Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Änderung einer Steuerfestsetzung innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt ist.

2

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatte im Streitjahr 1998 sowohl einen Wohnsitz in der Schweiz als auch im Inland (Wohnungsmietvertrag vom 17. April 1998). Die Einkommensteuererklärung des Streitjahres wurde unter Mitwirkung eines Steuerberaters --Steuerberater X-- erstellt; dazu hatte X gegenüber dem Kläger die Rechtsansicht vertreten, dass für den Kläger eine doppelte unbeschränkte Steuerpflicht bestehe, die inländische Steuerpflicht sich aber auf die inländischen Einkünfte beschränke und die übrigen Welteinkünfte in der Schweiz zu besteuern seien. Die Deklaration des Klägers (vom 3. Juli 2000) bezog sich auf die im Zeitraum ab dem 1. August bis zum 31. Dezember des Streitjahres im Inland erzielten Einkünfte.

3

Die Veranlagung zur Einkommensteuer des Streitjahres erfolgte auf dieser Grundlage, wobei der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) allerdings im Rahmen eines Progressionsvorbehalts ausländische Einkünfte in einer geschätzten Höhe berücksichtigt hatte (Bescheid vom 24. August 2001). Nachdem im Zuge einer zunächst nicht das Streitjahr betreffenden Außenprüfung weitere --bisher nicht berücksichtigte-- inländische und ausländische Einkünfte des Klägers bekannt geworden waren, kam es in 2005 zu einer Ausweitung der Prüfung für das Streitjahr; nach dem Abschluss der Prüfung änderte das FA die Festsetzung mit Bescheid vom 21. September 2006 unter Hinweis auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Ein gegen den Kläger eingeleitetes Strafverfahren wurde eingestellt: den Kläger treffe kein Verschulden an der durch die unzutreffende Deklaration eingetretenen Steuerverkürzung. Die Klage gegen den Änderungsbescheid blieb erfolglos (Sächsisches Finanzgericht --FG--, Urteil vom 19. August 2009  2 K 213/09).

4

Der Kläger macht mit seiner Beschwerde geltend, dass die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.

5

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 Alternative 2 FGO) liegen nicht vor.

7

1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) sind nicht erfüllt.

8

a) Das FG ist in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass die Festsetzungsfrist wegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung des Steuerberaters, der eine Auskunft zu einer Rechtsfrage erteilt und auf dieser Grundlage die Steuererklärung des Klägers vorbereitet hat, verlängert gewesen sei. Das FG hat sich dabei auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Dezember 2002 IV R 37/01 (BFHE 200, 495, BStBl II 2003, 385) gestützt, das als Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung i.S. des § 378 AO auch denjenigen ansieht, der die Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen wahrnimmt (im dortigen Streitfall: der Gewinn des Steuerpflichtigen war grob fahrlässig unzutreffend ermittelt und vom Finanzamt bei der Steuerveranlagung zugrunde gelegt worden). In diesem Urteil ist darüber hinaus unter Hinweis auf strafgerichtliche Rechtsprechung ausgeführt, dass die straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtliche Verantwortlichkeit des Beraters wachse, je weitgehender sich der Steuerpflichtige durch Aufgabenübertragung auf den Berater straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlich entlaste. Im Übrigen sei die (dortige) Vorinstanz zu Recht nicht der in der Revision angeführten Rechtsprechung der ordentlichen Gerichtsbarkeit gefolgt, die den eine Steuererklärung vorbereitenden Steuerberater nicht als tauglichen Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung ansehe.

9

Eine Rechtsprechungsdivergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO kann auf dieser Grundlage nicht mit dem Hinweis auf abweichende strafgerichtliche Entscheidungen dargelegt werden, die ausdrücklich schon Gegenstand der einschlägigen (und anderslautenden) BFH-Entscheidung waren.

10

b) Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken (Senat für Bußgeldsachen) hat in seinem Beschluss vom 23. Oktober 2008  1 Ss 140/08 (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2009, 321) entschieden, dass ein Steuerberater mangels eigener Angaben gegenüber dem Finanzamt den Tatbestand des § 378 AO nicht erfülle, wenn er die Steuererklärung seines Mandanten lediglich vorbereitet hat und diese dann vom Steuerpflichtigen unterzeichnet und beim Finanzamt eingereicht wird. In diesem Beschluss des OLG Zweibrücken ist ausgeführt, dass "der als herrschend zu bezeichnenden Rechtsprechung" anderer Strafgerichte zu folgen sei; die gegenteilige Auffassung des BFH überzeuge nicht. Zu berücksichtigen sei auch, dass die BFH-Entscheidung nicht unmittelbar die Ahndung einer Tat und Festsetzung einer Geldbuße zum Gegenstand gehabt habe, sondern die Frage der Tatbestandsverwirklichung nur von indirekter Bedeutung für eine weitere Rechtsfrage (Festsetzungsfrist) gewesen sei. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof (BGH) nach § 121 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) lägen damit nicht vor.

11

Zwar kann der Kläger insoweit geltend machen, dass das angefochtene Urteil des FG in seinem entscheidungstragenden Rechtssatz von einem ebenfalls entscheidungstragenden Rechtssatz dieses strafgerichtlichen Beschlusses abweicht. Ein Bedarf für eine (nochmalige) Entscheidung des BFH zur Herstellung einer einheitlichen Rechtsprechung besteht auch insoweit aber nicht.

12

Denn im Streitfall besteht die Konstellation, dass in der strafgerichtlichen Rechtsprechung (jedenfalls einzelne Gerichte) der Auffassung des BFH ausdrücklich nicht folgen, sondern die vom BFH abgelehnte strafgerichtliche Rechtsauffassung (weiterhin) aufrechterhalten. Gerichtsverfassungsrechtlich besteht damit keine Möglichkeit, zu einer (klärenden) Entscheidung des BGH (für den Bereich der Strafsachen) zu kommen (Hinweis auf § 121 Abs. 2 GVG). Eine Entscheidung des BFH kann in dieser Konstellation eine einheitliche (rechtswegübergreifende) Rechtsprechung nicht begründen.

13

Darüber hinaus lässt der Beschluss des OLG Zweibrücken in DStRE 2009, 321 erkennen, dass nach der dortigen Einschätzung ein Unterschied für die Beantwortung der in Rede stehenden Rechtsfrage darin bestehen könnte, ob es unmittelbar um die straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtliche Ahndung einer Tat geht, oder ob die Frage nur von indirekter Bedeutung für eine weitere Rechtsfrage ist (s. insoweit auch Drescher, SteuerConsultant 2009, Heft 7, S. 29, 30). Außerdem hat der BFH in seinem Urteil in BFHE 200, 495, BStBl II 2003, 385 in besonderer Weise darauf abgestellt, dass die straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtliche Verantwortlichkeit des Beraters wachse, je weitgehender sich der Steuerpflichtige durch Aufgabenübertragung auf den Berater straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlich entlastet. Auch unter diesen Aspekten lässt sich eine einheitliche Rechtsprechung durch eine (weitere) Entscheidung des BFH nicht herstellen.

14

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (Grundsatzrevision), da ein Klärungsbedürfnis für die Rechtsfrage angesichts des zeitnahen und in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung nicht angegriffenen BFH-Urteils in BFHE 200, 495, BStBl II 2003, 385 durch eine weitere Entscheidung des BFH nicht besteht.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 121


(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel: 1. der Revision gegen a) die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;b) die Berufungsurteile der kleinen

Abgabenordnung - AO 1977 | § 378 Leichtfertige Steuerverkürzung


(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend. (2) Die Ordnungswidrigke

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Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 23. Okt. 2008 - 1 Ss 140/08

bei uns veröffentlicht am 23.10.2008

Tenor 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 30. Juni 2008 aufgehoben. 2. Der Betroffene wird freigesprochen. 3. Die Landeskasse trägt die Kosten beider Instanzen sowie die de

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(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so wird eine Geldbuße nicht festgesetzt, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. § 371 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.


Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 30. Juni 2008 aufgehoben.

2. Der Betroffene wird freigesprochen.

3. Die Landeskasse trägt die Kosten beider Instanzen sowie die dem Betroffenen darin entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

1

Das Amtsgericht Kaiserslautern hat gegen den Betroffenen wegen leichtfertiger Steuerverkürzung gemäß §§ 378 Abs. 1 S. 1, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, 18 Abs. 3 UStG eine Geldbuße von 10.000,00 € verhängt. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.

2

Nach den Urteilsgründen hat das Amtsgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

3

Der Betroffene ist als selbständiger Steuerberater tätig. Er hatte für den durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 08.04.2004 wegen Steuerhinterziehung u.a. zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilten R. S., der einen Autohandel betrieb, die gesamte steuerliche Beratung übernommen. Unter Mithilfe einer Büroangestellten wurden die laufende Buchführung und die Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt. Die vom Betroffenen gefertigte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 war von S. unterschrieben und von diesem beim Finanzamt eingereicht worden. In ihr waren, wie in dem vom Betroffenen ebenfalls gefertigten und auch unterschriebenen Jahresabschluss zum 31.12.2001, für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2001 unberechtigterweise Vorsteuerbeträge von insgesamt 245,517,29 DM geltend gemacht worden, obwohl dem Betroffenen keine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnungen vorlagen. S. hatte für die fraglichen Geschäfte, tatsächlich handelte es sich um Scheingeschäfte, lediglich sogenannte „verbindliche Bestellungen“, die nur von ihm unterschrieben waren und keinen Firmenstempel des Verkäufers aufwiesen, dem Betroffenen zur Verfügung gestellt. Auf die fehlenden Eingangsrechnungen, die für den Vorsteuerabzug erforderlich sind, war S. mehrmals durch den Betroffenen und dessen Mitarbeiterin angesprochen worden. Der Betroffene war von S. über den Umstand der Scheingeschäfte getäuscht worden; das ursprünglich gegen den Betroffenen geführte Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung hat die Staatsanwaltschaft daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

4

Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen ist nach Auffassung des Senats der vom Amtsgericht angenommene Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung des § 378 Abs. 1 S. 1 AO nicht erfüllt. Dies ergibt sich bereits aus dem tatsächlichen Handlungsablauf, so dass die Frage der „Leichtfertigkeit“ des Verhaltens des Betroffenen, die das Amtsgericht insbesondere gewürdigt hat, offen bleiben kann. Zur bußgeldrechtlichen Verantwortlichkeit der steuerlichen Berater nach dieser Vorschrift folgt der Senat der als herrschend zu bezeichnenden Rechtssprechung des BayObLG (NStZ 1994, 136) sowie des Oberlandesgerichts Braunschweig (NStZ 1998, 44). Danach ist der Ordnungswidrigkeitentatbestand betreffend den Steuerberater dann nicht gegeben, wenn er die Steuererklärung seines Mandanten lediglich vorbereitet und diese vom Steuerpflichtigen unterzeichnet und eingereicht wird, weil es an eigenen Angaben des Steuerberaters gegenüber dem Finanzamt fehlt. Dies wird mit dem Wortlaut der ab 01.01.1977 geltenden Neuregelung der Vorschrift des § 378 AO begründet. Nach dem Wortlaut der Vorgängerregelung des § 404 RAO („bewirkt“) genügte zur Tatbestandserfüllung die ursächliche Herbeiführung des Erfolges der Steuerverkürzung. Die Neuregelung enthält demgegenüber unter Bezugnahme auf § 370 Abs. 1 AO als zusätzliches Tatbestandsmerkmal das Erfordernis, dass der Steuerpflichtige oder derjenige, der in Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen handelt,gegenüber der Finanzbehörde unrichtige oder unvollständige Angaben macht . Dies hat einen engeren Anwendungsbereich der Norm zur Folge. Durch die Einreichung der vom Steuerpflichtigen unterzeichneten Steuererklärung hat dieser entsprechend seiner steuerrechtlichen Verpflichtung Angaben gegenüber dem Finanzamt gemacht, es ist seine Erklärung, für die er mit seiner Unterschrift die Verantwortung übernommen hat, nicht die des Steuerberaters. Dies gilt nach der genannten Rechtsprechung selbst im Falle eines sog. Mitwirkungsvermerks des Steuerberaters (hierzu enthalten die Urteilsgründe keine ausdrückliche Feststellung), weil die Mitwirkung bei der Anfertigung der Steuererklärung nur die Vorbereitung der Steuererklärung des Steuerpflichtigen beinhaltet und eine vom Steuerberater gegenüber seinem Mandanten geschuldete und erbrachte Leistung und gegenüber diesem gemachte Erklärung darstellt. Dem entspricht auch, dass der Steuerberater nicht als Sachwalter des Finanzamts, sondern Beistand des Steuerpflichtigen anzusehen ist (Klein/Gast-de Haan AO 9. Aufl. § 378 Rn. 7). Nach dieser Rechtsprechung hat der Betroffene den Ordnungswidrigkeitstatbestand nicht erfüllt.

5

Soweit in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung vom Bundesfinanzhof eine gegenteilige Auffassung vertreten wird (Urteil vom 19.12.2002 – IV R 37/01 – zitiert nach juris), die eine weitergehende Verantwortlichkeit des Steuerberaters nach § 378 Abs. 1 AO annimmt, überzeugt diese nicht. Dem abweichenden Wortlaut der Neufassung der Norm wird dabei nach Auffassung des Senats nicht die Bedeutung beigemessen, die unter Berücksichtigung des auch im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG, §§ 1 StGB, 3 OWiG) angebracht ist. Danach ist eine restriktive Auslegung von Straf- und auch Bußgeldnormen geboten, nur solche Handlungen können als tatbestandsmäßig angesehen werden, die sich ohne weiteres und sicher dem Wortlaut der Bestimmung unterordnen lassen (BGH NJW 2008, 2516). Der Wortlaut des § 378 AO verlangt in objektiver Hinsicht die Begehung einer der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten. Der Gesetzgeber hat damit gerade die weitergehende vorherige Fassung („bewirkt“) fallengelassen. Dem trägt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht Rechnung; dies kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass entscheidend auf eine Reichsgerichtsentscheidung aus dem Jahre 1923 abgestellt wird, die naturgemäß auf der Grundlage der weiter gefassten Vorgängerregelung ergangen war (vgl. hierzu auch Franzen/Gast/Joecks Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 378 Rn. 24). Zu berücksichtigen ist auch, dass die Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht unmittelbar die Ahndung einer Tat und Festsetzung einer Geldbuße zum Gegenstand hatte, sondern die Frage der Tatbestandsverwirklichung nur von indirekter Bedeutung für eine weitere Rechtsfrage war (Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO). Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 GVG liegen damit nicht vor.

6

Da der Betroffene somit im Rahmen der fraglichen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 selbst keine Angaben gegenüber der Finanzbehörde gemacht hat, kann der Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung nicht bejaht werden. Auch eine Verantwortlichkeit in Form der mittelbaren Täterschaft oder der Mittäterschaft kommt nicht in Betracht, da diese vorsätzliches Handeln voraussetzt (BayObLG a.a.O.), was hier gerade nicht gegeben ist. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Da Anhaltspunkte für weitergehende Feststellungen, die eine Verantwortlichkeit des Betroffenen begründen könnten, nicht ersichtlich sind, ist die Sache nicht an das Amtsgericht zurück zu verweisen, der Betroffene ist durch den Senat freizusprechen.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so wird eine Geldbuße nicht festgesetzt, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. § 371 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.