Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 20. Nov. 2017 - 7 B 17.320

published on 20/11/2017 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 20. Nov. 2017 - 7 B 17.320
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Verwaltungsgericht Regensburg, RO 3 K 15.2014, 16/02/2016

Gericht

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Tenor

I. In Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Februar 2016 wird der Beklagte verpflichtet, die Kosten der Beförderung des Sohnes der Kläger zur Staatlichen Wirtschaftsschule W... für das Schuljahr 2015/2016 in Höhe von 1.199 Euro zu übernehmen. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2015 und der Widerspruchsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 23. Oktober 2015 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt der Beklagte ein Viertel, die Kläger tragen drei Viertel.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger und die Klägerin (im Folgenden: die Kläger) begehren die Übernahme der Schülerbeförderungskosten für ihren Sohn zum Besuch der vierstufigen Wirtschaftsschule in W... ab dem Schuljahr 2015/2016.

Mit Bescheid vom 3. Juli 2015 lehnte der Beklagte den Antrag der Kläger auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten zur Staatlichen Wirtschaftsschule in W... für das Schuljahr 2015/2016 mit der Begründung ab, der Sohn der Kläger könne die näher gelegene Staatliche Wirtschaftsschule in W... besuchen. Der hiergegen von den Klägern erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 23. Oktober 2015 zurückgewiesen. Die nächstgelegene Wirtschaftsschule sei in W... Die Beförderungskosten nach W ... überstiegen die Aufwendungen für eine Beförderung nach W... um mehr als 20%. Nicht maßgeblich sei, dass es sich bei der Wirtschaftsschule W... um eine dreistufige Form handele, während die vom Sohn der Kläger besuchte Wirtschaftsschule in W... vierstufig sei. Die beiden Formen stellten keine eigenen Schularten bzw. Ausbildungsrichtungen dar.

Die gegen diese Entscheidung eingereichte Verpflichtungsklage auf Übernahme der Beförderungskosten für das Schuljahr 2015/2016 sowie die weiter erhobene Klage auf Feststellung, dass der Beklagte auch für weitere Schuljahre zur Schulwegkostenerstattung verpflichtet sei, wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2016 ab. Ein Anspruch auf Schulwegkostenerstattung sei unter keinem rechtlichen Aspekt gegeben. Die Wirtschaftsschule in W... sei nicht die nächstgelegene Schule i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 Nr. 3 der Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung – SchBefV) i.d.F.d.Bek. vom 8. September 1994 (GVBl S. 953, BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Juli 2017 (GVBl S. 381). Dreistufige und vierstufige Wirtschaftsschule seien derselben Schulart zuzuordnen. Beide Realschulen wiesen hinsichtlich Schulart, Ausbildungs- und Fachrichtung keine wesentlichen Unterschiede auf. Auch eine Übernahme der Beförderungskosten nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV komme nicht in Betracht, weil die Wirtschaftsschule W... keine pädagogischen Besonderheiten aufweise. Insbesondere stelle es keine pädagogische Eigenheit dieser Wirtschaftsschule dar, wenn der Sohn der Kläger nur im Schuljahr 2015/2016 die persönlichen Eignungsvoraussetzungen für die Wirtschaftsschule erfüllen könne. Eine Übernahme der Beförderungskosten nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 SchBefV scheide ebenfalls aus, weil ein Schulwechsel nicht unzumutbar sei. Die von den Klägern erhobene Feststellungsklage sei unzulässig, jedenfalls aber aus denselben Gründen wie die Verpflichtungsklage unbegründet.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung. Rechtsfehlerhaft gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Wirtschaftsschule W... ein gleichwertiges Äquivalent zur Wirtschaftsschule W... darstelle, weil diese bis zum Schuljahr 2015/2016 noch als Schulversuch betrieben worden sei und es nur geringe Anmeldezahlen gebe. Auch habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass im Rahmen der pädagogischen Eigenheiten einer Schule nicht nur auf Eigenschaften der Schule abzustellen sei, sondern auch die Bedürfnisse des jeweiligen Schülers mit in die Bewertung einzubeziehen seien. Es bestehe die Besonderheit, dass der Sohn der Kläger die Eignung für die Wirtschaftsschule gerade in diesem Schuljahr erreicht habe. Aufgrund der bisherigen schulischen Leistungen sei jedoch nicht gesichert, dass er diese Voraussetzungen auch im nächsten Schuljahr für den Besuch der dreistufigen Wirtschaftsschule erfüllen könne. Es sei ihm dann generell verwehrt, eine Wirtschaftsschule zu besuchen. Der Gerichtsbescheid habe den Feststellungsantrag fehlerhaft als unzulässig angesehen. Das Argument, Sachverhaltsänderungen könnten nicht hinreichend berücksichtigt werden, da sich das Feststellungsbegehren auf mehrere Schuljahre beziehe, sei nicht zutreffend. Über den Erstattungsanspruch sei nur dem Grunde nach zu entscheiden. Etwaige Änderungen könnten im Rahmen der von den Klägern jährlich neu zu stellenden Anträge berücksichtigt werden. Die Subsidiarität der Feststellungsklage werde von der Rechtsprechung dann verneint, wenn die Klage gegen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft gerichtet sei.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Februar 2016 sowie des Bescheids vom 3. Juli 2015 und des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2015 zu verpflichten, die Kosten der Beförderung ihres Sohnes zur Wirtschaftsschule W... im Schuljahr 2015/2016 zu übernehmen, sowie festzustellen, dass der Beklagte auch für weitere Schuljahre künftig zur Kostenübernahme verpflichtet ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag, hält jedoch ebenfalls die Zurückweisung der Berufung für rechtens.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 3. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben gegen den Beklagten Anspruch auf Übernahme der Kosten der Beförderung ihres Sohnes zur Wirtschaftsschule W... im Schuljahr 2015/2016. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. Februar 2016 ist deshalb insoweit abzuändern; der Bescheid des Beklagten vom 3. Juli 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2015 sind aufzuheben. Der Beklagte ist zu verpflichten, die streitgegenständlichen Beförderungskosten zu übernehmen. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.

1. Die Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung – SchBefV) i.d.F.d.Bek. vom 8. September 1994 (GVBl S. 953, BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Juli 2017 (GVBl S. 381), regelt die näheren Voraussetzungen für die notwendige Beförderung der Schüler auf dem Schulweg nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Schulwegkostenfreiheitsgesetz – SchKfrG) i.d.F.d.Bek. vom 31. Mai 2000 (GVBl S. 452, BayRS 2230-5-1-K], zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286). Die notwendige Beförderung der Schüler auf dem Schulweg ist kraft Gesetzes (unter anderem) bei dreibzw. vierstufigen Wirtschaftsschulen bis einschließlich Jahrgangsstufe 10 Aufgabe der kreisfreien Stadt oder des Landkreises des gewöhnlichen Aufenthalts des Schülers (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG). Die Beförderungspflicht besteht zum Pflicht- und Wahlpflichtunterricht der nächstgelegenen Schule (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SchBefV). Nächstgelegene Schule ist diejenige Schule der gewählten Schulart, Ausbildungs- und Fachrichtung, die mit dem geringsten Beförderungsaufwand erreichbar ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SchBefV).

Gemessen daran handelt es sich bei der vom Sohn der Kläger besuchten Wirtschaftsschule in W... im Schuljahr 2015/2016 um die nächstgelegene Schule, sodass die Beförderungskosten vom Wohnort der Kläger zur Schule zu übernehmen sind. In diesem Schuljahr steht keine näher gelegene Schule zur Verfügung, weil die Wirtschaftsschule in W... aufgrund ihrer dreistufigen Form vom Sohn der Kläger, der sich im Schuljahr 2015/2016 in der 7. Jahrgangsstufe befand, erst ab der 8. Jahrgangsstufe, also erst ab dem Schuljahr 2016/2017, besucht werden könnte.

2. Hinsichtlich der Feststellungsklage bleibt die Berufung ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Offen bleiben kann, ob der Zulässigkeit des Feststellungsantrags, den Beklagten für die weiteren Schuljahre zur Übernahme der Beförderungskosten zu verpflichten, bereits § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegensteht, oder ob diese Vorschrift bei Feststellungsklagen, die gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften gerichtet sind, nicht anwendbar ist (vgl. OVG RhPf, U.v. 13.12.2010 – 2 A 11003/10 – juris Rn. 21). Jedenfalls ist der Antrag unbegründet, da die Kläger ab dem Schuljahr 2016/2017 keinen Anspruch auf Übernahme der Beförderungskosten für ihren Sohn haben. Ab diesem Schuljahr ist nächstgelegene Schule der gewählten Schulart i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 Nr. 3 SchBefV die dreistufige Wirtschaftsschule in W... Der Sohn der Kläger befindet sich zu diesem Zeitpunkt (voraussichtlich) in der 8. Jahrgangsstufe und hat damit die Möglichkeit, diese Wirtschaftsschule zu besuchen. Der Senat hat bereits entschieden, dass es sich bei der dreistufigen und vierstufigen Wirtschaftsschule nicht um verschiedene Schularten, sondern um ein- und dieselbe Schulart handelt (BayVGH, B.v. 5.3.2012 – 7 ZB 11.2642 – juris Rn. 4 f.). Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird gemäß § 130b Satz 2 VwGO abgesehen und auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (UA S. 6 bis 11) verwiesen. Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

Die Annahme pädagogischer (oder weltanschaulicher) Eigenheiten i.S.v. § 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV setzt solche Alleinstellungsmerkmale voraus, durch die sich der Unterricht an der Schule deutlich von ansonsten vergleichbaren Schulen abhebt (vgl. BayVGH, U.v. 19.2.2013 – 7 B 12.2441 – BayVBl 2013, 439 Rn. 33). Abzustellen ist hiernach auf im Unterricht bzw. in der Schule begründete Besonderheiten, nicht aber – wie die Kläger meinen – auf Besonderheiten im Leistungsvermögen eines Schülers. Ein etwaiges geringeres Leistungsangebot der Schule stellt in der Regel ebenfalls kein Alleinstellungsmerkmal in pädagogischer Hinsicht dar.

Die Übernahme der Beförderungskosten ist vorliegend auch nicht ausnahmsweise nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 SchBefV, etwa zum Ausgleich einer außergewöhnlichen Härte, geboten (vgl. hierzu z.B. BayVGH, U.v. 19.2.2013 – 7 B 12.2441 – juris Rn. 42 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich aus dem klägerischen Vorbringen keine besonderen Umstände ergeben, die eine individuelle Härte oder Ausnahmesituation begründen könnten. Insbesondere wäre ein Wechsel des Sohnes der Kläger ab dem Schuljahr 2016/2017 an die Wirtschaftsschule in W... unabhängig von seinem Leistungsstand möglich und damit nicht unzumutbar. Wie sich aus dem Widerspruchsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 23.10.2015 ergibt, bedarf es beim Wechsel von der 7. Klasse einer vierstufigen Wirtschaftsschule in die 8. Klasse einer dreistufigen Wirtschaftsschule keines besonderen Notendurchschnitts. Der Schüler muss lediglich die 7. Klasse der vierstufigen Wirtschaftsschule bestanden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.796 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 13/12/2010 00:00

Tenor Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. Juni 2010 wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten der Schülerbeförderung zu den im Gebiet des Beklagten gelegenen Förderschulen ab
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(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.