Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Feb. 2011 - X B 133/10

bei uns veröffentlicht am16.02.2011

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht (FG) hat durch ein mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenes Urteil nach § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die gewerbesteuerliche Erfassung einer der Höhe nach bestrittenen Abfindungszahlung für rechtmäßig erachtet. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) rügt mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, die unterlassene Vernehmung eines (im Ausland ansässigen) Zeugen stelle einen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar. Es handele sich als unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung um einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht aus § 76 FGO und um eine Überraschungsentscheidung. Zudem sei die gewerbesteuerliche Behandlung eines zur Ablösung von Folgevergütungen gezahlten Einmalbetrages an einen für einen Verein tätig gewesenen Werber von grundsätzlicher Bedeutung.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist insgesamt unbegründet.

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1. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

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a) Ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht nach § 76 FGO liegt nur vor, wenn das Gericht eine konkrete Möglichkeit, den von seinem Rechtsstandpunkt aus entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären, nicht genutzt hat, obwohl sich ihm die Notwendigkeit der --weiteren-- Aufklärung nach Lage der Akten und dem Ergebnis der Verhandlung hätte aufdrängen müssen (Verstoß gegen das Untermaßverbot nach der Formel des "Sich-Aufdrängens", ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 4. August 2010 X B 198/09, BFH/NV 2010, 2102). Das war nicht der Fall. Der Senat kann daher offenlassen, ob die Beschwerdebegründung der Klägerin insoweit den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung der Zulassungsgründe (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603) entspricht.

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aa) Eine unzulässige Beweisantizipation als Fall des Sachaufklärungsmangels (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 91) liegt nicht vor. Das FG hat nicht eine nicht vorliegende Zeugenaussage bewertet, insbesondere nicht angenommen, der Zeuge werde im Falle einer Vernehmung in bestimmter Weise aussagen. Es hat lediglich die vorhandenen Beweismittel einschließlich der Niederschriften von Zeugenaussagen sowie der eidesstattlichen Versicherung des genannten Zeugen gewürdigt und gewichtet.

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bb) Im Übrigen musste sich dem FG die Vernehmung des Zeugen nicht aufdrängen. Die Klägerin hatte nicht nur auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, während die Vernehmung nur in einer mündlichen Verhandlung möglich gewesen wäre. Sie hatte sich überdies auf die Vorlage der eidesstattlichen Erklärung als Beweismittel beschränkt und keinen weitergehenden Beweisantrag gestellt.

7

Beide Umstände konnten aus Sicht des FG nur bedeuten, dass die Klägerin selbst sich von einer Einvernahme des Zeugen nichts versprach. Wenn aber schon die näher am Geschehen stehende Klägerin davon ausging, die vorhandenen Beweismittel schöpften die Erkenntnismöglichkeiten auch zu ihren Gunsten aus, musste sich dem FG nicht aufdrängen, dass die Vernehmung doch noch einen Erkenntnisgewinn mit sich bringen könnte.

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Das gilt unabhängig davon, inwieweit die Klägerin den Zeugen hätte stellen oder das FG den Zeugen von Amts wegen laden müssen. Aus § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung folgt, dass der Beteiligte einen Auslandszeugen nur dann selbst zu stellen hat, wenn es sich um einen Auslandssachverhalt handelt (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 90 AO Rz 23; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Januar 2007 V B 160, V B 161/06, BFH/NV 2007, 759). Die streitigen Zahlungen sollen im Inland, in Thailand und der Schweiz erfolgt oder nicht erfolgt sein, so dass für die verfahrensrechtliche Frage, ob die Klägerin oder das FG für das Erscheinen des Zeugen hätte Sorge tragen müssen, hinsichtlich des jeweiligen Beweisthemas zu differenzieren wäre.

9

Soweit der Zeuge zu den Auslandssachverhalten hätte vernommen werden können, musste das FG, nachdem die Klägerin auf mündliche Verhandlung verzichtet hatte, nicht davon ausgehen, dass sie zu einer mündlichen Verhandlung den Zeugen zu stellen beabsichtigte. Hätte sie diese Absicht gehabt, wäre ihr Verzicht auf mündliche Verhandlung nicht nachvollziehbar. Soweit der Zeuge zu den Inlandssachverhalten hätte vernommen werden können, durfte das FG aus dem fehlenden Beweisantrag schließen, dass eine Vernehmung (auch) aus Sicht der Klägerin fruchtlos wäre.

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b) Hinsichtlich der Rüge, es liege eine Überraschungsentscheidung und damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes vor, ist die Beschwerde unzulässig. Eine Überraschungsentscheidung liegt nur dann vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht rechnen musste (vgl. Senatsbeschluss vom 18. August 2010 X B 178/09, BFH/NV 2010, 2010). Die Klägerin hat entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht dargelegt, warum sie nicht damit habe rechnen können, dass das FG zum einen nach beiderseitigem Verzicht auf mündliche Verhandlung ohne mündliche Verhandlung entscheidet und zum anderen die vorhandenen Beweismittel einschließlich der eidesstattlichen Erklärung anders würdigt als sie.

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c) Sollte die Klägerin mit ihren Ausführungen, das FG habe die eidesstattliche Erklärung nicht berücksichtigt, einen Verstoß gegen die Pflicht des Gerichts zur Überzeugungsbildung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens aus § 96 Abs. 1 FGO geltend machen wollen, so wäre auch diese Verfahrensrüge unzulässig. Das FG hat im Tatbestand die eidesstattliche Erklärung zitiert und in den Entscheidungsgründen (S. 11 des Urteils) gewürdigt.

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2. Soweit die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend macht, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig. Sie hat nicht dargelegt, inwiefern die aufgeworfene Rechtsfrage, was erforderlich wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 X B 101/10, BFH/NV 2011, 285), das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Der Vortrag, der BFH habe eine Rechtsfrage noch nicht entschieden, genügt nicht (BFH-Beschluss vom 15. Februar 2008 XI B 179/07, BFH/NV 2008, 819).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

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(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen un

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Bundesfinanzhof Beschluss, 03. Nov. 2010 - X B 101/10

bei uns veröffentlicht am 03.11.2010

Gründe 1 Die Beschwerde ist -bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit- zumindest unbegründet. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzg
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Bundesfinanzhof Beschluss, 13. Juli 2011 - X B 254/10

bei uns veröffentlicht am 13.07.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) befand sich im Streitjahr 2004 im Ruhestand und erzielte neben einer Rente Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Beteili

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Gründe

1

Die Beschwerde ist -bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit- zumindest unbegründet. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), auf den der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) seine Beschwerde stützen will, ist nicht gegeben. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich.

2

1. a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, s. etwa BFH-Beschluss vom 24. Juli 2008 VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird nicht aufgeworfen, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschluss vom 6. Mai 2004 V B 101/03, BFHE 205, 416, BStBl II 2004, 748).

3

Betrifft die Rechtsfrage ausgelaufenes Recht, müssen in der Beschwerdebegründung besondere Gründe geltend gemacht werden, die ausnahmsweise eine Abweichung von der Regel rechtfertigen, wonach Rechtsfragen, die solches Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt (Senatsbeschluss vom 17. März 2009 X B 34/08, BFH/NV 2009, 1141).

4

b) Der Kläger ist der Ansicht, die Rechtssache habe im Hinblick auf die Frage grundsätzliche Bedeutung, ob ein Billigkeitserlass aus sachlichen Gründen auch dann nach den Vorgaben des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27. März 2003 IV A 6 -S 2140- 8/03 (BStBl I 2003, 240) möglich sei, wenn es sich um Forderungsverzichte von Banken aus den Jahren 2000 bzw. 2001 handele und der Sanierungsgewinn den Aufgabegewinn und somit die Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 1997 betreffe. Er führt weiter aus, die Beschränkungen des BMF-Schreibens dürften im Streitfall nicht gelten.

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Der Zulassung der Revision wegen dieser Rechtsfrage steht im Streitfall zunächst entgegen, dass im Streitjahr 1997 Sanierungsgewinne nach § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. steuerfrei waren, diese Vorschrift durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) aufgehoben wurde und nach Tz 13 das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 nur auf Sanierungsgewinne anzuwenden ist, für die die Regelung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht mehr gilt.

6

Der Zulassung der Revision steht weiterhin entgegen, dass die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Die Einkommensteuer 1997, deren Erlass der Kläger begehrt, resultiert aus dem Aufgabegewinn einer 1997 beendeten Grundstücksgesellschaft. Da diese ihre werbende Tätigkeit bereits 1997 und damit vor dem Schuldenerlass in den Jahren 2000 bzw. 2001 eingestellt hat, ist im Streitfall nach der Rechtsprechung (vgl. beispielsweise Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 X R 42/03, BFH/NV 2006, 715) von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen. Nicht der Fortbestand der Grundstücksgesellschaft sollte gesichert, sondern dem Kläger und seinem Partner durch den Erlass eine schuldenfreie Liquidierung ihres Unternehmens und der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht werden. Da Billigkeitsmaßnahmen nach den Vorgaben des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 in Fällen von unternehmerbezogenen Sanierungen nicht möglich sind (Senatsurteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08, BFHE 229, 502), wäre die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren auch nicht klärungsfähig.

7

2. Die vom Kläger behauptete Abweichung der angefochtenen Entscheidung von den Urteilen des FG Münster vom 27. Mai 2004  2 K 1307/02 AO, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1572, bzw. des FG Köln vom 24. April 2008  6 K 2488/06, EFG 2008, 1555, liegt schon deshalb nicht vor, weil die behaupteten Divergenzentscheidungen nicht zu vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind. Sowohl in dem der Entscheidung des FG Münster in EFG 2004, 1572 zugrunde liegenden Streitfall als auch in dem Steuerfall, den das FG Köln in EFG 2008, 1555 zu beurteilen hatte, beantragten die Kläger den Erlass von Einkommensteuer für Jahre, in denen § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht mehr anwendbar war (Streitjahre 1998 bzw. 1998 bis 2002).

8

3. Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:

9

Zutreffend ging das FG davon aus, dass im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften darüber zu entscheiden ist, ob bestimmte Einkünfte infolge der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht der Einkommensteuer unterliegen (BFH-Urteil vom 3. Juli 1997 IV R 31/96, BFHE 183, 509, BStBl II 1997, 690). Das FG konnte über die Steuerfreiheit nicht im Rahmen der Veranlagung des Klägers befinden, weil die Frage, ob ein bei einer Personengesellschaft angefallener Gewinn ein steuerfreier Sanierungsgewinn ist, die Personengesellschaft unmittelbar berührt. Bei ihrer Beantwortung spielt die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens der Gesellschaft eine wesentliche Rolle und zwar auch dann, wenn man auf die Förderung bzw. Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Gesellschafters abstellt (BFH-Urteil vom 12. Juni 1980 IV R 150/79, BFHE 131, 299, BStBl II 1981, 8). Selbst wenn --wie vom Kläger im Erörterungstermin vorgetragen-- er im Verfahren wegen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Grundstücksgesellschaft vom damaligen Berichterstatter explizit auf die Möglichkeit eines Erlasses hingewiesen und dieser Rechtsstreit nur deshalb durch Hauptsacheerledigungserklärung einvernehmlich beendet worden wäre, hätte das FG zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen eines sachlichen Billigkeitserlasses nicht vorliegen. Dem fachlich qualifizierten Kläger (Steuerberater) hätte es oblegen, im Feststellungsverfahren die Voraussetzungen der Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. darzulegen, also nachzuweisen, dass die Grundstücksgesellschaft sanierungsbedürftig und der Schuldenerlass sanierungsgeeignet war (ihm durch den Erlass eine schuldenfreie Liquidierung seines Unternehmens und der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht wurde) und die Gläubiger in Sanierungsabsicht gehandelt haben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. April 2003 IV R 63/01, BFHE 202, 452, BStBl II 2004, 9).