Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Juni 2019 - 6 B 19.246

published on 06/06/2019 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Juni 2019 - 6 B 19.246
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Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. Juli 2018 - W 3 K 16.1156 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 16. November 2015 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 11. Oktober 2016 werden insoweit aufgehoben, als ein Erschließungsbeitrag von mehr als 66.642,63 € festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen haben die Klägerin ein Drittel und die Beklagte zwei Drittel zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage Bert-Brecht Straße, die von der beklagten Stadt zwischen Juli 2011 und August 2012 entsprechend den Festsetzungen in den Bebauungsplänen Nr. 18/11 vom 5. Mai 2006 und Nr. 18/17 vom 14. November 2006 technisch hergestellt und im März 2015 als Ortsstraße gewidmet worden ist.

Diese etwa 97 m lange Straße verbindet die parallel zueinander verlaufende Lange Straße im Norden mit dem Nordring im Süden. An ihr liegen das 9.132 m² große Grundstück FlNr. 6493/30 im Westen (Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 18/14 vom 15.7.2008) und das 6.811 m² große Grundstück FlNr. 6493/114 sowie das im Eigentum der Klägerin stehende 7.636 m² große Grundstück FlNr. 1838 im Osten. Letzteres liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 18/19 vom 22. Oktober 2014, der für das mit einem Lebensmittelmarkt und einem Drogeriemarkt fast vollständig bebaute Grundstück entlang der Grundstücksgrenze zur Bert Brecht Straße durchgehend einen „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt“ und „Flächen zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen“ festsetzt.

Die Straßenfläche war ursprünglich Teil des Grundstücks FlNr. 6493/30. Zu dessen Bebauung hatte die Beklagte mit einem Investor am 24. Juni 2008 einen notariellen städtebaulichen Vertrag geschlossen. Darin ist unter Nr. 6.5 unter anderem vereinbart: „Der Investor beteiligt sich an den anrechenbaren Kosten … der östlichen Querspange … mit einem Anteil von 45%. Maßgeblich für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten ist § 128 BauGB.“ Zur Umsetzung des städtebaulichen Vertrags hatte der Investor mit notariellem Vertrag vom 20. Juli 2010 an die Beklagte unter anderem eine Fläche von etwa 1.360 m² für die Querspange Ost (Nr. II f) zu einem Preis von 408.000 € (Nr. III.1 f) verkauft, wovon 132.600 € auszuzahlen waren. Weiter war vereinbart worden, dass die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem tatsächlich auszuzahlenden Betrag (408.000 € - 132.600 € = 275.400 €) „als A-Konto-Zahlung auf die Anliegerbeiträge, Erschließungsbeiträge nach dem BauGB“ gilt (Nr. III. 2).

Mit Bescheid vom 16. November 2015 zog die Beklagte auf der Grundlage ihrer Erschließungsbeitragsatzung (EBS) vom 12. Juni 1990, zuletzt geändert durch Satzung vom 24. September 2012, die Klägerin für die Herstellung der Bert Brecht Straße zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 202.797,69 € heran. Bei der Berechnung ging sie von einem beitragsfähigen Erschließungsaufwand in Höhe von 695.792,83 € und nach Abzug eines Gemeinanteils von 10% von einem umlagefähigen Aufwand von 626.213,55 € aus. Zahlungen des Investors aus dem städtebaulichen Vertrag berücksichtigte die Beklagte dabei nicht. Bei der Aufwandsverteilung setzte sie jedes der drei erschlossenen Grundstücke mit einem Nutzungsfaktor von 1,9 für vier Vollgeschosse ohne einen Artzuschlag wegen gewerblicher Nutzung nach § 6 Abs. 10 EWS an.

Auf den Widerspruch der Klägerin änderte die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2016 den Beitragsbescheid der Beklagten und setzt den Erschließungsbeitrag auf 180.697,76 € herab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Grundstück FlNr. 6493/30 wegen der Bebaubarkeit mit maximal sechs Vollgeschossen entgegen der Berechnung der Beklagten - anders als die beiden anderen erschlossenen Grundstücke - mit dem höheren Nutzungsfaktor von 2,5 anzusetzen sei. Zu Recht habe die Beklagte hingegen die Kostenvereinbarung mit dem Investor in dem Städtebaulichen Vertrag vom 24. Juni 2008 nicht als anderweitige Deckung im Sinne von § 129 Abs. 1 BauGB in Abzug gebracht.

Das daraufhin von der Klägerin angerufene Verwaltungsgericht hat die Klage auf Aufhebung des Erschließungsbeitragsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids mit Urteil vom 12. Juli 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der vom Investor in Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem städtebaulichen Vertrag vom 24. Juni 2008 an die Beklagte geleistete Betrag in Höhe von 313.106,78 € habe nicht zu einer anderweitigen Deckung des Erschließungsaufwands geführt. Die Vertragsparteien seien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach Aktenlage davon ausgegangen, dass die Bert Brecht Straße nach ihrer Herstellung keine Erschließungsfunktion haben werde, weil sie nicht erforderlich im Sinne des Erschließungsrechts sei. Sie sollte dennoch auf Wunsch des Investors errichtet werden, weshalb man sich auf dessen Kostenbeteiligung in Höhe der Hälfte der insgesamt fiktiv zu leistenden Erschließungsbeiträge geeinigt habe. Etwaige Beitragspflichten anderer Grundstückseigentümer seien für die Vertragspartner gar nicht in die Überlegungen einbezogen worden. Dies zugrunde gelegt fehle es den vom Investor geleisteten Zahlungen unabhängig davon, ob es sich bei diesem Vertrag um eine Ablösungsvereinbarung handele oder nicht, jedenfalls an der erforderlichen zweckgerichteten Entlastung der (übrigen) Beitragspflichtigen; von einer freiwilligen Überzahlung könne nicht ausgegangen werden.

Die Klägerin trägt mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen vor: Zum einen habe das Verwaltungsgericht übersehen, dass die abgerechnete Erschließungsanlage ihrem Grundstück überhaupt keinen beitragsrelevanten Erschließungsvorteil biete. Denn der Bebauungsplan Nr. 18/19 setze für die gesamte Grundstücksgrenze entlang der Bert Brecht Straße einen „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt“ fest. Bei dem klägerischen Grundstück handele es sich aber um ein rein gewerblich genutztes Grundstück, das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von einer Erschließungsstraße nur dann verkehrlich ausreichend erschlossen sei, wenn von dieser auf das Grundstück heraufgefahren werden könne. Mangels Erschließungsvorteils dürften daher keine Erschließungsbeiträge von der Klägerin erhoben werden. Ungeachtet dessen sei das Grundstück der Klägerin auch unter Verstoß gegen § 6 Abs. 11 Satz 1 EBS mit der vollen Fläche angesetzt worden, obwohl es sich um ein Eckgrundstück handele. Zum anderen müsse die Zahlung, die auf der Grundlage des städtebaulichen Vertrags vom 24. Juni 2008 vom Investor an die Beklagte geleistet worden sei, als anderweitige Deckung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands in Abzug gebracht werden.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. Juli 2018 den Bescheid der Beklagten vom 16. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 11. Oktober 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen im Wesentlichen vor, das klägerische Grundstück liege in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet, wo eine ausreichende verkehrliche Erschließung bereits dann gegeben sei, wenn auf der abgerechneten Straße an das Grundstück herangefahren werden könne. Dies gelte auch dann, wenn das Grundstück tatsächlich gewerblich genutzt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung, den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Der Bescheid vom 16. November 2015, mit dem die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage von Art. 5a KAG in Verbindung mit den §§ 128 ff. BauGB und ihrer Erschließungsbeitragssatzung zu einem Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Bert Brecht Straße herangezogen hat, ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nur in Höhe von 66.642,63 € rechtmäßig. Die Festsetzung eines darüber hinausgehenden Beitrags ist dagegen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beitragsbescheid ist deshalb unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils insoweit aufzuheben. Im Übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg.

1. Die Beitragsforderung ist dem Grunde nach berechtigt.

a) Bei der Bert Brecht Straße handelt es sich um eine nach Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG beitragsfähige Anbaustraße, die planungsrechtlich rechtmäßig (§ 125 BauGB) und endgültig (§ 133 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BauGB) hergestellt sowie für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist.

b) Das klägerische Grundstück unterliegt der Beitragspflicht. Es liegt an der Bert Brecht Straße an und wird durch sie erschlossen im Sinn von § 131 Abs. 1 sowie § 133 Abs. 1 BauGB, obwohl der Bebauungsplan Nr. 18/19 vom 22. Oktober 2014 entlang der Grundstücksgrenze zur Straße durchgehend einen „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt“ und „Flächen zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen“ festsetzt.

Erschlossen ist ein Grundstück, wenn ihm die Anlage in erschließungsbeitragsrechtlicher Weise, d.h. in einer auf die bauliche oder vergleichbare Nutzbarkeit der Grundstücke gerichtete Funktion die Zugänglichkeit vermittelt (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, U.v. 12.11.2014 - 9 C 4.13 - juris Rn. 11 m.w.N.; BayVGH, U.v. 27.7.2016 - 6 B 15.1833 - juris Rn. 21). Die Frage des Erschlossenseins eines Grundstücks hängt in erster Linie davon ab, welche Anforderungen an die Form der Erreichbarkeit zu stellen sind. Dies wird wesentlich vom Bebauungsrecht bestimmt. Liegt das Grundstück - wie vorliegend - in einem durch einen qualifizierten Bebauungsplan als Mischgebiet festgesetzten Bereich, genügt - vorbehaltlich hier fehlender besonderer Festsetzungen im Bebauungsplan - das Heranfahren- und Betretenkönnen (BayVGH, B.v. 9.2.2010 - 6 ZB 08.393 - juris Rn. 5; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 56). Ein Herauffahrenkönnen ist nicht erforderlich, da der ein Erschlossensein begründende Erschließungsvorteil nicht verlangt, dass die Erschließungsanlage dem Grundstück eine Bebaubarkeit für alle nach § 6 Abs. 2 BauNVO zulässigen Nutzungsarten ermöglicht (BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 27). Dabei ist es unerheblich, welche dieser zulässigen Nutzungsarten tatsächlich verwirklicht sind; denn für die Frage des Erschlossenseins ist eine normative Betrachtung geboten, die auf die abstrakte Bebaubarkeit abstellt (BayVGH, B.v. 9.2.2010 - 6 ZB 08.393 - juris Rn. 5).

Übertragen auf den Streitfall bedeutet dies: Dass das klägerische Grundstück gewerblich genutzt wird, führt nicht dazu, dass deshalb die erhöhten Anforderungen gelten, die regelmäßig an das Erschlossensein von Grundstücken in Gewerbegebieten zu stellen sind. Es ist vielmehr auch in diesem Fall auf die abstrakte Bebaubarkeit des Grundstücks abzustellen, d.h. es ist danach zu fragen, welche bauliche Nutzung auf dem (hypothetisch bislang nicht bebaubaren) Grundstück durch die Erschließungsanlage abstrakt möglich wird (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2006 - 9 C 4.05 - juris Rn. 24). Das klägerische Grundstück wird aber schon dadurch (überhaupt) - nämlich für Wohnbebauung (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) - bebaubar, dass es über die Bert Brecht Straße mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen erreicht und von dort aus betreten werden kann. Darin liegt der Vorteil, den die Erschließungsanlage für die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks „hergibt“.

Bezogen auf diese Erreichbarkeitsanforderungen stellen die Festsetzungen im Bebauungsplan Nr. 18/19 vom 22. Oktober 2014 kein beachtliches rechtliches Hindernis dar. Weder das Zu- und Abfahrtsverbot noch das Pflanzgebot schließen das Anlegen eines Zugangs und das Heraufgehen von der Straße auf das Grundstück aus. Sie können nur das Erschlossensein solcher Grundstücke ausschließen, deren Bebaubarkeit von der Herauffahrmöglichkeit abhängt. Dass auf dem Grundstück der Klägerin entlang der Straße ein durchgehender Zaun errichtet ist, kann als selbstgeschaffenes Hindernis eine Beitragspflicht nicht ausschließen (vgl. Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 61).

Die Annahme eines beitragsrelevanten Erschließungsvorteils scheidet auch nicht deshalb aus, weil das Grundstück der Klägerin bereits an eine andere Verkehrsanlage, nämlich die Lange Straße, grenzt und von aus dort tatsächlich Zufahrt genommen wird. Erschließungsbeiträge werden für die „erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage“ erhoben, nicht für die „erstmalige Erschließung“ eines Grundstücks. Es muss daher bei der Prüfung des Erschlossenseins durch eine hinzutretende Anbaustraße die dem betreffenden Grundstück bereits durch eine bestehende Anbaustraße vermittelte Bebaubarkeit hinweggedacht werden (ständige Rechtsprechung; vgl. BVerwG, U.v. 12.11.2014 - 9 C 4.13 - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 28.9.2015 - 6 B 14.606 - juris Rn. 17).

2. Die Beitragsforderung ist allerdings nur in Höhe von 66.642,63 € (statt 180.697,76 €) gerechtfertigt.

Zum einen hätte die Beklagte vom beitragsfähigen Erschließungsaufwand nicht nur ihren satzungsmäßigen Eigenanteil von 10 v.H. (§ 4 EBS) abziehen müssen, sondern auch einen weiteren Kostenanteil von 45 v.H., zu dessen Übernahme sich ein privater Dritter (Investor) im notariellen städtebaulichen Vertrag vom 24. Juni 2008 gegenüber der Beklagten zur Herstellung der „östlichen Querspange“ (der heutigen Bert Brecht Straße) wirksam verpflichtet hat; bei dieser Einnahme(-möglichkeit) der Beklagten handelt es sich - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - um eine anderweitige Deckung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands, die insoweit nach Art. 5a Abs. 1 und (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m.) § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB eine Verteilung auf die erschlossenen Grundstücke ausschließt (a). Zum anderen hätte die Beklagte bei Verteilung des verbleibenden umlagefähigen Erschließungsaufwands auf die drei erschlossenen Grundstücke hinsichtlich des in der Erschließungsbeitragssatzung vorgesehenen Artzuschlags (§ 6 Abs. 10 EBS) unterscheiden müssen: Dieser ist bei den Grundstücken FlNrn. 6493/30 und 6493/114 anzusetzen, nicht aber bei dem Grundstück der Klägerin, weil die Bert Brecht Straße letzterem nicht die für eine gewerbliche Nutzung erforderliche Erreichbarkeit vermittelt (b).

a) Der Kostenanteil, zu dessen Übernahme sich der Investor im städtebaulichen Vertrag vom 24. Juni 2008 gegenüber der Beklagten zur Herstellung der Bert Brecht Straße wirksam verpflichtet hat, stellt eine anderweitige Deckung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands dar.

Gemäß Art. 5a Abs. 1 und (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m.) § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB dürfen Erschließungsbeiträge nur insoweit erhoben werden, als der beitragsfähige Erschließungsaufwand, der nach Abzug des Gemeindeanteils verbleibt, nicht bereits „anderweitig“, d.h. durch Zahlungen von dritter Seite, gedeckt ist. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die Gemeinde von den Eigentümern der erschlossenen Grundstücke keine Erschließungsbeiträge verlangen kann, soweit der nach Abzug ihres (Eigen-)Anteils (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB) verbleibende beitragsfähige Erschließungsaufwand durch Zahlungen eines Dritten bereits endgültig ausgeglichen ist (BVerwG, U.v. 30.1.1987 - 8 C 10.86 - juris Rn. 18). Anderweitig gedeckt und nach § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht beitragsfähig ist deshalb der Teil des für die erstmalige endgültige Herstellung entstandenen Gesamtaufwands, für den der Gemeinde unabhängig von der erst nach Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes zulässigen Beitragserhebung sonstige Einnahmen zugeflossen sind.

Zu denken ist dabei insbesondere an aus vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtungen herrührende zweckgebundene Mittel, die den durch Erschließungsbeiträge zu deckenden Erschließungsaufwand mindern. Eine anderweitige Deckung im Sinn von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann auch in einem Anspruch der Gemeinde gegen einen Dritten auf Übernahme von Herstellungskosten bestehen, soweit seiner Durchsetzung keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, U.v. 18.9.1981 - 8 C 21.81 - juris Rn. 10; OVG SH, U.v. 4.9.2014 - 4 LB 3/13 - juris; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 12 Rn. 7). Ob die Zuwendung eines Dritten zu einer derartigen anderweitigen Deckung geführt hat, richtet sich ausschlaggebend nach dem Zweck, für den der Dritte seine Leistung bestimmt hat (BVerwG, U.v. 30.1.1987 - 8 C 10.86 - juris Rn. 19; Grziwotz in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 127 Rn. 2). Diese ergibt sich bei einer vertraglich vereinbarten Kostenübernahme durch Auslegung der jeweiligen Vereinbarungen.

In Anwendung dieser Grundsätze ist für die Bert Brecht Straße eine anderweitige Deckung des beitragsfähigen Herstellungsaufwandes in Höhe 45% des beitragsfähigen Erschließungsaufwands eingetreten. In dem städtebaulichen Vertrag vom 24. Juni 2008 hat sich der Investor gegenüber der Beklagten unter der Überschrift „Öffentliche Flächen/Erschließung“ in Nr. 6.5 wirksam verpflichtet, sich in diesem Umfang an den anrechenbaren Kosten für die Herstellung der „östlichen Querspange“ (der heutigen Bert Brecht Straße) zu beteiligen, wobei für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten § 128 BauGB maßgeblich sein soll. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich nicht um einen „klassischen“ Erschließungsvertrag (bei dem die Gemeinde die Herstellung - und Finanzierung - der Erschließungsanlage einem Unternehmer überträgt), sondern um eine Kostenübernahme im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags, mit dem sich der Vertragspartner gegenüber der Gemeinde „nur“ verpflichtet, die Aufwendungen für die von der Gemeinde durchzuführende Herstellung einer Erschließungsanlage endgültig zu tragen.

Diese Kostenübernahmevereinbarung ist wirksam. Für das bundesrechtliche Erschließungsbeitragsrecht ist zwar strittig, ob das Gesetz den Gemeinden einen solchen (dritten) Weg zur Refinanzierung von Erschließungsaufwendungen neben der Erhebung von Erschließungsbeiträgen oder durch Erschließungsvertrag eröffnet, (ablehnend BVerwG, U.v. 12.12.2012 - 9 C 12.11 - juris Rn. 17 ff.; zum Meinungsstand Grziwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11 Rn. 314). Der bayerische Landesgesetzgeber hat hingegen in Art. 5a Abs. 4 KAG (ursprünglich Art. 5a Abs. 2 KAG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 25.7.2002, GVBl. S. 322) eine solche vertragliche Übernahme erschließungsbeitragsfähiger Aufwendungen im Rahmen städtebaulicher Verträge ausdrücklich zugelassen und dabei die entsprechende Geltung des § 11 BauGB angeordnet. Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzlichen Grenzen für städtebauliche Verträge (Kausalität, Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung, Verbot der Koppelung) überschritten sein könnten, sind nicht ersichtlich, zumal die Erschließung nach dem Vortrag der Beklagten auf Initiative des Investors durchgeführt worden ist und vorwiegend seinen Grundstücken Vorteile bringt. Insbesondere ist die vom Investor übernommene Kostenbeteiligung in Höhe von 45 v.H. für die Herstellung der Bert Brecht Straße im Verhältnis zum Vertragszweck ersichtlich nicht unverhältnismäßig.

Nach Wortlaut und Zweck des städtebaulichen Vertrags vom 24. Juni 2008 bezieht sich die Kostenübernahmevereinbarung insoweit ausschließlich auf die finanzielle Beteiligung an der Herstellung der Bert Brecht Straße. Diese Vereinbarung mag vor dem Hintergrund getroffen worden sein, die von der Beklagten dafür aufzubringenden Kosten auf etwa die Hälfte zu senken, um diese zu bewegen, die von den Vertragsparteien zunächst nicht als erforderlich angesehene Anlage herzustellen. Letzteres ändert aber nichts daran, dass sie nach dem eindeutigen Willen der Vertragsparteien gerade auf die Herstellung der in Rede stehenden Straße gerichtet ist und den Aufwand der Beklagten insoweit endgültig mindern soll. Die Kostenübernahmevereinbarung zielt schon angesichts des übernommenen Anteils von 45 v.H. offenkundig nicht auf den Ausgleich des gemeindlichen Eigenanteils. Ebenso ist nichts dafür ersichtlich, dass sie wie eine Ablösungsvereinbarung allein auf die Tilgung der künftigen Beitragsforderung für das Grundstück des Investors (FlNr. 6493/30) gerichtet sein sollte. Abgesehen davon, dass die rechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer solchen Ablösungsvereinbarung nicht erfüllt wären, spricht gegen ein solches Verständnis nicht nur der Vertragswortlaut, sondern auch die spätere Umsetzung des städtebaulichen Vertrags insbesondere im notariellen Kaufvertrag vom 22. Juli 2010; denn mit diesem hat der Investor der Beklagten - unter anderem - die für die Herstellung der Bert Brecht Straße benötigte Fläche aus seinem Grundstück verkauft und dabei vereinbart, dass die Differenz zwischen dem Kaufpreis (408.000 €) und dem tatsächlich von der Beklagten auszuzahlenden Betrag (132.600 €) „als A-Konto-Zahlung auf die Anliegerbeiträge, Erschließungsbeiträge nach dem BauGB“ gilt. Diese Vereinbarung wäre unverständlich, wenn bereits die vorangegangene Kostenübernahmevereinbarung im städtebaulichen Vertrag den künftigen Erschließungsbeitrag hätte tilgen sollen.

Handelt es sich demnach um die vertragliche Übernahme von Kosten für die Herstellung einer bestimmten Erschließungsanlage, so spricht grundsätzlich und - so auch hier - eine Vermutung dafür, dass eine Entlastung der Anlieger bezweckt wird (zu denen der Investor selbst gehört) und deshalb der beitragsfähige Erschließungsaufwand im Umfang der Kostenübernahme, also zu 45 v.H. der beitragsfähigen Aufwendungen, anderweitig gedeckt ist (vgl. Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 12 Rn. 7). Ansonsten hätte die Beklagten den Herstellungsaufwand lediglich zu 55 v.H. zu finanzieren, dürfte ihn aber zu 90 v.H. refinanzieren.

Für den Fall, dass - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat - der Investor seine vertragliche Zahlungsverpflichtung bisher entgegen der Aktenlage noch nicht erfüllt hat, besteht die anderweitige Deckung in dem vertraglichen Anspruch der Beklagten gegen den Investor auf die vereinbarte Übernahme der anteiligen Herstellungskosten. Denn die Gemeinde ist grundsätzlich verpflichtet, einen den Erschließungsaufwand ganz oder teilweise deckenden Anspruch zu realisieren (BVerwG, U.v. 18.9.1981 - 8 C 21.81 - juris). Rechtliche Hindernisse sind nicht ersichtlich.

b) Bei der Verteilung des verbleibenden umlagefähigen Erschließungsaufwands auf die drei erschlossenen Grundstücke ist zugunsten der Klägerin der in der Erschließungsbeitragssatzung vorgesehene Artzuschlag (§ 6 Abs. 10 EBS) nur bei den fremden Grundstücken FlNrn. 6493/30 (2,5 + 1,25 = 3,75) und 6493/114 (1,9 + 0,95 = 2,85) anzusetzen, nicht aber bei ihrem Grundstück, weil die Bert Brecht Straße letzterem nicht die für eine gewerbliche Nutzung erforderliche Erreichbarkeit vermittelt.

Das Erschließungsbeitragsrecht ist auf einen angemessenen Ausgleich der durch die Inanspruchnahme(möglichkeit) einer beitragsfähigen Erschließungsanlage ausgelösten Vorteile ausgerichtet (vgl. BVerwG, U.v. 23.1.1998 - 8 12.96 - juris Rn. 15). Dementsprechend bestimmt § 131 Abs. 3 BauGB, dass die Verschiedenheit von Art und Maß der baulichen Nutzung - wegen der damit verbundenen unterschiedlichen Intensität der Nutzung der Erschließungsanlage - in den Maßstab der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands einzubeziehen ist, wenn im Abrechnungsgebiet eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist. Dazu sieht die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten in § 6 Abs. 10 EBS vor, einen gebietsbezogenen Artzuschlag für Grundstücke in einem festgesetzten Kern-, Gewerbe- und Industriegebiet sowie einen grundstücksbezogenen Artzuschlag für Grundstücke zu erheben, die überwiegend gewerblich genutzt werden.

Während für die Grundstücke FlNrn. 6493/30 und 6493/114 ein gebietsbezogener Artzuschlag anzusetzen ist, kommt für das in einem festgesetzten Mischgebiet gelegene Grundstück der Klägerin nur ein grundstücksbezogener Artzuschlag in Betracht. Zwar wird dieses Grundstück tatsächlich überwiegend gewerblich genutzt. Gleichwohl darf ein grundstücksbezogener Artzuschlag für dieses durch zwei Anbaustraßen erschlossene Grundstück ausnahmsweise nicht erhoben werden, weil der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende Bert Brecht Straße, sondern ausschließlich über eine andere Anbaustraße, nämlich die Lange Straße, abgewickelt wird und, wie oben ausgeführt (1.b), wegen des im Bebauungsplan festgesetzten Zu- und Abfahrtsverbots auch nur dorthin abgewickelt werden darf. In einem solchen Fall ist die Erhebung eines grundstücksbezogenen Artzuschlages unzulässig (vgl. BVerwG, U.v. 23.1.1998 - 8 C 12.96 - juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 37), weil die gewerbliche Nutzung nicht zu einer intensiveren Inanspruchnahme der Erschließungsanlage führen kann. Zu Recht hat die Beklagte hingegen mit Blick auf die gewerbliche Grundstücksnutzung keine Vergünstigung wegen Mehrfacherschließung gewährt (§ 6 Abs. 11 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 EBS).

3. Auf dieser Grundlage errechnet sich für das Grundstück der Klägerin ein Erschließungsbeitrag in Höhe von 66.642,63 €:

Der beitragsfähige Erschließungsaufwand beträgt - unstreitig - 695.792,83 €. Nach Abzug des satzungsmäßigen Eigenanteils von 10 v.H. (69.579,28 €) und des vom Investor übernommenen Anteils von 45 v.H. (313.106,77 €) verbleibt ein umlagefähiger Aufwand von 313.106,77 €, der auf die drei von der abzurechnenden Bert Brecht Straße erschlossenen Grundstücke zu verteilen ist. Das Abrechnungsgebiet umfasst insgesamt 68.164,74 m² Beizugsfläche (FlNr. 6493/114: 6.811 m² x 2,85 = 19.411,35 m²; FlNr. 6493/30: 9.132 m² x 3,75 = 34.245,00 m²; FlNr. 1838: 7.636 m² x 1,9 = 14.508,40 m²). Hieraus errechnet sich für das klägerische Grundstück ein Erschließungsbeitrag in Höhe von 66.642,63 € (statt der festgesetzten 180.697,76 €).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und entspricht dem Verhältnis des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens. Ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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Annotations

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1.
den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen;
2.
ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung;
3.
die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen.
Der Erschließungsaufwand umfasst auch den Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellten Flächen im Zeitpunkt der Bereitstellung. Zu den Kosten für den Erwerb der Flächen für Erschließungsanlagen gehört im Falle einer erschließungsbeitragspflichtigen Zuteilung im Sinne des § 57 Satz 4 und des § 58 Absatz 1 Satz 1 auch der Wert nach § 68 Absatz 1 Nummer 4.

(2) Soweit die Gemeinden nach Landesrecht berechtigt sind, Beiträge zu den Kosten für Erweiterungen oder Verbesserungen von Erschließungsanlagen zu erheben, bleibt dieses Recht unberührt. Die Länder können bestimmen, dass die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlagen in den Erschließungsaufwand nicht einzubeziehen sind.

(3) Der Erschließungsaufwand umfasst nicht die Kosten für

1.
Brücken, Tunnels und Unterführungen mit den dazugehörigen Rampen;
2.
die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. und II. Ordnung, soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als ihre anschließenden freien Strecken erfordern.

(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Absatz 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm auf Grund baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

(2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Absatz 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm auf Grund baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

(2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden.

(1) Der Erschließungsaufwand nach § 127 umfasst die Kosten für

1.
den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen;
2.
ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung;
3.
die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen.
Der Erschließungsaufwand umfasst auch den Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellten Flächen im Zeitpunkt der Bereitstellung. Zu den Kosten für den Erwerb der Flächen für Erschließungsanlagen gehört im Falle einer erschließungsbeitragspflichtigen Zuteilung im Sinne des § 57 Satz 4 und des § 58 Absatz 1 Satz 1 auch der Wert nach § 68 Absatz 1 Nummer 4.

(2) Soweit die Gemeinden nach Landesrecht berechtigt sind, Beiträge zu den Kosten für Erweiterungen oder Verbesserungen von Erschließungsanlagen zu erheben, bleibt dieses Recht unberührt. Die Länder können bestimmen, dass die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlagen in den Erschließungsaufwand nicht einzubeziehen sind.

(3) Der Erschließungsaufwand umfasst nicht die Kosten für

1.
Brücken, Tunnels und Unterführungen mit den dazugehörigen Rampen;
2.
die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. und II. Ordnung, soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als ihre anschließenden freien Strecken erfordern.

(1) Die Gemeinde kann städtebauliche Verträge schließen. Gegenstände eines städtebaulichen Vertrags können insbesondere sein:

1.
die Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten; dazu gehören auch die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse, die Bodensanierung und sonstige vorbereitende Maßnahmen, die Erschließung durch nach Bundes- oder nach Landesrecht beitragsfähige sowie nicht beitragsfähige Erschließungsanlagen, die Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen sowie erforderlichenfalls des Umweltberichts; die Verantwortung der Gemeinde für das gesetzlich vorgesehene Planaufstellungsverfahren bleibt unberührt;
2.
die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele, insbesondere die Grundstücksnutzung, auch hinsichtlich einer Befristung oder einer Bedingung, die Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § 1a Absatz 3, die Berücksichtigung baukultureller Belange, die Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen sowie der Erwerb angemessenen Wohnraums durch einkommensschwächere und weniger begüterte Personen der örtlichen Bevölkerung;
3.
die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind; dazu gehört auch die Bereitstellung von Grundstücken;
4.
entsprechend den mit den städtebaulichen Planungen und Maßnahmen verfolgten Zielen und Zwecken die Errichtung und Nutzung von Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
5.
entsprechend den mit den städtebaulichen Planungen und Maßnahmen verfolgten Zielen und Zwecken die Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden.
Die Gemeinde kann städtebauliche Verträge auch mit einer juristischen Person abschließen, an der sie beteiligt ist.

(2) Die vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte. Trägt oder übernimmt der Vertragspartner Kosten oder sonstige Aufwendungen, ist unbeschadet des Satzes 1 eine Eigenbeteiligung der Gemeinde nicht erforderlich.

(3) Ein städtebaulicher Vertrag bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschriften eine andere Form vorgeschrieben ist.

(4) Die Zulässigkeit anderer städtebaulicher Verträge bleibt unberührt.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.