Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Aktenzeichen: 6 N 14.1743
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 11. Dezember 2015
6. Senat
Sachgebietsschlüssel: 1131
Hauptpunkte:
Erschließungsbeitragsrecht
Anlage zum Schutz eines Baugebiets gegen schädliche Umwelteinwirkungen
Lärmschutzanlage
Satzung
Normenkontrolle
Erschließungslast der Gemeinde
Bundesautobahn
Prioritätsgrundsatz
Erforderlichkeit
Abrechnungsgebiet
Verteilungsregelung
Herstellungsmerkmale
gemeindlicher Eigenanteil
Gleichbehandlung
Rechtsquellen:
In der Normenkontrollsache
...
gegen
Stadt W. i. ..., vertreten durch den Oberbürgermeister,
- Antragsgegnerin -
Wegen Unwirksamerklärung der Satzung der Stadt W. ... über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzeinrichtung zwischen dem Baugebiet S. und der BAB A 93 vom 30. Juli 2013
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 6. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Greger aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. Dezember 2015 am 11. Dezember 2015 folgendes Urteil:
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzeinrichtung zwischen dem Baugebiet S. und der BAB A 93 (EBS LS) vom 30. Juli 2013.
Mit bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlüssen der Regierung der Oberpfalz vom 25. Januar 1972 waren die (frühere) Bundesstraße B 15 und mit Beschluss vom 10. November 1992 auf derselben Trasse mit einer zusätzlichen westlichen Richtungsfahrbahn die aktuelle Bundesautobahn A 93 (BAB A 93) planfestgestellt worden. Die Antragsgegnerin setzte am 29. Dezember 2000 den Bebauungsplan mit Grünordnungsplan Nr. 61 26 279 einschließlich Änderung Ä 1 „S.“ in Kraft, der die unmittelbar westlich der BAB A 93 gelegenen Grundstücke als Gewerbegebiet und den sich weiter westlich anschließenden Bereich als Mischgebiet ausweist. Zum Schutz dieser Baugebiete vor Verkehrslärm war ursprünglich eine Lärmschutzwand entlang der Autobahn festgesetzt. Mit der 3. Änderung des Bebauungsplans, die am 15. Oktober 2010 in Kraft trat, wurde (zur Kostenersparnis) ein entlang der BAB A 93 verlaufender Lärmschutzwall festgesetzt, auf dessen Krone in Teilbereichen eine Lärmschutzwand mit einer Höhe von maximal 5,5 m über der Oberkante Fahrbahnrand der BAB A 93 aufgesetzt ist und der durch die die BAB A 93 überquerende Anbaustraße S. in einen nördlichen und südlichen Teil getrennt wird.
Der Stadtrat der Antragsgegnerin hat am 29. Juli 2013 die angegriffene Satzung beschlossen. Sie wurde am 30. Juli 2013 vom Oberbürgermeister ausgefertigt, im Amtsblatt vom 16. August 2013 bekannt gemacht und trat am 19. August 2013 in Kraft. Danach erhebt die Antragsgegnerin zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung der Lärmschutzeinrichtung zwischen dem Baugebiet „S.“ und der BAB A 93 einen Erschließungsbeitrag von den Grundstücken, auf denen eine Bebauung oder gewerbliche Nutzung zulässig ist und die durch die Lärmschutzeinrichtung wenigstens in Teilbereichen eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfahren.
Die Satzung enthält u. a. folgende Regelungen:
§ 2
Merkmale der endgültigen Herstellung
Die Lärmschutzeinrichtung ist endgültig hergestellt, wenn sie in all ihren Bestandteilen entsprechend dem Ausbauprogramm hergestellt ist und die Begrünungs- und Bepflanzungsarbeiten abgeschlossen sind.
§ 3
Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes, Eigenanteil
Der beitragsfähige Erschließungsaufwand wird nach den tatsächlichen Kosten ermittelt. Die Stadt W. ... trägt 10 v. H. des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes.
§ 4
Abrechnungsgebiet
Die von der Lärmschutzeinrichtung im Sinn von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossenen Grundstücke bilden das Abrechnungsgebiet. Erschlossen sind die Grundstücke, auf denen eine Bebauung oder gewerbliche Nutzung zulässig ist und die durch die Lärmschutzeinrichtung wenigstens in Teilbereichen eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfahren. Als nicht erschlossen gelten solche Grundstücke, auf denen ausschließlich Garagen oder Stellplätze sowie vergleichbare bauliche Anlagen errichtet werden dürfen. Die Schallpegelminderung wird auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Lärmschutzeinrichtung durch ein Fachbüro für Akustik und Immissionsschutz ermittelt.
§ 5
Verteilung des gekürzten beitragsfähigen Aufwandes
(1) Der nach § 3 um den Eigenanteil der Stadt W. ... gekürzte anderweitig nicht gedeckte Erschließungsaufwand wird auf die Grundstücke des Abrechnungsgebietes in dem Verhältnis verteilt, in dem die Nutzungsflächen der einzelnen Grundstücke zueinander stehen. Die Nutzungsfläche eines Grundstücks ergibt sich durch Vervielfachung seiner Grundstücksfläche mit einem Nutzungsfaktor.
(2) Bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes wird durch den Nutzungsfaktor die unterschiedliche Nutzung der Grundstücke berücksichtigt. Der Nutzungsfaktor beträgt entsprechend dem Maß der baulichen Nutzung
1. bei eingeschossiger Bebaubarkeit 1,0
2. bei zweigeschossiger Bebaubarkeit 1,3
3. bei dreigeschossiger Bebaubarkeit 1,6.
(3) Als Grundstücksfläche gilt die Fläche, auf die sich die Nutzungsfestsetzung im Bebauungsplan bezieht. Grundstücksteile, die über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, bleiben außer Betracht.
(4) Als Geschosszahl gilt die im Bebauungsplan festgesetzte höchst zulässige Zahl der Vollgeschosse. Ist im Einzelfall eine höhere Geschosszahl zugelassen oder vorhanden, so ist diese zugrunde zu legen. Als Geschosse gelten Vollgeschosse, die vollständig über der natürlichen oder festgelegten Geländeoberfläche liegen und über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine Höhe von mindestens 2,30 m haben. Als Vollgeschosse gelten auch Kellergeschosse, deren Deckenunterkante im Mittel mindestens 1,20 m höher liegt als die natürliche oder festgelegte Geländeoberfläche.
(5) Geschosse, die durch die Lärmschutzanlage eine Schallpegelminderung von weniger als 3 dB(A) erfahren, werden bei der Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes nicht berücksichtigt. Trifft dies für alle Geschosse eines erschlossenen Grundstücks zu, nimmt dieses an der Aufwandsverteilung nicht teil. Für solche Grundstücke wird der Nutzungsfaktor Null angesetzt.
(6) Für die durch die Lärmschutzeinrichtung erschlossenen Grundstücke, die eine Schallpegelminderung von mehr als 6 dB(A) erfahren, werden die in Abs. 2 Satz 2 genannten Nutzungsfaktoren erhöht. Der Zuschlag beträgt bei einer Schallpegelminderung
1. von mehr als 6 bis einschließlich 9 dB(A) 25% vom Nutzungsfaktor
2. von mehr als 9 dB(A) 50% vom Nutzungsfaktor.
Erfahren Grundstücke durch die Lärmschutzeinrichtung innerhalb eines Vollgeschosses oder zwischen den einzelnen Vollgeschossen unterschiedliche Schallpegelminderungen, bemisst sich der Zuschlag nach der höchsten Schallpegelminderung.
…
Die Antragsteller sind Miteigentümer zu je ½ der Grundstücke FlNr. 2120/80 und 2120/160, die im Geltungsbereich des Bebauungsplans „S.“ liegen. Sie wurden auf der Grundlage der angegriffenen Satzung mit Bescheid vom 30. Oktober 2013 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von insgesamt 13.390,30 € herangezogen, weil diese durch die Anlage eine Schallpegelminderung von mehr als 6 dB(A) erfahren würden. Die Antragsteller erhoben gegen den Erschließungsbeitragsbescheid Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.
Mit ihrem am 13. August 2014 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrag machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend: Es fehle an der Zuständigkeit der Antragsgegnerin für den Erlass der Beitragssatzung. Die Lärmschutzeinrichtung falle nach dem Prioritätsgrundsatz nicht in die gemeindliche Erschließungslast, weil die BAB A 93 erst nach der bereits zuvor vorhandenen Wohnbebauung im Bereich „S.“ planfestgestellt worden und somit der Bund als Träger der Straßenbaulast für die Errichtung von Lärmschutzanlagen verantwortlich sei. Außerdem habe die enorme Verkehrszunahme in Folge der Grenzöffnung das Lärmproblem hervorgerufen. Das falle ebenfalls in den Verantwortungsbereich des Straßenbaulastträgers, der auch nachträglich für eine Lärmsanierung sorgen müsse. Dieser habe auch in anderen Stadtgebieten von W. Lärmschutzmaßnahmen finanziert. Deshalb könne es nicht sein, dass im Bereich „S.“, wo bei Aufstellung des Bebauungsplans im Jahr 2009 bereits viele Anwesen u. a. auch mit Wohnhäusern bebaut gewesen seien, nun die Anwohner für die Finanzierung des Lärmschutzes herangezogen würden.
Die angegriffene Satzung sei ferner deshalb unwirksam, weil ein konkretes und einheitliches Ausbauprogramm für die Lärmschutzeinrichtung fehle. Diese sei zudem nicht erforderlich gemäß § 129 Abs. 1 BauGB, weil die Berechnungen der Antragsgegnerin zu den auf die einzelnen Grundstücke wirkenden Immissionen mit und ohne die Lärmschutzeinrichtung durch das von den Antragstellern eingeholte Gutachten des Dr. S. vom 28. März 2014 widerlegt würden. Für den Ansatz eines Pegelminderungswerts von mindestens 3 dB(A) bei der Frage, ob ein Grundstück erschlossen sei, gebe es keine gesetzliche Rechtsgrundlage. Ein Großteil der Anwesen erfahre keine messbaren Pegelminderungen durch die Lärmschutzeinrichtung. Die sog. Überstandslänge der Lärmschutzeinrichtung sei unzutreffend berechnet worden.
Die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands in der Satzung sei rechtsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin keinen Summen- bzw. Mittelpegel zwischen den errechneten Minderungen (tag/nachts) und/oder (Ost-/West-/Nord- bzw. Südseite) und/oder (EG, 1. OG bzw. 2. OG) gebildet, sondern nur die höchste Pegelminderung herangezogen habe. Außerdem sei die Schutzwürdigkeit der einzelnen Anwesen und der darin enthaltenen Räume nicht berücksichtigt und die tatsächliche Übertragung der angeblichen Pegelminderungen vor dem Fenster auf die dahinterliegenden Räume nicht untersucht worden. Es würden auch Anwesen mit Beiträgen belastet, die ohne die Lärmschutzeinrichtung unterhalb der Orientierungswerte der DIN 18005 beschallt würden sowie solche, an denen Immissionen auch mit Lärmschutzeinrichtung über den Orientierungswerten lägen. Der Erschließungsanlage liege kein wirksamer Bebauungsplan zugrunde, weil dieser städtebaulich nicht erforderlich und mittlerweile funktionslos geworden sei. Ein Bebauungsplan könne nicht auf einer rechtlich unklaren Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz aufbauen. Die Anforderungen des § 125 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB seien nicht erfüllt. Es hätte ein höherer Eigenanteil der Antragsgegnerin angesetzt werden müssen. Eine „Vergleichsberechnung“ zum Stichtag 19. August 2013 mit und ohne Lärmschutzwall fehle. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt. Fiskalische Gewinne der Antragsgegnerin durch den Grundstücksverkauf im Baugebiet „S.“ hätten angerechnet werden müssen.
Die Antragsteller beantragen,
die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzeinrichtung zwischen dem Baugebiet S. und der BAB A 93 vom 30. Juli 2013 (EBS LS) für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie tritt dem Vorbringen der Antragsteller entgegen und verteidigt ihre Satzung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Antrag, die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzeinrichtung zwischen dem Baugebiet S. und der BAB A 93 (EBS LS) vom 30. Juli 2013 für unwirksam zu erklären, hat keinen Erfolg.
I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
Er ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft, weil er sich gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift richtet. Für die Überprüfung der Gültigkeit solcher Rechtsvorschriften eröffnet Art. 5 Satz 1 AGVwGO den Weg der Normenkontrolle vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Antragsteller besitzen die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, weil sie Adressaten eines auf die umstrittene Satzung gestützten, belastenden Beitragsbescheids sind, dessen Rechtsgrundlage im Fall der Nichtigkeit der Norm wegfiele. Sie können deshalb geltend machen, durch die Anwendung der Satzung in ihren Rechten verletzt zu sein. Sie haben den Antrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Beitragssatzung gestellt.
II. Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet. Die - ordnungsgemäß zustande gekommene - Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Lärmschutzeinrichtung zwischen dem Baugebiet S. und der BAB A 93 (EBS LS) vom 30. Juli 2013 ist rechtsgültig. Sie entspricht insbesondere den Anforderungen des Art. 5a Abs. 1 KAG in Verbindung mit§ 127 Abs. 2 Nr. 5 und § 132 BauGB.
1. Der angegriffenen Satzung fehlt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit. Sie ergänzt die allgemeine Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin (vom 10.4.1981 in der Fassung vom 11.3.2008) um die Regelungen zu Art und Umfang, den Merkmalen der endgültigen Herstellung sowie zur Verteilung des beitragsfähigen Aufwands bezüglich der konkreten Immissionsschutzanlage (vgl. § 10a EBS). Diese Anlage wird in § 1 Abs. 2 EBS LS wie folgt beschrieben: „Beitragsfähig ist der Erschließungsaufwand für die im seit 15.10.2010 rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 61 26 279 Ä 3 zum Schutz des Baugebiets ‚S.‘ vor den von der BAB A 93 ausgehenden Lärmimmissionen festgesetzte Lärmschutzeinrichtung. Die Lärmschutzeinrichtung besteht aus einem nördlich und südlich der Erschließungsstraße ‚S.‘ entlang der BAB A 93 verlaufenden Lärmschutzwall, auf dessen Krone in Teilbereichen eine Lärmschutzwand aufgesetzt wird und einem entlang der Westseite des Lärmschutzwalles verlaufenden Unterhaltungsweg“. Über die Identität der Lärmschutzanlage und ihren Umfang kann es danach keine Zweifel geben.
2. Bei dieser Lärmschutzanlage handelt es sich um eine Erschließungsanlage im Sinn von § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB, für deren Herstellung die Antragsgegnerin gemäߧ 127 Abs. 1 BauGB Erschließungsbeiträge erheben muss und die deshalb Gegenstand einer entsprechenden Beitragssatzung sein darf.
Beitragsfähig sind nach § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind. Dazu zählen selbstständige Anlagen zum Schutz gegen Verkehrslärm, wie die in Streit stehende. Die Vorschrift erfasst allerdings nur solche Immissionsschutzanlagen, die von der Gemeinde in Erfüllung einer ihr nach § 123 Abs. 1 BauGB obliegenden Erschließungslast hergestellt worden sind. Ob das der Fall ist, richtet sich bei einem durch Verkehrslärm ausgelösten Konflikt zwischen einer Straße und einer benachbarten Wohnbebauung nach dem Prioritäts- oder Veranlasserprinzip. Wenn eine Straße nachträglich an ein vorhandenes Wohngebiet herangeführt wird, ist nicht die Gemeinde, sondern der Straßenbaulastträger verpflichtet, für den erforderlichen Lärmschutz zu sorgen. Soll hingegen ein Baugebiet im Einwirkungsbereich einer bereits vorhandenen Straße erschlossen werden oder dehnt es sich in diese Richtung aus, ist die erstmalige Herstellung der erforderlich werdenden Immissionsschutzanlagen von der Erschließungsaufgabe der Gemeinde umfasst und folglich § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB anwendbar (vgl. BVerwG, U. v. 13.8.1993 - 8 C 36.91 - KStZ 1994, 136/137; BayVGH, U. v. 11.3.2015 - 6 BV 14.280 - BayVBl 2015, 525 Rn. 16; VGH BW, U. v. 16.9.2009 - 2 S 1466.07 - DVBl 2010, 192).
Nach dem Prioritätsprinzip fällt die Errichtung der streitigen Lärmschutzanlage in die Erschließungsaufgabe der Antragsgegnerin. Denn die Antragsgegnerin hat das Baugebiet „S.“ westlich der BAB A 93 erst mit dem am 29. Dezember 2000 in Kraft getretenen Bebauungsplan Nr. 61 26 279 „S.“ festgesetzt, nachdem die BAB A 93 bereits durch Beschluss vom 10. November 1992 planfestgestellt worden war. Dass in dem Plangebiet bereits vor dem Ausbau der ursprünglichen Bundesstraße zur Autobahn BAB A 93 und dem Erlass des Bebauungsplans vereinzelt - nach Angabe der Beteiligten sechs bis sieben - Gebäude vorhanden waren, ändert daran nichts. In der Begründung zum Bebauungsplan vom 15. März 1999 ist insoweit von „einzelnen“, „meist hofartig gruppiert(en)“ Anlagen von „teilweise ehemalige(n) landwirtschaftliche(n) Anwesen“ die Rede. Diese Gebäude haben nach den von den Antragstellern vorgelegten Lageplänen als unorganische Splittersiedlung bauplanungsrechtlich im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 BauGB) gelegen. Aber selbst wenn es sich - wie die Antragsteller meinen - um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil mit dem Charakter eines faktischen Mischgebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB,§ 6 BauNVO) gehandelt haben sollte, wurde erst durch den Bebauungsplan „S.“ auf einer weitaus größeren, bislang unbebauten Fläche ein insoweit jedenfalls neues Baugebiet im Einwirkungsbereich der bereits vorhandenen BAB A 93 erschlossen, also das nach Ansicht der Antragsteller vorhandene Baugebiet - um ein Vielfaches - ausgedehnt. Die Herstellung der dafür erforderlich werdenden Lärmschutzanlagen oblag damit objektiv nach § 123 Abs. 1 BauGB der Antragsgegnerin als planender Gemeinde. Dementsprechend heißt es in der Begründung zum Bebauungsplan vom 15. März 1999: „… sind aktive Schallschutzmaßnahmen entlang der BAB A 93 zu treffen, da sonst eine Bebauung in weiten Teilen des Gebietes auszuschließen wäre. Durch die Ausbildung einer Lärmschutzwand in Nord-Süd-Richtung kann die Mischgebietsnutzung im Osten bis auf 100 m, die gewerbliche Nutzung bis auf 40 m an die BAB A 93 herangerückt werden.“ Dass an Stelle der ursprünglich geplanten Lärmschutzwand dann die in der 3. Änderung des Bebauungsplans vom 5. Oktober 2010 ausgewiesene Lärmschutzeinrichtung trat, ändert nichts am Fortbestand der gemeindlichen Erschließungsaufgabe zum Schutz des neuen (jedenfalls erheblich ausgedehnten) Baugebiets „S.“.
Die von den Antragstellern angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Anspruch auf nachträgliche Schutzmaßnahmen wegen nicht voraussehbarer (Lärm-)Wirkungen eines (Straßenneubau-)Vorhabens gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (BVerwG, U. v. 7.3.2007 - 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 ff.) ist im vorliegenden Fall von vornherein nicht einschlägig. Es bestehen schon keinerlei greifbare Anhaltspunkte, dass es entgegen der dem Planfeststellungsbeschluss vom 10. November 1992 zugrunde gelegten Verkehrsprognose zu einer erheblichen Steigerung der Lärmeinwirkungen durch den Betrieb der BAB A 93 gekommen ist, wie es Grundvoraussetzung für die nachträgliche Anordnung von Schutzmaßnahmen wäre.
3. Die Lärmschutzanlage ist - als solche - für den Schutz des Baugebiets „S.“ erforderlich im Sinn von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB und damit dem Grunde nach beitragsfähig.
Für die Beurteilung, ob eine Erschließungsanlage überhaupt und ob sie nach Art und Umfang erforderlich im Sinn von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist, ist der Gemeinde ein „weiter Entscheidungsspielraum“ zuzubilligen (vgl. BVerwG, U. v. 14.12.1979 - 4 C 28.76 - BVerwGE 59, 249/252 f.; BayVGH, B. v.23.12.2005 - 6 ZB 04.286 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 6.12.2012 - 6 ZB 12.187 - juris Rn. 9). Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird „lediglich eine äußerste Grenze markiert“, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung „sachlich schlechthin unvertretbar ist“ (vgl. BVerwG, U. v. 14.12.1979 - 4 C 28.76 - BVerwGE 59, 249/252 f.; U. v. 3.3.1995 - 8 C 25.93 - NVwZ 1995, 1208/1209; BayVGH, B. v. 6.12.2012 - 6 ZB 12.187 - juris Rn. 9). Die Erforderlichkeit ist auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage zu beziehen (BVerwG, U. v. 13.8.1993 - 8 C 36.91 - KStZ 1994, 136/138).
Die Beantwortung der Frage, ob sich die streitige Lärmschutzanlage im Rahmen des Erforderlichen hält, hat sich entsprechend den Festsetzungen im Bebauungsplan „S.“ an den für ein Mischgebiet und - unmittelbar angrenzend an die BAB A 93 - an den für ein Gewerbegebiet maßgebenden Zumutbarkeitsgrenzwerten zu orientieren. Diesem „Grenzwert“ gegenüberzustellen ist als sog. Summenpegel der - tatsächliche - Verkehrslärm, der von der BAB A 93 und der Anbaustraße „S.“ gemeinsam ausgeht (vgl. BVerwG, U. v. 13.8.1993 - 8 C 36.91 - KStZ 1994, 136/138; BayVGH, U. v. 11.3.2015 - 6 BV 14.280 - BayVBl 2015, 525 Rn. 31; OVG NW, B. v. 30.1.2014 - 15 A 2566.13 - juris Rn. 38). Für die Ermittlung der für ein Mischgebiet/Gewerbegebiet maßgebenden Zumutbarkeitsgrenzwerte kann als oberste „Orientierungsmarke“ § 2 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Verkehrslärmschutzverordnung (vom 12.6.1990, BGBl I S. 1036, zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.12.2014, BGBl I S. 2269) herangezogen werden. Diese Vorschrift sieht in Mischgebieten zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche einen Immissionsgrenzwert von 64 dB(A) am Tag und 54 dB(A) in der Nacht und in Gewerbegebieten von 69 dB(A) tags und 59 dB(A) nachts vor. Verbindlich gilt sie allerdings ausschließlich beim Neubau oder der wesentlichen Änderung von öffentlichen Straßen. Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor, weil die BAB A 93 bereits bestand, als die Antragsgegnerin das Baugebiet „S.“ ausgewiesen hat. In derartigen Fällen wird die Grenze des noch zumutbaren Verkehrslärms für ein Mischgebiet schon bei einem äquivalenten Dauerschallpegel von 60 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht sowie in Gewerbegebieten von 65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht als erreicht angesehen (vgl. BVerwG, U. v. 13.8.1993 - 8 C 36.91 - KStZ 1994, 136/138 zu einem allgemeinen Wohngebiet; U. v. 22.5.1987 - 4 C 33-35.83 - BVerwGE 77, 285/286; BayVGH, U. v. 11.3.2015 - 6 BV 14.280 - BayVBl 2015, 525 Rn. 31).
In Betracht gezogen werden dürfen deshalb ohne weiteres auch die schalltechnischen Orientierungswerte für die städtebauliche Planung nach Beiblatt 1 zu DIN 18005 Teil 1 - Schallschutz im Städtebau -. Diese Werte sind als sachverständige Konkretisierung der Anforderungen an den Schallschutz im Städtebau zu verstehen, deren Einhaltung oder Unterschreitung wünschenswert ist (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 15 Rn. 15; Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, § 33 Anm. 2.7.4). Eine Gemeinde überschreitet den ihr zustehenden Entscheidungsspielraum daher nicht, wenn sie eine Erschließungsanlage für erforderlich hält, die zum Schutz eines Mischgebiets bestimmt ist, das einem Lärmpegel von ca. 60 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) nachts ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U. v. 13.8.1993 - 8 C 36.91 - KStZ 1994, 136/139). Das gleiche gilt für den Schutz eines Gewerbegebiets, auf das Lärmimmissionen von 65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht treffen.
Gemessen an diesem Maßstab ist die zum Schutz des Baugebiets „S.“ errichtete Lärmschutzanlage erforderlich im Sinn des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn ohne sie wäre ein beachtlicher Teil (mindestens 35 Grundstücke) des Baugebiets westlich der BAB A 93 durchgehend Lärmpegeln ausgesetzt, die die jeweiligen Orientierungswerte nach dem Beiblatt 1 zu DIN 18005 Teil 1 am Tag und/oder in der Nacht überschreiten. Durch die Lärmschutzanlage werden diese Lärmpegel bei einer größeren Anzahl von Grundstücken um mehr als 3 dB(A) gemindert. Die Anlage wirkt sich demnach nicht nur für einzelne, sondern für eine Mehrzahl von Grundstücken innerhalb des Baugebiets „S.“ merkbar lärmmindernd aus, so dass die Antragsgegnerin von der Erforderlichkeit der Lärmschutzanlage ausgehen darf (vgl. BVerwG, U. v. 23.6.1995 - 8 C 20.93 - BVerwGE 99, 18/22; BayVGH, U. v. 11.3.2015 - 6 BV 14.280 - BayVBl 2015, 525 Rn. 32). Das ergibt sich sowohl aus der von der Antragsgegnerin eingeholten schalltechnischen Untersuchung der a. GmbH vom 21. Oktober 2013 als auch aus der von den Antragstellern in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung des Dr. S. vom 28. August 2014. Beide Gutachter gelangen bei ihren Berechnungen nach Maßgabe der Anlage 1 (zu § 3) der Verkehrslärmschutzverordnung und der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) ausgehend von vergleichbaren Emissionspegeln der BAB A 93 (74,4 bzw. 74,7 dB(A) tags und 69,4 bzw. 69,6 dB(A) nachts) und der Straße „S.“ (55,5 dB(A) tags und 46,2 dB(A) nachts) zwar zu unterschiedlichen Ergebnissen im Detail, nämlich auf welchen Grundstücken konkret welche Lärmpegelminderung durch die Lärmschutzanlage bewirkt wird. So werden in der Untersuchung der a. GmbH die durch eine spürbare Pegelminderung bevorteilten Grundstücke auf über 80 beziffert. Nach der Untersuchung von Dr. S. wird demgegenüber „im Gegensatz zu den Aussagen der Stadt W. … an 45 Anwesen oder Grundstücken der ‚Bürgerinitiative S.‘ der … Wert von 3 dB(A) für die Pegelminderung nicht erreicht“ (S. 9). Gleichwohl erfährt auch nach den Berechnungen von Dr. S. (ausweislich der Anlagen 8 und 9 zum Gutachten) eine durchaus erhebliche Anzahl von Grundstücken Lärmpegelminderungen von mehr als 3 dB(A), weshalb die Erforderlichkeit der Lärmschutzanlage außer Frage steht. Wie viele Grundstücke letztlich als erschlossen an der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands zu beteiligen sind, wirkt sich auf die Wirksamkeit der zur Prüfung stehenden Erschließungsbeitragssatzung nicht aus und ist erst im Heranziehungsverfahren für das einzelne Grundstück von Belang.
Die Antragsgegnerin hat nach alldem bei Beurteilung der Erforderlichkeit ihren (weiten) Entscheidungsspielraum nicht überschritten. Die Lärmschutzanlage als solche kann nicht als „sachlich unvertretbar“ oder überdimensioniert angesehen werden. Dass der Bebauungsplan auch Maßnahmen des passiven Schallschutzes an bestimmten Wohngebäuden vorsieht, steht der Erforderlichkeit der Lärmschutzanlage ebenfalls nicht entgegen. Die Ausführungen der Antragsteller zur sog. „Überstandslänge“ der Lärmschutzeinrichtung können schon deshalb nicht überzeugen, weil der Abstand der betroffenen Anwesen von der Emissionsquelle nicht „mindestens 500 m“ beträgt, wie sie vortragen, sondern die Bebauung schon ab etwa 50 m Entfernung beginnt. Darüber hinaus müsste die Lärmschutzeinrichtung, würde man der Argumentation folgen, noch erheblich länger und damit kostenaufwendiger konstruiert werden.
4. Die Regelung in § 4 EBS LS über das Abrechnungsgebiet ist rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Vorschrift konkretisiert in Übereinstimmung mit der Vorgabe des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB, welche Grundstücke durch die Lärmschutzanlage erschlossen sind.
Beitragsfähige Lärmschutzanlagen dienen nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung „dem Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen“ (§ 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB). Der beitragsrelevante Sondervorteil besteht in dem durch eine solche Anlage bewirkten Schutz, also in der Verminderung von Lärm, der die Ausnutzbarkeit der betroffenen Grundstücke negativ beeinflusst. Dieser Schutz kommt bei typisierender Betrachtung grundsätzlich allen Grundstücken im räumlichen Einzugsbereich zu, auf denen eine bauliche, gewerbliche oder eine vergleichbare Nutzung zulässig ist; eine Ausnahme gilt nur für Grundstücke, auf denen lediglich Garagen oder Stellplätze errichtet werden dürfen. In räumlicher Hinsicht sind mit den Kosten für die erstmalige Herstellung einer Lärmschutzanlage diejenigen Grundstücke zu belasten, für die sich - im Unterschied zu anderen Grundstücken - der durch diese Anlage vermittelte Schutz merkbar auswirkt. Demnach sind diejenigen Grundstücke erschlossen im Sinn des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für die die Herstellung einer solchen Anlage - im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten - zu einer merkbaren Schallpegelminderung führt. Als in diesem Sinn merkbar ist nach ständiger Rechtsprechung eine Schallpegelminderung anzusehen, die mindestens 3 dB(A) ausmacht. Denn eine Differenz von beispielsweise nur 2 dB(A) ist nach allgemeinen Erkenntnissen der Akustik kaum wahrnehmbar (BVerwG, U. v. 19.8.1988 - 8 C 51.87 - BVerwGE 80, 99/102; U. v. 13.8.1993 - 8 C 36.91 - KStZ 1994, 136/138; BayVGH, U. v. 11.3.2015 - 6 BV 14.280 - BayVBl 2015, 525 Rn. 20). Entscheidend ist, ob - bezogen auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Lärmschutzeinrichtung - ein entsprechender Schallschutz bei dem betreffenden Grundstück tatsächlich ankommt (BVerwG, U. v. 19.8.1988 - 8 C 51.87 - BVerwGE 80, 99/102; OVG NW, B. v. 30.1.2014 - 15 A 2566.13 - juris Rn. 39).
Diesen Vorgaben entspricht § 4 EBS LS, wonach Grundstücke erschlossen sind, auf denen eine Bebauung oder eine gewerbliche Nutzung zulässig ist und die durch die Lärmschutzeinrichtung wenigstens in Teilbereichen eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfahren (Satz 1). Als nicht erschlossen gelten solche Grundstücke, auf denen ausschließlich Garagen oder Stellplätze sowie vergleichbare bauliche Anlagen errichtet werden dürfen. Die Schallpegelminderung wird bezogen auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Lärmschutzeinrichtung durch ein Fachbüro für Akustik und Immissionsschutz ermittelt (Satz 2, 3).
Danach kommt es in Übereinstimmung mit höherrangigem Recht allein darauf an, bei welchen Grundstücken eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) vorliegt, und nicht etwa darauf, durch welches Baugebiet der Bau einer Lärmschutzwand ausgelöst worden ist. Entscheidendes Kriterium für die Beitragsbemessung ist einzig der Vorteil, der sich durch die Reduzierung der Geräuschpegel unmittelbar ergibt. Dieser Vorteil wächst in dem nach objektiven Kriterien zu ermittelnden Umfang den durch die Lärmschutzwand geschützten Vollgeschossen zu, unabhängig vom Zeitpunkt der Errichtung der Gebäude und unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Baugebiet (BVerwG, U. v. 23.6.1995 - 8 C 20.93 - BVerwGE 99, 18/21, 22; BayVGH, BayVGH, U. v.11.3.2015 - 6 BV 14.280 - BayVBl 2015, 525 Rn. 21; B. v. 4.8.2004 - 6 ZB 03.2126 - juris Rn. 7). Das Prioritätsprinzip ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Es bestimmt allein die Frage, ob eine Immissionsschutzanlage von der Gemeinde in Erfüllung ihrer Erschließungsaufgabe hergestellt und deshalb beitragsfähig ist oder nicht. Für die Frage, welche Grundstücke durch eine - in Erfüllung der Erschließungsaufgabe und damit - beitragsfähige Immissionsschutzanlage erschlossen werden, gibt es indes nichts her. Grundstücke, die bereits vor dem Bau einer Straße bebaut waren, sind folglich nicht vor der Erhebung von Erschließungsbeiträgen für eine Anlage geschützt, die von der Gemeinde zum Schutz eines neu hinzukommenden Baugebiets vor Straßenlärm errichtet wird. Deshalb sind entgegen der Auffassung der Antragsteller auch die schon länger, vor Anlegung der BAB A 93 bebauten Grundstücke im Bereich „S.“ bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen, soweit ihnen durch die Lärmschutzanlage im maßgeblichen Zeitpunkt der endgültigen Herstellung eine merkbare Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) vermittelt wird.
Die Satzung muss auch keine Regelung dahingehend enthalten, dass nur solche Grundstücke beitragspflichtig sind, bei denen aufgrund der Lärmschutzanlage die Orientierungswerte der DIN 18005 unterschritten werden. Denn über den durch eine Schallpegelminderung von mindestens 3 dB(A) ausgelösten Vorteil hinaus sind keine weiteren Anforderungen an das Erschlossensein im Sinn von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu stellen. Es kommt beitragsrechtlich nicht darauf an, ob auf einem Grundstück die angestrebten Orientierungswerte bereits ohne die Lärmschutzanlage eingehalten oder gar unterschritten würden. Ebenso wenig spielt eine Rolle, ob die - um mindestens 3 dB(A) geminderten - Geräuschpegel noch über den Orientierungswerten liegen; denn der Vorteil ist, wie gesagt, einzig darin zu sehen, dass der auf das Grundstück treffende Lärm spürbar gemindert wird.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist bei der Bestimmung der Schallpegelminderung kein „Summen- bzw. Mittelpegel zwischen den errechneten Minderungen (tag/nachts) und/oder (Ost-/West-/Nord- bzw. Südseite) und/oder (EG, 1. OG bzw. 2. OG)“ zu bilden. Vielmehr bemisst sich der Vorteil für den Fall, dass Grundstücke durch die Lärmschutzeinrichtung innerhalb eines Vollgeschosses, zwischen den einzelnen Vollgeschossen, zur Tag- oder Nachtzeit oder an verschiedenen Seiten unterschiedliche Schallpegelminderungen erfahren, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gem. § 5 Abs. 6 Satz 3 EBS LS nach der höchsten Schallpegelminderung (BayVGH, U. v.11.3.2015 - 6 BV 14.280 - BayVBl 2015, 525 Rn. 24). Eine Aufrundung der ermittelten Schallpegel auf den nächsthöheren ganzzahligen Wert ist in § 4 EBS LS ebenfalls zu Recht nicht vorgesehen und wäre erschließungsbeitragsrechtlich unzulässig, zumal sich eine Aufrundung zulasten des Bürgers auswirken würde (VGH BW, B. v. 27.11.2008 - 2 S 2223.08 - juris Rn.7 ff.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 17 Rn. 121). Rechtlich unerheblich ist, dass bei der Verwendung der unterschiedlichen Software-Programme bzw. -versionen gewisse Unterschiede der Ergebnisse möglich sein mögen, die sich jedoch bei zertifizierten Programmen innerhalb einer hinzunehmenden Bandbreite bewegen.
5. Die Verteilungsregelung des § 5 EBS LS genügt den gesetzlichen Anforderungen des§ 131 Abs. 2 und 3 BauGB und dem Gebot der vorteilsgerechten Verteilung.
Nach Maßgabe von § 5 EBS LS gilt ein kombinierter Maßstab aus Grundstücksfläche und Nutzungsfaktor, bei dem sich der Nutzungsfaktor im Ausgangspunkt nach der - zulässigen oder verwirklichten - Vollgeschosszahl bestimmt. Mit § 5 Abs. 5 Satz 1 EBS LS trägt die Satzung dem Umstand Rechnung, dass Geschosse, die durch die Lärmschutzanlage eine Schallpegelminderung von weniger als 3 dB(A) erfahren, bei der Verteilung des für diese Anlage entstandenen umlagefähigen Erschließungsaufwands nicht berücksichtigt werden (sog. vertikale Differenzierung). Trifft dies für alle Geschosse eines erschlossenen Grundstücks zu, nimmt dieses an der Aufwandsverteilung nicht teil. Für solche Grundstücke wird der Nutzungsfaktor Null angesetzt (§ 5 Abs. 5 Satz 2, 3 EBS LS). Grundstücken wachsen nämlich für Geschosse, die durch eine Lärmschutzanlage keine merkbare Schallpegelminderung - d. h. von mindestens 3 dB(A) - erfahren, keine eine Beitragsforderung rechtfertigenden Sondervorteile zu (BVerwG, U. v. 19.8.1988 - 8 C 51.87 - BVerwGE 80, 99/106 f.).
Es ist keine weitergehende (Verteilungs-)Differenzierung nach schützenswerten, weniger schützenswerten oder nicht schützenswerten Räumen oder dem Umfang der merkbar geschützten Fläche eines Vollgeschosses, also nach der Fläche der Räume innerhalb der geschützten Vollgeschosse geboten. Zwar mag eine solche Differenzierung zu noch „vorteilsgerechteren“ Ergebnissen führen. Doch steht nicht zuletzt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität der Annahme eines solchen Differenzierungsgebots durchgreifend entgegen (BVerwG, U. v. 23.6.1995 - 8 C 18.94 - KStZ 1996, 157/160). Daher sind auch keine Untersuchungen dahingehend erforderlich, welche Pegelminderungen bei den hinter den Fenstern liegenden Räumen tatsächlich ankommen.
Bewirkt eine Lärmschutzwand für die durch sie erschlossenen Grundstücke etwa wegen ihrer Entfernung zur Anlage erheblich unterschiedliche Schallpegelminderungen, gebietet es § 131 Abs. 3 BauGB, diesen Unterschieden bei der Aufwandsverteilung angemessen Rechnung zu tragen (sog. horizontale Differenzierung; vgl. BVerwG, U. v. 19.8.1988 - 8 C 51.87 - BVerwGE 80, 99/107). Diesem Differenzierungsgebot entspricht die in § 5 Abs. 6 Satz 1, 2 EBS LS vorgesehene stufenweise Erhöhung der Nutzungsfaktoren um 25% bei einer Schallpegelminderung von mehr als 6 bis einschließlich 9 dB(A) und um 50% bei einer Schallpegelminderung von mehr als 9 dB(A).
6. Die Satzung enthält eine wirksame Festlegung der Herstellungsmerkmale. Nach § 2 EBS LS ist die Lärmschutzeinrichtung endgültig hergestellt, wenn sie in all ihren Bestandteilen entsprechend dem Ausbauprogramm hergestellt ist und die Begrünungs- und Bepflanzungsarbeiten abgeschlossen sind. Diese Bestimmung genügt den nach § 132 Nr. 4 BauGB zu stellenden Anforderungen. Das konkrete Ausbauprogramm selbst ist für die Beurteilung der Satzung nicht relevant, sondern erst im Rahmen der Prüfung der Beitragsbescheide bei der Frage der endgültigen Herstellung von Bedeutung (BVerwG, U. v. 19.8.1988 - 8 C 51.87 - BVerwGE 80, 99/111).
7. Dass der Satzungsgeber den gemeindlichen Eigenanteil in § 3 Satz 2 EBS LS auf 10 v. H. des beitragsfähigen Erschließungsaufwands festgesetzt hat, ist entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht zu beanstanden. Das entspricht dem Mindestanteilssatz, den die Gemeinde nach § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB zu tragen hat. Eine Erhöhung dieses Mindestanteils kann bei Erschließungsanlagen nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen geboten sein, um die Vorteile der Allgemeinheit angemessen abzubilden (vgl. BayVGH, U. v. 11.3.2015 - 6 BV 14.280 - BayVBl 2015, 525 Rn. 26; B. v. 10.7.2012 - 6 ZB 10.2675 - juris Rn. 7). Für eine solche Ausnahme ist nichts ersichtlich.
8. Ohne Erfolg bleibt der Einwand, die Lärmschutzanlage sei nicht in der nach § 125 BauGB erforderlichen Weise planungsrechtlich rechtmäßig hergestellt, weil der Bebauungsplan „S.“ unwirksam, jedenfalls aber funktionslos geworden sei. Denn ein wirksamer Bebauungsplan im Sinne des § 125 Abs. 1 BauGB oder eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung gemäߧ 125 Abs. 2 BauGB ist nicht etwa Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Erschließungsbeitragssatzung, sondern - neben einer wirksamen Satzung - eine von mehreren Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten und damit erst für die Rechtmäßigkeit von Beitragsbescheiden von Bedeutung.
Aus demselben Grund geht die Rüge fehl, der Bebauungsplan könne nicht auf einer „rechtlich unklaren Planfeststellung“ (der BAB A 93) nach dem Bundesfernstraßengesetz aufbauen. Auch Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss selbst, der im Übrigen in Bestandskraft erwachsen ist, sind im Rahmen der Prüfung der Beitragssatzung unerheblich.
9. Ein Satzungsmangel ergibt sich schließlich nicht aus der Rüge, die Antragsgegnerin verfahre bei der Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen und der Erhebung von Erschließungsbeiträgen hierfür im Stadtgebiet gleichheitswidrig und habe außerdem der Firma A. erhebliche Gewerbesteuern erlassen. Selbst wenn die Antragsgegnerin - wofür nichts ersichtlich ist - vergleichbare Immissionsschutzanlagen im Sinn des § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB in Erfüllung ihrer Erschließungslast hergestellt, aber nicht über Erschließungsbeiträge refinanziert haben sollte, kann das nicht zur Unwirksamkeit der in Streit stehenden Satzung führen. Denn die Beitragspflichtigen können sich grundsätzlich nicht darauf berufen, die zur Beitragserhebung gesetzlich verpflichtete Gemeinde sei ihrer Rechtspflicht in anderen Abrechnungsfällen nicht ausreichend nachgekommen oder andere Anlieger an der BAB A 93 hätten kostenlosen Lärmschutz erhalten (vgl. BayVGH, U. v. 11.3.2015 - 6 BV 14.280 - juris Rn. 28). Das Argument der Antragsteller, dass fiskalische Gewinne der Antragsgegnerin durch den Grundstücksverkauf im Baugebiet „S.“ zur Entlastung der Beitragszahler hätten angerechnet werden müssen, ist für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragssatzung ebenfalls nicht entscheidungserheblich.
10. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10,§ 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung
Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in§ 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in§§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.
Beschluss:
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird auf 10.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).