Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 5. April 2016 - M 2 K 15. 2398 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der F. straße im Abschnitt zwischen F. Straße/ S. Straße und J. straße. Dieser ca. 550 m lange Straßenabschnitt (im Folgenden verkürzt: F. straße) wurde von der Beklagten zwischen Juni 2004 und April 2006 technisch fertiggestellt.

In dem Bereich treffen drei Bebauungspläne aufeinander: einmal der seit 1966 bestehende Bebauungsplan Nr. 43a, der die Festsetzung von öffentlichen Verkehrsflächen und Straßenbegrenzungslinien der F. straße enthält; ferner der 1979 in Kraft getretene Bebauungsplan Nr. 43e, der drei von der F. straße nach Osten abzweigende S. straßen als öffentliche Verkehrsflächen zur Erschließung des dort ausgewiesenen reinen Wohngebiets mit einer abgestuften Höhenentwicklung von sechsgeschossigen Gebäuden im Norden bis zu eingeschossigen Gebäuden im Süden festsetzt; schließlich der Bebauungsplan Nr. 1932‚ der am 3. Dezember 2008 beschlossen worden und am 20. März 2009 in Kraft getreten ist und den Bebauungsplan Nr. 43e teilweise geändert hat. Letzterer setzt für den nunmehr als allgemeines Wohngebiet ausgewiesenen südlichen Bereich anstelle der ursprünglich aufgelockerten niedrigeren Bebauung ebenfalls Geschosswohnungsbebauung (mit 2 bis 6 Vollgeschossen) vor und verzichtet auf die ursprünglich geplanten S. straßen.

Die Klägerin ist in ungeteilter Erbengemeinschaft Miteigentümerin des zum Nachlass zählenden Grundstücks FlNr. 814/0, das an der F. straße liegt. Sie wurde von der Beklagten mit (allein an sie gerichtetem) Bescheid vom 16. November 2012 zu einem Erschließungsbeitrag für die Herstellung der vorgenannten Anlage in Höhe von 162.842,25 Euro herangezogen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 30. April 2015 zurück.

Auf ihre Klage hin hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 5. April 2016 den Beitragsbescheid und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zwar greife der Einwand der Klägerin, sie habe nicht persönlich zu einem Erschließungsbeitrag herangezogen werden dürfen, weil das Grundstück FlNr. 814/0 im gesamthänderisch gebundenen Eigentum einer ungeteilten Erbengemeinschaft stehe, nicht durch. Auch Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft seien beitragspflichtig und hafteten neben weiteren Miterben nach § 134 Abs. 1 Satz 4 BauGB als Gesamtschuldner. Für die Herstellung der abgerechneten Erschließungsanlage habe allerdings im Jahr 2012 kein Erschließungsbeitrag mehr festgesetzt werden können‚ da zu diesem Zeitpunkt bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die sachlichen Beitragspflichten seien schon im Jahr 2006 mit Abschluss der technischen Herstellung der Anlage entstanden und nicht erst mit dem Beschluss über den Änderungsbebauungsplan Nr. 1932 im Jahr 2008, so dass die vierjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2010 geendet habe. Die abgerechnete Erschließungsanlage habe zwar nach den im Jahr 2006 maßgeblichen Bebauungsplänen Nrn. 43a und 43e neben dem Hauptzug der F. straße auch zwei von ihm abzweigende unselbstständige S. straßen umfasst. Da die Beklagte diese beiden S. straßen nicht hergestellt habe, sei die F. straße in ihrem 2006 hergestellten Umfang hinter den damals maßgeblichen Planfestsetzungen zurückgeblieben. Diese Abweichung habe aber nach § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB nicht das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten gehindert‚ weil sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar gewesen sei. Das Konzept der verkehrlichen Erschließung der östlich der F. straße gelegenen bebaubaren Flächen habe sich im Kern nicht geändert. Eine ausreichende Erschließung dieser Bauflächen habe auch ohne die S. straßen problemlos über Grundstückszufahrten auf Privatgrund gewährleistet werden können, ohne dass es gerade einer öffentlichen Verkehrsfläche bedurft hätte. Auch das im Bebauungsplan Nr. 43e festgesetzte geringe Maß der beiden S. straßen spreche dagegen‚ dass ihre Nichterrichtung die Grundzüge der Planung berühren könne. Es spreche viel dafür‚ dass die F. straße nach den Planvorstellungen des Satzungsgebers Ende der 1970iger Jahre lediglich von Grundstückszufahrten aus Tiefgaragen habe freigehalten werden sollen‚ nicht aber dass die Anbindung allein über öffentliche Verkehrsflächen hätte erfolgen sollen. Mithin seien im Jahr 2006 sämtliche Voraussetzungen zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erfüllt gewesen.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend: Der Verzicht auf die Errichtung der ursprünglich geplanten drei S. straßen habe die Grundzüge der ursprünglichen Planung erheblich berührt. Bis zur Planänderung 2008/2009 hätten die maßgeblichen Bebauungspläne als Erschließungskonzept eine 24 Meter breite, übergeordnete Straße (F. straße) mit drei kleinen erschließenden Straßen vorgesehen. Wäre die festgesetzte Bebauung errichtet worden, hätten die Anlieger die S. straßen zwingend benötigt, um an ihre Grundstücke zu gelangen, so dass diese für die Sicherstellung der Erschließung erforderlich gewesen seien. Da die Beklagte die für die nördliche S. Straße erforderliche Fläche 2006 noch nicht erworben habe‚ hätten zum damaligen Zeitpunkt noch nicht alle Voraussetzungen für die Entstehung der Beitragspflicht vorgelegen.

Die Beklagte beantragt‚

die Klage unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 5. April 2016 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Die F. straße sei in dem ihr zugrundeliegenden Bebauungsplan Nr. 43a planungsrechtlich festgesetzt und nach dessen Vorgaben hergestellt worden. Die S. straßen selbst seien mit Bebauungsplan Nr. 43e festgesetzt worden‚ der die Bebauung östlich der F. straße regele. In der Herstellung der F. straße ohne diese S. straßen liege eine zulässige Planunterschreitung, die mit den Grundzügen der den insoweit maßgeblichen Bebauungsplänen Nrn. 43a und 43e zugrundeliegenden Planungen vereinbar sei. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Planunterschreitung komme es ausschließlich auf die im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung geltenden Bebauungspläne an. Andernfalls hätten es die Gemeinden in der Hand, den Zeitpunkt der Festsetzungsverjährung nach Belieben zu verschieben, indem immer wieder neue städtebauliche Konzepte gefasst würden. Die Änderung des Wohnungsbaukonzeptes durch den Bebauungsplan Nr. 1932 könne daher keine Berücksichtigung finden, da er erst später in Kraft getreten sei. Allerdings sei angesichts des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan Nr. 1932 im Jahr 2003 und der Beschlüsse über die Beteiligung der Öffentlichkeit im Jahr 2005 deutlich geworden, dass die Beklagte die S. straßen nicht mehr habe realisieren und an dem planunterschreitenden Ausbau bewusst habe festhalten wollen. Daher seien die Voraussetzungen für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bereits im Jahr 2006 erfüllt gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des jeweiligen Vortrags der Beteiligten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung sowie die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid vom 16. November 2012 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 30. April 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klage ist deshalb unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der F. straße (im Abschnitt zwischen F. Straße/ S. Straße und J. Straße) ist Art. 5a KAG in Verbindung mit §§ 127 ff. BauGB. Die danach entstandene - und insoweit auch weder dem Grunde nach noch in der Höhe bezweifelte - Beitragsforderung durfte gegenüber der Klägerin festgesetzt werden (1.) und war bei Bescheidserlass nicht bereits durch Festsetzungsverjährung erloschen (2.).

1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in der Heranziehung der Klägerin als Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft keinen Rechtsfehler gesehen.

Persönlich beitragspflichtig ist nach Art. 5a KAG in Verbindung mit § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des - im Sinn von § 133 Abs. 1 BauGB erschlossenen - Grundstücks ist. Das hier in Rede stehende Grundstück FlNr. 814/0 stand im maßgeblichen Zeitpunkt im gesamthänderischen Eigentum der im Grundbuch eingetragenen Mitglieder einer Erbengemeinschaft, zu denen die Klägerin gehört. Die Erbengemeinschaft ist keine juristische Person. Sie ist nicht (teil-)rechtsfähig und kann deshalb nicht „als solche“ erschließungsbeitragspflichtig werden. Bei Erbengemeinschaften gehört vielmehr jedem Miterben die einzelne Sache ganz, wenn auch beschränkt durch das gleiche Recht der anderen Miterben (BVerwG, U.v. 10.9.2015 - 4 C 3.14 - juris Rn. 10 m.w.N.; Külpmann, jurisPR - BVerwG 3/2016 Anm. 6). Demzufolge ist jedes einzelne Mitglied der Erbengemeinschaft Eigentümer im Sinn des § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB und damit neben den anderen selbständig beitragspflichtig. Nach § 134 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 BauGB haften mehrere Beitragspflichtige als Gesamtschuldner (nach §§ 421 ff. BGB). Die Beklagte konnte daher die Leistung von jedem Pflichtigen ganz oder zu einem Teil fordern, wobei Ermessenserwägungen zur Auswahl eines Gesamtschuldners nur dann veranlasst gewesen wären, wenn Willkür- oder Billigkeitsgründe geltend gemacht worden wären und vorgelegen hätten (BVerwG, U.v. 10.9.2015 - 4 C 3.14 - juris Rn. 17). Das ist vorliegend nicht ersichtlich. Der Bescheid ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinn von Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 KAG in Verbindung mit § 119 AO, obwohl er keinen Hinweis auf eine bestehende Gesamtschuld oder Erbengemeinschaft enthält. Weil der interne zivilrechtliche Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern abgabenrechtlich belanglos ist, gehören der Hinweis auf die Gesamtschuldnerschaft und die Bezeichnung der übrigen Gesamtschuldner nicht zum notwendigen Inhalt eines Abgabenbescheids (OVG LSA, B.v. 1.7.2008 - 4 O 305/08 - juris Rn. 4 m.w.N.).

2. Die Beitragsforderung war bei Bescheidserlass nicht durch Festsetzungsverjährung erloschen.

a) Die Festsetzungsfrist beginnt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb und cc KAG in Verbindung mit § 169, § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die sachliche Beitragspflicht für das jeweilige Grundstück entstanden ist und beträgt vier Jahre. Das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten setzt (u.a.) voraus, dass die Erschließungsanlage im Sinn des § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB erstmals endgültig hergestellt und als öffentliche Straße gewidmet wurde und dass diese Herstellung nach Maßgabe des § 125 BauGB rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.2008 - 9 B 18.08 - juris Rn. 5; U.v. 30.5.1997 - 8 C 27.96 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 23.4.2015 - 6 BV 14.1621 - juris Rn. 24; U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 17). Zwar ist die schon länger gewidmete F. straße bereits im Jahr 2006 endgültig hergestellt worden. Die bauplanungsrechtliche Rechtmäßigkeit trat aber erst mit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 1932 am 20. März 2009 ein, sodass die vierjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2009 begann und bei Erlass des Beitragsbescheids vom 16. November 2012 noch nicht abgelaufen war.

Die Rechtmäßigkeit der Herstellung einer Erschließungsanlage setzt grundsätzlich voraus, dass sie im Einklang mit den Festsetzungen des sie betreffenden Bebauungsplans erfolgt ist (§ 125 Abs. 1 BauGB). Die Anlage kann dabei Gegenstand mehrerer Bebauungspläne sein, da einzig das Erschließungsbeitragsrecht, nicht hingegen das Planungsrecht über den Begriff der beitragsfähigen Erschließungsanlage befindet, sodass diese sich - wie hier - durchaus über die Grenzen mehrerer Pläne hinweg erstrecken kann. § 125 Abs. 1 BauGB verlangt als planungsrechtliche Grundlage nur (irgend-)einen, nicht einen einzigen Bebauungsplan (vgl. BayVGH, B.v. 14.1.2008 - 6 CS 04.3182 - juris Rn. 5). Insoweit ergänzen sich Pläne, die jeweils nur einen Ausschnitt des Plangebietes umfassen, wobei die Änderung eines Bebauungsplans auch Auswirkungen auf die anderen haben kann.

Demnach bildete der aus dem Jahr 1966 stammende Bebauungsplan Nr. 43a ursprünglich nur die planungsrechtliche Grundlage für den Hauptzug der F. straße. Denn im Zuge einer Überplanung der östlich angrenzenden Grundstücke FlNr. 814 alt und 815/1 wurden mit Bebauungsplan Nr. 43e im Jahr 1979 - also vor der endgültigen Herstellung der Anlage - zur Anbindung der dort vorgesehenen Bebauung an den Hauptzug zusätzlich drei S. straßen als öffentliche Verkehrsflächen festgesetzt. Zumindest zwei von ihnen, nämlich die nördliche und die südliche, waren aufgrund ihrer geringen Länge von unter 100 m und ihres geraden Verlaufs unzweifelhaft als unselbstständige S. straßen und damit als Bestandteile der F. straße anzusehen (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.2016 - 6 B 15.1835 - juris Rn. 17 m.w.N.).

Diese S. straßen wurden jedoch bei Fertigstellung des Hauptzugs der F. straße 2006 nicht mithergestellt, weil die Beklagte inzwischen andere Planungsabsichten verfolgte. Da sie jedoch nicht auch gleichzeitig den Bebauungsplan Nr. 43e geändert hatte, blieb die Herstellung der Erschließungsanlage räumlich hinter den nach wie vor maßgeblichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans zurück. Das erschließungsrechtliche Planerfordernis verlangt zwar keine zentimetergenaue Einhaltung der planerischen Festsetzungen. Es will nicht auf eine „Bindung“ hinaus, sondern auf eine (qualifizierte) Zustimmung zur Anlegung der Straße. Mit ihm wird lediglich eine „Grobabstimmung“ angestrebt. Der Gesetzgeber hat mit dem erschließungsrechtlichen Planerfordernis sicherstellen wollen, dass insbesondere die Anbaustraßen in Übereinstimmung mit der übrigen städtebaulichen Struktur der Gemeinde angelegt werden. Der Bebauungsplan entfaltet daher die ihm von § 125 Abs. 1 BauGB zugedachte Wirkung ungeachtet der von ihm als Rechtssatz ausgelösten planungsrechtlichen Bindung auch bei geringfügigen Planabweichungen (BayVGH, U.v. 23.4.2015 - 6 BV 14.1621 - juris Rn. 37 m.w.N.).

Ob eine Abweichung noch als geringfügig und damit erschließungsbeitragsrechtlich unschädlich zu werten ist, bestimmt sich nach § 125 Abs. 3 BauGB. Nach Nr. 1 dieser Vorschrift ist eine Planunterschreitung - wie sie hier vorliegt - dann planungsrechtlich rechtmäßig, wenn sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar ist. Das ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht der Fall.

Eine Planunterschreitung ist mit den Grundzügen der Planung vereinbar, wenn das der Planung zugrunde liegende Leitbild nicht verändert wird, wenn also der planerische Grundgedanke erhalten bleibt. Abweichungen von minderem Gewicht, die nur den - gleichsam formalen - Festsetzungsinhalt treffen, nicht hingegen auch das, was an Planungskonzeption diese Festsetzung trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 9.3.1990 - 8 C 76.88 - juris Rn. 19), berühren danach die Grundzüge der Planung nicht. Ob eine Abweichung von in diesem Sinn minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde. Eine Abweichung hat minderes Gewicht, wenn die vom Plan angestrebte und in ihm zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung nicht in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird, das heißt, wenn angenommen werden kann, die Abweichung liege (noch) im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes der Abweichung gekannt hätte (BayVGH, B.v. 21.5.2014 - 6 ZB 12.377 - juris Rn. 6). Ergibt sich aber unter Berücksichtigung des sich aus den Gesamtumständen ergebenden (mutmaßlichen) Willens des Planers, dass die Abweichung etwas tangiert, was dem Planer unter der angestrebten städtebaulichen Ordnung wichtig gewesen ist, so ist sie mit den Planungsgrundsätzen unvereinbar. Das ist insbesondere dann zu bejahen, wenn hinsichtlich Lage, Größe und Funktion der erstellten Anlage ein Aliud gegenüber den Festsetzungen des maßgeblichen Planes vorliegt (vgl. VGH BW, U.v. 10.7.2014 - 2 S 2228/13 - juris Rn. 45).

b) Gemessen an diesem Maßstab war der Verzicht auf die beiden unselbstständigen S. straßen nicht mit den Grundzügen der bis 2009 maßgeblichen Planung vereinbar.

Die F. straße stellte in dem 2006 tatsächlich angelegten im Vergleich zu dem in den Bebauungsplänen Nrn. 43a und 43e festgesetzten Umfang ein Aliud dar, und zwar sowohl mit Blick auf die geplante, aber nicht verwirklichte südliche als auch hinsichtlich der nördlichen S. Straße. Die südliche S. Straße sollte nach dem damaligen planerischen Willen, wie er in der Festsetzung als Teil der Erschließungsanlage F. straße zum Ausdruck gekommen ist, der verkehrsmäßigen Erschließung des im Bebauungsplan Nr. 43e zwischen F. straße und Bahnlinie vorgesehenen reinen Wohngebiets dienen. Dabei sollte sie als öffentliche Verkehrsfläche mit einer Länge von ca. 60 m die beiderseits in West-Ost-Richtung angeordneten Bauräume (für Reihen- und Gartenhofhäuser) an den in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Hauptzug der F. straße anbinden. Eine Binnenerschließung über Privatwege wäre der Privatinitiative der Grundstückseigentümer überlassen geblieben, was dem damaligen Erschließungskonzept der Beklagten zuwider gelaufen wäre. Entsprechendes gilt für die nördliche S. Straße. Diese sollte mit einer festgesetzten Breite von 16,5 m und einer Länge von etwa 35 m als öffentliche Verkehrsfläche den Hauptzug von Grundstückszufahrten aus Tiefgaragen freihalten und so zur Verkehrssicherung beitragen. Beide S. straßen stellten daher trotz ihrer relativ geringen Ausdehnung ein wesentliches Element des Konzeptes zur geordneten städtebaulichen Entwicklung des Plangebietes und keineswegs nur unbedeutende Nebenaspekte der Planung dar. Dieses Konzept der verkehrlichen Erschließung der ursprünglich im Bebauungsplan Nr. 43e vorgesehenen Bebauung ist durch die Nichterrichtung der S. straßen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in beachtlicher Weise berührt. Als Alternative mag zwar eine private Zuwegung mehr oder weniger nahegelegen haben. Aus dem allein maßgeblichen Blickwinkel des im Bebauungsplan zum Ausdruck gekommenen Planungswillens der Beklagten hätte es sich dabei allerdings um eine gänzlich andere Form der „Binnenerschließung“ des Baugebiets östlich der F. straße mit seinen strukturiert angeordneten Bauräumen gehandelt. Das gilt umso mehr, als ein Privatwegesystem insbesondere mit Blick auf die im Plan Nr. 43e beiderseits der südlichen S. Straße festgesetzten Bauräume und vorgeschlagenen Grundstücksteilungen Folgeprobleme aufgeworfen hätte. Denn Gebäude dürfen nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayBO grundsätzlich nur dann errichtet werden, wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt.

Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 1932 am 20. März 2009, der mit der Festsetzung von Geschosswohnungen ein anderes städtebauliches Konzept verfolgt, das keine vom Hauptverkehrszug der F. straße abzweigenden öffentlichen S. straßen mehr erfordert, fehlte es demnach wegen des Verstoßes gegen geltendes Planungsrecht an einer rechtmäßigen Herstellung dieser Erschließungsanlage.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine Änderung des Bebauungsplans Nr. 43e wegen gestiegener immissionsrechtlicher Anforderungen im Hinblick auf die Bahnstrecke einerseits und des stark gestiegenen Bedarfs an Wohnraum andererseits bereits vor 2009 absehbar war. Der Einwand, die Beklagte sei bereits im Jahr 2006 „erkennbar davon ausgegangen, ihr konkretes Bauprogramm erfüllt zu haben“, weil bereits im Jahr 2003 ein Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Bebauungsplans Nr. 43e und den Verzicht auf die S. straßen vorgelegen habe, missachtet den Unterschied zwischen der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage im Sinn von § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB und der planungsrechtlich rechtmäßigen Herstellung im Sinn von § 125 BauGB. Auch wenn die Beklagte bereits im Jahr 2006 die S. straßen in ihrem Bauprogramm nicht mehr vorgesehen und dementsprechend die allein auf den Hauptzug beschränkte Erschließungsanlage endgültig hergestellt hat, fehlte es gleichwohl (noch) an der Übereinstimmung mit den planerischen Festsetzungen und damit an der Rechtmäßigkeit der Herstellung als weiterer, eigenständiger Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten. Dieses Erfordernis war erst mit dem Inkrafttreten des Änderungsplans Nr. 1932 am 20. März 2009 erfüllt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10‚ § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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(2) Der Beitrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück, im Falle des Absatzes 1 Satz 2 auf dem Erbbaurecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 3 auf dem dinglichen Nutzungsrecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 4 auf dem Wohnungs- oder dem Teileigentum.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche belastet, so ist der Inhaber dieses Rechts anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Mehrere Beitragspflichtige haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig.

(2) Der Beitrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück, im Falle des Absatzes 1 Satz 2 auf dem Erbbaurecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 3 auf dem dinglichen Nutzungsrecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 4 auf dem Wohnungs- oder dem Teileigentum.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche belastet, so ist der Inhaber dieses Rechts anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Mehrere Beitragspflichtige haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig.

(2) Der Beitrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück, im Falle des Absatzes 1 Satz 2 auf dem Erbbaurecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 3 auf dem dinglichen Nutzungsrecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 4 auf dem Wohnungs- oder dem Teileigentum.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. Juni 2014 - AN 3 K 13.1226 - wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die Herstellung der B-straße durch die beklagte Stadt.

Die B-straße liegt im unbeplanten Innenbereich. Ihr Hauptzug besteht aus einer etwa 110 m langen - selbstständigen - St-straße, die vom P.-Weg nach Westen abzweigt, dann nach Südwesten schwenkt und in einem Wendehammer endet. An der Kurve zweigt nach Nordwesten eine ca. 33 m lange, gerade verlaufende - unselbstständige - St-straße ab. An deren Ende liegt auf einer Länge von ca. 13 m das unbebaute Grundstück der Klägerin FlNr. 255 an. Es ist 2.155 m² groß und reicht im Nordwesten bis an die M-straße.

Das Landratsamt R. hatte mit Schreiben vom 13. Februar 1981 (u. a.) der Herstellung der Erschließungsanlage B-straße gemäß § 125 Abs. 2 Satz 1 BBauG a. F. zugestimmt. Der Zustimmung lag ein Ausbauplan des Ingenieurbüros W. zugrunde, der für die unselbstständige St-straße eine Länge von etwa 28 m vorsieht. Tatsächlich wurde diese in den Jahren 2009/2010 mit einer Länge von etwa 33 m hergestellt. Die B-straße wurde am 18. Juli 2011 in das Bestandsverzeichnis eingetragen. Die letzte Rechnung für ihre endgültige Herstellung ist im November 2011 bei der Beklagten eingegangen.

Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 10. Juni 2013 für die endgültige Herstellung der B-straße zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 17.350,74 € heran. Dabei wurde eine Vergünstigung wegen Mehrfacherschließung gewährt und ein Nutzungsfaktor von 1,30 für eine Bebaubarkeit mit zwei Vollgeschossen angesetzt.

Die Beitragserhebung beruht auf der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) vom 31. Dezember 1987, geändert durch Satzung vom 14. Dezember 2001. Diese enthält in § 6 Abs. 8 EBS folgende Regelung:

„(8) In unbeplanten Gebieten und Gebieten, für die ein Bebauungsplan weder die Zahl der Vollgeschosse noch die Baumassenzahl festsetzt, ist

1. bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen,

2. bei unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken die Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend.“

§ 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS hat folgenden Wortlaut:

„(3) als Grundstücksfläche gilt:

1. …

2. wenn ein Bebauungsplan nicht besteht oder die erforderlichen Festsetzungen nicht enthält, die tatsächliche Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 50 m, gemessen von der der Erschließungsanlage zugewandten Grenze des beitragspflichtigen Grundstücks. Reicht die bauliche oder gewerbliche Nutzung über diese Begrenzung hinaus, so ist die Grundstückstiefe maßgebend, die durch die hintere Grenze der Nutzung bestimmt wird. Grundstücksteile, die lediglich die wegemäßige Verbindung zur Erschließungsanlage herstellen, bleiben bei der Bestimmung der Grundstückstiefe unberücksichtigt.“

Die Klägerin hat gegen ihre Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag Klage erhoben und sich dem Grunde wie der Höhe nach gegen die Beitragsforderung gewandt. Sie hat insbesondere gerügt, dass § 6 Abs. 8 Nr. 2 EBS wegen fehlender Bestimmtheit nichtig sei. Selbst wenn die Bestimmung wirksam wäre, sei sie unrichtig angewandt worden, weil die nähere Umgebung überwiegend mit einem Vollgeschoss bebaut sei. Die Satzung sei auch insoweit nichtig, als sie gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS eine Tiefenbegrenzung vorsehe. Im Fall der Wirksamkeit dieser Satzungsbestimmung dürften die Flächen des klägerischen Grundstücks, die mehr als 50 m von der B-straße entfernt lägen, nicht herangezogen werden. Durch die Zustimmung des Landratsamtes R. vom 13. Februar 1981 werde die Rechtmäßigkeit der Herstellung nicht erreicht, weil in dem zugrunde liegenden Plan die St-straße in Richtung zum klägerischen Grundstück früher ende. Gegenstand der Zustimmung sei damals nicht (auch) die Erschließung des klägerischen Grundstücks gewesen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 5. Juni 2014 den angefochtenen Beitragsbescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Erschließungsbeitragssatzung sei unwirksam, weil die satzungsrechtliche Verteilungsregelung zum Vollgeschossmaßstab bei unbebauten Grundstücken im unbeplanten Innenbereich (§ 6 Abs. 8 Nr. 2 EBS) nichtig sei. Sie bestimme, dass die Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend sei; die Beitragsgerechtigkeit verlange aber, dass auf die Anzahl der maximal zulässigen Vollgeschosse abgestellt werde. Damit sei die Satzung insgesamt nichtig. Unabhängig davon sei auch die in § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS festgesetzte Tiefenbegrenzung im unbeplanten Innenbereich jedenfalls für den zentralen Innenbereich unwirksam, ohne dass dies einen Einfluss auf die Gültigkeit der Verteilungsregelung habe. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Sie hält die vom Verwaltungsgericht beanstandeten Satzungsbestimmungen für wirksam und ihre Beitragsforderung für berechtigt. § 6 Abs. 8 Nr. 2 EBS entspreche der Mustersatzung der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände (dort § 5 Abs. 6 Buchst. b). Das Bundesverwaltungsgericht sehe die Anwendbarkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung, welche die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegele, auch in Bezug auf zentrale Grundstücke des unbeplanten Innenbereichs als mit § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB vereinbar an. Die Abweichung zwischen dem der Zustimmung gemäß § 125 Abs.2 BBauG zugrunde liegenden Ausbauplan, wonach der (nordwestliche) Seitenarm der B-straße ca. 28 m lang ist, und der tatsächlichen Länge von 33 m sei geringfügig und von der erteilten Zustimmung abgedeckt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie widersetzt sich dem Vorbringen der Beklagten und verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Landesanwaltschaft ... hat sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt. Sie hält die Zweifel des Verwaltungsgerichts an der Wirksamkeit der Erschließungsbeitragssatzung für unbegründet, hat aber keinen Antrag gestellt.

In der Berufungsverhandlung haben die Vertreter der Beklagten einen Aktenvermerk vorgelegt, in dem die durch den Mehrausbau entstandenen Kosten beziffert werden. Sie haben ferner mitgeteilt, dass die Beklagte alle von dem planabweichenden Ausbau betroffenen privaten und öffentlichen Belange gegeneinander abgewogen und hierüber den Bauausschuss des Stadtrates in seiner Sitzung am 9. April 2015 in Kenntnis gesetzt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

Das angegriffene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Klägerin darf derzeit nicht zu einem Erschließungsbeitrag nach Art. 5a Abs. 1 KAG i. V. mit §§ 127 ff. BauGB für die Herstellung der B-straße herangezogen werden. Zwar ist die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten mit Ausnahme der Tiefenbegrenzungsregelung in § 6 Abs. 3 Nr. 2 wirksam (1). Es fehlt jedoch an der nach § 125 BauGB erforderlichen rechtmäßigen Herstellung der Erschließungsanlage (2). Der Erschließungsbeitragsbescheid vom 10. Juni 2013 ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Erschließungsbeitragssatzung (EBS) der Beklagten vom 31. Dezember 1987, geändert durch Satzung vom 14. Dezember 2001, leidet entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht an rechtlichen Mängeln, die zu ihrer Nichtigkeit führen.

a) Die Bestimmung des § 6 Abs. 8 Nr. 2 EBS, wonach in unbeplanten Gebieten bei unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken die Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend ist, entspricht den Anforderungen des § 131 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB an eine vorteilsgerechte Beitragsbemessung.

Der Satzungsgeber hat sich in § 6 EBS dafür entschieden, den beitragsfähigen Erschließungsaufwand nach dem kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu verteilen. Dieser Maßstab ist nach § 131 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2, Satz 2 BauGB zugelassen, weitestgehend üblich und im Interesse der Verwaltungspraktikabilität empfehlenswert (vgl. BayVGH, B. v. 17.8.2010 - 6 ZB 09.558 - juris Rn. 3 ff. m. w. N.). In seinem Rahmen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Satzungsbestimmung unbedenklich, wenn sie - beispielsweise - bei den bebauten Grundstücken hinsichtlich des Maßes der Nutzung auf die tatsächlich vorhandene Bebauung (und damit auf die tatsächlich vorhandene Anzahl der Vollgeschosse) und bei den unbebauten Grundstücken auf das abstellt, was nach § 34 BauGB bei Berücksichtigung des in der „Nachbarschaft“ oder der „Umgebung“ vorhandenen Maßes der tatsächlichen Nutzung zulässig ist. In gleicher Weise ist es unbedenklich, allgemein und ohne Rücksicht darauf, ob ein Grundstück schon bebaut oder noch unbebaut ist, auf das „in der näheren Umgebung“ überwiegend oder durchschnittlich vorhandene Maß der Nutzung und damit auf die dort überwiegend oder durchschnittlich vorhandene Zahl der Vollgeschosse abzustellen. Schließlich bestehen im Interesse einer einfachen oder praktikablen Lösung auch keine Bedenken, wenn eine Satzung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in unbeplanten Gebieten auf das „Durchschnittsmaß“ der Nutzung aller von der Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke abhebt (BVerwG, U. v. 24.9.1976 - IV C 22.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 17).

Der Verteilungsmaßstab einer Erschließungsbeitragssatzung muss demnach in nicht beplanten Gebieten hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - das höchstzulässige Maß der baulichen Nutzung zugrunde legen, sondern darf auf ein Maß der Nutzung abstellen, das in der Nachbarschaft oder in der näheren Umgebung überwiegend als Nutzungsmaß vorhanden ist (BVerwG, U. v. 10.6.1981 - 8 C 20.81 - BVerwGE 62, 308/313; U. v. 14.12.1979 - IV C 12 - 16.77 - KStZ 1980, 70/72; U. v. 24.9.1976 - IV C 22.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 17; so auch VGH BW, U. v. 1.3.1990 - 2 S 2395.89 - juris Rn. 32; U. v. 4.11.1985 - 14 S 1095.85 - juris; U. v. 15.10.1985 - 2 S 1131.85 - juris). Das gilt sowohl für unbebaute als auch für bebaute Grundstücke in unbeplanten Gebieten (BVerwG, U. v. 10.6.1981 - 8 C 20.81 - BVerwGE 62, 308/313; U. v. 24.9.1976 - IV C 22.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 17). Vorteilsprinzip und Abgabengerechtigkeit stehen einer solchen Regelung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn das der Verteilung zugrunde zu legende Nutzungsmaß sich von dem zulässigen Nutzungsmaßstab nicht zu weit entfernt. Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte, weil sich in der näheren Umgebung nach den vorgelegten Unterlagen und dem Vortrag der Beteiligten lediglich ein- oder zweigeschossige Bebauung befindet. Der von der Beklagten gewählte Verteilungsmaßstab - der dem Satzungsmuster des Bayerischen Gemeindetags entspricht (abgedruckt bei Hesse, Erschließungsbeitrag, Stand Dezember 2013, Anhang I) und vom Senat in ständiger Spruchpraxis als wirksam angesehen wird - begegnet weder im Vergleich zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken noch im Vergleich zwischen unbeplanten und beplanten Gebieten rechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Soweit die Klägerin meint, die Begriffe „nähere Umgebung“ und „überwiegend vorhanden“ seien wegen ihrer Unbestimmtheit aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bedenklich, kann dem nicht gefolgt werden. Der Begriff der „näheren Umgebung“ ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur entsprechenden Begriffsbestimmung in § 34 BauGB hinreichend geklärt (BVerwG, U. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380). Die Auslegung des Begriffes „überwiegend vorhanden“ wirft ebenfalls keine Probleme auf, die nicht üblicherweise bei der Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe zu bewältigen sind (BVerwG, U. v. 21.9.1979 - 4 C 22.78 - juris Rn. 18).

b) Die in § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS geregelte Tiefenbegrenzung auf 50 m ist zwar unwirksam. Dieser Mangel wirkt sich jedoch, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, auf die Wirksamkeit der Satzung im Übrigen nicht aus.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Anordnung einer Tiefenbegrenzung für unbeplante Gebiete durch Satzung zulässig. Sie begründet dann, sofern sie sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientiert, eine Vermutung dafür, dass im unbeplanten Innenbereich alle Grundstücke bis zur festgesetzten Tiefengrenze erschlossen im Sinn von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind und jenseits der Grenze ein Erschließungsvorteil wegen fehlender Ausnutzbarkeit nicht gegeben ist. Der Anwendungsbereich einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung ist nach der - umstrittenen - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht darauf beschränkt, den Innen- vom Außenbereich abzugrenzen; er darf sich auch auf übertiefe Grundstücke erstrecken, die sich mit ihrer gesamten Fläche in „zentraler“ Innenbereichslage befinden (BVerwG, U. v. 12.11.2014 - 9 C 7.13 - NVwZ 2015, 298; B. v. 26.4.2006 - 9 B 1.06 - BayVBl. 2006, 607 ff.; U. v. 1.9.2004 - 9 C 15.03 - BVerwGE 121, 365; a. A. Driehaus, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 131 Rn. 19 ff. m. w. N.). Unabhängig von der Frage ihres Anwendungsbereichs muss eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der bevorteilten von den nicht mehr bevorteilten Flächen ausgerichtet werden und auf einer sorgfältigen Ermittlung der örtlichen Bebauungsverhältnisse durch den Satzungsgeber beruhen. Dieser muss prüfen, ob er eine für alle Grundstücke im Gemeindegebiet gleichermaßen geltende Tiefenbegrenzung festlegen kann (BVerwG, U. v. 12. 11.2014 - 9 C 7.13 - NVwZ 2015, 298; BayVGH, U. v. 26.2.1998 - 6 B 94.3817 - BayVBl. 1998, 537). Die gewählte Tiefenbegrenzung muss die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, U. v. 1.9.2004 - 9 C 15.03 - BVerwGE 121, 365/369; vgl. OVG MV, U. v. 14.9.2010 - 4 K 12.07 - juris zum leitungsgebundenen Abgabenrecht).

Diesen Anforderungen genügt die in § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS angeordnete Beschränkung der Erschließungswirkung auf die Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 50 m nicht. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, fehlt es an den erforderlichen Ermittlungen. Seitens der Beklagten sind keinerlei Feststellungen zu den typischen örtlichen Bebauungsverhältnissen im Stadtgebiet getroffen worden, welche die Festlegung einer solchen, für alle Grundstücke gleichermaßen geltenden Tiefenbegrenzung rechtfertigen können.

Die satzungsmäßige Tiefenbegrenzung ist daher unwirksam. Das führt aber nicht zu einem Mangel des Verteilungsmaßstabs. Denn eine Tiefenbegrenzung ist kein Bestandteil des Verteilungsmaßstabs. Sie verhält sich ausschließlich dazu, in welchem Umfang ein der Beitragspflicht unterliegendes Grundstück im Sinn des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen ist, bezieht sich also ausschließlich auf diese Vorschrift und nicht auf die ihr nachfolgende Regelung in § 131 Abs. 2 und 3 BauGB. Sie steht auch - unabhängig davon, an welcher Stelle sie in der Beitragssatzung geregelt ist - in keinem so engen rechtlichen Zusammenhang mit der Verteilungsregelung, dass ihre Ungültigkeit die Gültigkeit der Verteilungsregelung und damit der Satzung insgesamt berühren könnte (BVerwG, U. v. 19.3.1982 - 8 C 34.81 - juris Rn. 19; U. v. 19.2.1982 - 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61/65). Ohne eine wirksame Tiefenbegrenzung kann und muss der räumliche Umfang des Erschlossenseins bei übermäßig tiefen Grundstücken im Einzelfall unmittelbar aufgrund des Gesetzes bestimmt werden.

2. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid ist gleichwohl rechtswidrig, weil die abzurechnende B-straße - bislang - nicht in der nach § 125 BauGB erforderlichen Weise rechtmäßig hergestellt worden ist.

a) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung ergibt sich nicht aus der Zustimmung zur Herstellung der „Erschließungsanlage B-straße“, die das Landratsamt R. mit Schreiben vom 13. Februar 1981 auf der Grundlage des § 125 Abs. 2 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in der damals geltenden Fassung vom 6. Juli 1979 (BGBl. I S. 949, im Folgenden: BBauG a. F.) erklärt hat.

Diese Zustimmung entfaltet zwar nach wie vor Wirkung, auch wenn das Erfordernis der Zustimmung durch die höhere Verwaltungsbehörde seit 1. Januar 1998 entfallen ist und der Gesetzgeber den Gemeinden stattdessen in § 125 Abs. 2 BauGB die Möglichkeit einer (eigenen) bebauungsplanersetzenden Abwägungsentscheidung eröffnet hat. Der tatsächliche Ausbau der B-straße weicht jedoch in beachtlicher Weise von dem Plan ab, der der Zustimmung zugrunde lag. Die nach Nordwesten abzweigende St-straße wurde nämlich nach einem Vor-Ort-Aufmaß der Beklagten auf einer Länge von 33 m hergestellt, während die im Jahr 1981 erteilte Zustimmung nur eine Länge von 25 m bis 28 m abdeckt. Dass dieser abweichende Ausbau nicht rechtmäßig ist, ergibt sich aus Folgendem:

Nach § 125 Abs. 1 BBauG a. F. (wie nunmehr § 125 Abs. 1 BauGB) setzte die Herstellung der öffentlichen Straßen einen Bebauungsplan voraus. Lag ein Bebauungsplan nicht vor, so durften diese Anlagen gemäß § 125 Abs. 2 Satz 1 BBauG a. F. nur mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde hergestellt werden. Diese Vorschriften machten demnach die Rechtmäßigkeit der Herstellung einer Anbaustraße vom Vorhandensein eines wirksamen Bebauungsplans oder - in Ermangelung eines solchen - von der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde abhängig. Das damit angesprochene erschließungsrechtliche Planerfordernis verlangt in beiden Fällen allerdings keine zentimetergenaue Einhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans oder des der Zustimmung zugrunde liegenden Ausbauplans. Es will nicht auf eine „Bindung“ hinaus, sondern auf eine (qualifizierte) Zustimmung zur Anlegung der Straße. Mit ihm wird lediglich eine „Grobabstimmung“ angestrebt. Der Gesetzgeber hat mit dem erschließungsrechtlichen Planerfordernis sicherstellen wollen, dass insbesondere die Anbaustraßen in Übereinstimmung mit der übrigen städtebaulichen Struktur der Gemeinde angelegt werden. Der Bebauungsplan entfaltet daher die ihm von § 125 Abs. 1 BBauG/BauGB zugedachte (Zustimmungs-)Wirkung ungeachtet der von ihm als Rechtssatz ausgelösten planungsrechtlichen Bindung auch bei geringfügigen Planabweichungen. Unter dem Blickwinkel des erschließungsrechtlichen Planerfordernisses scheitert die Rechtmäßigkeit einer Straßenherstellung weder, wenn im Einzelfall die durch den Plan für diese Herstellung vorgesehene Fläche tatsächlich nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen worden ist, noch wenn nicht alle Teile dieser Fläche so ausgebaut worden sind, wie es seinerzeit geplant war; derartige Abweichungen sind vielmehr ebenso wie geringfügige Planüberschreitungen kraft des Erschließungsrechts noch durch den Bebauungsplan gedeckt. Das gleiche gilt für eine geringfügige Abweichung von einer den Bebauungsplan „ersetzenden“ Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde (BVerwG, U. v. 30.5.1997 - 8 C 6.96 - DVBl. 1998, 47/48).

Für die Beantwortung der Frage, welche Abweichung noch als - weil geringfügig - erschließungsbeitragsrechtlich unschädlich zu werten ist, ist auch in Fällen der Zustimmung auf die Kriterien des § 125 Abs. 3 BauGB abzustellen. Danach kommt es bei derartigen Sachverhalten darauf an, ob die Abweichung von dem der Zustimmung zugrunde liegenden Ausbauplan sich im Rahmen des § 125 Abs. 3 BauGB hält (BVerwG, U. v. 30.5.1997 - 8 C 6.96 - DVBl. 1998, 47/48). Für einen - wie hier - planüberschreitenden Ausbau wird nach § 125 Abs. 3 Nr. 2 BauGB die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind, die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen. Erforderlich ist demnach u. a., dass die planabweichende Herstellung keine zusätzliche Belastung der Erschließungsbeitragspflichtigen als Gruppe mit sich bringt, sei es, weil die Abweichung kostenneutral ist, sei es, weil die Gemeinde anfallende Mehrkosten nicht geltend macht. Verursacht eine Planüberschreitung Mehrkosten, hängt die Unbeachtlichkeit der Abweichung vom Bebauungsplan bzw. dem der Zustimmung zugrunde liegenden Ausbauplan und in der Folge das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten von einer konstitutiven Entscheidung der Gemeinde des Inhalts ab, sie werde die Mehrkosten nicht auf die Beitragspflichtigen abwälzen (BVerwG, U. v. 9.3.1990 - 8 C 76.88 - BVerwGE 85, 66/74; BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241/242; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 7 Rn. 57).

Gemessen an diesen Anforderungen ist der Mehrausbau der B-straße an dem nordwestlichen Stich nicht als unschädlich anzusehen. Zwar besteht kein Zweifel daran, dass er mit den Grundzügen der Planung vereinbar ist. Die Überschreitung des der Zustimmung zugrunde liegenden Ausbauplans um etwa 5 m in der Länge bei einer Breite von 4,70 m (Beiakte 1, Bl. 27) führt jedoch zwangsläufig zu Mehrkosten. Die Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung einen Aktenvermerk vom 22. März 2015 vorgelegt, in dem die Mehrkosten beziffert und erläutert werden. Eine konstitutive Entscheidung, dass sie diese Mehrkosten nicht auf die Beitragspflichtigen abwälzt, hat sie jedoch nicht getroffen. Sie geht im Gegenteil davon aus, wie ihre im Folgenden noch zu behandelnde Abwägungsentscheidung zeigt, dass der tatsächliche Ausbau rechtmäßig sei und deshalb sämtliche angefallenen Herstellungskosten der Beitragserhebung zugrunde gelegt werden dürften.

b) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung kann entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht auf die im Verlauf des Berufungsverfahrens nachgeholte Abwägungsentscheidung und deren Behandlung im Bauausschuss des Stadtrates gestützt werden. Diese genügt nicht den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB.

Nach § 125 Abs. 2 BauGB dürfen Erschließungsanlagen im Sinn des § 127 Abs. 2 BauGB nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen, sofern - wie hier - ein Bebauungsplan nicht vorliegt und eine nach altem Recht erteilte Zustimmung die hergestellte Erschließungsanlage nicht abdeckt. Die wichtigste materiell-rechtliche Bindung, in deren Rahmen sich jede Gemeinde bei der bebauungsplanersetzenden Planung einer Erschließungsanlage nach § 125 Abs. 2 BauGB halten muss, ist das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Gebot, alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Gebot bezieht sich sowohl auf das Abwägen als Vorgang, insbesondere also darauf, dass überhaupt eine Abwägung stattfindet und dass bei dieser Abwägung bestimmte Interessen in Rechnung gestellt werden, als auch auf das Abwägungsergebnis, also auf das, was bei dem Abwägungsvorgang „heraus kommt“. § 125 Abs. 2 BauGB erfordert also zunächst einmal einen der Gemeinde vorbehaltenen Abwägungsvorgang (vgl. BVerwG, U. v. 26.11.2003 - 9 C 2.03 - BayVBl. 2004, 276/277; BayVGH, B. v. 30.10.2013 - 6 ZB 11.245 - juris Rn. 7). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss eine Abwägung durch das zuständige Organ einer Gemeinde erfolgen (u. a. BayVGH, B. v. 3.5.2011 - 6 ZB 10.909 - juris Rn. 6; B. v. 27.3.2007 - 6 ZB 05.2456 - juris Rn. 6 m. w. N.). Ein Abwägen als Vorgang setzt ein positives Handeln voraus, das als solches auch dokumentiert sein muss. Wegen der bebauungsplanersetzenden Wirkung des § 125 Abs. 2 BauGB kann auf einen positiven Planungsakt nicht verzichtet werden (BayVGH, B. v. 27.3.2007 - 6 ZB 05.2456 - juris Rn. 7).

Welches Organ der Gemeinde für eine Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB zuständig ist, ergibt sich nicht aus dem Baugesetzbuch, sondern aus den kommunalrechtlichen Vorschriften. Die Gemeinde wird gemäß Art. 29 GO durch den Gemeinderat verwaltet, soweit nicht der erste Bürgermeister selbstständig entscheidet (Art. 37 GO). Der erste Bürgermeister erledigt in eigener Zuständigkeit nach Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO insbesondere die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen. Bei der gemäß § 125 Abs. 2 BauGB vorzunehmenden Abwägung handelt es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung in diesem Sinn. Durch die Bezugnahme des § 125 Abs. 2 BauGB auf das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot kommt der Gemeinde bei einer Abwägungsentscheidung bezogen auf die Errichtung von Erschließungsanlagen dieselbe planerische Gestaltungsfreiheit zu wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen. Dies schließt es aus, die Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB, die an die Stelle des Erlasses eines Bebauungsplans tritt, als Geschäft der laufenden Verwaltung anzusehen (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OVG NW, U. v. 8.5.2009 - 15 A 770.07 - juris Rn. 18 ff.; VGH BW, B. v. 18.12.2007 - 2 S 1657.06 - juris Rn. 7). Deshalb fällt die Abwägungsentscheidung in die Zuständigkeit des Gemeinderates (Art. 30 GO). Dieser kann die Entscheidung entweder nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 GO auf einen beschließenden Ausschuss oder nach Maßgabe von Art. 37 Abs. 2 GO dem ersten Bürgermeister zur selbstständigen Erledigung übertragen. Abwägungsentscheidungen nach § 125 Abs. 2 BauGB zählen nicht zu den Angelegenheiten, deren Übertragung Art. 32 Abs. 2 Satz 2 und Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 GO verbieten.

Gemessen an diesen Anforderungen fehlt es an einer Abwägungsentscheidung durch das dafür zuständige Gemeindeorgan. Nach der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Beklagten vom 29. Juli 2014 sind bebauungsplanersetzende Abwägungsentscheidungen nach § 125 Abs. 2 BauGB sinngemäß dem Bauausschuss (§ 10 Abs. 1 Nr. 2), unter bestimmten Voraussetzungen auch dem Umwelt- und Stadtplanungsausschuss (§ 10 Abs. 1 Nr. 3) übertragen, nicht aber dem ersten Bürgermeister (vgl. § 14). Der Bauausschuss ist zwar, wie sich aus dem in der Berufungsverhandlung vorgelegten Auszug aus dem Sitzungsbuch über die Sitzung vom 9. April 2015 ergibt, mit der Planung für den Ausbau der B-straße befasst worden. Er hat aber keine eigene Abwägungsentscheidung getroffen, sondern lediglich eine von der Stadtverwaltung vorgenommene Abwägung des „Einzelinteresses“ mit dem öffentlichen Interesse „zur Kenntnis genommen“. Das ergibt sich bereits aus der Umschreibung des Tagesordnungspunktes („Information über die Abwägung des planabweichenden Ausbaus der B-straße“) und der seine Behandlung im Ausschuss abschließenden Feststellung, dass diese Abwägung dem Bauausschuss „zur Kenntnis“ diene. Damit hat der Ausschuss, wie der Vertreter der Beklagten im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, keinen eigenen Abwägungsbeschluss gefasst.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Juli 2014 - M 2 K 14.123 - wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Rehbergstraße.

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks FlNr. 1615/4‚ welches nicht an der Rehbergstraße, sondern an der als Eigentümerweg gewidmeten Straße „Am Rain“ anliegt. Dieser Eigentümerweg weist insgesamt eine Länge von ca. 86 m auf‚ wobei er nach ca. 60 m Verlauf in Nord-Süd-Richtung am Südende der FlNr. 1615/3 auf einer Länge von ca. 26 m rechtwinklig in West-Ost-Richtung abknickt und ohne Weiterfahrmöglichkeit endet.

Der Beklagte erhob mit Bescheid vom 27. September 2012 vom Kläger eine Vorausleistung für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage „Rehbergstraße“ für das Grundstück FlNr. 1615/4 in Höhe von 4.334‚22 Euro. Über den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wurde bisher noch nicht entschieden.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 8. Juli 2014 der Klage stattgegeben und antragsgemäß den Vorausleistungsbescheid des Beklagten vom 27. September 2012 aufgehoben. Das klägerische Grundstück werde durch die abgerechnete Erschließungsanlage „Rehbergstraße“ nicht erschlossen im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB‚ da der Eigentümerweg eine selbstständige Erschließungsanlage im Sinne von § 123 Abs. 2 BauGB darstelle. Dieser habe zwar nur eine Ausdehnung von unter 100 m; da er jedoch nach einem Verlauf von ca. 60 m rechtwinklig abknicke‚ könne er nicht mehr als eine „typische Zufahrt“ angesehen werden. Zwar sei bei dem Eigentümerweg als Stichstraße grundsätzlich von einer hohen Abhängigkeit von der nächsten Erschließungsanlage auszugehen; vorliegend sei indes unstreitig‚ dass Kraftfahrzeuge von der Straße Am Rain aus nach einer lediglich auf wenige Meter im Einmündungsbereich beschränkten Nutzung der Rehbergstraße nur über die sog. Isarbrücke (Dammkarstraße) einen Anschluss an das weiterführende Straßennetz des Beklagten hätten‚ weil es sich bei der Rehbergstraße nicht um eine Durchgangsstraße handele.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte im wesentlichen geltend‚ bei dem Eigentümerweg „Am Rain“ handle es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht um eine selbstständige Verkehrsanlage. Der Sichtbarkeit des Endes einer Stichstraße komme nicht die Bedeutung zu, die ihr das Verwaltungsgericht beigemessen habe. Mit einer Gesamtlänge von nur ca. 86 m liege der Eigentümerweg unterhalb der 100 m-Grenze, ab welcher im Regelfall von einer selbstständigen Erschließungsanlage ausgegangen werden könne. Zudem würden durch ihn nur zwei Grundstücke erschlossen. Auch nach dem optischen Eindruck komme dem Weg lediglich eine bloße Zufahrtsfunktion zu der auf dem klägerischen Grundstück stehenden Doppelgarage zu. Dass die Anlieger des Eigentümerwegs die Rehbergstraße in aller Regel in nördlicher Richtung nicht benutzten und sich deren Nutzung bei einer Abfahrt über die Isarbrücke auf wenige Meter beschränke‚ sei erschließungsbeitragsrechtlich nicht relevant.

Der Beklagte beantragt‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. Juli 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Bei der Straße „Am Rain“ handele es sich um eine selbstständige Erschließungsanlage. Sie entspreche im Wesentlichen den gesetzlichen Anforderungen‚ die für öffentliche Erschließungsanlagen gälten. Der Eigentümerweg sei die alleinige Verbindung zu dem über die gesamte Länge des Grundstücks FlNr. 1615/2 führenden Fußweg. Dieser Fußweg trage die Bezeichnung „Zum Rain“ und sei als beschränkt öffentlicher Weg gewidmet. Die Grundstücke FlNr. 1615/2 und 1615/3 seien zudem in ihrer ganzen Länge für den Freistaat Bayern‚ vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt Weilheim, mit einer Dienstbarkeit belastet.

Der Senat hat am 29. September 2016 die örtlichen Verhältnisse im Bereich der abgerechneten Erschließungsanlage, des Eigentümerwegs und des klägerischen Grundstücks in Augenschein genommen. Insoweit wird auf die Niederschrift über den Augenschein verwiesen. Die Bevollmächtigten der Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 24. Oktober und 7. November 2016 abschließend Stellung genommen; beide Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten‚ über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet‚ ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Vorausleistungsbescheid des Beklagten vom 27. September 2012 findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5a Abs. 1‚ Abs. 9 KAG i. V. m. §§ 128 ff. BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung des Beklagten vom 1. November 2010. Er ist dem Grunde wie der Höhe nach rechtmäßig und kann den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das im Eigentum des Klägers stehende Grundstück FlNr. 1615/4 unterliegt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts der Erschließungsbeitrags- und damit zugleich der Vorausleistungspflicht für die erstmalige Herstellung der Rehbergstraße, auch wenn es ausschließlich an dem Eigentümerweg „Am Rain“ liegt. Bei der Rehbergstraße handelt es sich um eine nach Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG beitragsfähige Anbaustraße‚ deren erstmalige Herstellung zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich nicht mehr streitig ist. Das klägerische Grundstück wird - als Hinterliegergrundstück im weiteren Sinn - von der Rehbergstraße erschlossen im Sinn von § 131 Abs. 1 Satz 1 und § 133 Abs. 1 BauGB‚ weil der Eigentümerweg „Am Rain“ lediglich eine unselbstständige Zuwegung darstellt (1.)‚ welche die an ihr gelegenen Grundstücke an die Erschließungsanlage „Rehbergstraße“ anbindet (2.).

1. Bei dem Eigentümerweg „Am Rain“, einer von den Grundstückseigentümern dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellten und von dem beklagten Markt gewidmeten öffentlichen befahrbaren Straße (vgl. Art. 53 Nr. 3 BayStrWG), handelt es sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht um eine selbstständige Erschließungsanlage, sondern lediglich um eine unselbstständige Zuwegung ohne Verbindungsfunktion.

Ob eine Stichstraße (Sackgasse) schon eine selbstständige Anbaustraße im Sinn von Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG bildet oder noch ein lediglich unselbstständiges Anhängsel und damit einen Bestandteil der (Haupt-)Straße, von der sie abzweigt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter von der zu beurteilenden Anlage vermitteln. Unselbstständige Zufahrten werden in der Regel angelegt‚ um die Bebauung von nicht unmittelbar an eine selbstständige Erschließungsstraße angrenzenden Grundstücken zu ermöglichen; gleichwohl ist Erschließungsanlage für solche Grundstücke nicht die unselbstständige Zufahrt‚ sondern die Anbaustraße‚ in die diese Zufahrt einmündet. Besondere Bedeutung für die Unterscheidung zwischen (schon) selbstständigen Erschließungsanlagen und (nur) unselbstständigen Zuwegungen kommt dabei der Ausdehnung der Anlage zu‚ ihrer Beschaffenheit‚ der Zahl der durch sie erschlossenen Grundstücke und auch dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße‚ in die sie einmündet. Das Maß der Abhängigkeit ist deshalb von besonderem Gewicht‚ weil eine Verkehrsanlage ohne Verbindungsfunktion ausschließlich auf die Straße angewiesen ist‚ von der sie abzweigt‚ sie darin einer unselbstständigen Zufahrt ähnelt und deshalb der Eindruck der Unselbstständigkeit häufig auch noch bei einer Ausdehnung erhalten bleibt‚ bei der eine Anlage mit Verbindungsfunktion schon den Eindruck der Selbstständigkeit erweckt (vgl. BVerwG‚ U. v. 23.6.1995 - 8 C 30.93 - juris Rn. 12 m. w. N.; BayVGH, B. v. 19.8.2009 - 6 ZB 08.1042 - juris Rn. 4). Vor diesem Hintergrund sind grundsätzlich - vorbehaltlich der besonderen Umstände des Einzelfalles - alle abzweigenden Straßen als unselbstständig zu qualifizieren, die nach den tatsächlichen Verhältnissen den Eindruck einer Zufahrt vermitteln, d. h. (ungefähr) wie eine Zufahrt aussehen. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn die Stichstraße bis zu 100 m lang und nicht abgeknickt ist oder sich verzweigt (vgl. BVerwG‚ U. v. 16.9.1998 - 8 C 8.97 - DVBl 1999‚ 395; U. v. 23.6.1995 - a. a. O. Rn. 13; BayVGH, B. v. 20.4.2012 - 6 ZB 09.1855 - juris Rn. 8 m. w. N.).

Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt nach der Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit durch den Senat‚ dass es sich bei dem Eigentümerweg „Am Rain“ lediglich um eine unselbstständige Zuwegung handelt.

Für diese Annahme spricht entscheidend der Umstand, dass der Eigentümerweg keine Verbindungsfunktion hat und seine (Gesamt-)Länge lediglich ca. 86 m beträgt, also doch erheblich unter der Regellänge von 100 m liegt. Zu berücksichtigen ist ferner‚ dass er lediglich zwei Baugrundstücke (FlNrn. 1615/4 und 1615/2) erschließt und auf keinem dieser Baugrundstücke eine besonders massive Bebauung vorhanden ist. Ein erheblicher Ziel- und Quellverkehr‚ der ein Argument für die Selbstständigkeit einer Stichstraße trotz ihrer geringen Länge wäre‚ kann deshalb entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ausgeschlossen werden. Die Straße „Am Rain“ bietet keine Weiterfahrmöglichkeit und ist als Stichstraße ausschließlich von der Hauptstraße abhängig, von der sie abzweigt. Ihre Funktion besteht allein darin‚ die beiden Baugrundstücke an die nächste öffentliche Verkehrsanlage anzubinden.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann nicht ausschlaggebend darauf abgestellt werden‚ dass die Straße „Am Rain“ zunächst ca. 60 m in Nord-Süd-Richtung verläuft (wo sich die Tiefgaragenzufahrt auf dem Grundstück FlNr. 1615/2 anschließt) und dann rechtwinklig in West-Ost-Richtung abknickt, so dass das Ende des Stichweges von der Einmündung in die Rehbergstraße aus nicht zu sehen ist. Bei der oben dargelegten 100-m-Regel zur Abgrenzung zwischen erschließungsbeitragsrechtlich selbstständigen und unselbstständigen Verkehrsanlagen handelt es sich nicht um eine starre Längenvorgabe. Auch das Bundesverwaltungsgericht fordert jeweils eine Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse und sieht den Verlauf eines Stichwegs zwar als wesentliches Beurteilungskriterium‚ aber nicht als das allein entscheidende an (vgl. BVerwG‚ B. v. 29.8.2000 - 11 B 48.00 - NVwZ-RR 2001‚ 180/181; VGH BW‚ U. v. 22.5.2003 - 2 S 446/02 - juris Rn. 62; OVG NW‚ B. v. 1.9.2000 - 15 A 1104/09 - juris Rn. 6 f.). Mit Blick auf die Straße „Am Rain“ wird der Gesamteindruck des im Einmündungsbereich stehenden Betrachters maßgeblich durch den Umstand mitgeprägt‚ dass die östlich unmittelbar im Anschluss an die anliegenden Grundstücke aufragende steile und bewaldete Bergwand eine Fortführung der in diese Richtung abknickenden Stichstraße verhindert. Für den objektiven Betrachter ist aufgrund dieser von der öffentlichen Straße aus sichtbaren Verhältnisse klar erkennbar‚ dass nicht nur der von der Rehbergstraße aus sichtbare Teil des Eigentümerwegs bereits nach kurzem Verlauf endet, sondern auch der abknickende Teil keine wesentliche Länge aufweisen kann. Das gilt umso mehr, als das in Nord-Süd-Richtung verlaufende Teilstück aus einer etwa 4,20 m breiten, asphaltierten Fahrbahn besteht, während das rechtwinklig abknickende und auf das klägerische Grundstück führende Teilstück nur 3,5 m breit ist und auf der weit überwiegenden Länge zur Hälfte aus Rasengittersteinen besteht, was den Zufahrtscharakter optisch verstärkt.

Bei einer Gesamtschau aller Umstände ist der Senat nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit davon überzeugt‚ dass der Eigentümerweg „Am Rain“ lediglich eine unselbstständige Zuwegung darstellt, weil einem unbefangenen Beobachter nicht der Eindruck einer eigenständigen Anlage‚ sondern lediglich eines „Anhängsels“ vermittelt wird.

2. Die unselbstständige Straße „Am Rain“ führt entgegen der Ansicht des Klägers auf die Rehbergstraße, nicht etwa auf die Dammkarstraße; auch das hat die Ortsbesichtigung zur Überzeugung des Senats ergeben. Das klägerische Grundstück ist deshalb für die Herstellung der Rehbergstraße als der nächst erreichbaren - selbstständigen- Erschließungsanlage beitrags- und vorausleistungspflichtig.

Wie weit eine einzelne Anbaustraße reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BayVGH, U. v. 30.6.2011 - 6 B 08.369 - juris Rn. 18; B. v. 25.8.2016 - 6 ZB 16.410 - juris Rn. 5 m. w. N.). Bei der - hier in Streit stehenden - Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag (Art. 5a KAG i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB), die begrifflich immer vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflichten erfolgt, ist prognostisch nach der Erkenntnislage im Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung zu bewerten, wie die Erschließungsanlage sich nach vollständiger Umsetzung des gemeindlichen Bauprogramms darstellen wird (BayVGH, B. v. 24.7.2013 - 6 BV 11.1813 - juris Rn. 13).

Gemessen an diesem Maßstab gehört der Straßenbereich vor der Dammkarbrücke, wo sich die von Westen her über die Brücke kommende Dammkarstraße, die Rehbergstraße und die Straße „Am Rain“ treffen, noch zur Rehbergstraße. Die in Nord-Süd-Richtung entlang der Isar verlaufende Rehbergstraße setzt sich fast gradlinig in den - ebenfalls entlang der Isar verlaufenden - Eigentümerweg „Am Rain“ fort. Das ist deutlich zu erkennen‚ wenn man auf der Rehbergstraße stehend in Richtung Isarbrücke (Dammkarstraße) blickt‚ wobei der Eigentümerweg optisch wie die Verlängerung der Rehbergstraße wirkt.

Die Dammkarstraße hingegen endet nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung unmittelbar am östlichen Ende der Isarbrücke‚ also noch vor der Einmündung des Eigentümerwegs „Am Rain“ in das öffentliche Verkehrsnetz. Dieser Eindruck drängt sich auf, weil die Isarbrücke von allen Seiten aus betrachtet als augenfällige Zäsur das Ende der nach Osten verlaufenden Dammkarstraße an der Stelle markiert, an der sie auf den entlang der Isar in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straßenzug von Rehbergstraße und Eigentümerweg „Am Rain“ trifft. Diese Einschätzung wird durch den Umstand bestärkt‚ dass die die Dammkarstraße begleitenden Gehwege ebenfalls an dieser Stelle enden. Der Weg „Am Rain“ mündet mithin in die Rehbergstraße. Dass diese unmittelbar danach auf die Dammkarbrücke schwenkt, die Anlieger der Straße „Am Rain“ also die Rehbergstraße (die nach Norden ohne Weiterfahrmöglichkeit endet) nur auf der kurzen Verschwenkung nach Westen in die Dammkarstraße benutzen, ist für die Frage der Beitragspflicht unerheblich. Erschlossen werden Grundstücke (nur) durch die nächsterreichbare Anbaustraße (Rehbergstraße), nicht aber durch die übernächste (Dammkarstraße).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO‚ der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 VwGO‚ § 708 Nr. 10‚ § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen‚ weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungs-gerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.334‚22 Euro festgesetzt.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. Juni 2014 - AN 3 K 13.1226 - wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die Herstellung der B-straße durch die beklagte Stadt.

Die B-straße liegt im unbeplanten Innenbereich. Ihr Hauptzug besteht aus einer etwa 110 m langen - selbstständigen - St-straße, die vom P.-Weg nach Westen abzweigt, dann nach Südwesten schwenkt und in einem Wendehammer endet. An der Kurve zweigt nach Nordwesten eine ca. 33 m lange, gerade verlaufende - unselbstständige - St-straße ab. An deren Ende liegt auf einer Länge von ca. 13 m das unbebaute Grundstück der Klägerin FlNr. 255 an. Es ist 2.155 m² groß und reicht im Nordwesten bis an die M-straße.

Das Landratsamt R. hatte mit Schreiben vom 13. Februar 1981 (u. a.) der Herstellung der Erschließungsanlage B-straße gemäß § 125 Abs. 2 Satz 1 BBauG a. F. zugestimmt. Der Zustimmung lag ein Ausbauplan des Ingenieurbüros W. zugrunde, der für die unselbstständige St-straße eine Länge von etwa 28 m vorsieht. Tatsächlich wurde diese in den Jahren 2009/2010 mit einer Länge von etwa 33 m hergestellt. Die B-straße wurde am 18. Juli 2011 in das Bestandsverzeichnis eingetragen. Die letzte Rechnung für ihre endgültige Herstellung ist im November 2011 bei der Beklagten eingegangen.

Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 10. Juni 2013 für die endgültige Herstellung der B-straße zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 17.350,74 € heran. Dabei wurde eine Vergünstigung wegen Mehrfacherschließung gewährt und ein Nutzungsfaktor von 1,30 für eine Bebaubarkeit mit zwei Vollgeschossen angesetzt.

Die Beitragserhebung beruht auf der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) vom 31. Dezember 1987, geändert durch Satzung vom 14. Dezember 2001. Diese enthält in § 6 Abs. 8 EBS folgende Regelung:

„(8) In unbeplanten Gebieten und Gebieten, für die ein Bebauungsplan weder die Zahl der Vollgeschosse noch die Baumassenzahl festsetzt, ist

1. bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen,

2. bei unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken die Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend.“

§ 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS hat folgenden Wortlaut:

„(3) als Grundstücksfläche gilt:

1. …

2. wenn ein Bebauungsplan nicht besteht oder die erforderlichen Festsetzungen nicht enthält, die tatsächliche Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 50 m, gemessen von der der Erschließungsanlage zugewandten Grenze des beitragspflichtigen Grundstücks. Reicht die bauliche oder gewerbliche Nutzung über diese Begrenzung hinaus, so ist die Grundstückstiefe maßgebend, die durch die hintere Grenze der Nutzung bestimmt wird. Grundstücksteile, die lediglich die wegemäßige Verbindung zur Erschließungsanlage herstellen, bleiben bei der Bestimmung der Grundstückstiefe unberücksichtigt.“

Die Klägerin hat gegen ihre Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag Klage erhoben und sich dem Grunde wie der Höhe nach gegen die Beitragsforderung gewandt. Sie hat insbesondere gerügt, dass § 6 Abs. 8 Nr. 2 EBS wegen fehlender Bestimmtheit nichtig sei. Selbst wenn die Bestimmung wirksam wäre, sei sie unrichtig angewandt worden, weil die nähere Umgebung überwiegend mit einem Vollgeschoss bebaut sei. Die Satzung sei auch insoweit nichtig, als sie gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS eine Tiefenbegrenzung vorsehe. Im Fall der Wirksamkeit dieser Satzungsbestimmung dürften die Flächen des klägerischen Grundstücks, die mehr als 50 m von der B-straße entfernt lägen, nicht herangezogen werden. Durch die Zustimmung des Landratsamtes R. vom 13. Februar 1981 werde die Rechtmäßigkeit der Herstellung nicht erreicht, weil in dem zugrunde liegenden Plan die St-straße in Richtung zum klägerischen Grundstück früher ende. Gegenstand der Zustimmung sei damals nicht (auch) die Erschließung des klägerischen Grundstücks gewesen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 5. Juni 2014 den angefochtenen Beitragsbescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Erschließungsbeitragssatzung sei unwirksam, weil die satzungsrechtliche Verteilungsregelung zum Vollgeschossmaßstab bei unbebauten Grundstücken im unbeplanten Innenbereich (§ 6 Abs. 8 Nr. 2 EBS) nichtig sei. Sie bestimme, dass die Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend sei; die Beitragsgerechtigkeit verlange aber, dass auf die Anzahl der maximal zulässigen Vollgeschosse abgestellt werde. Damit sei die Satzung insgesamt nichtig. Unabhängig davon sei auch die in § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS festgesetzte Tiefenbegrenzung im unbeplanten Innenbereich jedenfalls für den zentralen Innenbereich unwirksam, ohne dass dies einen Einfluss auf die Gültigkeit der Verteilungsregelung habe. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Sie hält die vom Verwaltungsgericht beanstandeten Satzungsbestimmungen für wirksam und ihre Beitragsforderung für berechtigt. § 6 Abs. 8 Nr. 2 EBS entspreche der Mustersatzung der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände (dort § 5 Abs. 6 Buchst. b). Das Bundesverwaltungsgericht sehe die Anwendbarkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung, welche die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegele, auch in Bezug auf zentrale Grundstücke des unbeplanten Innenbereichs als mit § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB vereinbar an. Die Abweichung zwischen dem der Zustimmung gemäß § 125 Abs.2 BBauG zugrunde liegenden Ausbauplan, wonach der (nordwestliche) Seitenarm der B-straße ca. 28 m lang ist, und der tatsächlichen Länge von 33 m sei geringfügig und von der erteilten Zustimmung abgedeckt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie widersetzt sich dem Vorbringen der Beklagten und verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Landesanwaltschaft ... hat sich als Vertreterin des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt. Sie hält die Zweifel des Verwaltungsgerichts an der Wirksamkeit der Erschließungsbeitragssatzung für unbegründet, hat aber keinen Antrag gestellt.

In der Berufungsverhandlung haben die Vertreter der Beklagten einen Aktenvermerk vorgelegt, in dem die durch den Mehrausbau entstandenen Kosten beziffert werden. Sie haben ferner mitgeteilt, dass die Beklagte alle von dem planabweichenden Ausbau betroffenen privaten und öffentlichen Belange gegeneinander abgewogen und hierüber den Bauausschuss des Stadtrates in seiner Sitzung am 9. April 2015 in Kenntnis gesetzt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

Das angegriffene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Klägerin darf derzeit nicht zu einem Erschließungsbeitrag nach Art. 5a Abs. 1 KAG i. V. mit §§ 127 ff. BauGB für die Herstellung der B-straße herangezogen werden. Zwar ist die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten mit Ausnahme der Tiefenbegrenzungsregelung in § 6 Abs. 3 Nr. 2 wirksam (1). Es fehlt jedoch an der nach § 125 BauGB erforderlichen rechtmäßigen Herstellung der Erschließungsanlage (2). Der Erschließungsbeitragsbescheid vom 10. Juni 2013 ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Erschließungsbeitragssatzung (EBS) der Beklagten vom 31. Dezember 1987, geändert durch Satzung vom 14. Dezember 2001, leidet entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht an rechtlichen Mängeln, die zu ihrer Nichtigkeit führen.

a) Die Bestimmung des § 6 Abs. 8 Nr. 2 EBS, wonach in unbeplanten Gebieten bei unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken die Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse maßgebend ist, entspricht den Anforderungen des § 131 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB an eine vorteilsgerechte Beitragsbemessung.

Der Satzungsgeber hat sich in § 6 EBS dafür entschieden, den beitragsfähigen Erschließungsaufwand nach dem kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu verteilen. Dieser Maßstab ist nach § 131 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2, Satz 2 BauGB zugelassen, weitestgehend üblich und im Interesse der Verwaltungspraktikabilität empfehlenswert (vgl. BayVGH, B. v. 17.8.2010 - 6 ZB 09.558 - juris Rn. 3 ff. m. w. N.). In seinem Rahmen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Satzungsbestimmung unbedenklich, wenn sie - beispielsweise - bei den bebauten Grundstücken hinsichtlich des Maßes der Nutzung auf die tatsächlich vorhandene Bebauung (und damit auf die tatsächlich vorhandene Anzahl der Vollgeschosse) und bei den unbebauten Grundstücken auf das abstellt, was nach § 34 BauGB bei Berücksichtigung des in der „Nachbarschaft“ oder der „Umgebung“ vorhandenen Maßes der tatsächlichen Nutzung zulässig ist. In gleicher Weise ist es unbedenklich, allgemein und ohne Rücksicht darauf, ob ein Grundstück schon bebaut oder noch unbebaut ist, auf das „in der näheren Umgebung“ überwiegend oder durchschnittlich vorhandene Maß der Nutzung und damit auf die dort überwiegend oder durchschnittlich vorhandene Zahl der Vollgeschosse abzustellen. Schließlich bestehen im Interesse einer einfachen oder praktikablen Lösung auch keine Bedenken, wenn eine Satzung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in unbeplanten Gebieten auf das „Durchschnittsmaß“ der Nutzung aller von der Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke abhebt (BVerwG, U. v. 24.9.1976 - IV C 22.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 17).

Der Verteilungsmaßstab einer Erschließungsbeitragssatzung muss demnach in nicht beplanten Gebieten hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - das höchstzulässige Maß der baulichen Nutzung zugrunde legen, sondern darf auf ein Maß der Nutzung abstellen, das in der Nachbarschaft oder in der näheren Umgebung überwiegend als Nutzungsmaß vorhanden ist (BVerwG, U. v. 10.6.1981 - 8 C 20.81 - BVerwGE 62, 308/313; U. v. 14.12.1979 - IV C 12 - 16.77 - KStZ 1980, 70/72; U. v. 24.9.1976 - IV C 22.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 17; so auch VGH BW, U. v. 1.3.1990 - 2 S 2395.89 - juris Rn. 32; U. v. 4.11.1985 - 14 S 1095.85 - juris; U. v. 15.10.1985 - 2 S 1131.85 - juris). Das gilt sowohl für unbebaute als auch für bebaute Grundstücke in unbeplanten Gebieten (BVerwG, U. v. 10.6.1981 - 8 C 20.81 - BVerwGE 62, 308/313; U. v. 24.9.1976 - IV C 22.74 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 17). Vorteilsprinzip und Abgabengerechtigkeit stehen einer solchen Regelung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn das der Verteilung zugrunde zu legende Nutzungsmaß sich von dem zulässigen Nutzungsmaßstab nicht zu weit entfernt. Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte, weil sich in der näheren Umgebung nach den vorgelegten Unterlagen und dem Vortrag der Beteiligten lediglich ein- oder zweigeschossige Bebauung befindet. Der von der Beklagten gewählte Verteilungsmaßstab - der dem Satzungsmuster des Bayerischen Gemeindetags entspricht (abgedruckt bei Hesse, Erschließungsbeitrag, Stand Dezember 2013, Anhang I) und vom Senat in ständiger Spruchpraxis als wirksam angesehen wird - begegnet weder im Vergleich zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken noch im Vergleich zwischen unbeplanten und beplanten Gebieten rechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Soweit die Klägerin meint, die Begriffe „nähere Umgebung“ und „überwiegend vorhanden“ seien wegen ihrer Unbestimmtheit aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bedenklich, kann dem nicht gefolgt werden. Der Begriff der „näheren Umgebung“ ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur entsprechenden Begriffsbestimmung in § 34 BauGB hinreichend geklärt (BVerwG, U. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380). Die Auslegung des Begriffes „überwiegend vorhanden“ wirft ebenfalls keine Probleme auf, die nicht üblicherweise bei der Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe zu bewältigen sind (BVerwG, U. v. 21.9.1979 - 4 C 22.78 - juris Rn. 18).

b) Die in § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS geregelte Tiefenbegrenzung auf 50 m ist zwar unwirksam. Dieser Mangel wirkt sich jedoch, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, auf die Wirksamkeit der Satzung im Übrigen nicht aus.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Anordnung einer Tiefenbegrenzung für unbeplante Gebiete durch Satzung zulässig. Sie begründet dann, sofern sie sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientiert, eine Vermutung dafür, dass im unbeplanten Innenbereich alle Grundstücke bis zur festgesetzten Tiefengrenze erschlossen im Sinn von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind und jenseits der Grenze ein Erschließungsvorteil wegen fehlender Ausnutzbarkeit nicht gegeben ist. Der Anwendungsbereich einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung ist nach der - umstrittenen - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht darauf beschränkt, den Innen- vom Außenbereich abzugrenzen; er darf sich auch auf übertiefe Grundstücke erstrecken, die sich mit ihrer gesamten Fläche in „zentraler“ Innenbereichslage befinden (BVerwG, U. v. 12.11.2014 - 9 C 7.13 - NVwZ 2015, 298; B. v. 26.4.2006 - 9 B 1.06 - BayVBl. 2006, 607 ff.; U. v. 1.9.2004 - 9 C 15.03 - BVerwGE 121, 365; a. A. Driehaus, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 131 Rn. 19 ff. m. w. N.). Unabhängig von der Frage ihres Anwendungsbereichs muss eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der bevorteilten von den nicht mehr bevorteilten Flächen ausgerichtet werden und auf einer sorgfältigen Ermittlung der örtlichen Bebauungsverhältnisse durch den Satzungsgeber beruhen. Dieser muss prüfen, ob er eine für alle Grundstücke im Gemeindegebiet gleichermaßen geltende Tiefenbegrenzung festlegen kann (BVerwG, U. v. 12. 11.2014 - 9 C 7.13 - NVwZ 2015, 298; BayVGH, U. v. 26.2.1998 - 6 B 94.3817 - BayVBl. 1998, 537). Die gewählte Tiefenbegrenzung muss die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, U. v. 1.9.2004 - 9 C 15.03 - BVerwGE 121, 365/369; vgl. OVG MV, U. v. 14.9.2010 - 4 K 12.07 - juris zum leitungsgebundenen Abgabenrecht).

Diesen Anforderungen genügt die in § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS angeordnete Beschränkung der Erschließungswirkung auf die Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 50 m nicht. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, fehlt es an den erforderlichen Ermittlungen. Seitens der Beklagten sind keinerlei Feststellungen zu den typischen örtlichen Bebauungsverhältnissen im Stadtgebiet getroffen worden, welche die Festlegung einer solchen, für alle Grundstücke gleichermaßen geltenden Tiefenbegrenzung rechtfertigen können.

Die satzungsmäßige Tiefenbegrenzung ist daher unwirksam. Das führt aber nicht zu einem Mangel des Verteilungsmaßstabs. Denn eine Tiefenbegrenzung ist kein Bestandteil des Verteilungsmaßstabs. Sie verhält sich ausschließlich dazu, in welchem Umfang ein der Beitragspflicht unterliegendes Grundstück im Sinn des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen ist, bezieht sich also ausschließlich auf diese Vorschrift und nicht auf die ihr nachfolgende Regelung in § 131 Abs. 2 und 3 BauGB. Sie steht auch - unabhängig davon, an welcher Stelle sie in der Beitragssatzung geregelt ist - in keinem so engen rechtlichen Zusammenhang mit der Verteilungsregelung, dass ihre Ungültigkeit die Gültigkeit der Verteilungsregelung und damit der Satzung insgesamt berühren könnte (BVerwG, U. v. 19.3.1982 - 8 C 34.81 - juris Rn. 19; U. v. 19.2.1982 - 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61/65). Ohne eine wirksame Tiefenbegrenzung kann und muss der räumliche Umfang des Erschlossenseins bei übermäßig tiefen Grundstücken im Einzelfall unmittelbar aufgrund des Gesetzes bestimmt werden.

2. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid ist gleichwohl rechtswidrig, weil die abzurechnende B-straße - bislang - nicht in der nach § 125 BauGB erforderlichen Weise rechtmäßig hergestellt worden ist.

a) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung ergibt sich nicht aus der Zustimmung zur Herstellung der „Erschließungsanlage B-straße“, die das Landratsamt R. mit Schreiben vom 13. Februar 1981 auf der Grundlage des § 125 Abs. 2 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in der damals geltenden Fassung vom 6. Juli 1979 (BGBl. I S. 949, im Folgenden: BBauG a. F.) erklärt hat.

Diese Zustimmung entfaltet zwar nach wie vor Wirkung, auch wenn das Erfordernis der Zustimmung durch die höhere Verwaltungsbehörde seit 1. Januar 1998 entfallen ist und der Gesetzgeber den Gemeinden stattdessen in § 125 Abs. 2 BauGB die Möglichkeit einer (eigenen) bebauungsplanersetzenden Abwägungsentscheidung eröffnet hat. Der tatsächliche Ausbau der B-straße weicht jedoch in beachtlicher Weise von dem Plan ab, der der Zustimmung zugrunde lag. Die nach Nordwesten abzweigende St-straße wurde nämlich nach einem Vor-Ort-Aufmaß der Beklagten auf einer Länge von 33 m hergestellt, während die im Jahr 1981 erteilte Zustimmung nur eine Länge von 25 m bis 28 m abdeckt. Dass dieser abweichende Ausbau nicht rechtmäßig ist, ergibt sich aus Folgendem:

Nach § 125 Abs. 1 BBauG a. F. (wie nunmehr § 125 Abs. 1 BauGB) setzte die Herstellung der öffentlichen Straßen einen Bebauungsplan voraus. Lag ein Bebauungsplan nicht vor, so durften diese Anlagen gemäß § 125 Abs. 2 Satz 1 BBauG a. F. nur mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde hergestellt werden. Diese Vorschriften machten demnach die Rechtmäßigkeit der Herstellung einer Anbaustraße vom Vorhandensein eines wirksamen Bebauungsplans oder - in Ermangelung eines solchen - von der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde abhängig. Das damit angesprochene erschließungsrechtliche Planerfordernis verlangt in beiden Fällen allerdings keine zentimetergenaue Einhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans oder des der Zustimmung zugrunde liegenden Ausbauplans. Es will nicht auf eine „Bindung“ hinaus, sondern auf eine (qualifizierte) Zustimmung zur Anlegung der Straße. Mit ihm wird lediglich eine „Grobabstimmung“ angestrebt. Der Gesetzgeber hat mit dem erschließungsrechtlichen Planerfordernis sicherstellen wollen, dass insbesondere die Anbaustraßen in Übereinstimmung mit der übrigen städtebaulichen Struktur der Gemeinde angelegt werden. Der Bebauungsplan entfaltet daher die ihm von § 125 Abs. 1 BBauG/BauGB zugedachte (Zustimmungs-)Wirkung ungeachtet der von ihm als Rechtssatz ausgelösten planungsrechtlichen Bindung auch bei geringfügigen Planabweichungen. Unter dem Blickwinkel des erschließungsrechtlichen Planerfordernisses scheitert die Rechtmäßigkeit einer Straßenherstellung weder, wenn im Einzelfall die durch den Plan für diese Herstellung vorgesehene Fläche tatsächlich nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen worden ist, noch wenn nicht alle Teile dieser Fläche so ausgebaut worden sind, wie es seinerzeit geplant war; derartige Abweichungen sind vielmehr ebenso wie geringfügige Planüberschreitungen kraft des Erschließungsrechts noch durch den Bebauungsplan gedeckt. Das gleiche gilt für eine geringfügige Abweichung von einer den Bebauungsplan „ersetzenden“ Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde (BVerwG, U. v. 30.5.1997 - 8 C 6.96 - DVBl. 1998, 47/48).

Für die Beantwortung der Frage, welche Abweichung noch als - weil geringfügig - erschließungsbeitragsrechtlich unschädlich zu werten ist, ist auch in Fällen der Zustimmung auf die Kriterien des § 125 Abs. 3 BauGB abzustellen. Danach kommt es bei derartigen Sachverhalten darauf an, ob die Abweichung von dem der Zustimmung zugrunde liegenden Ausbauplan sich im Rahmen des § 125 Abs. 3 BauGB hält (BVerwG, U. v. 30.5.1997 - 8 C 6.96 - DVBl. 1998, 47/48). Für einen - wie hier - planüberschreitenden Ausbau wird nach § 125 Abs. 3 Nr. 2 BauGB die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind, die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen. Erforderlich ist demnach u. a., dass die planabweichende Herstellung keine zusätzliche Belastung der Erschließungsbeitragspflichtigen als Gruppe mit sich bringt, sei es, weil die Abweichung kostenneutral ist, sei es, weil die Gemeinde anfallende Mehrkosten nicht geltend macht. Verursacht eine Planüberschreitung Mehrkosten, hängt die Unbeachtlichkeit der Abweichung vom Bebauungsplan bzw. dem der Zustimmung zugrunde liegenden Ausbauplan und in der Folge das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten von einer konstitutiven Entscheidung der Gemeinde des Inhalts ab, sie werde die Mehrkosten nicht auf die Beitragspflichtigen abwälzen (BVerwG, U. v. 9.3.1990 - 8 C 76.88 - BVerwGE 85, 66/74; BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241/242; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 7 Rn. 57).

Gemessen an diesen Anforderungen ist der Mehrausbau der B-straße an dem nordwestlichen Stich nicht als unschädlich anzusehen. Zwar besteht kein Zweifel daran, dass er mit den Grundzügen der Planung vereinbar ist. Die Überschreitung des der Zustimmung zugrunde liegenden Ausbauplans um etwa 5 m in der Länge bei einer Breite von 4,70 m (Beiakte 1, Bl. 27) führt jedoch zwangsläufig zu Mehrkosten. Die Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung einen Aktenvermerk vom 22. März 2015 vorgelegt, in dem die Mehrkosten beziffert und erläutert werden. Eine konstitutive Entscheidung, dass sie diese Mehrkosten nicht auf die Beitragspflichtigen abwälzt, hat sie jedoch nicht getroffen. Sie geht im Gegenteil davon aus, wie ihre im Folgenden noch zu behandelnde Abwägungsentscheidung zeigt, dass der tatsächliche Ausbau rechtmäßig sei und deshalb sämtliche angefallenen Herstellungskosten der Beitragserhebung zugrunde gelegt werden dürften.

b) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung kann entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht auf die im Verlauf des Berufungsverfahrens nachgeholte Abwägungsentscheidung und deren Behandlung im Bauausschuss des Stadtrates gestützt werden. Diese genügt nicht den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB.

Nach § 125 Abs. 2 BauGB dürfen Erschließungsanlagen im Sinn des § 127 Abs. 2 BauGB nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen, sofern - wie hier - ein Bebauungsplan nicht vorliegt und eine nach altem Recht erteilte Zustimmung die hergestellte Erschließungsanlage nicht abdeckt. Die wichtigste materiell-rechtliche Bindung, in deren Rahmen sich jede Gemeinde bei der bebauungsplanersetzenden Planung einer Erschließungsanlage nach § 125 Abs. 2 BauGB halten muss, ist das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Gebot, alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Gebot bezieht sich sowohl auf das Abwägen als Vorgang, insbesondere also darauf, dass überhaupt eine Abwägung stattfindet und dass bei dieser Abwägung bestimmte Interessen in Rechnung gestellt werden, als auch auf das Abwägungsergebnis, also auf das, was bei dem Abwägungsvorgang „heraus kommt“. § 125 Abs. 2 BauGB erfordert also zunächst einmal einen der Gemeinde vorbehaltenen Abwägungsvorgang (vgl. BVerwG, U. v. 26.11.2003 - 9 C 2.03 - BayVBl. 2004, 276/277; BayVGH, B. v. 30.10.2013 - 6 ZB 11.245 - juris Rn. 7). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss eine Abwägung durch das zuständige Organ einer Gemeinde erfolgen (u. a. BayVGH, B. v. 3.5.2011 - 6 ZB 10.909 - juris Rn. 6; B. v. 27.3.2007 - 6 ZB 05.2456 - juris Rn. 6 m. w. N.). Ein Abwägen als Vorgang setzt ein positives Handeln voraus, das als solches auch dokumentiert sein muss. Wegen der bebauungsplanersetzenden Wirkung des § 125 Abs. 2 BauGB kann auf einen positiven Planungsakt nicht verzichtet werden (BayVGH, B. v. 27.3.2007 - 6 ZB 05.2456 - juris Rn. 7).

Welches Organ der Gemeinde für eine Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB zuständig ist, ergibt sich nicht aus dem Baugesetzbuch, sondern aus den kommunalrechtlichen Vorschriften. Die Gemeinde wird gemäß Art. 29 GO durch den Gemeinderat verwaltet, soweit nicht der erste Bürgermeister selbstständig entscheidet (Art. 37 GO). Der erste Bürgermeister erledigt in eigener Zuständigkeit nach Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO insbesondere die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen. Bei der gemäß § 125 Abs. 2 BauGB vorzunehmenden Abwägung handelt es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung in diesem Sinn. Durch die Bezugnahme des § 125 Abs. 2 BauGB auf das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot kommt der Gemeinde bei einer Abwägungsentscheidung bezogen auf die Errichtung von Erschließungsanlagen dieselbe planerische Gestaltungsfreiheit zu wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen. Dies schließt es aus, die Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB, die an die Stelle des Erlasses eines Bebauungsplans tritt, als Geschäft der laufenden Verwaltung anzusehen (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OVG NW, U. v. 8.5.2009 - 15 A 770.07 - juris Rn. 18 ff.; VGH BW, B. v. 18.12.2007 - 2 S 1657.06 - juris Rn. 7). Deshalb fällt die Abwägungsentscheidung in die Zuständigkeit des Gemeinderates (Art. 30 GO). Dieser kann die Entscheidung entweder nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 GO auf einen beschließenden Ausschuss oder nach Maßgabe von Art. 37 Abs. 2 GO dem ersten Bürgermeister zur selbstständigen Erledigung übertragen. Abwägungsentscheidungen nach § 125 Abs. 2 BauGB zählen nicht zu den Angelegenheiten, deren Übertragung Art. 32 Abs. 2 Satz 2 und Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 GO verbieten.

Gemessen an diesen Anforderungen fehlt es an einer Abwägungsentscheidung durch das dafür zuständige Gemeindeorgan. Nach der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Beklagten vom 29. Juli 2014 sind bebauungsplanersetzende Abwägungsentscheidungen nach § 125 Abs. 2 BauGB sinngemäß dem Bauausschuss (§ 10 Abs. 1 Nr. 2), unter bestimmten Voraussetzungen auch dem Umwelt- und Stadtplanungsausschuss (§ 10 Abs. 1 Nr. 3) übertragen, nicht aber dem ersten Bürgermeister (vgl. § 14). Der Bauausschuss ist zwar, wie sich aus dem in der Berufungsverhandlung vorgelegten Auszug aus dem Sitzungsbuch über die Sitzung vom 9. April 2015 ergibt, mit der Planung für den Ausbau der B-straße befasst worden. Er hat aber keine eigene Abwägungsentscheidung getroffen, sondern lediglich eine von der Stadtverwaltung vorgenommene Abwägung des „Einzelinteresses“ mit dem öffentlichen Interesse „zur Kenntnis genommen“. Das ergibt sich bereits aus der Umschreibung des Tagesordnungspunktes („Information über die Abwägung des planabweichenden Ausbaus der B-straße“) und der seine Behandlung im Ausschuss abschließenden Feststellung, dass diese Abwägung dem Bauausschuss „zur Kenntnis“ diene. Damit hat der Ausschuss, wie der Vertreter der Beklagten im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, keinen eigenen Abwägungsbeschluss gefasst.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

Tenor

I.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 25. Januar 2012 - B 4 K 10.620 - wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 11.155,66 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, hat keinen Erfolg. Der innerhalb der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Die beklagte Stadt hatte den Kläger mit Bescheid vom 22. Oktober 2007 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 12.696,38 Euro für die Herstellung der Erschließungsanlage K-gäßchen (neu) nach Art. 5a Abs. 1 KAG i.V. mit den §§ 127 ff. BauGB herangezogen. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2010 hob das Landratsamt K. den Bescheid insoweit auf, als darin ein höherer Beitrag als 11.155,66 Euro festgesetzt wurde und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 25. Januar 2012 die Bescheide insgesamt aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, das K-gäßchen sei nicht planungsrechtlich rechtmäßig im Sinne von § 125 BauGB hergestellt worden. Denn die tatsächliche Herstellung bleibe hinter den Festsetzungen im rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 145 in einer Weise zurück, die mit den Grundzügen der Planung nicht vereinbar sei.

Der Senat teilt die Erwägungen im angegriffenen Urteil, denen der Zulassungsantrag nichts Stichhaltiges entgegensetzt. Wie das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt hat und wovon die Beklagte selbst ausgeht, bleibt die tatsächliche Herstellung des K-gäßchens (neu) - deutlich und weit - hinter den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 145 in der Fassung der Bebauungsplanänderung vom 10. November 1983 zurück: Während im Bebauungsplan eine Gesamtstraßenbreite von 4,50 m und eine Ausweichstelle festgesetzt sind, verfügt das K-gäßchen (neu) in seinem endgültigen Ausbauzustand lediglich über eine Fahrbahnbreite einschließlich beidseitiger Rinnen aus Großsteinpflastern von 3,00 m sowie beidseitige Granitbordsteine mit einer Breite von jeweils 0,14 m (insgesamt also 3,28 m) und ist ohne Ausweichstelle angelegt worden.

Diese Planunterschreitung wäre gemäß § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB nur dann planungsrechtlich rechtmäßig mit der Folge, dass sachliche Erschließungsbeitragspflichten entstehen könnten, wenn sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar wäre. Das hat das Verwaltungsgericht mit überzeugender Begründung verneint. Daran kann auch der Stadtratsbeschluss vom 17. Mai 2001 nichts ändern, den die Beklagte mit ihrem Zulassungsantrag innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO neu in das Verfahren eingeführt hat. Die Beklagte ist zwar mit diesem neuen Vorbringen im Zulassungsverfahren nicht präkludiert (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2002 - 7 AV 3.02 - BayVBl 2003, 217; B.v. 14.6.2002 - 7 AV 1.02 - BayVBl 2003, 159). Es kann aber in der Sache keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begründen, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.

Mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen. Ob das der Fall ist, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden planerischen Willen der Gemeinde (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2000 - 4 B 18.00 - NVwZ-RR 2000, 759). Eine Abweichung hat minderes Gewicht, wenn die vom Plan angestrebte und in ihm zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung nicht in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird, d. h. wenn angenommen werden kann, die Abweichung liege (noch) im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes der Abweichung gekannt hätte (BVerwG, U.v. 9.3.1990 - 8 C 76.88 - BVerwGE 85, 66).

Gemessen an diesem Maßstab ist das Verwaltungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die planunterschreitende Herstellung des K-gäßchens nicht mit den Grundzügen der Planung vereinbar ist. Aus der Entstehungsgeschichte der Bebauungsplanänderung 1983 ergibt sich zweifelsfrei, dass nach der Planungskonzeption mit den Festsetzungen einer Gesamtstraßenbreite von 4,50 m und einer Ausweichmöglichkeit den Mindestanforderungen an eine Erschließungsstraße entsprochen werden sollte und der Plangeber bei einer weiteren Reduzierung der Verkehrsfläche die Sicherheit der Fußgänger als nicht mehr gewährleistet angesehen hat, zumal für die Straße bei einem Gefälle von ca. 14% kein Gehsteig vorgesehen ist. Sieht die Planungskonzeption die Festsetzungen der öffentlichen Verkehrsflächen aber selbst bereits als Untergrenze an, wird der planerische Grundgedanke nicht unerheblich berührt, wenn die tatsächliche Herstellung deutlich hinter diesen Mindestanforderungen zurückbleibt. Dem Stadtratsbeschluss vom 17. Mai 2001 lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Mit ihm wird lediglich der Ausbau auf der Grundlage der Entwurfsplanung vom 2. Mai 2001 beschlossen, wie er dann später auch durchgeführt worden ist. Er enthält indes keinerlei Abwägung zu dem sich aufdrängenden Problem, wie den ursprünglichen - und die nach wie vor rechtsverbindlichen Planfestsetzungen leitenden - Sicherheitsbedenken anderweitig Rechnung getragen werden soll. Schon deshalb kann er die Planunterschreitung nicht rechtfertigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Juni 2013 - 2 K 3004/12 - geändert und wie folgt neu gefasst: Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2011 und deren Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2012 werden aufgehoben, soweit darin eine Vorauszahlung von mehr als 44.358,38 EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird im Übrigen und die Berufung der Klägerin wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wendet sich gegen die Heranziehung zu einer Vorauszahlung auf einen Erschließungsbeitrag.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.- Nr. ... Das insgesamt 57.421 m² große Grundstück liegt mit einer Teilfläche von 1.104 m² im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 521 „...: ... ..., ...: ... ..." (rechtsverbindlich seit dem 04.03.1978), der ein Mischgebiet festsetzt. Die übrige Grundstücksfläche befindet sich im Außenbereich.
Im Jahr 1997 hat die Beklagte mit der Herstellung der Erschließungsanlage „... ..." in ihrer heutigen Form begonnen. Die Anlage liegt im Geltungsbereich des am 10.05.2003 in Kraft getretenen Bebauungsplanes Nr. 671 „...: ..., ...: ... ...".
Die Erschließungsanlage ist mittlerweile in bautechnischer Hinsicht hergestellt. Die endgültige Berechnung der Ingenieurkosten ist noch nicht möglich. Sie hängt vom Ausgang eines Zivilrechtsstreits zwischen der Beklagten und einem Bauunternehmer ab, der mittlerweile vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe anhängig ist.
Mit Bescheid vom 26.11.2010 zog die Beklagte die Klägerin für die Herstellung der Erschließungsanlage „... ..." zu einer Vorauszahlung auf einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 47.623,09 EUR heran. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 - zugestellt am 22.10.2012 - zurück.
Die Klägerin hat am 21.11.2012 Klage erhoben, der das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13.06.2013 hinsichtlich eines - einen Betrag von 44.128,52 EUR übersteigenden - Teilbetrags stattgegeben und die es im Übrigen abgewiesen hat. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: An der Erhebung einer Vorauszahlung sei die Beklagte nicht deshalb gehindert, weil die abgerechneten Baumaßnahmen technisch bereits vollständig abgeschlossen seien. Denn die Erschließungsbeitragspflicht sei mangels endgültiger Schlussrechnung noch nicht entstanden. Die Berechnung der Ingenieurkosten hänge vom Ausgang eines Zivilrechtsstreits ab. Die endgültige Herstellung sei erst abgeschlossen, wenn über die technische Herstellung hinaus der Erschließungsbeitrag mit Hilfe der letzten Unternehmerrechnung der Höhe nach ermittelt werden könne.
Bei der Kanzlerstraße handle es sich des Weiteren nicht um eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 vorhandene Straße i.S.d. § 242 Abs. 1 BauGB bzw. § 49 Abs. 6 KAG, für die kein Erschließungsbeitrag mehr erhoben werden könne. Seit Inkrafttreten des badischen Ortsstraßengesetzes vom 20.02.1868 habe eine Ortsstraße im Rechtssinne, d.h. eine zum Anbau bestimmte oder dem Anbau dienende öffentliche Straße, nur auf Grund eines nach diesem Gesetz oder den späteren Aufbaugesetzen aufgestellten Ortsstraßen-, Straßen- und Baufluchten- oder Bebauungsplans entstehen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen sei die Kanzlerstraße jedenfalls deshalb keine vorhandene Straße, weil sie nicht bis zum 29.06.1961, sondern erstmals 1997 plangemäß ausgebaut worden sei.
Mit den abgerechneten Baumaßnahmen sei die Kanzlerstraße ferner erstmals endgültig hergestellt worden. Da die Beklagte in ihrer Satzung den Grunderwerb in rechtlich zulässiger Weise zum Herstellungsmerkmal erklärt habe, habe vor 2004 keine endgültige Herstellung erfolgen können; erst zu diesem Zeitpunkt sei der Grunderwerb durch die Beklagte abgeschlossen worden. Im Übrigen sei durch keine der früheren (provisorischen) Baumaßnahmen, die es im Bereich der jetzt abgerechneten Anlage gegeben habe, die streitgegenständliche Anbaustraße in einen Ausbauzustand versetzt worden, der bereits als endgültige Herstellung betrachtet werden könne.
Das Grundstück der Klägerin gehöre ferner zum Kreis der erschlossenen Grundstücke. Die Lage des Grundstücks in einem Mischgebiet begründe keinen Rechtsanspruch darauf, dass jede dort zulässige Nutzung ausgeübt werden könne. Bei einem Grundstück im Mischgebiet reiche es deshalb aus, dass an dieses herangefahren werden könne. Herangefahren werden könne in diesem Sinn an ein Grundstück mit Kraftwagen regelmäßig dann, wenn auf der Fahrbahn einer öffentlichen Straße bis zur Höhe des Grundstücks mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen gefahren und von da ab ggf. auf einem Gehweg und/oder Radweg das Grundstück betreten werden könne. Dass diese Voraussetzung hier erfüllt sei, habe das Verwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 23.04.2009 - 2 K 1506/07 - festgestellt.
10 
Das teilweise im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegende und insoweit veranlagte Grundstück der Klägerin sei des Weiteren beitragspflichtig gemäß § 40 KAG. Das Gericht habe bereits mit Urteil vom 23.04.2009 die Bebaubarkeit des maßgeblichen Grundstücksteils unter anderem mit der Begründung bejaht, dass die Nachbargrundstücke bebaut seien und sich auch auf der veranlagten Teilfläche des klägerischen Grundstücks ein kleineres Wohnhaus befinde, das zumindest als Wochenendhaus genutzt werde. Da sich die Grundstücksverhältnisse seit 2009 nicht verändert hätten, erscheine nunmehr keine andere Einschätzung gerechtfertigt. Vorliegend bestehe nach wie vor die allein maßgebliche abstrakte Bebauungsmöglichkeit, da das Grundstück gewerblich genutzt werden könne. In Betracht komme dabei insbesondere die Errichtung von Bürogebäuden.
11 
Der Beitragsanspruch der Beklagten sei nicht durch Eintritt der Festsetzungsverjährung erloschen. Da die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden sei, habe auch der Lauf der Verjährungsfrist noch nicht begonnen.
12 
Der angegriffene Bescheid sei jedoch der Höhe nach teilweise rechtswidrig. Zunächst begegne es allerdings keinen rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 2 KAG die Kosten für die Herstellung der Kreisverkehrsanlage anteilsmäßig geltend gemacht habe. Nach dieser Bestimmung zählten unter anderem auch die Herstellungskosten für den Anschluss der Straßen an bestehende öffentliche Straßen durch Kreuzungen zu den beitragsfähigen Erschließungskosten. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum Änderungsgesetz 2009 schließe der Begriff der Kreuzungen auch Kreisverkehrsplätze als bautechnisch besonders gestaltete höhengleiche Kreuzungen ein. Das Innenministerium habe es für entbehrlich gehalten, in den Zusatz auch Kreisverkehre aufzunehmen, da diese unter den Begriff der Straßenkreuzung einzuordnen seien und es daher einer Gleichstellung im Gesetz nicht bedürfe. Demnach erlangten Kreisverkehrsanlagen beitragsrechtlich nicht als eigene Anlagen, sondern als auf die im Kreisverkehr zusammengeführten Verkehrsanlagen aufzuteilende Kostenmasse Relevanz.
13 
Ebenfalls rechtsfehlerfrei habe die Beklagte für das Grundstück der Klägerin einen Artzuschlag für ein Mischgebiet gemäß § 11 Abs. 2 EBS festgesetzt. Insoweit werde auf die obigen Ausführungen verwiesen.
14 
Es bestünden auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Erforderlichkeit der errichteten Stützmauer und damit die Beitragsfähigkeit des diesbezüglichen Erschließungsaufwandes. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 a) StrG gehöre zur öffentlichen Straße auch eine Böschung oder Stützmauer. Dies bedeute aber nicht, dass jede sich an eine Straße anschließende Stützmauer ohne weiteres als Teil dieser Straße anzusehen sei, sondern nur dann, wenn sie dem Schutz der Straße diene, d.h. für die Sicherung der Straße und des Straßenverkehrs erforderlich sei. Die Beitragsfähigkeit der Kosten einer erforderlichen Stützmauer als Erschließungsaufwand für die Herstellung der entsprechenden Anbaustraße setze dabei nicht voraus, dass die Mauer im Bebauungsplan ausgewiesen sei. Aus diesem Grund komme es nicht darauf an, ob sie in den Bebauungsplänen Nr. 521 und 671 in allen Einzelheiten in der tatsächlich ausgeführten Form festgesetzt sei.
15 
Die Beklagte habe das Grundstück Flst.-Nr. 7... bei der Oberverteilung unberücksichtigt lassen dürfen. Da es teilweise als öffentliche Grünfläche festgesetzt und teilweise im Außenbereich gelegen sei, unterliege es mangels abstrakter Bebaubarkeit keiner Erschließungsbeitragspflicht. Im Außenbereich befindliche Grundstücke seien bereits nach dem Wortlaut des § 40 KAG nicht beitragspflichtig. Ein Grundstück, das in einem Bebauungsplan als öffentliche Grünfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) festgesetzt sei, sei typischerweise einer erschließungsbeitragsrechtlich relevanten Nutzung schlechthin entzogen. An diesem Ergebnis ändere die tatsächlich verwirklichte Bebauung mit Schrebergärten nichts. Die Tatsache der Bebauung sei als solche ungeeignet, eine Beitragspflicht auszulösen. Sie spiele zwar insoweit eine Rolle, als sie in der Regel die Baulandeigenschaft indiziere, da durch die Bebauung grundsätzlich die abstrakte Bebaubarkeit eines Grundstücks zum Ausdruck komme. Etwas anderes gelte jedoch bei bestandsgeschützten Bauwerken. Bei einem Grundstück, auf dem ein Gebäude lediglich aus dem Recht auf Bestandsschutz erhalten werden könne, könne nicht von einem bebaubaren Grundstück gesprochen werden.
16 
In die Verteilung einzustellen sei allerdings - entgegen der bisherigen Berechnung - auch die im Innenbereich befindliche Fläche des Grundstücks Flst.-Nr. 2... Dieses Grundstück gehöre mit seiner Innenbereichsfläche zum Kreis der durch die Kanzlerstraße erschlossenen Grundstücke. Die planerische Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche sei hinsichtlich dieses Grundstücks unwirksam geworden. Eine bauplanerische Festsetzung trete wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich beziehe, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht hätten, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließe und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht habe, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehme. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt, da die Beklagte noch im Jahr 2008 den Bau einer sowohl im Außen- wie auch im Innenbereich gelegenen Halle genehmigt habe. Die Beklagte habe bewusst eine Genehmigung erteilt, die den Festsetzungen eines Bebauungsplanes widerspreche. Vor diesem Hintergrund sei eine Realisierung der planerischen Festsetzungen ausgeschlossen.
17 
Selbst wenn man von der Wirksamkeit der planerischen Festsetzungen ausgehe, sei das Grundstück Flst.-Nr. 2... unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse vor Ort als erschlossen anzusehen. Für die Beantwortung der Frage nach dem Erschlossensein durch Anbaustraßen sei im Einzelfall ausnahmsweise über das Bebauungsrecht hinausgehend darauf abzustellen, ob die Eigentümer der übrigen Grundstücke nach den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen schutzwürdig erwarten könnten, dass auch die Grundstücke, deren Erschlossensein auf der Grundlage einzig der bebauungsrechtlichen Situation zu verneinen sei, in den Kreis der erschlossenen Grundstücke einbezogen werden müssten und sich so die Beitragsbelastung der übrigen Grundstücke vermindere. Eine schutzwürdige Erwartung in diesem Sinne könne hier angenommen werden. Auf dem mit einer Lagerhalle bebauten Grundstück Flst.-Nr. 2... befinde sich ein Schrottbetrieb. Da mithin unabhängig von einer bebauungsrechtlichen Betrachtungsweise auf dem durch die Kanzlerstraße erschlossenen Grundstück eine gewerbliche Nutzung erfolge, vermittele die Erschließungsanlage diesem Grundstück einen tatsächlichen Vorteil. Vor diesem Hintergrund sei jedenfalls zu erwarten, dass von dem Grundstück aus die Straße in gleichem Umfang (oder mehr) in Anspruch genommen werde wie von den übrigen Anliegergrundstücken aus.
18 
Unter Einbeziehung des Grundstücks Flst.-Nr. 2... errechne sich eine Vorauszahlung in Höhe von 44.128,52 EUR (statt der geltend gemachten 47.623,09 EUR).
19 
Die Klägerin hat fristgerecht die vom Senat zugelassene Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt, soweit ihre Klage abgewiesen worden ist. Sie trägt zur Begründung vor: Da die Maßnahme bereits seit langem abgeschlossen sei, dürfe keine Vorauszahlung festgesetzt werden. Dass das beauftragte Ingenieurbüro angeblich noch keine Rechnung erstellt habe, ändere daran nichts. Unstrittig seien auf diese Leistungen Abschlagszahlungen erfolgt. Es sei fraglich, ob unter der Geltung des KAG die Beitragsschuld erst entstehen könne, wenn die letzte Unternehmerrechnung eingegangen sei. Jedenfalls sei die Beitragsforderung verjährt. Die Ausbauarbeiten seien 1997 begonnen und 1998 abgeschlossen worden. Bei der seit mehr als 70 Jahren bestehenden Kanzlerstraße handle es sich ferner um eine beitragsfreie vorhandene Straße, da sie in Übereinstimmung mit einem Bebauungsplan aus den 1970er Jahren ohne Kreisverkehr ortsstraßenmäßig ausgebaut worden sei. Die Fahrbahn habe einen modernen Aufbau sowie eine Beleuchtung und Straßenentwässerung gehabt. Die ab 1997 durchgeführten Bauarbeiten seien daher nicht als erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage, sondern als Ausbau einer schon vorhandenen Anlage zu werten. Es fehle auch an einem Erschlossensein, da auf das Grundstück nicht heraufgefahren werden könne. Das Grundstück steige erheblich an. Außerdem sei an der Kanzlerstraße eine hohe Stützmauer nebst Treppen errichtet worden, durch die das Grundstück geradezu eingemauert werde. Eine gewerbliche Nutzung sei daher schlechterdings nicht vorstellbar. Zudem sei der Bau von Stellplätzen auf dem Grundstück nicht möglich.
20 
Die Kosten für die Herstellung des Kreisverkehrs hätten nicht in die Abrechnung eingestellt werden dürfen, da er als eigenständiges Element des Straßennetzes einer verbesserten überörtlichen Verkehrsführung diene und den Anliegern der Kanzlerstraße keinen spezifischen Vorteil vermittle. Auch sei die Veranlagung des Grundstücks mit einem Artzuschlag für ein Mischgebiet rechtswidrig, da die diesbezügliche Festsetzung in dem Bebauungsplan Nr. 521 obsolet sei. Aufgrund der Höhenlage des Grundstücks könne dort keine Nutzung erfolgen, die für ein Mischgebiet typisch sei. Insbesondere eine gewerbliche Nutzung sei ausgeschlossen. Die Kosten für die Herstellung der Stützmauer seien nicht beitragsfähig. Die Mauer sei in den Bebauungsplänen Nr. 521 und 671 nicht in der tatsächlich ausgeführten Form festgesetzt. Im Bebauungsplan scheine nur eine solche Stützmauer festgesetzt zu sein, die vor einem kleineren Teil der an die Kanzlerstraße grenzenden Grundstücksfläche liege. Schließlich sei die Oberverteilung rechtswidrig, da auf dem Grundstück Flst.-Nr. 7... seit Jahrzehnten die geduldete Nutzung „Schrebergärten" stattfinde. Dieses städtische Grundstück hätte daher zumindest als untergeordnete Nutzung im Sinne einer Kleingartenanlage (gemäß § 9 Abs. 2 EBS mit einem Nutzungsfaktor von 0,5) veranlagt werden müssen.
21 
Die Klägerin beantragt,
22 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13.06.2013 zu ändern und den Vorauszahlungsbescheid der Beklagten vom 26.11.2010 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 insgesamt aufzuheben.
23 
Die Beklagte beantragt,
24 
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
25 
Sie meint, die sachliche Beitragspflicht sei mangels Vorlage der letzten Unternehmerrechnung noch nicht entstanden. Die Honorarrechnung des bauleitenden Ingenieurbüros liege noch nicht vor. Der Grunderwerb, der nach den Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten Herstellungsmerkmal sei, sei erst im Jahr 2006 - und nicht wie vom Verwaltungsgericht angenommen im Jahr 2004 - abgeschlossen worden. 1997/98 sei lediglich ein Teilausbau der Straße bis zur Einmündung der Robert-Bauer-Straße erfolgt. Die Kanzlerstraße sei keine vorhandene Straße. Vor den jetzt abgerechneten Baumaßnahmen sei noch keine endgültige Herstellung der Straße erfolgt. Erst durch die 2003/04 und 2005/06 durchgeführten Baumaßnahmen sei die Straße in voller Länge und entsprechend dem dann gültigen Bebauungsplan Nr. 671 hergestellt worden. Die Anlage sei zuvor nicht entsprechend dem Bebauungsplan Nr. 425 vom 23.07.1965 mit einer Straßenbreite von max. 18,20 m hergestellt worden, sondern habe lediglich eine Breite von 6 m aufgewiesen. Ebenso wenig entspreche der Ausbau dem Bebauungsplan Nr. 521 vom 04.03.1978 mit einer Breite von 17,50 m. Erst die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 671 seien umgesetzt worden. Eine Nutzung gemäß den planungsrechtlichen Möglichkeiten des Mischgebiets sei auf dem vorhandenen Grundstück möglich. Hierfür genüge es, wenn an das Grundstück herangefahren werden könne.
26 
Die Kosten für einen Teil der Fahrbahn des Kreisverkehrs seien zu Recht auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 2 KAG in die Abrechnung eingestellt worden, da ein Kreisverkehrsplatz lediglich eine bautechnisch anders gestaltete Kreuzung darstelle. Selbst wenn man dies anders sehe, wirke sich dies im Ergebnis praktisch nicht aus. Da die Herstellung der Abbiegespur zur Robert-Bauer-Straße zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei, sei die geforderte Vorauszahlung jedenfalls der Höhe nach gerechtfertigt. Die (fiktiven) Kosten mit Abbiegespur und ohne Berücksichtigung des Kreisverkehrs führten im Ergebnis zu einer um 34,68 EUR höheren Vorauszahlung. Der Artzuschlag für ein Mischgebiet sei rechtmäßig. Im Abrechnungsgebiet bzw. im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 521 sei eine mischgebietstypische Nutzung möglich und liege auch tatsächlich vor (Haus/Wochenendhaus sowie Gartenschuppen). Die bautechnische Gestaltung der Betonstützmauer erlaube sogar eine Durchbrechung und die Schaffung einer Zufahrt, um so eine Tiefgarage oder einen ebenerdigen Verladebereich zu ermöglichen. Die Festsetzungen des Bebauungsplanes seien daher nicht aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse hinfällig oder gar widersprüchlich. Die Kosten für die Stützmauer seien beitragsfähig. Mit dem Bau der vollständig auf dem Straßengrundstück befindlichen Stützmauer mit Treppenaufgang sei eine Zugänglichkeit des Grundstücks und dauerhafte Sicherung der Erschließungsanlage erreicht worden. Durch die Mauer sei das Grundstück höhengleich nutzbar und auch die Stellplatzpflicht sei nicht problematisch. Zu Recht sei das Grundstück Flst.-Nr. 7... nicht in die Oberverteilung eingestellt worden. Durch die dort tatsächlich vorhandene und bestandsgeschützte, aber abstrakt baurechtlich nicht zulässige Nutzung werde mangels dauerhaften Vorteils keine Beitragspflicht ausgelöst.
27 
Die Beklagte hat fristgerecht die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt, soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat. Sie macht geltend, die Oberverteilung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Auch das Grundstück Flst.-Nr. 2... sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts zu Recht nicht eingestellt worden. Zu Unrecht sei das Gericht davon ausgegangen, dass dort eine öffentliche Grünfläche festgesetzt sei. Dem einschlägigen Bebauungsplan sei eindeutig zu entnehmen, dass für die betreffende Teilfläche des Grundstücks „Grünland“, also eine landwirtschaftliche Fläche, im Bebauungsplan festgesetzt sei. Die baurechtlich genehmigte Lagerhalle nehme gerade einmal 24,3 m² im Plangebiet ein. Es könne keine Rede davon sein, dass die weitere Verwirklichung des Festsetzungen des Bebauungsplans auf den übrigen Grundstücksflächen durch diese geringfügige Bebauung auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen sei. Durch die tatsächlich vorhandene und bestandsgeschützte, aber abstrakt baurechtlich nicht zulässige Nutzung werde mangels dauerhaften Vorteils keine Beitragspflicht ausgelöst. Es bestehe auch keine schutzwürdige Erwartung der anderen Grundstückseigentümer, dass die Straße von dem Grundstück in gleichem Umfang in Anspruch genommen werde wie von den anderen Anliegergrundstücken aus. Es fehle schon an der erforderlichen Baulandeigenschaft im Sinne des § 38 KAG. Jedenfalls aber könne sich eine solche schutzwürdige Erwartung höchstens auf die tatsächlich gewerblich genutzte (Teil-) Fläche von ca. 1.166 m² beziehen.
28 
Die Beklagte beantragt als Berufungsklägerin,
29 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13.06.2013 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
30 
Die Klägerin beantragt als Berufungsbeklagte,
31 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
32 
Zur Begründung macht sie geltend, zu Recht habe das Verwaltungsgericht beanstandet, dass das Grundstück Flst.-Nr. 2... nicht in die Oberverteilung einbezogen worden sei. Unabhängig von der Frage, ob der Bebauungsplan dort Grünland oder eine öffentliche Grünfläche festsetze, sei er funktionslos geworden. Auf dem Grundstück befinde sich seit Jahrzehnten ein Schrottbetrieb; für den Bau einer Halle sei sogar eine Genehmigung erteilt worden. Aufgrund dieser tatsächlich vorhandenen und von der Beklagten geduldeten gewerblichen Nutzung könnten die weiteren Anlieger zudem schutzwürdig erwarten, dass dieses Grundstück in die Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes einbezogen werde.
33 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten der Beklagten, die vorgelegten Bebauungspläne und die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
34 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten zulässig und zu einem geringen Teil begründet. Der angefochtene Vorauszahlungsbescheid ist in der maßgeblichen Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zum überwiegenden Teil rechtmäßig und verletzt die Klägerin insoweit nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist lediglich insoweit aufzuheben, als darin eine Vorauszahlung von mehr als 44.358,38 EUR festgesetzt wird.
35 
Ihre gesetzliche Grundlage findet die angefochtene Erhebung von Vorauszahlungen in § 25 Abs. 2 KAG i.V.m § 14 Abs. 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (EBS) vom 13.10.2009. Danach können die Gemeinden Vorauszahlungen auf einen Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Beitrags erheben, wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlage begonnen worden und die endgültige Herstellung innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Maßgeblich für den Lauf dieser Frist ist der Erlass des Widerspruchsbescheids.
36 
I. Die Erhebung einer Vorauszahlung ist dem Grunde nach zu Recht erfolgt.
37 
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem abrechneten Teilstück der Kanzlerstraße nicht um eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes vorhandene Straße. Dies gilt unabhängig davon, ob sie bereits - wie die Klägerin vorträgt - seit mehr 70 Jahren ortsstraßenmäßig ausgebaut ist, also in bautechnischer Hinsicht die Anforderungen an eine innerörtliche Erschließungsanlage erfüllt hat. Denn das vor dem jetzt vorhandenen Ausbau vorhandene Sträßchen hat nicht den Planungen der Gemeinde entsprochen.
38 
Die Frage, ob eine Erschließungsanlage bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bereits vorhanden war, beantwortet sich nach den vormaligen landesrechtlichen (oder ortsrechtlichen) Vorschriften (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.08.1976 und 21.09.1979, Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 21 und Nr. 28; st. Rspr. des Senats, vgl. Urteile vom 28.09.1999 - 2 S 2299/98 - und vom 04.08.1987 - 2 S 72/85 - BWGZ 1987, 903), im ehemals badischen Landesteil also nach dem badischen Ortsstraßengesetz vom 20.02.1868. Seit dessen Inkrafttreten konnte eine Ortsstraße im Rechtssinne, d.h. eine zum Anbau bestimmte oder dem Anbau dienende öffentliche Straße, nur auf Grund eines nach diesem Gesetz oder den späteren Aufbaugesetzen aufgestellten Ortsstraßen-, Straßen- und Baufluchten- oder Bebauungsplans entstehen, weil die Gemeinden neue Ortsstraßen nur nach den Vorschriften dieser Gesetze, d.h. nur nach Maßgabe verbindlicher Pläne, herstellten durften (vgl. Urteile des Senats vom 08.11.2011 - 2 S 978/00 - BWGZ 2002, 183; vom 28.09.1999 - 2 S 2299/98 - und vom 22.03.1993 - 2 S 1575/91 -).
39 
Hier lagen Ortsbaupläne aus den Jahren 1900 oder 1904 und aus den dreißiger Jahren vor, die jedoch eine Straßenbreite von 12,00 m bzw. sogar 16,00 m festgesetzt haben. Die damals vorhandene Straße war jedoch bei einer Breite der Fahrbahn von lediglich 5,50 m insgesamt nur 7,50 m breit. Von einem plangemäßen Ausbau konnte demzufolge nicht die Rede sein. Es lag vielmehr ein deutlicher Minderausbau vor. War ein Ortsbauplan oder Bebauungsplan vorhanden, so war eine neue Ortsstraße erst mit ihrem plangemäßen Ausbau als Erschließungsanlage im Sinne des § 180 Abs. 2 BBauG vorhanden (st. Rspr. des Senats, vgl. Urteile vom 11.02.1993 - 2 S 696/91 - VBlBW 1993, 260). Wie auch nach dem früheren württembergischen Recht (hierzu: Senatsurteil vom 23.09.1993 - 2 S 3019/91 - juris) war im badischen Recht ein planabweichender Minderausbau grundsätzlich nicht zulässig.
40 
2. Die sachliche Beitragspflicht für die Erschließungsanlage ist auch in der Folgezeit, also nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahr 1961, nicht entstanden. Bis zu dem jetzt vorgenommenen Ausbau fehlt es schon an einer Herstellung, die den Festsetzungen der jeweils geltenden einschlägigen Bebauungspläne entsprochen hat.
41 
Seit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes setzt die Rechtmäßigkeit der Herstellung einer Erschließungsanlage grundsätzlich voraus, dass sie in Einklang mit den Festsetzungen eines Bebauungsplans erfolgt. Hierbei handelt es sich um eine anlagenbezogene Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragsschuld. Weicht die Herstellung einer beitragsfähigen Erschließungsanlage in relevanter Weise von dem an der Rechtssatzqualität teilnehmenden Inhalt eines Bebauungsplans ab, fehlt es daher an der erschließungsbeitragsrechtlich rechtmäßigen Herstellung als einer der anlagebezogenen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (Reif in Gössl/Reif, KAG, § 41 Anm. 3.3.3.4 und 3.3.4.3). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Im Einzelnen:
42 
a) Nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1961 bis zum 31.07.1979 ist das abgerechnete Teilstück der Kanzlerstraße offenkundig nicht planmäßig hergestellt worden. Bis zu der am 01.08.1979 in Kraft getretenen Novelle des Bundesbaugesetzes bestimmte § 125 Abs. 1 Satz 1 BBauG, dass die Herstellung der öffentlichen Straßen einen Bebauungsplan voraussetzte; nach Satz 2 der Vorschrift hatte sich die Herstellung nach dessen Festsetzungen zu richten. Eine Regelung, nach der ein planabweichender Minderausbau unter bestimmten Voraussetzungen zulässig war, existierte damals noch nicht. Daher bestand - ähnlich wie im zuvor geltenden badischen und württembergischen Recht - eine strikte Planbindung, die allenfalls nur ganz geringfügige Abweichungen erlaubte. Waren größere Abweichungen vorhanden, lag die nach § 125 Abs. 1 BBauG erforderliche Bindung an den Bebauungsplan demzufolge nicht vor.
43 
Der Bebauungsplan Nr. 425 vom 23.07.1965 sah bis zur Einmündung der Robert-Bauer-Straße eine vierspurige Straße mit einer Straßenbreite von max. 18,20 m vor; östlich dieser Einmündung war hingegen nur eine in eine Richtung befahrbare Fahrbahn ohne Begegnungsverkehr mit einer Breite der Fahrbahn von nur 7 m vorgesehen. Mit dem Bebauungsplan Nr. 521 vom 04.03.1978 plante die Beklagte sogar auch im weiteren Verlauf in Richtung Osten statt einer Einbahnstraße eine leistungsfähige vierspurige Straße mit einer Straßenbreite von max. 17,50 m. Diesen Planungen hat die damals vorhandene Straße nicht ansatzweise entsprochen. Wie bereits dargelegt, war die damals vorhandene Straße bei einer Breite der Fahrbahn von lediglich 5,50 m insgesamt nur 7,50 m breit. Ergänzend kann auf die hierzu ergangenen Ausführungen der Beklagten samt grafischer Aufbereitung sowohl im Widerspruchsbescheid als auch im Berufungsverfahren verwiesen werden, die die Klägerin nicht substantiiert angegriffen hat.
44 
b) Seit Inkrafttreten der BBauG-Novelle des Jahres 1979 am 01.08.1979 ist ein planabweichender Minderausbau unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Voraussetzung ist aber in jedem Fall die Vereinbarkeit mit den Grundzügen der Planung (§§ 125 Abs. 1a BBauG, 125 Abs. 3 BauGB sowie 41 Abs. 1 KAG, der auf § 125 BauGB verweist).
45 
Hiernach muss bei der Planunterschreitung die Abweichung mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein. Dieses Erfordernis zeigt, dass nicht jede Planunterschreitung zulässig ist. Der Bindungskern, der die Einhaltung der Grundzüge der Planung erfordert, gilt für jede Planabweichung. Entscheidend ist, dass das der Planung zu Grunde liegende Leitbild nicht verändert wird, d.h. der planerische Grundgedanke erhalten bleibt. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren danach die Grundzüge der Planung nicht. Differenzierungskriterium ist der im Bebauungsplan zum Ausdruck kommende planerische Wille der Gemeinde. Eine Abweichung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans ist mit den Grundzügen der Planung vereinbar, wenn die vom Plan angestrebte und in ihm zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung nicht in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird, d.h., wenn die Abweichung noch im Bereich dessen liegt, was der Plan gewollt hat oder zumindest gewollt hätte. Die Vereinbarkeit der planabweichenden Herstellung einer Erschließungsanlage mit dem Planungskonzept ist zu bejahen, soweit hinsichtlich Lage, Größe und Funktion der erstellten Anlage kein Aliud gegenüber den Festsetzungen des Bebauungsplans vorliegt. Umgekehrt ist die abweichende Erschließungsanlage dann mit den Grundzügen der Planung nicht mehr vereinbar, wenn das Konzept der geordneten städtebaulichen Entwicklung, wie es in den Festsetzungen des Bebauungsplans zum Ausdruck kommt, in wesentlichen Punkten geändert wird (vgl. Ernst/Grziwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 125 Rn. 14 ff. m.w. Nachw.).
46 
Nach diesen Grundsätzen kann zwar ein Minderausbau in einer Straßenbreite vom 5,50 m bei einer festgesetzten Straßenbreite von 6,25 m bis 7,50 m noch mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein (vgl. Senatsurteil vom 19.11.1992 - 2 S 1908/90 - juris). Wird demgegenüber eine Straße, verglichen mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes, nur in halber Breite ausgebaut, ist diese Planabweichung im Allgemeinen nicht mehr mit den Grundzügen der Planung vereinbar (vgl. vgl. Ernst/Grziwotz, aaO, Rn. 14a). Angesichts des hier gegebenen erheblichen Minderausbaus liegt im vorliegenden Fall eine erhebliche Abweichung von den Planungen der Beklagten und damit keine Übereinstimmung mit den Grundzügen der jeweiligen Planungen vor. In verkehrstechnischer Hinsicht stellt das vorhandene Sträßchen ein deutliches Aliud im Vergleich zu der in den Bebauungsplänen Nr. 425 vom 23.07.1965 und Nr. 521 vom 04.03.1978 vorgesehenen Straßen mit Straßenbreiten von bis zu 18,20 m bzw. 17,50 m dar.
47 
Hierbei handelt es sich jeweils nicht nur um einen untergeordneten Gesichtspunkt, sondern um einen wesentlichen Grundzug der Planung. Die Bewältigung der Verkehrsprobleme hat bei der Aufstellung beider Bebauungspläne eine erhebliche Rolle gespielt. Dies geht aus deren Begründungen deutlich hervor. Nach der Begründung des Bebauungsplans Nr. 425 erfolgte die Aufstellung dieses Plans aus drei Gründen; als erster Grund wird unter a) ausdrücklich eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse genannt. Auch in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 521 spielen die Verkehrsverhältnisse bei den dargelegten Überlegungen eine dominante Rolle. Den in diesen Plänen zum Ausdruck kommenden Verkehrskonzepten und der Bewältigung der als unbefriedigend empfundenen Verkehrssituation kommt mithin nach den Vorstellungen des Plangebers jeweils eine zentrale Rolle zu. Bei den insoweit erfolgten Festsetzungen handelt es sich nach der aus den Begründungen der Bebauungspläne ersichtlichen Absicht des Plangebers daher keinesfalls nur um unbedeutende Nebenaspekte der Planung, sondern um zentrale Punkte, mit denen die Gesamtplanung geradezu „stehen oder fallen“ sollte, sodass die aufgezeigten erheblichen Abweichungen von diesen Festsetzungen jeweils die Grundzüge der Planung berühren.
48 
c) Selbst wenn man die Planbindung als solche außer Acht ließe, kommt in den von dem Gemeinderat der Beklagten beschlossenen Bebauungsplänen auch ein entsprechendes Bauprogramm zum Ausdruck, das vor dem Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 671 vom 10.05.2003 zu keiner Zeit erfüllt worden ist. Die Bebauungspläne Nr. 425 Nr. 521 vom 04.03.1978 sahen zumindest in Teilbereichen nicht nur Straßenbreiten von jeweils max. 18,20 m bzw. 17,50 m vor, sondern auch die Errichtung eines Gehwegs auf der Südseite der Straße. Die Erschließungsanlage hat daher auch dem in den Bebauungsplänen Nr. 425 und Nr. 521 zum Ausdruck kommenden Bauprogramm bezüglich der herzustellenden flächenmäßigen Teilanlagen und deren flächenmäßigem Umfang (insbesondere Fahrbahnbreite) nicht entsprochen.
49 
d) Demgegenüber haben das Verwaltungsgericht und die Beklagte insoweit zu Unrecht (auch) auf den fehlenden Grunderwerb abgestellt. Denn die „fehlenden“ und erst im Zuge des jetzt abgerechneten Ausbaus erworbenen Grundflächen betreffen - soweit ersichtlich - nur solche Flächen, die im Zuge des jetzt erfolgten Ausbaus zusätzlich erforderlich geworden sind, und nicht die Flächen, auf denen sich das bereits vorhandene Sträßchen befunden hatte. Wäre das tatsächlich vorhandene Sträßchen auch im Rechtssinne bereits vorhanden und plangemäß ausgebaut gewesen, hätte es daher jedenfalls nicht an dem Merkmal des Grunderwerbs gefehlt.
50 
3. Erst die - bezüglich der Straßenbreite deutlich reduzierten - Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 671 vom 10.05.2003 sind mit dem jetzt abgerechneten Ausbau ohne Abweichung von den Grundzügen der Planung verwirklicht worden. Die sachliche Beitragspflicht ist aber ungeachtet dessen bis heute (noch) nicht entstanden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist insoweit nicht die bautechnische Fertigstellung der Anlage, sondern der Eingang der letzten Unternehmerrechnung maßgeblich. Diese liegt aber immer noch nicht vor. Hintergrund ist die Tatsache, dass seit 2009 - mittlerweile vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe - zwischen der Beklagten und einem Bauunternehmer ein Rechtsstreit anhängig ist und wegen der hieraus resultierenden Unsicherheit auch eine endgültige Abrechnung der Ingenieurleistungen noch nicht erfolgen konnte.
51 
Der Senat hat mit Urteil vom 25.11.2010 - 2 S 1314/10 - (juris) zum bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht entschieden, dass die Beitragspflicht gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit der endgültigen Herstellung der beitragspflichtigen Erschließungsanlage entsteht. Der Zeitpunkt der „endgültigen Herstellung“ einer Erschließungsanlage ist nicht gleichbedeutend mit dem Abschluss der technischen Ausführungsarbeiten, also sozusagen mit dem „letzten Spatenstich“. Eine Erschließungsanlage im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB ist vielmehr nach allgemeiner Auffassung erst dann endgültig hergestellt, wenn u.a. der entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung (vgl. grundlegend hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 22.08.1975 - IV C 11.73 - BVerwGE 49, 131; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 01.08.1994 - 2 S 963/93 -; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 19 Rn. 9). Sieht man von der Möglichkeit ab, in der Erschließungsbeitragssatzung Einheitssätze der Höhe nach festzulegen, spricht schon die Abhängigkeit des Erschließungsbeitrags von dem beitragsfähigen Aufwand und damit von den tatsächlich entstandenen Kosten dafür, dass die Berechenbarkeit des Aufwandes Bestandteil der endgültigen Herstellung im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB sein muss. Die Beitragspflicht entsteht regelmäßig - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Anlage; sie entsteht in diesem Zeitpunkt in bestimmter Höhe, kann auch der Höhe nach nicht mehr geändert werden und ist deshalb schon geeignet, die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen. Entsteht die Beitragspflicht aber bereits der Höhe nach „voll ausgebildet", so muss - wegen der Abhängigkeit der Beitragshöhe vom entstandenen Aufwand - dieser Aufwand zumindest ermittlungsfähig sein. Auch im Hinblick auf die Verjährung führt allein dieses Verständnis des Begriffes der endgültigen Herstellung zu dem sachgerechten Ergebnis, dass die Verjährungsfrist jedenfalls nicht in Lauf gesetzt werden kann, bevor die Schlussrechnung eingegangen ist. Die gegenteilige Meinung würde zu Lasten der Gemeinden zu einer nicht gerechtfertigten Verkürzung der Verjährungsfrist führen. Die endgültige Herstellung ist folglich im Rechtssinne erst abgeschlossen, wenn über die technische Herstellung hinaus der Erschließungsbeitrag mit Hilfe der letzten Unternehmerrechnung der Höhe nach ermittelt werden kann. Diese schon 1975 entwickelten Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht auch in den folgenden Jahren seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt, ohne diese Frage indes erneut ausführlich zu erörtern (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.02.1991 - 8 C 46/89 - NVwZ 1991, 235 und vom 08.05.2002 - 9 C 5.01 - NVwZ-RR 2002, 770).
52 
An dieser Rechtsprechung wird auch für das nunmehr landesrechtlich geregelte Erschließungsbeitragsrecht festgehalten. Vergleichbar mit der früher maßgeblichen bundesrechtlichen Regelung entsteht nach dem baden-württembergische Kommunalabgabengesetz gemäß § 41 Abs. 1 KAG die Beitragsschuld, wenn die Erschließungsanlage sämtliche zu ihrer erstmaligen endgültigen Herstellung vorgesehenen Teileinrichtungen im erforderlichen Umfang aufweist und diese den Merkmalen der endgültigen Herstellung (§ 34 Nr. 3) entsprechen, ihre Herstellung die Anforderungen des § 125 des Baugesetzbuches erfüllt und die Anlage öffentlich genutzt werden kann. Eine ausdrückliche Regelung, wann die erforderlichen Teilanlagen endgültig hergestellt in diesem Sinne sind, hat der Landesgesetzgeber nicht getroffen. Ersichtlich hat er insoweit in Kenntnis der allgemein zum bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht vertretenen Auffassung, die Beitragspflicht entstehe regelmäßig erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung, keinen Bedarf für eine hiervon abweichende landesrechtliche Regelung gesehen. Darauf deutet auch die Gesetzesbegründung hin, in der ausdrücklich darauf verwiesen wird, § 41 Abs. 1 enthalte die Voraussetzungen für die Entstehung der Beitragsschuld und entspreche weitgehend dem § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB in der Auslegung, die er durch Rechtsprechung und Literatur erfahren habe (LT-Drucksache 13/3966, S. 62). Allein diese Auslegung ist auch sachgerecht, weil der Gemeinde eine endgültige Abrechnung gar nicht möglich ist, solange der Erschließungsaufwand noch nicht endgültig feststellbar ist. Daher hält der Senat auch für das baden-württembergische Landesrecht daran fest, dass die sachliche Beitragspflicht nicht schon bereits mit der technischen Fertigstellung der Anlage, sondern erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung entstehen kann, sofern die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
53 
4. Aus den Ausführungen unter 2. und 3. folgt zugleich, dass der Lauf der Festsetzungsverjährungsfrist hier noch nicht zu laufen begonnen hat. Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - BGBl I 2013, 820), wonach Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung des Vorteils erhoben werden dürfen, lässt sich nicht auf die hier vorliegende Konstellation übertragen. Diese Entscheidung erging zu einem Rechtsstreit über die Erhebung eines Anschlussbeitrags. Anders als im Anschlussbeitragsrecht dürfte im Erschließungsbeitragsrecht vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht keine endgültige tatsächliche Vorteilslage entstanden sein, die ein Vertrauen des Bürgers, irgendwann einmal nicht mehr mit einem Beitrag behelligt zu werden, begründen könnte. Die Situation ist insoweit nicht mit der Lage bei den Anschlussbeiträgen vergleichbar, bei denen die tatsächliche Vorteilslage regelmäßig bereits mit Vornahme des Anschlusses oder sogar schon bei Bestehen der Anschlussmöglichkeit entsteht. Abgesehen davon dürfte im typischen Fall - wie auch hier - zwischen der tatsächlichen technischen Herstellung einer Anlage und dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung kein derart langer Zeitraum vergehen, der es gebieten könnte, seitens der Gemeinde auf die Beitragserhebung verzichten zu müssen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht hier deswegen hinausgezögert ist, weil die letzte Unternehmerrechnung wegen eines Zivilrechtsstreits noch nicht vorliegt, während der o.a. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Sachverhalt zugrunde lag, bei dem sich das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht allein deshalb verzögert hatte, weil die den Beitrag erhebende Gemeinde seit Jahrzehnten keine rechtsgültige Satzung erlassen hatte. Da hier kein vergleichbares Versäumnis vorliegt, das in die Sphäre der Gemeinde fällt, und die plangemäße bautechnische Herstellung der Erschließungsanlage im Jahr 2006 auch noch nicht solange zurückliegt wie in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Rechtsstreit, wäre für die hier gegebene Fallkonstellation jedenfalls im Ergebnis eine eventuelle verfassungsrechtlich gebotene absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung nicht überschritten.
54 
5. Das Grundstück der Klägerin ist ferner sowohl im Sinne des § 39 Abs. 1 KAG als auch des § 40 KAG erschlossen.
55 
a) Ein die Beitragspflicht nach § 39 Abs. 1 KAG auslösender Vorteil besteht nur dann, wenn die Straße einem Grundstück die Bebaubarkeit vermittelt. Das Bebauungsrecht macht in allen seinen Vorschriften die Zulässigkeit der Ausführung baulicher Anlagen von der Sicherung u.a. der verkehrlichen Erschließung abhängig (§§ 30 ff. BauGB). Diese verkehrliche Erschließung erfordert im Grundsatz, dass ein Grundstück über eine öffentliche Straße für Kraftfahrzeuge u.a. der Polizei und des Rettungswesens sowie der Ver- und Entsorgung einschließlich privater Kraftwagen erreichbar ist, d.h. es verlangt eine Erreichbarkeit dergestalt, dass an ein Grundstück herangefahren werden kann. Anders verhält es sich jedoch, wenn das Bebauungsrecht ausnahmsweise weniger, nämlich eine Erreichbarkeit lediglich für Fußgänger (Zugang), genügen lässt. Wenn der Bebauungsplan ein nach seinen Festsetzungen lediglich zugängliches Grundstück als bebaubar ausweist, ist eine bloße Zugangsmöglichkeit ausreichend; ein solches Grundstück ist dann schon kraft dieser Zugänglichkeit bebaubar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.1992 - 4 NB 2.90 - NVwZ 1992, 974; Senatsurteil vom 22.10.2007 - 2 S 157/07 - DÖV 2008, 292; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 30 Rn. 46). Umgekehrt kann das Bauplanungsrecht wie z.B. im Falle einer gewerblichen Nutzung aber auch ein Mehr, nämlich eine Erreichbarkeit in Form der Möglichkeit, mit Kraftwagen auf das Grundstück herauffahren zu können, fordern. Der ein Erschlossensein begründende Erschließungsvorteil erfordert bei einem Mischgebietsgrundstück aber nicht, dass die Erschließungsanlage dem Grundstück eine Bebaubarkeit für alle nach § 6 Abs. 2 BauNVO zulässigen Nutzungsarten ermöglicht. Der Erschließungsvorteil, den das Grundstück durch die Erschließungsanlage erfährt, besteht vielmehr darin, dass es überhaupt bebaubar wird, dass auf ihm also irgendeine der nach § 6 Abs. 2 BauNVO rechtlich zulässigen baulichen Nutzungen mit Blick auf diese Erschließungsanlage nunmehr genehmigt werden müsste (BVerwG, Urteil vom 27.09.2006 - 9 C 4.05 - BVerwGE 126, 378; s. auch BVerwG, Urteil vom 01.09.2004 - BVerwG 9 C 15.03 - BVerwGE 121, 365 m.w.N.). Für die im Mischgebiet ebenfalls zulässige Wohnnutzung genügt aber grundsätzlich ein Heranfahrenkönnen (vgl. Senatsurteil vom 26.06.2012 - 2 S 3258/11 - BWGZ 2012, 684).
56 
Da hier unstreitig an das in einem Mischgebiet gelegene Grundstück der Klägerin herangefahren werden kann, sind die Voraussetzungen an dessen Erschließung im Sinne des § 39 KAG gegeben. Daher kann der Senat offenlassen, ob nicht sogar - ähnlich wie auf dem angrenzenden Grundstück des saftherstellenden Betriebs - ein teilweises Abtragen des Hangs und die Schaffung einer ebenerdigen Zufahrts- und Baumöglichkeit auf dem Straßenniveau mit zumutbarem Aufwand realisierbar wäre, obwohl dies mit erheblichen Eingriffen in die Geländebeschaffenheit und die von der Beklagten errichtete Stützmauer verbunden wäre.
57 
b) Auch eine Erschließung im Sinne des § 40 KAG liegt vor, obwohl das Grundstück der Klägerin von der Kanzlerstraße aus nur über eine von der Beklagten hergestellte Treppe, die in die Stützmauer integriert ist, fußläufig erreichbar ist. Nach § 40 KAG unterliegen der Beitragspflicht erschlossene Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, wenn und soweit sie baulich, gewerblich oder in einer vergleichbaren Weise genutzt werden dürfen. Ob ein erschlossenes Grundstück beitragspflichtig ist, ist damit abhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen das (bundesrechtliche) Bebauungsrecht und das (landesrechtliche) Bauordnungsrecht die zur Beitragspflicht führende Grundstücksnutzung gestatten (vgl. zu der entsprechenden Regelung in § 133 Abs. 1 BBauG/BauGB: BVerwG, Urteil vom 14.01.1983 - 8 C 81.81 - NVwZ 1983, 669; Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 45.91 - NVwZ 1993, 1208; s. auch Senatsurteil vom 26.06.2012, aaO).
58 
Nicht nur die bauplanungsrechtlichen (s. unter a), sondern auch die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens sind hier erfüllt. Nach § 4 Abs. 1 LBO dürfen Gebäude nur errichtet werden, wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt oder eine befahrbare öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat; bei Wohnwegen kann auf die Befahrbarkeit verzichtet werden, wenn keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen. Wenn man diese Grundsätze auf die vorliegende Situation überträgt, was sich aufdrängt, da der Zugang mittels der in die Stützmauer integrierten Treppe unter Sicherheits- und Brandschutzaspekten mit einem Wohnweg vergleichbar ist, genügt die Erreichbarkeit eines Baugrundstücks für Fußgänger, wenn keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen. Ob Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls, insbesondere nach Größe, Art und Lage des Gebäudes und den Einsatzmöglichkeiten von Feuerwehr und Rettungsdienst. So kann auf die Befahrbarkeit verzichtet werden, wenn bei ein- oder zweigeschossigen Gebäuden ein Heranführen von Feuerwehrfahrzeugen unmittelbar an das Gebäude nicht erforderlich ist. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Länge des Wohnweges. Im Hinblick auf eine wirkungsvolle Gewährleistung der Feuerlösch- und Rettungsarbeiten dürfte diese Länge bei ca. 80 m liegen. Davon ausgehend bestehen hier keine Bedenken wegen des Brandschutzes. Bei dem eingenommenen Augenschein konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die in die Stützmauer integrierte und gut ausgebaute Treppe problemlos für Fußgänger begehbar ist. Sie ermöglicht ohne Weiteres die erforderlichen Feuerlösch- und Rettungsarbeiten für ein maximal zweigeschossiges Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin in ausreichender Weise. Bei dieser Gebäudegröße ist ein unmittelbares Heranfahrenkönnen mit Lösch- oder Rettungsfahrzeugen an das Gebäude entbehrlich; es genügt, wenn - wie hier - die Entfernung zu einem möglichen Haltepunkt für ein Löschfahrzeug noch so bemessen ist, dass Löscharbeiten mit dem Schlauch möglich sind (vgl. zum Ganzen: Sauter, LBO für Bad.-Württ., § 4 Rn. 24).
II.
59 
Die gegen die Höhe der festgesetzten Vorauszahlung gerichteten Einwendungen der Klägerin sind nur zum Teil begründet. Ohne Erfolg wendet sie sich gegen die Festsetzung eines Artzuschlags für ihr Grundstück (1.) und die Berücksichtigung des Aufwands für die Herstellung der vor ihrem Grundstück befindlichen Stützmauer (2.). Zu Recht beanstandet sie jedoch, dass die Kosten des Kreisverkehrs teilweise in den Gesamtaufwand eingeflossen sind (3.) und die städtischen Grundstücke Flst.-Nrn. 7... (4.) und 2... (5.) bei der Oberverteilung nicht berücksichtigt worden sind. Da die Kosten für die Anlegung einer Abbiegespur in die Robert-Bauer-Straße entgegen der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Berechnung beim Erschließungsaufwand Berücksichtigung finden dürfen, führt dies im Ergebnis jedoch „nur“ zu einer Reduzierung des von der Beklagten festgesetzten Vorauszahlungsbetrags um 3.264,71 EUR (6.).
60 
1. Nach der Satzung der Beklagten (§ 11 Abs. 2 EBS) ist der Nutzungsfaktor u.a. für Grundstücke, die in einem Mischgebiet liegen, um 0,25 zu erhöhen. Die Klägerin meint, für ihr Grundstück dürfe kein solcher Artzuschlag festgesetzt werden, weil es nicht gewerblich genutzt werden könne. Dies trifft jedoch nicht zu.
61 
Der Verteilungsmaßstab hat nicht nur dem Maß der baulichen Nutzung, sondern auch der Art dieser Nutzung Rechnung zu tragen (vgl. § 38 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG). Dabei muss nicht für alle verschiedenen Nutzungsarten eine Regelung vorgesehen werden. Ausreichend (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1998, BVerwGE 106, 147) ist vielmehr eine Unterscheidung nach gewerblicher/industrieller und anderer Nutzung, im Übrigen ist der Gemeinde Ermessen eröffnet. Der gebietsbezogene Artzuschlag ist regelmäßig bei beplanten Gewerbe- und Industriegebieten angezeigt. Für beplante Mischgebiete muss ein gebietsbezogener Artzuschlag nicht verlangt werden, er darf aber festgesetzt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 04.04.2005 - 2 S 2441/04 - NVwZ-RR 2006, 420). Der grundstücksbezogene Artzuschlag war demgegenüber nach dem früher maßgeblichen bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht bei typisierender Betrachtungsweise eine nicht zwingend gebotene, aber zulässige Erweiterung der Verteilungsregelung. Der Wortlaut des § 131 BauGB war insoweit offen. § 131 Abs. 2 Nr. 1 BauGB hat nur allgemein bestimmt, dass u.a. die Art der baulichen Nutzung beim Verteilungsmaßstab zu berücksichtigen ist, § 131 Abs. 3 BauGB hat diese Vorgabe dahingehend konkretisiert, dass in Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des BauGB erschlossen worden sind, der Maßstab so anzuwenden ist, dass der Verschiedenheit der Nutzungen Rechnung getragen wird.
62 
Demgegenüber sieht die nunmehr anwendbare landesrechtliche Regelung des § 38 Abs. 3 Satz 3 KAG mit der Formulierung„Die Art der baulichen Nutzung ergibt sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans und, soweit diesbezügliche Festsetzungen nicht bestehen, aus der die Eigenart der näheren Umgebung prägenden Nutzung" ausdrücklich nur noch einen gebietsbezogenen und keinen grundstücksbezogenen, d. h. von der tatsächlichen Grundstücksnutzung bestimmten Artzuschlag vor (vgl. Reif in Gössl/Reif, KAG, § 38 Anm. 3.4.5.3 unter Berufung auf VG Freiburg, Beschluss vom 22.12.2010 - 6 K 2536/10 -). Die Anordnung eines grundstücksbezogenen Artzuschlags etwa für die faktische überwiegende gewerbliche Nutzung eines Grundstücks in einem allgemeinen Wohngebiet ist also nicht (mehr) möglich. Gerechtfertigt wird dieser Ausschluss des grundstücksbezogenen Artzuschlags damit, dass eine gewerbliche Nutzung in reinen Wohngebieten nur ausnahmsweise (§ 3 Abs. 3 BauNVO), in allgemeinen Wohngebieten nur beschränkt oder ausnahmsweise (§ 4 Abs. 2 und 3 BauNVO) zulässig und selbst in Mischgebieten (§ 6 BauNVO) jedenfalls nicht die Regel ist. Damit stellt der Landesgesetzgeber typisierend nur auf die zulässige und damit wahrscheinliche Nutzungsart und nicht auf die tatsächlich verwirklichte Nutzung ab. Der Verzicht auf den grundstücksbezogenen Artzuschlag liegt dabei im Interesse der Verwaltungspraktikabilität, denn es muss nicht für jedes einzelne Grundstück untersucht werden, wie es tatsächlich konkret genutzt wird. Zugleich werden auf eine damit verbundene Momentaufnahme zurückzuführende Zufallsergebnisse in der tatsächlichen Nutzung bei der Kostenverteilung vermieden (vgl. Reif, ebd.).
63 
Deshalb ist es folgerichtig, grundstücksbezogene Umstände des Einzelfalls bei der Festsetzung eines Artzuschlags grundsätzlich außer Betracht zu lassen. Daher kann auch im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden, dass an das Grundstück der Klägerin lediglich herangefahren, nicht aber - jedenfalls ohne wesentliche bauliche Veränderungen - auf es heraufgefahren werden kann. Wollte man solche Grundstücke von der Erhebung eines Artzuschlags ausnehmen, müsste man in die grundstücksbezogene Einzelfallprüfung eintreten, die der Landesgesetzgeber gerade vermeiden wollte. Denn im Rahmen der ihm zustehenden Typisierungsbefugnis hat er entschieden, dass für die Festsetzung eines Artzuschlags allein die planungsrechtliche Situation - und nicht die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Grundstücks - maßgeblich sein soll. Abgesehen davon steht auch nicht fest, dass das Grundstück der Klägerin selbst bei Beibehaltung der jetzigen Geländesituation (s.o. bereits unter I.5.a) für jegliche - auch nur geringfügige - gewerbliche und vergleichbare Nutzung faktisch von vornherein vollkommen ungeeignet ist.
64 
2. Die Beklagte hat zu Recht die Herstellungskosten für die Herstellung der auf der Südseite der Kanzlerstraße errichteten Stützmauer bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands berücksichtigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin würde die Beitragsfähigkeit der für die Errichtung der Stützmauer entstandenen Kosten im vorliegenden Fall weder dann scheitern, wenn die Stützmauer nicht im einschlägigen Bebauungsplan ausgewiesen wäre, noch dann, wenn sie auf einem Anliegergrundstück angelegt worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1989 - 8 C 86.87 - BVerwGE 82, 215; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 13 Rn. 56). Erforderlich ist allein, dass sie entweder eine höher gelegene Straße gegen angrenzende Grundstücke oder - wie hier - anliegende Grundstücke gegen eine tieferliegende Straße abstützt. Dies ist nach den gegebenen topografischen Gegebenheiten der Fall. Der vom Senat eingenommene Augenschein hat gezeigt, dass das Gelände nach Süden hin stark ansteigt und somit eine Verwirklichung des Straßenbauvorhabens den Bau einer Stützmauer erfordert hat. Abgesehen davon ist die Stützmauer samt Treppenaufgängen entgegen der Annahme der Klägerin im Bebauungsplan Nr. 671 festgesetzt und zumindest zum überwiegenden Teil auch auf dem Straßengrundstück errichtet worden. Eine genauere Überprüfung der Grundstücksgrenzverhältnisse war dem Senat bei dem durchgeführten Augenschein im Übrigen nicht möglich, da in dem fraglichen Bereich keine Abmarkungen vorhanden sind.
65 
3. Die Beklagte hat jedoch zu Unrecht einen Teil der Kosten für die Herstellung der Kreisverkehrsanlage an der Einmündung zur Gesellstraße bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands berücksichtigt. Dieser Kreisverkehr ist weder Teil der hier abgerechneten Erschließungsanlage (a) noch können die Kosten für seine Herstellung in anderer Weise als Aufwand in die Abrechnung der Erschließungsanlage einbezogen werden (b).
66 
a) Für die Abgrenzung des Ermittlungsraums ist im Erschließungsbeitragsrecht grundsätzlich auf eine natürliche Betrachtungsweise abzustellen. Soweit demgegenüber vertreten wird, Kreisverkehrsanlagen stellten nur eine besondere Form der Kreuzung dar und seien daher regelmäßig keine eigenständigen Verkehrsanlagen (so insbes. Reif in Gössl/Reif, KAG, § 33 Anm. 2.1.1 und § 35 Anm. 4.3.5), überzeugt dies nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb ausschließlich bei der Beurteilung von Kreisverkehrsanlagen bei der Abgrenzung des Ermittlungsraums die sonst maßgebliche natürliche Betrachtungsweise aufgegeben werden und stattdessen auf eine straßenrechtliche Betrachtungsweise zurückgegriffen werden sollte. Eine spezielle Regelung für Kreisverkehrsanlagen, die es gebieten könnte, von diesem Grundsatz abzuweichen, wird auch im Kommunalabgabengesetz des Landes Baden-Württemberg nicht getroffen (vgl. Driehaus, Erschließungsbeitragsrecht in BW, § 5 Rn. 12; Göppl, Leitfaden zum Erschließungsbeitragsrecht in BW, S. 46 ff.).
67 
Ob eine Kreisverkehrsanlage als selbständige Verkehrsanlage oder als Teil einer (anderen) Straße zu betrachten ist, richtet sich daher richtigerweise nach dem durch die tatsächlichen Verhältnisse im maßgeblichen Zeitpunkt geprägten Erscheinungsbild (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.1996 - 8 C 17.94 - BVerwGE 101, 12). Eine Kreisverkehrsanlage im Sinne des § 9a der Straßenverkehrsordnung - StVO - stellt hiernach nicht in jedem Fall eine eigenständige Verkehrsanlage dar. Vielmehr kommt es auf das tatsächliche Erscheinungsbild an. Danach dürfte im Regelfall eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel überfahren werden kann und die gegenüber der Kreisfahrbahn im Wesentlichen nur optisch markiert ist, im Allgemeinen nicht als Unterbrechung einer Straße wirken. Kann die Mittelinsel überfahren werden (vgl. Anl. 2 zur StVO, Zeichen 215 Nr. 2) und sind die Kreisfahrbahn sowie die Mittelinsel nur optisch markiert, spricht mehr gegen eine trennende Wirkung und gegen eine Eigenständigkeit des Verkehrskreisels. Demgegenüber wird eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel gärtnerisch oder künstlerisch gestaltet ist und nicht überfahren werden kann, eine so deutliche Zäsur im Straßenverlauf darstellen, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise eine eigenständige Verkehrsanlage darstellt. Ein Verkehrskreisel, in den mehrere Straßen einmünden und dessen Mittelinsel bautechnisch von der Kreisfahrbahn abgesetzt ist, erscheint im Allgemeinen als eigenständige Verkehrsanlage und als Unterbrechung einer einmündenden Straße (vgl. hierzu: OVG Rheinl.-Pf., Urteile vom 11.12.2012 - 6 A 10870/12 - KStZ 2013, 57 und vom 21.08.2007 - 6 A 10527/07 - KommJur 2008, 221; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 14 Rn. 53 ff.).
68 
Der hier von der Beklagten errichtete Kreisverkehr an der Einmündung der Gesellstraße stellt hiernach eine eigenständige Verkehrsanlage dar. Dieser sich schon nach den vorliegenden Plänen aufdrängende Eindruck hat sich bei dem von dem Senat eingenommenen Augenschein bestätigt. Es handelt sich um eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel gärtnerisch gestaltet ist und nicht überfahren werden kann. Sie wirkt daher wie eine selbständige Anlage und nicht wie ein bloßer Annex der Kanzler- oder der Gesellstraße. Der Kreisverkehr bewirkt eine so deutliche Zäsur im Straßenverlauf, dass er bei natürlicher Betrachtungsweise als eine eigenständige Verkehrsanlage - vergleichbar mit einem Platz - anzusehen ist. Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass von dem östlichen (hier abgerechneten) Teilstück der Kanzlerstraße aus die westlich des Kreisverkehrs verlaufende Fortführung der Kanzlerstraße - trotz der Kreisverkehrsanlage - eingesehen werden kann. Dies hat seine Ursache allein darin, dass beide Teilstücke nicht in Form einer (allein von dem Kreisverkehr unterbrochenen) Geraden verlaufen, sondern leicht zueinander versetzt sind. Der natürliche Eindruck, wonach die Kreisverkehrsanlage eine selbständige Anlage darstellt, wird hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt.
69 
Diese Auffassung hat im Übrigen die Beklagte im Verwaltungsverfahren zumindest sinngemäß selbst vertreten. In der Abrechnungsakte wird auf S. 4 ausdrücklich ausgeführt, dass der Kreisverkehr durch seine platzähnliche Aufweitung und die optische Unterbrechung der Sichtachse eine Zäsur zwischen dem östlichen und dem westlichen Teilstück der Kanzlerstraße bilde. Nur den sich hieraus ergebenden Schluss, dass der Kreisverkehr deshalb nicht nur die Kanzlerstraße in zwei selbständige Erschließungsanlagen trennt, sondern seinerseits ebenfalls als erschließungsbeitragsrechtlich selbständig anzusehen ist, hat sie nicht gezogen.
70 
b) Die (teilweisen) Kosten für die Herstellung des Kreisverkehrs dürfen auch nicht etwa deshalb berücksichtigt werden, weil es sich um Anschlusskosten i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 2 KAG handeln würde. Danach gehören u.a. auch die Kosten für den Anschluss einer Straße an bestehende öffentliche Straßen durch Einmündungen oder Kreuzungen zu den beitragsfähigen Erschließungskosten. Denn aus erschließungsbeitragsrechtlicher Sicht unterscheidet sich der Kreisverkehr maßgeblich von einer bloßen Kreuzung oder Einmündung (ausführl. hierzu: Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 14 Rn. 59; VG Stuttgart, Urteil vom 07.09.2006 - 2 K 2059/04 -). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie hier - bei natürlicher Betrachtungsweise um eine selbständige Verkehrsanlage handelt. Zwar wäre der Gesetzgeber wohl berechtigt, auch außerhalb der abzurechnenden Erschließungsanlage entstehende Kosten als zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand gehörend zu bestimmen. Hierzu bedürfte es jedoch einer eindeutigen gesetzlichen Regelung, da der nach § 37 Abs. 1 KAG maßgebliche Ermittlungsraum grundsätzlich die einzelne Erschließungsanlage ist. An einer solchen Regelung fehlt es. Die in der Gesetzesbegründung vertretene Auffassung (LT-Drucks. 13/3977, S. 58), ein Kreisverkehr sei insoweit einer Kreuzung gleichzustellen, mag aus straßenrechtlicher Sicht zutreffen. Sie widerspricht in der geäußerten Allgemeinheit jedoch dem Grundsatz, dass im Erschließungsbeitragsrecht die Abgrenzung der Einzelanlagen anhand einer natürlichen Betrachtungsweise zu erfolgen hat, und hat auch im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden (vgl. Göppl, aaO, S. 51).
71 
4. Das städtische Grundstück Flst.-Nr. 7... hätte mit der im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 521 gelegenen Teilfläche nach § 9 Abs. 2 EBS mit einem Nutzungsfaktor von 0,5 und unter Berücksichtigung einer Mehrfacherschließung bei der Oberverteilung berücksichtigt werden müssen. Denn nach § 9 Abs. 2 EBS wird auf Gemeinbedarfs- oder Grünflächengrundstücke in beplanten Gebieten, deren Grundstücksflächen aufgrund ihrer Zweckbestimmung nicht oder nur zu einem untergeordneten Teil mit Gebäuden überdeckt werden können (z.B. Friedhöfe, Sportplätze, Freibäder, Kleingartengelände), ein Nutzungsfaktor von 0,5 angewandt. Eine solche Grundstücksfläche i.S.v. § 9 Abs. 2 EBS, die nicht jeder baulichen, gewerblichen oder vergleichbaren Nutzung vollständig entzogen ist, liegt hier vor. Dies ergibt eine Auslegung des insoweit maßgeblichen Bebauungsplans Nr. 521, der dort „Grünland“ festsetzt. Diese Festsetzung ist im besonderen Fall dieses Planes nicht so zu verstehen, dass jegliche bauliche (oder vergleichbare) Nutzung ausgeschlossen sein soll. Im Einzelnen:
72 
Da die Festsetzung als „Grünland“ als solche in § 9 Abs. 1 BBauG bzw. BauGB nicht vorgesehen ist, bedarf ihre Verwendung im Bebauungsplan Nr. 521 der Auslegung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist ersichtlich keine öffentliche Grünfläche gemeint, denn für die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche ist nach der Legende des Bebauungsplans ausdrücklich ein anderes Planzeichen vorgesehen („gepunktetes“ Grün, vgl. auch die PlanZVO 1965, Nr. 9).
73 
Anders als die Beklagte meint, wird für die Teilfläche dieses Grundstücks, die im Geltungsbereich des Bebauungsplan Nr. 521 liegt, aber auch keine landwirtschaftliche Fläche festgesetzt. Nach der Legende des Bebauungsplans ist für eine „Fläche für Land- und Forstwirtschaft“ ebenfalls keine monochrome grüne Markierung, sondern eine andere Kennzeichnung vorgesehen, nämlich eine hell-dunkelgrüne Schraffur. Dieses Planzeichen wird an anderer Stelle auch tatsächlich für den Bereich südlich der Kanzlerstraße und östlich des Mischgebiets verwendet und entspricht zudem der damals geltenden Fassung der Planzeichenverordnung (PlanZVO 1965, Nr. 12.3).
74 
Weiter belegen die tatsächlichen Grundstücksverhältnisse, dass der Normgeber die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft nicht gewollt haben kann. Diese Festsetzung würde voraussetzen, dass Belange der erwerbsmäßig ausgeübten Landwirtschaft bewusst gefördert werden sollten. Dafür sind hier aber keine Anhaltspunkte vorhanden, zumal die hier betroffenen Bereiche schon wegen ihrer Lage ersichtlich nicht landwirtschaftlich sinnvoll nutzbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1972 - IV C 8.70 - BVerwGE 40, 258; OVG Saarl., Urteil vom 28.09.1993 - 2 R 50/92 - BauR 1994, 77). Auch eine erwerbsmäßige forstwirtschaftliche Nutzung ist in diesem Bereich nicht denkbar, obwohl sich dort Bäume und Sträucher befinden. Eine ökonomisch sinnvolle Nutzung dieses Bereichs durch einen Forstbetrieb ist kaum vorstellbar. Erst Recht gilt dies für andere Bereiche mit derselben Festsetzung. So ist es evident, dass der unmittelbare Uferbereich der Enz, der zudem zwischen der Fläche des Gewässers und Straßen-, Gewerbe- und Sportflächen eingezwängt ist, keiner „gewerbsmäßigen“ Land- oder Forstwirtschaft zugänglich ist.
75 
Ferner war dem Normgeber bei der Planung 1977/78 die auf dem gemeindeeigenen Grundstück Flst.-Nr. 7... schon seit den 1960er Jahren - und bis heute - ausgeübte kleingärtnerische Nutzung bekannt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Nutzung eingeschränkt werden sollte und stattdessen eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung angestrebt worden sein könnte, sind nicht ersichtlich. Auch nach Erlass des Bebauungsplans hat die Beklagte, die sowohl Grundstückseigentümerin als auch Baurechtsbehörde ist, keinerlei Versuch unternommen, auf zivil- oder baurechtlichem Wege eine kleingärtnerische Nutzung zu unterbinden und stattdessen eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung durchzusetzen. Im Gegenteil hat die Beklagte vor dem Eingang in die Kleingartenanlage sogar eine Parkfläche mit einer kleinen Stützmauer für die Pächter der Kleingärten errichtet (s. das dem Verhandlungsprotokoll beigefügte Lichtbild Nr. 5).
76 
Hiernach spricht alles dafür, dass der Satzungsgeber mit der Festsetzung „Grünland“ nicht bezweckt hat, die schon damals vorhandene geringfügige bauliche oder vergleichbare Nutzung zu unterbinden. Da ferner davon auszugehen ist, dass er eine baurechtlich zulässige Festsetzung wählen wollte, kann hiernach mit der Festsetzung als „Grünland“ nur eine besondere Form der privaten Grünfläche i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BBauG bzw. BauGB gemeint sein. Kennzeichnend für diese Festsetzung ist, dass es sich städtebaulich (noch) um eine im Wesentlichen begrünte Fläche handelt, auf der bauliche Anlagen jedoch nicht vollständig ausgeschlossen sind. Die Grenze für eine Festsetzung als private Grünfläche ist dabei erst dann überschritten, wenn sich aus den Festsetzungen für die zulässigen baulichen Anlagen das typische Bild eines Bau- oder eines Sondergebiets ergibt. Grundsätzlich ist auf einer derartigen Fläche aber eine kleingärtnerische Nutzung zulässig. Dazu gehört auch eine untergeordnete Bebauung, die einem Kleingarten dient. Dies rechtfertigt es, solche Flächen in die Oberverteilung einzubeziehen, da sie zumindest den baulich und gewerblich nutzbaren Flächen gleichgestellt und damit grundsätzlich beitragspflichtig sind (vgl. zum Ganzen: Ernst bzw. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 133 Rnrn. 4 ff. bzw. § 9 Rnrn. 124 ff.; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 9 Rn. 82 ff.; Gern, NJW 1981, 1424).
77 
Dass dies hier im Übrigen auch in tatsächlicher Hinsicht sachgerecht ist, zeigt sich schon daran, dass die Beklagte - wie bereits ausgeführt - auf dem Grundstück eine private Parkfläche für die Kleingartenpächter errichtet hat. Dies belegt, dass eine nicht nur vollkommen untergeordnete Inanspruchnahme der Straße, die durch die Nutzung des Grundstücks verursacht wird, auch tatsächlich stattfindet.
78 
5. Auch das - ebenfalls gemeindeeigene - Grundstück Flst.-Nr. 2... hätte mit der gesamten im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 521 gelegenen Teilfläche mit einem Nutzungsfaktor von 0,5 bei der Oberverteilung berücksichtigt werden müssen. Diese Teilfläche ist nämlich ebenfalls nicht jeder baulichen, gewerblichen oder vergleichbaren Nutzung im Sinne des § 9 Abs. 2 EBS vollständig entzogen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter 4. verwiesen werden.
79 
Dabei ist die gesamte im Plangebiet gelegene Fläche zu berücksichtigen, selbst wenn aus topographischen Gründen ein kleiner Teil dieser Fläche faktisch nicht bebaubar sein sollte. Insoweit ist die Lage gleich zu beurteilen wie im Falle öffentlich-rechtlicher Baubeschränkungen. Für diese gilt aber, dass nicht lediglich die überbaubare Fläche als Baugrundstück anzusehen ist (ausführl.: Senatsurteil vom 26.10.2011 - 2 S 1294/11 - juris-Rn. 61 ff.). Grundsätzlich ist vielmehr die gesamte im Plangebiet gelegene Fläche als erschlossen im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 KAG zu qualifizieren und dementsprechend in vollem Umfang bei der Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands nach einem Maßstab zu berücksichtigen, der - wie der hier in der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vorgesehene sog. Vollgeschossmaßstab - auch auf die Größe der erschlossenen Grundstücksfläche abstellt. Der Erschließungsbegriff in § 39 Abs. 1 Satz 1 KAG kann nicht daran vorbeigehen, dass das Baurecht fast nie die volle Überbauung eines Grundstücks zulässt, sondern die Zulässigkeit einer Bebauung meist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraussetzt. Damit rechtfertigt sich die Erstreckung des Erschlossenseins grundsätzlich auf die gesamte Grundstücksfläche (vgl. zum Bundesrecht: Reif, Arbeitsmappe Erschließungsbeitragsrecht nach dem BauGB, Rn. 5.4.3.3). Wie öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen bei Grundstücken in beplanten Gebieten führen deshalb auch faktische Einschränkungen der baulichen Nutzung aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten grundsätzlich nicht dazu, dass im Rahmen des § 39 Abs. 1 Satz 1 KAG eine geringere erschlossene Grundstücksfläche der Aufwandsverteilung zugrunde gelegt werden muss.
80 
6. Da die Kosten für die Anlegung einer Abbiegespur in die Robert-Bauer-Straße entgegen der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Berechnung beim Erschließungsaufwand Berücksichtigung finden dürfen, führt dies im Ergebnis jedoch „nur“ zu einer Reduzierung des von der Beklagten festgesetzten Vorauszahlungsbetrags um 3.264,71 EUR. Zwar würde sich bei bloßem Herausrechnen der Kosten des Kreisverkehrs und der Einbeziehung von Teilflächen der Grundstücke Flst.-Nrn. 7... und 2... bei der Oberverteilung ein noch niedrigerer Beitrag ergeben. Weil bei der ursprünglichen Berechnung der Vorauszahlung jedoch die Kosten für die Anlegung einer Abbiegespur in die Robert-Bauer-Straße nicht berücksichtigt worden sind, obwohl es sich hierbei um erforderliche Kosten im Sinne des § 33 Satz 2 KAG handelt, sind diese Kosten im Rahmen der anzustellenden Vergleichsberechnung zu berücksichtigen.
81 
a) Bei der Anfechtung von Erschließungsbeitragsbescheiden sind die Verwaltungsgerichte zur Spruchreifmachung verpflichtet. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO müssen sie grundsätzlich selbst - ggf. mit Hilfestellung der beklagten Behörde - ermitteln und prüfen, ob ein Geldleistungsverwaltungsakt - u.U. mit anderer Begründung - ganz oder teilweise aufrecht erhalten bleiben kann (BVerwG, Urteil vom 18.11.2002 - BVerwG 9 C 2.02 - BVerwGE 117, 200; Beschluss vom 04.09.2008 - BVerwG 9 B 2.08 - NVwZ 2009, 253). Dies gilt auch für Vorauszahlungsbescheide (BVerwG, Urteil vom 10.06.2009 - 9 C 2.08 - BVerwGE 134, 139). Daraus folgt, dass ein Vorauszahlungsbescheid auch dann aufrecht zu erhalten ist, wenn bei seinem Erlass zwar die voraussichtlichen Kosten der endgültigen Herstellung fehlerhaft prognostiziert worden sind, der festgesetzte Betrag aber im Ergebnis auch auf der Grundlage einer fehlerfreien Prognose nicht zu beanstanden ist. Dies ist sinngemäß auch auf die Fälle übertragbar, in denen eine Prognose zwar auf falschen Annahmen beruht hat, die erhobene Vorauszahlung aber dennoch im Ergebnis der Höhe nach - wie hier - nur zu einem geringen Teil zu beanstanden ist. Dies ist auch im Ergebnis sachgerecht. Denn die Gemeinde wäre in solchen Fällen befugt, eine weitere Vorauszahlung fordern, solange die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden ist. Daher würde es auch aus der Sicht des Beitragspflichtigen keinen Sinn machen, einen Vorauszahlungsbescheid gerichtlich ganz oder teilweise aufzuheben, obwohl die Gemeinde nach einer auf aktuelle Annahmen gestützten Prognose sogleich einen weiteren Vorauszahlungsbescheid erlassen dürfte (ausführl.: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.11.2013 - 2 S 2471/12 - juris).
82 
b) Die Anlegung einer Abbiegespur in die Robert-Bauer-Straße stellt sich unter Beachtung der Einschätzungsprärogative der Gemeinde als erforderlich im Sinne des § 33 Satz 2 KAG dar.
83 
Bei der Beurteilung dessen, was die Gemeinde im konkreten Fall für erforderlich im Sinne des § 33 Satz 2 KAG hält, steht ihr eine Einschätzungsprärogative zu (so inhaltsgleich zum Bundesrecht: BVerwG, Urteile vom 24.11.1978 - IV C 18.76 - NJW 1979, 2220 und vom 08.08.1975 - IV C 74.73 - BayVBl 1976, 281). Die Gemeinde darf hierbei auch das Bedürfnis nach Leichtigkeit des Verkehrs in ihre Überlegungen einbeziehen. Das macht jedoch eine Entscheidung, ob das Maß des Erforderlichen überschritten ist, nicht entbehrlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass jede Erschließungsanlage nicht nur dem Nutzen der von ihr erschlossenen Grundstücke, sondern auch dem Wohl der Allgemeinheit diene; sie stehe damit nicht nur dem Anliegerverkehr, sondern auch dem üblichen Durchgangsverkehr zur Verfügung. Wenn eine Erschließungsanlage so gestaltet werde, dass sie auch den über den reinen Anliegerverkehr hinausgehenden innerörtlichen Verkehr aufnehmen könne, so werfe dies im Hinblick auf den Begriff der Erforderlichkeit in der Regel keine Probleme auf. Erreiche der überörtliche Durchgangsverkehr indes eine gewisse Stärke, so könne das in Frage stellen, ob die Straße in ihrer gegebenen Ausgestaltung, z.B. hinsichtlich der Anzahl der Fahrspuren, zur Erschließung der Bauflächen erforderlich sei (ebd.).
84 
Hier ist durch die Anlegung der Abbiegespur das für die Erschließung Erforderliche nicht überschritten. Sie dient ersichtlich nicht allein dem Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Maße auch den Belangen der Verkehrssicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs, die den Anliegern der Straße ebenfalls zugute kommen. Bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein hat sich deutlich gezeigt, dass insbesondere der durch die an die Kanzlerstraße angrenzenden gewerblich genutzten Grundstücke generierte Verkehr mit Lastkraftwagen durch haltende und auf die Parkflächen abbiegende Fahrzeuge erheblich behindert wäre, wenn es keine Abbiegespur zur Robert-Bauer-Straße gäbe. Erfordern die Verhältnisse auf einer Gemeindestraße mit Rücksicht auf den Abbiegeverkehr in eine einmündende andere Gemeindestraße im Interesse eines gefahrloseren und flüssigeren Verkehrsflusses die Anlegung einer Abbiegespur, sind deren Kosten der Straße zuzurechnen, auf der sie errichtet wird (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 33 Rn. 18). Damit stellt sich die Lage grundlegend anders dar als bei einem vierspurigen Ausbau, wie er früher im Falle der Kanzlerstraße geplant war. Denn zusätzliche Fahrspuren, die allein wegen des Durchgangsverkehrs angelegt werden, sind regelmäßig nicht zur Erschließung der Bauflächen erforderlich im Sinne des § 33 Satz 2 KAG (Reif in Gössl/Reif, KAG, § 35 Anm. 5.4.1.2.1).
85 
Nach dem in § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken hält es der Senat für sachgerecht, dass die Klägerin insgesamt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen hat, da die Beklagte bei einer Gesamtbetrachtung nur zu einem geringen Teil unterlegen ist (vgl. Schulz in MK-ZPO, 4. Aufl., § 92 Rn. 19; Jaspersen/Wache in Beck-OK ZPO, § 92 Rn. 32).
86 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
87 
Beschluss vom 10. Juli 2014
88 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 47.623,09 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
89 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
34 
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten zulässig und zu einem geringen Teil begründet. Der angefochtene Vorauszahlungsbescheid ist in der maßgeblichen Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zum überwiegenden Teil rechtmäßig und verletzt die Klägerin insoweit nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist lediglich insoweit aufzuheben, als darin eine Vorauszahlung von mehr als 44.358,38 EUR festgesetzt wird.
35 
Ihre gesetzliche Grundlage findet die angefochtene Erhebung von Vorauszahlungen in § 25 Abs. 2 KAG i.V.m § 14 Abs. 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (EBS) vom 13.10.2009. Danach können die Gemeinden Vorauszahlungen auf einen Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Beitrags erheben, wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlage begonnen worden und die endgültige Herstellung innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Maßgeblich für den Lauf dieser Frist ist der Erlass des Widerspruchsbescheids.
36 
I. Die Erhebung einer Vorauszahlung ist dem Grunde nach zu Recht erfolgt.
37 
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem abrechneten Teilstück der Kanzlerstraße nicht um eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes vorhandene Straße. Dies gilt unabhängig davon, ob sie bereits - wie die Klägerin vorträgt - seit mehr 70 Jahren ortsstraßenmäßig ausgebaut ist, also in bautechnischer Hinsicht die Anforderungen an eine innerörtliche Erschließungsanlage erfüllt hat. Denn das vor dem jetzt vorhandenen Ausbau vorhandene Sträßchen hat nicht den Planungen der Gemeinde entsprochen.
38 
Die Frage, ob eine Erschließungsanlage bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bereits vorhanden war, beantwortet sich nach den vormaligen landesrechtlichen (oder ortsrechtlichen) Vorschriften (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.08.1976 und 21.09.1979, Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 21 und Nr. 28; st. Rspr. des Senats, vgl. Urteile vom 28.09.1999 - 2 S 2299/98 - und vom 04.08.1987 - 2 S 72/85 - BWGZ 1987, 903), im ehemals badischen Landesteil also nach dem badischen Ortsstraßengesetz vom 20.02.1868. Seit dessen Inkrafttreten konnte eine Ortsstraße im Rechtssinne, d.h. eine zum Anbau bestimmte oder dem Anbau dienende öffentliche Straße, nur auf Grund eines nach diesem Gesetz oder den späteren Aufbaugesetzen aufgestellten Ortsstraßen-, Straßen- und Baufluchten- oder Bebauungsplans entstehen, weil die Gemeinden neue Ortsstraßen nur nach den Vorschriften dieser Gesetze, d.h. nur nach Maßgabe verbindlicher Pläne, herstellten durften (vgl. Urteile des Senats vom 08.11.2011 - 2 S 978/00 - BWGZ 2002, 183; vom 28.09.1999 - 2 S 2299/98 - und vom 22.03.1993 - 2 S 1575/91 -).
39 
Hier lagen Ortsbaupläne aus den Jahren 1900 oder 1904 und aus den dreißiger Jahren vor, die jedoch eine Straßenbreite von 12,00 m bzw. sogar 16,00 m festgesetzt haben. Die damals vorhandene Straße war jedoch bei einer Breite der Fahrbahn von lediglich 5,50 m insgesamt nur 7,50 m breit. Von einem plangemäßen Ausbau konnte demzufolge nicht die Rede sein. Es lag vielmehr ein deutlicher Minderausbau vor. War ein Ortsbauplan oder Bebauungsplan vorhanden, so war eine neue Ortsstraße erst mit ihrem plangemäßen Ausbau als Erschließungsanlage im Sinne des § 180 Abs. 2 BBauG vorhanden (st. Rspr. des Senats, vgl. Urteile vom 11.02.1993 - 2 S 696/91 - VBlBW 1993, 260). Wie auch nach dem früheren württembergischen Recht (hierzu: Senatsurteil vom 23.09.1993 - 2 S 3019/91 - juris) war im badischen Recht ein planabweichender Minderausbau grundsätzlich nicht zulässig.
40 
2. Die sachliche Beitragspflicht für die Erschließungsanlage ist auch in der Folgezeit, also nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahr 1961, nicht entstanden. Bis zu dem jetzt vorgenommenen Ausbau fehlt es schon an einer Herstellung, die den Festsetzungen der jeweils geltenden einschlägigen Bebauungspläne entsprochen hat.
41 
Seit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes setzt die Rechtmäßigkeit der Herstellung einer Erschließungsanlage grundsätzlich voraus, dass sie in Einklang mit den Festsetzungen eines Bebauungsplans erfolgt. Hierbei handelt es sich um eine anlagenbezogene Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragsschuld. Weicht die Herstellung einer beitragsfähigen Erschließungsanlage in relevanter Weise von dem an der Rechtssatzqualität teilnehmenden Inhalt eines Bebauungsplans ab, fehlt es daher an der erschließungsbeitragsrechtlich rechtmäßigen Herstellung als einer der anlagebezogenen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (Reif in Gössl/Reif, KAG, § 41 Anm. 3.3.3.4 und 3.3.4.3). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Im Einzelnen:
42 
a) Nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1961 bis zum 31.07.1979 ist das abgerechnete Teilstück der Kanzlerstraße offenkundig nicht planmäßig hergestellt worden. Bis zu der am 01.08.1979 in Kraft getretenen Novelle des Bundesbaugesetzes bestimmte § 125 Abs. 1 Satz 1 BBauG, dass die Herstellung der öffentlichen Straßen einen Bebauungsplan voraussetzte; nach Satz 2 der Vorschrift hatte sich die Herstellung nach dessen Festsetzungen zu richten. Eine Regelung, nach der ein planabweichender Minderausbau unter bestimmten Voraussetzungen zulässig war, existierte damals noch nicht. Daher bestand - ähnlich wie im zuvor geltenden badischen und württembergischen Recht - eine strikte Planbindung, die allenfalls nur ganz geringfügige Abweichungen erlaubte. Waren größere Abweichungen vorhanden, lag die nach § 125 Abs. 1 BBauG erforderliche Bindung an den Bebauungsplan demzufolge nicht vor.
43 
Der Bebauungsplan Nr. 425 vom 23.07.1965 sah bis zur Einmündung der Robert-Bauer-Straße eine vierspurige Straße mit einer Straßenbreite von max. 18,20 m vor; östlich dieser Einmündung war hingegen nur eine in eine Richtung befahrbare Fahrbahn ohne Begegnungsverkehr mit einer Breite der Fahrbahn von nur 7 m vorgesehen. Mit dem Bebauungsplan Nr. 521 vom 04.03.1978 plante die Beklagte sogar auch im weiteren Verlauf in Richtung Osten statt einer Einbahnstraße eine leistungsfähige vierspurige Straße mit einer Straßenbreite von max. 17,50 m. Diesen Planungen hat die damals vorhandene Straße nicht ansatzweise entsprochen. Wie bereits dargelegt, war die damals vorhandene Straße bei einer Breite der Fahrbahn von lediglich 5,50 m insgesamt nur 7,50 m breit. Ergänzend kann auf die hierzu ergangenen Ausführungen der Beklagten samt grafischer Aufbereitung sowohl im Widerspruchsbescheid als auch im Berufungsverfahren verwiesen werden, die die Klägerin nicht substantiiert angegriffen hat.
44 
b) Seit Inkrafttreten der BBauG-Novelle des Jahres 1979 am 01.08.1979 ist ein planabweichender Minderausbau unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Voraussetzung ist aber in jedem Fall die Vereinbarkeit mit den Grundzügen der Planung (§§ 125 Abs. 1a BBauG, 125 Abs. 3 BauGB sowie 41 Abs. 1 KAG, der auf § 125 BauGB verweist).
45 
Hiernach muss bei der Planunterschreitung die Abweichung mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein. Dieses Erfordernis zeigt, dass nicht jede Planunterschreitung zulässig ist. Der Bindungskern, der die Einhaltung der Grundzüge der Planung erfordert, gilt für jede Planabweichung. Entscheidend ist, dass das der Planung zu Grunde liegende Leitbild nicht verändert wird, d.h. der planerische Grundgedanke erhalten bleibt. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren danach die Grundzüge der Planung nicht. Differenzierungskriterium ist der im Bebauungsplan zum Ausdruck kommende planerische Wille der Gemeinde. Eine Abweichung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans ist mit den Grundzügen der Planung vereinbar, wenn die vom Plan angestrebte und in ihm zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung nicht in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird, d.h., wenn die Abweichung noch im Bereich dessen liegt, was der Plan gewollt hat oder zumindest gewollt hätte. Die Vereinbarkeit der planabweichenden Herstellung einer Erschließungsanlage mit dem Planungskonzept ist zu bejahen, soweit hinsichtlich Lage, Größe und Funktion der erstellten Anlage kein Aliud gegenüber den Festsetzungen des Bebauungsplans vorliegt. Umgekehrt ist die abweichende Erschließungsanlage dann mit den Grundzügen der Planung nicht mehr vereinbar, wenn das Konzept der geordneten städtebaulichen Entwicklung, wie es in den Festsetzungen des Bebauungsplans zum Ausdruck kommt, in wesentlichen Punkten geändert wird (vgl. Ernst/Grziwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 125 Rn. 14 ff. m.w. Nachw.).
46 
Nach diesen Grundsätzen kann zwar ein Minderausbau in einer Straßenbreite vom 5,50 m bei einer festgesetzten Straßenbreite von 6,25 m bis 7,50 m noch mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein (vgl. Senatsurteil vom 19.11.1992 - 2 S 1908/90 - juris). Wird demgegenüber eine Straße, verglichen mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes, nur in halber Breite ausgebaut, ist diese Planabweichung im Allgemeinen nicht mehr mit den Grundzügen der Planung vereinbar (vgl. vgl. Ernst/Grziwotz, aaO, Rn. 14a). Angesichts des hier gegebenen erheblichen Minderausbaus liegt im vorliegenden Fall eine erhebliche Abweichung von den Planungen der Beklagten und damit keine Übereinstimmung mit den Grundzügen der jeweiligen Planungen vor. In verkehrstechnischer Hinsicht stellt das vorhandene Sträßchen ein deutliches Aliud im Vergleich zu der in den Bebauungsplänen Nr. 425 vom 23.07.1965 und Nr. 521 vom 04.03.1978 vorgesehenen Straßen mit Straßenbreiten von bis zu 18,20 m bzw. 17,50 m dar.
47 
Hierbei handelt es sich jeweils nicht nur um einen untergeordneten Gesichtspunkt, sondern um einen wesentlichen Grundzug der Planung. Die Bewältigung der Verkehrsprobleme hat bei der Aufstellung beider Bebauungspläne eine erhebliche Rolle gespielt. Dies geht aus deren Begründungen deutlich hervor. Nach der Begründung des Bebauungsplans Nr. 425 erfolgte die Aufstellung dieses Plans aus drei Gründen; als erster Grund wird unter a) ausdrücklich eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse genannt. Auch in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 521 spielen die Verkehrsverhältnisse bei den dargelegten Überlegungen eine dominante Rolle. Den in diesen Plänen zum Ausdruck kommenden Verkehrskonzepten und der Bewältigung der als unbefriedigend empfundenen Verkehrssituation kommt mithin nach den Vorstellungen des Plangebers jeweils eine zentrale Rolle zu. Bei den insoweit erfolgten Festsetzungen handelt es sich nach der aus den Begründungen der Bebauungspläne ersichtlichen Absicht des Plangebers daher keinesfalls nur um unbedeutende Nebenaspekte der Planung, sondern um zentrale Punkte, mit denen die Gesamtplanung geradezu „stehen oder fallen“ sollte, sodass die aufgezeigten erheblichen Abweichungen von diesen Festsetzungen jeweils die Grundzüge der Planung berühren.
48 
c) Selbst wenn man die Planbindung als solche außer Acht ließe, kommt in den von dem Gemeinderat der Beklagten beschlossenen Bebauungsplänen auch ein entsprechendes Bauprogramm zum Ausdruck, das vor dem Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 671 vom 10.05.2003 zu keiner Zeit erfüllt worden ist. Die Bebauungspläne Nr. 425 Nr. 521 vom 04.03.1978 sahen zumindest in Teilbereichen nicht nur Straßenbreiten von jeweils max. 18,20 m bzw. 17,50 m vor, sondern auch die Errichtung eines Gehwegs auf der Südseite der Straße. Die Erschließungsanlage hat daher auch dem in den Bebauungsplänen Nr. 425 und Nr. 521 zum Ausdruck kommenden Bauprogramm bezüglich der herzustellenden flächenmäßigen Teilanlagen und deren flächenmäßigem Umfang (insbesondere Fahrbahnbreite) nicht entsprochen.
49 
d) Demgegenüber haben das Verwaltungsgericht und die Beklagte insoweit zu Unrecht (auch) auf den fehlenden Grunderwerb abgestellt. Denn die „fehlenden“ und erst im Zuge des jetzt abgerechneten Ausbaus erworbenen Grundflächen betreffen - soweit ersichtlich - nur solche Flächen, die im Zuge des jetzt erfolgten Ausbaus zusätzlich erforderlich geworden sind, und nicht die Flächen, auf denen sich das bereits vorhandene Sträßchen befunden hatte. Wäre das tatsächlich vorhandene Sträßchen auch im Rechtssinne bereits vorhanden und plangemäß ausgebaut gewesen, hätte es daher jedenfalls nicht an dem Merkmal des Grunderwerbs gefehlt.
50 
3. Erst die - bezüglich der Straßenbreite deutlich reduzierten - Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 671 vom 10.05.2003 sind mit dem jetzt abgerechneten Ausbau ohne Abweichung von den Grundzügen der Planung verwirklicht worden. Die sachliche Beitragspflicht ist aber ungeachtet dessen bis heute (noch) nicht entstanden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist insoweit nicht die bautechnische Fertigstellung der Anlage, sondern der Eingang der letzten Unternehmerrechnung maßgeblich. Diese liegt aber immer noch nicht vor. Hintergrund ist die Tatsache, dass seit 2009 - mittlerweile vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe - zwischen der Beklagten und einem Bauunternehmer ein Rechtsstreit anhängig ist und wegen der hieraus resultierenden Unsicherheit auch eine endgültige Abrechnung der Ingenieurleistungen noch nicht erfolgen konnte.
51 
Der Senat hat mit Urteil vom 25.11.2010 - 2 S 1314/10 - (juris) zum bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht entschieden, dass die Beitragspflicht gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit der endgültigen Herstellung der beitragspflichtigen Erschließungsanlage entsteht. Der Zeitpunkt der „endgültigen Herstellung“ einer Erschließungsanlage ist nicht gleichbedeutend mit dem Abschluss der technischen Ausführungsarbeiten, also sozusagen mit dem „letzten Spatenstich“. Eine Erschließungsanlage im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB ist vielmehr nach allgemeiner Auffassung erst dann endgültig hergestellt, wenn u.a. der entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung (vgl. grundlegend hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 22.08.1975 - IV C 11.73 - BVerwGE 49, 131; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 01.08.1994 - 2 S 963/93 -; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 19 Rn. 9). Sieht man von der Möglichkeit ab, in der Erschließungsbeitragssatzung Einheitssätze der Höhe nach festzulegen, spricht schon die Abhängigkeit des Erschließungsbeitrags von dem beitragsfähigen Aufwand und damit von den tatsächlich entstandenen Kosten dafür, dass die Berechenbarkeit des Aufwandes Bestandteil der endgültigen Herstellung im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB sein muss. Die Beitragspflicht entsteht regelmäßig - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Anlage; sie entsteht in diesem Zeitpunkt in bestimmter Höhe, kann auch der Höhe nach nicht mehr geändert werden und ist deshalb schon geeignet, die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen. Entsteht die Beitragspflicht aber bereits der Höhe nach „voll ausgebildet", so muss - wegen der Abhängigkeit der Beitragshöhe vom entstandenen Aufwand - dieser Aufwand zumindest ermittlungsfähig sein. Auch im Hinblick auf die Verjährung führt allein dieses Verständnis des Begriffes der endgültigen Herstellung zu dem sachgerechten Ergebnis, dass die Verjährungsfrist jedenfalls nicht in Lauf gesetzt werden kann, bevor die Schlussrechnung eingegangen ist. Die gegenteilige Meinung würde zu Lasten der Gemeinden zu einer nicht gerechtfertigten Verkürzung der Verjährungsfrist führen. Die endgültige Herstellung ist folglich im Rechtssinne erst abgeschlossen, wenn über die technische Herstellung hinaus der Erschließungsbeitrag mit Hilfe der letzten Unternehmerrechnung der Höhe nach ermittelt werden kann. Diese schon 1975 entwickelten Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht auch in den folgenden Jahren seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt, ohne diese Frage indes erneut ausführlich zu erörtern (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.02.1991 - 8 C 46/89 - NVwZ 1991, 235 und vom 08.05.2002 - 9 C 5.01 - NVwZ-RR 2002, 770).
52 
An dieser Rechtsprechung wird auch für das nunmehr landesrechtlich geregelte Erschließungsbeitragsrecht festgehalten. Vergleichbar mit der früher maßgeblichen bundesrechtlichen Regelung entsteht nach dem baden-württembergische Kommunalabgabengesetz gemäß § 41 Abs. 1 KAG die Beitragsschuld, wenn die Erschließungsanlage sämtliche zu ihrer erstmaligen endgültigen Herstellung vorgesehenen Teileinrichtungen im erforderlichen Umfang aufweist und diese den Merkmalen der endgültigen Herstellung (§ 34 Nr. 3) entsprechen, ihre Herstellung die Anforderungen des § 125 des Baugesetzbuches erfüllt und die Anlage öffentlich genutzt werden kann. Eine ausdrückliche Regelung, wann die erforderlichen Teilanlagen endgültig hergestellt in diesem Sinne sind, hat der Landesgesetzgeber nicht getroffen. Ersichtlich hat er insoweit in Kenntnis der allgemein zum bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht vertretenen Auffassung, die Beitragspflicht entstehe regelmäßig erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung, keinen Bedarf für eine hiervon abweichende landesrechtliche Regelung gesehen. Darauf deutet auch die Gesetzesbegründung hin, in der ausdrücklich darauf verwiesen wird, § 41 Abs. 1 enthalte die Voraussetzungen für die Entstehung der Beitragsschuld und entspreche weitgehend dem § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB in der Auslegung, die er durch Rechtsprechung und Literatur erfahren habe (LT-Drucksache 13/3966, S. 62). Allein diese Auslegung ist auch sachgerecht, weil der Gemeinde eine endgültige Abrechnung gar nicht möglich ist, solange der Erschließungsaufwand noch nicht endgültig feststellbar ist. Daher hält der Senat auch für das baden-württembergische Landesrecht daran fest, dass die sachliche Beitragspflicht nicht schon bereits mit der technischen Fertigstellung der Anlage, sondern erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung entstehen kann, sofern die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
53 
4. Aus den Ausführungen unter 2. und 3. folgt zugleich, dass der Lauf der Festsetzungsverjährungsfrist hier noch nicht zu laufen begonnen hat. Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - BGBl I 2013, 820), wonach Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung des Vorteils erhoben werden dürfen, lässt sich nicht auf die hier vorliegende Konstellation übertragen. Diese Entscheidung erging zu einem Rechtsstreit über die Erhebung eines Anschlussbeitrags. Anders als im Anschlussbeitragsrecht dürfte im Erschließungsbeitragsrecht vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht keine endgültige tatsächliche Vorteilslage entstanden sein, die ein Vertrauen des Bürgers, irgendwann einmal nicht mehr mit einem Beitrag behelligt zu werden, begründen könnte. Die Situation ist insoweit nicht mit der Lage bei den Anschlussbeiträgen vergleichbar, bei denen die tatsächliche Vorteilslage regelmäßig bereits mit Vornahme des Anschlusses oder sogar schon bei Bestehen der Anschlussmöglichkeit entsteht. Abgesehen davon dürfte im typischen Fall - wie auch hier - zwischen der tatsächlichen technischen Herstellung einer Anlage und dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung kein derart langer Zeitraum vergehen, der es gebieten könnte, seitens der Gemeinde auf die Beitragserhebung verzichten zu müssen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht hier deswegen hinausgezögert ist, weil die letzte Unternehmerrechnung wegen eines Zivilrechtsstreits noch nicht vorliegt, während der o.a. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Sachverhalt zugrunde lag, bei dem sich das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht allein deshalb verzögert hatte, weil die den Beitrag erhebende Gemeinde seit Jahrzehnten keine rechtsgültige Satzung erlassen hatte. Da hier kein vergleichbares Versäumnis vorliegt, das in die Sphäre der Gemeinde fällt, und die plangemäße bautechnische Herstellung der Erschließungsanlage im Jahr 2006 auch noch nicht solange zurückliegt wie in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Rechtsstreit, wäre für die hier gegebene Fallkonstellation jedenfalls im Ergebnis eine eventuelle verfassungsrechtlich gebotene absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung nicht überschritten.
54 
5. Das Grundstück der Klägerin ist ferner sowohl im Sinne des § 39 Abs. 1 KAG als auch des § 40 KAG erschlossen.
55 
a) Ein die Beitragspflicht nach § 39 Abs. 1 KAG auslösender Vorteil besteht nur dann, wenn die Straße einem Grundstück die Bebaubarkeit vermittelt. Das Bebauungsrecht macht in allen seinen Vorschriften die Zulässigkeit der Ausführung baulicher Anlagen von der Sicherung u.a. der verkehrlichen Erschließung abhängig (§§ 30 ff. BauGB). Diese verkehrliche Erschließung erfordert im Grundsatz, dass ein Grundstück über eine öffentliche Straße für Kraftfahrzeuge u.a. der Polizei und des Rettungswesens sowie der Ver- und Entsorgung einschließlich privater Kraftwagen erreichbar ist, d.h. es verlangt eine Erreichbarkeit dergestalt, dass an ein Grundstück herangefahren werden kann. Anders verhält es sich jedoch, wenn das Bebauungsrecht ausnahmsweise weniger, nämlich eine Erreichbarkeit lediglich für Fußgänger (Zugang), genügen lässt. Wenn der Bebauungsplan ein nach seinen Festsetzungen lediglich zugängliches Grundstück als bebaubar ausweist, ist eine bloße Zugangsmöglichkeit ausreichend; ein solches Grundstück ist dann schon kraft dieser Zugänglichkeit bebaubar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.1992 - 4 NB 2.90 - NVwZ 1992, 974; Senatsurteil vom 22.10.2007 - 2 S 157/07 - DÖV 2008, 292; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 30 Rn. 46). Umgekehrt kann das Bauplanungsrecht wie z.B. im Falle einer gewerblichen Nutzung aber auch ein Mehr, nämlich eine Erreichbarkeit in Form der Möglichkeit, mit Kraftwagen auf das Grundstück herauffahren zu können, fordern. Der ein Erschlossensein begründende Erschließungsvorteil erfordert bei einem Mischgebietsgrundstück aber nicht, dass die Erschließungsanlage dem Grundstück eine Bebaubarkeit für alle nach § 6 Abs. 2 BauNVO zulässigen Nutzungsarten ermöglicht. Der Erschließungsvorteil, den das Grundstück durch die Erschließungsanlage erfährt, besteht vielmehr darin, dass es überhaupt bebaubar wird, dass auf ihm also irgendeine der nach § 6 Abs. 2 BauNVO rechtlich zulässigen baulichen Nutzungen mit Blick auf diese Erschließungsanlage nunmehr genehmigt werden müsste (BVerwG, Urteil vom 27.09.2006 - 9 C 4.05 - BVerwGE 126, 378; s. auch BVerwG, Urteil vom 01.09.2004 - BVerwG 9 C 15.03 - BVerwGE 121, 365 m.w.N.). Für die im Mischgebiet ebenfalls zulässige Wohnnutzung genügt aber grundsätzlich ein Heranfahrenkönnen (vgl. Senatsurteil vom 26.06.2012 - 2 S 3258/11 - BWGZ 2012, 684).
56 
Da hier unstreitig an das in einem Mischgebiet gelegene Grundstück der Klägerin herangefahren werden kann, sind die Voraussetzungen an dessen Erschließung im Sinne des § 39 KAG gegeben. Daher kann der Senat offenlassen, ob nicht sogar - ähnlich wie auf dem angrenzenden Grundstück des saftherstellenden Betriebs - ein teilweises Abtragen des Hangs und die Schaffung einer ebenerdigen Zufahrts- und Baumöglichkeit auf dem Straßenniveau mit zumutbarem Aufwand realisierbar wäre, obwohl dies mit erheblichen Eingriffen in die Geländebeschaffenheit und die von der Beklagten errichtete Stützmauer verbunden wäre.
57 
b) Auch eine Erschließung im Sinne des § 40 KAG liegt vor, obwohl das Grundstück der Klägerin von der Kanzlerstraße aus nur über eine von der Beklagten hergestellte Treppe, die in die Stützmauer integriert ist, fußläufig erreichbar ist. Nach § 40 KAG unterliegen der Beitragspflicht erschlossene Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, wenn und soweit sie baulich, gewerblich oder in einer vergleichbaren Weise genutzt werden dürfen. Ob ein erschlossenes Grundstück beitragspflichtig ist, ist damit abhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen das (bundesrechtliche) Bebauungsrecht und das (landesrechtliche) Bauordnungsrecht die zur Beitragspflicht führende Grundstücksnutzung gestatten (vgl. zu der entsprechenden Regelung in § 133 Abs. 1 BBauG/BauGB: BVerwG, Urteil vom 14.01.1983 - 8 C 81.81 - NVwZ 1983, 669; Urteil vom 26.02.1993 - 8 C 45.91 - NVwZ 1993, 1208; s. auch Senatsurteil vom 26.06.2012, aaO).
58 
Nicht nur die bauplanungsrechtlichen (s. unter a), sondern auch die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens sind hier erfüllt. Nach § 4 Abs. 1 LBO dürfen Gebäude nur errichtet werden, wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt oder eine befahrbare öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat; bei Wohnwegen kann auf die Befahrbarkeit verzichtet werden, wenn keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen. Wenn man diese Grundsätze auf die vorliegende Situation überträgt, was sich aufdrängt, da der Zugang mittels der in die Stützmauer integrierten Treppe unter Sicherheits- und Brandschutzaspekten mit einem Wohnweg vergleichbar ist, genügt die Erreichbarkeit eines Baugrundstücks für Fußgänger, wenn keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen. Ob Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls, insbesondere nach Größe, Art und Lage des Gebäudes und den Einsatzmöglichkeiten von Feuerwehr und Rettungsdienst. So kann auf die Befahrbarkeit verzichtet werden, wenn bei ein- oder zweigeschossigen Gebäuden ein Heranführen von Feuerwehrfahrzeugen unmittelbar an das Gebäude nicht erforderlich ist. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Länge des Wohnweges. Im Hinblick auf eine wirkungsvolle Gewährleistung der Feuerlösch- und Rettungsarbeiten dürfte diese Länge bei ca. 80 m liegen. Davon ausgehend bestehen hier keine Bedenken wegen des Brandschutzes. Bei dem eingenommenen Augenschein konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die in die Stützmauer integrierte und gut ausgebaute Treppe problemlos für Fußgänger begehbar ist. Sie ermöglicht ohne Weiteres die erforderlichen Feuerlösch- und Rettungsarbeiten für ein maximal zweigeschossiges Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin in ausreichender Weise. Bei dieser Gebäudegröße ist ein unmittelbares Heranfahrenkönnen mit Lösch- oder Rettungsfahrzeugen an das Gebäude entbehrlich; es genügt, wenn - wie hier - die Entfernung zu einem möglichen Haltepunkt für ein Löschfahrzeug noch so bemessen ist, dass Löscharbeiten mit dem Schlauch möglich sind (vgl. zum Ganzen: Sauter, LBO für Bad.-Württ., § 4 Rn. 24).
II.
59 
Die gegen die Höhe der festgesetzten Vorauszahlung gerichteten Einwendungen der Klägerin sind nur zum Teil begründet. Ohne Erfolg wendet sie sich gegen die Festsetzung eines Artzuschlags für ihr Grundstück (1.) und die Berücksichtigung des Aufwands für die Herstellung der vor ihrem Grundstück befindlichen Stützmauer (2.). Zu Recht beanstandet sie jedoch, dass die Kosten des Kreisverkehrs teilweise in den Gesamtaufwand eingeflossen sind (3.) und die städtischen Grundstücke Flst.-Nrn. 7... (4.) und 2... (5.) bei der Oberverteilung nicht berücksichtigt worden sind. Da die Kosten für die Anlegung einer Abbiegespur in die Robert-Bauer-Straße entgegen der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Berechnung beim Erschließungsaufwand Berücksichtigung finden dürfen, führt dies im Ergebnis jedoch „nur“ zu einer Reduzierung des von der Beklagten festgesetzten Vorauszahlungsbetrags um 3.264,71 EUR (6.).
60 
1. Nach der Satzung der Beklagten (§ 11 Abs. 2 EBS) ist der Nutzungsfaktor u.a. für Grundstücke, die in einem Mischgebiet liegen, um 0,25 zu erhöhen. Die Klägerin meint, für ihr Grundstück dürfe kein solcher Artzuschlag festgesetzt werden, weil es nicht gewerblich genutzt werden könne. Dies trifft jedoch nicht zu.
61 
Der Verteilungsmaßstab hat nicht nur dem Maß der baulichen Nutzung, sondern auch der Art dieser Nutzung Rechnung zu tragen (vgl. § 38 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG). Dabei muss nicht für alle verschiedenen Nutzungsarten eine Regelung vorgesehen werden. Ausreichend (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1998, BVerwGE 106, 147) ist vielmehr eine Unterscheidung nach gewerblicher/industrieller und anderer Nutzung, im Übrigen ist der Gemeinde Ermessen eröffnet. Der gebietsbezogene Artzuschlag ist regelmäßig bei beplanten Gewerbe- und Industriegebieten angezeigt. Für beplante Mischgebiete muss ein gebietsbezogener Artzuschlag nicht verlangt werden, er darf aber festgesetzt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 04.04.2005 - 2 S 2441/04 - NVwZ-RR 2006, 420). Der grundstücksbezogene Artzuschlag war demgegenüber nach dem früher maßgeblichen bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht bei typisierender Betrachtungsweise eine nicht zwingend gebotene, aber zulässige Erweiterung der Verteilungsregelung. Der Wortlaut des § 131 BauGB war insoweit offen. § 131 Abs. 2 Nr. 1 BauGB hat nur allgemein bestimmt, dass u.a. die Art der baulichen Nutzung beim Verteilungsmaßstab zu berücksichtigen ist, § 131 Abs. 3 BauGB hat diese Vorgabe dahingehend konkretisiert, dass in Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des BauGB erschlossen worden sind, der Maßstab so anzuwenden ist, dass der Verschiedenheit der Nutzungen Rechnung getragen wird.
62 
Demgegenüber sieht die nunmehr anwendbare landesrechtliche Regelung des § 38 Abs. 3 Satz 3 KAG mit der Formulierung„Die Art der baulichen Nutzung ergibt sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans und, soweit diesbezügliche Festsetzungen nicht bestehen, aus der die Eigenart der näheren Umgebung prägenden Nutzung" ausdrücklich nur noch einen gebietsbezogenen und keinen grundstücksbezogenen, d. h. von der tatsächlichen Grundstücksnutzung bestimmten Artzuschlag vor (vgl. Reif in Gössl/Reif, KAG, § 38 Anm. 3.4.5.3 unter Berufung auf VG Freiburg, Beschluss vom 22.12.2010 - 6 K 2536/10 -). Die Anordnung eines grundstücksbezogenen Artzuschlags etwa für die faktische überwiegende gewerbliche Nutzung eines Grundstücks in einem allgemeinen Wohngebiet ist also nicht (mehr) möglich. Gerechtfertigt wird dieser Ausschluss des grundstücksbezogenen Artzuschlags damit, dass eine gewerbliche Nutzung in reinen Wohngebieten nur ausnahmsweise (§ 3 Abs. 3 BauNVO), in allgemeinen Wohngebieten nur beschränkt oder ausnahmsweise (§ 4 Abs. 2 und 3 BauNVO) zulässig und selbst in Mischgebieten (§ 6 BauNVO) jedenfalls nicht die Regel ist. Damit stellt der Landesgesetzgeber typisierend nur auf die zulässige und damit wahrscheinliche Nutzungsart und nicht auf die tatsächlich verwirklichte Nutzung ab. Der Verzicht auf den grundstücksbezogenen Artzuschlag liegt dabei im Interesse der Verwaltungspraktikabilität, denn es muss nicht für jedes einzelne Grundstück untersucht werden, wie es tatsächlich konkret genutzt wird. Zugleich werden auf eine damit verbundene Momentaufnahme zurückzuführende Zufallsergebnisse in der tatsächlichen Nutzung bei der Kostenverteilung vermieden (vgl. Reif, ebd.).
63 
Deshalb ist es folgerichtig, grundstücksbezogene Umstände des Einzelfalls bei der Festsetzung eines Artzuschlags grundsätzlich außer Betracht zu lassen. Daher kann auch im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden, dass an das Grundstück der Klägerin lediglich herangefahren, nicht aber - jedenfalls ohne wesentliche bauliche Veränderungen - auf es heraufgefahren werden kann. Wollte man solche Grundstücke von der Erhebung eines Artzuschlags ausnehmen, müsste man in die grundstücksbezogene Einzelfallprüfung eintreten, die der Landesgesetzgeber gerade vermeiden wollte. Denn im Rahmen der ihm zustehenden Typisierungsbefugnis hat er entschieden, dass für die Festsetzung eines Artzuschlags allein die planungsrechtliche Situation - und nicht die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Grundstücks - maßgeblich sein soll. Abgesehen davon steht auch nicht fest, dass das Grundstück der Klägerin selbst bei Beibehaltung der jetzigen Geländesituation (s.o. bereits unter I.5.a) für jegliche - auch nur geringfügige - gewerbliche und vergleichbare Nutzung faktisch von vornherein vollkommen ungeeignet ist.
64 
2. Die Beklagte hat zu Recht die Herstellungskosten für die Herstellung der auf der Südseite der Kanzlerstraße errichteten Stützmauer bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands berücksichtigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin würde die Beitragsfähigkeit der für die Errichtung der Stützmauer entstandenen Kosten im vorliegenden Fall weder dann scheitern, wenn die Stützmauer nicht im einschlägigen Bebauungsplan ausgewiesen wäre, noch dann, wenn sie auf einem Anliegergrundstück angelegt worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1989 - 8 C 86.87 - BVerwGE 82, 215; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 13 Rn. 56). Erforderlich ist allein, dass sie entweder eine höher gelegene Straße gegen angrenzende Grundstücke oder - wie hier - anliegende Grundstücke gegen eine tieferliegende Straße abstützt. Dies ist nach den gegebenen topografischen Gegebenheiten der Fall. Der vom Senat eingenommene Augenschein hat gezeigt, dass das Gelände nach Süden hin stark ansteigt und somit eine Verwirklichung des Straßenbauvorhabens den Bau einer Stützmauer erfordert hat. Abgesehen davon ist die Stützmauer samt Treppenaufgängen entgegen der Annahme der Klägerin im Bebauungsplan Nr. 671 festgesetzt und zumindest zum überwiegenden Teil auch auf dem Straßengrundstück errichtet worden. Eine genauere Überprüfung der Grundstücksgrenzverhältnisse war dem Senat bei dem durchgeführten Augenschein im Übrigen nicht möglich, da in dem fraglichen Bereich keine Abmarkungen vorhanden sind.
65 
3. Die Beklagte hat jedoch zu Unrecht einen Teil der Kosten für die Herstellung der Kreisverkehrsanlage an der Einmündung zur Gesellstraße bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands berücksichtigt. Dieser Kreisverkehr ist weder Teil der hier abgerechneten Erschließungsanlage (a) noch können die Kosten für seine Herstellung in anderer Weise als Aufwand in die Abrechnung der Erschließungsanlage einbezogen werden (b).
66 
a) Für die Abgrenzung des Ermittlungsraums ist im Erschließungsbeitragsrecht grundsätzlich auf eine natürliche Betrachtungsweise abzustellen. Soweit demgegenüber vertreten wird, Kreisverkehrsanlagen stellten nur eine besondere Form der Kreuzung dar und seien daher regelmäßig keine eigenständigen Verkehrsanlagen (so insbes. Reif in Gössl/Reif, KAG, § 33 Anm. 2.1.1 und § 35 Anm. 4.3.5), überzeugt dies nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb ausschließlich bei der Beurteilung von Kreisverkehrsanlagen bei der Abgrenzung des Ermittlungsraums die sonst maßgebliche natürliche Betrachtungsweise aufgegeben werden und stattdessen auf eine straßenrechtliche Betrachtungsweise zurückgegriffen werden sollte. Eine spezielle Regelung für Kreisverkehrsanlagen, die es gebieten könnte, von diesem Grundsatz abzuweichen, wird auch im Kommunalabgabengesetz des Landes Baden-Württemberg nicht getroffen (vgl. Driehaus, Erschließungsbeitragsrecht in BW, § 5 Rn. 12; Göppl, Leitfaden zum Erschließungsbeitragsrecht in BW, S. 46 ff.).
67 
Ob eine Kreisverkehrsanlage als selbständige Verkehrsanlage oder als Teil einer (anderen) Straße zu betrachten ist, richtet sich daher richtigerweise nach dem durch die tatsächlichen Verhältnisse im maßgeblichen Zeitpunkt geprägten Erscheinungsbild (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.1996 - 8 C 17.94 - BVerwGE 101, 12). Eine Kreisverkehrsanlage im Sinne des § 9a der Straßenverkehrsordnung - StVO - stellt hiernach nicht in jedem Fall eine eigenständige Verkehrsanlage dar. Vielmehr kommt es auf das tatsächliche Erscheinungsbild an. Danach dürfte im Regelfall eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel überfahren werden kann und die gegenüber der Kreisfahrbahn im Wesentlichen nur optisch markiert ist, im Allgemeinen nicht als Unterbrechung einer Straße wirken. Kann die Mittelinsel überfahren werden (vgl. Anl. 2 zur StVO, Zeichen 215 Nr. 2) und sind die Kreisfahrbahn sowie die Mittelinsel nur optisch markiert, spricht mehr gegen eine trennende Wirkung und gegen eine Eigenständigkeit des Verkehrskreisels. Demgegenüber wird eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel gärtnerisch oder künstlerisch gestaltet ist und nicht überfahren werden kann, eine so deutliche Zäsur im Straßenverlauf darstellen, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise eine eigenständige Verkehrsanlage darstellt. Ein Verkehrskreisel, in den mehrere Straßen einmünden und dessen Mittelinsel bautechnisch von der Kreisfahrbahn abgesetzt ist, erscheint im Allgemeinen als eigenständige Verkehrsanlage und als Unterbrechung einer einmündenden Straße (vgl. hierzu: OVG Rheinl.-Pf., Urteile vom 11.12.2012 - 6 A 10870/12 - KStZ 2013, 57 und vom 21.08.2007 - 6 A 10527/07 - KommJur 2008, 221; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 14 Rn. 53 ff.).
68 
Der hier von der Beklagten errichtete Kreisverkehr an der Einmündung der Gesellstraße stellt hiernach eine eigenständige Verkehrsanlage dar. Dieser sich schon nach den vorliegenden Plänen aufdrängende Eindruck hat sich bei dem von dem Senat eingenommenen Augenschein bestätigt. Es handelt sich um eine Kreisverkehrsanlage, deren Mittelinsel gärtnerisch gestaltet ist und nicht überfahren werden kann. Sie wirkt daher wie eine selbständige Anlage und nicht wie ein bloßer Annex der Kanzler- oder der Gesellstraße. Der Kreisverkehr bewirkt eine so deutliche Zäsur im Straßenverlauf, dass er bei natürlicher Betrachtungsweise als eine eigenständige Verkehrsanlage - vergleichbar mit einem Platz - anzusehen ist. Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass von dem östlichen (hier abgerechneten) Teilstück der Kanzlerstraße aus die westlich des Kreisverkehrs verlaufende Fortführung der Kanzlerstraße - trotz der Kreisverkehrsanlage - eingesehen werden kann. Dies hat seine Ursache allein darin, dass beide Teilstücke nicht in Form einer (allein von dem Kreisverkehr unterbrochenen) Geraden verlaufen, sondern leicht zueinander versetzt sind. Der natürliche Eindruck, wonach die Kreisverkehrsanlage eine selbständige Anlage darstellt, wird hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt.
69 
Diese Auffassung hat im Übrigen die Beklagte im Verwaltungsverfahren zumindest sinngemäß selbst vertreten. In der Abrechnungsakte wird auf S. 4 ausdrücklich ausgeführt, dass der Kreisverkehr durch seine platzähnliche Aufweitung und die optische Unterbrechung der Sichtachse eine Zäsur zwischen dem östlichen und dem westlichen Teilstück der Kanzlerstraße bilde. Nur den sich hieraus ergebenden Schluss, dass der Kreisverkehr deshalb nicht nur die Kanzlerstraße in zwei selbständige Erschließungsanlagen trennt, sondern seinerseits ebenfalls als erschließungsbeitragsrechtlich selbständig anzusehen ist, hat sie nicht gezogen.
70 
b) Die (teilweisen) Kosten für die Herstellung des Kreisverkehrs dürfen auch nicht etwa deshalb berücksichtigt werden, weil es sich um Anschlusskosten i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 2 KAG handeln würde. Danach gehören u.a. auch die Kosten für den Anschluss einer Straße an bestehende öffentliche Straßen durch Einmündungen oder Kreuzungen zu den beitragsfähigen Erschließungskosten. Denn aus erschließungsbeitragsrechtlicher Sicht unterscheidet sich der Kreisverkehr maßgeblich von einer bloßen Kreuzung oder Einmündung (ausführl. hierzu: Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 14 Rn. 59; VG Stuttgart, Urteil vom 07.09.2006 - 2 K 2059/04 -). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie hier - bei natürlicher Betrachtungsweise um eine selbständige Verkehrsanlage handelt. Zwar wäre der Gesetzgeber wohl berechtigt, auch außerhalb der abzurechnenden Erschließungsanlage entstehende Kosten als zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand gehörend zu bestimmen. Hierzu bedürfte es jedoch einer eindeutigen gesetzlichen Regelung, da der nach § 37 Abs. 1 KAG maßgebliche Ermittlungsraum grundsätzlich die einzelne Erschließungsanlage ist. An einer solchen Regelung fehlt es. Die in der Gesetzesbegründung vertretene Auffassung (LT-Drucks. 13/3977, S. 58), ein Kreisverkehr sei insoweit einer Kreuzung gleichzustellen, mag aus straßenrechtlicher Sicht zutreffen. Sie widerspricht in der geäußerten Allgemeinheit jedoch dem Grundsatz, dass im Erschließungsbeitragsrecht die Abgrenzung der Einzelanlagen anhand einer natürlichen Betrachtungsweise zu erfolgen hat, und hat auch im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden (vgl. Göppl, aaO, S. 51).
71 
4. Das städtische Grundstück Flst.-Nr. 7... hätte mit der im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 521 gelegenen Teilfläche nach § 9 Abs. 2 EBS mit einem Nutzungsfaktor von 0,5 und unter Berücksichtigung einer Mehrfacherschließung bei der Oberverteilung berücksichtigt werden müssen. Denn nach § 9 Abs. 2 EBS wird auf Gemeinbedarfs- oder Grünflächengrundstücke in beplanten Gebieten, deren Grundstücksflächen aufgrund ihrer Zweckbestimmung nicht oder nur zu einem untergeordneten Teil mit Gebäuden überdeckt werden können (z.B. Friedhöfe, Sportplätze, Freibäder, Kleingartengelände), ein Nutzungsfaktor von 0,5 angewandt. Eine solche Grundstücksfläche i.S.v. § 9 Abs. 2 EBS, die nicht jeder baulichen, gewerblichen oder vergleichbaren Nutzung vollständig entzogen ist, liegt hier vor. Dies ergibt eine Auslegung des insoweit maßgeblichen Bebauungsplans Nr. 521, der dort „Grünland“ festsetzt. Diese Festsetzung ist im besonderen Fall dieses Planes nicht so zu verstehen, dass jegliche bauliche (oder vergleichbare) Nutzung ausgeschlossen sein soll. Im Einzelnen:
72 
Da die Festsetzung als „Grünland“ als solche in § 9 Abs. 1 BBauG bzw. BauGB nicht vorgesehen ist, bedarf ihre Verwendung im Bebauungsplan Nr. 521 der Auslegung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist ersichtlich keine öffentliche Grünfläche gemeint, denn für die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche ist nach der Legende des Bebauungsplans ausdrücklich ein anderes Planzeichen vorgesehen („gepunktetes“ Grün, vgl. auch die PlanZVO 1965, Nr. 9).
73 
Anders als die Beklagte meint, wird für die Teilfläche dieses Grundstücks, die im Geltungsbereich des Bebauungsplan Nr. 521 liegt, aber auch keine landwirtschaftliche Fläche festgesetzt. Nach der Legende des Bebauungsplans ist für eine „Fläche für Land- und Forstwirtschaft“ ebenfalls keine monochrome grüne Markierung, sondern eine andere Kennzeichnung vorgesehen, nämlich eine hell-dunkelgrüne Schraffur. Dieses Planzeichen wird an anderer Stelle auch tatsächlich für den Bereich südlich der Kanzlerstraße und östlich des Mischgebiets verwendet und entspricht zudem der damals geltenden Fassung der Planzeichenverordnung (PlanZVO 1965, Nr. 12.3).
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Weiter belegen die tatsächlichen Grundstücksverhältnisse, dass der Normgeber die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft nicht gewollt haben kann. Diese Festsetzung würde voraussetzen, dass Belange der erwerbsmäßig ausgeübten Landwirtschaft bewusst gefördert werden sollten. Dafür sind hier aber keine Anhaltspunkte vorhanden, zumal die hier betroffenen Bereiche schon wegen ihrer Lage ersichtlich nicht landwirtschaftlich sinnvoll nutzbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1972 - IV C 8.70 - BVerwGE 40, 258; OVG Saarl., Urteil vom 28.09.1993 - 2 R 50/92 - BauR 1994, 77). Auch eine erwerbsmäßige forstwirtschaftliche Nutzung ist in diesem Bereich nicht denkbar, obwohl sich dort Bäume und Sträucher befinden. Eine ökonomisch sinnvolle Nutzung dieses Bereichs durch einen Forstbetrieb ist kaum vorstellbar. Erst Recht gilt dies für andere Bereiche mit derselben Festsetzung. So ist es evident, dass der unmittelbare Uferbereich der Enz, der zudem zwischen der Fläche des Gewässers und Straßen-, Gewerbe- und Sportflächen eingezwängt ist, keiner „gewerbsmäßigen“ Land- oder Forstwirtschaft zugänglich ist.
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Ferner war dem Normgeber bei der Planung 1977/78 die auf dem gemeindeeigenen Grundstück Flst.-Nr. 7... schon seit den 1960er Jahren - und bis heute - ausgeübte kleingärtnerische Nutzung bekannt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Nutzung eingeschränkt werden sollte und stattdessen eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung angestrebt worden sein könnte, sind nicht ersichtlich. Auch nach Erlass des Bebauungsplans hat die Beklagte, die sowohl Grundstückseigentümerin als auch Baurechtsbehörde ist, keinerlei Versuch unternommen, auf zivil- oder baurechtlichem Wege eine kleingärtnerische Nutzung zu unterbinden und stattdessen eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung durchzusetzen. Im Gegenteil hat die Beklagte vor dem Eingang in die Kleingartenanlage sogar eine Parkfläche mit einer kleinen Stützmauer für die Pächter der Kleingärten errichtet (s. das dem Verhandlungsprotokoll beigefügte Lichtbild Nr. 5).
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Hiernach spricht alles dafür, dass der Satzungsgeber mit der Festsetzung „Grünland“ nicht bezweckt hat, die schon damals vorhandene geringfügige bauliche oder vergleichbare Nutzung zu unterbinden. Da ferner davon auszugehen ist, dass er eine baurechtlich zulässige Festsetzung wählen wollte, kann hiernach mit der Festsetzung als „Grünland“ nur eine besondere Form der privaten Grünfläche i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BBauG bzw. BauGB gemeint sein. Kennzeichnend für diese Festsetzung ist, dass es sich städtebaulich (noch) um eine im Wesentlichen begrünte Fläche handelt, auf der bauliche Anlagen jedoch nicht vollständig ausgeschlossen sind. Die Grenze für eine Festsetzung als private Grünfläche ist dabei erst dann überschritten, wenn sich aus den Festsetzungen für die zulässigen baulichen Anlagen das typische Bild eines Bau- oder eines Sondergebiets ergibt. Grundsätzlich ist auf einer derartigen Fläche aber eine kleingärtnerische Nutzung zulässig. Dazu gehört auch eine untergeordnete Bebauung, die einem Kleingarten dient. Dies rechtfertigt es, solche Flächen in die Oberverteilung einzubeziehen, da sie zumindest den baulich und gewerblich nutzbaren Flächen gleichgestellt und damit grundsätzlich beitragspflichtig sind (vgl. zum Ganzen: Ernst bzw. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 133 Rnrn. 4 ff. bzw. § 9 Rnrn. 124 ff.; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 9 Rn. 82 ff.; Gern, NJW 1981, 1424).
77 
Dass dies hier im Übrigen auch in tatsächlicher Hinsicht sachgerecht ist, zeigt sich schon daran, dass die Beklagte - wie bereits ausgeführt - auf dem Grundstück eine private Parkfläche für die Kleingartenpächter errichtet hat. Dies belegt, dass eine nicht nur vollkommen untergeordnete Inanspruchnahme der Straße, die durch die Nutzung des Grundstücks verursacht wird, auch tatsächlich stattfindet.
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5. Auch das - ebenfalls gemeindeeigene - Grundstück Flst.-Nr. 2... hätte mit der gesamten im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 521 gelegenen Teilfläche mit einem Nutzungsfaktor von 0,5 bei der Oberverteilung berücksichtigt werden müssen. Diese Teilfläche ist nämlich ebenfalls nicht jeder baulichen, gewerblichen oder vergleichbaren Nutzung im Sinne des § 9 Abs. 2 EBS vollständig entzogen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter 4. verwiesen werden.
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Dabei ist die gesamte im Plangebiet gelegene Fläche zu berücksichtigen, selbst wenn aus topographischen Gründen ein kleiner Teil dieser Fläche faktisch nicht bebaubar sein sollte. Insoweit ist die Lage gleich zu beurteilen wie im Falle öffentlich-rechtlicher Baubeschränkungen. Für diese gilt aber, dass nicht lediglich die überbaubare Fläche als Baugrundstück anzusehen ist (ausführl.: Senatsurteil vom 26.10.2011 - 2 S 1294/11 - juris-Rn. 61 ff.). Grundsätzlich ist vielmehr die gesamte im Plangebiet gelegene Fläche als erschlossen im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 KAG zu qualifizieren und dementsprechend in vollem Umfang bei der Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands nach einem Maßstab zu berücksichtigen, der - wie der hier in der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vorgesehene sog. Vollgeschossmaßstab - auch auf die Größe der erschlossenen Grundstücksfläche abstellt. Der Erschließungsbegriff in § 39 Abs. 1 Satz 1 KAG kann nicht daran vorbeigehen, dass das Baurecht fast nie die volle Überbauung eines Grundstücks zulässt, sondern die Zulässigkeit einer Bebauung meist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraussetzt. Damit rechtfertigt sich die Erstreckung des Erschlossenseins grundsätzlich auf die gesamte Grundstücksfläche (vgl. zum Bundesrecht: Reif, Arbeitsmappe Erschließungsbeitragsrecht nach dem BauGB, Rn. 5.4.3.3). Wie öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen bei Grundstücken in beplanten Gebieten führen deshalb auch faktische Einschränkungen der baulichen Nutzung aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten grundsätzlich nicht dazu, dass im Rahmen des § 39 Abs. 1 Satz 1 KAG eine geringere erschlossene Grundstücksfläche der Aufwandsverteilung zugrunde gelegt werden muss.
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6. Da die Kosten für die Anlegung einer Abbiegespur in die Robert-Bauer-Straße entgegen der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Berechnung beim Erschließungsaufwand Berücksichtigung finden dürfen, führt dies im Ergebnis jedoch „nur“ zu einer Reduzierung des von der Beklagten festgesetzten Vorauszahlungsbetrags um 3.264,71 EUR. Zwar würde sich bei bloßem Herausrechnen der Kosten des Kreisverkehrs und der Einbeziehung von Teilflächen der Grundstücke Flst.-Nrn. 7... und 2... bei der Oberverteilung ein noch niedrigerer Beitrag ergeben. Weil bei der ursprünglichen Berechnung der Vorauszahlung jedoch die Kosten für die Anlegung einer Abbiegespur in die Robert-Bauer-Straße nicht berücksichtigt worden sind, obwohl es sich hierbei um erforderliche Kosten im Sinne des § 33 Satz 2 KAG handelt, sind diese Kosten im Rahmen der anzustellenden Vergleichsberechnung zu berücksichtigen.
81 
a) Bei der Anfechtung von Erschließungsbeitragsbescheiden sind die Verwaltungsgerichte zur Spruchreifmachung verpflichtet. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO müssen sie grundsätzlich selbst - ggf. mit Hilfestellung der beklagten Behörde - ermitteln und prüfen, ob ein Geldleistungsverwaltungsakt - u.U. mit anderer Begründung - ganz oder teilweise aufrecht erhalten bleiben kann (BVerwG, Urteil vom 18.11.2002 - BVerwG 9 C 2.02 - BVerwGE 117, 200; Beschluss vom 04.09.2008 - BVerwG 9 B 2.08 - NVwZ 2009, 253). Dies gilt auch für Vorauszahlungsbescheide (BVerwG, Urteil vom 10.06.2009 - 9 C 2.08 - BVerwGE 134, 139). Daraus folgt, dass ein Vorauszahlungsbescheid auch dann aufrecht zu erhalten ist, wenn bei seinem Erlass zwar die voraussichtlichen Kosten der endgültigen Herstellung fehlerhaft prognostiziert worden sind, der festgesetzte Betrag aber im Ergebnis auch auf der Grundlage einer fehlerfreien Prognose nicht zu beanstanden ist. Dies ist sinngemäß auch auf die Fälle übertragbar, in denen eine Prognose zwar auf falschen Annahmen beruht hat, die erhobene Vorauszahlung aber dennoch im Ergebnis der Höhe nach - wie hier - nur zu einem geringen Teil zu beanstanden ist. Dies ist auch im Ergebnis sachgerecht. Denn die Gemeinde wäre in solchen Fällen befugt, eine weitere Vorauszahlung fordern, solange die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden ist. Daher würde es auch aus der Sicht des Beitragspflichtigen keinen Sinn machen, einen Vorauszahlungsbescheid gerichtlich ganz oder teilweise aufzuheben, obwohl die Gemeinde nach einer auf aktuelle Annahmen gestützten Prognose sogleich einen weiteren Vorauszahlungsbescheid erlassen dürfte (ausführl.: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.11.2013 - 2 S 2471/12 - juris).
82 
b) Die Anlegung einer Abbiegespur in die Robert-Bauer-Straße stellt sich unter Beachtung der Einschätzungsprärogative der Gemeinde als erforderlich im Sinne des § 33 Satz 2 KAG dar.
83 
Bei der Beurteilung dessen, was die Gemeinde im konkreten Fall für erforderlich im Sinne des § 33 Satz 2 KAG hält, steht ihr eine Einschätzungsprärogative zu (so inhaltsgleich zum Bundesrecht: BVerwG, Urteile vom 24.11.1978 - IV C 18.76 - NJW 1979, 2220 und vom 08.08.1975 - IV C 74.73 - BayVBl 1976, 281). Die Gemeinde darf hierbei auch das Bedürfnis nach Leichtigkeit des Verkehrs in ihre Überlegungen einbeziehen. Das macht jedoch eine Entscheidung, ob das Maß des Erforderlichen überschritten ist, nicht entbehrlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass jede Erschließungsanlage nicht nur dem Nutzen der von ihr erschlossenen Grundstücke, sondern auch dem Wohl der Allgemeinheit diene; sie stehe damit nicht nur dem Anliegerverkehr, sondern auch dem üblichen Durchgangsverkehr zur Verfügung. Wenn eine Erschließungsanlage so gestaltet werde, dass sie auch den über den reinen Anliegerverkehr hinausgehenden innerörtlichen Verkehr aufnehmen könne, so werfe dies im Hinblick auf den Begriff der Erforderlichkeit in der Regel keine Probleme auf. Erreiche der überörtliche Durchgangsverkehr indes eine gewisse Stärke, so könne das in Frage stellen, ob die Straße in ihrer gegebenen Ausgestaltung, z.B. hinsichtlich der Anzahl der Fahrspuren, zur Erschließung der Bauflächen erforderlich sei (ebd.).
84 
Hier ist durch die Anlegung der Abbiegespur das für die Erschließung Erforderliche nicht überschritten. Sie dient ersichtlich nicht allein dem Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Maße auch den Belangen der Verkehrssicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs, die den Anliegern der Straße ebenfalls zugute kommen. Bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein hat sich deutlich gezeigt, dass insbesondere der durch die an die Kanzlerstraße angrenzenden gewerblich genutzten Grundstücke generierte Verkehr mit Lastkraftwagen durch haltende und auf die Parkflächen abbiegende Fahrzeuge erheblich behindert wäre, wenn es keine Abbiegespur zur Robert-Bauer-Straße gäbe. Erfordern die Verhältnisse auf einer Gemeindestraße mit Rücksicht auf den Abbiegeverkehr in eine einmündende andere Gemeindestraße im Interesse eines gefahrloseren und flüssigeren Verkehrsflusses die Anlegung einer Abbiegespur, sind deren Kosten der Straße zuzurechnen, auf der sie errichtet wird (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 33 Rn. 18). Damit stellt sich die Lage grundlegend anders dar als bei einem vierspurigen Ausbau, wie er früher im Falle der Kanzlerstraße geplant war. Denn zusätzliche Fahrspuren, die allein wegen des Durchgangsverkehrs angelegt werden, sind regelmäßig nicht zur Erschließung der Bauflächen erforderlich im Sinne des § 33 Satz 2 KAG (Reif in Gössl/Reif, KAG, § 35 Anm. 5.4.1.2.1).
85 
Nach dem in § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken hält es der Senat für sachgerecht, dass die Klägerin insgesamt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen hat, da die Beklagte bei einer Gesamtbetrachtung nur zu einem geringen Teil unterlegen ist (vgl. Schulz in MK-ZPO, 4. Aufl., § 92 Rn. 19; Jaspersen/Wache in Beck-OK ZPO, § 92 Rn. 32).
86 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
87 
Beschluss vom 10. Juli 2014
88 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 47.623,09 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
89 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.