Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 16. Apr. 2019 - W 10 S 19.50280

bei uns veröffentlicht am16.04.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer von der Antragsgegnerin angeordneten Abschiebung nach Italien.

1. Die zur Person nicht ausgewiesene Antragstellerin ist eigenen Angaben zufolge eine nigerianische Staatsangehörige, dem Volk der Yoruba zugehörig und christlichen Glaubens. Sie verließ ihr Herkunftsland nach eigenen Angaben im Dezember 2015 und reiste über Niger, Libyen, Italien und Österreich am 29. Januar 2019 über den Landweg in das Bundesgebiet ein. Am 7. Februar 2019 stellte sie beim Bundesamt für ... (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.

Im Rahmen des persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und der Anhörung zur Zulässigkeit des gestellten Asylantrages schilderte die Antragstellerin unter anderem, im Jahr 2016 nach Italien eingereist zu sein. Dort habe sie sich etwa drei Jahre aufgehalten und internationalen Schutz beantragt. Das Asylverfahren in Italien habe mit dem Ergebnis geendet, dass sie in Italien Schutz erhalten habe. Befragt nach den Umständen, die einer Abschiebung nach Italien entgegenstehen würden, gab die Antragstellerin an, dass sie sich dort die ganze Zeit in einem Camp aufgehalten habe. Sie habe sich aktiv an mehreren Kursen und Schulungen beteiligt. Sie habe drei Monate lang in einem Restaurant mit einem befristeten Arbeitsvertrag gearbeitet und habe sich aktiv in einem Programmbereich mit Menschen- und Frauenrechten beteiligt. Sie habe mehrere Schulen besucht. Ihr sei gesagt worden, sie müsse das Camp verlassen. Sie habe keinen Job bekommen. Sie wolle nicht auf der Straße landen. Sie habe keine Unterkunft gehabt. Im Camp sei ihr gesagt worden, sie solle sich selbst einen Job suchen. Sie habe große Mühe gehabt, einen Job zu finden. Sie habe sich bei mehreren Agenturen vorgestellt, sei aber leider nicht erfolgreich gewesen. Sie habe finanzielle Schwierigkeiten gehabt und ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Deshalb sei sie zu ihrem Freund gegangen, der jetzt ihr Mann sei. Die Lebensumstände seien sehr schwer gewesen, da sie keine Arbeit gefunden hätten. Sie habe auf der Straße betteln müssen. Sie könne unter solchen Umständen nicht leben. Die Frage, ob sie Beschwerden oder Erkrankungen habe, verneinte die Antragstellerin. Sie sei schwanger. Die Antragstellerin führte zudem aus, dass sie ihren Mann hier in Deutschland habe.

Da dem Bundesamt Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) vorlagen, ersuchte es die italienischen Behörden am 7. März 2019 um Wiederaufnahme der Antragstellerin. Das Ersuchen wurde von den italienischen Behörden nicht beantwortet.

Mit Bescheid vom 25. März 2019, der Antragstellerin zugestellt am 28. März 2019, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2) und ordnete die Abschiebung der Antragstellerin nach Italien an (Ziffer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig, da Italien aufgrund des dortigen Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO zuständig sei. Sollte die Antragstellerin entgegen der bisherigen Erkenntnislage in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten haben, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit des Asylantrags, § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Die weitere Unzulässigkeit des Asylantrags könne auch auf dem erfolglosen Abschluss des früheren Asylverfahrens beruhen, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorlägen, § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nach den Erkenntnissen des Bundesamts nicht vor. Einer Dublin-Überstellung stünden nur außergewöhnliche, schwerwiegende humanitäre Gründe entgegen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung der Antragstellerin eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorläge, da die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab nicht erfüllt seien. Ebenso fehlten Gründe für eine Annahme, dass bei Abschiebung der Antragstellerin eine Verletzung des Art. 4 EU-Grundrechtecharta vorläge. Weiterhin bestünden in Italien keine systemischen Mängel, welche die Sicherheitsvermutung widerlegen würden. Die dortigen Aufnahmeeinrichtungen entsprächen internationalen Standards, ein Zugang zum Asylverfahren, zu medizinischer Versorgung sowie juristischer Unterstützung sei gewährleistet. Der Vortrag der Antragstellerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung könne ebenfalls nicht dazu führen, dass die Bundesrepublik Deutschland zuständiger Mitgliedstaat werde. Es stehe Asylsuchenden nicht frei, sich ihr Niederlassungsland während des Asylverfahrens anhand eigener Wertvorstellungen und nach Abwägung der jeweils gebotenen sozio-ökonomischen Standards in den Mitgliedstaaten auszuwählen. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Antragstellerin habe vorgetragen, dass sie schwanger und zusammen mit ihrem Mann in Deutschland sei. Die vorgebrachte Ehe sei jedoch nicht durch Dokumente belegt worden. Die Antragstellerin habe angegeben, mit ihrem Partner nur nach traditionellem Ritus verheiratet zu sein. Eine solche traditionelle Ehe sei nach deutschem Recht allerdings unbeachtlich. Aus Partnerschaften, die staatlich nicht registriert und anerkannt seien, könnten ausländerrechtlich keine Ansprüche abgeleitet werden. Eine zivilrechtliche Eheschließung durch das zuständige Standesamt sei erforderlich. Dies gelte auch für den Vortrag der Antragstellerin, sie sei schwanger. Eine Schwangerschaft stelle für sich genommen kein Überstellungshindernis dar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Bescheid vom 25. März 2019 Bezug genommen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 3. April 2019 zur Niederschrift des Urkundsbeamten Klage (W 10 K 19.50279) und beantragte zugleich im vorliegenden Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung trägt die Antragstellerin unter Vorlage eines Mutterpasses im Wesentlichen vor, sie sei schwanger und es sei schwer für sie, in Italien mit einem Baby zu leben, da sie bei einer Rückkehr wieder auf der Straße schlafen müsse. Sie habe keine Arbeit und keine Perspektive in Italien. Zur Begründung werde ebenfalls auf die Gründe ihres Mannes verwiesen.

Wegen der Ausführungen der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt, die Akten im Verfahren W 10 K 19.50280, die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

II.

Der wörtlich gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist zugunsten der Antragstellerin dem erkennbaren Begehren entsprechend nach §§ 122, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nur bezüglich der von der Antragsgegnerin unter Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Abschiebungsanordnung begehrt. Der so auszulegende Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung nach Italien ist zulässig. Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anordnen. Eine Klage gegen die Abschiebungsanordnung entfaltet von Gesetzes wegen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag ist daher statthaft und wurde innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt.

2. Der Antrag ist allerdings unbegründet. Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Klage in der Hauptsache dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.).

Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit der Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids keine Zweifel. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung überwiegt daher das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerin in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Bewertung.

a) Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Lässt sich anhand dieser Kriterien der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Die Antragstellerin hat ausweislich des in der Behördenakte befindlichen Eurodac-Treffers bereits in Italien einen Asylantrag gestellt, so dass die italienischen Behörden für die Prüfung des Antrags zuständig sind. Da die italienischen Behörden das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO beantwortet haben, ist nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wurde, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Antragstellerin wieder aufzunehmen.

Da das Wiederaufnahmegesuch innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO an Italien gerichtet wurde, ist die Zuständigkeit auch nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen. Auch auf der Grundlage von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ergibt sich keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin, weil die dort geregelte Überstellungsfrist von sechs Monaten offensichtlich noch nicht abgelaufen ist.

b) Ein Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin ergibt sich auch nicht aus der rechtlichen Unmöglichkeit der Überstellung nach Italien.

Das auf der Grundlage des Art. 78 Abs. 2 AEUV eingerichtete Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) beruht auf dem „Prinzip gegenseitigen Vertrauens“, dass alle daran beteiligten Mitgliedstaaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), dem Protokoll von 1967 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 79; U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 80). Dies begründet die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechtecharta (EU-GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80). Das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens begründet jedoch nur eine widerlegliche Vermutung, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das GEAS in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass ein ernsthaftes Risiko besteht, dass Personen, die internationalen Schutz beantragen, bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 83 f.). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist das in Art. 4 EU-GR-Charta enthaltene Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von fundamentaler Bedeutung und muss aufgrund der engen Verbindung zur Achtung der Würde des Menschen (Art. 1 EU-GR-Charta) und seines daraus resultierenden absoluten Charakters auch bei Überstellungen von Asylbewerbern nach den Dublin-Verordnungen vollumfänglich beachtet werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 - NVwZ 2012, 417; U.v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129; U.v. 16.2.2017 - C-578/16 - NVwZ 2017, 691 Rn. 59; U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 78).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann die Vermutung, wonach der Aufnahmestaat seinen Pflichten aus Art. 3 EMRK nachkommt, widerlegt werden, wenn schwerwiegende Gründe für die Annahme vorgebracht werden, dass die Person, deren Rückführung angeordnet wird, einer tatsächlichen Gefahr („real risk“) entgegensehen würde, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U.v. 4.11.2014 - Tarakhel, Nr. 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 104; U.v. 21.1.2011 - M.S.S., Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413 Rn. 342). Die Ursache der Gefahr hat keine Auswirkungen auf das Schutzniveau der EMRK und befreit den überstellenden Staat nicht davon, eine gründliche und individuelle Prüfung der Situation der betroffenen Person vorzunehmen und im Falle der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung die Durchsetzung der Abschiebung auszusetzen (EGMR, U.v. 4.11.2014 - Tarakhel, a.a.O.). Staatliches Handeln in Erfüllung der Verpflichtungen im Rahmen einer zwischen- oder überstaatlichen Organisationen - wie der EU - ist nach der EMRK nur solange gerechtfertigt, wie auf dieser Ebene ein ausreichender Grundrechtsschutz gewährleistet ist. Dies ist im Rahmen des unionsrechtlichen Grundrechtsschutzes grundsätzlich der Fall (EGMR, U.v. 30.6.2005 - Bosphorus, Nr. 45036/98 - NJW 2006, 197), zumal die in der EMRK garantierten Rechte nach Art. 6 Abs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 3 EU-GR-Charta in die unionsrechtlichen Grundrechtsgewährleistungen als Mindeststandard inkorporiert sind (Borowsky in Meyer-Ladewig, Charta der Grundrechte, vor Art. 51 Rn. 1a; Jarass, Charta der Grundrechte, Art. 52 Rn. 60 ff.). Soweit ein Mitgliedstaat aber entscheiden kann, in eigener Zuständigkeit tätig zu werden - wie im entschiedenen Fall gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO a.F., vgl. nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO -, handelt er nach der Auffassung des EGMR nicht in Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen und kann sich somit seiner Verantwortlichkeit nicht entziehen, wenn er von dieser Möglichkeit trotz der ernsthaften Gefahr einer Grundrechtsverletzung keinen Gebrauch macht (EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340 m.V.a. U.v. 30.6.2005 - Bosphorus, Nr. 45036/98 - NJW 2006, 197).

Diesen Vorgaben des höherrangigen Unionsrechts sowie des internationalen Rechts trägt Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO Rechnung. Danach besteht ein Überstellungshindernis, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GR-Charta mit sich bringen. Unter diesen Umständen hat die Antragsgegnerin zunächst gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO die Prüfung der Zuständigkeitskriterien in Kapitel III (Art. 7 - 15 Dublin III-VO) fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann danach keine Überstellung an einen anderen zuständigen Mitgliedstaat erfolgen, so geht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO die Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin über.

Die Anforderungen an die Feststellung systemischer Mängel und eine daraus resultierende Widerlegung der Sicherheitsvermutung sind allerdings hoch. Im Hinblick auf das Ziel der Dublin III-VO, zügig und effektiv den für das Asylverfahren zuständigen Staat zu bestimmen, können geringfügige Verstöße hierfür nicht ausreichen. Um das Prinzip gegenseitigen Vertrauens entkräften zu können, muss vielmehr ernsthaft zu befürchten sein, dass dem Asylbewerber aufgrund genereller Mängel im Asylsystem des eigentlich zuständigen Mitgliedstaats mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-GR-Charta droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 6; EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 41). Erforderlich ist insoweit die real bestehende Gefahr, dass in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, die grundlegende Ausstattung mit den notwendigen, zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse elementaren Mitteln so defizitär ist, dass der materielle Mindeststandard nicht erreicht wird und der betreffende Mitgliedstaat dieser Situation nicht mit geeigneten Maßnahmen, sondern mit Gleichgültigkeit begegnet (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 29.1.2018 - 10 LB 82/17 - juris Rn. 34 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des EGMR kann allerdings die bloße schlechtere wirtschaftliche oder soziale Stellung der Person in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, nicht für die Annahme einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausreichen (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 - 27725/10 - ZAR 2013, 336, 70 f.). Der EGMR führt in seiner Entscheidung aus, dass Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung der Vertragsparteien enthält, jede Person innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs mit Obdach zu versorgen oder finanzielle Leistungen zu gewähren, um ihnen dadurch einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Einer Dublin-Überstellung stehen nur außergewöhnliche zwingende humanitäre Gründe entgegen.

Diese Grundsätze konkretisierend hat der EuGH in seinem Urteil vom 19. März 2019, Az.: C-163/17 (juris Rn. 91) ausgeführt, dass systemische Schwachstellen nur dann als Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu werten sind, wenn eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht wird, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. Diese Schwelle ist aber selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. Die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats muss zur Folge haben, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 92 f.).

Entsprechend vorstehender Ausführungen geht das Gericht auf der Basis einer Gesamtwürdigung nach dem aktuellen Erkenntnisstand und im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht davon aus, dass das Asylverfahren in Italien unionsrechtlichen Maßstäben widerspricht bzw. dort unzureichende Aufnahmebedingungen herrschen, die zu einer Verletzung der durch Art. 4 EU-GR-Charta gewährleisteten Rechte führen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Die Republik Italien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union an die europäischen Grundrechte (Art. 51 Abs. 1 EU-GR-Charta) sowie an die EMRK gebunden. Deshalb spricht zunächst die durch das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens begründete Vermutung für die Zulässigkeit der Abschiebung in einen solchen Staat. Diese Vermutung ist nicht durch die Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen entkräftet, weil eine Zusammenschau der einschlägigen Erkenntnismittel ergibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien zumindest den internationalen und europäischen Mindeststandards entsprechen und jedenfalls elementare Bedürfnisse der Asylbewerber gedeckt werden können.

Asylbewerber haben in Italien entsprechend dem Grundrecht auf Asyl Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Über den Ablauf des Asylverfahrens wird über Informationsbroschüren in unterschiedlichen sprachlichen Fassungen sowie über Betreuungsdienste Auskunft gegeben. Bei Dublin-Rückkehrern ist im Regelfall gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr nach Italien ihren ursprünglichen Antrag auf internationalen Schutz weiterverfolgen oder erstmals einen Asylantrag stellen können. Im Falle einer negativen Verbescheidung kann ein Wiederaufnahmeantrag gestellt werden oder Beschwerde gegen den negativen Bescheid eingelegt werden. Das Asylverfahren soll zwar grundsätzlich nicht länger als sechs Monate dauern (vgl. Amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NW vom 23. Februar 2016). Der Umstand, dass diese Verfahrensdauer aufgrund der aktuellen Belastungssituation nicht immer eingehalten werden kann, rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines unzureichenden Asylverfahrens, zumal diesbezügliche Schwierigkeiten wegen des enormen Zustroms an Schutzsuchenden nicht nur in Italien, sondern in vielen europäischen Ländern bestehen.

Weiterhin erhalten Asylsuchende während des Asylverfahrens in Italien Leistungen für die Befriedigung von Grundbedürfnissen, insbesondere Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Kleidung (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 27.9.2018 m.w.N.). Auch wenn Italien diesbezüglich hinter den Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland zurückbleibt und insbesondere kein umfassendes Sozialsystem kennt, so begründet dies entsprechend der obigen Ausführungen keine systemischen Mängel.

Italien verfügt über ein umfassendes Gesundheitssystem, das medizinische Behandlungsmöglichkeiten auf hohem Niveau bereitstellt. Asylbewerber haben in gleicher Weise wie italienische Bürger einen Anspruch auf medizinische Versorgung, der mit der Registrierung eines Asylantrags entsteht. Bis zum Zeitpunkt der Registrierung werden gleichwohl medizinische Basisleistungen, wie beispielsweise kostenfreie Notfallversorgung, gewährleistet (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 27.9.2018, S. 17).

Während des Asylverfahrens haben Asylbewerber einen Anspruch auf Unterbringung. Grundsätzlich werden zahlreiche Plätze für Asylsuchende und Dublin-Rückkehrer in verschiedenen staatlichen Unterkünften zur Verfügung gestellt, die über ganz Italien verteilt sind. Sowohl das Bundesamt als auch Asylum Information Database (im Folgenden: AIDA) gehen von einer Gesamtkapazität von über 175.000 Plätzen aus (vgl. BAMF, Länderinformation: Italien, Stand: Mai 2017, S. 2; AIDA, Country Report: Italy, Stand: März 2018, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report_download/aida_it_2017update.pdf, S. 80 ff.), so dass angesichts der hohen Zahl von Asylbewerbern lange Zeit eine Überbelegung anzunehmen war. Ob diese Überlegung nach wie vor besteht, kann vorliegend jedoch offen bleiben, da davon auszugehen ist, dass eine Unterbringung der Asylbewerber und Dublin-Rückkehrer im Regelfall gewährleistet ist. Neben den staatlichen Einrichtungen existieren verschiedene karitative und kommunale Einrichtungen, die zusätzliche Unterkunftsmöglichkeiten bieten, um Asylbewerber vor Obdachlosigkeit zu schützen. In Einzelfällen ist es gleichwohl möglich, dass Dublin-Rückkehrer keine Unterbringung erhalten und vorübergehend obdachlos sind. Insbesondere kann es zu Problemen kommen, wenn Dublin-Rückkehrer in Italien bereits offiziell untergebracht waren, da der Anspruch auf Unterbringung in staatlichen Einrichtungen untergeht, wenn der Ausländer seine Unterkunft ohne vorherige Bewilligung verlässt oder eine ihm zugewiesene Unterkunft gar nicht erst in Anspruch genommen hat (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 27.9.2018, S. 16). Der Anspruch kann zwar wieder aufleben. Insoweit ist allerdings ein vorheriger Antrag bei der Questura erforderlich, die ursprünglich für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig war. Eine Unterbringung in einer staatlichen Einrichtung kann erst dann wieder erfolgen, wenn die Wiederaufnahme genehmigt wurde (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S.28). In dieser Übergangsphase sind Dublin-Rückkehrer auf die Hilfe von Freunden oder karitative Einrichtungen, über deren Aufnahmekapazität es keine gesicherten und aussagekräftigen Unterlagen gibt, angewiesen, um der Obdachlosigkeit entgehen zu können. Im Ergebnis ist die Unterkunftssituation in ihrer Gesamtschau daher weiterhin problematisch.

Gleichwohl sind diese defizitären Umstände noch nicht als generelle systemische Mängel in Italien zu qualifizieren, zumal die Annahme von Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO entsprechend den oben genannten Maßgaben an besonders hohe Anforderungen geknüpft ist. Der maßgebliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit muss sich auf Basis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ergeben und sich nicht nur auf einzelne Mängel des Systems beziehen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der italienische Staat mit Unterstützung von European Asylum Support Office der Europäischen Union (EASO) geeignete Maßnahmen ergriffen hat, um die Aufnahmekapazitäten stetig zu erhöhen und aktiv darum bemüht ist, diese auch weiterhin zu verbessern (vgl. EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015). Dies gilt umso mehr, als die Anzahl der in Italien ankommenden Asylbewerber seit Beginn des Jahres 2018 stark rückläufig ist.

Auf der Basis vorstehender Ausführungen schließt sich das Gericht unter Auswertung neuerer Erkenntnismittel und unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung der Einschätzung zahlreicher anderer Verwaltungsgerichte an, dass Italien grundsätzlich über ausreichende Unterbringungskapazitäten sowie ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes und richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz bestehender Mängel noch als funktionsfähig betrachtet werden kann (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 - 12 L 3754/16.A - juris; VG Augsburg, B.v. 1.3.2018 - Au 5 S 18.50329 - juris; VG München, B.v. 6.6.2018 - M 11 S 18.51151 - Beck RS 2018, 15962; B.v. 9.8.2018 - M 26 S 18.52225, BeckRS 2018, 19472; VG Ansbach, U.v. 1.8.2018 - AN 14 K 17.50567 - juris; VG Karlsruhe, U.v. 22.3.2018 - A 5 K 15921/17 - BeckRS 2018, 7260; OVG Lüneburg, B.v. 13.6.2018 - 10 LB 204/18, BeckRS 2018, 22826; B.v. 2.7.2018 - 10 LB 249/18, BeckRS 2018, 24922; BayVGH, U.v. 18.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; OVG Münster, U.v. 22.9.2016 - 13 A 2448/15.A - juris).

Diese Auffassung vertritt auch der EGMR, der in seiner Tarakhel-Entscheidung vom 4. November 2014 ausgeführt hat, dass zwar nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Asylbewerber im Einzelfall keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht sei, die allgemeine Situation der Asylbewerber in Italien aber nicht mit der Griechenlands vergleichbar sei und keine systemischen Mängel vorlägen (EGMR, Tarakhel ./.Schweiz, Nr. 29217/12 - NVwZ 2015, 127, Rn. 114 ff.).

Diese Einschätzung bedarf auch in Anbetracht des am 5. Oktober 2018 erlassenen und am 7. November 2018 durch den Senat sowie am 28. November 2018 durch das Parlament bestätigten Dekrets No. 113/2018 über Sicherheit und Migration (sog. Salvini-Dekret) keiner Modifizierung. Soweit ersichtlich, betrifft die Regelung Änderungen in den Bereichen des Aufenthaltsrechtes aus humanitären Gründen, des Verlustes eines zuerkannten Schutzstatus sowie des Zugangs für Asylbewerber zu den sog. SPRAR-Einrichtungen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand 27.9.2018, S. 6; Informationsverbund Asyl und Migration, Änderungen im italienischen Asylsystem in Kraft getreten, v. 29.10.2018; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mutual trust is still not enough, The situation of persons with special reception needs transferred to Italy under the Dublin III Regulation, 12.12.2018, S. 12 f.). Die asylverfahrens- und aufenthaltsrechtlichen Neuregelungen des Dekrets bestehen im Wesentlichen darin, dass der humanitäre Aufenthaltstitel weitgehend abgeschafft und erleichterte Voraussetzungen für die Aberkennung des subsidiären Schutzes geschaffen werden. Des Weiteren haben ab dem Stichtag 5. Oktober 2018 nur noch unbegleitete minderjährige Asylsuchende Zugang zu den SPRAR-Aufnahmeeinrichtungen. Ansonsten sind diese anerkannten Schutzberechtigten und humanitär Aufenthaltsberechtigten vorbehalten. Dies bedeutet zwar, dass vulnerable Personen künftig keinen Zugang zu diesen Einrichtungen haben, solange ihr Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist bzw. negativ abgeschlossen wurde. Für im Dublin-Verfahren zu überstellende Asylbewerber (sog. Dublin-Rückkehrer), welche nicht zu einem vulnerablen Personenkreis gehören, ergeben sich daraus jedoch keine unmittelbaren negativen Auswirkungen, da ihre Unterbringung, wie ausgeführt, im Regelfall gewährleistet ist. Des Weiteren liegt die Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechtes nach unanfechtbarem negativem Abschluss des Asylverfahrens gemäß Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vom 16. Dezember 2008 (ABl. L 348/98, sog. Rückführungsrichtlinie) im Ermessen der Mitgliedstaaten. Demgegenüber regelt Art. 9 der Rückführungsrichtlinie die Fälle, in denen kraft Unionsrechtes die Rückführung in das Herkunftsland trotz unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrages nicht zulässig ist. Im Übrigen ist der jeweilige Mitgliedstaat somit kraft seiner Gebietshoheit befugt, den Aufenthalt von unanfechtbar abgelehnten Asylbewerbern in seinem Hoheitsgebiet zu beenden, zu dulden oder durch Gewährung eines zumindest befristeten Aufenthaltsrechtes (vorübergehend) zu legalisieren. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Vorschriften der Rückführungsrichtlinie gegen primäres Unionsrecht, insbesondere Grundrechte der betroffenen Asylbewerber verstoßen würden, oder dass in der italienischen behördlichen Praxis rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber unter Verstoß gegen diese Vorschriften in ihr Herkunftsland zurückgeführt würden, liegen nicht vor.

c) Des Weiteren liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, die möglicherweise für eine Pflicht der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt bzw. für Ermessensfehler bei der Entscheidung über die Nichtausübung des Selbsteintrittsrechtes der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten. Die Ausübung des Selbsteintrittsrechts steht grundsätzlich im Ermessen der Mitgliedstaaten (sog. Ermessensklausel, vgl. EuGH, U.v. 16.2.2017 - C.K., C-578/16 PPU - juris Rn. 88; U.v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - juris Rn. 35 ff.). Zwar kann sich nach der Rechtsprechung des EGMR ein Mitgliedstaat, wie bereits ausgeführt, seiner Verantwortlichkeit für eine Grundrechtsverletzung infolge der Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat nicht unter Verweis auf dessen Zuständigkeit entziehen, wenn er die Befugnis zum Selbsteintritt - hier nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO - besitzt, von dieser Möglichkeit aber trotz der ernsthaften Gefahr einer Grundrechtsverletzung keinen Gebrauch macht (EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340 m.V.a. U.v. 30.6.2005 - Bosphorus, Nr. 45036/98 - NJW 2006, 197). Eine Pflicht zum Selbsteintritt kann aber nur dann angenommen werden, wenn sich das dem Mitgliedstaat eingeräumte Ermessen derart verdichtet hat, dass jede andere Entscheidung unvertretbar wäre (sog. Ermessensreduktion auf Null), weil außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern (vgl. BayVGH, U.v. 3.12.2015 - 13a B 15.50124 - juris Rn. 22 ff.; VG München, GB v. 29.2.2016 - M 12 K 15.50784 - juris Rn. 43 f.; einschränkend aber EuGH, U.v. 16.2.2017 - C.K., C-578/16 PPU - juris Rn. 88).

Die Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft und der Familieneinheit unterfällt zwar dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK. Bei der vorgetragene Ehe mit dem Antragsteller im Verfahren W 10 S 19.50274 handelt es sich allerdings um eine traditionell geschlossene Ehe, die nicht vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst ist, da es sich hierbei mangels staatlicher Anerkennung nicht um eine rechtswirksame Eheschließung handelt (vgl. Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 6. Aufl. 2017, § 6 Rn. 7 ff.). Zum aktuellen Zeitpunkt kann zwischen der Antragstellerin und ihrem traditionellen Ehemann auch (noch) kein tatsächlich bestehendes und schutzwürdiges Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK angenommen werden (vgl. Hofmann in BeckOK, AuslR, 21. Ed. 1.2.2019, EMRK, Art. 8 Rn. 16 ff.). Überdies ist davon auszugehen, dass die Beziehung auch in Italien fortgesetzt werden kann, da derzeit davon auszugehen ist, dass der traditionell angetraute Ehemann der Antragstellerin gemeinsam mit ihr nach Italien überstellt werden kann (vgl. VG Würzburg, B.v. 10.4.2019 - W 10 S 19.50274 -).

d) Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass im Falle der Antragstellerin keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere droht der Antragstellerin unter den oben genannten Voraussetzungen auch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, welche zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG führen würde.

Dieser Einschätzung steht auch die Tarakhel-Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014 nicht entgegen (EGMR, Tarakhel ./.Schweiz, Nr. 29217/12 - NVwZ 2015, 127, Rn. 114 ff.). Denn auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Antragstellerin als schwangere Frau zu einem besonders schutzbedürftigen (vulnerablen) Personenkreis im Sinne des Art. 21 der Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180/96, sog. Aufnahmerichtlinie) gehört, dessen Belangen im Einzelfall besonders Rechnung getragen werden müsste, sieht das Gericht derzeit keine Grundlage, ohne individuelle Zusicherung der italienischen Behörden generell einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK (bzw. Art. 4 EU-GR-Charta) annehmen zu können.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Wie bereits dargestellt wurde, hat der EuGH in seinem Urteil vom 19. März 2019 nunmehr klargestellt, dass systemische Schwachstellen nur dann als Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu werten sind, wenn eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht wird, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt (EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 91). Diese Schwelle ist aber selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich die betroffene Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. Die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats muss zur Folge haben, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 92 f.).

Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 8.8.2018 - 1 B 25/18 -, juris Rn. 11) steht einer Abschiebung das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nur dann entgegen, wenn im Zielstaat das für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere erreicht wird. Das kann der Fall sein, wenn die anerkannten Flüchtlinge ihren existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern können, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten. Einer weitergehenden abstrakten Konkretisierung ist das Erfordernis, dass ein gewisses „Mindestmaß an Schwere“ erreicht sein muss, nicht zugänglich. Vielmehr bedarf es insoweit der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Auch wenn diese Entscheidung unmittelbar den Fall eines anerkannt Schutzberechtigten betrifft, sind die zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK angenommen werden kann, angestellten Überlegungen gleichwohl auf den vorliegenden Fall übertragbar (so in der Tendenz auch BayVGH, B.v. 9.1.2019 - 10 CE 19.67 - juris Rn. 16 f.).

Das Gericht verkennt nicht, dass die Antragstellerin als Schwangere zu einem besonders schutzbedürftigen Personenkreis nach Art. 21 der Aufnahmerichtlinie gehört. Dies vermag für sich genommen im Falle der Antragstellerin jedoch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK zu rechtfertigen. Denn auf Grundlage einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalls ist nach Auffassung des Gerichts nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sich die Antragstellerin nach einer Rückkehr nach Italien in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlauben würde, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen.

Vorliegend gibt es einerseits gewichtige und aktuelle Anhaltspunkte für die Annahme, dass die italienischen Behörden der bestehenden Unterkunftsproblematik keinesfalls mit Gleichgültigkeit begegnen. Wie bereits ausgeführt, haben nunmehr zwar weder Dublin-Rückkehrer noch vulnerable Asylbewerber Zugang zu dem SPRAR - System (nun wohl SIPROIMI - „Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e per minori stranieri non accompagnati“), sondern werden in CAS-Einrichtungen (bzw. in Erstaufnahmeeinrichtungen) untergebracht. Geeignete Einrichtungen standen für vulnerable Personen bislang in den sogenannten SPRAR („Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugiati“) - Unterkünften zur Verfügung, in denen entsprechende Unterstützungsleistungen gewährt wurden. Es handelte sich hierbei um ein Unterbringungssystem auf kommunaler Ebene, das vom italienischen Staat zentral verwaltet wurde und eine Unterbringung bei privaten oder kommunalen Trägern vorsah (vgl. Amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NW vom 23. Februar 2016). Diese machten in der Vergangenheit jedoch einen eher geringeren Prozentsatz der staatlichen Unterbringungsmöglichkeiten aus, so dass nicht jeder Asylsuchende einen Platz erhalten konnte und die Zuteilung häufig mit langen Wartezeiten verbunden war (vgl. AIDA, Country Report: Italy, Stand: März 2018, S. 51, 76; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 41). Allerdings wird in Italien derzeit das gesamte Unterbringungssystem neu organisiert und umgestaltet. So werden Erstaufnahmeeinrichtungen die bisherigen CAS- und CARA-Unterkünfte ersetzen. In diesen werden Asylbewerber und Dublin-Rückkehrer untergebracht. Die sekundären Aufnahmeeinrichtungen (früher SPRAR) werden künftig als SIPROIMI bezeichnet und international Schutzberechtigten und unbegleiteten Minderjährigen zur Verfügung stehen. In den Erstaufnahmeeinrichtungen wird eine Versorgung mit Kernleistungen gewährleistet, die für jeden Asylbewerber bzw. Dublin-Rückkehrer die Möglichkeit die Versorgung der elementaren Grundbedürfnisse (Obdach, Lebensmittel, Kleidung, Hygieneartikeln) sicherstellt (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 26.2.2019, S. 5 ff.).

Auch nach italienischem Recht sind bei der Unterbringung die besonderen Bedürfnisse von Asylbewerbern, insbesondere vulnerabler Personen, zu berücksichtigen. Zudem wurde seitens des italienischen Innenministeriums ausdrücklich betont, dass die Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Bestimmungen (insbesondere der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) unter Wahrung der menschlichen Würde sichergestellt sei und die Vulnerabilität von Personen Berücksichtigung finde. Eine adäquate Unterbringung schutzbedürftiger Personen könne sichergestellt werden (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 26.2.2019, S. 6 ff., 10). Dafür spricht letztlich auch, dass nach dem Legislativdekret DL 152/2015 bei der Unterbringung auf die spezifische Situation schutzbedürftiger Personen Rücksicht zu nehmen ist, woraus sich konkrete spezielle Vorgehensweisen der italienischen Behörden ergeben, die der Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin hinreichend Rechnung tragen (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2019 - 10 CE 19.67 - juris Rn. 17). Hinzu kommt der Umstand, dass im Falle einer Überstellung aus einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen der Dublin III-VO die Vulnerabilität der betreffenden Person bereits bekannt ist (vgl. die entsprechenden Mitteilungspflichten nach Art. 31, 32 Dublin III-VO), so dass es nicht zu den teilweise beschriebenen Problemen bei der Identifizierung von Vulnerablen in Italien kommen kann (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich a.a.O., S. 21).

Gegen eine Verletzung des Art. 3 EMRK (bzw. Art. 4 EU-GR-Charta) spricht auch die Tatsache, dass sich die Antragstellerin derzeit in einem frühen Stadium der Schwangerschaft befindet und zudem mit dem angeblichen Kindsvater gemeinsam nach Italien zurückkehren kann. Es besteht daher genügend Zeit, sich um eine adäquate Unterkunft zu bemühen. Eine derart gravierende Lage der Antragstellerin, welche zum derzeitigen Zeitpunkt die Annahme rechtfertigen würde, dass dieser mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der Menschenwürde drohen würde, ist auf Basis der vorstehenden Ausführungen daher nicht anzunehmen. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin bislang nicht substantiiert ausgeführt hat, dass es ihr und ihrem traditionellen Ehemann in Italien nicht gelingen wird, ihre elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Soweit die Antragstellerin ausgeführt hat, sie habe in Italien keine Unterkunft gehabt, da sie keine Arbeit gefunden habe, so hat sie bisher nicht dargelegt, dass und in welcher Art und Weise sie sich überhaupt ernsthaft um eine Unterkunft bemüht hat. Stattdessen gab die Antragstellerin an, sie habe in der Wohnung ihres Freundes, der jetzt ihr Mann sei, gelebt.

e) Letztlich liegen auch keine inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG, die im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ebenfalls zum Prüfungsumfang des Bundesamts gehören (BayVGH, B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris m.w.N.), vor.

Insbesondere steht der Überstellung der Antragstellerin nach Italien aktuell kein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis im Hinblick auf die Wahrung der Familieneinheit entgegen. Die verfassungsrechtlichen Wertungen zum Schutz der Ehe und des Privatlebens in Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK gewähren dem Ausländer zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, nicht von seinen weiter im Bundesgebiet lebenden Familienmitgliedern getrennt zu werden. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der traditionell geschlossenen Ehe allerdings nicht um eine in Deutschland rechtlich beachtliche Ehe. Die Antragstellerin hat die Ehe nicht durch entsprechende Nachweise belegt, so dass die Abschiebung der Antragstellerin nach summarischer Prüfung auch nicht auf Grundlage schutzwürdiger familiärer Beziehungen rechtlich unmöglich ist, zumal deren traditionell angetrauter Ehemann gemeinsam mit ihr nach Italien überstellt werden kann (vgl. VG Würzburg, B.v. 10.4.2019 - W 10 S 19.50274 -).

Derzeit ist die Abschiebung der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der Schwangerschaft nicht rechtlich unmöglich. Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Gestalt einer Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn entweder keine Transportfähigkeit besteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne). Eine Reiseunfähigkeit kann beispielsweise im Falle einer Risikoschwangerschaft angenommen werden, für die sich jedoch keine Anhaltspunkte aus den vorliegenden Unterlagen ergeben. Die Schwangerschaft der Antragstellerin begründet vorliegend auch (noch) keine temporäre rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung, da sich die Antragstellerin nicht innerhalb der Mutterschutzfrist befindet. Nach § 3 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) dürfen werdende Mütter in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung grundsätzlich nicht mehr beschäftigt werden; das Beschäftigungsverbot dauert in der Regel bis 8 Wochen nach der Entbindung, § 6 Abs. 1 MuSchG. Die Wertungen des Mutterschutzgesetzes sind auch im Rahmen der Durchführbarkeit von Abschiebungen zu berücksichtigen (so auch VG Würzburg, B.v. 17.9.2018 - W 2 S 18.50430 - BeckRS 2018, 28103; VG München, B.v. 23.8.2018 - M 26 S 18.52227 - BeckRS 2018, 22654). Mit dem Beschäftigungsverbot innerhalb der Mutterschutzfrist korreliert ein Abschiebungsverbot, da die psychische und physische Belastung einer Schwangeren in dieser Zeit derart enorm ist, dass es durch eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung zu einer ernsthaften Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Mutter wie auch des ungeborenen Kindes kommen kann. Als voraussichtlicher Entbindungstermin der Antragstellerin wurde der 3. September 2019 errechnet, so dass die Mutterschutzfrist vorliegend weder begonnen hat, noch kurz bevorsteht. Im Übrigen ist die weitere medizinische Versorgung der Antragstellerin während ihrer Schwangerschaft entsprechend obiger Ausführungen auch in Italien gewährleistet.

Die Abschiebung der Antragstellerin nach Italien ist somit sowohl möglich als auch rechtlich zulässig.

3. Da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Der Antrag war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 75 Aufschiebende Wirkung der Klage


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.Die Revisio

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1985 geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört zu den Punjabi. Er verließ nach seinen Angaben Pakistan am 25.02.2012 und kam am 26.03.2012 nach Italien, wo er erkennungsdienstlich behandelt wurde. Am 03.06.2012 reiste er nach seinen Angaben auf dem Landweg über die Schweiz oder Frankreich nach Deutschland.
Am 18.06.2012 stellte er einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte daraufhin am 18.10.2012 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien. Am 30.11.2012 erfolgte die Zustimmung Italiens zur Rücküberstellung des Klägers.
Mit Bescheid vom 03.12.2012 erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht bei den Akten; jedenfalls wurde der Bescheid mit einem Begleitschreiben vom 15.01.2013 zur Post gegeben. Die für den 31.01.2013 vorgesehene Überstellung nach Italien konnte nicht durchgeführt werden, da der Kläger nicht angetroffen wurde.
Am 28.01.2013 erhob der Kläger Klage und machte geltend, eine Abschiebung nach Italien sei nicht zulässig. Er habe in Italien gar keinen Asylantrag gestellt. Auch bestehe die Gefahr der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung in Italien. Die Beklagte hätte von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.
Mit Beschluss vom 14.03.2013 (A 12 K 332/13) ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 03.12.2012 enthaltene Abschiebungsanordnung an und gab der Beklagten auf, dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Anordnung der aufschiebenden Wirkung mitzuteilen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 17.06.2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 03.12.2012 auf und verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland auf den ausdrücklichen Antrag des Klägers, sein Asylverfahren fortzuführen. Zur Begründung führte es aus: Zwar sei Italien der zuständige Mitgliedstaat. Allerdings leide das Asylsystem Italiens unter sog. systemischen Mängeln im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, sodass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsse.
Auf den rechtzeitig gestellten Antrag der Beklagten ließ der Senat durch Beschluss vom 14.08.2013 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.
Am 05.09.2013 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung begründet: Zunächst sei davon auszugehen, dass das Zuständigkeitsregime der Dublin-Verordnung keine subjektiven Rechte der Asylbewerber begründe. Im Übrigen gelte nach der Rechtsprechung des EuGH eine generelle Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention erfolge. Dass in Bezug auf Italien ernsthaft und erwiesenermaßen zu befürchten sei, dass systemische Mängel zwangsläufig mit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung der überstellten Asylbewerber einhergingen, könne nicht eingewandt werden. Nach den vorliegenden Quellen, insbesondere von UNHCR, seien derartige Befürchtungen nicht gerechtfertigt.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.06.2013 - A 12 K 331/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten verweist der Senat auf die gewechselten Schriftsätze. Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

Gründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Abschiebungsanordnung nach Italien.

Der am ... 1994 in ... (Gambia) geborene Antragsteller ist gambischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Fulla und muslimischem Glauben.

Seinen Angaben zufolge reiste der Antragsteller am 29. Oktober 2017 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 12. Dezember 2017 einen förmlichen Asylantrag stellte.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für ... (im Folgenden: Bundesamt) lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) vor. Für den Antragsteller liegt ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 mit der Kennung „...“ vor. Danach ist der Antragsteller am 17. Juni 2017 illegal nach Italien eingereist.

Das Bundesamt richtete am 14. Dezember 2017 ein Übernahmeersuchen an Italien. Dieses blieb im Folgenden unbeantwortet.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 15. Februar 2018 wurde der Antrag des Antragstellers auf Asylanerkennung als unzulässig abgelehnt (Nr. 1 des Bescheids). Nr. 2 bestimmt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) im Falle des Antragstellers nicht vorliegen. In Nr. 3 wird gegenüber dem Antragsteller die Abschiebung nach Italien angeordnet. Nr. 4 setzt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung fest.

In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, dass der Asylantrag des Antragstellers gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) unzulässig sei, da Italien auf Grund der illegalen Einreise gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Daher werde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Italien als zuständiger Mitgliedsstaat innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchens durch Italien oder der endgültigen negativen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder einer Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung habe, durchzuführen (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nach den Erkenntnissen des Bundesamtes nicht vor. Eine Abschiebung sei gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundrechte (EMRK) ergebe. In Betracht komme dabei in erster Linie eine Verletzung des Art. 3 EMRK und damit die Prüfung, ob im Falle einer Abschiebung der Betroffene tatsächlich Gefahr liefe, einer dieser absoluten Schutznorm widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Einer Dublin-Überstellung stünden einzig außergewöhnliche schwerwiegende humanitäre Gründe entgegen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sei davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfüge, welches trotz nach wie vor bestehender Mängel des Aufnahmeverfahrens prinzipiell funktionsfähig sei. Während des Asylverfahrens hätten Asylbewerber Anspruch auf Unterbringung, Verpflegung, Rechtsberatung, medizinische Versorgung, psychologische Hilfe und auf einen Dolmetscher. Ebenso bestehe ein Recht auf Kleidung und Hygieneartikel zum persönlichen Gebrauch. Wenn ein Asylverfahren nach sechs Monaten nicht abgeschlossen sei, hätten die Asylbewerber ein Recht zu arbeiten. Der Antragsteller habe nicht substantiiert vorgetragen, dass ihm im Falle einer Abschiebung nach Italien eine individuell-konkrete erhebliche Gefahr in dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderten Maße drohe. Der Antragsteller habe in seinem Vortrag nicht substantiiert dargelegt, inwiefern ihm in Italien eine individuelle Gefahr drohe. Der Antragsteller habe im Wesentlichen vorgebracht, dass er nicht nach Italien überstellt werden wolle, da er dort viele Probleme gehabt habe. Sein Zielland sei von Anfang an Deutschland gewesen. In Italien habe man ihn aus dem Camp für Flüchtlinge geworfen. Darüber hinaus habe er Schmerzen an der linken Hüfte. Diese habe er bereits in Afrika gehabt. Ein Attest bezüglich dieser Beschwerden sei nicht vorgelegt worden. Bezüglich der medizinischen Beschwerden sei der Antragsteller im Bedarfsfalle auf das italienische Gesundheitssystem zu verweisen. Die vorgetragenen medizinischen Beschwerden des Antragstellers (Schmerzen in der Hüfte) seien nicht als lebensbedrohlich und als nicht so schwerwiegend zu beurteilen. Eine Reiseunfähigkeit liege ebenfalls nicht vor. Es sei zu erwarten, dass bei dem Antragsteller durch eine Abschiebung nach Italien keine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eintreten werde und dass es für ihn möglich sein werde, in Italien eine eventuell notwendige medizinische Behandlung zu erhalten. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, von dem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse seien nicht geltend gemacht worden. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf sechs Monate sei im vorliegenden Fall angemessen.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 15. Februar 2018 wird ergänzend verwiesen.

Der Antragsteller hat gegen den vorbezeichneten Bescheid am 23. Februar 2018 Klage zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt, den Bescheid des Bundesamtes für ... vom 15. Februar 2018 (Gz.: ...) aufzuheben (Az. Au 5 K 18.50328). Über diese Klage ist noch nicht entschieden worden.

Ebenfalls am 23. Februar 2018 hat der Antragsteller im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: Au 5 K 18.50328) anzuordnen.

Zur Begründung wurde auf den Asylantrag vom 26. Januar 2018 Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des vorliegend aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG folgenden gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

a) Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für den gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder jene, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, da er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Ein Abweichen von diesen allgemeinen Grundsätzen der Entscheidungsfindung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist vorliegend nicht geboten. Insbesondere ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes geboten, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet gemäß der gesetzlichen Anordnung in § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG der Fall ist. Diese Modifizierung des Prüfungsmaßstabs im Eilrechtsschutzverfahren hat der Gesetzgeber nicht auf Rechtsschutzverfahren gegen nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG erlassene Abschiebungsanordnungen ausgedehnt, so dass es hier bei den allgemeinen Grundsätzen verbleibt (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, B.v. 26.1.2015 – Au 7 S 15.50015 – juris Rn. 15 m.w.N.).

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Eilverfahren, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.

b) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze überwiegt vorliegend das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage wird die vom Antragsteller erhobene Klage (Az. Au 5 K 18.50328) voraussichtlich ohne Erfolg bleiben.

aa) Die unter Nr. 1 des gegenständlichen Bescheids getroffene Ablehnung des Asylantrages des Antragstellers als unzulässig ist bei summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.

Ein Asylantrag ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da die Republik Italien aufgrund von dessen illegaler Einreise gemäß Art. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Entscheidung über den Asylantrag des Antragstellers zuständig ist.

(1) Maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zur Prüfung des Asylantrags ist im gegebenen Fall die Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutzes zuständig ist (Dublin III-VO), die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 49 Abs. 1 Dublin-III-VO). Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO findet diese Verordnung auf Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten (mithin ab 1. Januar 2014) gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 17.6.2014 – 10 C 7/13 – juris Rn. 27). Vorliegend sind sowohl der gegenständliche Asylantrag und damit auch der Antrag auf internationalen Schutz i.S.v. Art. 2 lit. b Dublin III-VO (12. Dezember 2017) als auch das Aufnahmegesuch an die Republik Italien (14. Dezember 2017) nach dem vorgenannten Stichtag gestellt worden.

(2) Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist in Fällen, in denen ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze illegal überschreitet, dieser Mitgliedstaat – hier Italien – für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag gestellt worden ist, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Nach Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO wird bei der Bestimmung des nach den Kriterien des Kapitels III zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO ist, wenn sich anhand der Kriterien der Dublin-III-VO der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Hier hat sich der Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen zunächst in Italien aufgehalten. Für den Antragsteller liegt ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 in Bezug auf Italien vor. Zutreffend hat die Antragsgegnerin daher am 14. Dezember 2017 ein Übernahmeersuchen an die Republik Italien gerichtet, welches im Folgenden unbeantwortet geblieben ist. Damit ist nach Art. 22 Abs. 1 und Abs. 7 Dublin III-VO die Zuständigkeit zur Behandlung des Asylantrages des Antragstellers mit Ablauf des 14. Februar 2018 auf die Republik Italien übergegangen. Auch die Frist aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO, nach der die Zuständigkeit (Italiens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts endet, ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht abgelaufen.

Gründe dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland als Antragsgegnerin gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers im Wege des Selbsteintrittsrechts übernehmen und das Ermessen der Antragsgegnerin insoweit auf Null reduziert sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

bb) Die Abschiebungsanordnung nach Italien in Nr. 3 des Bescheides begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

(1) Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 AsylG. Hiernach ordnet das Bundesamt bei – wie hier – beabsichtigter Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 AsylG) die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamts zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.

(2) Die Abschiebung des Antragstellers in die Republik Italien ist grundsätzlich auch rechtlich möglich.

Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO kann es sich als unmöglich erweisen, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, soweit es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 der EU–Grundrechtecharta – GR-Charta – mit sich bringen (vgl. hierzu EuGH vom 21.12.2011, Rs. C-411/10 u.a., juris; vom 14.11.2013, Rs. C-4/11, juris; vom 10.12.2013, Rs. C-394/12, juris). Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen einschlägige EU-Richtlinien genügen somit, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln; nur soweit das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, ist eine Überstellung mit Art. 4 GR-Charta unvereinbar (BVerwG vom 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Leitsatz und Rn. 6).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist festzustellen, dass im Fall des Antragstellers eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bei Rücküberstellung in die Republik Italien – bei der es sich als Mitglied der Europäischen Union bereits kraft Gesetzes um einen sicheren Drittstaat i.S.v. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG handelt – nicht ernsthaft zu befürchten ist. Systemische Mängel im italienischen Asylverfahren hat der Antragsteller bereits nicht aufzeigt. Solche sind auch für das Gericht nicht erkennbar. In dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt ist nicht zu erkennen, dass die Verhältnisse in Italien hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Schutz dergestalt zurückbleiben, das der Antragsteller dort mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein würden (vgl. dazu ausführlich OVG NRW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris; U.v. 7.7.2016 – 13 A 2238/15.A – juris).

Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 17.9.2014, u.a. – 2 BvR 1795/14 – juris) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Entscheidung der Großen Kammer v. 4.11.2014, Tarakhel, Nr. 29217/12) geben für den Fall des volljährigen, alleinstehenden Antragstellers, der nicht zu einer besonders schutzwürdigen Gruppe gehört, nichts her. Systemische Mängel in Italien werden in diesen Entscheidungen gerade nicht festgestellt. Beide Gerichte haben vielmehr unter Hervorhebung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Neugeborenen und Kleinstkindern die Auffassung vertreten, eine Überstellung nach Italien bedürfe einer vorherigen Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden, dass die jeweils betroffenen Asylsuchenden in Italien in einer der besonderen Situation von Kindern gerecht werdenden Einrichtung gemeinsam mit ihren Eltern untergebracht werden. Diese Entscheidungen, selbst wenn man etwa die Entscheidung des EGMR als Hinweis auf einen systembedingten Mangel der Aufnahmebedingungen in Italien für eine bestimmte Personengruppe verstehen wollte, treffen für den Fall des Antragstellers indes keine Aussage. Sowohl aus der Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014 (a.a.O.) als auch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 (a.a.O.) ergibt sich nicht, dass der Antragsteller als alleinstehender Mann zu dem besonders schutzbedürftigen Personenkreis gehört, bei dem Einschränkungen bei der Abschiebung nach Italien zu beachten sind. Die Einschränkungen betreffen Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. gegen Niederlande (Nr. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des Dublin-Verfahrens zu verbieten. Die Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts an den EuGH (B.v. 27.6.2017 – 1 C 26.16) betrifft die Situation anerkannter Flüchtlinge in Italien. Diese ist mit der Lage von Antragstellern, die sich noch im Asylverfahren befinden, nicht zu vergleichen. Wie ausgeführt, beachtet Italien die grundlegenden Verfahrensgarantien, die an ein Asylverfahren zu stellen sind ebenso wie die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber. Wie auch aus anderen europäischen Ländern bekannt ist, unterscheidet sich die Situation von Personen im laufenden Asylverfahren häufig grundlegend von der Lage anerkannter Flüchtlinge. Aus der Entscheidung des EuGH zu den vom Bundesverwaltungsgericht aufgeworfenen Fragen sind demnach keine entscheidungserheblichen Erkenntnisse für das vorliegende Dublin-Verfahren zu erwarten.

Nichts anderes folgt aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Aufnahmebedingungen in Italien, Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf) vom August 2016 (ebenso VG Schwerin, U.v. 26.9.2016 – 16 A 1757/15 As SN – juris). Auch der genannte Bericht liefert keine Hinweise darauf, dass Italien zur Bewältigung der Probleme durch die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen ergreift. Vielmehr reagiert Italien gerade im Bereich der Unterbringung von Asylsuchenden sehr flexibel auf den steigenden Zustrom (OVG NRW, a.a.O.). Dies bestätigen auch die von der Österreichischen Botschaft Rom dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich übermittelten Zahlen über die in Italien in Flüchtlingsunterkünften untergebrachten Personen, die auf Auskünften des italienischen Innenministeriums beruhen (Länderreport von Österreich v. 2.8.2016 und v. 29.9.2016). Aus dem Bericht folgt, dass das italienische Sozialsystem die Deckung der Elementarbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Hygiene und medizinischer Versorgung in noch ausreichender Weise gewährleistet. Dies gilt auch für die Not- und Grundversorgung von illegal sich in Italien aufhaltenden Personen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien bei Bedarf auch Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat (s. hierzu auch VG München, B.v. 8.3.2017 – M 8 S 16.50874 – juris Rn. 32). Grundsätzlich erhalten auch Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, medizinische Behandlung und sonstige Versorgung. Sofern sie einen Asylantrag stellen, wird ein Asylverfahren durchgeführt. Zusätzliche Aufnahmezentren sind geschaffen worden. Aktuelle Erkenntnisse diesbezüglich liegen den neueren Entscheidungen zugrunde (vgl. jeweils m.w.N. VG Osnabrück, B.v. 8.8.2017 – 5 B 212/17 – juris; VG München, B.v. 12.7.2017 – M 9 S 17.51545 – juris; B.v. 11.7.2017 – M 9 S 17.51549 – juris; VG Cottbus, B.v. 12.7.2017 – 5 L 442/17.A – juris; OVG NRW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 41 ff.; U.v. 7.7.2016 – 13 A 2302/15.A – juris Rn. 41; NdsOVG, U.v. 25.6.2015 – 11 LB 248/14 – DÖV 2015, 807). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrages in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Entwicklung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedsstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GR-Charta mit dem dafür notwendigen Schwergrad nahe lägen (vgl. OVG NRW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 41 ff.). Probleme bei der Unterbringung in der zweiten Jahreshälfte 2015 rechtfertigen keine andere Einschätzung, da diesbezügliche Schwierigkeiten nicht nur in Italien, sondern in weiten Teilen Europas bestanden. Aus diesen Gründen bestand für die Antragsgegnerin auch keine Veranlassung, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben.

Auch die gegenwärtige hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien wird erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann nicht ausgegangen werden. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. auch VG München, B.v. 2.5.2017 – M 9 S 17.50821 – juris, sowie BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Italien, v. 30.11.2017, S. 6 ff., 12 ff.). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich demnach auch nicht mit Blick auf die Situation des Antragstellers annehmen. Vielmehr geht das Gericht von einer hinreichenden Unterbringungs- und Versorgungsmöglichkeit in Italien aus.

Konkret sind des Weiteren keine gewichtigen Erkrankungen ersichtlich bzw. vorgebracht. Es ist nicht erforderlich, dass eine eventuell erforderliche medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Es ist nicht ersichtlich, dass die vom Antragsteller vorgetragenen gesundheitlichen Probleme (Hüftschmerzen) eine längerfristige ärztliche Behandlung erfordern würden und diese in Italien für den Antragsteller nicht erreichbar wäre. Aussagekräftige ärztliche Atteste hat der Antragsteller im Verfahren nicht vorgelegt.

Zudem verfügt Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge, wobei Asylsuchende sowie international Schutzberechtigte mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung gleichgestellt sind (vgl. VG München, B.v. 2.5.2017 – M 9 S 17.50821 – juris m.w.N.). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in Italien allgemein ein hoher medizinischer Standard gewährleistet ist (vgl. zum Ganzen: VG München, B.v. 11.7.2017 – M 9 S 17.51549 – juris; Gb. v. 4.7.2017 – M 9 K 17.50585 – juris; VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 – A 6 K 1356/15 – juris; jeweils m.w.N.).

(3) Auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, sind nicht ersichtlich. Diesbezüglich fehlt jeglicher Vortrag des Antragstellers.

Somit ist die Abschiebung des Antragstellers nach Italien rechtlich zulässig und möglich.

cc) Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) stellt sich ebenfalls als voraussichtlich rechtmäßig dar. Einwände hiergegen hat der Antragsteller nicht erhoben. Nach Ansicht des Gerichts ist die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs Monate angemessen (§ 11 Abs. 2 AufenthG). Die Befristung hält sich innerhalb des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffneten gesetzlichen Rahmens von bis zu fünf Jahren. Das nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eröffnete Ermessen wurde erkannt und ermessensfehlerfrei ausgeübt.

3. Nachdem die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes vom 15. Februar 2018, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller, nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 4. Februar 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte am 6. Februar 2018 ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) durch behördliche Mitteilung am 6. Februar 2018 schriftlich Kenntnis erlangte und stellte am 9. März 2018 einen förmlichen Asylantrag.

Eine EURODAC-Recherche ergab einen Treffer der Kategorie 1 für Italien (IT1..., Antragstellung 08.01.2015 in Taranto, s. Bl. 5 der Behördenakte) sowie einen Treffer der Kategorie 1 für die Schweiz (CH1..., Antragstellung 23.10.2017 in Vallorbe, s. Bl. 5 der Behördenakte). Am 14. März 2018 wurde vom Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet, das nicht beantwortet wurde. Aufgrund von Problemen mit DublinNet Italien wurde zunächst keine Empfangsbestätigung erhalten. Mit E-Mail vom 28. März 2018 wurde der Erhalt des Übernahmeersuchens durch Italien bestätigt (vgl. verspäteter Empfangsnachweis, Bl. 82 ff. der Behördenakte).

Bei der Erstbefragung durch die Regierung ... am 22. März 2018 gab der Antragsteller an, er sei nicht verheiratet, habe keine Kinder und auch sonst keine Verwandten in Deutschland oder Europa. Er habe in Italien einen Asylantrag gestellt und Fingerabrücke abgegeben. Sein Asylantrag sei positiv verbeschieden worden. Seine Permesso di Soggiorno habe er auf dem Weg in die Schweiz verloren. In der Schweiz habe er auch Asyl beantragt. Sein Antrag dort sei negativ verbeschieden worden.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und zur Zulässigkeit des Asylantrags am 9. März 2018 gab der Antragsteller an, er sei am 12. September 2014 von Libyen nach Italien eingereist, habe dort mindestens drei Jahre gelebt und sei dann in die Schweiz gereist und habe dort drei Monate gelebt. Bei der Einreise in Italien und der Schweiz habe er jeweils internationalen Schutz beantragt. Er habe keine Familienangehörigen in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat.

Bei den Anhörungen zur Zulässigkeit des Asylantrags und nach § 25 AsylG am 11. April 2018 gab der Antragsteller an, er habe sowohl in der Schweiz als auch in Italien eine Anhörung gehabt. In Italien habe er einen positiven Bescheid bekommen, in der Schweiz einen negativen. Die entsprechenden Bescheide habe er nicht. In Deutschland stelle er deshalb einen Asylantrag, weil er seine Dokumente und Papiere in Italien verloren habe. Außerdem er krank, er brauche medizinische Versorgung, die er in Italien nicht bekommen habe. Er habe Italien verlassen, weil er seine Papiere verloren habe. Wegen seiner Erkrankung sei er bei vier verschiedenen Krankenhäusern gewesen, die ihm alle nicht haben helfen können. Nach Italien könne er nicht zurück, weil er keine Papiere habe. In der Schweiz habe er ohnehin keinen Asylantrag stellen wollen. Er habe nur nach Deutschland kommen wollen. Als er in der Schweiz aufgegriffen worden sei, sei er vor die Wahl gestellt worden, entweder zurück nach Italien, wohin er nicht habe zurückgehen können oder in der Schweiz einen Asylantrag zu stellen. Sein Reiseziel sei aber Deutschland gewesen. Er sei auf dem linken Ohr taub. Er habe dies auf der Flucht bekommen. In ärztlicher Behandlung befinde er sich deswegen nicht. Er habe Atteste, aber diese seien in Italien. Er habe Medikamente bekommen, aber nicht ausreichend. Die Medikamente habe er in Italien bekommen. Er wolle in keinen anderen Staat in Europa überstellt werden. Er möchte nur in Deutschland bleiben, er glaube, dass er nur in Deutschland die nötige Unterstützung bekomme. Er habe keine Familienmitglieder in Deutschland und in ganz Europa nicht.

Mit Bescheid vom 13. April 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da Italien auf Grund des dort gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass der Antragsteller entgegen der bisherigen Erkenntnislage bereits in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten habe und deshalb die Dublin-III-Verordnung keine Anwendung finden könne, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit des Asylantrags. Die weitere Unzulässigkeit könne auch auf dem erfolglosen Abschluss des früheren Asylverfahrens beruhen, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorlägen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK oder Art. 4 EUGrundrechtscharta vorliege. Im Folgenden wurde detailliert näher dargelegt, warum im italienischen Asylsystem keine systemischen Mängel bestünden. Hinsichtlich der vorgebrachten medizinischen Beschwerden sei der Antragsteller im Bedarfsfall auf das italienische Gesundheitssystem zu verweisen. Der Antragsteller habe in seinem Vortrag in keiner Weise darlegen können, inwiefern die angegebene gesundheitliche Beschwerde eine erhebliche konkrete Gefahr für ihn darstelle. Darüber hinaus befinde er sich nach Kenntnislage des Bundesamts in keiner längerfristigen ärztlichen Behandlung in Deutschland. Die angegebenen medizinischen Beschwerden seien als nicht lebensbedrohlich und nicht so schwerwiegend zu beurteilen, als dass sie eine Reiseunfähigkeit begründen würden. Es sei zu erwarten, dass durch die Abschiebung keine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustands eintreten werde und dass es für ihn möglich sein werde, in Italien eine eventuell notwendige medizinische Behandlung zu erhalten. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller von einer medizinischen Versorgung in Italien grundsätzlich ausgeschlossen sei. Der Abschiebung stünden auch keine weiteren inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO veranlassen könnten, seien nicht ersichtlich.

Der Antragsteller hat am 26. April 2018 Klage erhoben (M 11 K 18.51150) und gleichzeitig beantragt,

hinsichtlich der Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des Bescheids vom 13.04.2018, Az.: ... die aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Zur Begründung nahm der Antragsteller auf seine Angaben beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Bezug. Im Falle einer Rückkehr nach Italien befürchte er, obdachlos auf der Straße seinen Lebensunterhalt mit Betteln bestreiten zu müssen. Er wisse nicht, wohin er sich in Italien sonst wenden könnte, um Unterstützung zu erhalten, da von den Behörden keine Unterstützung zu erwarten sei.

Das Bundesamt hat die Akten in elektronischer Form vorgelegt, sich inhaltlich jedoch nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in diesem und im zugehörigen Klageverfahren sowie die Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der nach § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung ist zulässig aber unbegründet.

Entfaltet ein Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Entsprechend diesem Maßstab ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht veranlasst, da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der angefochtene Bescheid erweist sich nach Aktenlage voraussichtlich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der VO 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO). Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedsstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Mitgliedsstaat bestimmt wird. Die Kriterien finden in der in Kapitel III genannten Rangfolge (Art. 7 ff. Dublin-III-VO) Anwendung. Lässt sich anhand der Kriterien der Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Daneben bestimmt die Dublin-III-Verordnung in Kapitel V (Art. 18 ff. Dublin-III-Verordnung) Pflichten der zuständigen Mitgliedstaaten, deren Verletzung zu einem Übergang von Zuständigkeiten führen kann.

Der Antragsteller ist entsprechend seinem Vortrag von Libyen kommend nach Italien eingereist, so dass nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO Italien für seinen dort ausweislich des erzielten EURODAC-Treffers am 8. Januar 2015 gestellten Asylantrag zuständig ist. Im Übrigen wurde dort jedenfalls der zeitlich frühere Asylantrag gestellt, so dass sich die Zuständigkeit Italiens auch aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO ergeben würde. Zudem hat Italien das gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO rechtzeitig gestellte Wiederaufnahmegesuch nach Art. 23 Abs. 1 Dublin III-VO (Empfangsnachweis am 28.03.2018, vgl. Akte Bl. 82 ff.) nicht beantwortet und wäre somit auch im Hinblick auf die sekundären Zuständigkeitskriterien nach Art. 18 ff. Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags zuständig. Gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin III-VO ist davon auszugehen, dass einem nicht fristgerecht beantworteten Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Dublin-III-Verordnung die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und den gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen oder die Prüfung abzuschließen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in Italien tatsächlich internationalen Schutz erhalten hat, bestehen nicht. Der Vortrag des Antragstellers, sein Asylantrag in Italien sei positiv verbeschieden worden, ist unsubstantiiert und reicht daher nicht aus, um von der Zuerkennung internationalen Schutzes in Italien ausgehen zu können. Dies folgt zum einen daraus, dass der Antragsteller keinerlei Nachweise diesbezüglich vorlegen konnte. Sein Vortrag er habe seine italienischen Dokumente verloren ist zum einen pauschal, vage und oberflächlich. Zum anderen ist der Vortrag des Antragstellers auch in sich widersprüchlich. So gab der Antragsteller im Rahmen der Befragung bei der Regierung ... am 22. März 2018 an, er habe seine Permesso di Soggiorno auf dem Weg in die Schweiz verloren. Im Rahmen der Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 11. April 2018 gab er hingegen an, er habe seine Papiere in Italien verloren und habe Italien verlassen, da er seine Papiere verloren habe, mithin habe er Italien gerade deshalb verlassen, da er seine Papiere verloren habe. Schließlich ist, ungeachtet der Tatsachen, dass der Antragsteller keine Nachweise bzgl. einer Zuerkennung internationalen Schutzes vorlegen konnte und seine Erklärungen hierzu unglaubhaft sind, der Inhalt seines Vortrags hinsichtlich der Schutzgewährung selbst bereits unbsubstantiiert, vage und oberflächlich ist. So trug der Antragsteller stets lediglich pauschal vor, sein Asylantrag in Italien sei positiv verschieden worden. Hingegen hat er schon keinerlei Angaben dazu gemacht, welche Art von Schutz er erhalten hat, für welchen Zeitraum er eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat und welche übrigen Dokumente er außerdem erhalten hat. Aufgrund all dessen ist nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller in Italien internationaler Schutz zuerkannt worden ist. Zwar findet sich hierzu im Bescheid keine ausdrückliche Begründung, was grundsätzlich einen Fehler in der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids darstellt. Unabhängig von der Heilungsmöglichkeit des § 45 VwVfG, wäre ein diesbezüglicher Begründungsfehler aber wohl bereits nach § 46 VwVfG unbeachtlich, da in der Sache keine andere Entscheidung ergehen könnte, da die Tatsache der Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat gerichtlich voll überprüfbar ist und dem Bundesamt diesbezüglich gerade kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zukommt. Im Übrigen wären in Bezug auf die Würdigung dieser Rechtsfrage höchstens einfache, aber keine für den Erfolg des Eilverfahrens erforderlichen ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids gegeben.

Die Zuständigkeit liegt auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO bei der Antragsgegnerin (oder einem anderen Mitgliedsstaat), weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedsstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedsstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. zur Dublin-II-VO BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Ls. und Rn. 9).

Entsprechend diesem Maßstab ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein noch. Das Gericht schließt sich zur Situation im Hinblick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte an (vgl. aktuell OVG SH, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris Rn. 39 ff.; OVG NW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris Rn. 72 ff.; OVG NW, U.v. 21.6.2016 – 13 A 1896/14.A – juris Rn. 47 ff.), die auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte steht (vgl. EGMR, U.v. 13.1.2015 - Nr. 51428/10; U.v. 30.6.2015 - Nr. 39350/13).

Der Antragsteller hat keine individuelle Gefährdung substantiiert geltend gemacht.

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, sind nicht ersichtlich.

Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, die über die bereits im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens relevanten Umstände hinausgehen, sind nicht ersichtlich. Insofern wird zunächst gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen.

Ergänzend dazu wird klargestellt, dass die vom Antragsteller vorgetragenen gesundheitlichen Probleme weder zu einem inlands- noch einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis führen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U. v. 11. 12. 2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 26 m. w. N.). Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind für Asylbewerber kostenfrei (VG Düsseldorf, B. v. 13. 07. 2015 - 13 K 6850/14.A - juris). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Bei fehlendem Wohnsitz genügt die Angabe einer virtuellen Adresse bei einer Nichtregierungsorganisation. Insbesondere die Caritas bietet Sammeladressen auch für Personen an, die keinen festen Wohnsitz haben, diesen jedoch unter anderem für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert die Not- und Grundversorgung sogar von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B. v. 19.9.2015 - Au 7 S 15.50412 - juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B. v. 5.11. 2014 - M 18 S 14.50356 - juris). Daher ist davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hätte. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass sich der Asylsuchende grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen muss, selbst wenn dieser - wofür vorliegend allerdings nichts spricht - dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte (vgl. VG Köln, U. v. 11.05.2015 - 14 K 799/15.A - juris Rn. 37). Zudem trägt der Antragsteller auch nichts weiter vor, das für eine Reiseunfähigkeit oder eine Lebensgefahr sprechen würde. Sein pauschaler Vortrag er sei auf dem linken Ohr taub und brauche daher medizinische Versorgung lässt in keinster Weise erkennen, weshalb er reiseunfähig sein oder sich sein Zustand in Italien verschlechtern solle. Der Antragsteller hat noch nicht einmal vorgetragen, dass er über Taubheit auf einem Ohr hinaus unter Schmerzen o.ä. leide. Zudem befindet er sich aktuell nicht in ärztlicher Behandlung, sodass bereits allein deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass seine Beschwerden die für ein inlands- oder zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis erforderliche Erheblichkeitsschwelle erreichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die drohende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. „Dublin Verfahrens“.

Der 1995 geborene Antragsteller ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger Nigerias. Er reiste nach seinen Angaben in der Anhörung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (i.F.: Dublin III-VO) vom 18. Juni 2018 am 10. April 2018 von Italien kommend in das Bundesgebiet ein und beantragte am 18. Juni 2018 förmlich beim Bundesamt Asyl.

Eine Eurodac-Recherche am 10. April 2018 ergab neben einem Eurodac-Treffer der Kategorie 2 für Italien (IT2…) auch einen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 (IT1…). Daraufhin wurde am 29. Mai 2018 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ein Wiederaufnahmegesuch an Italien gerichtet. Mit Schreiben vom 11. Juni 2018 erklärten die italienischen Behörden ihr Einverständnis mit der Rückübernahme des Antragstellers.

Bei seinen Anhörungen vor dem Bundesamt am 18. Juni und 4. Juli 2018 gab der Antragsteller an, er sei am 5. März 2017 in Italien eingereist und habe etwa ein Jahr und einen Monat in Turin gelebt. Er habe in Italien einen Asylantrag gestellt, sei aber hierzu noch nicht angehört worden. In Italien habe er unter Bluthochdruck gelitten, sei aber nicht behandelt worden. Deshalb wolle er nicht dorthin zurück. Nun sei er in ärztlicher Behandlung, die Einnahme von Medikamenten sei aber nicht erforderlich.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziff. 3) und befristete das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4).

Hiergegen erhob der Antragsteller am 17. Juli 2018 Klage. Zugleich beantragt er im gegenständlichen Verfahren:

Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien wird die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.

Zur Begründung führt er aus, er leide unter einer chronischen Hepatitis B-Infektion. Da die Versorgung von Asylbewerbern in Italien unzureichend sei, sei eine Rückkehr dorthin nicht zumutbar.

Vorgelegt wurde ein Bericht des Gesundheitsamts vom 14. Juni 2018 über eine Laboruntersuchung, die eine chronische und potenziell ansteckende Hepatitis B-Infektion ergab. Inwieweit eine ärztliche Behandlung erforderlich sei, hänge von etwaigen Beschwerden des Patienten und von zusätzlichen Tests ab, die vom Hausarzt durchzuführen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte.

II.

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier aufgrund des § 75 Abs. 1 AsylG einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Ein gewichtiges Indiz ist dabei die Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, hat das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurückzutreten. Erweist sich dagegen der Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu beurteilen, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung, bei der jedoch die gesetzgeberische Entscheidung, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, zu berücksichtigen ist.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylG) sind die Erfolgsaussichten seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts als gering anzusehen. Die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung erweist sich mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig.

Die Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt u.a. dann, wenn der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind nach summarischer Überprüfung gegeben. Danach ist Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat (nachfolgend unter a.) und es bestehen keine Hindernisse für die Durchführung der Abschiebung (nachfolgend unter b.).

a. Ausweislich des Eurodac-Treffers „IT1“ ist Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat. Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO).

Art. 3 Abs. 1 S. 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kap. III der Dublin-III-VO als zuständiger Mitgliedstaat bestimmt wird. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Dem Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“ zufolge hat der Antragsteller in Italien einen Asylantrag gestellt. Ausweislich des Eurodac-Trefferformulars wurde seine Asylantragstellung bereits am 19. April 2017 in Italien (Cuneo) registriert. Angesichts der Asylantragstellung steht Art. 13 abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO der Zuständigkeit Italiens nicht entgegen (vgl. OVG NRW, U.v. 7.3.2014 – 1 A 21/12.A – DVBl. 2014, 790 – juris Rn. 46 ff. zu der im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO; VG Minden, B.v. 18.2.2015 – 10 L 107/15.A – juris Rn. 22 ff.).

Des Weiteren hat das Bundesamt vor Erlass der Abschiebungsanordnung das Zustimmungsverfahren mittels seines fristgerechten Wiederaufnahmeersuchens vom 29. Mai 2018 durchgeführt. Da Italien sein Einverständnis mit der Wiederaufnahme des Antragstellers erklärt hat, ist Italien nunmehr verpflichtet, ihn wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO).

b. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Gründe i.S.d. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO, die der Überstellung des Antragstellers nach Italien entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Das Gericht folgt insoweit den Feststellungen und der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und sieht von einer umfassenden Begründung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Lediglich ergänzend bzw. zusammenfassend wird folgendes ausgeführt:

Das Gemeinschaftsrecht verlangt ein Absehen von der Überstellung in den nach der Dublin-III-VO an sich zuständigen Staat, wenn diese aus rechtlichen Gründen unmöglich ist. Dies wäre der Fall, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC mit sich bringen; dann nämlich verletzt eine solche Überstellung die Pflicht zur grundrechtskonformen Auslegung und Anwendung der Dublin-III-VO. Derartige systemische Mängel, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen weder bei der Durchführung von Asylverfahren noch hinsichtlich des Aufnahmesystems in Italien festzustellen.

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem wurde in einem Kontext entworfen, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (EuGH, U.v. 10.12.2013 – C-394/12 - Abdullahi/Bundesasylamt, juris Rn. 52; EuGH, U.v. 21.12.2011 − C-411/10, C-493/10 - N.S./Secretary of State for the Home Department u. a., juris Rn. 78). Nach diesem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens bzw. nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 –juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der GFK, der EMRK und der Charta der Grundrechte i.S.v. Art. 6 Abs. 1 EUV entspricht. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich (EuGH, U.v. 21.12.2011 – a.a.O., Rn. 99, 104).

Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Vermutung jedoch nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt (EuGH, U.v. 21.12.2011 – a.a.O., Rn. 81 ff). Vielmehr ist von systemischen Mängeln nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19.03.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 6; im Anschluss hieran B.v. 06.06.2014 – 10 B 35/14 – juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben schließt sich das Gericht der Bewertung des umfangreichen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte v. 13.1.2015 (Nr. 51428/10) und v. 30.6.2015 (Nr. 39350/13); OVG SH, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris, Rn. 39 ff.; OVG NRW, U.v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A - juris Rn. 54 ff.; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris; OVG Rh-Pf, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13.OVG - juris; OVG LSA, U.v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 - juris; OVG Berlin-Bbg., B.v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 - juris; OVG Nds, B.v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 - juris; U.v. 25.6.2015 - 11 LB 248/14 – juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss.

Zwar hatte Italien in der Vergangenheit Kapazitätsengpässe in Bezug auf Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Italien hat in den letzten Jahren auf den Zustrom der Flüchtlinge reagiert und seine Kapazitäten erhöht. So ist das Aufnahmesystem in Italien innerhalb von vier Jahren von ca. 5.000 Plätzen auf ca. 120.000 Plätze angewachsen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, S. 15). So kann auch die Europäische Flüchtlingsorganisation ECRE (= European Council on Refugees and Exiles), die die verschiedenen asylunterstützenden Organisationen der europäischen Länder bündelt, in ihrem für Italien aktualisierten Länderbericht vom 31. Dezember 2017, AIDA, S. 41 ff., sowie der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016, a.a.O, kein systematisches Versagen des italienischen Asylsystems feststellen. Ebenso sind aus weiteren aktuellen Berichten zur Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber Mängel und Defizite feststellbar (vgl. Länderreport der Menschenrechtspraxis 2017 des U.S. Departement of State v. 20.4.2018, S. 10 f., einsehbar z.B. über Asylfact; Bericht von Amnesty International „Italy 2017/2018“ v. 22.2.2018, abrufbar unter https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/italy/report-italy/ (Stand 19.6.2018); Bericht Ärzte ohne Grenzen „Out of sight“ v. 8.2.2018, abrufbar unter http://www.msf.org/en/article/out-sight-second-edition (Stand 19.6.2018), sie sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für die Personengruppe der „Dublin-Rückkehrer“, der der Antragsteller angehört, nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 GRC mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann nach alledem nicht angenommen werden.

Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheids bleibt auch ohne Erfolg, soweit Abschiebungshindernisse zu prüfen sind. Soweit der Antragsteller vorgetragen hat, er leide unter Bluthochdruck und einer chronischen Hepatitis B-Infektion, wurde nicht glaubhaft gemacht, dass eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlimmern würde (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, § 60a Abs. 2c AufenthG). Aus dem vorgelegten Befundbericht ergibt sich lediglich das Vorhandensein der Infektion; dass diese beim Antragsteller zu konkreten Beschwerden führt, die die Reisefähigkeit einschränken oder aufheben, ist nicht ersichtlich. Es liegt daher weder Reiseunfähigkeit noch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vor.

Im Übrigen kann eine medikamentöse Behandlung einer Hepatitis-Infektion auch in Italien durchgeführt werden. Die Antragsgegnerin ist gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 und 2 Dublin-III-VO verpflichtet, bei der Überstellung nach Italien diesem Staat eine Gesundheitsbescheinigung mit allen erforderlichen Daten zu übermitteln. Alle Asylbewerber haben in Italien kostenfreien Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem (OVG NW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016 an das OVG NW, S. 6). Alle, auch irregulär anwesende Personen und Rückkehrer, haben ein Recht auf medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall, auch ohne Selbstbehalt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) vom August 2016, S. 54 f. („Aufnahmebedingungen in Italien – Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien“, einsehbar z.B. über MILO oder Asylfact bzw. in der Gerichtsbibliothek – Dublin-Sammlung: Italien – bzw. teils frei zugänglich im Internet abrufbar); Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 6). Das sog. ticket – der Selbstbehalt – muss darüber hinaus auch langfristig nicht bezahlt werden, solange eine nicht erwerbstätige Person bspw. in einer SPRAR-Einrichtung untergebracht ist oder eine sog. STP-Karte besitzt (Bericht der SFH vom August 2016, a.a.O., S. 56f.). Zugang zu einem Hausarzt und zu weiteren medizinischen Leistungen erhält man über eine Gesundheitskarte, die man ohne weiteres über eine Registrierung bei den lokalen Institutionen erlangt (Bericht der SFH vom August 2016, a.a.O., S. 55).

Schließlich sind auch ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis oder individuelle außergewöhnliche Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO notwendig machen, nicht ersichtlich.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres Asylantrages als unzulässig und die Anordnung ihrer Überstellung nach Italien im Rahmen des „Dublin-Verfahrens“.

Der Kläger sind äthiopische Staatsangehörige, reisten am 13. Januar 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten dort am 2. Dezember 2016 ihre Asylanträge.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) – der Abgleich der Fingerabdrücke ergab einen EURODAC-Treffer der Kategorie 2 – lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO).

Daraufhin wurde am 12. Januar 2017 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Italien gerichtet, das ohne Antwort bleib und damit gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO nach zwei Monaten als akzeptiert galt.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 15. März 2017 wurden die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Nummer 1 des Bescheides) und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nummer 2). Unter Nummer 3 des Bescheides wurde die Abschiebung nach Italien angeordnet. Unter Nummer 4 des Bescheides wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1

Aufenthaltsgesetz (AufenthG) auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Die Kläger haben mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. März 2017, eingegangen bei Gericht am 27. März 2017, Klage erhoben. Im weiteren Verlauf trugen die Kläger, zuletzt mit Schriftsätzen vom 17. Oktober 2017 und 16. November 2017, vor, die Überstellungsfrist von sechs Monaten sei am 13. September 2017 abgelaufen. Dem entgegnete die Beklagte, zuletzt mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2017, dass die Kläger am 9. und am 10. Mai 2017 unbekannten Aufenthalts gewesen seien, und dass deshalb unter dem 27. Juli 2017 durch Schreiben an die italienischen Behörden die Überstellungsfrist bis zum Ablauf des 13. September 2018 verlängert worden sei.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung verweist die Beklagte im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in dem Bescheid vom 15. März 2017.

Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2018 verzichteten die Kläger auf mündliche Verhandlung, die Beklagte aufgrund allgemeiner Prozesserklärung vom 27. Juni 2017.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss der Kammer vom 1. August 2018 nach Anhörung der Prozessbevollmächtigten der Kläger sowie aufgrund allgemeiner Prozesserklärung der Beklagten vom 27. Juni 2017 auf den Einzelrichter übertragen.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht entscheidet durch den Einzelrichter, dem das Verfahren durch Beschluss der Kammer vom 1. August 2018 übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylG).

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klage wurde insbesondere fristgerecht erhoben gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klage ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2017 rechtmäßig ist, und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Grundlage für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2780) geändert worden ist.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) sind die Ablehnung der Asylanträge als unzulässig (Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheides), die Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz bestehen (Nummer 2) und die unter Nummer 3 angeordnete Abschiebung nach Italien rechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Befristungsentscheidung unter Nummer 4 des Bescheides.

Die Beklagte hat den Asylantrag der Kläger zu Recht als unzulässig abgelehnt (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylG).

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat a) nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO - oder b) aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Der Asylantrag der Kläger ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG unzulässig, weil nach zutreffender Auffassung der Beklagten im vorliegenden Fall Italien für die Behandlung des Asylgesuchs der Kläger zuständig ist (Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO).

Nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 v. 19. Juni 2013, S.31 – „Dublin IIIVO“), wird der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Hier ist Italien für die Prüfung der Asylanträge zuständig.

Nachdem die italienischen Behörden auf das Aufnahmegesuch Deutschlands nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten (Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO) reagierten, ist gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung Italiens nach sich zieht, die Kläger aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für ihre Ankunft zu treffen.

Die Zuständigkeit Italiens ist nicht auf die Beklagte übergegangen. Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich insbesondere nicht wegen Ablaufs der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO.

2.1. Die (zunächst 6-monatige) Überstellungsfrist ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht abgelaufen. Denn die Beklagte hat von der Möglichkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO Gebrauch gemacht. Danach kann die Überstellungsfrist auf höchstens 18 Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat zwar detailliert und engagiert dargelegt, dass die Kläger in einer längeren Zeitspanne, in die auch der 9. und 10. Mai 2017 fallen, gearbeitet und ihr Essen eingenommen hätten, konnte die Anwesenheit der Kläger in der ihnen zugewiesenen Unterkunft aber für den 9. und 10. Mai 2017 im Besonderen nicht beweisen. Allgemeine Arbeitsbescheinigungen für die Kläger über mehrere Monate, beim Kläger zu 1) im Übrigen erst ab dem 13. Mai 2017, sind nicht hinreichend. Essensteilnahme-Kreuzchen sind ebenso kein verwertbarer Beleg für eine Anwesenheit, ebenso wenig die Tatsache, dass die Kläger jeweils ihre Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz entgegengenommen haben (Letzteres wurde zumindest nicht dargelegt für den 9. und 10. Mai 2017). Wird aber eine Person zu einem Zeitpunkt, in der sie sich üblicherweise in der zugewiesenen Unterkunft aufhält, nicht angetroffen, so ist es aufgrund der Mitwirkungspflicht nach § 15 AsylG an ihr, plausibel darzulegen, dass sie nicht flüchtig war, indem sie konkret darlegt, „wann sie sich wo zu welchem Zweck aufgehalten hat“ (vgl. VG Minden, B.v. 16.3.2018 - 10 L 258/18.A -, juris). Daran fehlt es hier.

Der Umstand, dass die Kläger im relevanten Zeitpunkt, 9. und 10. Mai 2017, unabgemeldet abwesend gewesen waren, steht fest, wie sich aus den von der Beklagten unter dem 13. Dezember 2017 vorgelegten Unterlagen ergibt. Zumindest waren die Kläger in der Zeit vom 9. bis 10. Mai 2017 für die Behörden nicht auffindbar. Im fraglichen Zeitrahmen galt die staatliche Zuweisung an die Unterkunft, in der die Kläger nicht anwesend waren.

Unter Beachtung von Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2, Alt. 2 Dublin III-VO konnte die Verlängerung der Überstellungfrist durch die Beklagte erfolgen. Die Fristenregelungen der Dublin III-VO begründen zwar zweifellos nach der neuen Rechtsprechung des EuGH (U.v. 25.10.2017, Rs. C-201/16 , juris: 6-monatige Überstellungsfrist des Art. 29 Dublin III-VO ist drittschützend und bewirkt nach Verstreichen Zuständigkeitsübergang) subjektive Rechte des Asylbewerbers. Wenn hier die Überstellungsfrist abgelaufen wäre und der ursprünglich zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Übernahme bereit wäre, bestünde für das Asylverfahren die Zuständigkeit der Beklagten.

Die Beklagte hat aber von der Möglichkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist Gebrauch gemacht. Dabei ist dies - und das genügt mangels entgegenstehenden Unionsrechts - dadurch bewirkt und dokumentiert, dass die Beklagte den italienischen Behörden mitgeteilt hat, dass die Kläger flüchtig sind, und dass die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO bis zum 13. September 2018 verlängert wird, und zwar innerhalb des Laufs der zunächst geltenden 6-monatigen Überstellungsfrist. Die Beklagte hat Italien über die Flüchtigkeit der Kläger und die daraus folgende Unmöglichkeit der Überstellung informiert. Das Erfordernis der Information des Zielstaates vor Ablauf der Überstellungsfrist folgt aus Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 i.V.m. Art. 29 Abs. 4 Dublin III-VO. Dem hat die Beklagte mit ihrem Schreiben an die italienischen Behörden genügt. Darin liegt auch eine - jedenfalls konkludente getroffene - nach dem Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO („Die Frist […] kann verlängert werden […]“) erforderliche Entscheidung der Beklagten über die Fristverlängerung (vgl. zur Notwendigkeit einer Entscheidung der Beklagten über die Fristverlängerung VG Dresden, U.v. 12.06.2015 - 7 K 2951/14.A -, juris). Nach der VO (EU) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 erhielt Artikel 9 Absatz 2 folgende Fassung: „(2) Ein Mitgliedstaat, der aus einem der in Artikel 29 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 genannten Gründe die Überstellung nicht innerhalb der üblichen Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Annahme des Gesuchs um Aufnahme oder Wiederaufnahme der betroffenen Person oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung hat, vornehmen kann, unterrichtet den zuständigen Mitgliedstaat darüber vor Ablauf dieser Frist. Ansonsten fallen die Zuständigkeit für die Behandlung des Antrags auf internationalen Schutz bzw. die sonstigen Verpflichtungen aus der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gemäß Artikel 29 Absatz 2 der genannten Verordnung dem ersuchenden Mitgliedstaat zu.“ Einen Verwaltungsakt mit Außenwirkung gegenüber den Klägern stellt die Verlängerung der Überstellungsfrist nach einhelliger Rechtsauffassung nicht dar.

Es kann dahinstehen, ob Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 Dublin III-VO die Befugnis verleiht, die Höchstdauer der Verlängerung der Überstellungsfrist stets auszuschöpfen, zumal diese Frist nur einmal (aufgrund eines Fluchttatbestandes) verlängerungsfähig ist. Aus letzterem Grund ist auch aus keiner unionsrechtlichen Vorschrift die Pflicht der Beklagten zu erkennen, nach dem Wiederauftauchen der Kläger die rechtskonform verlängerte Frist zu begrenzen.

Die Kläger können sich mithin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Frist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO von 6 Monaten abgelaufen ist. Denn ein Asylbewerber ist bereits dann „flüchtig“, wenn er sich seiner sonst möglichen Überstellung durch sein Nichtdasein mit bedingtem Vorsatz entzieht. Die Kläger waren am 9. und 10. Mai 2017 vollziehbar ausreisepflichtig. „Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch dem Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung ‚flüchtig ist‘ knüpft nämlich an die ‚Überstellung‘ an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten“ (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.02.2015 – RN 3 K 14.50264 -, juris, sowie VG Magdeburg, B.v. 11.12.2014 - 1 B 1196/14 m.w.N. -, juris).

Dies gilt insbesondere im Betrachte des § 10 Abs. 1 AsylG, über den die Kläger belehrt wurden, wonach der Asylbewerber („Ausländer“) während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen hat, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können. Ein Asylbewerber ist „flüchtig“ im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bei jeder Form eines unbekannten Aufenthalts, mit der er sich vorsätzlich und unentschuldigt seiner Abschiebung entzieht (BayVGH, B.v. 29.04.2016 – 11 ZB 16.50024, juris). Dieses subjektive Moment im Sinne eines dolus eventualis (Inkaufnehmens) ergibt sich aus dem Wort „flüchtig“, das eben mehr voraussetzt als nur „abwesend“ oder “nicht erreichbar“, aber die Inkaufnahme einer vergeblichen Abschiebung genügen lässt.

Eine Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages bringt es auf den Punkt: „Eine Verlängerung, weil der Asylbewerber flüchtig ist, ist dann möglich, wenn ein Überstellungsverfahren bereits gescheitert oder aussichtlos ist, weil die Person ohne Verschulden der Behörden nicht auffindbar ist oder rechtmäßigen Anordnungen, ihren Aufenthaltsort mitzuteilen oder sonstigen Pflichten zur Mitwirkung an einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nachkommt“ (wiss. Dienst des BT, AZ: WD 3 - 3000 - 115/15, vgl. auch Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Anm. 49 zu § 29 AsylG).

Ebenso urteilte das VG Schwerin (B.v. 24.08.2016 - 3 B 2176/16 As SN -, juris): „…hat die Antragsgegnerin am 07.06.2016 vor Ablauf der Überstellungsfrist am 10.06.2016 einen Überstellungsversuch unternommen, dem sich der Antragsteller in zurechenbarer Weise entzogen hat mit der Folge, dass er als flüchtig im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO anzusehen war…Unter ‚flüchtig‘ sind alle Sachverhalte zu subsumieren, in denen der Antragsteller aus von diesem zu vertretenden Gründen für die Behörden des die Überstellung durchführen wollenden Staates nicht auffindbar ist oder sonst wie das Verfahren absichtlich behindert (Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Stand: 01.02.2014, Art. 29 K12 m.w.N.). Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung dauerhaft verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung ‚flüchtig ist‘ knüpft nämlich an die ‚Überstellung‘ an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.02.2015 - RN 3 K 14.50264 – Rn. 54 ff., juris m.w.N.).“

Ähnlich judiziert das Verwaltungsgericht Greifswald (U.v. 16.12.2016 - 3 A 231/16 As HGW, juris sowie Gerichtsbescheid v. 31.05.2016 - 3 A 256/16 As HGW -, juris): „Flüchtig … ist eine Person dann, wenn sie über einen erheblichen Zeitraum hinweg aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht auffindbar ist.“

Im vorliegenden Fall hatten die Kläger ihre Unauffindbarkeit (und diese nicht nur über eine kurze Zeitspanne, etwa zum Einkaufen oder Abendbummel) auch zu vertreten. Sie hatten im Übrigen nichts dazu geäußert, woraus sich ergibt, dass auch der Beklagten oder der zuständigen Ausländerbehörde bzw. der Unterkunftsleitung ihr wirklicher Aufenthaltsort am 9. und 10. Mai 2017 bekannt gewesen ist.

Es ist mangels einer Abmeldung der Kläger nicht nachvollziehbar, wann und wo sie sich während des 9. und 10. Mai 2017 aufhielten. Ein Auszug aus der Unterkunft ist aufgrund des schlüssigen Vorbringens der Prozessbevollmächtigten der Kläger samt Anlagen zwar nicht anzunehmen, aber auch nicht erforderlich zur Annahme von „Flüchtigkeit“.

Auch das Sich-Entfernen von der Unterkunft ohne Abmeldung wie hier genügt, um zu verhindern, dass die Beklagte 6 Monate ununterbrochen zur Verfügung hat, um die Abschiebung zu planen, vorzubereiten und durchzuführen.

Die hier ausgeführten Grundsätze müssen übrigens auch unabhängig davon gelten, ob ein Überstellungsversuch - wie hier nicht - konkret stattgefunden hat oder nicht. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO kommt es bei der 2. Alternative nicht darauf an, ob ein Abschiebungsversuch unternommen wurde: „Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.“ Es ist dem betreffenden abschiebewilligen Mitgliedstaat, so die ratio dieser unionsrechtlichen Vorschrift, nicht zuzumuten, mit ständigen Unwägbarkeiten zu rechnen, sondern ihm soll die 6-monatige Überstellungsfrist ununterbrochen zur Verfügung stehen (vgl. EuGH, U.v. 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - Rn. 43 ff., juris), um die Überstellung in Abstimmung mit dem zuständigen Mitgliedstaat vernünftig und für den Asylbewerber sozialverträglich zu organisieren. Dieser Wertung entspricht auch die gängige Rechtsprechung, dass durch einen Eilantrag und Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts die 6-Monatsfrist zur Überstellung unterbrochen wird. Die Überstellungsfrist beginnt mithin ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe eines ablehnenden Eilbeschlusses vollständig neu zu laufen (BVerwG, B.v. 27.4.2016 - 1 C 22.15 - und U.v. 26.05.2016 - 1 C15.15 -, juris; OVG NRW - B.v. 07.07.2016 - 13 A 2302/15.A -, juris).

Freilich begrenzt der auch europarechtlich fundierte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. statt vieler EuGH, U.v. 11.07.1989, C-265/87, Slg. 1989, 2237, zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts) die Möglichkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist: ist der Ausländer nur für eine unerheblich kurze Zeit oder unverschuldet unangemeldet unauffindbar (Einkauf, sonstige private Erledigung, Arztbesuch, Unfall), ist selbstverständlich nicht von Flüchtigkeit auszugehen. Bei der hier streitgegenständlichen Zeitspanne des Fernbleibens verhält es sich jedoch anders.

Die Verlängerung der Überstellungsfrist war also rechtlich korrekt, da die Kläger für eine nicht unerheblich kurze Zeit unentschuldigt und ohne Abmeldung unauffindbar waren, und dies dem Bundesamt bekannt wurde. Mehr als die Abwesenheit festzustellen und die Kläger in die Abgangsliste einzutragen, wie geschehen, konnten die Beklagte respektive deren Hilfsbedienstete nicht unternehmen.

2.2. Besondere Umstände, die nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO zu einer Zuständigkeit der Beklagten führen würden, sind seitens der Kläger weder konkret vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C 4 11/10 und C 493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer ernsthaften und durch Tatsachen bestätigten Gefahr für die Kläger führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Grundrechtscharta bwz. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Der Asylbewerber kann der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat mithin nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten (so grundsätzlich EuGH, U.v. 10.12.2013 - 10-394/12 -, juris). So bestimmt Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird. An die Feststellung systemischer Mängel sind hohe Anforderungen zu stellen. Einzelne Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK der zuständigen Mitgliedstaaten genügen hierfür nicht. Von systemischen Mängeln ist vielmehr erst dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 -, juris; B.v. 6.6.2014 - 10 B 25/14 -, juris).

Ausgehend davon bestehen nach dem der Kammer vorliegenden Erkenntnismaterial im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern im Falle der Rücküberstellung nach Italien auf Grund dort vorhandener systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber eine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta (GRCh) bzw. Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) drohen würde. Die Kläger haben keine Argumente dafür vorgetragen, die auf systemische Mängel bzw. Schwachstellen im Asylverfahren in Italien schließen lassen, von denen sie individuell betroffen sein könnten. Solche sind dem Gericht auch nicht bekannt (vgl. zum Asylverfahren im Einzelnen Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG NRW vom 23.2.2016, 1.1). Die Verneinung systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien entspricht zudem der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Menschengerichtshofs (vgl. in unterschiedlichen Fallkonstellationen - EGMR, Urteil vom 30. Juni 2015 - 39350/13 -, Rn. 36, vom 13.1.2015 - 51428/10 -, juris, Rn. 35 und v. 4.11.2014 - 29217/12 -, juris, Rn. 114 f.) sowie der Rechtsprechung deutscher Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 14.30295 -, juris; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris; Hess.VGH, B.v. 28.2.2014 - 10 A 681/13.Z.A -, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A -, juris; U.v.22.09.2016 - 13 A 2248/15.A -, juris; U.v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris; OVG Lüneburg, U.v. 25.6.2015 - 11 LB 284/14 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 14.11.2013 - 4 L 44/13 -, juris; VG Ansbach, U.v. 15.1.2016 - AN 14 K 15.50422 -, juris; VG Magdeburg, B.v. 23.1.2017 - 8 B 15/17 -, juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA – Asylum Information Database erstellten aktuellen Länderbericht zu Italien vom Dezember 2016 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/ aida_it_2016update) oder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016 (abrufbar unter https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedin-gungen-final.pdf; vgl. dazu auch VG Schwerin, U.v.26.09.2016 - 16 A 1757/15 As SN -, juris, Rn. 122). Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass in Italien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Grundsätzlich erhalten auch sog. Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, medizinische Behandlung und sonstige Versorgung, es wird ein Asylverfahren durchgeführt. Die Situation in Italien hat sich 2017 verbessert, zusätzliche Aufnahmezentren sind geschaffen worden (vgl. zur neueren Rechtsprechung VG Augsburg, Gerichtsbescheid v. 5.3.2018 - Au 5 K 18.50256 -, juris, VG Greifswald, B.v. 8.11.2017 - 6 B 2052/17 As HGW -, juris). Aus diesen Gründen bestand für die Beklagte auch keine Veranlassung, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO wegen des Vorliegens außergewöhnlicher humanitärer Gründe auszuüben.

Ergänzend wird hierzu auf die ausführliche Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

2.3. Auch die Anordnung der Abschiebung nach Italien (Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheides) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylG. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 2. Alt. AsylG ordnet das Bundesamt in den Fällen, in denen der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in den zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Italien ist – wie bereits ausgeführt – für die Prüfung des Asylantrages der Kläger zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Eine fehlende Übernahmebereitschaft Italiens ist nicht gegeben, da Italien innerhalb der vorgesehenen Zweimonatsfrist auf das Ersuchen um Übernahme nicht geantwortet hat und deshalb davon auszugehen ist, dass dem Übernahmeersuchen stattgegeben wird, was die Verpflichtung Italiens zur Aufnahme und zu entsprechenden Vorkehrungen für die Versorgung der Betreffenden nach sich zieht (vgl. Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO).

2.4. Die erfolgte Befristung des Einreiseverbots auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nummer 4 des Bescheides) begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Rechtsgrundlage hierfür ist § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG. Anhaltspunkte dafür, dass die im vorliegenden Fall festgesetzte Frist von sechs Monaten gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt, bestehen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Befristungsentscheidung im vorliegenden Fall unzutreffende Erwägungen zu Grunde gelegt oder Belange der Kläger nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

2.5. Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als die Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG festgestellt hat, dass zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1

Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen. Abschiebungshindernisse, die einer Abschiebung der Kläger nach Italien entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden seitens der Kläger auch nicht vorgetragen. Dies gilt zum einen hinsichtlich zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), deren Nichtvorliegen die Beklagte in Nummer 2 des angefochtenen Bescheides in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG festgestellt hat. Auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die die Beklagte bei Abschiebungsanordnungen nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ebenfalls zu prüfen hat (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 - 10 CE 15.810, 10 C10 C 15.813 -, juris Rn. 4), sind nicht ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, der nach eigenen Angaben am 1. Januar 1989 im Dorf Baba, Bezirk Jaghuri, Provinz Ghazni, geboren wurde, ist afghanischer Staatsangehöriger und hazarischer Volkszugehöriger. Er reiste am 25. April 2011 ins Bundesgebiet ein. Am 12. Mai 2011 stellte er Asylantrag. Bei der Vorprüfung stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF - Bundesamt) anhand von Eurodac-Daten (Nr. IT1BZ017F6) fest, dass der Kläger am 7. November 2008 bereits in Bozen (Italien) einen Asylantrag gestellt hatte.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 14. Juni 2011 gab der Kläger Folgendes an: Er sei Ende 2007 aus Afghanistan ausgereist und dann über Iran, Türkei und Griechenland nach Italien gelangt. Dort sei er Ende 2008 angekommen. Anfang 2011 sei er nach Griechenland abgeschoben worden. Im April 2011 sei er dann von Athen aus nach München geflogen. Während seines Aufenthalts in Griechenland habe er keinen Asylantrag gestellt. In Italien habe er zwar Asylantrag gestellt, es sei aber nicht zu einer Anhörung gekommen. Die italienischen Behörden hätten festgestellt, dass er bereits in Griechenland seine Fingerabdrücke abgegeben habe, weswegen er dann von Italien aus nach Griechenland abgeschoben worden sei. Er sei aus Angst vor Bedrohung aus Afghanistan geflüchtet. Ein Soldat der afghanischen Streitkräfte habe seine Schwester vergewaltigt. Diese habe später aufgrund der dadurch erlittenen Schande Selbstmord begangen. Danach sei er selbst in den Verdacht geraten, seine Schwester wegen der Familienehre umgebracht zu haben. Er sei dann von dem betreffenden Soldaten geschlagen und verletzt worden. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen sei er zunächst nach Kandahar ausgewichen. Dort habe er erfahren, dass ein Bruder von ihm den Vergewaltiger getötet habe. Da dieser ein Soldat gewesen sei, habe er Angst davor bekommen, staatlich verfolgt zu werden. Außerdem habe er auch Angst vor dessen Angehörigen gehabt.

Das Bundesamt erließ am 26. Juli 2011 folgenden Bescheid:

1. Der Asylantrag ist unzulässig.

2. Die Abschiebung nach Italien wird angeordnet.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass Italien gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-Verordnung zuständig sei. Es sei am 29. April 2011 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-II-VO an Italien gerichtet worden; dieses sei von den italienischen Behörden aber nicht fristgerecht beantwortet worden. Infolge dessen sei Italien am 14. Mai 2011 durch Zustimmungsfiktion zuständig geworden. Deshalb sei der Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, welche die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Dieser Bescheid wurde der Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 12. August 2011 übersandt.

Das Landratsamt F.-G. als Ausländerbehörde terminierte die zwangsweise Überstellung des Klägers nach Rom (Italien) auf den 8. September 2011.

Auf Antrag des Klägers erließ das Verwaltungsgericht Regensburg (RN 9 E 11.30436) am 7. September 2011 nach § 123 VwGO folgenden Beschluss:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Maßnahmen zum Vollzug der Verbringung des Klägers nach Italien vorläufig auszusetzen und die zuständige Ausländerbehörde entsprechend zu unterrichten.

Durch Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die auf die Aufhebung des Bundesamtsbescheids und die Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Klage ab (RN 9 K 11.30445). In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass das hier als reine Anfechtungsklage auszulegende Rechtsschutzbegehren zwar zulässig, aber unbegründet sei. Nach Art. 10 VO (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) sei zwar eigentlich Griechenland für die Prüfung des Asylantrags zuständig, aber eine Überstellung dorthin scheide angesichts der nach wie vor unzumutbaren Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aus. Somit sei nach Art. 13 Dublin-II-VO Italien als erster Mitgliedstaat zuständig, in dem der (bisher nicht geprüfte) Asylantrag gestellt worden sei. Nach Art. 20 Dublin-II-VO sei Italien zur Wiederaufnahme verpflichtet. Es bestehe auch kein Anspruch darauf, dass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch mache. Nach der heutigen Auskunftslage sei nicht zu befürchten, dass dem Kläger im Fall seiner Rücküberstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder die Verelendung drohen würde. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass die italienischen Behörden erneut eine Weiterverschiebung des Klägers nach Griechenland betreiben würden. Zuständig für den Kläger sei die Quästur in Bozen gewesen. Gerade in Norditalien seien aber die Aufnahmekapazitäten für Asylbewerber nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts nicht ausgeschöpft.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 30. September 2013, dem Kläger zugestellt am 8. Oktober 2013, gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (13a ZB 13.30079).

In der am 8. November 2013 eingereichten Berufungsbegründung macht der Kläger folgendes geltend: Italien sei für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig. Der Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin-II-VO sei hier nicht einschlägig, da Griechenland als zuständiger Mitgliedstaat feststehe, wenngleich eine Rückführung dorthin unzumutbar und derzeit undurchführbar sei. Außerdem sei das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 29. April 2011 nicht ordnungsgemäß ergangen. Nach Art. 18 und Art. 20 Dublin-II-VO sowie nach Art. 21 und Art. 23 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) hätten neben den dort genannten Beweismitteln auch die Erklärungen des Klägers dem Ersuchen beigefügt werden müssen. Das vom Bundesamt verwendete kurze Standardformular sei für den vorliegenden Fall unzulänglich gewesen. Außerdem habe das Bundesamt die in Art. 21 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO normierten kurzen Fristen für ein Aufnahmeersuchen überschritten. Das hier bewusst fehlerhaft gestellte Ersuchen sei eine Täuschungshandlung und folglich unwirksam. Aus Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO und Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergebe sich ein subjektives Recht auf sachgerechte Zuständigkeitsprüfung. Im Übrigen müsse die Beklagte im vorliegenden Fall aufgrund der systemischen Mängel im italienischen Asylsystem von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch machen. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass in Italien ein effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährleistet sei. Darüber hinaus seien in Italien die materiellen Grundbedürfnisse und Versorgungsleistungen von Asylsuchenden nicht sichergestellt. Das Asylsystem Italiens sei völlig überlastet. Nach den Erkenntnissen von UNHCR liege die Kapazitätsgrenze für die Unterbringung von Asylsuchenden im Durchschnitt bei ca. 5.000 Personen. Es sei davon auszugehen, dass die Unterkunft, Ernährung und medizinische Versorgung von Asylsuchenden in Italien nur sichergestellt sei, wenn ein formaler Antrag gestellt worden sei, solange der Zeitraum von sechs Monaten Verfahrensdauer nicht überschritten werde und die aktuellen Zahlen der Asylbewerber die Kapazitäten der Einrichtungen nicht überstiegen. Derzeit sei allerdings davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Verfahren nicht innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden könne. Außerdem gebe es Berichte darüber, dass von den im Dublin-System rückgeführten Personen nur etwa 12% im staatlichen Aufnahmesystem unterkämen, die Übrigen aber obdachlos seien. Die vielfach vorzufindenden Lebensbedingungen der Asylsuchenden und Flüchtlinge in besetzten Häusern, Slums und auf der Straße seien unwürdig. Die Wartezeit, um überhaupt einen Platz in einem kommunalen Unterbringungszentrum zu erhalten, betrage etwa drei bis sechs Monate. Während dieser Zeit seien die Betroffenen faktisch obdachlos. Aufgrund dieser Umstände wäre bei einer Abschiebung eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta zu befürchten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2011 unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Februar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 14.11.2013 - Rs. C-4/11) verleihe die Dublin-II-VO dem Asylbewerber keinen Anspruch darauf, dass er von einem Mitgliedstaat die Prüfung seines Antrags verlangen kann, wenn dieser Staat ihn aufgrund der Gefahr einer Verletzung seiner Grundrechte nicht an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat überstellen könne. Die Situation der Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers führe nicht zur Verpflichtung des Selbsteintritts auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Falls der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel ausscheide, stehe zunächst lediglich fest, dass die Beklagte dorthin nicht überstellen dürfe. Daher sei die Prüfung auf der Basis der Dublin-Kriterien in der vorgesehenen Reihenfolge fortzusetzen, d. h. auch Art. 13 Dublin-II-VO als Auffangtatbestand heranzuziehen. Das italienische Asylverfahren weise entgegen der Auffassung des Klägers keine systemischen Mängel auf. Im Übrigen sei nochmals klarzustellen, dass bei dem Kläger ein Kategorie 1-Treffer für Italien vorliege (Asylantrag am 7.11.2008) und die italienischen Behörden hinsichtlich des Klägers somit vom Bundesamt nicht getäuscht worden seien. Das Bundesamt sei nicht verpflichtet, den italienischen Behörden mitzuteilen, was in deren eigenen Akten stehe, wie z. B. hier die bereits erfolgte frühere Überstellung des Klägers nach Griechenland.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg (§ 125 Abs. 1, § 128 Abs. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblichen Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig.

Die ausdrücklich erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt.1 VwGO) gegen den Bescheid des Bundesamts vom 26. Juli 2011 ist statthaft.

Die Feststellung des Bundesamts, dass der Asylantrag unzulässig ist, und die Anordnung der Abschiebung sind Verwaltungsakte i. S. v. § 35 Satz 1 VwVfG (zum Begriff der regelnden Feststellung vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 35 Rn. 51). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Asylrechtsklagen in aller Regel davon auszugehen, dass der jeweilige Kläger das für ihn typischerweise weitestgehende Rechtsschutzziel mit den für ihn jeweils günstigsten Rechtsschutzformen anstrebt. Dies bedeutet, dass eine sog. isolierte Anfechtungsklage regelmäßig so auszulegen ist (§ 88 VwGO), dass ein solcher Antrag nur zusammen mit den Hilfsanträgen auf Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG und/oder als Flüchtling nach § 60 Abs. 1 AufenthG (a. F.) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG (a. F.) und auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz als gestellt anzusehen ist. Eine andere Auslegung ist bei einem Bescheid, welcher eine negative Feststellung enthält, möglich, wenn der Kläger bewusst nur einen isolierten Anfechtungsantrag gestellt hat und dies auch in Ansehung der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen ein sinnvolles Klageziel ist (BVerwG, U. v. 21.11.2006 - 1 C 10.06 - BVerwGE 127, 161). Im vorliegenden Fall wäre die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte sinnvoll, weil das Bundesamt im Fall der Aufhebung der Feststellung der Unzulässigkeit bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet wäre (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 5). Außerdem ginge dem Kläger ansonsten eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = NVwZ 1996, 80). Eine Verpflichtungsklage im Sinn eines Bescheidungsurteils nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt hier somit nicht in Betracht.

Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist gegeben.

Der Kläger kann geltend machen, durch die vom Bundesamt getroffene Feststellung möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Normen der Dublin-II-VO eigentlich organisatorische Vorschriften, welche die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln und u. a. den Zweck haben, eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu schaffen; gleichwohl kann ein Asylbewerber im Rahmen des nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin-II-VO garantierten Rechtsschutzes geltend machen, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestehen, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr liefe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta ausgesetzt zu sein (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - NVwZ 2014, 208 Rn. 56 ff.).

Die Klage ist aber unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig. Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-VO), auf die sich das Bundesamt im Bescheid gestützt hat. Auch wenn mittlerweile die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) gemäß Art. 49 Abs. 1 dieser Verordnung am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist, ist für sog. „Altanträge“ wie den vorliegenden nach wie vor die Dublin-II-VO anzuwenden (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 13). Für einen Antrag auf internationalen Schutz i. S. v. Art. 2 Buchst. d Dublin-II-VO, der vor dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der Dublin-III-VO, also vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO nach den Kriterien der Dublin-II-Verordnung.

Das Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung dient zuerst allein dazu, den zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu bestimmen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind übereingekommen, dass auf kurze Sicht eine klare und praktikable Form für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden sollte. Ziel der Dublin-II-Verordnung ist die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist (Erwägungsgründe Nr. 1, 2, 3, 4 und 16). Im Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung steht deshalb allein die Zuständigkeitsfrage im Raum. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO wird der Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft.

Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin-II-VO). Nach Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat.

Gemessen hieran ist der beim Bundesamt gestellte Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, weil der Mitgliedstaat Italien nach Art. 13 Dublin-II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies hat zur Folge, dass Italien nach Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c Dublin-II-VO verpflichtet ist, den Kläger nach Maßgabe des Art. 20 Dublin-II-VO wieder aufzunehmen. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-VO wird davon ausgegangen, dass der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert, wenn - wie im vorliegenden Fall - innerhalb einer Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt worden ist. Entsprechend der Konzeption der Dublin-II-Verordnung hat das Bundesamt zu Recht den Asylantrag nicht inhaltlich geprüft, sondern die Unzulässigkeit festgestellt und die Abschiebung nach Italien angeordnet.

Für die Beklagte ergibt sich aus Kapitel III der Dublin-II-Verordnung keine Zuständigkeit. Die am 12. Mai 2011 erteilte Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG begründet die Zuständigkeit nach Art. 9 Abs. 1 Dublin-II-VO nicht (Asylbewerber mit gültigem Aufenthaltstitel), weil diese Vorschrift nach Art. 2 Buchst. j Dublin-II-VO nicht für Aufenthaltstitel gilt, die während der zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates entsprechend dieser Verordnung erforderlichen Frist erteilt wurden. Auch Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO ist nicht einschlägig. Zwar hatte der Kläger die Luftgrenze der Bundesrepublik Deutschland illegal überschritten, er kam hierbei aber nicht aus einem Drittstaat, sondern aus einem Mitgliedstaat (Griechenland).

Aus der Feststellung, dass der Kläger ursprünglich (2008) aus einem Drittstaat (Türkei) kommend die Grenze Griechenlands illegal überschritten hatte, ergibt sich gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO die Erstzuständigkeit der Hellenischen Republik. Eine Abschiebung dorthin käme allerdings nicht in Betracht, weil die Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens nicht gewährleistet wäre und Obdachlosigkeit drohen würde. Infolge dessen wäre eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK gegeben (EGMR, E. v. 21.1.2011 - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

Da sich aus den übrigen Kriterien des Kapitels III der Dublin-II-Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt, ist nach der Generalklausel des Art. 13 Dublin-II-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Dies ist hier die Italienische Republik (Italien). Ausweislich der Bundesamtsakte (Bl. 50) hat der Kläger dort im November 2008 den Asylantrag gestellt. Trotz der Erkenntnis, dass nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO eigentlich von der vorrangigen Zuständigkeit Griechenlands auszugehen wäre, scheidet der Ersteintritt als Anknüpfungskriterium hier aus, weil eine Abschiebung dorthin unzumutbar wäre, da das Asylwesen in Griechenland derzeit an sog. systemischen Mängeln leidet (vgl. EGMR, E. v. 21.1.2011 a. a. O.). Art. 13 Dublin-II-VO greift auch dann, wenn sich aus den Kriterien des Kapitels III zwar eine anderweitige Zuständigkeit ergibt, eine Überstellung des Antragstellers dorthin aber nicht möglich ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417). Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat hat als solche nicht zur Folge, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet ist, den Asylantrag auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - C- 4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 37).

Das vom Bundesamt an die italienische Dublin-Einheit (Unità Dublino) gerichtete Wiederaufnahmegesuch entspricht den Anforderungen des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2003 (Durchführungsbestimmungen zur Dublin-II-VO). Im vorliegenden Fall liegt entgegen der Auffassung des Klägers kein Übernahmegesuch i. S. v. Art. 17 Dublin-II-VO, sondern ein Wiederaufnahmegesuch i. S. v. Art. 20 Dublin-II-VO vor, da die Zuständigkeit nicht erst noch geklärt werden musste, sondern schon feststand (Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 16 K4 und K5). Da der Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hatte, geht es hier nicht um eine Aufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. a Dublin-II-VO, sondern um eine Wiederaufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c und d Dublin-II-VO (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 9). Das Bundesamt hat entsprechend Art. 2 der Durchführungsbestimmungen das vorgeschriebene Formblatt verwendet. Dieses umfasst auch das Ergebnis des Vergleichs der Fingerabdrücke (Hinweis auf die Eurodac-Nummer mit italienischer Kennung). Außerdem hat das Bundesamt unter der Rubrik „Frühere Asylverfahren“ darauf hingewiesen, dass am 7.11.2008 in „Bolzano/Italy“ schon einmal Asyl beantragt worden sei (s. Bl. 5 der Bundesamtsakte). Die Rüge des Klägers, das Bundesamt habe die italienische Dublin-Behörde absichtlich getäuscht, geht fehl. Die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten könnten, falls der ersuchende Mitgliedstaat dem ersuchten Mitgliedstaat wichtige Informationen vorenthält (vgl. hierzu Filzwieser/Sprung, a. a. O. Art. 19 K11), hat sich hier nicht gestellt.

Im Übrigen ist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens nicht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen, weil die Überstellung nach Italien nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Diese Frist beginnt gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Alt. 2 Dublin-II-VO erst nach der (rechtskräftigen) Entscheidung über den Rechtsbehelf zu laufen, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat (vgl. Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin-II-VO, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG n. F.). Im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass das Verwaltungsgericht Regensburg den Vollzug der Abschiebung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 7. September 2011 vorläufig ausgesetzt hat. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann die Sechs-Monats-Frist erst zu laufen beginnen, wenn sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass die Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Daraus ergibt sich, dass zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO diese Frist nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird (EuGH, U. v. 21.9.2009 - C-19/08 - NVwZ 2009, 639). Die Regelung über das Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kommt hier folglich nicht zum Tragen (so auch OVG LSA, U. v. 2.10.2013 a. a. O.; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).

Schließlich ergibt sich die Zuständigkeit der Beklagten für die Prüfung des Asylantrags des Klägers auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO (sog. Selbsteintrittsrecht).

Wenn ein Mitgliedstaat der Aufnahme des betreffenden Asylbewerbers - wie im vorliegenden Fall - zugestimmt (bzw. nicht geantwortet hat), so kann der Asylbewerber der Bestimmung dieses Mitgliedstaats nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GR-Charta - ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394.12 - NVwZ 2014, 208).

Ebenso wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) stützt sich das gemeinsame europäische Asylsystem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (grundlegend: U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 75 ff.) auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Das gemeinsame europäische Asylsystem wurde dem Gerichtshof zufolge in einem Kontext entworfen, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die Vermutung gelten, das die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie mit dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Dublin-II-Verordnung genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar. Damit die Union und ihre Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Grundrechte der Asylbewerber nachkommen können, obliegt es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK (s. neuerdings BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 Rn. 9 - darauf abstellend, dass sich solche Mängel wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren lassen).

Gemäß diesen Grundsätzen besteht für die Beklagte keine Verpflichtung zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschrift als Ermessensnorm (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 65) kann der Kläger allenfalls ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 40 VwVfG haben (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Januar 2014, § 27a Rn. 52). Das Ermessen verdichtet sich nur dann zu einer Verpflichtung zum Selbsteintritt, wenn der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel außer Betracht bleiben muss und keine anderweitige Zuständigkeit eines Mitgliedstaats besteht (ders., a. a. O. Rn. 68). Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet, den Asylantrag auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen, wenn ansonsten Grundrechte - hier: Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung nach Art. 4 und Recht auf Asyl nach Art. 18 GR-Charta - des Asylbewerbers verletzt wären (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11- NVwZ 2014, 129).

Der Senat ist auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie von Dublin-II-Rückkehrern in Italien zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Fall der Überstellung/Abschiebung nicht ernsthaft zu befürchten ist.

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts für Menschenrechte (EGMR) ist in Italien nicht von systemischen Mängeln auszugehen. Dieser hat bei seinen aktuellen Entscheidungen unter Heranziehung der UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien (Juli 2012), des Berichts des Kommissars für Menschenrechte des Europarates (September 2012) sowie der Berichte von Nichtregierungsorganisationen und unter Würdigung des gesamten Asylsystems in Italien (Verfahrensmodalitäten, Organisation der Unterbringung, Anzahl der Einrichtungen und Unterkunftsplätze, medizinische Versorgung, Bereitstellung von Mahlzeiten, Kleidung etc.) folgende Erkenntnisse zugrunde gelegt: Es gebe in Italien ein System von Aufnahmeeinrichtungen: Neun staatliche CARA-Zentren für die Erstaufnahme während fünf Wochen, ca. 150 SPRAR-Einrichtungen von Gemeinden, Provinzen und wohltätigen Organisationen für die Zeit des Asylverfahrens während sechs Monaten; außerdem die in Großstädten angesiedelten Metropolitan- Aufnahmezentren und eine große Anzahl von Notunterkünften auf regionallokaler Basis. Landesweit könnten je nach Bedarf bis zu 50.000 Plätze bereitgestellt werden, tatsächlich sei die gegenwärtige Anzahl aber erheblich niedriger. Schwierigkeiten bereiteten speziell die prompte Erkennung von Personen mit besonderem Schutzbedürfnis und die Wahrung der Familieneinheit im Rahmen der Verteilung. In einigen Einrichtungen, namentlich in Kalabrien und in der Lombardei, gebe es ganz gravierende Probleme. In den letzten Jahren seien mit Unterstützung des Europäischen Flüchtlingsfonds Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer geschaffen worden. Diese würden im Allgemeinen wieder in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt werden. Hierfür würde die Grenzpolizei das jeweils zuständige Amt für Einwanderung ausfindig machen und den Rückkehrer auffordern, sich dorthin zu begeben. Wenngleich die allgemeine Lage und die Lebensbedingungen der Asylbewerber in Italien einige Unzulänglichkeiten aufzeigten, seien aber keine systemischen Mängel bei der Bereitstellung von Hilfe und Einrichtungen für Asylbewerber zutage getreten. Vor diesem Hintergrund sei nicht anzunehmen, dass ein nach Italien zurückkehrender Asylbewerber, sei es in materieller, physischer oder psychischer Hinsicht, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr einer menschenunwürdigen Notlage ausgesetzt wäre - „ … has not shown that … future prospects if returned to Italy whether taken from a material, physical or psychological perspective, disclose a sufficiently real and imminent risk of hardship severe enough to fall within the scope of Article 3“ - (EGMR, E. v. 2.4.2013 - Nr. 27725/10 - ZAR 2013, 336 Rn. 43 ff., 78; B. v. 18.6.2013 - Nr. 53852/11 - ZAR 2013, 338; E. v. 10.9.2013 - Nr. 2314/10 - www.hudoc.echr.coe.int Rn. 139; s. auch BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 22, wonach der Begriff „real risk“ dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht).

Dieser Einschätzung entspricht die Auskunftslage gemäß den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts. Nach der Auskunft vom 11. Juli 2012 an das Verwaltungsgericht Freiburg könnten „derzeit“ alle Asylbewerber in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Es gebe lokale/regionale Überbelegungen (z. B. Rom/Latium). Landesweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Zusätzlich zu den staatlichen und öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale und karitative Einrichtungen. Sofern sich Dublin-Rückkehrer noch im Asylverfahren befänden, werde ihnen eine Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung zugeteilt (ebenso: Auskunft vom 11.9.2013 an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen). Auch die UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien vom Juli 2013 (S. 10 ff.) stellen die Erkenntnis, dass das Asylsystem keine systemischen Mängel aufweist, nicht in Frage. Die italienische Regierung habe ab 2011 erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der teilweise unzulänglichen Aufnahmeverhältnisse unternommen. Die als Asylbewerber registrierten Dublin-Rückkehrer hätten im Allgemeinen Zugang zu den Transitaufnahmezentren. Da deren Kapazitäten aber sehr begrenzt seien, könne es vorkommen, dass diese Personen u.U. einige Tage am Flughafen ausharren müssten, bis ein Platz in einem solchen Zentrum frei wird. Nach den Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erhalten Personen, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen war, am Flughafen ein Bahnticket zur Weiterreise in die zuständige Region (Italien: Aufnahmebedingungen - aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, Oktober 2013, S. 13).

Demgegenüber berichten die Schweizerische Flüchtlingshilfe (a. a. O.) und borderlineeurope e.V. (Judith Gleitze, Gutachten vom Dezember 2012 für das Verwaltungsgericht Braunschweig) von vielfältigen Unzulänglichkeiten bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Italien. Aus den geschilderten zahlreichen Einzelfällen lässt sich nach Auffassung des Senats aber nicht der Schluss ziehen, dass hier systemische Schwächen vorliegen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Aus den Berichten von UNHCR (a. a. O. S. 14 f.), der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (a. a. O. S. 69) und borderlineeurope (a. a. O. S. 50 f.) geht zudem auch übereinstimmend hervor, dass die größten Probleme nicht während des Asylverfahrens auftreten, sondern bei denjenigen Personen, deren Asylverfahren mit oder ohne Zuerkennung eines Schutzstatus geschlossen worden sind. Für diese Personen endet der Anspruch auf Gewährleistung der Grundbedürfnisse im Allgemeinen mit dem Abschluss des Asylverfahrens. Nur unter bestimmten Umständen dürfen Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, danach noch bis zu sechs Monaten in einer SPRAR-Einrichtung bleiben (EGMR, E. v. 2.4.2013, a. a. O. Rn. 43). Da es in Italien kein staatliches Sozialhilfesystem gibt (Auswärtiges Amt vom 11.7.2012, a. a. O. Nr. I 1 b), seien diese Personen - ebenso wie italienische Staatsangehörige - im Fall der Mittellosigkeit auf sich allein gestellt, wodurch in italienischen Großstädten vielfach Armutsviertel mit arbeits- und mittellosen Flüchtlingen entstanden seien. Berichte über diese allgemeine soziale Problematik sind somit kein hinreichendes Indiz für systemische Mängel im Asylverfahren.

Die genaue Zahl der Unterkunftsplätze lässt sich aus verschiedenen Gründen nur schwer bestimmen. UNHCR (24.4.2012, S. 3) ist für das Jahr 2012 davon ausgegangen, dass in zentralen Einrichtungen wie CARA und SPRAR insgesamt 8.000 Plätze vorhanden seien. Im Jahr 2011 sei zwischen den regionalen Regierungen und den örtlich zuständigen Behörden eine Vereinbarung getroffen worden, dergemäß Kriterien für die landesweite Verteilung von bis zu 50.000 Personen festgelegt wurden. Bis Anfang 2012 seien im Rahmen dieses Verteilungsplans tatsächlich 20.000 Personen untergebracht worden. Die Verantwortung hierfür obliege dem Leiter des Zivilschutzes. Bezüglich der Kapazität allein der SPRAR-Einrichtungen sei mittlerweile aber eine Aufstockung auf 8.000 Plätze vorgesehen (UNHCR, Juli 2013, S. 12). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat für das Jahr 2013 die Zahl der CARA-Plätze und die Zahl der SPRAR-Plätze mit jeweils ca. 5.000 beziffert und darüber hinaus auf ein Dekret des italienischen Innenministeriums vom September 2013 hingewiesen, demgemäß die SPRAR-Kapazität von 2014 bis 2016 auf 16.000 Plätze erhöht werden soll (a. a. O. S. 18, 22). Unter Berücksichtigung der Fluktuation (Wechsel in der Belegung) dürfte die tatsächliche Kapazität höher als die Zahl der Unterkunftsplätze sein. Im Hinblick auf die Zahl der in Italien im Jahr 2013 registrierten Asylanträge (28.000 - s. eurostatpressemitteilung Nr. 46/2014) und die für das Jahr 2012 verfügbare Zahl der Dublin-Überstellungen nach Italien (3.551 - s. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O. S. 8) besteht zwischen dem Bedarf und der Kapazität an Unterkunftsplätzen jedenfalls keine solche Diskrepanz, dass die Möglichkeit der Unterbringung von Dublin-Rückkehren als unrealistisch zu erachten wäre.

Die Annahme von borderlineeurope (a. a. O. S. 23 ff., S. 59), dass die Unterbringungsquote für Dublin-Rückkehrer von 2010 bis 2012 maximal nur 12% pro Jahr betragen habe, begegnet erheblichen Bedenken. Das Auswärtige Amt hat darauf hingewiesen, dass diesbezüglich belastbares statistisches Zahlenmaterial nicht vorhanden sei. Die (von borderlineeurope zitierte) Aussage einer Mitarbeiterin der am Flughafen Roma Fiumicino tätigen Arciconfraternita sei eine auf Erfahrungswerten basierende subjektive Feststellung (11.9.2013, S. 3). Der angegebene Prozentsatz bezieht sich auf die besondere Situation in Rom, welche nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wegen der lokalen und regionalen Überbelegung in Rom und Latium (11.7.2012, S. 6) allerdings nicht repräsentativ erscheint. Hinzu kommt, dass die von borderlineeurope beschriebene Gruppe etwa zur Hälfte aus Personen besteht, die sich nicht im Asyl- bzw. Klageverfahren befinden, also keinen Anspruch auf Versorgung haben. Im Übrigen wäre noch zu berücksichtigen, dass nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts viele Dublin-Rückkehrer keinen Asyl- oder Schutzantrag stellen, da sie häufig nicht in Italien bleiben wollen. Somit stünden ihnen die Aufnahmeeinrichtungen nicht mehr offen (11.7.2012, S. 5). Diese Personen können folglich ebenfalls nicht zum Kreis der nicht untergebrachten Anspruchsberechtigten gezählt werden.

Außerdem sprechen die besonderen Umstände des vorliegenden Falls gegen die Annahme, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr der Obdachlosigkeit und des Hungerns ausgesetzt wäre. Da ursprünglich die Quästur Bozen für seinen Asylantrag zuständig war, ist anzunehmen, dass er im Fall der Rückkehr nach Italien dorthin weitergeleitet werden würde. Gemäß den bisherigen, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnissen des Auswärtigen Amts sind in Norditalien die Unterbringungskapazitäten noch nicht ausgeschöpft, so dass dort ohnehin nicht mit einer Mangelsituation zu rechnen wäre.

Auch der Hinweis des Klägers auf die Stellungnahme von UNHCR an das Verwaltungsgericht Braunschweig (24.4.2012) führt nicht zu einer anderen Einschätzung. Die darin geäußerten Bedenken, dass die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen häufig unzureichend sei (Buchstabe vii) und dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass Asylsuchende, die im Rahmen des Dublin-Systems nach Italien überstellt werden und dort zuvor keinen formalen Asylantrag gestellt hatten, keinen sofortigen Zugang zur Aufnahmebedingungen erhielten (ix), treffen auf die Umstände des vorliegenden Falls nicht zu.

Für die Befürchtung des Klägers, er würde im Fall der Abschiebung nach Italien ohne Durchführung eines Asylverfahrens sogleich nach Griechenland weitergeschoben werden, gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt (vgl. UNHCR v. 24.4.2012, a. a. O. zu 4.). Der Vortrag des Klägers, er sei etwa im Jahr 2010 von der Polizei in Bozen bei einer Vorsprache zwecks Erteilung eines Monatsausweises festgenommen und anschließend in einem versperrten Schiffsraum nach Griechenland verbracht worden, vermag die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht zu begründen.

Die hier vertretene Einschätzung, dass das italienische Asylwesen nicht an systemischen Mängeln leidet, wird von anderen Oberverwaltungsgerichten geteilt (OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris; OVG Rh-Pf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13. OVG - juris; NdsOVG, B. v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 - juris; OVG Berlin-Bbg, B. v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 - juris).

Die Befugnis zur Anordnung der Abschiebung ergibt sich aus § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. September 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger zu 1. bis 4. bilden eine Familie. Gemäß den Angaben der Eltern (Kläger zu 1. und 2.) sind sie afghanische Staatsangehörige und tadschikische Volkszugehörige muslimisch-sunnitischen Glaubens. Der Kläger zu 1. (Ehemann/Vater) wurde demnach am 1. Januar 1989 in Herat geboren, die Klägerin zu 2. (Ehefrau/Mutter) am 1. Januar 1992 ebenfalls in Herat, die Klägerin zu 3. (Kind) am 1. Januar 2010 in Teheran/Iran, der Kläger zu 4. (Kind) am 1. Januar 2014 in Van/Türkei. Sie reisten am 15. Juni 2014 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten Asylanträge. Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats am 8. Juli 2014 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gaben die Kläger zu 1. und 2. Folgendes an: Sie seien im Jahr 2009 in den Iran übergesiedelt und hätten in Teheran geheiratet. Anfang 2014 seien sie von dort ausgereist und über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich ins Bundesgebiet gelangt. Sie seien wegen der Menschenrechte und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Deutschland gekommen. Ihre Personalpapiere seien ihnen auf dem Reiseweg weggenommen worden oder seien verloren gegangen.

Am 20. August 2014 verzeichnete das Bundesamt EURODAC-Treffer bezüglich Griechenland und Ungarn und richtete ein Wiederaufnahmeersuchen an die Dublin- Stelle in Ungarn. Mit Schreiben vom 22. August 2014 teilte das Bundesamt den Klägern mit, dass ein Dublinverfahren eingeleitet worden sei. Die Einwanderungsbehörde (Dublin Unit) der Republik Ungarn stimmte dem Ersuchen mit Schreiben vom 29. August und 1. September 2014 zu. Durch Bescheid vom 11. September 2014 lehnte das Bundesamt die Asylanträge als unzulässig ab (1.) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (2.). In der Begründung ist ausgeführt, dass die Asylanträge gemäß § 27a AsylVfG (nunmehr AsylG) unzulässig seien, weil für deren Behandlung nach Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO Ungarn zuständig sei. Am 24. September 2014 erhoben die Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage (Au 6 K 14.50237) und beantragten einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO (Au 6 S 14.50238). Zur Begründung machten sie unter Vorlage eines fachärztlichen psychiatrischen Attests vom 25. Juni 2014 geltend, dass bei der Klägerin zu 2. Verdacht auf eine rezidivierende depressive Störung in gegenwärtig schwerer Episode bestehe. Außerdem legten sie einen fachärztlichen Entlassungsbericht des Bezirkskrankenhauses Kempten vom 2. Oktober 2014 vor, demgemäß sich die Klägerin zu 2. wegen akuter Suizidalität ab dem 19. September 2014 in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden hatte. Hierbei wurde folgende Diagnose gestellt: Rezidivierende depressive Störung in gegenwärtig schwerer Episode mit psychotischen Symptomen und eine posttraumatische Belastungsstörung.

Durch Beschluss vom 1. Oktober 2014 ordnete das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage an. Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens legten die Kläger ein 19-seitiges Attest des Kompetenzzentrums Psychotraumatologie der Universität Konstanz vom 12. November 2014 vor („Kurzer psychodiagnostischer Befund“ der Dipl.-Psych. Dr. B.), wonach eine schwere chronische posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei sehr hoher Suizidalität bestehe. Durch Urteil vom 21. November 2014 hob das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf. Aufgrund der schweren seelischen Erkrankung der Klägerin zu 2. bestehe für die Beklagte zwingend die Verpflichtung zum Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO. Jene könnte ihr Asylverfahren in Ungarn nicht durchführen, ohne einer ernsthaften gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt zu sein. Durch den Verstoß gegen die genannte Vorschrift sei die Klägerin zu 2. in ihren Rechten verletzt. Bei besonderer Schutzbedürftigkeit könne sich das Ermessen der Behörde zu einem Anspruch des Asylsuchenden auf Selbsteintritt verdichten.

Aufgrund des Antrags der Beklagten vom 17. Dezember 2014 bezüglich der Nr. 1 des angefochtenen Bundesamtsbescheids hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 1. Juni 2015 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugelassen (13a ZB 14.50090). Es sei zu klären, ob ein Kläger im Dublin-Verfahren nicht allein systemische Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in dem zuständigen Mitgliedstaat, sondern auch eine besondere Schutzwürdigkeit wegen einer schweren Erkrankung für den Fall der Abschiebung geltend machen kann.

Die Beklagte verweist in der Berufungsbegründung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel entgegentreten könne.

Sie beantragt,

die Klage unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung abzuweisen, soweit diese noch keine Rechtskraft erlangt hat.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen in der Berufungserwiderung geltend, dass aufgrund der fachärztlich diagnostizierten Erkrankung der Klägerin zu 2. hier ein dauerhaftes Vollstreckungshindernis bestehe, welches allein schon die Aufhebung der Abschiebungsanordnung gebiete. Es komme hier nicht auf die mögliche medizinische Versorgung in Ungarn an, weil das Verwaltungsgericht auf gesundheitliche Gefahren abgestellt habe, deren Ursache nicht in den Aufnahmebedingungen des Zielstaats liege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet (§ 125 Abs. 1, § 128 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu Recht ergangen. Die Entscheidung der Beklagten, die Asylanträge als unzulässig abzulehnen, ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG das Asylgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722).

Die Klagen sind zulässig.

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris zu Art. 2 Buchst. e Dublin II-VO) richtigerweise als die allein statthafte Klageart angesehen, wenn es - wie hier - um das Begehren auf Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin III-Verordnung geht (Verordnung - EU - Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - ABl. Nr. L 180 S. 31 - Dublin III-VO).

Die Klagen sind auch begründet.

Die Voraussetzungen des vom Bundesamt zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen § 27a AsylG für eine Unzulässigkeit des Asylantrags wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit liegen nicht vor, weil Deutschland entgegen der Auffassung der Beklagten zur Entscheidung über die Asylanträge zuständig ist.

Gemäß § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit kann sich aus der Dublin III-VO ergeben, auf die sich das Bundesamt im Bescheid gestützt hat. Dieses Verfahren dient zuvörderst dazu, den zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu bestimmen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind übereingekommen, dass auf kurze Sicht eine klare und praktikable Form für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden sollte. Ziel der Dublin III-VO ist die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist (Erwägungsgründe Nr. 2, 3, 4, 5 und 40). Im Verfahren nach der Dublin III-VO steht deshalb insbesondere die Zuständigkeitsfrage im Raum. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 wird der Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft.

Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 7 Abs. 1 Dublin III-VO). Nach Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat. Gemessen hieran wäre nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO eigentlich die Republik Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, weil die Kläger, aus einem Drittstaat kommend, die Grenze dieses Mitgliedstaats überschritten hatten. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamts hatte Ungarn mit Schreiben vom 29. August und 1. September 2014 zugestimmt (Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO). Entsprechend der Konzeption der Dublin III-VO hat das Bundesamt den Asylantrag nicht inhaltlich geprüft, sondern die Unzulässigkeit festgestellt und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet. Die Frist von sechs Monaten zur Überstellung der Kläger beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO erst mit der endgültigen Entscheidung über die Berufung als rechtshängigen Rechtsbehelf, weil die Klage im vorliegenden Fall infolge der Anordnung des Verwaltungsgerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO aufschiebende Wirkung hat (s. Art. 27 Abs. 3 Buchst. b Dublin III-VO). Demzufolge wäre grundsätzlich Ungarn nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin III-VO verpflichtet, die Kläger aufzunehmen.

Für den Fall, dass ein Mitgliedstaat - wie hier - der Aufnahme zugestimmt hat, kann ein Asylbewerber der Bestimmung dieses Mitgliedstaats nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin II-VO und dem folgend des Bundesverwaltungsgerichts (EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417; U.v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - NVwZ 2014, 208; BVerwG, U.v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris; B.v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677; s. auch U.v. 27.4.2010 - 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377) damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GR-Charta - ausgesetzt zu werden. Art. 3 Abs. 2 der hier maßgeblichen Dublin III-VO regelt nunmehr ausdrücklich, dass der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der im dortigen Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortsetzt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta mit sich bringen. Das gemeinsame europäische Asylsystem stützt sich ebenso wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (s. hierzu EuGH, U.v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 75 ff.; BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Es wird vermutet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der GR-Charta der Europäischen Union sowie mit dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht. Gemäß der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asyl- und Asylhaftsystem systemische Mängel aufweist und für Antragsteller die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung besteht (EGMR, U.v. 3.7.2014 - Mohammadi ./. Österreich, Nr. 71932/12 - NLMR - Newsletter Menschenrechte - 2014, 282; s. auch BayVGH, B.v. 12.6.2015 - 13a ZB 15.50097 - juris).

Ob die Verfahrensumstände im Mitgliedstaat Ungarn mittlerweile systemische Schwachstellen aufweisen, kann hier aber dahinstehen, weil die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens aufgrund der besonderen Umstände dieses Einzelfalls bereits nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen ist. Danach kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Aufgrund ihrer besonderen Situation haben die Kläger im vorliegenden Fall auch einen Anspruch darauf, dass ihre Asylanträge in Deutschland geprüft werden. Im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschrift als Ermessensnorm (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 65) kann ein Kläger zwar allenfalls ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 40 VwVfG haben (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Dezember 2015, § 27a Rn. 52). Bei der Anwendung dieser fakultativen Bestimmung steht den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen zu (EuGH, U.v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 57). Das Ermessen verdichtet sich aber dann zu einer Pflicht zum Selbsteintritt, wenn jede andere Entscheidung unvertretbar wäre. Eine solche Fallkonstellation ist anzunehmen, wenn in einer Situation, in der Grundrechte des Antragstellers im Falle der Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel verletzt würden, die Lage des Antragstellers durch eine unangemessen lange Verfahrensdauer noch verschlimmert würde (EuGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 35 und vom 21.12.2011 a. a. O. Rn. 98; BVerwG, B.v. 27.10.2015 a. a. O.). Darüber hinaus besteht eine Pflicht zum Selbsteintritt, wenn im Fall der Überstellung eine in den persönlichen Umständen des Betroffenen wurzelnde Grundrechtsverletzung gegeben wäre.

Gleiches gilt für den Einwand der Beklagten, dass ein Asylbewerber nach der bereits erwähnten Rechtsprechung der europäischen Gerichte und des Bundesverwaltungsgerichts einer Überstellung grundsätzlich nur mit dem Einwand systemischer Mängel entgegentreten kann. Die Vorschriften in der Dublin Ill-VO für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats dienen zwar prinzipiell allein der zügigen Bearbeitung von Asylanträgen und sind als organisatorische Regelungen nicht individualschützend. Wenn sie aber nicht nur die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln, sondern (auch) dem Grundrechtsschutz dienen, hat der Asylsuchende ein subjektives Recht auf Prüfung seines Asylantrags durch den danach zuständigen Mitgliedstaat und kann eine hiermit nicht im Einklang stehende Entscheidung des Bundesamts erfolgreich angreifen (BVerwG, U.v. 16.11.2015 - 1 C 4.15 - juris).

Eine solche Fallkonstellation liegt hier aufgrund der schweren und fortwährenden psychischen Erkrankung der Klägerin zu 2. (Ehefrau/Mutter) vor. Aus dem Grundrecht auf körperliche und geistige Unversehrtheit nach Art. 3 Abs. 1 GR-Charta ergibt sich die Pflicht zum Selbsteintritt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die in der GR-Charta verankerten Grundrechte bei der Auslegung und Anwendung der Dublin-Vorschriften zu berücksichtigen (EuGH, U.v. 6 6.2013 - C-648/11 - NVwZ-RR 2013, 735 Rn. 50 ff.; zum Zusammenhang von Grundrechtsschutz und Individualschutz vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2015 - 1 C 4.15 - juris). Außerdem ist zu bedenken, dass nach Art. 19 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, die Pflicht besteht, Antragstellern mit schweren psychischen Störungen die erforderliche medizinische Versorgung und psychologische Betreuung zu gewähren. Nach Art. 21 dieser Richtlinie ist ferner die spezifische Situation von Personen mit psychischen Störungen zu berücksichtigen. Gemäß den Befunden des Bezirkskrankenhauses Kempten (Fachkrankenhaus für Psychiatrie) vom 7. Januar 2015 und einer niedergelassenen Fachärztin für Psychiatrie vom 25. Februar 2015 liegen bei der Klägerin (nach vier Suizidversuchen) eine schwere depressive Episode nach F32.2 und eine posttraumatische Belastungsstörung nach F43.1 vor. Nach der Diagnose der niedergelassenen Fachärztin besteht auch noch eine erhebliche Selbstgefährdung. Die Behandlung erfolgt ambulant und mittels Verschreibung/Einnahme von drei verschiedenen Psychopharmakon-Tabletten (Neuroleptika und Antidepressivum). Gemäß dem Befund der Universität Konstanz vom 12. November 2014 (S. 18) ist eine langfristige Behandlung bei gleichzeitiger Stabilisierung der Lebenssituation erforderlich. In dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (3.12.2015) gab es keine Anzeichen für eine positive Veränderung des Krankheitsbilds. Zwischen den Prozessbeteiligten ist unstreitig, dass der Zustand nach wie vor dringend behandlungsbedürftig ist.

Bei derartigem Grundrechtsbezug, der sich hier in einer schwerwiegenden Krankheit äußert, ist eine Ermessensreduzierung auf Null und damit eine Pflicht zum Selbsteintritt anzunehmen. Das ergibt sich aus den Wertungen der Dublin III-VO selbst, die sich nicht nur auf rein verfahrenstechnische Regelungen beschränkt. Die gesonderte Erwähnung von Personen, die wegen Krankheit auf die Unterstützung von Verwandten angewiesen sind (Art. 16 Dublin III-VO) zeigt, dass der Unionsgesetzgeber die Ermessensausübung dort einschränken will, wo Grundrechte berührt sind. Ähnlich verhält es sich mit den Zuständigkeitsbestimmungen für unbegleitete Minderjährige, die nicht nur die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln, sondern auch dem Grundrechtsschutz dienen und individualschützend sind (BVerwG, U.v. 16.11.2015 - 1 C 4.15 - juris). In derartigen Fällen besteht grundrechtsbedingt die Pflicht zum Selbsteintritt, welche ein subjektives Recht vermittelt (so auch Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 17 K2, K3, K6; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Dezember 2015, § 27a Rn. 182; Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 27a AsylG Rn. 61, 70; Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 5. Aufl. 2015, Kap. 9 Rn. 46 f.; ders., AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 27a Rn. 62; ders., Änderungen im Dublin-Verfahren nach der Dublin III-VO, ZAR 2014, 5/9; ders., Ausgewählte Probleme des Eilrechtsschutzes im Dublin-Verfahren, InfAuslR 2015, 164/166; Lübbe, Prinzipien der Zuordnung von Flüchtlingsverantwortung und Individualrechtsschutz im Dublin-System, ZAR 2015, 125/131; a.A. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand November 2015, § 27a AsylG, Rn. 106). Die Annahme des Selbsteintritts steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK. Danach besteht grundsätzlich kein Anspruch auf weiteren Verbleib in einem bestimmten Staat, um dort eine notwendige medizinische oder psychologische Behandlung fortführen zu können, sofern nicht ausnahmsweise zwingende humanitäre Gründe gegen eine unfreiwillige Ortsveränderung („removal“) sprechen (EGMR, U.v. 4.6.2013 - Daytbegova und Magomedova ./. Österreich, Nr. 6198/12 - hudoc.echr.coe.int. Rn. 63, 67). Dieser Vorbehalt kommt im vorliegenden Fall zum Tragen. Gemäß den vorliegenden fachärztlichen Attesten ist damit zu rechnen, dass im Fall der Abschiebung das labile seelische Gleichgewicht der Klägerin zu 2. in riskanter Weise aus den Fugen geraten würde. Eine solche Maßnahme würde eine Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit bewirken und wäre somit ein Eingriff in die geistige Unversehrtheit (Jarras, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2. Aufl. 2013, Art. 3 Rn. 7).

Für die Kläger zu 1., 3. und 4. als Familienangehörige im Sinn von Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO ergibt sich der Selbsteintritt aus den unionsrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 GR-Charta, Art. 11 Dublin III-VO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob die drohende Verschlechterung des Gesundheitszustands ein triftiger ermessensleitender Gesichtspunkt bei der Prüfung des Selbsteintritts ist und ob sich der Betroffene hierauf berufen kann, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt (vgl. Berlit, Anmerkung vom 16.6.2014 zu BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rechtsschutz gegen die Überstellung nach Spanien im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.

Sie ist nach eigenen Angaben eine nigerianische Staatsangehörige, die am 21. April 2015 ins Bundesgebiet eingereist ist (Bl. 20, 32 der Behördenakte) und am 18. Juni 2015 einen Asylantrag gestellt hat (Bl. 6 der Behördenakte).

Bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 18. Juni 2015 gab die Klägerin an, sie sei über den Niger (3 Monate), Marokko (6 Monate), Spanien (7 Jahre) mit dem Bus nach Deutschland gereist (B. 20 der Behördenakte). Die Reise habe insgesamt 8 Jahre gedauert. Nach Spanien sei sie im Juni oder Juli 2008 eingereist. Dort habe sie sich in ... ... aufgehalten. In Spanien seien ihr auch die Fingerabdrücke abgenommen worden; sie habe dort als Prostituierte gearbeitet (Bl. 21, 37 der Behördenakte). Der Asylantrag in Spanien sei abgelehnt worden (Bl. 37 der Behördenakte).

Es ergab sich ein EURODAC-Treffer für Spanien (ES1...; Bl. 46 der Behördenakte).

In der Akte befindet sich die Kopie eines Mutterpasses, wonach die Klägerin schwanger ist. Der berechnete Entbindungstermin ist nicht lesbar (Bl. 40/41 der Behördenakte).

Auf ein Übernahmeersuchen der Beklagten vom 27. Juli 2015 (in dem die Schwangerschaft der Klägerin mitgeteilt wurde) erklärte Spanien am 31. Juli 2015 die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1d) Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III VO; Bl.46 und 55 der Behördenakte).

Mit Bescheid vom 26. August 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Klägerin als unzulässig an (Nr. 1), ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Nr. 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 0 Monate ab der Abschiebung (Nr.3).

Der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Spanien aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1d) Dublin III VO für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs.1 Dublin III VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Am .... September 2015 erhob die Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage mit dem Antrag,

den Bescheid des Bundesamtes vom 26. August 2015 aufzuheben,

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Gleichzeitig stellte sie einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung (M 12 S 15.50785).

Klage und Antrag wurden im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin sei im sechsten Monat schwanger. Vater des Kindes sei ein nigerianischer Staatsangehöriger, der in ... lebe. Er habe beim Jugendamt des Landratsamtes ... die Vaterschaft anerkannt. Sie seien verlobt und möchten in familiärer Gemeinschaft leben. Sie habe einen Antrag auf Umverteilung gestellt. Durch die Abschiebung nach Spanien würde ein gemeinsames Familienleben mit dem Verlobten verhindert. Im Übrigen könne eine schwangere Frau bzw. eine Frau mit einem Neugeborenen nicht in das mit Mängeln behaftete spanische Asylsystem abgeschoben werden. Hinzu komme, dass die Klägerin in Spanien Opfer einer Vergewaltigung geworden sei und die Polizei keine Hilfe geleistet habe. Möglicherweise könne sie bei Rückkehr nach Spanien Schäden an ihrer psychischen Gesundheit erleiden.

Die Beklagte stellte

keinen Antrag.

Die Beklagte teilte am 6. Oktober 2015 mit, dass sich der Kindsvater noch im Asylverfahren befindet und noch keine Entscheidung ergangen ist.

Am 8. Oktober 2015 übersandte das Bundesamt die Postzustellungsurkunde, wonach der streitgegenständliche Bescheid am 3. September 2015 zugestellt wurde.

Mit Beschluss vom 13. Oktober 2015 lehnte das Gericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab (M 12 S 15.50785).

Mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Am .... November 2015 bestellten sich die Prozessbevollmächtigten für die Klägerin. Sie erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung mit Gerichtsbescheid. Die Klägerin legte eine gemeinsame Sorgerechtserklärung der Klägerin und eines nigerianischen Staatsangehörigen vor. In Verbindung mit der Vaterschaftsanerkennung ergäbe sich daraus ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis. Der voraussichtliche Geburtstermin sei der 17. Dezember 2015. Aus dem anstehenden Geburtstermin ergäbe sich ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Über die Klage kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Der Prozessbevollmächtigte hat selbst die Entscheidung durch Gerichtsbescheid angeregt (Schreiben vom ....11.2015), die Beklagte hat auf die Anhörung zum Erlass eines Gerichtsbescheides verzichtet (Schreiben vom 24.6.2015).

Die Klage ist bezüglich der Nr. 1 und 2 des Bescheides vom 26. August 2015 zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 26. August 2015 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich der Nr. 3 des Bescheides ist die Klage unzulässig, da die Klägerin insoweit nicht in ihren Rechten verletzt ist, § 42 Abs. 2 VwGO.

Zu Recht hat die Beklagte den Antrag der Klägerin als unzulässig abgelehnt (Nr.1).

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Spanien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Anwendbar ist die Dublin III VO, s. Art. 49 Dublin III VO. Der Asylantrag wurde am 18. Juni 2015 (Bl. 6 der Behördenakte), das Gesuch um Wiederaufnahme des Antragstellers am 27. Juni 2015 gestellt (Bl. 46 ff. der Behördenakte).

Spanien hat mit Schreiben vom 31. Juli 2015 seine Zuständigkeit bejaht und der Wiederaufnahme der Klägerin zugestimmt (Bl. 55 der Behördenakte).

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, trotz der Zuständigkeit Spaniens den Asylantrag der Klägerin selbst inhaltlich zu prüfen.

Die Auslegung der Dublin III Verordnung, die wie die Dublin II VO „einen der Bausteine des von der Europäischen Union errichteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bildet“, und die sich daraus ergebenden Rechte der Asylbewerber sind durch neuere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs geklärt (EuGH, U.v. 21.12.2011 - N.S. u. a., C-411/10 und C-493/10 - Slg. 2011, I-13905; EuGH, U.v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129, mit Anm. Thym, NVwZ 2014, 130; EuGH, U.v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris).

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich, - ähnlich wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (siehe BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) - auf die Annahme, dass alle daran beteiligten Staaten (ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten) die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden, und der Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, ferner dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (EuGH, U.v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 75, 78; vgl. dazu: Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406). Auf der Grundlage dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens hat der Unionsgesetzgeber die Dublin-II-Verordnung und die Dublin-III-Verordnung erlassen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping“ zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen (U.v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 78, 79; U.v. 10.12.2013, a. a. O., Rn. 52, 53).

Aus diesen Gründen kann nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedsstaat die Verpflichtung der übrigen Mitgliedsstaaten zur Beachtung der Dublin-III-Verordnung berühren und deren Pflicht vereiteln, einen Asylbewerber an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen (vgl. U.v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 82, 84, 85). Fehlleistungen im Einzelfall stellen diese Vertrauensgrundlage ebenso wie das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Die Mitgliedstaaten dürfen einen Asylbewerber nur dann nicht an den zuständigen Mitgliedsstaat überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (U.v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 94, 106; U.v. 10.12. 2013, a. a. O., Rn. 60, 62; U.v. 14.11.2013. a. a. O., Rn. 30).

In Bezug auf Spanien ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass den Antragstellern im Falle ihrer Rücküberstellung in dieses Land eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen (vgl. VG Augsburg B.v. 20.1.2014 - Au 7 S 14.30003 - juris; VG München B.v. 13.9.2013 - M 4 S 13.30881 -; VG Augsburg B.v. 30.8.2013 - Au 5 S 13.30274 - juris; VG Aachen, B.v. 14.1.2015 - 4 L 786)14.A - juris; VG Aachen, B.v. 27.2.2015 - 4 L 68/15.A -juris; VG Potsdam, U.v. 25.6.2015 -VG 6 K 754/15.a - juris; VG Minden, U.v. 16.3.2015 - 10 K 494/15.A - juris; VG Bayreuth, B. v. 9.7.2015 - B 3 S 15.50172 - juris; VG Oldenburg, B.v. 15.9.2015 - 11 B 3485/15 - juris).

Nach dem Jahresbericht zur Menschenrechtslage in Spanien Departements of State der Vereinigten Staaten von Amerika vom 2. Juni 2015 (Sektion 2d) zur Behandlung von Asylbewerbern ist dort das Asylrecht gesetzlich garantiert und wird auch durch administrative Strukturen abgesichert. So kann insbesondere bei jeder Polizeistation ein Asylgesuch angebracht werden, ohne dass die Gefahr einer Abschiebung besteht. Jedes Asylgesuch wird individuell geprüft; gegen ablehnende Entscheidungen ist gerichtlicher Rechtsschutz gewährleistet. Nach dem königlichen Dekret Nr. 16/2012 erhalten Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus zwar nur einen beschränkten Zugang zum Gesundheitssystem. Ausnahmen gelten jedoch in Notfällen sowie für Minderjährige, Schwangere, Patienten mit Infektionskrankheiten sowie psychischen Erkrankungen (vgl. www.ibicasa.com, Ausgabe 59, Juni bis August 2013). Grundsätzlich ist zudem nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2003/09/EG des Rates vom 27. Januar 2003 (sog. Aufnahmerichtlinie) davon auszugehen, dass in den Mitgliedsstaaten - und damit auch in Spanien - die Asylbewerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst. Die geringere Möglichkeit der Behandelbarkeit einer Erkrankung in einem anderen Staat, in den der Betroffene abgeschoben werden soll, führt zudem auch nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zu einer unmenschlichen Behandlung im Sinn der Art. 4 GR-Charta/Art. 3 EMRK durch den abschiebenden Staat, nämlich dann, wenn humanitäre Gründe zwingend entgegenstehen (vgl. EGMR, U.v.27.5.2008 -26565/05 - NVwZ 2008,1334,1336,Rn.42 ff.; BVerwG, B.v.25.10.2012 - 10 B 16.12. - InfAuslR 2013,45).

Die Behandlung von Personen, die sich ohne Asylantrag oder nach unanfechtbar abgelehntem Asylbegehren in Spanien aufhalten, ist für die Beurteilung systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens ohne Bedeutung.

Spanien gilt außerdem als sicherer Drittstaat i. S. des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs- und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, U.v. 14.5. 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49).

Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden führen, im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Solche Sonderfälle liegen, wie oben dargestellt, im Falle Spaniens nicht vor.

Eine Selbsteintrittspflicht der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich nicht aus Art. 16 Dublin III VO, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen. Die Rechtfertigung für die Zuständigkeitsregel des Art. 16 ist darin gelegen, dass dieser familiäre Konstellationen beschreibt, in denen regelmäßig eine Zusammenführung bzw. Nicht-Trennung abhängiger Personen aus menschlichen Erwägungen erfolgen soll. Der Verordnungsgeber hat in Art. 16 Abs.1 als Voraussetzung für eine Familienzusammenführung den Bestand der familiären Bindung bereits im Herkunftsland angeführt. Dies entspricht der in Art. 2 lit.g) Dublin III VO genannten allgemeinen Beschränkung. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, da die Klägerin den Kindsvater offenbar außerhalb des Herkunftslandes kennengelernt und sich mit ihm verlobt hat. Im Übrigen hat der Kindsvater als Asylbewerber keinen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne dieser Vorschrift, weil ihm die Gebietszulassung nicht durch einen exekutiven oder legislativen Akt ausdrücklich ermöglicht wurde. Ein bloß vorübergehendes verfahrensbegleitendes Aufenthaltsrecht, wie es § 55 Abs. 1 AsylVfG vermittelt, stellt keine Legalisierung dar. Der Kindsvater verfügt als Asylbewerber nur über eine Gestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG. Dementsprechend liegt kein dauerhafter rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne des Art. 16 Dublin III VO vor (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 8.4.2015 -13 L 914/15.A - juris; VG Berlin, B.v.20.8.2015 - 33 L 244.15.A - juris).

Die Pflicht zum Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich auch nicht aus Vorschriften des Art. 17 Abs. 1 und 2 Dublin III VO.

Danach kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin III VO beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz selbst zu prüfen, auch wenn er nicht für die Prüfung zuständig ist (§ 17 Abs. 1 Dublin III VO). Damit wird der Mitgliedsstaat zum zuständigen Mitgliedsstaat, Art. 17 Abs. 2 Satz 1 Dublin III VO. Ob der Mitgliedsstaat von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten europäischen Asylsystems ist (vgl. EuGH, U.v. 21. 12. 2011 - C-411/10; C-493/10). Diese in das Ermessen des Mitgliedsstaats gestellte Entscheidung setzt ein Verhalten des Mitgliedsstaats voraus, das zweifelsfrei den Entschluss des Mitgliedsstaats verdeutlicht, das Asylverfahren abweichend vom Regelfallsystem des Art. 3 Abs. 1 Dublin III VO in eigener Verantwortung durchzuführen (vgl. zur Dublin II VO: BayVGH, B.v. 3. 3. 2010 -15 ZB 10.30005 - juris). Bestimmte Förmlichkeiten werden dazu von der Dublin III VO nicht vorgegeben. Maßgeblich kann daher nur sein, dass die zuständige Stelle (in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesamt) ihre Entschließung in irgendeiner verlässlichen Art und Weise nach außen erkennbar werden lässt (VG Düsseldorf, B.v. 20. 2. 2015 - 10 L 3022/14.A - juris). Auch eine „konkludente“ Ausübung des Rechts gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO ist denkbar. Dabei darf nicht aus dem Blick geraten, dass der Selbsteintritt keine dem Asylbewerber gegenüber abzugebende Erklärung ist und das „Verhalten“ des Bundesamts folglich auch nicht aus dessen Horizont zu beurteilen ist (BayVGH, B. v. 3. 3. 2010, a. a. O.). Eine bloß routinemäßige Befragung zu Herkunft, Modalitäten der Einreise sowie des Reiseweges bringt nicht zum Ausdruck, dass die Bundesrepublik Deutschland den Entschluss gefasst hat, das Asylverfahren abweichend vom Regelfall in eigener Verantwortung durchzuführen.

Gemessen an diesen Vorgaben hat die Beklagte ihr Selbsteintrittsrecht nicht ausgeübt. Sie hat an keiner Stelle des Verwaltungsverfahrens zweifelsfrei erkennen lassen, dass sie das Verfahren in eigener Zuständigkeit durchführen will; im Gegenteil hat das Bundesamt von Anfang an das Dublin-Verfahren eröffnet und durchgeführt und im streitgegenständlichen Bescheid ausgesprochen, von ihrem Selbsteintrittsrecht keinen Gebrauch zu machen. Im Übrigen begründet die Selbsteintrittskompetenz des Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO kein subjektives Recht des Asylbewerbers. Die Vorschrift dient - wie die übrigen Vorschriften der Dublin-Verordnungen in der Regel auch - der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedsstaaten (vgl. VG Berlin v. 7. 10. 2013 -33 L 403.13A - juris).

Das Selbsteintrittsrecht des Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO hat sich auch nicht zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet.

Die Voraussetzungen für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts sind in der Dublin III VO nicht geregelt und bleiben daher dem innerstaatlichen Recht überlassen. Art. 17 Dublin III VO wird als eine Generalklausel für die Zuständigkeitsübernahme angesehen in den Fällen, in denen außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern (vgl. Art. 17 Abs. 2 Dublin III VO; vgl. VG Bremen, B.v. 4. 9. 2013 - 4 V 1037/13.A - juris zu Dublin II VO).

Außergewöhnliche humanitäre (familiäre oder krankheitsbedingte) Gründe, die nach der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt fordern und ausnahmsweise eine Ermessensreduktion auf null zugunsten eines Selbsteintritts erzeugen könnten, hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Allein das Bestehen einer Schwangerschaft bei der Klägerin, die zwischenzeitlich erfolgte Geburt (wohl Mitte Dezember 2015) und die mögliche Trennung vom kenianischen Kindsvater, der sich auch im Asylverfahren befindet und aufenthaltsrechtlich nur über eine Aufenthaltsgestattung verfügt (vgl. Vaterschaftsanerkennung und Sorgeerklärung, Bl. 7 und 41 der Gerichtsakte), stellt keine solchen außergewöhnlichen humanitären Gründe dar.

Die Abschiebung der Klägerin kann derzeit auch durchgeführt werden. Zwar hat das Bundesamt sowohl zielstaatsbezogene als auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen (BayVGH, B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris).

Als inlandsbezogenes Abschiebungshindernis könnte im Hinblick auf die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende staatliche Schutzpflicht in Bezug auf das Rechtsgut körperliche Unversehrtheit die mit der Abschiebung betrauten Behörden verpflichten, von einer Abschiebung abzusehen, wenn diese mit einer erheblichen konkreten Gefahr für die Gesundheit oder die körperliche Unversehrtheit der Klägerin verbunden wäre. Im Falle einer Schwangerschaft der abzuschiebenden Ausländerin ist eine auf ein Abschiebungshindernis zurückzuführende Reiseunfähigkeit nicht nur dann anzunehmen, wenn eine Risikoschwangerschaft durch ärztliche Atteste nachgewiesen ist - was hier nicht der Fall ist - sondern vielmehr auch dann, wenn die Niederkunft unmittelbar bevorsteht. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes der Einheit der Rechtsordnung bereits aus den gesetzlichen Schutzvorschriften der §§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG. In Anlehnung daran beginnt der Abschiebungsschutz sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und endet acht Wochen nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuschG). Vorliegend ist dem Mutterpass der genaue Entbindungstermin wegen Schwärzung der entscheidenden Stelle nicht zu entnehmen. Die Klägerin trägt am .... September 2015 aber selbst vor, sich im sechsten Monat der Schwangerschaft zu befinden, so dass im entscheidungserheblichen Zeitraum der Entscheidung durch das Gericht (§ 77 AsylVfG) am 29. Februar 2016 die acht Wochen nach der Entbindung (wohl Mitte Dezember 2015) bereits abgelaufen sind.

Ein inlandsbezogenes rechtliches Abschiebungshindernis ergibt sich nicht aus der Vaterschaftsanerkennung und der Sorgeerklärung für das von der Klägerin inzwischen wohl geborene Kind durch einen nigerianischen Staatsangehörigen vom 29. Juli 2015 und 16. November 2015 (Bl. 7 und 41 der Gerichtsakte). Der Kindsvater befindet sich ebenfalls im Asylverfahren, das noch nicht abgeschlossen ist; es wurde nicht vorgetragen, in welchem Verfahrensstadium sich das Asylverfahren des Kindesvaters befindet. Ein gesichertes Bleiberecht im Bundesgebiet hat er daher nicht. Es ist der Klägerin zuzumuten, mit dem Kind die familiäre Gemeinschaft im Ausland zu führen oder - sollte der Kindsvater ein Bleiberecht erhalten - im Wege des Familiennachzugs wieder einzureisen. Ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfalten Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht allein aufgrund formalrechtlicher familiärer Bindungen. Die Erklärungen zur Vaterschaftsanerkennung und zum gemeinsamen Sorgerecht können allein keinen Abschiebungsschutz begründen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern (BVerfG, Beschluss vom 8.12.2005 2 BvR 1001/04). Die Klägerin hat sich zu der tatsächlichen Verbundenheit zwischen Vater und Kind überhaupt nicht geäußert. Von der Klägerin wurde weder vorgetragen, dass ein Kind geboren wurde noch dass zwischen Vater und Kind eine tatsächliche Verbundenheit besteht. Es wurde nicht substantiiert dargelegt, welche spezifischen Erziehungsbeiträge oder auch nur Umgangskontakte der Vater erbringt. Ebenso wenig wurde vorgetragen, ob über das Asylverfahren des Kindsvaters entschieden wurde. Eine weitere Ermittlung durch das Gericht hat sich daher nicht aufgedrängt.

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, sie sei in Spanien vergewaltigt worden und die Polizei habe nichts unternommen. Spanien ist ein Rechtsstaat, der willens und in der Lage ist, Straftaten zu verfolgen. Wenn die Straftat an der Klägerin nicht verfolgt worden sein sollte, ist dies eine Entscheidung der Polizei und Justizbehörden im Einzelfall, die nichts mit der grundsätzlichen Verfolgung von Straftaten durch die dafür zuständigen spanischen Behörden und Gerichte zu tun hat.

Die Klage war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Gründe

I

1

Die Kläger zu 1 und 2 und deren minderjähriger Sohn, der Kläger zu 3, sind nach eigenen Angaben syrische Staatsangehörige. Sie reisten nach einem etwa achtmonatigen Aufenthalt in Bulgarien im Mai 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Zuvor war ihnen am 21. Februar 2014 in Bulgarien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Im Mai 2014 beantragten sie in Deutschland Asyl. Mit Bescheid vom 3. März 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) die Anträge als unzulässig ab (Ziffer 1.). Es drohte den Klägern die Abschiebung nach Bulgarien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat an, wenn sie das Bundesgebiet nicht innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlassen. Nach Syrien dürften sie nicht abgeschoben werden (Ziffer 2.). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, die Asylanträge seien unzulässig, weil den Klägern bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz zuerkannt worden sei.

2

Das Verwaltungsgericht hat Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts aufgehoben und die Klage im Übrigen (Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Bulgarien) abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Bulgarien besteht. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Beschwerde.

II

3

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

5

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 14. Februar 2018 - 1 B 1.18 - juris Rn. 3).

6

a) Die Beschwerde hält zunächst hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK für klärungsbedürftig,

"welchen Schweregrad eine auf die allgemeinen Verhältnisse zurückzuführende Situation jedenfalls erreichen muss, um der Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit Blick auf Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK entgegenzustehen"

und

"ob insoweit eine Eingriffsschwere erforderlich ist, die dem Grad der 'Extremgefahr', wie sie zur Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG erforderlich wäre, gleichkommt?".

7

Diese Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie sind bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

8

aa) Für die Kriterien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist auf die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK zurückzugreifen. Dieser fordert in ständiger Rechtsprechung nur für die Tatbestandsalternativen der "Folter" und der "unmenschlichen Behandlung" ein vorsätzliches Handeln, nicht hingegen für die Tatbestandsalternative der "erniedrigenden Behandlung". Hierzu führt er in seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (GK) - Nr. 30696/09 - M.S.S./Belgien und Griechenland - (Rn. 220) aus: Es sei zwar zu berücksichtigen, ob es der Zweck der Behandlung gewesen sei, das Opfer zu erniedrigen oder zu demütigen, aber auch wenn das nicht gewollt war, schließe dies die Feststellung einer Verletzung von Art. 3 EMRK nicht zwingend aus ("the absence of any such purpose cannot conclusively rule out a finding of a violation of Article 3"). Der EuGH und das Bundesverwaltungsgericht sind dieser Rechtsprechung gefolgt. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N.S. u.a. - (Rn. 86 bis 94 und 106) entschieden, dass die Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems unter bestimmten Umständen gegen das Verbot einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC/Art. 3 EMRK verstoßen kann, wenn sie an einen Mitgliedstaat überstellt werden, bei dem ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller systemische Mängel aufweisen. Diese Rechtsprechung führt der EuGH in Folgeentscheidungen fort und legt die Merkmale der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in Übereinstimmung mit dem EGMR aus (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127], C.K. u.a. - Rn. 67). Entsprechendes gilt für die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 22 ff.).

9

In der Rechtsprechung des EGMR ist weiter geklärt, dass die einem Ausländer im Zielstaat drohenden Gefahren ein gewisses "Mindestmaß an Schwere" (minimum level of severity) erreichen müssen, um ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK/Art. 4 GRC zu begründen (vgl. EGMR , Urteil vom 13. Dezember 2016 - Nr. 41738/10, Paposhvili/Belgien - Rn. 174; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU, C.K. u.a. - Rn. 68). Die Bestimmung dieses Mindestmaßes an Schwere ist relativ und hängt von allen Umständen des Falls ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung, den daraus erwachsenen körperlichen und mentalen Folgen für den Betroffenen und in bestimmten Fällen auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Betroffenen (EGMR , Urteile vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - Rn. 219 und vom 13. Dezember 2016 - Nr. 41738/10, Paposhvili/Belgien - Rn. 174). Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts beim EuGH Wathelet vom 25. Juli 2018 (C-163/17 - Rn. 143) muss sich der Betroffene in "einer besonders gravierenden Lage" befinden. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können schlechte humanitäre Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK begründen (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 23 und 25).

10

Allerdings enthält Art. 3 EMRK weder eine Verpflichtung der Vertragsstaaten, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen noch begründet Art. 3 EMRK eine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - Rn. 249). Der EGMR hat aber für die als besonders verletzlich gewertete Gruppe der Asylsuchenden eine gesteigerte Verantwortlichkeit der EU-Mitgliedstaaten gesehen, weil sich diese durch die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (ABl. L 31 S. 18) (heute: Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen ) zur Gewährleistung bestimmter Minimalstandards bei der Aufnahme von Asylsuchenden verpflichtet haben. Bei diesem besonders schutzbedürftigen Personenkreis können schlechte Lebensbedingungen im Zielstaat der Abschiebung das für Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere erfüllen, wenn die Betroffenen - in einem ihnen vollständig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und staatlicher Untätigkeit und Indifferenz gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - Rn. 250 ff.; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 24).

11

Die vorstehend wiedergegebene Rechtsprechung von EGMR, EuGH und Bundesverwaltungsgericht ist auf anerkannte Flüchtlinge zu übertragen, die sich darauf berufen, dass die Lebensbedingungen, denen sie im Staat ihrer Flüchtlingsanerkennung ausgesetzt sind, Art. 3 EMRK widersprechen (so schon BVerwG, Beschluss vom 2. August 2017 - 1 C 37.16 - juris Rn. 20). Auch für diesen Personenkreis ergibt sich eine gesteigerte Schutzpflicht der EU-Mitgliedstaaten, der sie sich in Gestalt der Anerkennungsrichtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 S. 9) unterworfen haben. Auch bei ihnen kann das für Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere im Zielstaat der Abschiebung erreicht sein, wenn sie ihren existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern können, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten. Die Unmöglichkeit der Sicherung des Lebensunterhalts kann auf der Verhinderung eines Zugangs zum Arbeitsmarkt oder auf dem Fehlen staatlicher Unterstützungsleistungen beruhen. Einer weitergehenden abstrakten Konkretisierung ist das Erfordernis, dass ein gewisses "Mindestmaß an Schwere" erreicht sein muss, nicht zugänglich. Vielmehr bedarf es insoweit der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.

12

Die Frage, ob die vom Berufungsgericht tatrichterlich festgestellten Aufnahmebedingungen für nach Bulgarien zurückkehrende anerkannte Schutzbedürftige unter Berücksichtigung der aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe gegen Art. 3 EMRK verstoßen, betrifft die richterliche Tatsachenwürdigung und -bewertung. Diese Frage wird von den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten der einzelnen Bundesländer unterschiedlich beantwortet (eine vom Berufungsgericht abweichende Einschätzung trifft u.a. das OVG Magdeburg, Beschluss vom 31. August 2016 - 3 L 94/16 - juris; vgl. im Übrigen die Zusammenstellung im angefochtenen Urteil S. 11 f.). Tatsachenfragen - mögen sie auch von grundsätzlicher Bedeutung sein - reichen nach geltender Rechtslage für die Zulassung einer Revision nicht aus (s. nur BVerwG, Beschluss vom 24. April 2017 - 1 B 22.17 - InfAuslR 2017, 307). Eine etwa fehlerhafte Anwendung der rechtlich zu Art. 3 EMRK geklärten Maßstäbe im Einzelfall - mag sie auch die von individuellen Besonderheiten weitgehend unabhängige Beurteilung der Lage in einem bestimmten Abschiebungszielstaat betreffen - rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

13

bb) Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die Annahme eines Abschiebungsverbots in Bezug auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK eine "Extremgefahr" voraussetzt, lässt sich mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens verneinen. Der Begriff der "Extremgefahr" wird im Zusammenhang mit dem nationalen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG verwendet. Danach kann ein Ausländer im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 38). Dieser strengere Maßstab ist zur Rechtfertigung der Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG geboten, lässt sich jedoch nicht auf die in § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK getroffene Regelung übertragen.

14

b) Die Beschwerde sieht weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf, ob

"in einer solchen Konstellation vom Bundesamt (...) im Sinn einer zielstaatsbezogenen Gefahrenursache das Vorhandensein einer Unterkunftsmöglichkeit in die Prognose für Abschiebungsschutzgründe i.S.d. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG einzustellen ist"

und

"die der Gefahrrealisierung entgegenstehende Einholung einer Zusage über die Sicherstellung einer Unterkunftsmöglichkeit durch die Behörden des Mitgliedstaats (hier: Bulgarien) dem Aufgabenbereich des Bundesamtes oder dem Aufgabenbereich der für die Durchführung der Überstellung zuständigen Ausländerbehörde unterfällt".

15

Auch diese aufgeworfenen Rechtsfragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

16

aa) Die Frage, ob das Bundesamt das Vorhandensein einer Unterkunftsmöglichkeit in die Prognose für Abschiebungsschutzgründe im Sinne des § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG einzustellen hat, lässt sich bereits aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Die Zuständigkeit des Bundesamts für die Feststellung, ob die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegen, folgt aus § 24 Abs. 2 und § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG. Aus dem Untersuchungsgrundsatz des § 24 Abs. 1 AsylG ergibt sich, dass das Bundesamt den Sachverhalt klärt und die erforderlichen Beweise erhebt. Für das hier relevante Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bedeutet dies, dass alle für die Beurteilung des Vorliegens einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung relevanten Lebensbedingungen im Zielstaat der Abschiebung zu ermitteln und zu würdigen sind. Dafür ist unter anderem auch von Bedeutung, ob der rückkehrende Ausländer eine Unterkunft finden kann.

17

bb) Die weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Bundesamt oder die Ausländerbehörden für die Einholung einer der Gefahrrealisierung entgegenstehenden Zusage über die Sicherstellung einer Unterkunftsmöglichkeit durch die Behörden des Mitgliedstaats (hier: Bulgarien) zuständig ist, rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Revision, weil diese Frage nicht entscheidungserheblich ist. Denn im vorliegenden Verfahren geht es nicht um die Einholung einer derartigen Zusicherung, sondern allgemein um die Verfügbarkeit einer Unterkunftsmöglichkeit. Hierbei handelt es sich um eine zielstaatsbezogene Tatsache, die das Bundesamt zu klären hat. In diesem Zusammenhang kann es gegebenenfalls auch zu der Feststellung gelangen, dass es zur Beseitigung eines ansonsten bestehenden Abschiebungsverbots einer Zusicherung bedarf. Etwas anderes gilt nur für Umstände, die Gefahren betreffen, die sich im Einzelfall im Zusammenhang mit der Durchführung einer Abschiebung ergeben. Hierzu zählt jedoch die Frage nicht, ob Flüchtlinge in Bulgarien Obdach finden können.

18

2. Die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einer Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) und eines Verstoßes gegen das Gebot rechtsfehlerfreier Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) sind nicht dargelegt bzw. liegen nicht vor.

19

a) Die geltend gemachte Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

20

Die Rüge einer solchen Verletzung erfordert eine substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen Beweisantrag hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Februar 2013 - 8 B 58.12 - ZOV 2013, 40 und vom 12. Juli 2018 - 7 B 15.17 - juris Rn. 23). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde ersichtlich nicht. Sie hat schon die für erforderlich gehaltenen weiteren Aufklärungsmaßnahmen nicht hinreichend konkretisiert und auch nicht vorgetragen, welche tatsächlichen Feststellungen bei deren Vornahme voraussichtlich getroffen worden wären. Zudem ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, dass die Beklagte durch einen Beweisantrag oder eine hinreichend bestimmte Beweisanregung im Berufungsverfahren auf eine Beweiserhebung hingewirkt hätte oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Berufungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen.

21

Bei der Frage, ob eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht vorliegt, ist im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass es sich beim beklagten Bundesamt um eine spezialisierte Behörde handelt, zu deren Aufgabe die Ermittlung der allgemeinen Lage in den Herkunftsstaaten der Antragsteller sowie gegebenenfalls in den Staaten gehört, durch die sie gereist sind (Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ). Die Behörde muss kraft Unionsrechts angemessen ausgestattet sein und über kompetentes Personal in ausreichender Zahl verfügen. Ferner hat die Beklagte die prozessuale Obliegenheit, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, was die gerichtliche Aufklärungspflicht begrenzt. Das Gericht kann daher im Regelfall davon ausgehen, dass das Bundesamt ergänzende Erkenntnisquellen, die ihm vorliegen oder für die Behörde erreichbar sind, auch in das Verfahren einführt, zumal dann, wenn eine bestimmte, erkennbar entscheidungserhebliche Tatsachenfrage - wie hier - gerichtlich umstritten ist, und dass sich weitere, von dem Bundesamt selbst nicht wahrgenommene oder für erforderlich gehaltene Aufklärungsmaßnahmen auch für das Gericht nicht aufdrängen.

22

b) Auch die Rüge eines Verstoßes gegen das Gebot rechtsfehlerfreier Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) greift nicht durch.

23

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist nicht schon dann infrage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn das Gericht nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 7. Februar 2017 - 6 B 30.16 - juris Rn. 10 und vom 20. Februar 2018 - 1 B 3.18 - juris Rn. 12). Nach diesen Maßgaben ergeben sich verfahrensrechtliche Mängel der Überzeugungsbildung aus der Beschwerdebegründung nicht.

24

Die Beschwerde sieht einen Verstoß gegen die sich aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Vorgaben darin, dass das Berufungsgericht die staatliche Gleichgültigkeit Bulgariens gegenüber schutzsuchenden Ausländern gerade mit Blick auf die fehlende Akzeptanz der im Juli 2017 in Bulgarien erlassenen Integrationsverordnung hergeleitet habe (faktische Nichtumsetzung), ohne dies tragfähig zu begründen. Aus den in den Urteilsgründen angeführten Erkenntnisquellen ergäben sich keine für den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der Berufungsverhandlung inhaltlich relevanten Aussagen zur Akzeptanz und tatsächlichen Umsetzung dieser neuen Integrationsverordnung. Teilweise stammten die Erkenntnisquellen aus einem Zeitraum vor dem Erlass der Verordnung am 19. Juli 2017, die daneben noch angeführten Mitteilungen aus dem Internet hätten allenfalls Geltung für einen ersten Umsetzungszeitraum bis zum 21. November 2017 und würden keine Informationen darüber enthalten, ob bzw. in welchem Umfang sich seitdem bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung mögliche Verbesserungen ergeben hätten. Es sei nicht auszuschließen, dass inzwischen sehr wohl Bemühungen des bulgarischen Staates zur effektiveren Umsetzung der Integrationsverordnung feststellbar sein könnten.

25

Der Senat hat im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge nicht über die dem materiellen Recht zuzuordnende Frage zu entscheiden, ob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage beruht, wofür einiges sprechen könnte (keine genauen Aussagen zum Inhalt der Integrationsverordnung Bulgariens vom Juli 2017, nur zwei mit google translate übersetzte Erkenntnisquellen zu deren Anwendung). Maßgeblich für das Einhalten der verfahrensrechtlichen Grenzen der Überzeugungsbildung ist vielmehr, dass das Gericht auch nach dem Vorbringen der Beschwerde keinen entscheidungserheblichen Akteninhalt unberücksichtigt gelassen oder aktenwidrige Tatsachen zugrunde gelegt hat und die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen auch nicht gegen die Denkgesetze verstoßen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht sich auch auf Erkenntnisquellen stützt, die vor dem Erlass der neuen Integrationsverordnung vom Juli 2017 datieren. Denn es verstößt nicht gegen die Denkgesetze, wenn für die tatrichterliche Schlussfolgerung, die Bemühungen der Republik Bulgarien zur Verbesserung der Unterbringung von anerkannten Schutzberechtigten seien unzureichend, neben den ersten Erfahrungen seit der Umsetzung der neuen Integrationsverordnung auch Erfahrungen im Umgang mit der früheren Integrationsverordnung einbezogen werden. Soweit die Beschwerde einwendet, das Berufungsgericht habe keine Informationen für den Zeitraum vom 21. November 2017 bis zum nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (hier am 31. Januar 2018) einbezogen, genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen. Sie hätte konkret aufzeigen müssen, aufgrund welcher Bemühungen des bulgarischen Staates zur effektiveren Umsetzung der Integrationsverordnung eine Verbesserung festzustellen ist, die für das Ergebnis der tatrichterlichen Würdigung von Bedeutung sein könnte. Die bloße Vermutung, es sei nicht auszuschließen, dass inzwischen Bemühungen des bulgarischen Staates feststellbar sein könnten, genügt dafür nicht.

26

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) ihre Zurückschiebung nach Italien vorläufig zu untersagen.

Die Antragstellerin, eine somalische Staatsangehörige, hat nach Aktenlage in Italien ein Asylverfahren durchlaufen und subsidiären Schutz erhalten. Sie wurde am 22. September 2018 am Bahnhof Kempten von der Bundespolizei aufgegriffen; einen Asylantrag in Deutschland hat sie nicht gestellt. Mit bestandskräftiger Verfügung vom 23. September 2018 ordnete die Bundespolizeidirektion München, Inspektion Kempten, ihre Zurückschiebung nach Italien an. Sie befindet sich seither in Abschiebehaft in der Justizvollzugsanstalt E. Am 20. Dezember 2018 bescheinigte der Anstaltsarzt ihre Flugreise- und Transporttauglichkeit (bestehende Schwangerschaft; Entbindungstermin 7.6.2019).

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 2. Januar 2019 an das Landratsamt E. machte die Antragstellerin ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf ihre im 5. Monat befindliche Schwangerschaft und die völlig desolate Unterbringungssituation in Italien geltend. Ihr sei zwar in Italien internationaler Schutz zugesprochen worden, sie habe dort jedoch mit ihrem Ehemann, der sich ebenfalls in Abschiebhaft befinde und mit ihr zusammen zurückgeschoben werden solle, bis zur Einreise in Deutschland mangels jeder staatlichen Unterstützung auf der Straße leben müssen.

Am 4. Januar 2019 beantragte die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten mit einem gegen den Freistaat ..., vertreten durch das Landratsamt E., gerichteten Antrag nach § 123 VwGO: „Der Antragsgegner, d.h. der Freistaat ..., wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig, d.h. bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache über das beim LRA E. geltend gemachte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG davon abzusehen, die Antragstellerin durch die Bundespolizei nach Italien rücküberstellen zu lassen.“

Mit Beschluss vom 8. Januar 2019 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Für die Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung sei das Landratsamt E. nicht zuständig. Auch sei die Abschiebung der Antragstellerin weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Hinsichtlich ihrer Schwangerschaft sei die Reisetauglichkeit ärztlich bescheinigt worden. Auch § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG stünden nicht entgegen. Der Antragstellerin sie in Italien internationaler Schutz zugesprochen worden. Die vom Bevollmächtigten herangezogene Tarakhel-Entscheidung des EGMR sei nicht anwendbar, da die Antragstellerin in Italien keine Asylsuchende mehr sei, sondern als anerkannte Schutzwürdige grundsätzlich die gleichen Rechte wie eine italienische Staatsangehörige genieße. Es sei auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge in Italien gegen Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK verstießen.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin legte hiergegen Beschwerde ein und trug zur Begründung vor: Er habe nunmehr beim Landratsamt Oberallgäu einen Antrag nach § 60 Abs. 5 und/oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG und einen Antrag auf vorläufige Aussetzung der Rücküberstellung nebst Duldung gestellt. Die Untersuchung durch den Anstaltsarzt liege fast drei Wochen zurück und sei somit nicht mehr aktuell. Es sei richtig, dass die Tarakhel-Entscheidung nicht direkt anwendbar sei, wohl aber vom Rechtsgedanken her. Denn die Situation, auf die der EGMR reagiert und eine spezielle Zusicherung einer Unterbringung gefordert habe, stelle sich bei der Antragstellerin nur zeitversetzt, nämlich nach ca. vier Monaten. Auf dem Papier habe sie selbstverständlich die gleichen Rechte wie eine italienische Staatsangehörige, in der Realität angesichts des rücksichtslosen Vorgehens des rechtsradikalen Innenministers Salvini gegenüber Ausländern und des gerade im Parlament verabschiedeten Immigrationsgesetzes leider nicht. In der Rechtsprechung sei der Rechtsgedanke der Tarakhel-Entscheidung erweitert worden; auch bei schwangeren Personen müsse danach in jedem Fall eine konkrete und einzelfallbezogene Unterbringungszusicherung Italiens vorliegen.

Die Landesanwaltschaft beantragte für den Freistaat ..., die Beschwerde zurück zu weisen. Der Eilantrag könne bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil dem Freistaat ... für die beabsichtigte Zurückweisung die Passivlegitimation fehle.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin benannte daraufhin als Antragsgegner hilfsweise die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundespolizei. Diese machte von der Gelegenheit zur Äußerung Gebrauch und nahm insbesondere zur tatsächlichen humanitären Situation in Italien Stellung.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen weder die Aufhebung noch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Soweit sich der Eilantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO gegen den Freistaat... richtet, ist dieser gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog der falsche Antragsgegner. Eine (Ausländer-)Behörde des Freistaats ... ist an der streitgegenständlichen Vollstreckungsmaßnahme nicht beteiligt. Vielmehr vollzieht die Bundespolizei in eigener Zuständigkeit die von ihr nach § 57 AufenthG erlassene, bestandskräftige Zurückschiebungsverfügung vom 23. September 2018. Die Zurückschiebung stellt insgesamt eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung dar, die sich aus der Anordnung als Verwaltungsakt (hier: Verfügung vom 23.9.2018) und deren faktischer Durchsetzung im Wege der Vollstreckung durch unmittelbaren Zwang (Realakt) zusammensetzt (vgl. Kluth in BeckOK AuslR, Stand 1.11.2018, § 57 AufenthG Rn. 8 m.w.N.). Die Zurückschiebung der Antragstellerin durch unmittelbaren Zwang wird demgemäß von der Bundespolizei als der zuständigen Behörde durchgeführt. Der von der Antragstellerin sinngemäß geltend gemachte Anspruch auf Aussetzung ihrer „Abschiebung“ kann sich demgemäß nur gegen die Bundesrepublik Deutschland als Träger der die Zurückschiebung durchführenden Behörde richten.

2. Die Beschwerde ist auch hinsichtlich des erstmals im Beschwerdeverfahren gestellten Hilfsantrags (Erweiterung bzw. Änderung des Antragsgegners auf Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundespolizei) zurück zu weisen.

Eine Klage- bzw. Antragsänderung durch Änderung des Antragsgegners in der Beschwerdeinstanz ist zwar grundsätzlich rechtlich nicht unproblematisch (vgl. zum Meinungsstand Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 91 Rn. 22). Im Hinblick auf die auch in zeitlicher Hinsicht besondere Verfahrenssituation und Art. 19 Abs. 4 GG sieht der Senat die Änderung des Antragsgegners jedoch als sachdienliche Antragsänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO an.

Der hilfsweise gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist bei sachgerechter Auslegung des Rechtsschutzbegehrens (§ 88 VwGO) darauf gerichtet, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Anspruch der Antragstellerin auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Aufhebung der unanfechtbar gewordenen Zurückschiebungsverfügung vom 23. September 2018 zu sichern. Mit diesem Inhalt ist der Antrag nach Auffassung des Senats auch zulässig (§ 123 Abs. 5 VwGO).

Der diesbezügliche Eilantrag ist aber unbegründet, weil die Antragstellerin zwar einen Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG - eine Änderung der zugrundliegenden Sachlage durch ihre Schwangerschaft -, jedoch auf der zweiten Stufe keinen Anordnungsanspruch auf Aufhebung oder Änderung der zugrundeliegenden Sachentscheidung (Zurückschiebungsentscheidung nach § 57 AufenthG) glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein solcher Anspruch bestünde nur dann, wenn bei der von der Behörde anzustellenden erneuten Sachprüfung gemäß § 57 AufenthG einer Zurückschiebung nunmehr ein Abschiebungsverbot nach § 57 Abs. 3 i.V.m. § 60 Abs. 1 bis 5 und 7 AufenthG entgegenstehen würde.

Das Verwaltungsgericht ist insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch unter Berücksichtigung der Schwangerschaft der Antragstellerin nicht bestehen. Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren ist nicht geeignet, diese Bewertung ernsthaft in Zweifel zu ziehen und insbesondere ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und Art. 4 GRCh hinreichend glaubhaft zu machen. Der Senat geht insoweit von dem der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Maßstab für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK aus (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.2018 - 1 B 25.18 - juris Rn. 8 ff., 11 ff.). Danach kann die Überstellung der Antragstellerin gegen das Verbot einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und Art. 4 GRCh verstoßen, wenn bei ihr ernsthaft zu befürchten ist, dass die Lebensbedingungen, denen sie in Italien als Staat ihrer Schutzgewährung ausgesetzt ist, Art. 3 EMRK widersprechen. Das für Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere im Zielstaat der Abschiebung bzw. Zurückschiebung kann insbesondere dann erreicht sein, wenn sie ihren existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten kann (BVerwG a.a.O. Rn. 11). Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Antragstellerin als Schwangere zu dem nach Art. 20 Abs. 3 RL 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) besonders schutzbedürftigen Personenkreis zu zählen ist und ihr gegenüber demgemäß eine gesteigerte Schutzpflicht der EU-Mitgliedsstaaten besteht.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls reicht das Vorbringen der Antragstellerin im erstinstanzlichen, aber insbesondere auch im Beschwerdeverfahren gleichwohl nicht aus, um bei ihr als zurückkehrende Schutzberechtigte im Hinblick auf die humanitären Verhältnisse in Italien eine so gravierende Situation bzw. Lage annehmen zu können, die ein Abschiebungsverbot nach den genannten Bestimmungen (Art. 3 EMRK) begründen würde. Der Verweis der Antragstellerin auf die Rechtsprechung des EGMR (U.v. 4.11.2014 - 29217/12, Tarakhel - BeckRS 2014, 22111) und die hier entsprechend anwendbaren Grundsätze dieser Entscheidung sowie auf verschiedene erstinstanzliche Entscheidungen genügt der Darlegungs- und Glaubhaftmachungspflicht nicht. Der von ihr behauptete individuelle Schutzanspruch als schwangere Ausländerin auf Zusage einer konkreten Unterkunft in Italien lässt sich daraus nicht herleiten. Zum einen betreffen die angeführten Entscheidungen in ganz überwiegender Anzahl die tatsächliche Situation (Aufnahmebedingungen in Italien) im Zeitpunkt der Entscheidung des EGMR (2014) und die konkrete Situation von Familien mit minderjährigen (Klein-) Kindern. Zum anderen hat die Bundespolizeidirektion München in ihrer im Beschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahme zutreffend auf die (auch) von Italien anerkannte besondere Schutzpflicht für die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen (Art. 20 Abs. 3 Qualifikationsrichtlinie) und damit auch für Schwangere gemäß dem Dekret DL 142/2015 verwiesen. Daraus ergeben sich nämlich konkrete spezielle Vorgehensweisen der italienischen Behörden nicht nur bei der Unterbringung von (anerkannt) vulnerablen Personen, die bei der im Eilverfahren möglichen Beurteilung durch den Senat der Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin hinreichend Rechnung tragen (vgl. dazu auch Länderinformation Italien des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Stand Mai 2017, S. 3 f.; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Italien, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Republik Österreich, Stand 27.9.2018, S. 11 ff.; NdsOVG, U.v. 6.4.2018 - 10 LB 109/18 - BeckRS 2018, 6416: keine systemischen Mängel der Aufnahmebedingungen für in Italien bereits anerkannte Schutzberechtigte). Die Antragstellerin hat abgesehen von den oben angeführten Rechtsprechungsverweisen nichts Konkretes dafür dargetan oder gar glaubhaft gemacht, dass ihr trotz dieser verfahrensmäßigen Sicherungsmaßnahmen in Italien eine Situation droht, in der sie ihren existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten kann und sie damit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und Art. 4 GRCh ausgesetzt wird. Der pauschale Hinweis auf das „rücksichtslose Vorgehen des rechtsradikalen Innenministers Salvini gegenüber Ausländern“ und das gerade im Parlament verabschiedeten Immigrationsgesetz genügt dem Darlegungsgebot jedenfalls nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist vor der Entbindung), soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt. Sie kann die Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Für die Berechnung der Schutzfrist vor der Entbindung ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich, wie er sich aus dem ärztlichen Zeugnis oder dem Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers ergibt. Entbindet eine Frau nicht am voraussichtlichen Tag, verkürzt oder verlängert sich die Schutzfrist vor der Entbindung entsprechend.

(2) Der Arbeitgeber darf eine Frau bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist nach der Entbindung). Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich auf zwölf Wochen

1.
bei Frühgeburten,
2.
bei Mehrlingsgeburten und,
3.
wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ärztlich festgestellt wird.
Bei vorzeitiger Entbindung verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nach Satz 1 oder nach Satz 2 um den Zeitraum der Verkürzung der Schutzfrist vor der Entbindung nach Absatz 1 Satz 4. Nach Satz 2 Nummer 3 verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nur, wenn die Frau dies beantragt.

(3) Die Ausbildungsstelle darf eine Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 bereits in der Schutzfrist nach der Entbindung im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen, wenn die Frau dies ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt. Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(4) Der Arbeitgeber darf eine Frau nach dem Tod ihres Kindes bereits nach Ablauf der ersten zwei Wochen nach der Entbindung beschäftigen, wenn

1.
die Frau dies ausdrücklich verlangt und
2.
nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht.
Sie kann ihre Erklärung nach Satz 1 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigen. Er darf sie an Sonn- und Feiertagen nur dann beschäftigen, wenn

1.
sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
2.
eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot der Arbeit an Sonn- und Feiertagen nach § 10 des Arbeitszeitgesetzes zugelassen ist,
3.
der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
4.
insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(2) Die Ausbildungsstelle darf eine schwangere oder stillende Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 nicht an Sonn- und Feiertagen im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen. Die Ausbildungsstelle darf sie an Ausbildungsveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen teilnehmen lassen, wenn

1.
sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
2.
die Teilnahme zu Ausbildungszwecken zu dieser Zeit erforderlich ist,
3.
der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
4.
insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die am … … 1980 in Bouake/Elfenbeinküste geborene Antragstellerin wurde am 6. Mai 2018 erkennungsdienstlich erfasst und äußerte ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 8. Mai 2018 schriftlich Kenntnis erlangte. Am 25. Juni 2018 stellte sie einen förmlichen Asylantrag.

Eine Eurodac-Abfrage vom 8. Mai 2018 ergab für die Antragstellerin keine Treffer. Ein Abgleich im Visa-Informationssystem ergab, dass der Antragstellerin am 16. Januar 2018 von französischen Konsulat in Abidjan ein 20 Tage gültiges Schengen-Visum ausgestellt wurde.

Im Rahmen von Anhörungen vor dem Bundesamt am 25. Juni 2018 und am 28. Juni 2018 bestätigte die Antragstellerin, dass ihr im Januar 2018 ein französisches Visum ausgestellt worden sei, mit dem sie im Januar 2018 auf dem Luftweg nach Frankreich eingereist sei. Sie habe sich nur eine Nacht in Frankreich aufgehalten und sei dann nach Deutschland weitergereist. Sie habe dort keinen Asylantrag gestellt. Sie könne in Frankreich ihre Asylgründe nicht vortragen, weil es dort viele Afrikaner aus der Elfenbeinküste gebe. Ihre Familie aus der Elfenbeinküste habe auch Kontakt zu französischen ivorischen Landsleuten. Sie wüssten Bescheid, was der Antragstellerin in der Elfenbeinküste passiert sei. Es könne sein, dass diese Leute ihrer Familie ausrichten würden, dass die Antragstellerin in Frankreich sei. Das wolle die Antragstellerin nicht. Sie sei in Deutschland schwanger geworden. Der Vater des Kindes sei seit zehn Jahren in Deutschland. Sie habe ihn in Essen kennengelernt.

Am 29. Juni 2018 stellte das Bundesamt, gestützt auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO, ein Aufnahmegesuch an Frankreich. Die französischen Behörden nahmen das Aufnahmegesuch mit Schreiben vom 10. September 2018 an.

Mit Bescheid vom 3. September 2018, der Antragstellerin am 4. September 2018 zugestellt, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Frankreich an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf neun Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da Frankreich aufgrund des von Frankreich ausgestellten Visums für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Auf die weitere Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.

Am 11. September 2018 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 2 K 18.50430 Klage gegen den Bescheid vom 3. September 2018 erheben und zugleich im vorliegenden Verfahren beantragen:

Die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 3. September 2018 zum Az.: 7486794-231 enthaltene Abschiebungsandrohung erhobene Klage wird insoweit angeordnet, als „dem Antragsteller“ darin die Abschiebung nach Frankreich angedroht wird.

Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wurde die Kopie einer Vaterschaftsanerkennung und gemeinsamen Sorgerechtserklärung vom 10. September 2018 vorgelegt, aus der hervorgeht, dass der Vater des von der Antragstellerin erwarteten Kindes ein guineischer Staatsangehöriger ist, der über eine Fiktionsbescheinigung als derzeitigen Aufenthaltstitel verfügt. Errechneter Geburtstermin ist laut Sorgerechtserklärung der 23. November 2018.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Sofort- und Hauptsacheverfahren sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakte des Bundesamtes, welche dem Gericht in elektronischer Form vorliegt, Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere firstgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) erhoben, jedoch unbegründet.

Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des in der Hauptsache angefochtene Bescheid vom 3. September 2018 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) derzeit (noch) rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Somit überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen.

Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dabei sind sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse (BayVGH, B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris) zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen oder Duldungsgründen (BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - juris). Die Voraussetzungen des Erlasses einer Abschiebungsanordnung liegen hier vor. Aus der Behördenakte, insbesondere aus den Angaben der Antragstellerin wird ersichtlich, dass die Antragstellerin mit einem Visum in Frankreich eingereist ist. Frankreich ist daher gemäß Art. 12 Abs. 4 Uabs. 1 Dublin III-VO für die Bearbeitung des Asylantrages der Antragstellerin zuständig. Diese Zuständigkeit hat Frankreich anerkannt.

Die Überstellung an Frankreich ist auch nicht rechtlich unmöglich i.S.d. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C 411/10 u.a. - juris). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der rücküberstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta zufolge hätten.

Für das Gericht ergeben sich - auch unter Berücksichtigung der bei der Antragstellerin nachgewiesenen Schwangerschaft - nach den vorliegenden Erkenntnissen keine Anhaltspunkte dafür, dass in Frankreich generelle systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden (vgl. VG Würzburg, B.v. 31.5.2017 - W 8 S 17.50301; B.v. 18. Juni 2018 - W 2 S 18.50265 - juris). Das Gericht folgt - insbesondere im Hinblick auf die bezüglich der Schwangerschaft eventuell notwendigen medizinischen Betreuung - der zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheides (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Es sind auch keine Anhaltspunkte für innerstaatliche oder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Frankreich ersichtlich.

Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, sind derzeit ebenfalls nicht erkennbar. Weder die Schwangerschaft als solche, noch die bloße Abgabe einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung durch den mit Fiktionsbescheinigung ausgewiesenen Vater führen ohne weiteres zu einer rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung.

Schon aufgrund der jedenfalls derzeit vorhandenen räumlichen Trennung zwischen der in Schweinfurt zugewiesenen Antragstellerin und dem in Essen ansässigen Vater des Kindes kann - bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes alleine möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage - jedenfalls nicht ausschließlich anhand der vorgelegten Sorgeerklärung von einer gelebten Beistands- und Umgangsgemeinschaft ausgegangen werden.

Denn weder aus dem Vortrag der Antragstellerin noch aus den beigezogenen Behördenakten geht hervor, dass es bei der Schwangerschaft der Antragstellerin um eine sog. Risikoschwangerschaft handelt und sie - auch vorgeburtlich - auf die dauerhafte Unterstützung und Anwesenheit des Kindsvaters angewiesen wäre. Insoweit kann offen bleiben, ob und unter welchen Umständen sich aus dem vorläufigen Aufenthaltsstatus, den die Fiktionsbescheinigung des Kindsvaters vermittelt, sich für die Antragstellerin und ihr ungeborenes Kind ein Aufenthaltsrecht ableiten ließe, dessen Vorwirkung eine Abschiebung nach Frankreich verhindern würde.

Jedenfalls nach summarischer Prüfung der derzeit vorliegenden Sach- und Rechtslage erscheint eine (temporäre) Trennung der werdenden Mutter und des Kindsvaters nicht als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK. Es dürfte der Antragstellerin, dem Kindsvater und dem ungeborenen Kind zumutbar sein, die aufenthaltsrechtlich notwendigen Schritte zur Erwirkung eines entsprechenden Aufenthaltsrechtes von Frankreich aus zu betreiben. Insbesondere erscheint es nicht unverhältnismäßig, ein entsprechendes Visumsverfahren abzuwarten.

Das Gericht weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass mit dem in Kürze beginnenden gesetzlichen Mutterschutz der Antragstellerin absehbar Umstände eintreten werden, die die Durchführung einer Abschiebung rechtlich unmöglich machen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch bestehen nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aktuell keine rechtlichen wie tatsächlichen Hinderungsgründe für eine Abschiebung nach Frankreich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die in Nummer 1 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. Juli 2018 verfügte Abschiebungsanordnung nach Italien wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf die Darstellung im Bescheid des Bundesamts vom 8. Juli 2018 Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Antragstellerin hat am 17. Juli Klage gegen den genannten Bescheid des Bundesamts erhoben. Zugleich beantragt sie:

Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien wird die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.

Dem Bundesamt und dem Gericht wurde ein Mutterpass über die Schwangerschaft der Antragstellerin vorgelegt. Zudem wurde ausgeführt, dass sich der Vater des Kindes ebenfalls in Deutschland befinde und die Vaterschaft anerkannt habe. Ein Termin für die Abgabe einer Sorgerechtserklärung sei bereits vereinbart.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet, da mit Beginn der Mutterschutzfrist im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) ein Abschiebungshindernis besteht.

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Über den engeren Kreis der durch die Dublin-III VO vorgegebenen Zuständigkeitsaspekte hinaus ist eine Abschiebungsanordnung – schon im Hinblick darauf, dass § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG verlangt, dass die Abschiebung „durchgeführt werden kann“ – dann ausgeschlossen, wenn inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, wie sie in § 60a Abs. 2 AufenthG niedergelegt sind, vorliegen (BayVGH B.v. 28.10.2013 – 10 CE 13.2257 – juris Rn. 4; BayVGH B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris Rn. 4).

Im Falle einer Schwangerschaft der abzuschiebenden Ausländerin ist eine auf ein Abschiebungshindernis zurückzuführende Reiseunfähigkeit nicht nur dann anzunehmen, wenn eine Risikoschwangerschaft durch ärztliche Atteste nachgewiesen ist, sondern vielmehr auch dann, wenn die Niederkunft unmittelbar bevorsteht oder gerade stattgefunden hat. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes der Einheit der Rechtsordnung bereits aus den gesetzlichen Schutzvorschriften der §§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) (VG München, B.v. 19.07.2016 – M 12 S 16.50456 – juris Rn. 33). In Anlehnung daran beginnt der Abschiebungsschutz sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und endet acht bzw. bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuSchG). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der vorgelegten Kopie des Mutterpasses als voraussichtlicher Entbindungstermin der 15. September 2018, so dass sich die Antragstellerin derzeit im gesetzlichen Mutterschutz befindet.

Dem zufolge war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, obwohl das dargelegte inlandsbezogene Abschiebungshindernis ein nur vorübergehendes ist und nach Ablauf der gesetzlichen Mutterschutzfristen eine Abschiebung der Antragstellerin möglicherweise wieder in Betracht kommt. Der Antragsgegnerin bleibt es unbenommen, nach Ablauf der Mutterschutzfrist einen Antrag gem. § 80 Abs. 7 VwGO zu stellen.

Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.