracht, da dies eine über den Vermittlungsbegriff der Richtlinie 77/388/EWG hinausgehende Steuerbefreiung für allgemeine Vertriebstätigkeiten voraussetzen würde, die die Richtlinie aber nicht vorsieht. Im Übrigen reicht es für die Steuerfreiheit nicht aus, dass es sich bei der Tätigkeit um ein für die Bewirkung der steuerfreien Leistung unerlässliches Element handelt (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 5. Juni 1997 C-2/95, SDC, Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 Randnr. 65 zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG), so dass die Steuerfreiheit lediglich vertriebsunterstützender oder administrativer Tätigkeiten nicht auf deren Unerlässlichkeit für den Eintritt des Vermittlungserfolgs gestützt werden kann. Schließlich widerspräche ein weitergehender Vermittlungsbegriff dem Erfordernis einer rechtssicheren und einfachen Anwendung des Vermittlungsbegriffs (vgl. EuGH vom 26. Juni 2003 C-305/01, MKG, Slg. 2003, I-6729 Randnr. 64 zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG). Den Erfordernissen arbeitsteilig organisierter Vertriebe wird gleichwohl hinreichend Rechnung getragen (BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07, BStBl. II 2009, 554 unter Bezugnahme auf EuGH-Urteil in der Rs. Ludwig).

101

Eine Vermittlungstätigkeit liegt mithin nicht vor,

102

- wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut, wie der Erteilung von Informationen an die andere Partei oder Annahme und der Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung der Wertpapiere, die Gegenstand des Vertrages sind. In einem solchen Fall nimmt der Subunternehmer denselben Platz ein wie der Anbieter des Finanzprodukts und ist daher keine Mittelsperson (FG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2008 1 K 3288/06 U, EFG 2009, 56),

103

- Marketingaktivitäten und Werbeaktivitäten, die darin bestehen, dass sich ein Vertriebsunternehmen nur in allgemeiner Form an die Öffentlichkeit wendet, sind mangels Handelns gegenüber individuellen Vertragsinteressenten keine Vermittlung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG. Marketing, Werbung und Vermittlung sind nicht aufgrund des bloßen Ziels, den Verkauf von Fondsanteilen zu fördern, Teil einer einheitlichen Leistung, wenn der Marketingtätigkeit und Werbetätigkeit durch die Gestaltung von Emissionsprospekten und durch Schulungstätigkeiten und Auskunftstätigkeiten, die der allgemeinen Produktinformation dienen, eigenständiger Charakter zukommt (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 66/05, BStBl II 2008, 638).

104

3. Nach Maßgabe dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen der Senat folgt, sind die vom Kläger erbrachten streitbefangenen Leistungen von ihrem Tätigkeitsbild her und somit auch der Sache und ihrem Inhalt nach nicht auf die Vermittlung i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. e bzw. Buchst. f gerichtet.

105

a. Dabei konnte der Senat es letztlich dahinstehen lassen, ob die einzelnen Aktivitätsbereiche bei der Klägerin selbständig zu beurteilende Leistungen darstellen. Der Beklagte ist – nach Auffassung des Senats im Ergebnis zugunsten der Klägerin - hiervon ausgegangen, da seiner Begründung nach die Leistungen seiner Ansicht nach nicht so ineinander greifen, dass sie bei natürlicher Betrachtung eine selbständige sonstige Leistung bilden. Der Beklagte hat demgemäß im Schätzungswege 10 v.H. der Gesamtprovisionen als (steuerfreie) Eigenvermittlungen der Klägerin angesehen.

106

Der Senat hält diese Vorgehensweise des Beklagten für nicht zutreffend. Die Klägerin hat schon nicht, worauf der Beklagte in der angefochtenen Einspruchsentscheidung selbst hingewiesen hat, die Vornahme und den Umfang der behaupteten Eigenvermittlungen nachgewiesen. Im Übrigen ist nach den geschlossenen Vertriebsverträgen eine Eigenvermittlung durch die Klägerin gar nicht vorgesehen.

107

Dessen ungeachtet wäre selbst im Fall berechtigter und tatsächlicher vorgenommener Eigenvermittlungen die Frage, ob eine einheitliche Leistung vorliegt oder die (behaupteten) Eigenvermittlungen einerseits und die Vertriebstätigkeiten andererseits als eigene selbständige Leistungen zu betrachten sind (zur Abgrenzung vgl. etwa Leonard in Bunjes/Geist, UstG, 9.Aufl., § 3 Rz. 19 m.w.N.), im Streitfall ohne Bedeutung. Im ersteren Fall, also einer insgesamt einheitlichen Leistung, liegt nach Ansicht des Senats der Schwerpunkt der gesamten Aktivitäten der Klägerin im Bereich der bloßen Vertriebstätigkeit (dazu sogleich); eine Verböserung kommt hier schon aufgrund des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbotes nicht in Betracht. Im zweitgenannten Fall hat der Senat in Ansehung des eingeschränkten Streitgegenstandes nur diejenigen Provisionen zu prüfen, die nicht auf Eigenvermittlungen zurückgehen (isolierte Betrachtung).

108

b. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin hat weder darin bestanden, dem Verkäufer der Kapitalanlagen Gelegenheiten zum Abschluss von Verträgen nachzuweisen noch mit Interessenten Kontakt aufzunehmen oder Verhandlungen zu führen.Die von der Klägerin erbrachten vorliegend streitbefangenen Leistungen sind von ihrem Tätigkeitsbild her und somit auch der Sache und ihrem Inhalt nach nicht auf die „Vermittlung“ eines Kapitalanlageprodukts ausgerichtet. Ihre Tätigkeit steht insoweit nicht im Zusammenhang mit dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages über den Erwerb von Fondsanteilen. Die Klägerin tut auch insoweit nicht das Erforderliche, damit ein solcher Vertrag über den Erwerb der Anteile zustande kommt. Sie erfüllt damit in Ansehung der vom Senat festgestellten Gesamtumstände nicht die typische Leistung einer Mittelsperson, die Möglichkeiten eines Vertragsabschlusses im Hinblick auf den Erwerb der Kapitalanlageprodukte nachweist und auf einen entsprechenden Vertragsabschluss hinwirkt. Ihre Tätigkeit stellt sich insoweit vielmehr als reine Vertriebstätigkeit dar.

109

Die Tätigkeit der Klägerin bezieht sich schwerpunktmäßig und im Wesentlichen darauf, Abschlussvermittler anzuwerben, zu schulen und im Rahmen ihres Einsatzes zu betreuen und zu unterstützen. Auch der Umstand, dass es sich hierbei um einen Pool von ca. 4000 Abschlussvermittlern handelt, zeigt zur Überzeugung des Senats, dass die Tätigkeit der Klägerin im Wesentlichen und schwerpunktmäßig auf den Aufbau einer ebenso durchstrukturierten wie breit gefächerten Vertriebsorganisation ausgerichtet ist und allenfalls geringfügig auf eine eigenständige unmittelbare Vermittlungsarbeit des Klägers selbst "vor Ort", das heißt beim Endkunden selbst. Der Senat sieht sich insoweit auch bestätigt durch den den eigenen (aktuellen) Internetauftritt der Klägerin, wo sie sich selbst wie folgt darstellt: „Die N bietet bereits seit 1982 Aktienfonds angelsächsischer Investmentgesellschaften an, die durch langfristige und weit überdurchschnittliche Anlageerfolge überzeugen. Die heutige Akzeptanz von Aktienfonds, besonders in den deutschsprachigen europäischen Ländern, ist damit ein wesentlicher Verdienst des Unternehmensgründers Joe B.. Unser Ziel ist der langfristige Erfolg unserer Kunden. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir unsere langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Investmentfonds ein. So bietet die N seit Mitte der neunziger Jahre die Top-Aktienfonds der renommierten US-Fondsgesellschaften A und D an, die langfristig außerordentliche Erfolge im Investmentbereich vorzuweisen haben. Seit 2001 arbeiten wir zudem mit der auf europäische Aktien spezialisierten Fondsgesellschaft S Asset Management des vielfach ausgezeichneten Fondsmanagers C zusammen. Neben erstklassigen Produkten legen wir besonderen Wert auf einen exzellenten Kundenservice. Die N bietet ihre Produkte über unabhängige Finanz- und Anlageberater an.“

110

c. In diesem Zusammenhang ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass bei § 4 Nr. 11 UStG Dienstleistungen wie z.B. die Festsetzung und die Auszahlung der Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters gehören (EuGH-Urteil Arthur Andersen in Slg. 2005, I-1719, UR 2005, 201 Randnr. 35). Ist insbesondere das Halten der Kontakte mit Versicherungsvertretern und die Weitergabe von Informationen an diese somit nicht steuerfrei, gilt dies auch für die Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern. Derartige Leistungen sind nach dem BFH-Urteil vom 9. Juli 1998 (V R 62/97, BStBl II 1999, 253), an dem der BFH insoweit auch unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung weiter festhält, nur dann steuerfrei, wenn der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist (zum Ganzen BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07, BStBl. II 2009, 554).

111

Das bedeutet: Auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbständigen Vermittlern kann zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers gemäß § 4 Nr. 11 UStG oder zu Vermittlungsleistungen der in § 4 Nr. 8 UStG bezeichneten Art gehören. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Dabei ist auf die Möglichkeit abzustellen, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen (so jetzt auch BMF vom 23. Juni 2009, BStBl I 2009, 773). Entscheidend ist, ob der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann (BFH-Urteil vom 9. Juli 1998 V R 62/97, BStBl II 1999, 253).

112

Eine solche einzelfallbezogene Einwirkungsmöglichkeit im vorgenannten Sinne hat nach den Feststellungen des Senats nicht bestanden. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass die „Vertriebsseite“ durch eine mehrstufige Struktur gekennzeichnet sei. Die selbständigen Handelsvertreter erhielten die Unterlagen und Informationen zu den Fonds ausschließlich von der Klägerin. Sie vermittelten bei den Kunden in individuellen Beratungen die Fondsanteile. Dabei würden die für die Vermittlung erforderlichen Unterlagen gemeinsam mit den Kunden ausgefüllt und an die Klägerin weitergeleitet. Nach Überprüfung der eingereichten Unterlagen durch die Klägerin auf Vollständigkeit und auf Plausibilität leite diese sie an den Fonds weiter. Den Kaufanträgen sei grundsätzlich ein an die Klägerin adressierter Umschlag beigefügt. Aus den Anträgen ergebe sich eindeutig, dass jeder Kaufantrag zur Prüfung der darin enthaltenen Angaben "über den Schreibtisch" der Klägerin gehe, bevor der Kaufantrag von der N AG an die jeweilige Fondsgesellschaft weitergeleitet werde. Diese Vorgehensweise sei nicht lediglich Ausfluss der in den Vertriebsverträgen zwischen der N AG und der Klägerin vereinbarten Prüfungspflichten der Klägerin. Der Klägerin seien diese Prüfungspflichten auch von der BaFin auferlegt.

113

Diese Darstellung der Klägerin über den Verfahrensablauf beinhaltet keine einzelfallbezogene Einwirkungsmöglichkeit. Die Aufgaben und Pflichten der Klägerin sind in den Vertriebsverträgen eindeutig und klar festgelegt. So heißt es etwa im Vertrag vom Mai 1994 (A) unter III 1: Die Klägerin „unterstützt die für sie tätigen Vermittler bei deren Tätigkeit durch a) Mitarbeiterschulungen; b) zur Verfügungstellung von Werbematerial und Prospekten sowie Kaufanträgen in angemessenem Umfang; c) Erteilung von Auskünften und Informationen über Investmentfonds im allgemeinen und die A Fonds im besonderen; d) Werbung und Öffentlichkeitsarbeit.“ Dieselbe (wortgleiche) Regelung findet sich im Vertrag vom September 1996 (A). Eine einzelfallbezogene Einwirkungsmöglichkeit ist durch diese Vereinbarung nicht eingeräumt. Bestätigt wird dies durch IV. 1. des Vertrages vom Mai 1996, wo es heißt: Die Klägerin „verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass die zum Erwerb von Fondsanteilen notwendigen Kaufanträge von den Käufern ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllt, eigenhändig unterzeichnet und direkt an A zur Ausführung weitergeleitet werden.“ Eine entsprechende Regelung findet sich unter IV. 1. des Vertriebsvertrages vom September 1996.

114

Auch die von der Klägerin beispielsweise im Streitjahr durchgeführte Informationsveranstaltungsreihe war lediglich allgemeine Informationsveranstaltung im Rahmen des Marketingkonzepts. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, in welchem Umfang hierbei Kunden bzw. potentielle Kunden einerseits und Vermittler andererseits teilgenommen haben. Es steht nach den Ermittlungen des Senats – im Übrigen unstreitig – fest, dass die vorgenannten Gruppen jedenfalls allesamt dort vertreten waren. Ziel der Veranstaltungen war die Information über die Anlagen und insbesondere die Anlagephilosophie, nicht jedoch die konkrete Vermittlungstätigkeit. So hat der Vorstand R. B. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass „der sofortige Erwerb im Anschluss der Veranstaltung bzw. unmittelbar bei den Veranstaltungen ... eigentlich eher die Ausnahme“ gewesen sei.

115

Allerdings wird unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 9. Juli 1998 (V R 62/97, BStBl II 1999, 253) die Auffassung vertreten, eine mittelbare Einwirkung liege vor, wenn eine Prüfung der Antragsformulare auf Vollständigkeit und ordnungsgemäßes Ausfüllen stattfinde bzw. die Möglichkeit gegeben sei, dies im Einzelfall zu tun (Philipowski, UR 2009, 92 f.). Der Senat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. In dem dem BFH-Urteil zugrunde liegenden erstinstanzlichen Urteil des FG Hamburg vom 22. Juli 1997 (VII 138/94, EFG 1998, 789) heißt es lediglich: „... jeden der Verträge ... geprüft und an die X-AG weitergereicht.“ Wie intensiv eine solche Prüfung im Einzelfall zu sein hat und welche Prüfungsgegenstände davon überhaupt erfasst sein sollen, bleibt damit völlig unklar.

116

Unabhängig davon geht das FG Köln – aus Sicht des Senats zu Recht – davon aus, dass die Prüfung von Unterlagen („Annahme und Bearbeitung der Anträge“, im Streitfall: Prüfung „auf Vollständigkeit und Plausibilität“) bloße Sacharbeit ist, nicht aber steuerbefreite Vermittlungstätigkeit. Es handelt sich nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut, wie der Erteilung von Informationen an die andere Partei oder der Annahme und Bearbeitung der Anträge z.B. auf Zeichnung der Wertpapiere, die Gegenstand des Vertrages sind. In einem solchen Fall nimmt der Subunternehmer denselben Platz ein wie der Anbieter des Finanzprodukts und ist daher keine Mittelperson, die nicht den Platz einer Vertragspartei einnimmt, im Sinne der fraglichen Bestimmung (so zutreffend FG Köln, Urteil vom 24. April 2007 7 K 4355/05, EFG 2007, 1284). Der BFH hat mit Urteil vom 30. Oktober 2008 (V R 44/07, BStBl. II 2009, 554) diese Rechtsauffassung bestätigt. Und auch der EuGH (EuGH-Urteil vom 21. Juni 2007, Rs. C-453/05, Ludwig, aaO, Randnr. 24) führt aus: „Dagegen handelt es sich nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut (vgl. in diesem Sinne Urteil CSC Financial Services, Randnr. 40).“

117

d. Die Klägerin ist mithin nicht „Hauptvermittlerin“ mit nachgeordneten „Untervermittlern“. Letztere – und nur diese - erbringen insoweit eigenständig Vermittlungsleistungen.

118

Dabei ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21. Juni 2007 C-453/05, Ludwig, aaO) und des BFH (Urteil vom 20. Dezember 2007 V R 62/06, BStBl II 2008, 641) bei mehrstufigen Vertriebsstrukturen eine arbeitsteilige Erbringung der Vermittlungsleistungen durch Übernahme einzelner Tätigkeiten durch unterschiedliche (umsatzsteuerlich in der Regel) selbständige Mitglieder der Vertriebsorganisation durchaus möglich (dazu auch Hahne, UR 2009, 90). Die Kriterien, anhand derer eine Tätigkeit als steuerfreie Vermittlungsleistung einzustufen ist, müssen nach Ansicht des Senats für die – potentiellen – Hauptvermittler und Untervermittler dieselben sein. Insbesondere in der Konstellation des vorliegenden Streitfalles ist die (steuerfreie) Vermittlungsleistung abzugrenzen von (steuerpflichtigen) Marketing- und Werbeaktivitäten und bloßer Sacharbeit im beschriebenen Sinne.

119

Das unter Anwendung dieser Grundsätze vom Senat im Streitfall dargestellte Subsumtionsergebnis wird bestätigt durch die Verträge, die die Klägerin mit den Vermittlern geschlossen hat (z.B. Vertrag mit der F AG, I, Bl. 104 ff. PA). Rein formal werden diese im Vertrag als „Vermittler“ bezeichnet, die Klägerin hingegen (nur) als „N“. Auch dem folgenden Vertragstext ist eine Vermittlungstätigkeit der Klägerin selbst nicht zu entnehmen; es handelt sich um eine bloße Vertriebstätigkeit. Unter Ziffer III. heißt es zu den “Aufgaben und Pflichten von N“:

120

„1. N unterstützt den Vermittler bei dessen Tätigkeit durch

121

a. Schulungen

b. Zur Verfügungstellung von Werbematerial und Prospekten sowie Kaufanträgen in angemessenem Umfang;

c. Erteilung von Auskünften und Informationen über Investmentfonds im allgemeinen und die Fonds im besonderen;

d. Werbung und Öffentlichkeitsarbeit.

122

2. N ist verpflichtet, dem Vermittler unverzüglich mitzuteilen, wenn vom Vermittler vermittelte Kaufanträge abgelehnt werden.“

123

Eine eigene Vermittlungsleistung der Klägerin ist hier nicht erkennbar. Das deckt sich mit der Regelung in IV. („Abwicklung von Kaufanträgen“) Ziffer 1 des genannten Vertrags, wonach die Klägerin „die vom Vermittler vermittelten Kaufanträge ... an die Fonds zur Ausführung weiterleiten“ wird. Und noch deutlicher heißt es in VI. („Kundenschutz, Nachzahlungen“) Ziffer 1:

124

„N ist verpflichtet, während der Dauer dieses Vertrages keine Maßnahmen zu ergreifen, die den Anspruch des Vermittlers auf Vergütungen für Nachzahlungen gefährden könnten (z.B. Einschaltung eines anderen Vermittlers, direkte Beratung des Kunden durch N).“

125

Die rechtliche Würdigung wird weiterhin bestätigt durch die innerbetriebliche Organisation der Klägerin (Organigramm Bl. 44 bzw. Bl. 100 PA und Tätigkeitsbeschreibung im Rahmen des Berichts nach § 36 WphG Bl. 84 PA). Eine konkrete Vermittlungstätigkeit ist nicht erkennbar.

126

e. Keine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhalts folgt aus den Vorschriften des WpHG. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang den „Bericht über die Prüfung gemäß § 36 WpHG zum 31. Dezember 2005“ vorgelegt und dazu insbesondere angemerkt, dass aus dem Bericht der Geschäftsgegenstand der Klägerin hervorgehe, nämlich „die Vermittlung von Fondsprodukten“.

127

Der Betriebsprüfer hatte in seinem Bericht vom 30. Dezember 2008 (dort Anlage 10, Seite 6 = Bl. 102 der BP-Akte II), dass die Beurteilung der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten durch die BaFin für die Beurteilung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG unbeachtlich sei. Die von dort zu beachtenden Vorschriften, z.B. nach dem Geldwäschegesetz, hätten keine Auswirkung auf die dargestellten Grundsätze der Steuerrechtsprechung zum Vorliegen einer Vermittlungsleistung.

128

Der Senat schließt sich dieser Ansicht an. Die von der Klägerin hierzu gemachten Ausführungen sind für das vorliegende Verfahren nur insoweit von Bedeutung, als aus ihnen die (tatsächliche) Tätigkeit der Klägerin erhellt wird. Der Senat hatte zur Grundlage seiner Entscheidung den streiterheblichen Sachverhalt aufgrund der ihm obliegenden Sachaufklärungspflicht zu ermitteln. Die steuerrechtliche Bewertung des solchermaßen ermittelten Sachverhalts – also die Frage, ob eine steuerfreie Vermittlungsleistung vorliegt - vollzieht sich ausschließlich auf der Grundlage des § 4 Nr. 8 UStG bzw. Art. 13 Teil B Buchst. d 6.EG-RL und der hierzu ergangenen Rechtsprechung insbesondere des BFH und des EuGH. Der Prüfer weist zu Recht darauf hin, dass weder § 4 Nr. 8 UStG noch die Rechtsprechung Hinweise darauf erkennen lassen, dass die Kriterien einer Vermittlung dieselben sind wie diejenigen, die die BaFin ihrerseits bei der Klägerin zu beachten hat. Das Umsatzsteuerrecht geht von einem eigenständigen Vermittlungsbegriff aus.

129

f. Liegt keine Vermittlungstätigkeit vor, kann sich die Steuerfreiheit der Vermittlung auch nicht aus einer von Vermittlungserfolgen abhängigen Vergütungsregelung ergeben (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 66/05, BStBl II 2008, 638, BFH/NV 2008, 716). Unerheblich ist daher, dass die Höhe des Entgelts für die Tätigkeit des Klägers davon abhing, in welchem Umfang die betreffenden Untervermittler und Abschlussvertreter auch tatsächlich dauerhafte und bestandskräftige Vertragsabschlüsse herbeiführten.

II.

130

Die Klägerin ist nicht im Rahmen einer Dienstleistungskommission tätig geworden.

131

1. Nach § 3 Abs. 11 UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung gilt, wenn ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

132

Durch Art. 5 Nr. 3b des Steueränderungsgesetzes 2003 (StÄndG 2003) v. 15. Dezember 2003 wurde § 3 Abs. 11 UStG mWv 1.1.2004 neu gefasst. § 3 Abs. 11 UStG behandelt nunmehr einen Unternehmer, der bei der Erbringung einer sonstigen Leistung im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung tätig wird, so, als habe er die Leistung selbst erhalten und selbst erbracht. Dieser Unternehmer steht zwischen dem Auftraggeber und dem Empfänger der sonstigen Leistung und wird so - fiktiv - zum Empfänger der ersten und zum Erbringer der zweiten Leistung. Damit wurde Art. 6 Abs. 4 der 6.EG-RL (jetzt Art. 28 MwStSystRL) vollständig in nationales Recht umgesetzt, wonach ein Unternehmer, der sich in die Erbringung einer sonstigen Leistung im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung einschaltet, als Empfänger der ersten und Erbringer der zweiten Leistung anzusehen ist. Damit wird eine Leistungskette fingiert. Die sog. Leistungseinkaufs- und Leistungsverkaufskommission werden nunmehr gleich behandelt; es kommt also nicht mehr darauf an, ob das Erbringen oder das Beschaffen einer sonstigen Leistung in Auftrag gegeben wird. Ein Besorgen einer sonstigen Leistung i.S. des § 3 Abs. 11 UStG liegt daher vor, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen durch einen Dritten erbringen lässt - "Leistungseinkauf" - oder wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen an Dritte erbringt - "Leistungsverkauf" – (BFH-Beschluss vom 10. Februar 2002 V B 139/02, BFH/NV 2003, 519 m.w.N.).

133

Veräußert beispielsweise ein Reisebüro ein ihm von einer Oper zur Verfügung gestelltes Kontingent an Eintrittskarten auf eigene Rechnung und auf eigenen Namen und trägt das volle wirtschaftliche Risiko für den Verkauf der ihm im Rahmen der Kontingentvereinbarung überlassenen Eintrittskarten, so liegt in Anwendung der vorgenannten Rechtsprechung kein Leistungsverkauf auf Rechnung der Oper vor (sächsisches FG, Urteil vom 6. Februar 2008 5 K 80/03, JurisDok).

134

2. Handeln im eigenen Namen

135

Die Besonderheit des vorliegenden Streitfalles liegt darin, dass die Klägerin die maßgeblichen Vertriebsverträge nicht mit den Investmentgesellschaften geschlossen hat, sondern gleichsam aus „abgeleitetem“ Recht tätig geworden ist, indem die Auftraggeberin – die N AG – die entsprechenden (originären) Vertriebsverträge mit diesen Gesellschaften abgeschlossen hat. Unter weiterer Berücksichtigung der in Deutschland tätigen Untervermittler beinhaltet dies ein mehrstufiges Vertriebssystem, auf dessen unterster Stufe die Untervermittler die eigentliche Vermittlungstätigkeit erbringen.

136

Eine Steuerbefreiung konnte im Streitfall ausschließlich auf der Grundlage einer Einkaufskommission in Betracht kommen: Beim Leistungseinkauf bezieht der Geschäftsbesorger/Kommissionär (hier: die Klägerin) im eigenen Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers/Kommissionär (hier: die N AG) von einem Dritten (hier: die in Deutschland tätigen Vermittler) eine sonstige Leistung (hier: die Vermittlung von Kaufanträgen; zum Ganzen vgl. auch Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer, § 3 UStG Rz. 202). Ein Handeln im eigenen Namen setzt voraus, dass der Auftragnehmer gegenüber demjenigen, der die besorgte Leistung erbringt (Dritter), nicht im Namen seines Auftraggebers auftritt (Fritsch in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG mit Nebenbestimmungen, § 3 UStG Rz. 699.7).

137

Das Auftreten nach außen dem Dritten gegenüber entscheidet mithin darüber, ob ein Unternehmen im eigenen Namen tätig wird. Für ein Handeln in eigenem Namen spricht es beispielsweise, wenn ein gewerblicher Spielvermittler in den Rechnungen der Lottoannahmestelle als Leistungsempfänger ausgewiesen wird (FG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2008 1 K 5404/05 U, EFG 2008, 1747). Demgegenüber setzt ein Handeln in fremdem Namen nicht voraus, dass der Name des Vertretenen genannt wird; vielmehr reicht es aus, wenn der Vertretene bestimmbar ist (BFH- Urteil vom 16. März 2000 V R 44/99, BStBl II 2000, 361).

138

Der Beklagte geht – anders als der Prüfer in seinem Bericht (Bl. 101 BP-Akte II, dort Ziff. 2) - zu Unrecht in der Klageerwiderung davon aus, dass die Klägerin im Streitfall nicht im eigenen Namen aufgetreten ist. Er begründet seine Auffassung damit, dass für die Dritten („Untervermittler“) aufgrund der Kaufanträge bekannt sei, für welche Gesellschaft er die Fondsanteile letztendlich vermittle; die Tatsache, dass die Kaufanträge bei der Klägerin einzusenden seien, bedinge nicht unmittelbar ein Handeln im eigenen Namen. Nach den dargestellten Grundsätzen zur Dienstleistungskommission kann es beim Leistungseinkauf nach Ansicht des Senats nicht darauf ankommen, ob die „ausländischen Kapitalanlagegesellschaften benannt“ sind. Diese sind ohnehin sämtlichen Beteiligten bekannt, da der Erwerb von Anteilen an diesen Investmentgesellschaften das Ergebnis der Vermittlungsbemühungen darstellt. Entscheidend ist vielmehr, worauf auch der Betriebsprüfer abgestellt hat, in welcher Art und Weise die Klägerin gegenüber den für sie tätigen Vermittlern aufgetreten ist. Diese Prüfung hat ergeben, dass die Klägerin im eigenen Namen aufgetreten ist.

139

In den für das Streitjahr verwendeten Kaufanträgen (Bl. 9 ff. BP-Akte II, zu den aktuellen Kaufanträgen vgl. den Ausdruck Bl. 53 PA) heißt es „BITTE EINSENDEN AN N AG ....“ und in der Kopfzeile (pars pro toto): „D FUNDS D FUNDS S“. Ein Hinweis auf die Auftraggeberin der Klägerin, die N AG, findet an keine Stelle der Kaufanträge statt, weder unmittelbar oder noch mittelbar.

140

3. Der Auftragnehmer handelt für Rechnung eines anderen, nämlich des Auftraggebers, wenn die wirtschaftlichen Folgen der besorgten Leistung entsprechend den zwischen ihm und seinem Auftraggeber getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarungen nur den Auftraggeber treffen sollen (Fritsch in in Reiß/Kraeusel/Langer, aaO, Rz. 699.7). Ob ein Unternehmer für fremde Rechnung handelt, ist mithin nach dem Innenverhältnis zwischen dem Auftraggeber und der Zwischenperson (Auftragnehmer) zu beurteilen. Derjenige, der in fremdem Interesse tätig wird, ist zivilrechtlich Geschäftsbesorger (§ 675 BGB), wobei unerheblich ist, dass er zugleich auch eigene Zwecke verfolgt. Der Geschäftsbesorger hat dem Auftraggeber den erfolg und das Ergebnis seiner Tätigkeit herauszugeben und erlangt dafür einen Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz (§§ 675, 612, 670 BGB, § 384 Abs. 2 HGB; zum – hier nicht erheblichen – Streit, ob die Einschaltung des Geschäftsbesorgers zwingend gegen Entgelt erfolgen muss vgl. den Meinungsstand bei Leonard in Bunjes/Geist, UStG 9.Aufl., § 3 Rz. 297). Der Besorgungsunternehmer handelt demnach für Rechnung des Auftraggebers, wenn er ihm das Ergebnis der besorgten Leistungen zuwenden muss und dafür von dem Auftraggeber ein Entgelt erwarten kann, das auch den Aufwand für die besorgte Leistung ein schließt (zum Ganzen Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Bd. I, § 69 Rz. 32).

141

Zwar hat die Klägerin für ihre Leistungen gegenüber der N AG einen Vergütungsanspruch. Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat die Klägerin nicht für Rechnung der N AG gehandelt. Der Betriebsprüfer hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf eine Reglung unter Abschnitt V (Vergütungen für die Klägerin) hingewiesen, in der es heißt: „Die Zahlungen von Vergütungen an die N GmbH gemäß Ziffer V. ist für den Fall ausgeschlossen, dass A die Vergütungen nicht zahlt.“ Weiter heißt es: „N AG behält sich vor, die Vergütungen (Abschlussprovision und Bestandspflegeprovision) abzuändern, wenn aufgrund von Maßnahmen der Aufsichtsorgane der Fonds oder gesetzlicher Maßnahmen die entsprechenden Vergütungen der N AG gemäß dem Vertriebsvertrag mit A verändert werden.“

142

Die wirtschaftlichen Folgen in Form des Vergütungsrisikos treffen damit nicht den Auftraggeber, sondern die Klägerin. Das Vergütungsrisiko wird verlagert auf die Klägerin; dies ist mit den Grundsätzen eines Kommissionsgeschäfts nicht in Einklang zu bringen.

III.

143

Der Beklagte war nicht durch eine Bindungswirkung an der Änderung des angefochtenen Steuerbescheides gehindert. Eine solche Bindungswirkung ergibt sich weder aus den in den Vorjahren durchgeführten Prüfungen (Betriebsprüfung und Umsatzsteuer-Sonderprüfung) noch aus der tatsächlichen Verständigung vom 21. Juli 2008. Die letztgenannte – den Beklagten tatsächlich bindende – tatsächliche Verständigung (Bl. 145 ff. der BP-Akte I) betrifft ausschließlich den ertragsteuerlichen Bereich der gewerblichen Betätigung seitens der Klägerin. Die dort zugrunde gelegte Annahme einer Vermittlungsleistung kann für Zwecke der Umsatzsteuer nicht zugrunde gelegt werden. Eine Auslegung der tatsächlichen Verständigung in der Weise, dass diese auch für umsatzsteuerliche Zwecke gelten soll, ist angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht möglich. Im Übrigen war auch der Klägerin in der Schlussbesprechung bekannt, dass die vorliegend streitbefangene Umsatzsteuerpflicht von der tatsächlichen Verständigung nicht berührt wird (vgl. BP-Bericht vom 30.12.2008, Punkt „D. Schlussbesprechung“, Bl. 40 BP-Akte II).

144

Aus vorherigen Betriebsprüfungen bzw. Umsatzsteuer-Sonderprüfungen kann sich eine Bindungswirkung nach dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung nicht ergeben (st. Rspr., vgl. nur FG Saarland, Urteil vom 26.06.2008 1 K 1208/03, EFG 2008, 1742, rkr.).

IV.

145

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

146

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1und Nr. 2 FGO zuzulassen. In dem BFH-Urteil im Verfahren V R 44/07 (aaO), dem der Senat gefolgt ist, heißt es: „Weiter ist zu berücksichtigen, dass bei § 4 Nr. 11 UStG Dienstleistungen wie z.B. die Festsetzung und die Auszahlung der Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters gehören (EuGH-Urteil Arthur Andersen in Slg. 2005, I-1719, UR 2005, 201 Randnr. 35). Ist insbesondere das Halten der Kontakte mit Versicherungsvertretern und die Weitergabe von Informationen an diese somit nicht steuerfrei, gilt dies auch für die Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern. Derartige Leistungen sind nach dem Senatsurteil vom 9. Juli 1998 V R 62/97 (BFHE 187, 56, BStBl II 1999, 253), an dem insoweit auch unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung weiter festzuhalten ist, nur steuerfrei, wenn der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei, wie das BMF in seinem Schreiben in BStBl I 2008, 948 zutreffend anmerkt, auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist.“

147

Der Senat hat eine derartige Einwirkungsmöglichkeit im vorliegenden Streitfall verneint. Gleichwohl erachtet es der Senat – auch vor dem Hintergrund der immensen wirtschaftlichen Folgen nicht nur im Streitfall – für angezeigt, dass der BFH seine vorgenannte Rechtsprechung weiter präzisiert und damit den betroffenen Unternehmen ggfs. für die Zukunft Gelegenheit, sich darauf einzustellen. Insbesondere weiter klärungsbedürftig ist die Frage, wo die Grenze zwischen bloßer Sacharbeit und Vermittlungstätigkeit verläuft. Prätzler (jurisPR-SteuerR 41/2009 Anm. 7) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass „sich in der Praxis nach wie vor Abgrenzungsprobleme ergeben“ werden. Der Autor führt weiter aus: „Unklar bleibt jedoch nach wie vor, welche Qualität die Nachweis- oder Kontaktaufnahmetätigkeit erreichen muss, um steuerfrei sein zu können, und inwieweit die Erfolgsabhängigkeit der Vergütung im Urteilssachverhalt Auswirkungen auf das Urteil hatte.“

148

Ähnlich formuliert Hahne (UR 2009, 90, 91): „Welches genau ´spezifische und wesentliche“ Elemente einer steuerfreien Vermittlungstätigkeit sind, ist bislang vom EuGH noch nicht abschließend festgelegt. Insbesondere wurde bislang noch nicht entschieden, ob auch einzelne Aufgaben, die innerhalb einer Vertriebsorganisation grundsätzlich dem Hauptvermittler unterliegen, unter den Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschriften fallen können, soweit sie isoliert von einer konkreten Akquisitionstätigkeit erbracht werden.“

149

Unabhängig von den vorgenannten Erwägungen sieht der Senat auch Klärungsbedarf in der Frage, in welchem Umfang die Ausführungen des BFH im Urteil vom 9. Juli 1998 (V R 62/97 aaO) in dem hier interessierenden Zusammenhang ihre Gültigkeit noch haben. Der BFH hat sich im Urteil vom 30. Oktober 2008 (V R 44/07, BStBl. II 2009, 554) mit dieser Frage nicht beschäftigt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) eine Druckerei. Zu ihrer Fertigung zählen u.a. Rohlinge von Ersttagsblättern und Ganzsachen (Briefumschläge, Postkarten und dergleichen mit aufgedruckten Postwertzeichen) nebst dazu gehörenden Briefmarken bzw. Druckvorlagen für Briefmarken. Nach dem Aufkleben bzw. dem Aufdruck der Briefmarken auf die Rohlinge der Ersttagsblätter und Ganzsachen liefert die Beschwerdeführerin diese Produkte vornehmlich an die Niederlassung … (Post), die sie ihrerseits an Briefmarkensammler weiterverkauft. Darüber hinaus bezieht die Beschwerdeführerin Briefmarkenmappen und -alben, die sie vor dem Weiterverkauf mit vollständigen Briefmarkensammlungen bestückt. Der Preis dieser Sammlungen und Mappen entspricht dabei dem Wert der von ihnen eingeschlossenen Postwertzeichen. Ferner betreffen die Drucksachen der Beschwerdeführerin sogenannte Klappkarten. Diese werden bei der Einführung neuer Briefmarken von der Post im Allgemeinen an Medienvertreter ausgegeben, um über den Anlass für die Ausgabe einer neuen Briefmarke, deren Gestaltung oder dafür verantwortliche Grafiker zu informieren. In diese Klappkarten sind dabei jeweils ein oder mehrere Exemplare der neu ausgegebenen Briefmarke eingeklebt.

2

Im Anschluss an eine bei der Beschwerdeführerin durchgeführte Außenprüfung änderte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre (1997 bis 2000) und besteuerte die Umsätze der Beschwerdeführerin aus der Lieferung von Ersttagsblättern, Ganzsachen, Klappkarten, Briefmarkenmappen und -alben nicht mehr mit dem ermäßigten Steuersatz aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG), sondern mit dem Regelsteuersatz. Über den Einspruch gegen die Bescheide hat das FA noch nicht entschieden.

3

Das Finanzgericht (FG) lehnte, nach Ablehnung des entsprechenden Antrags durch das FA, den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide ab. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, es beständen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geänderten Umsatzsteuerbescheide. Die Umsätze der Beschwerdeführerin seien weder von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 49 Buchst. a der Anlage noch von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 49 Buchst. f der Anlage erfasst. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 49 Buchst. f der Anlage finde keine Grundlage im Gemeinschaftsrecht und sei deshalb richtlinienkonform eng auszulegen. Die in Nr. 49 Buchst. f der Anlage genannten Briefmarken, Ersttagsblätter, Ganzsachen und dergleichen setzten voraus, dass sie als Postwertzeichen zur Abgeltung von Postdienstleistungen gewidmet seien. Die Herausgabe neuer Postwertzeichen mit dem Aufdruck "Deutschland" sei gemäß § 43 Abs. 1 des Postgesetzes (PostG) i.d.F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl I, 3294) dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) vorbehalten. Auch die Vervielfältigung und Verwendung der vom BMF herausgegebenen Postwertzeichen zur Abgeltung von Postdienstleistungen bedürfe gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 PostG dessen Erlaubnis. Der Verkauf neu herausgegebener Postwertzeichen könne deshalb erstmals nur durch die Post oder andere Anbieter von Postdienstleistungen, die für die Erlaubnis zur Verwendung von herausgegebenen Postwertzeichen gegenüber dem BMF gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 PostG Gebühren und Auslagen zu entrichten hätten, erfolgen. Durch die Lieferung der Auflagenproduktion von Postwertzeichen an die Post entständen noch keine amtlichen Postwertzeichen.

4

Außerdem habe die Beschwerdeführerin die Briefmarken, Ersttagsblätter und Ganzsachen auch nicht als Sammlungsstücke an die Post geliefert.

5

Für die Klappkarten gelte nichts anderes. Sie seien nicht als Bücher, Zeitungen oder andere Erzeugnisse des grafischen Gewerbes i.S. von Nr. 49 Buchst. a der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG anzusehen, weil ihnen über die aufgedruckten oder aufgeklebten Briefmarken hinaus kein eigener Produktcharakter zukomme. Die Post habe sie nicht wegen ihres Informationsgehaltes bezogen. Außerdem hätten die Klappkarten, soweit sie auf instruktiven Informationen aufgebaut seien, überwiegend Werbecharakter. Das aber schließe die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus.

6

Mit der vom FG gemäß § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, eine richtlinienkonforme enge Auslegung einer Norm komme nur in Betracht, wenn sie bei weiter Auslegung gegen gemeinschaftsrechtliche Vorgaben verstoße, diesen bei enger Auslegung aber entspreche. Auch die vom FG vertretene enge Auslegung, der zufolge Briefmarken u.ä. eine entsprechende Widmung voraussetze, führe nicht zur Richtlinienkonformität der Nr. 49 Buchst. f der Anlage. Die Auslegung durch das FG führe lediglich dazu, dass ihr, der Beschwerdeführerin, entgegen dem Wortlaut der Nr. 49 Buchst. f die Möglichkeit genommen werde, sich auf das ihr günstigere nationale Recht zu berufen.

7

Der Begriff der "Briefmarke" finde sich auch in der Kombinierten Nomenklatur (KN), auf die Nr. 49 Buchst. f der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG verweise, und sei daher zollrechtlich auszulegen. Der auch für das Umsatzsteuerrecht maßgebende Begriff "Briefmarke" setze weder eine Widmung noch eine amtliche Ausgabe voraus, sondern verlange nur die potentielle Eignung der Briefmarke, die Zahlung des Beförderungsentgelts nachzuweisen. Da ihre Produkte diese Voraussetzung erfüllten, könnten sie auch Sammlungsstücke darstellen. Ob die Post sie für eigene Sammlungszwecke verwende, sei unerheblich. Entscheidend sei insoweit die Verkehrsauffassung und die Tatsache, dass die Lieferungen an die Versandstelle für Sammlermarken erfolgten und damit für den Sammlermarkt bestimmt seien. Bei den Ersttagsblättern, Ganzsachen und Briefmarkenalben handele es sich ohnehin um Sammlungsstücke.

8

Hinsichtlich der Klappkarten komme es nicht darauf an, ob die Post diese ähnlich einem Buch, einer Zeitung oder einer ähnlichen Publikation wegen des Informationsgehalts des Textes bezogen habe. Den Klappkarten komme nach der Verkehrsauffassung Informationsgehalt zu, weil sie an Medienvertreter ausgegeben würden, um über den Anlass für die Herausgabe einer neuen Briefmarke, deren Gestaltung oder über den verantwortlichen Grafiker zu unterrichten.

9

Es sei auch unzutreffend, dass die Klappkarten überwiegend Werbezwecken dienten. Das scheide schon deshalb aus, weil Briefmarken kein Produkt der Post seien, sondern ein Nachweis für eine Entgeltzahlung. Für Briefmarken bedürfe es auch keiner Werbung, weil die Inanspruchnahme typischer Postdienstleistungen zwingend die Verwendung von Briefmarken voraussetze.

10

Das FA beantragt sinngemäß, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 FGO statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

12

1. Die Beschwerde ist zulässig, weil das FG die Beschwerde gegen seine Entscheidung im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gemäß § 128 Abs. 2 FGO zugelassen hat.

13

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das FG die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts auf Antrag u.a. dann aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ist --wie im Streitfall durch Zahlung der Steuerschuld-- der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der AdV die Aufhebung der Vollziehung (§ 69 Abs. 2 Satz 7 FGO). Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden (§ 69 Abs. 3 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. März 2006 V B 156/05, BFH/NV 2006, 1527, m.w.N.). Derartige Zweifel bestehen vorliegend.

14

Das FG hat seine Entscheidung zwar sehr eingehend begründet und gewichtige Argumente für seine Auffassung angeführt. Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin aber Ausführungen gemacht, die nicht von vornherein als unbeachtlich angesehen werden können. Sie hat näher ausgeführt, warum ihrer Auffassung nach das Gemeinschaftsrecht keine enge Auslegung der Begünstigungsnorm gebiete und ihr eine unangemessen enge Auslegung die Berufung auf das für sie günstigere nationale Recht verwehre. Sie hat auch ausgeführt, weshalb ihre Produkte den Begriff der Briefmarke erfüllten und dargelegt, weshalb sich die Definition nicht auf das deutsche PostG stützen könne. Schließlich hat sie auch zu den zollrechtlichen Aspekten der Streitfrage Stellung bezogen. Das FG hat sich in seinem Beschluss umfassend mit der Argumentation der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen können aber im vorliegenden Verfahren, das nur eine summarische Prüfung gebietet, nicht abschließend beurteilt werden. Es genügt, dass sowohl für das eine als auch für das andere Ergebnis gewichtige Gründe sprechen und somit den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide das Merkmal der Ernstlichkeit nicht bestritten werden kann. Eine überwiegende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist zur Aussetzung gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO nicht zu fordern (BFH-Beschlüsse vom 3. Dezember 2001 XI B 84/01, BFH/NV 2002, 482; vom 5. November 1998 VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468; vom 12. Oktober 1988 VIII S 31/85, BFH/NV 1989, 445; vom 24. Oktober 1967 II B 17/67, BFHE 90, 532, BStBl II 1968, 229, m.w.N.).

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der X-GmbH (GmbH).

2

Die GmbH, die der Umsatzbesteuerung nach vereinbarten Entgelten unterlag, hatte im Jahr 2004 gegenüber dem Unternehmen H Bauleistungen erbracht (Schlussrechnung vom 7. Oktober 2004). Die der H in Rechnung gestellten und noch nicht bezahlten Forderungen in Höhe von … € brutto (Schreiben vom 7. Dezember 2004) blieben trotz Fälligkeit unbezahlt, auch nachdem die GmbH ein Anerkenntnisurteil erstritten hatte.

3

Das Finanzgericht (FG) ist in dem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, die GmbH habe diese Forderungen ausgebucht und eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erklärt; der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) sei dem noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gefolgt.

4

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH am 16. März 2005 erfolgte schließlich doch ein Zahlungseingang in Höhe von … € auf die zuvor ausgebuchten Forderungen. Das FA setzte daraufhin unter dem 21. November 2006 gegenüber der Antragstellerin als Insolvenzverwalterin der GmbH Umsatzsteuer für das erste Kalendervierteljahr 2006 in Höhe von … € fest, weil der früher ausgefallene und berichtigte Umsatzsteuerbetrag nunmehr gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erneut zu berichtigen sei. Im Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 25. Januar 2008 setzte das FA sodann unter Anerkennung abziehbarer Vorsteuerbeträge in Höhe von … € die Umsatzsteuer für 2006 auf … € fest.

5

Nach erfolglosem Einspruch hat die Antragstellerin Klage (2 K 2081/10) erhoben, über die das FG noch nicht entschieden hat.

6

Den am 5. August 2010 gestellten Antrag der Antragstellerin, den Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 25. Januar 2008 in Höhe von … € von der Vollziehung auszusetzen, hat das FG durch den angefochtenen Beschluss abgelehnt.

Entscheidungsgründe

7

II. Die vom FG gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassene Beschwerde ist zulässig und begründet.

8

1. Es bestehen ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO an der Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheids für 2006 vom 25. Januar 2008. Denn bei der gebotenen summarischen Prüfung treten neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der zugrunde liegenden Rechtsfragen bewirken (vgl. die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- seit dem Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182). Deshalb ist der Ausgang des Klageverfahrens offen. Eine überwiegende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist zur Aussetzung der Vollziehung (AdV) nicht erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. Mai 2010 V B 80/09, BFH/NV 2010, 2079).

9

2. Diese Zweifel ergeben sich aus dem Beschluss selbst.

10

a) Das FG hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids mit der Begründung verneint, dies ergebe sich "in Ableitung der Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zur zeitraumgerechten Erfassung von Umsätzen im Rahmen der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten". Es hat dazu die --näher dargelegte-- Auffassung vertreten, die Grundsätze des zu einem anderen Sachverhalt ergangenen --und überdies in der Literatur umstrittenen (vgl. Berger, Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht --EWiR-- 2009, 315; Kremer, EWiR 2010, 219)-- BFH-Urteils vom 29. Januar 2009 V R 64/07 (BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682) seien auf den Streitfall zu übertragen.

11

Ist aber --wie somit hier-- die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärende Frage nicht im summarischen Verfahren auf AdV eines Verwaltungsaktes zu entscheiden (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2007 V B 170/07, BFH/NV 2008, 627).

12

b) Überdies hat das FG die Beschwerde nach § 128 Abs. 3, § 115 Abs. 2 FGO mit der Begründung zugelassen, "im Hinblick auf die insoweit schwierige einheitliche Beurteilung hinsichtlich der Verwirklichung des umsatzsteuerlichen Tatbestands in Anwendung der verschiedenen Einzeltatbestände des UStG" seien mehrere Revisionsverfahren beim BFH anhängig, so etwa zu den BFH-Aktenzeichen V R 22/10, VII R 56/09 und XI R 35/09.

13

Wenn aber diese Revisionsverfahren Bedeutung für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids haben bzw. haben können, besteht bereits aus diesem Grund Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der zugrunde liegenden Rechtsfragen.

14

3. Im Übrigen ergeben sich weitere Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids aus dem Beschwerdevorbringen.

15

a) Die Antragstellerin hat mit ihrer Beschwerde nach Einsicht in die Steuerakten der GmbH u.a. geltend gemacht, die GmbH sei Organgesellschaft der GbR X gewesen; der gesamte Vorgang, der dem Antragsverfahren zugrunde liege, spiegele sich jedenfalls nicht in einer Steuerakte der GmbH wieder. Dort befinde sich vielmehr u.a. der --von der Antragstellerin vorgelegte-- Aktenvermerk "lt. Prüfer am 10.08.06 wurde die Forderungsausbuchung beim OT dem Grunde nach zugelassen, weil Zahlungen auf GmbH-Rechnung nicht dem OT zufließen, sondern dem Insolvenzverwalter der GmbH".

16

Die Antragstellerin vertritt dazu die nicht ohne weiteres von der Hand zu weisende Rechtsauffassung, die Rückberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG sei die direkte Folge der Erstberichtigung nach Satz 1 dieser Vorschrift und folglich --trotz Beendigung der Organschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens-- bei dem Organträger vorzunehmen. Sie hat dazu unter Vorlage eines weiteren Aktenvermerks dargelegt, dass dieser Auffassung offensichtlich auch zunächst das FA gewesen sei.

17

b) Ferner hat die Antragstellerin mit der Beschwerde erstmals weitere und deshalb vom FG nicht behandelte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids geltend gemacht, die nicht offensichtlich fernliegen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.