Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2015 - 13a B 15.50124

published on 03/12/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2015 - 13a B 15.50124
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Bundesverwaltungsgericht, 1 C 9.16, 03/04/2017

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Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger zu 1. bis 4. bilden eine Familie. Gemäß den Angaben der Eltern (Kläger zu 1. und 2.) sind sie afghanische Staatsangehörige und tadschikische Volkszugehörige muslimisch-sunnitischen Glaubens. Der Kläger zu 1. (Ehemann/Vater) wurde demnach am 1. Januar 1989 in Herat geboren, die Klägerin zu 2. (Ehefrau/Mutter) am 1. Januar 1992 ebenfalls in Herat, die Klägerin zu 3. (Kind) am 1. Januar 2010 in Teheran/Iran, der Kläger zu 4. (Kind) am 1. Januar 2014 in Van/Türkei. Sie reisten am 15. Juni 2014 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten Asylanträge. Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats am 8. Juli 2014 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gaben die Kläger zu 1. und 2. Folgendes an: Sie seien im Jahr 2009 in den Iran übergesiedelt und hätten in Teheran geheiratet. Anfang 2014 seien sie von dort ausgereist und über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich ins Bundesgebiet gelangt. Sie seien wegen der Menschenrechte und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Deutschland gekommen. Ihre Personalpapiere seien ihnen auf dem Reiseweg weggenommen worden oder seien verloren gegangen.

Am 20. August 2014 verzeichnete das Bundesamt EURODAC-Treffer bezüglich Griechenland und Ungarn und richtete ein Wiederaufnahmeersuchen an die Dublin- Stelle in Ungarn. Mit Schreiben vom 22. August 2014 teilte das Bundesamt den Klägern mit, dass ein Dublinverfahren eingeleitet worden sei. Die Einwanderungsbehörde (Dublin Unit) der Republik Ungarn stimmte dem Ersuchen mit Schreiben vom 29. August und 1. September 2014 zu. Durch Bescheid vom 11. September 2014 lehnte das Bundesamt die Asylanträge als unzulässig ab (1.) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (2.). In der Begründung ist ausgeführt, dass die Asylanträge gemäß § 27a AsylVfG (nunmehr AsylG) unzulässig seien, weil für deren Behandlung nach Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO Ungarn zuständig sei. Am 24. September 2014 erhoben die Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage (Au 6 K 14.50237) und beantragten einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO (Au 6 S 14.50238). Zur Begründung machten sie unter Vorlage eines fachärztlichen psychiatrischen Attests vom 25. Juni 2014 geltend, dass bei der Klägerin zu 2. Verdacht auf eine rezidivierende depressive Störung in gegenwärtig schwerer Episode bestehe. Außerdem legten sie einen fachärztlichen Entlassungsbericht des Bezirkskrankenhauses Kempten vom 2. Oktober 2014 vor, demgemäß sich die Klägerin zu 2. wegen akuter Suizidalität ab dem 19. September 2014 in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden hatte. Hierbei wurde folgende Diagnose gestellt: Rezidivierende depressive Störung in gegenwärtig schwerer Episode mit psychotischen Symptomen und eine posttraumatische Belastungsstörung.

Durch Beschluss vom 1. Oktober 2014 ordnete das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage an. Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens legten die Kläger ein 19-seitiges Attest des Kompetenzzentrums Psychotraumatologie der Universität Konstanz vom 12. November 2014 vor („Kurzer psychodiagnostischer Befund“ der Dipl.-Psych. Dr. B.), wonach eine schwere chronische posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei sehr hoher Suizidalität bestehe. Durch Urteil vom 21. November 2014 hob das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf. Aufgrund der schweren seelischen Erkrankung der Klägerin zu 2. bestehe für die Beklagte zwingend die Verpflichtung zum Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO. Jene könnte ihr Asylverfahren in Ungarn nicht durchführen, ohne einer ernsthaften gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt zu sein. Durch den Verstoß gegen die genannte Vorschrift sei die Klägerin zu 2. in ihren Rechten verletzt. Bei besonderer Schutzbedürftigkeit könne sich das Ermessen der Behörde zu einem Anspruch des Asylsuchenden auf Selbsteintritt verdichten.

Aufgrund des Antrags der Beklagten vom 17. Dezember 2014 bezüglich der Nr. 1 des angefochtenen Bundesamtsbescheids hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 1. Juni 2015 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugelassen (13a ZB 14.50090). Es sei zu klären, ob ein Kläger im Dublin-Verfahren nicht allein systemische Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in dem zuständigen Mitgliedstaat, sondern auch eine besondere Schutzwürdigkeit wegen einer schweren Erkrankung für den Fall der Abschiebung geltend machen kann.

Die Beklagte verweist in der Berufungsbegründung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel entgegentreten könne.

Sie beantragt,

die Klage unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung abzuweisen, soweit diese noch keine Rechtskraft erlangt hat.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen in der Berufungserwiderung geltend, dass aufgrund der fachärztlich diagnostizierten Erkrankung der Klägerin zu 2. hier ein dauerhaftes Vollstreckungshindernis bestehe, welches allein schon die Aufhebung der Abschiebungsanordnung gebiete. Es komme hier nicht auf die mögliche medizinische Versorgung in Ungarn an, weil das Verwaltungsgericht auf gesundheitliche Gefahren abgestellt habe, deren Ursache nicht in den Aufnahmebedingungen des Zielstaats liege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet (§ 125 Abs. 1, § 128 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu Recht ergangen. Die Entscheidung der Beklagten, die Asylanträge als unzulässig abzulehnen, ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG das Asylgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722).

Die Klagen sind zulässig.

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris zu Art. 2 Buchst. e Dublin II-VO) richtigerweise als die allein statthafte Klageart angesehen, wenn es - wie hier - um das Begehren auf Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin III-Verordnung geht (Verordnung - EU - Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - ABl. Nr. L 180 S. 31 - Dublin III-VO).

Die Klagen sind auch begründet.

Die Voraussetzungen des vom Bundesamt zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen § 27a AsylG für eine Unzulässigkeit des Asylantrags wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit liegen nicht vor, weil Deutschland entgegen der Auffassung der Beklagten zur Entscheidung über die Asylanträge zuständig ist.

Gemäß § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit kann sich aus der Dublin III-VO ergeben, auf die sich das Bundesamt im Bescheid gestützt hat. Dieses Verfahren dient zuvörderst dazu, den zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu bestimmen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind übereingekommen, dass auf kurze Sicht eine klare und praktikable Form für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden sollte. Ziel der Dublin III-VO ist die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist (Erwägungsgründe Nr. 2, 3, 4, 5 und 40). Im Verfahren nach der Dublin III-VO steht deshalb insbesondere die Zuständigkeitsfrage im Raum. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 wird der Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft.

Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 7 Abs. 1 Dublin III-VO). Nach Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat. Gemessen hieran wäre nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO eigentlich die Republik Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, weil die Kläger, aus einem Drittstaat kommend, die Grenze dieses Mitgliedstaats überschritten hatten. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamts hatte Ungarn mit Schreiben vom 29. August und 1. September 2014 zugestimmt (Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO). Entsprechend der Konzeption der Dublin III-VO hat das Bundesamt den Asylantrag nicht inhaltlich geprüft, sondern die Unzulässigkeit festgestellt und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet. Die Frist von sechs Monaten zur Überstellung der Kläger beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO erst mit der endgültigen Entscheidung über die Berufung als rechtshängigen Rechtsbehelf, weil die Klage im vorliegenden Fall infolge der Anordnung des Verwaltungsgerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO aufschiebende Wirkung hat (s. Art. 27 Abs. 3 Buchst. b Dublin III-VO). Demzufolge wäre grundsätzlich Ungarn nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin III-VO verpflichtet, die Kläger aufzunehmen.

Für den Fall, dass ein Mitgliedstaat - wie hier - der Aufnahme zugestimmt hat, kann ein Asylbewerber der Bestimmung dieses Mitgliedstaats nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin II-VO und dem folgend des Bundesverwaltungsgerichts (EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417; U.v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - NVwZ 2014, 208; BVerwG, U.v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris; B.v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677; s. auch U.v. 27.4.2010 - 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377) damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GR-Charta - ausgesetzt zu werden. Art. 3 Abs. 2 der hier maßgeblichen Dublin III-VO regelt nunmehr ausdrücklich, dass der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der im dortigen Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortsetzt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta mit sich bringen. Das gemeinsame europäische Asylsystem stützt sich ebenso wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (s. hierzu EuGH, U.v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 75 ff.; BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Es wird vermutet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der GR-Charta der Europäischen Union sowie mit dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht. Gemäß der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asyl- und Asylhaftsystem systemische Mängel aufweist und für Antragsteller die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung besteht (EGMR, U.v. 3.7.2014 - Mohammadi ./. Österreich, Nr. 71932/12 - NLMR - Newsletter Menschenrechte - 2014, 282; s. auch BayVGH, B.v. 12.6.2015 - 13a ZB 15.50097 - juris).

Ob die Verfahrensumstände im Mitgliedstaat Ungarn mittlerweile systemische Schwachstellen aufweisen, kann hier aber dahinstehen, weil die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens aufgrund der besonderen Umstände dieses Einzelfalls bereits nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen ist. Danach kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Aufgrund ihrer besonderen Situation haben die Kläger im vorliegenden Fall auch einen Anspruch darauf, dass ihre Asylanträge in Deutschland geprüft werden. Im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschrift als Ermessensnorm (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 65) kann ein Kläger zwar allenfalls ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 40 VwVfG haben (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Dezember 2015, § 27a Rn. 52). Bei der Anwendung dieser fakultativen Bestimmung steht den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen zu (EuGH, U.v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 57). Das Ermessen verdichtet sich aber dann zu einer Pflicht zum Selbsteintritt, wenn jede andere Entscheidung unvertretbar wäre. Eine solche Fallkonstellation ist anzunehmen, wenn in einer Situation, in der Grundrechte des Antragstellers im Falle der Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel verletzt würden, die Lage des Antragstellers durch eine unangemessen lange Verfahrensdauer noch verschlimmert würde (EuGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 35 und vom 21.12.2011 a. a. O. Rn. 98; BVerwG, B.v. 27.10.2015 a. a. O.). Darüber hinaus besteht eine Pflicht zum Selbsteintritt, wenn im Fall der Überstellung eine in den persönlichen Umständen des Betroffenen wurzelnde Grundrechtsverletzung gegeben wäre.

Gleiches gilt für den Einwand der Beklagten, dass ein Asylbewerber nach der bereits erwähnten Rechtsprechung der europäischen Gerichte und des Bundesverwaltungsgerichts einer Überstellung grundsätzlich nur mit dem Einwand systemischer Mängel entgegentreten kann. Die Vorschriften in der Dublin Ill-VO für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats dienen zwar prinzipiell allein der zügigen Bearbeitung von Asylanträgen und sind als organisatorische Regelungen nicht individualschützend. Wenn sie aber nicht nur die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln, sondern (auch) dem Grundrechtsschutz dienen, hat der Asylsuchende ein subjektives Recht auf Prüfung seines Asylantrags durch den danach zuständigen Mitgliedstaat und kann eine hiermit nicht im Einklang stehende Entscheidung des Bundesamts erfolgreich angreifen (BVerwG, U.v. 16.11.2015 - 1 C 4.15 - juris).

Eine solche Fallkonstellation liegt hier aufgrund der schweren und fortwährenden psychischen Erkrankung der Klägerin zu 2. (Ehefrau/Mutter) vor. Aus dem Grundrecht auf körperliche und geistige Unversehrtheit nach Art. 3 Abs. 1 GR-Charta ergibt sich die Pflicht zum Selbsteintritt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die in der GR-Charta verankerten Grundrechte bei der Auslegung und Anwendung der Dublin-Vorschriften zu berücksichtigen (EuGH, U.v. 6 6.2013 - C-648/11 - NVwZ-RR 2013, 735 Rn. 50 ff.; zum Zusammenhang von Grundrechtsschutz und Individualschutz vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2015 - 1 C 4.15 - juris). Außerdem ist zu bedenken, dass nach Art. 19 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, die Pflicht besteht, Antragstellern mit schweren psychischen Störungen die erforderliche medizinische Versorgung und psychologische Betreuung zu gewähren. Nach Art. 21 dieser Richtlinie ist ferner die spezifische Situation von Personen mit psychischen Störungen zu berücksichtigen. Gemäß den Befunden des Bezirkskrankenhauses Kempten (Fachkrankenhaus für Psychiatrie) vom 7. Januar 2015 und einer niedergelassenen Fachärztin für Psychiatrie vom 25. Februar 2015 liegen bei der Klägerin (nach vier Suizidversuchen) eine schwere depressive Episode nach F32.2 und eine posttraumatische Belastungsstörung nach F43.1 vor. Nach der Diagnose der niedergelassenen Fachärztin besteht auch noch eine erhebliche Selbstgefährdung. Die Behandlung erfolgt ambulant und mittels Verschreibung/Einnahme von drei verschiedenen Psychopharmakon-Tabletten (Neuroleptika und Antidepressivum). Gemäß dem Befund der Universität Konstanz vom 12. November 2014 (S. 18) ist eine langfristige Behandlung bei gleichzeitiger Stabilisierung der Lebenssituation erforderlich. In dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (3.12.2015) gab es keine Anzeichen für eine positive Veränderung des Krankheitsbilds. Zwischen den Prozessbeteiligten ist unstreitig, dass der Zustand nach wie vor dringend behandlungsbedürftig ist.

Bei derartigem Grundrechtsbezug, der sich hier in einer schwerwiegenden Krankheit äußert, ist eine Ermessensreduzierung auf Null und damit eine Pflicht zum Selbsteintritt anzunehmen. Das ergibt sich aus den Wertungen der Dublin III-VO selbst, die sich nicht nur auf rein verfahrenstechnische Regelungen beschränkt. Die gesonderte Erwähnung von Personen, die wegen Krankheit auf die Unterstützung von Verwandten angewiesen sind (Art. 16 Dublin III-VO) zeigt, dass der Unionsgesetzgeber die Ermessensausübung dort einschränken will, wo Grundrechte berührt sind. Ähnlich verhält es sich mit den Zuständigkeitsbestimmungen für unbegleitete Minderjährige, die nicht nur die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln, sondern auch dem Grundrechtsschutz dienen und individualschützend sind (BVerwG, U.v. 16.11.2015 - 1 C 4.15 - juris). In derartigen Fällen besteht grundrechtsbedingt die Pflicht zum Selbsteintritt, welche ein subjektives Recht vermittelt (so auch Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 17 K2, K3, K6; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Dezember 2015, § 27a Rn. 182; Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 27a AsylG Rn. 61, 70; Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 5. Aufl. 2015, Kap. 9 Rn. 46 f.; ders., AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 27a Rn. 62; ders., Änderungen im Dublin-Verfahren nach der Dublin III-VO, ZAR 2014, 5/9; ders., Ausgewählte Probleme des Eilrechtsschutzes im Dublin-Verfahren, InfAuslR 2015, 164/166; Lübbe, Prinzipien der Zuordnung von Flüchtlingsverantwortung und Individualrechtsschutz im Dublin-System, ZAR 2015, 125/131; a.A. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand November 2015, § 27a AsylG, Rn. 106). Die Annahme des Selbsteintritts steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK. Danach besteht grundsätzlich kein Anspruch auf weiteren Verbleib in einem bestimmten Staat, um dort eine notwendige medizinische oder psychologische Behandlung fortführen zu können, sofern nicht ausnahmsweise zwingende humanitäre Gründe gegen eine unfreiwillige Ortsveränderung („removal“) sprechen (EGMR, U.v. 4.6.2013 - Daytbegova und Magomedova ./. Österreich, Nr. 6198/12 - hudoc.echr.coe.int. Rn. 63, 67). Dieser Vorbehalt kommt im vorliegenden Fall zum Tragen. Gemäß den vorliegenden fachärztlichen Attesten ist damit zu rechnen, dass im Fall der Abschiebung das labile seelische Gleichgewicht der Klägerin zu 2. in riskanter Weise aus den Fugen geraten würde. Eine solche Maßnahme würde eine Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit bewirken und wäre somit ein Eingriff in die geistige Unversehrtheit (Jarras, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2. Aufl. 2013, Art. 3 Rn. 7).

Für die Kläger zu 1., 3. und 4. als Familienangehörige im Sinn von Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO ergibt sich der Selbsteintritt aus den unionsrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 GR-Charta, Art. 11 Dublin III-VO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob die drohende Verschlechterung des Gesundheitszustands ein triftiger ermessensleitender Gesichtspunkt bei der Prüfung des Selbsteintritts ist und ob sich der Betroffene hierauf berufen kann, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt (vgl. Berlit, Anmerkung vom 16.6.2014 zu BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 12/06/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung g
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Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. September 2014 wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig volls
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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 25. Oktober 2016 (M 26 K 16.50921) gegen die Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13. Oktober 2016 wird angeordnet. II. Die A
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Tenor I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Juli 2014 wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Der Ger
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

Das Oberverwaltungsgericht prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Es berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.