Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2014 - 10 BV 13.1151

bei uns veröffentlicht am25.11.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 4. Dezember 2012 wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Halter des acht Jahre alten Australian Sheperd Rüden „Terry“ mit einer Schulterhöhe von 53 cm.

Am 19. Juli 2010 befand sich „Terry“ im Kassenraum des vom Kläger im Bereich der Beklagten betriebenen Zoogeschäfts. Als der dreieinhalbjährige Sohn S. einer Kundin sich dem Hund mit einem Ball in der Hand näherte, sprang „Terry“ das Kind an und verletzte es leicht. Ausweislich der Bestätigung des Klinikums „Am Bruderwald“ mit Datum 12. April 2010 (Datum wohl falsch) hat S. eine kleine Bissverletzung am rechten Schläfenbein davongetragen, die oberflächlich behandelt wurde.

Nach Angaben der ermittelnden Polizeibeamten handelt es sich bei „Terry“ um einen sehr verspielten Hund, der offensichtlich nicht zu Aggressionen neigt und lediglich mit dem Ball spielen wollte und dabei das Kind nur unabsichtlich verletzt hat.

Nach Anhörung des Klägers erließ die Beklagte am 7. Dezember 2010 einen ordnungsrechtlichen Bescheid, mit dem der Kläger verpflichtet wurde, ab sofort „Terry“ während der Öffnungszeiten seines Zoogeschäfts nicht mehr in den öffentlich zugänglichen Räumen des Geschäftes zu halten. Halte sich „Terry“ im Zoogeschäft auf, sei der Kläger verpflichtet, den Hund außerhalb der öffentlich zugänglichen Räume, beispielsweise in einem separaten Raum unterzubringen, und zwar so, dass der Rüde diesen Raum nicht selbständig verlassen könne (Nr. 1 des Bescheids). Zudem wurde der Kläger verpflichtet, „Terry“ während der Öffnungszeiten seines Zoogeschäfts nur noch an einer reißfesten und schlupfsicheren Leine von maximal 100 cm Länge mit schlupfsicherem Halsband bzw. schlupfsicherem Geschirr durch die öffentlich zugänglichen Räume seines Zoogeschäftes zu führen, falls das Betreten der öffentlich zugänglichen Räume unabdingbar sein sollte, um das Zoogeschäft zu verlassen bzw. zu betreten (Nr. 2.). Schließlich habe der Kläger dafür Sorge zu tragen, dass die sich aus Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheids ergebenden Verpflichtungen auch von Dritten erfüllt werden, die mit der Betreuung und dem Ausführen von „Terry“ beauftragt werden. Das Ausführen des unter Nr. 1 genannten Rüden dürfe nur durch eine geeignete erwachsene Bezugsperson erfolgen, die mit dem Verhalten des Hundes vertraut sei, ausreichend auf ihn einwirken könne und körperlich dazu in der Lage sei, das Tier jederzeit zu führen (Nr. 3). In Nr. 4 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 3 angeordnet. Für den Fall des Verstoßes gegen die Anordnungen aus den Nrn. 1 bis 3 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 500 Euro zur Zahlung angedroht (Nr. 5).

Zur Begründung des Bescheids wurde ausgeführt, die auf Art. 18 Abs. 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes – LStVG – gestützte Anordnung sei erforderlich, da ein besonderes öffentliches Interesse daran bestehe, einer nicht vorhersehbaren Reaktion bei einem ausgewachsenen und über eine entsprechende Beißkraft verfügenden Hund wie „Terry“ vorbeugend zu begegnen. Nach den gegebenen Tatsachen sei zu befürchten, dass durch das Verhalten von „Terry“ in naher Zukunft weitere Menschen gefährdet werden könnten. Von dem Tier gehe damit eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit, speziell für das Schutzgut Gesundheit anderer Personen aus. Die tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 2 LStVG lägen deshalb vor. Der Erlass einer Anordnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde. Vom Standpunkt des öffentlichen Interesses aus sei ein Einschreiten im vorliegenden Fall zweckmäßig und notwendig. Der Vorfall mit S. zeige, dass der Hund zu einer Gefahr für die Gesundheit von Menschen werden könne, wenn „Terry“ sich in den öffentlich zugänglichen Räumen des Zoogeschäfts aufhalte. Die Anordnung sei verhältnismäßig, da ein verantwortungsvoller Hundehalter die in Nrn. 1 bis 3 des Bescheidstenors genannten Maßnahmen auch ohne öffentlich-rechtliche Anordnung einhalten würde. Nach Abwägung und Würdigung aller der Beklagten bekannten Tatsachen kämen deshalb nur die in Nr. 1 bis 3 des Bescheidstenors getroffenen Anordnungen in Betracht.

Mit Schriftsatz vom 4. Januar 2011 ließ der Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 erheben mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, bei dem Vorfall am 19. Juli 2010 sei es nicht zu einem unvorhersehbaren Fehlverhalten von „Terry“ gekommen, sondern dieser habe sich hundetypisch verhalten, nachdem S. einen speziell für Hunde hergestellten Ball aus einem Regal genommen habe und mit diesem in den nicht öffentlich zugänglichen Kassenbereich gegangen sei, in dem sich der Hund befunden habe. Die Verletzung bei S. rühre nicht von einem Biss her, sondern S. habe sich lediglich eine Schramme zugezogen, als er mit „Terry“ zusammengestoßen sei. Die Beklagte blende bei der Begründung auch vollständig aus, dass es sich bei dem Geschäft des Klägers um eine Zootierhandlung mit dem Schwerpunkt des Bedarfs für Hundehalter handle. Die Kunden hätten zumeist selbst einen Hund, den sie mitbrächten und der im Geschäft frei laufe. Der Hund „Terry“ spiele zudem als Vorzeigeobjekt eine gewisse Rolle. Der Kläger führe mit seinem Hund Leinen, Geschirr und Hundekleidung vor und demonstriere die Funktionsweise von Hundeboxen. Es sei Kunden nicht erklärbar, wieso ausgerechnet der Inhaber eines Zootiergeschäfts seinen eigenen Hund nicht einmal an der Leine im eigenen Laden führen dürfe. Die angeordneten Maßnahmen seien unverhältnismäßig und untauglich. Wäre der Hund angeleint gewesen, hätte sich der Sachverhalt genauso abgespielt. Dem Inhaber eines Zootiergeschäfts könne nicht auferlegt werden, seinen eigenen Hund nur angeleint im Laden zu führen, währenddessen Hunde von Kunden frei herumliefen. Die Beklagte habe zudem nicht berücksichtigt, dass „Terry“ in der Zwischenzeit von drei Experten untersucht worden sei und alle bestätigt hätten, dass es sich bei „Terry“ um ein ungefährliches Tier handle.

Schließlich habe die Wohnsitzgemeinde des Klägers diesem aufgrund des Vorfalls am 19. Juli 2010 einen Leinenzwang in ihrem Gemeindegebiet auferlegt. Auch dieser Bescheid sei angefochten worden. Die Gemeinde werde aber nach Abschluss des derzeit mit „Terry“ durchgeführten Lehrgangs zur Gehorsamkeitsausbildung für Fortgeschrittene ihren Bescheid zurücknehmen. Die Beklagte solle dies ebenfalls tun. Der Kläger werde an der Eingangstür seines Ladenlokals auf freilaufende Tiere im Geschäft hinweisen. Damit sollten dann ausreichende Konsequenzen aus dem zugrunde liegenden Sachverhalt gezogen worden sein.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und trug vor, der Bescheid erweise sich als rechtmäßig, da es nicht einmal erforderlich sei, dass es zu Bissen durch den Hund gekommen sei. Vielmehr sei dem stärker gewordenen Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung angemessen Rechnung zu tragen. Die angeordnete Maßnahme sei angemessen, notwendig und verhältnismäßig, um die Gefährdungen im Bereich des Ladengeschäfts des Klägers durch dessen Hund zu verhüten. Zum Vorbringen des Klägers sei auszuführen, dass es nicht üblich sei, dass Besitzer von Zoogeschäften ihren Hund frei in den öffentlich zugänglichen Verkaufsräumen laufen ließen. Dies führe vielmehr zu Problemen und Schwierigkeiten mit Hunden von Kunden. Auch würde dies ein erhebliches Gefahrenpotential herbeiführen, wenn Kunden eine Katze mitbrächten. Das Gleiche gelte bei kleinen Kindern oder für ältere oder gebrechliche Personen. Es sei auch nicht erforderlich, „Terry“ als „Hausmodell“ einzusetzen, da die verschiedenen Hunde von unterschiedlicher Größe, Statur und Körperbau seien. Zu erwähnen sei noch, dass die Rasse des Australian Sheperd als Büro- oder Geschäftshund ungeeignet sei. Er benötige ausreichende körperliche Beschäftigung und sei als Hütehund von hoher Wachsamkeit, was wiederum zu Problemen führen könne. Zum Geschehen am 19. Juli 2010 sei anzumerken, dass auch eine möglicherweise missverstandene Spielaufforderung ein völlig normales und typisches Verhalten eines Hundes auslösen könne, das dennoch eine konkrete Gefahr darstelle. Es müsse auch mit nicht hundegerechten Reaktionen Unbeteiligter gerechnet werden. Auch dies mache es erforderlich, Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu ergreifen. Insoweit genüge sogar eine bloße Verängstigung. Selbst ein gutmütiges, freudiges Anspringen könne bei Kindern oder gebrechlichen Personen zu Verletzungen führen. Die Absolvierung einer Gehorsamkeitsausbildung ändere daran nichts.

Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2011 teilte der Kläger mit, dass er mit „Terry“ die Abschlussprüfung eines Fortgeschrittenenkurses für Hundehalter erfolgreich bestanden und seine Wohnsitzgemeinde den Bescheid zur Haltung von „Terry“ aufgehoben habe. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheids fehle, weil der Anwendungsbereich von Art. 18 LStVG auf öffentliche Anlagen sowie auf öffentliche Wege, Straßen und Plätze beschränkt sei. Dazu gehöre das Ladenlokal des Klägers unzweifelhaft nicht. Außerdem seien die Ausführungen der Beklagten darüber, wie der Kläger seine Zoohandlung zu führen habe, geradezu anmaßend. Die Beklagte greife mit dem angefochtenen Bescheid unmittelbar und massiv in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers ein. Zum Vorfall am 19. Juli 2010 sei zu ergänzen, dass S. den Hund provoziert habe. Ein solches Verhalten dürfe nicht zum Erlass einer Anordnung führen. Schließlich habe die Beklagte nicht bedacht, dass die dauerhafte Trennung von „Terry“ und dem Kläger eine Tierquälerei darstelle. Auch sei nicht ersichtlich, wieso die angeordneten Maßnahmen nicht zeitlich befristet worden seien.

In ihrer Erwiderung vom 8. Juli 2011 wies die Beklagte darauf hin, dass der Gesetzgeber eine örtliche Einschränkung nur für den Erlass einer Verordnung nach Art. 18 Abs. 1 LStVG vorgesehen habe, nicht aber beim Erlass einer Einzelfallanordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG. Mit dem Bescheid werde auch nicht in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers eingegriffen, denn das Halten eines Hundes sei nicht Voraussetzung für das Betreiben eines Zoogeschäfts. Die Aufbewahrung des Hundes in einem vom Ladengeschäft abgetrennten Raum sei auch nicht tierschutzwidrig.

Mit Urteil vom 4. Dezember 2012, zugestellt am 3. Mai 2013, hob das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 auf und begründete dies damit, dass Art. 18 Abs. 2 LStVG die Gemeinden nicht zu Einschränkungen der Hundehaltung auf Privatgrundstücken ermächtige. Da mit Art. 18 Abs. 2 LStVG eine besondere Ermächtigung für Anordnungen der Sicherheitsbehörden zur Hundehaltung vorliege, könne die Anordnung auch nicht auf Art. 7 LStVG gestützt werden. Dem Kläger könne deshalb nicht auferlegt werden, seinen Hund innerhalb seines Anwesens in bestimmter Art und Weise zu halten. Die Anordnungen seien auch nicht im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig, solange sich der Hund im Anwesen des Klägers aufhalte. Denn dann gehe von ihm keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Er gefährde allenfalls Personen, die die Geschäftsräume betreten. Dem Schutz dieser Personen sei aber bereits durch das Anbringen eines Warnschildes ausreichend Rechnung getragen worden.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2013 legte die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ein und begründet diese wie folgt: Das Verwaltungsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Einschränkung von Art. 18 Abs. 1 LStVG in räumlicher Hinsicht auch für Art. 18 Abs. 2 LStVG gelte und zudem vorliegend keine Öffentlichkeit i.S.v. Art. 18 Abs. 1 LStVG gegeben sei. Art. 18 Abs. 2 LStVG knüpfe lediglich an die in Art. 18 Abs. 1 LStVG enthaltene Aufzählung der einzelnen Rechtsgüter an, verweise aber nicht auf die dort enthaltene räumliche Beschränkung auf öffentliche Anlagen, Wege, Straßen oder Plätze. Aber auch der Öffentlichkeitsbegriff aus Art. 18 Abs. 1 LStVG sei hier für das öffentlich und frei zugängliche Ladengeschäft des Klägers zu bejahen. Denn eine Beschränkung der Zugangsmöglichkeit auf einen bestimmten oder begrenzten Personenkreis sei während der Ladenöffnungszeiten nicht gegeben. Aus diesem Grund greife auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu kurz, wonach die Anbringung eines Warnschilds mit dem Hinweis auf einen im Geschäft freilaufenden Hund ausreiche. Auf die Frage, ob der Hund des Klägers als ungefährlich und verspielt einzuordnen sei, komme es nicht an, denn eine konkrete Gefahr gehe von einem größeren Hund bereits dann aus, wenn er das beschriebene hundetypisch freundliche und verspielte Verhalten zeige.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 4. Dezember 2012 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf seine erstinstanzlichen Ausführungen und ist der Auffassung, dass „die Ermächtigungsgrundlage des Art. 18 Abs. 2 LStVG völlig klar“ sei. Die Beklagte blende bei ihrer Argumentation aus, dass Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht allgemein von „Öffentlichkeit“ spreche, sondern ausdrücklich von „öffentlichen Anlagen“, „öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“. Ein abgeschlossenes Ladenlokal falle nicht unter diese Definition. Es sei auch unzutreffend, dass das Geschäft des Klägers in vergleichbarer Weise der Öffentlichkeit zugänglich wäre. Der Kläger habe zudem uneingeschränktes Hausrecht. Die Beklagte übersehe nach wie vor, dass der angefochtene Bescheid auch in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers eingreife. Schließlich sei der angefochtene Bescheid im Hinblick auf Art. 13 GG gar nicht kontrollierbar.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 24. November 2014 sowie auf die beigezogenen Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Rechtssache ist entscheidungsreif (dazu 1.). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist formell ordnungsgemäß (dazu 2.) von der zuständigen Behörde (dazu 3.) erlassen worden. Es liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der angegriffenen Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982 (BayRS 2011 - 2 - I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2013 (GVBl S. 403) vor (dazu 4.). Die angegriffenen Maßnahmen leiden auch nicht an einem Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) (dazu 5.).

Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren sind die auf Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützten Einzelanordnungen der Beklagten im Bescheid vom 7. Dezember 2010, nämlich die Verpflichtung des Klägers, seinen Hund „Terry“ während der Öffnungszeiten seines Zoogeschäftes nicht mehr in den öffentlich zugänglichen Räumen des Geschäftes aufhalten zu lassen, diesen während der Öffnungszeiten nur an einer Leine, wie im Bescheid beschrieben, durch die öffentlich zugänglichen Räume seines Zoogeschäfts zu führen und dafür Sorge zu tragen, dass die sich aus Nr. 1 und Nr. 2 dieses Bescheids ergebenden Verpflichtungen auch von Dritten erfüllt werden, die mit der Betreuung und dem Ausführen des Hundes beauftragt werden. Das Ausführen darf nur durch eine geeignete erwachsene Person erfolgen.

1. Die Rechtssache ist entgegen der vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung entscheidungsreif. Abgesehen davon, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2014 keinen entsprechenden Antrag, sondern einen Sachantrag gestellt hat, brauchte der Senat ihm keine Frist zur weiteren Äußerung zu gewähren und konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2014 entscheiden, ohne gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu verstoßen. Art. 103 Abs. 1 GG gibt dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, U.v. 23.11.1982 – 2 BvR 1008/82 – juris Rn. 11). Insoweit rügt der Kläger, der Senat fälle eine unzulässige Überraschungsentscheidung, weil er vor der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen habe, dass er die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil nicht teile. Der (wohl) behauptete Gehörsverstoß liegt in diesem Vorgehen des Senats jedoch nicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist grundsätzlich nicht verpflichtet, vor der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen (vgl. BVerfG, B.v. 10.2.2001 – 2 BvR 1384/99 –juris Rn. 7). Vielmehr musste der Kläger damit rechnen, dass die wegen grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten womöglich zu seinen Ungunsten entschieden wird. Diese Unsicherheit ist jedem Gerichtsverfahren immanent. Von einer unzulässigen Überraschungsentscheidung könnte allenfalls dann gesprochen werden, wenn der Senat seine Entscheidung auf Gesichtspunkte stützen würde, die bislang im Verfahren noch nicht zur Sprache gekommen sind. Dies ist aber weder der Fall, noch wird dies vom Kläger behauptet. Hinzu kommt, dass dem Kläger lediglich bis zur mündlichen Verhandlung die Rechtsauffassung des Senats nicht bekannt war. In der mündlichen Verhandlung am 24. November 2014 wurden die strittigen Rechtsauffassungen der Parteien eingehend erörtert und dem Kläger auch mitgeteilt, dass der Senat Bedenken an der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe. Der Kläger hatte somit noch in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit, sich zu den streitbefangenen Punkten zu äußern. Damit ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG aber jedenfalls ausreichend Genüge getan.

2. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Insbesondere ist die Anhörung gemäß Art. 28 BayVwVfG in nicht zu beanstandender Weise durchgeführt worden. Dem Kläger ist mit Schriftsatz vom 19. November 2010, der ihm nachweislich am 25. November 2010 zugestellt worden ist, Gelegenheit gegeben worden, sich bis zum 3. Dezember 2010 zum Erlass einer sicherheitsrechtlichen Anordnung zu äußern. Eine solche Äußerung ist weder bis zum gesetzten Termin noch bis zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids am 7. Dezember 2010 bei der Beklagten eingegangen noch hat der Kläger sich um eine Verlängerung der Anhörungsfrist bemüht. Die Beklagte hat dadurch, dass dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, ihrer Verpflichtung zu seiner Anhörung Genüge getan. Unerheblich ist, ob der Kläger davon auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Sein Vorbringen, wegen des Todes seiner Mutter oder Schwiegermutter (der Kläger widerspricht sich insofern in seinen Schriftsätzen) sei er nicht in der Lage gewesen, sich zum Erlass der Anordnungen zu äußern, greift demgegenüber nicht. Auch wenn er, wie er vorträgt, zur fraglichen Zeit wegen des Todesfalls „anderweitig eingespannt war“, hätte er zumindest um Verlängerung der Anhörungsfrist nachsuchen können. Im Übrigen wäre eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt wird (vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG). Eine solche Nachholung wäre hier schon dadurch erfolgt, dass der Kläger bis zum Erlass des Urteils des Senats zur Streitsache Stellung nehmen konnte und auch umfassend Stellung genommen hat und die Beklagte ihre Entscheidung aber gleichwohl aufrecht erhalten hat.

3. Die Beklagte war zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides sachlich zuständig, denn nach Art. 6 LStVG bzw. hier Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 LStVG haben Gemeinden als Sicherheitsbehörden die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Abwehr von Gefahren aufrecht zu erhalten und hierzu entsprechende Maßnahmen nach Art. 7 LStVG oder anderen spezielleren Vorschriften wie z.B. Art. 18 LStVG zu ergreifen. Diesem Zweck dienen die Anordnungen gegenüber dem Kläger zur Haltung seines Hundes „Terry“. Denn es handelt sich um Anordnungen, die ausschließlich dazu dienen, weitere (Beiß-)Vorfälle durch „Terry“ zu verhindern. Auch wenn durch die Anordnungen womöglich andere Rechte des Klägers wie z.B. sein Recht auf Gewerbefreiheit tangiert werden, bleiben sie sicherheitsrechtliche Anordnungen, denn ihr maßgeblicher Zweck ist auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerichtet.

4. Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die sicherheitsrechtlichen Anordnungen nach der Befugnisnorm des Art. 18 Abs. 2 LStVG, der nicht wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot verfassungswidrig ist (dazu 4.1.) gegeben. Danach können Gemeinden ohne Beschränkung auf die in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Örtlichkeiten (dazu 4.2.) zum Schutz bestimmter in Abs. 1 genannter Rechtsgüter Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen (dazu 4.3.).

4.1. Art. 18 Abs. 2 LStVG scheidet nicht bereits deshalb als Rechtsgrundlage für die Anordnungen im streitbefangenen Bescheid vom 7. Dezember 2010 aus, weil er wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungswidrig wäre. Denn selbst wenn man von einer Einschränkung der Grundrechte des Klägers auf ungehinderte Ausübung seines Berufs bzw. seines Gewerbes und auf Unverletzlichkeit seiner Ladenräume bzw. seiner allgemeinen Handlungsfreiheit ausginge, würde Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen.

Für Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG gilt das Zitiergebot nämlich ohnehin nicht (vgl. BVerfG, B.v. 4.5.1983 – 1 BvL 46/80 – juris Rn. 27). Das Gleiche gilt für Beschränkungen des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfG a.a.O. Rn. 29). Art. 13 GG wird in Art. 58 LStVG ausdrücklich genannt.

4.2. Der Anwendungsbereich des Art. 18 Abs. 2 LStVG ist eröffnet. Dieser ist nicht identisch mit dem Anwendungsbereich des Art. 18 Abs. 1 LStVG. Während nämlich nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG zur Verhütung von Gefahren für die genannten Schutzgüter durch Verordnung das freie Umherlaufen (nur) von großen Hunden und Kampfhunden (nur) in öffentlichen Anlagen sowie auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen eingeschränkt werden kann, wird in Art. 18 Abs. 2 LStVG lediglich insoweit auf Abs. 1 verwiesen, als es um die dort genannten Rechtsgüter geht, nicht aber im Hinblick auf die Örtlichkeiten und besondere Eigenschaften der betroffenen Hunde (große Hunde und Kampfhunde). Vielmehr ermächtigt Art. 18 Abs. 2 LStVG zum Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von (allen) Hunden, also auch von kleinen Hunden, und schränkt vor allem auch den örtlichen Anwendungsbereich nicht ein.

Eine örtliche Beschränkung für Anordnungen zur Hundehaltung ist weder dem Wortlaut des Art. 18 Abs. 2 LStVG zu entnehmen noch ergibt sich ein entsprechender Wille des Gesetzgebers aus der Gesetzesbegründung. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift lassen nicht auf eine örtliche Beschränkung schließen.

Bereits der Wortlaut des Art. 18 Abs. 2 LStVG ist eindeutig. Er ermächtigt die Gemeinden umfassend zum Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden und enthält nicht wie Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG den Zusatz „in öffentlichen Anlagen sowie auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“. Auch die tatbestandliche Verweisung in Abs. 2 bezieht sich lediglich auf die in Abs. 1 Satz 1 genannten Rechtsgüter, nämlich „Leben, Gesundheit, Eigentum oder die öffentliche Reinlichkeit“. Er enthält keine Bezugnahme auf den „Schutzbereich“ des Abs. 1, wie das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil meint. In Abs. 2 ist gerade nicht von einem „Schutzbereich“ die Rede, sondern vom „Schutz der in Abs. 1 genannten Rechtsgüter“.

Eine örtliche Beschränkung von Einzelfallanordnungen auf die in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Verkehrsflächen und Anlagen ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zu Art. 18 Abs. 2 LStVG. Mit der Gesetzesänderung vom 10. Juni 1992 (GVBl 1992, 152) wollte der Gesetzgeber den präventiven Schutz der Bevölkerung vor der Gefährdung durch Hunde verbessern und hat deshalb die Verordnungsermächtigung in Art. 18 Abs. 1 LStVG sowie die Ermächtigung zum Erlass von Einzelfallanordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG in das Gesetz eingefügt. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 12/3092) wollte er gegenüber der früheren Regelung, wonach die Gemeinden lediglich für die in ihrem Eigentum stehenden Anlagen und öffentlichen Einrichtungen einen generellen Anlein- und Maulkorbzwang anordnen konnten, die Möglichkeit eröffnen, eine sicherheitsrechtliche Verordnung auch für die nicht in ihrem Eigentum stehenden öffentlichen Anlagen, Wege, Straßen oder Plätze zu erlassen. Für bis dahin auf Art. 7 Abs. 2 LStVG zu stützende Einzelfallanordnungen wollte der Gesetzgeber demgegenüber keine (neue) Beschränkung auf bestimmte Örtlichkeiten einführen.

Eine örtliche Beschränkung von einzelfallbezogenen Anordnungen ist auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht geboten. Denn mit den auf Art. 18 Abs. 2 LStVG beruhenden Anordnungen sollen gerade im Einzelfall Gefahren, die von Hunden ausgehen, bekämpft werden. Diese Gefahren drohen aber nicht nur auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen bzw. in öffentlichen Anlagen, sondern überall dort, wo Menschen und Hunde zusammenkommen oder die Öffentlichkeit Zutritt hat wie zur Zoohandlung des Klägers.

Nichts anderes ergibt sich aus Art. 6 LStVG. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte sei als Sicherheitsbehörde (nur) zur Aufrechterhaltung der „öffentlichen“ Sicherheit und Ordnung zuständig und könne daher nur Anordnungen für öffentliche Verkehrsflächen, nicht aber zur Hundehaltung auf Privatgrundstücken erlassen. Damit verkennt es aber nicht nur den Anwendungsbereich der gesetzlichen Befugnisnorm des Art. 18 Abs. 2 LStVG, sondern auch den Begriff „öffentliche Sicherheit und Ordnung“. Denn dieser Begriff hat nichts mit dem (straßen- und wegerechtlichen) Begriff „öffentlich“ im Zusammenhang mit Wegen, Straßen oder Plätzen (s. Art. 1 BayStrWG) zu tun.

Vielmehr versteht man unter der im vorliegenden Fall inmitten stehenden öffentlichen Sicherheit alle positiv rechtlich geschützten Rechtsgüter, wozu auch die Individualrechtsgüter der Unversehrtheit des Lebens, der Gesundheit etc. und darüber hinaus die Rechtsordnung und die staatlichen Einrichtungen zählen. Geschützt sind deshalb durch die öffentliche Sicherheit gerade auch die Grundrechte (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 7. Auflage 2011, Rn. 59a zu § 3), hier das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG. Dieser materielle Polizeibegriff, der erstmals seinen bis heute maßgeblichen Niederschlag in § 10 II 17 des preußischen Allgemeinen Landesrechts (ALR) von 1794 fand (vgl. Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage 1993, Rn. 7 zu § 1) und den zentralen Aufgabenbereich der Polizei und der Ordnungsbehörden umschreibt (vgl. Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 8. Auflage 2011, Rn. 79 zu § 3), beinhaltet zwar den Begriff „öffentlich“. „Öffentlich“ hat in diesem Zusammenhang aber keine örtliche Bedeutung, sondern öffentlich ist die Sicherheit dann, wenn an ihrer Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht (vgl. Gusy, a.a.O., Rn. 81; Schenke, a.a.O., Rn. 56). Damit bezeichnet „öffentliches Interesse“ das Gegenteil von privatem Interesse, das grundsätzlich in den Händen Privater liegt. Sind aber (Individual-)Rechtsgüter durch Normen dem staatlichen Schutz überantwortet, was insbesondere für die Grundrechte gilt, obliegt deren Schutz der Polizei und auch der Ordnungsbehörden (vgl. Gusy, a.a.O., Rn. 81 und 84).

Legt man dies zugrunde, hat die Beklagte zu Recht Anordnungen zum Schutz der Gesundheit von Menschen, die nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem besonderen Schutz der Verfassung steht, für den für jedermann frei zugänglichen Bereich des Ladenlokals des Klägers erlassen, um dort ihrer allgemeinen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und der Pflicht zur Gewährleistung des Schutzes der Gesundheit (s. Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LStVG) nachzukommen.

4.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayVGH v. 12.5.2014 – 10 B 12.2084 – juris Rn. 35 m.w.N.) darf eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nur erlassen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG genannten Schutzgüter vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Ob bei einer erforderlichen Gefahrenprognose dabei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen ist, hier also auf den 7. Dezember 2010 (vgl. BayVGH, B. v. 29.8.2001 – 24 ZS 01.1967 – juris), oder ob es sich bei den betreffenden sicherheitsbehördlichen Anordnungen um Dauerverwaltungsakte handelt, für deren gerichtliche Überprüfung auch hinsichtlich der Gefahrenprognose der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist – wofür mit Blick auf Art. 8 Abs. 3 LStVG erwägenswerte Gründe sprechen – (offen gelassen BayVGH, B.v. 13.1.2012 – 10 CS 11.2379 – juris Rn. 29; für tierschutzrechtliche Anordnungen vgl. BVerwG, B.v. 9.7.2013 – 3 B 100/12 – juris Rn. 6; für Anordnungen zum Leinen- und Maulkorbzwang vgl. OVG NRW, B.v. 30.4.2004 –5 A 1890/03 – juris Rn. 24), kann aber dahinstehen, denn der Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LStVG ist in beiden Zeitpunkten erfüllt.

Im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids im Dezember 2010 lag nach Auffassung des Senats eine vom klägerischen Hund „Terry“ ausgehende konkrete Gefahr für das Schutzgut Gesundheit vor.

Im angefochtenen Bescheid hat die Beklagte diese konkrete Gefahr durch den Hund des Klägers darin gesehen, dass er den dreijährigen S. verletzt hat. Sie ist davon ausgegangen, dass sich eine konkrete Gefahr regelmäßig aus der Beißkraft, dem gegebenenfalls kräftigen Körperbau und Temperament in Verbindung mit der Unvorhersehbarkeit der Reaktion von Hunden bei „Fehlverhalten“ von Menschen ergibt. Dabei könnten bereits durch scheinbar aggressives Verhalten des Hundes hervorgerufene Angstzustände bei Menschen als eine Gefahr für die Gesundheit angesehen werden. Ungeachtet der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Beklagten getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose nicht nur in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 22), sondern es ist im gerichtlichen Verfahren auch von Amts wegen zu prüfen, ob vom betreffenden Hund eine konkrete Gefahr i.S. von Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LStVG ausgeht. Lagen demnach im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten Tatsachen vor, die eine von der Beklagten getroffene Gefahrenprognose hinreichend stützen, sind die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG erfüllt.

So steht im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) fest, dass S. am 19. Juli 2010 vom Hund des Klägers verletzt worden ist. Dies wird dem Grunde nach auch vom Kläger nicht bestritten, auch wenn dieser meint, es handle sich bei der Verletzung lediglich um eine geringfügige Beeinträchtigung und nicht um einen Biß des Hundes. Es kann letztlich dahinstehen, ob „Terry“ S. gebissen oder (nur) gekratzt hat, jedenfalls ergibt sich aus dem Bericht des Klinikums Am Bruderwald (Bl. 9 der Akten der Bekl.), dass S. eine oberflächliche kleine Wunde davongetragen hat. Als Diagnose wird zwar eine „kleine Bissverletzung durch Hund re. Schläfenbein“ angegeben; ob es sich aber letztendlich tatsächlich um einen Biss gehandelt hat, ist damit nicht nachgewiesen. Gleichwohl kam es unstreitig durch „Terry“ zu einer nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung der Gesundheit eines Kindes.

Dahinstehen kann desweiteren, ob „Terry“ über ein gewisses Aggressionspotential verfügt oder ob sich der Vorfall allein deshalb ereignet hat, weil S. einen Ball bei sich hatte und „Terry“ mit diesem Ball spielen wollte. Auch soweit ein Hund lediglich friedliche Absichten hegt und seiner Spielfreude Ausdruck verleiht, kann von diesem bereits eine konkrete Gefahr ausgehen. Denn gerade das plötzliche Herauslaufen (hier aus dem Kassenbereich, in dem „Terry“ untergebracht war) und das Zuspringen auf einen Menschen bergen bereits Gefahren. Dies wird dadurch deutlich, dass „Terry“ auch bei einem womöglich hundetypisch freundlichen und verspielten Verhalten den kleinen S. umgeworfen hat und dieser sich eine Verletzung zugezogen hat. Insoweit verkennen viele Hundebesitzer, welche Gefahren ein solches „Spiel“ mit sich bringt, gerade wenn es sich um größere Hunde handelt. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass unerfahrene und ängstliche Personen, insbesondere Kinder, allein durch das Heranrennen von Hunden in Angstzustände versetzt werden, was für sich bereits als eine Beeinträchtigung der Gesundheit anzusehen ist (vgl. BayVGH, U.v. 18.2.2004 –24 B 03.645 – juris Rn. 26). Auch wenn der einzelne Hund gutmütig und von friedlicher Wesensart ist, fühlen sich Personen, auf die ein größerer Hund zuläuft, nicht selten durch den Hund bedroht und reagieren dann in einer Weise, die selbst erhebliche Gefahren nach sich zieht, wie z.B. stolpern oder zu Boden fallen. Deshalb ist aber auch ein verletzungsbedingter Schaden, den sich S. womöglich erst dadurch zugefügt hat, dass er von „Terry“ zu Boden gestoßen worden ist, dem Hund zuzurechnen. Denn dieser ist die Ursache dafür, dass eine Person zu einem „Fehlverhalten“ verleitet worden ist, bei dem sie sich verletzt. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 15. März 2005 (24 BV 04.2755 – juris Rn. 34) ausgeführt, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der Ermächtigungsgrundlage, nämlich dem Schutz der Allgemeinheit vor Hunden, auch von dem Hund hervorgerufene, nicht „hundegerechte“ Reaktionen dem Hund und seinem Halter zuzurechnen sind. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Denn aufgrund solcher Situationen möglicherweise entstehende Schäden können erheblich sein. Beim Anspringen und Umrennen kann ein ebenso hoher Schaden entstehen wie wenn der Hund kratzt, zuschnappt oder beißt. Letztendlich ist Zweck des Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht allein der Schutz der Allgemeinheit vor tierischem Fehlverhalten, sondern der Schutz vor jeglichen Gefahren, also auch vor Gefahren, die sich bei „richtigem“ oder hundegerechtem oder hundetypischem Verhalten des Tieres verwirklichen.

Dafür, dass sich der Vorfall mit S. allein deshalb ereignet hat, weil „Terry“ womöglich durch S. absichtlich gereizt worden ist, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Eine gezielte Provokation durch das Kind, die womöglich zu einer anderen Beurteilung der von „Terry“ ausgehenden Gefahr führen könnte (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Januar 2006, Rn. 54 zu Art. 18), ist nicht ersichtlich.

Hinzu kommt, dass in der Zootierhandlung des Klägers auch Kunden verkehren, die als Besitzer von Katzen oder anderer Haustiere Hunden gegenüber weniger aufgeschlossen sind und keine Kenntnisse im Umgang mit Hunden besitzen. Gerade diese können durch „Terry“, wenn er unangeleint im Laden herumläuft und diese Kunden womöglich noch erschreckt, zu Fehlreaktionen hingerissen werden. Schließlich sind Zoohandlungen immer ein Anziehungspunkt auch für Kinder, die dort lebende Tiere beobachten und womöglich anfassen können. Auch insoweit besteht deshalb die erhöhte Gefahr, dass diese erschreckt werden und, auch wenn sie von „Terry“ nicht gebissen oder gekratzt werden, hinfallen und sich dabei verletzen.

Aber nicht nur im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids, sondern auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, also dem 24. November 2014, ist von einer weiter vom klägerischen Hund ausgehenden konkreten Gefahr für ein in Art. 18 Abs. 1 LStVG genanntes Schutzgut auszugehen. Zwar hat „Terry“, soweit dem Senat bekannt ist, kein weiteres Kind mehr verletzt oder zu dessen Verletzung beigetragen. Dies mag auch daher rühren, dass er seit dem Erlass des Bescheides im Dezember 2010 nicht mehr frei im Zoogeschäft des Klägers herumlaufen darf. Dennoch ist die vom Hund des Klägers ausgehende konkrete Gefahr nicht deshalb entfallen, weil es seitdem zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen ist. Denn mangels eines Erfahrungssatzes, nachdem ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum unauffällig war, es auch in Zukunft bleiben wird, widerlegt ein längerer seit dem Vorfall verstrichener Zeitraum nicht per se die durch den vorherigen Vorfall indizierte Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2012 –10 CS 12.1791 – juris Rn. 25). Von einem Wegfall der konkreten Gefahr kann vielmehr allenfalls dann ausgegangen werden, wenn über den bloßen Zeitablauf ohne weitere Zwischenfälle hinaus Tatsachen vorliegen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden kann, dass von dem betroffenen Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2014 – juris Rn. 8; B.v. 28.9.2012 –10 CS 12.1791 – juris Rn. 25). Solche konkreten Tatsachen sind im vorliegenden Fall aber nicht ersichtlich.

Weder der Umstand, dass nach dem Vorbringen des Klägers drei Experten bestätigt hätten, dass es sich bei „Terry“ um ein ungefährliches Tier handle, noch die Tatsache, dass „Terry“ inzwischen erfolgreich eine Hundeschule besucht hat, führen zu einem anderen Ergebnis. Denn dass „Terry“ nicht „bösartig“ oder aggressiv ist, scheint unstrittig zu sein. „Terry“ ist jedoch, wie der Kläger selbst vorgetragen hat (vgl. Schreiben d. Klägers v. 5.1.2011 an die Beklagte, Bl. 60 d. Akten des VG), ein Hütehund mit ausgesprochenem Spiel- und Bewegungsdrang. Dies entspricht der Charakterisierung des Australian Sheperd durch den Club für Australian Sheperd Deutschland e.V. (www.casd-aussies.de), wonach diese Rassehunde sehr aktiv sind und regelmäßige Aktivitäten fordern. Sie werden als sehr verträglich beschrieben, neigen aber als Hütehunde auch dazu, z.B. Kinder zu „hüten“, was auch das Schnappen nach Fesseln, Händen oder dem Gesicht beinhalten kann. Wie oben bereits ausgeführt wurde, geht eine konkrete Gefahr nicht nur dann von einem Hund aus, wenn dieser aggressiv ist, sondern u.U. auch dann, wenn er ein lebhaftes Spielverhalten an den Tag legt. Dieses hat „Terry“ aber trotz des Besuchs einer Hundeschule nicht verloren, denn es ist rassetypisch für ihn. Wenngleich er womöglich gehorsam ist und die Befehle des Klägers umgehend ausführt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass „Terry“ in einem vergleichbaren Fall, der vom Kläger womöglich nicht sofort bemerkt wird, sich ähnlich verhalten wird wie mit S. und erneut ein Kind verletzen könnte.

5. Die Anordnungen zur Hundehaltung im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 sind ermessensfehlerfrei ergangen (Art. 40 BayVwVfG). Die dem Bescheid zugrunde gelegten Ermessenserwägungen hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 15. März 2011, das mit Anschreiben vom 23. Oktober 2012 dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth übermittelt und den Klägerbevollmächtigten zugestellt worden ist, ordnungsgemäß ergänzt (§ 114 Satz 2 VwGO).

Der Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden nach Art. 18 Abs. 2 LStVG liegt im Ermessen der Behörde. Die von dieser zu treffende Entscheidung erfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) (dazu 5.1.), als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen) (dazu 5.2.). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG).

5.1. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids am 7. Dezember 2010 hat die Beklagte ein Einschreiten im öffentlichen Interesse ausdrücklich für notwendig gehalten, weil der Vorfall mit S. gezeigt habe, dass der Hund „Terry“ zu einer Gefahr für die Gesundheit von Menschen werden kann, wenn er sich in den öffentlich zugänglichen Räumen des Zoogeschäfts aufhält. Sie hat daher in nicht zu beanstandender Weise mit den Anordnungen in Nr. 1 bis 3 ihres Bescheides auf den Vorfall am 19. Juli 2010 reagiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind nämlich in Fällen, in denen es bereits zu (Beiß-)Vorfällen mit einer Beeinträchtigung der Gesundheit von Menschen gekommen ist, Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht nur zulässig, sondern regelmäßig sogar geboten (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 25.8.2014 –10 ZB 12.2673 – juris Rn. 8).

5.2. Auch ihr Auswahlermessen hat die Beklagte ordnungsgemäß ausgeübt. Ihre Erwägungen sind weder im Hinblick auf die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der

Anordnungen rechtlich zu beanstanden (dazu 5.2.1.) noch im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn (dazu 5.2.2.).

5.2.1. Die Anordnungen im streitgegenständlichen Bescheid sind zur Bekämpfung der von „Terry“ ausgehenden Gefahr geeignet und erforderlich. Insbesondere sind keine weniger einschneidenden Maßnahmen ersichtlich, mit denen verhindert werden könnte, dass der Hund des Klägers erneut einen Menschen verletzt (s. Art. 8 Abs. 1 LStVG).

Die Unterbringung von „Terry“ in einem separaten Raum ist geeignet und erforderlich, um die von „Terry“ ausgehende konkrete Gefahr zu unterbinden. Wenn der Kläger darauf verweist, er habe ein Schild im Schaufenster seines Zoogeschäfts angebracht, auf dem auf die Anwesenheit eines Hundes hingewiesen werde, reicht dies nicht aus. Viele Menschen lesen derartige Schilder nicht, Kinder können sie gar nicht lesen. Zudem wird es vielfach vorkommen, dass die Kunden des Klägers, selbst wenn sie von dem Schild Kenntnis genommen haben, im Laden nicht mehr daran denken und trotz des Schildes erschrecken und womöglich aus Angst fehlerhaft reagieren, wenn plötzlich ein Hund auf sie zuspringt.

Auch das Anleinen von „Terry“ im Kassenraum oder einem anderen Teil des öffentlich zugänglichen Ladengeschäftes ist nicht ausreichend, um einen erneuten Vorfall mit „Terry“ zu unterbinden. Zum einen können gerade Kinder, selbst wenn sich der Hund angeleint im offenen Kassenraum befindet, dort hineinschlüpfen und vom Hund gekratzt oder gebissen werden. Kunden können erschrecken, wenn der Hund trotz Leine plötzlich auffährt und bellt.

Aber auch die Anordnung, „Terry“ nur an einer der Anordnung entsprechend ausgestatteten Leine durch die öffentlich zugänglichen Räume des Zoogeschäfts zu führen, ist erforderlich, da ansonsten auf dem Weg zu einem Nebenraum, in dem „Terry“ untergebracht wird, die Gefahr besteht, dass der Hund in seinem ungebändigten Spieltrieb auf anwesende Kunden oder Kinder losläuft und diese erschreckt oder umwirft.

Schließlich erweist sich auch die Anordnung, dass „Terry“ nur von einer geeigneten erwachsenen Bezugsperson geführt wird und die Verpflichtungen aus den beiden anderen Anordnungen auch von Dritten erfüllt werden, als geeignet und erforderlich, wobei sich aus dem Bescheid ergibt, dass das „Führen“ ausschließlich auf die Führung des Hundes im Zoogeschäft des Klägers zu beziehen ist. Diese Anordnung ist notwendig, um sicherzustellen, dass auch andere Personen, die „Terry“ beaufsichtigen, die Anordnungen in Nr. 1 und 2 des Bescheids der Beklagten befolgen und um zu verhindern, dass der Hund einem Dritten, der ihn nicht im Griff hat, auskommt und sich erneut ein Vorfall wie mit S. ereignet.

Waren die Anordnungen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids geeignet und erforderlich, trifft dies auch noch auf den jetzigen Zeitpunkt zu. Wie oben bereits dargelegt wurde, besteht auch jetzt noch die konkrete Gefahr, dass „Terry“ wieder einen Kunden oder ein Kind verletzen wird, weil er mit diesem spielen will oder z.B. auch seinen Platz verteidigt. Ein wesentlich neuer Tatumstand, der die Erforderlichkeit der angeordneten Maßnahmen entfallen ließe, ist nicht ersichtlich. Wie bereits dargelegt, führt auch die Absolvierung eines Gehorsamkurses durch „Terry“ nicht zu einem anderen Ergebnis, weil sein wesentlicher Charakterzug, nämlich sein Verteidigungswille und sein Spieltrieb weiter vorhanden sind und lediglich sein Gehorsam womöglich verbessert wurde.

5.2.2. Die angegriffenen Maßnahmen erweisen sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinn (s. Art. 8 Abs. 2 LStVG). Insbesondere greifen sie nicht oder allenfalls geringfügig in Rechte, insbesondere Grundrechte, des Klägers ein.

Entgegen der Auffassung des Klägers, der eine Verletzung seines Grundrechts auf Berufs- bzw. Gewerbefreiheit darin sieht, dass er seinen Hund nicht mehr in seinem Zoogeschäft frei laufen lassen darf und deshalb den Hund nicht mehr wie bisher dazu verwenden kann, Kunden spezielle Hundeartikel wie z.B. Hundekleidung an seinem Hund vorzuführen, wird sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, seinen Beruf bzw. sein Gewerbe ungehindert ausüben zu können, durch Art. 18 Abs. 2 LStVG und die darauf gestützten Anordnungen nicht oder allenfalls unwesentlich berührt.

Die grundrechtliche Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 GG begründet das Recht der positiven Berufsfreiheit, d.h. der positiven Freiheit, einen bestimmten Beruf zu ergreifen und auszuüben (vgl. Scholz in Maunz/Dürig, Grundgesetz - Kommentar, Stand: 72.EL 2014, Art. 12 Rn. 7). Dieses Grundrecht steht in engem Zusammenhang mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Es gewährt dem Einzelnen das Recht, seinen Beruf bzw. sein Gewerbe nach seinen Vorstellungen auszuüben und selbst zu bestimmen. Im vorliegenden Fall beinhaltet Art. 12 Abs. 1 GG das Recht des Klägers, seine Zoohandlung nach seinen Vorstellungen zu führen. Allerdings ist schon fraglich, ob der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG dadurch berührt ist, dass der Kläger seinen Hund nicht mehr im Zoogeschäft halten kann. Denn die Haltung eines Hundes ist grundsätzlich die private Entscheidung eines Hundebesitzers. Ein Hund wird in der Regel als Begleiter und zur Erbauung seines Besitzers angeschafft und nur ausnahmsweise als Berufshund, wie dies z.B. für einen Schäfer oder bei Bewachungsdiensten der Fall sein kann. So hält auch der Kläger seinen Hund als Privatmann und nimmt ihn in sein Geschäft mit, um den Hund nicht den ganzen Tag allein zu lassen. Es ist weder vorgetragen noch glaubhaft, dass der Kläger den Hund „Terry“ (nur) zu beruflichen Zwecken hält und ihn vor allem deshalb mitnimmt, um ihn dort Hundekleidung etc. für seine Kunden vorzuführen zu lassen. Der Hund ist auch nicht etwa erforderlich, um Hundebedarf verkaufen zu können. Dass der Kläger den Hund gelegentlich zu Vorführzwecken hernimmt, mag sein. Gleichwohl bewirken die streitbefangenen sicherheitsrechtlichen Anordnungen zur Hundehaltung im Ladengeschäft des Klägers weder eine unmittelbare und gezielte (finale) Beeinträchtigung der beruflichen bzw. gewerblichen Betätigung des Klägers, noch stehen diese Anordnungen nach dem Vorstehenden in einem so engen Zusammenhang mit dieser Tätigkeit, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen ließen (vgl. dazu Scholz, a.a.O., Art. 12 Rn. 300 f. mit Rspr.-nachweisen).

Selbst wenn der Kläger seinen Hund ab und an als „Vorführhund“ für sein Zoogeschäft benutzt hätte und ein hinreichender Bezug der auf Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützten Anordnungen zu seiner Berufsausübung anzunehmen wäre, würde das Verbot der Hundehaltung im öffentlich zugänglichen Bereich des Zoogeschäfts des Klägers allenfalls zu einem geringfügigen Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG führen. Denn die Berufsausübung des Klägers wird wohl kaum wesentlich tangiert, wenn der Hund nicht zum Vorführen von Hundekleidung zur Verfügung steht. Hundebedarf ist im Übrigen unstrittig nur ein Teilbereich der Waren, die der Kläger in seiner Zoohandlung verkauft. Die Beklagte hat glaubhaft vorgetragen, dass Aquaristik und Terrarienartikel sowie lebende Kleintiere und Zubehör für diese sowie für Katzen einen Großteil seines Sortiments ausmachen. Aber selbst wenn das Vorführen durch „Terry“ unabdingbar wäre, könnte der Kläger einen Kunden mit in den Raum nehmen, in dem er „Terry“ außerhalb des Ladens derzeit unterbringt und die Vorführung dort stattfinden lassen.

Hinzu kommt, dass das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht schrankenlos gewährt wird, sondern dass die Freiheit der Berufsausübung beschränkt werden kann, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen (vgl. BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – juris Rn. 74). Danach erweisen sich Beschränkungen der freien Berufsausübung als grundsätzlich legitim, sofern ein entsprechendes „Gemeinwohl“ dies zweckmäßig erscheinen lässt (Scholz, a.a.O., Rn. 336). Demgemäß ist eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit des Klägers durch den angefochtenen Bescheid zulässig. Unter Abwägung der jeweiligen Interessen, nämlich einerseits des Interesses des Klägers an einer gelegentlichen Verwendung seines Hundes in seinem Geschäft und dem öffentlichen Interesse, zum Schutz der Gesundheit von Menschen den Hund nicht frei in der Zoohandlung laufen zu lassen, überwiegt das öffentliche Interesse deutlich. Der Schutz überragender Rechtsgüter wie der körperlichen Unversehrtheit rechtfertigt den allenfalls relativ geringen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers ohne Weiteres.

Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für den Fall, dass die streitgegenständlichen Anordnungen bei Verneinung eines Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers dann in seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG als Auffanggrundrecht eingreifen würden.

Unabhängig davon ist auch zweifelhaft, ob der Kläger durch die angefochtenen Anordnungen derart beeinträchtigt ist, wie er vorträgt. Denn offensichtlich hat sich der Hund des Klägers auch früher nicht sehr häufig im Laden aufgehalten. Der Kläger hat sich nämlich anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung beim Polizeipräsidium Oberfranken dahingehend geäußert, dass sich sein Hund am 19. Juli 2010, also an dem Tag, als sich der Vorfall mit S. ereignete, „ausnahmsweise“ bei ihm aufgehalten habe, da er ihm unbemerkt aus den Privaträumen gefolgt sei. Daraus ist zu schließen, dass sich „Terry“ normalerweise außerhalb der Ladenräume der Zoohandlung des Klägers aufhält und nur gelegentlich oder wenn der Kläger unachtsam ist in den öffentlich zugänglichen Bereich des Zoogeschäfts kommt. Die Anordnung, den Hund außerhalb dieses Bereichs unterzubringen, beeinträchtigt ihn daher wohl nicht so stark, wie er behauptet. Hinzu kommt, dass der Kläger nicht verpflichtet wird, den Hund überhaupt nicht in sein Geschäft mitzunehmen, sondern dass er ihn lediglich außerhalb der öffentlich zugänglichen Räume des Geschäfts unterbringen muss. Wenn dies in einem Nebenzimmer des Ladengeschäfts geschieht, erweist sich auch die Trennung vom Hund nicht als unverhältnismäßig und stellt insbesondere keine Tierquälerei dar. Es ist für Hunde durchaus üblich, zumindest einen Teil des Tages allein zu verbringen. Dies dürfte im Fall des Klägers bereits deshalb kein Problem sein, weil der Kläger wegen der räumlichen Nähe der nicht öffentlich zugänglichen Nebenräume des Zoogeschäfts immer wieder nach dem Hund schauen und sich um ihn kümmern kann.

Durch die streitgegenständlichen Anordnungen erfolgt des weiteren kein unzulässiger Eingriff in das Recht des Klägers aus Art. 13 Abs. 1 GG auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Es ist bereits fraglich, ob das Zoogeschäft des Klägers überhaupt unter den Schutz der „Wohnung“ i.S. von Art. 13 GG fällt, da dieser sich zwar auch auf Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume erstreckt (vgl. Papier in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: 72.EL 2014 Art. 13 Rn. 13), bei Geschäftsräumen ein voller Grundrechtsschutz aber nur in Bezug auf die nicht allgemein zugänglichen Räume besteht (Papier, a.a.O., Rn. 14). Darüber hinaus ist des weiteren fraglich, ob der Schutzbereich des Art. 13 GG durch die Anordnungen zur Hundehaltung überhaupt berührt ist, denn Art. 13 GG bezieht sich insbesondere auf das Betreten und Durchsuchen von Wohnungen sowie die Wohnraumüberwachung. Auch bei den nach Art. 13 Abs. 7 GG möglichen Eingriffen und Beschränkungen dieses Grundrechts unter anderem aufgrund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht es grundsätzlich um ein körperliches Eindringen, Betreten, Besichtigen oder Verweilen staatlicher Organe in den geschützten Bereichen (vgl. Papier, a.a.O., Rn. 117) und nicht um Anordnungen zur Hundehaltung im geschützten Bereich. Im Übrigen wäre ein solcher Eingriff, soweit Landesgesetze durch Polizei- oder ordnungsrechtliche Generalklauseln solche Eingriffe zulassen, durch den qualifizierten Gesetzesvorbehalt des Abs. 7 gedeckt (vgl. Papier, a.a.O., Rn. 121).

Der angegriffene Bescheid erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil er nicht befristet worden ist. Eine Befristung ist bereits grundsätzlich nicht zur Abwehr der von „Terry“ ausgehenden Gefahr geeignet, weil kein Zeitpunkt auszumachen ist, zu dem eine derartige Gefahr nicht mehr bestehen soll. Ist ein Hund lebhaft und energisch sowie mit einem starken Spieltrieb versehen wie ein Australian Sheperd, also der Rasse, der auch „Terry“ angehört, so bleibt er dies grundsätzlich. Hinzu kommt, dass die Behörde nach Art. 8 Abs. 3 LStVG ohnehin angeordnete Maßnahmen beenden muss, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. Die Beklagte hat deshalb, soweit sich neue Gesichtspunkte ergeben, von sich aus, womöglich auch auf Anregung des Klägers, die angeordneten Maßnahmen zu überprüfen und nicht mehr rechtmäßige Anordnungen gegebenenfalls aufzuheben.

Schließlich führt auch das Argument des Klägers, der Bescheid könne nicht überwacht werden, zu keinem anderen Ergebnis. Zwar sind Anordnungen, deren Befolgung die Behörde nicht kontrollieren kann, sinnlos und daher rechtswidrig. Jedoch handelt es sich bei den streitgegenständlichen Anordnungen nicht um Maßnahmen, deren Befolgung nicht überprüft werden könnte. Das Geschäft des Klägers ist als halböffentlicher Bereich jederzeit einsehbar und ermöglicht das Betreten zum Zwecke der Kontrolle. Genauso könnten Kunden befragt werden oder das Geschäft womöglich von außen in Augenschein genommen werden. Dabei ist allein zu kontrollieren, ob sich „Terry“ im Ladengeschäft befindet. Wo er sich tatsächlich aufhält, kann dahinstehen und bedarf auch keiner Kontrolle. Auch die Anordnungen zum Führen des Hundes im Geschäft lassen sich also kontrollieren.

Aus den genannten Gründen war der Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit § 708 f. ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

 

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG).

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Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. März 2011 wird der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 insgesamt aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer Anordnung zur Hundehaltung.

Der Kläger war zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids im März 2010 Halter zweier Hunde, nämlich eines Rüden („O.“) und einer Hündin („T.“), beide Dobermann-Schäferhund-Mischlinge.

Wegen der Hunde gingen seit dem Jahr 2009 mehrere Beschwerden bei der Beklagten ein, in denen vorgebracht wurde, die Hunde verhielten sich bedrohlich und würden die Umzäunung überspringen. Am 27. November 2009 ereignete sich ein Beißvorfall, bei dem der Dackelmischling einer Spaziergängerin von der Hündin „T.“ des Klägers schwer verletzt worden ist. Noch im November 2009 wandten sich zahlreiche Nachbarn an den Kläger und baten ihn, seine Grundstückszäune instand zu setzen, damit die Hunde das Grundstück nicht mehr verlassen konnten. Sie hätten Angst um ihre Kinder und diese fürchteten sich auch vor den Hunden. Im Dezember 2009 meldete sich dann eine weitere Nachbarin bei der Beklagten, die angab, im März 2009 auf dem Fahrrad von einem Hund des Klägers attackiert worden zu sein. Sie habe Verletzungen (Bluterguss und Schürfwunden) davongetragen, sei aber nicht gebissen worden. Weitere Beschwerden von einem Nachbarn des Klägers gingen im Januar und März 2010 bei der Beklagten ein. Die Hunde verhielten sich nach wie vor aggressiv und würden ständig, auch nachts, im Garten bellen.

Mit Bescheid vom 31. März 2010 untersagte die Beklagte dem Kläger, Hunde auf seinem Grundstück in F., W.-Straße ..., außerhalb des Hauses frei laufen zu lassen, solange nicht der Zaun auf mindestens 1,50 Meter erhöht und die Lücke in der Einfriedung repariert sei. Das große Eisentor sei gegen unbeabsichtigtes Öffnen entsprechend zu sichern (Nr. 1 des Bescheids). Zudem wurde dem Kläger aufgegeben, die Hunde außerhalb des Grundstücks an einer reißfesten maximal 1,50 Meter langen Leine zu führen und ihnen außerdem Beißkörbe anzulegen (Nr. 2). In Nr. 3 wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 1 und 2 angeordnet. Für den Fall der Nichterfüllung der Pflichten aus Nummer 1 und 2 des Bescheids wurde jeweils ein Zwangsgeld von 1.000 Euro bei einer Zuwiderhandlung angedroht (Nr. 4 a und b).

Zur Begründung des Bescheids führte die Beklagte aus, bereits am 27. August 2009 habe die Polizeiinspektion G. mit dem Kläger ein klärendes Gespräch geführt. Der Kläger habe gegenüber der Polizei versichert, dass die Hunde das Grundstück nicht verlassen würden. Bis heute habe der Kläger jedoch keine geeigneten Sicherungsmaßnahmen getroffen, so dass sich die Gemeinde gezwungen sehe, entsprechende Anordnungen zu erlassen. Rechtsgrundlage der Anordnungen in Nummer 1 und 2 des Bescheids sei Art. 18 Abs. 2 LStVG. Die Gemeinde sei für den Erlass der Anordnungen zuständig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG lägen auch vor. Der Kläger sei als Halter der Hunde richtiger Adressat der Anordnung. Der Erlass einer Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Gemeinde halte ein Einschreiten im öffentlichen Interesse für notwendig, denn die Vorfälle zeigten, dass die beiden Hunde des Klägers ohne vorhersehbaren Anlass aus ihrer ungebändigten Natur heraus zu einer schweren Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen werden könnten, wenn ihr Aufenthalt nicht auf das Grundstück des Klägers beschränkt werde oder wenn sie sich außerhalb des Grundstücks ohne Maulkorb aufhielten. Die Anordnung hinsichtlich der Maulkörbe entspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus Art. 8 LStVG.

Am 30. April 2010 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten.

Am 5. Juli 2010 ereignete sich ein weiterer Beißvorfall mit der Hündin „T.“. Die Hündin war aus dem Grundstück des Klägers entwichen und auf ein Nachbargrundstück gelaufen, wo sie eine dort angeleinte Jack-Russell-Terrier-Hündin gebissen und schwer verletzt hat.

Der Kläger begründete mit Schreiben vom 16. Februar 2011 seine Klage im Wesentlichen damit, dass der Vorfall am 10. März 2009 unzutreffend geschildert worden sei. Ursächlich dafür sei gewesen, dass sich die Leinen seiner Hunde beim Spazierengehen verheddert hätten. Seine Hündin sei dabei aus dem Halsband gerutscht. Die beteiligte Radfahrerin sei lediglich erschrocken. Der Hund habe sie nur gestreift. Der Leinenzwang sowie der Maulkorbzwang seien daher nicht erforderlich. Der Leinenzwang sei auch überflüssig, da im Gebiet der Beklagten bereits ein Leinenzwang aufgrund gemeindlicher Satzung bestehe. Dass Hunde Beißkörbe tragen, sei in L. allgemein unüblich. Löcher in der Einfriedung beziehungsweise im Zaun seines Grundstückes würden von ihm immer sofort repariert, wenn er diese bemerke. Die Schäden am Zaun seien durch die Bepflanzung auf dem Nachbargrundstück entstanden. Er habe den Nachbarn aufgefordert, die entsprechenden Gewächse zurückzuschneiden beziehungsweise zu entfernen. Das Gartentor sei ständig verschlossen. Die Hunde könnten dort nicht entweichen. Hinsichtlich der auferlegten Erhöhung der Einfriedung sei festzustellen, dass seine Hunde den bestehenden Zaun niemals übersprungen hätten. Hinsichtlich der nördlichen Einfriedung gebe es widersprüchliche Aussagen über die Eigentumsverhältnisse. Es müsse deshalb erst eine Vermessung durchgeführt werden.

Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Klage und trug vor, aufgrund der bereits vorgefallenen Attacken der Hunde des Klägers liege eine konkrete Gefahrenlage im Sinne von Art. 18 Abs. 2 LStVG vor, die die Beklagte zum Erlass entsprechender Einzelfallanordnungen berechtige. Die im angefochtenen Bescheid angeordneten Maßnahmen seien erforderlich, geeignet und verhältnismäßig, um die konkrete Gefahr zu begrenzen. Durch die Anordnung werde sichergestellt, dass die Hunde nicht unkontrolliert das Grundstück verlassen und Menschen beziehungsweise Tiere angreifen könnten.

Aus einem Aktenvermerk der Polizeiinspektion G. vom 8. Februar 2011 ergibt sich, dass das Grundstück des Klägers am 7. Februar 2011 in Augenschein genommen worden ist. Drei Grundstücksseiten seien gerichtet. Von den Hunden des Klägers dürfte insofern keine Gefahr mehr ausgehen. Die vierte Grundstücksgrenze sei nach wie vor provisorisch. Insoweit müsse das Grundstück noch vermessen werden.

Mit Urteil vom 24. März 2011 hob das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg die Nummer 2 sowie die Nummer 3, soweit sie sich auf Nummer 2 des Bescheids beziehe, und die Nummer 4 b des Bescheids der Beklagten vom 31. März 2010 auf und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung seiner teilweisen Klageabweisung führte das Verwaltungsgericht aus, die Anordnung in Nummer 1 des Bescheids sei rechtmäßig. Insoweit sei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen. Eine eventuell fehlende Anhörung des Klägers vor Erlass des Bescheids sei mittlerweile geheilt. Die Anordnung sei erforderlich, um Gefährdungen Dritter durch die Hunde vom Grundstück aus durch Anbellen oder Schnappen am Zaun sowie das Entweichen der Hunde vom Haltergrundstück mit der Folge des unbeaufsichtigten Umherlaufens zu verhindern. Eine konkrete Gefahr sei zu bejahen, weil die Einfriedung des Grundstücks des Klägers keine ausreichende Höhe aufweise beziehungsweise in einem baulichen Zustand sei, der es den Hunden ermögliche, sich auf dem Zaun mit den Vorderläufen aufzustützen und die Köpfe über die Umzäunung hinauszustrecken beziehungsweise die Einzäunung zu überwinden und unbeaufsichtigt das Grundstück zu verlassen. Auch wenn der Kläger bereits Sicherungsmaßnahmen auf dem Grundstück durchgeführt habe, habe es sich bei der letzten Grundstücksbesichtigung doch gezeigt, dass auf einer Grundstücksseite noch keine Erhöhung des Zauns erfolgt sei.

Am 12. Mai 2011 ließ der Kläger Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. März 2011 stellen. Am 15. Juni 2011 wurde der Antrag damit begründet, dass der aggressivere der beiden Hunde zwischenzeitlich habe eingeschläfert werden müssen und der noch beim Kläger lebende Hund überaus friedlich sei.

Im Hinblick auf diese Änderung des Sachverhalts hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 13. September 2012 zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, die von seinen Hunden ausgehende Gefahr habe sich zwischenzeitlich durch den Tod des aggressiveren Hundes erledigt. Zudem sei die Entscheidung im Wesentlichen auf die Aussagen einer Nachbarin gestützt worden, wonach die Hunde des Klägers mehrfach über den Gartenzaun gesprungen seien. Tatsächlich sei diese Nachbarin nicht einvernommen worden. Auch gehe die in Nummer 1 des Bescheids getroffene Anordnung viel zu weit. Damit werde der Kläger verpflichtet, jeden Hund, den er derzeit oder in Zukunft halte, nicht außerhalb des Hauses frei laufen zu lassen. Eine derartige Anordnung wäre nur dann rechtmäßig, wenn sie sich auf einen konkreten Hund beziehen würde. Darüber hinaus hätte das Verwaltungsgericht den in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 24. März 2011 gestellten Beweisanträgen folgen müssen. Diese hätten zum Ergebnis geführt, dass der angefochtene Bescheid vollumfänglich aufzuheben sei.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. März 2011 den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 auch im Übrigen, noch streitgegenständlichen Umfang aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Gefahr, die bisher von beiden Hunden des Klägers ausgegangen sei, sei mit dem Tod eines Hundes nicht beseitigt. Beide seien aggressiv. Das Urteil des Verwaltungsgerichts stütze sich zudem nicht auf die Aussage der nicht einvernommenen Nachbarin, sondern auf die Aussage einer anderen Zeugin und die Beobachtungen der Polizeibeamten der Polizeiinspektion G. Auch der Vortrag des Klägers, der Bescheid sei zu unbestimmt, treffe nicht zu. Aus den Gründen des Bescheids ergebe sich eindeutig, auf welche beiden Hunde sich der Bescheid beziehe. Dem Kläger sei auch nicht das rechtliche Gehör beschnitten worden, denn er habe sein Einverständnis mit einer Entscheidung über seine Beweisanträge im Urteil signalisiert. Es sei zwar richtig, dass sich durch das Ableben eines Hundes eine geänderte Sachlage ergebe. Diese ändere aber nichts an der Rechtmäßigkeit der Nummer 1 des Bescheids. Diese angeordnete Maßnahme sei für jeden Einzelnen der Hunde erforderlich gewesen.

Die als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligte Landesanwaltschaft Bayern stellte keinen eigenen Antrag.

Die Beklagte teilte am 1. August 2013 ergänzend mit, dass am 28. Juli 2013 im Haus des Klägers ein zehnjähriger Junge von dem „Rottweiler-Mischling“ (gemeint ist wohl der Dobermann-Schäferhund-Mischling) „O.“ in den Fuß gebissen worden sei. Auch die herbeigerufenen Polizeibeamten seien von diesem Hund in den Oberschenkel beziehungsweise in die Hand gebissen worden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14. April 2014 wurde die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert. Der Bevollmächtigte der Beklagten gab noch abschließende Erwägungen zur streitbefangenen Verfügung zu Protokoll. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 ist, soweit er noch Gegenstand dieses Verfahrens ist, aufzuheben, weil er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar ist der Bescheid formell rechtmäßig (dazu 1.) und die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der angegriffenen Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982 (BayRS 2011-2-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2013 (GVBl S. 403), liegen vor (dazu 2.). Jedoch leidet der angegriffene Verwaltungsakt an einem Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) (dazu 3.).

Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist ausschließlich die auf Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützte und vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil nicht - wie die übrigen Anordnungen - aufgehobene Verfügung in Nummer 1 des Bescheids einschließlich der diesbezüglichen Zwangsgeldandrohung in Nr. 4 a). Damit ist im Wesentlichen nur noch Streitgegenstand, ob die Beklagte dem Kläger untersagen durfte, Hunde auf seinem Grundstück in F., W.-Straße ..., außerhalb des Hauses frei laufen zu lassen, solange nicht der Zaun auf mindestens 1,50 m erhöht ist und die Lücken der Einfriedung repariert sind, sowie die Anordnung, das große Eisentor gegen unbeabsichtigtes Öffnen entsprechend zu sichern. Dabei ist der Bescheid nach seinem objektiven Erklärungswert gemäß §§ 133, 157 BGB entsprechend dahingehend auszulegen, dass er nur die beiden im Zeitpunkt seines Erlasses im Eigentum des Klägers gestandenen Hunde „T.“ und „O.“ betraf und nach dem Tod von „T.“ nur noch „O.“ betrifft. Dies entspricht unter Berücksichtigung aller dem Kläger erkennbaren Umstände dem maßgeblichen Willen der Beklagten, der sich insbesondere aus den zur Auslegung heranzuziehenden Gründen des Bescheids ergibt, in denen die beiden Hunde mit Namen bezeichnet sind und auch deren Rassezugehörigkeit genannt wird. Bereits daran ist unzweifelhaft ersichtlich, dass die Anordnungen der Beklagten nur für diese beiden Hunde erlassen worden sind und nicht in Zukunft vom Kläger angeschaffte Hunde („zwei Pudel“) betreffen sollen.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 hat nicht dadurch seine Erledigung gefunden, dass die Hündin „T.“, die im Wesentlichen in die in den Akten dokumentierten Beißvorfälle verwickelt war, inzwischen gestorben ist. Denn der Kläger besitzt weiterhin den Rüden „O.“, der bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides in seinem Besitz war und auf den sich der Bescheid ebenfalls bezieht. Die Anordnungen in Nummer 1 bis 4 des Bescheids betrafen ganz offensichtlich beide Hunde. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Bescheidstenor, sondern aus der Begründung, in der immer von „Hunden“ die Rede ist. Auch werden sowohl „T.“ als auch „O.“ namentlich im Bescheid erwähnt. Damit entfaltet die noch streitbefangene Anordnung in Nummer 1 des Bescheids nach wie vor unmittelbare Regelungswirkung.

1. Der Bescheid der Beklagten ist formell rechtmäßig, denn der Mangel der zunächst unzweifelhaft fehlenden Anhörung ist inzwischen geheilt (dazu 1.1.). Ob der Bescheid in vollem Umfang den formellen Anforderungen an die Begründung genügt, kann offen bleiben (dazu 1.2.).

1.1. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG schreibt vor, dass vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine solche Anhörung hat vor Erlass des Bescheids der Beklagten vom 31. März 2010 nicht stattgefunden. Eine schriftliche Anhörung ist unstreitig nicht erfolgt. Weder findet sich ein Nachweis für eine solche Anhörung in den Verwaltungsakten noch behauptet die Beklagte, den Kläger förmlich angehört zu haben. Sie hat im angegriffenen Bescheid nur darauf verwiesen, dass die Polizeiinspektion G. mit dem Kläger bereits am 27. August 2009 ein klärendes Gespräch geführt habe und dieses Gespräch offenbar als Anhörung gewertet. Eine allgemeine Erörterung des Problems mit der örtlichen Polizei, dass die Hunde möglicherweise über den Zaun springen, entspricht jedoch nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG. Denn dazu muss dem Betroffenen im Verwaltungsverfahren (s. Art. 9 BayVwVfG) die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Hierzu gehört insbesondere eine Anhörung zu den ins Auge gefassten Maßnahmen gegen den Betroffenen. Darüber ist aber ausweislich des Aktenvermerks vom 17. September 2009 über das Gespräch am 27. August 2009 nicht gesprochen worden. Hinzu kommt vor allem, dass die Erörterung der Gefahrenlage mit Polizeibeamten im Rahmen eines polizeilichen Verfahrens nicht im hier allein maßgeblichen die Anordnungen zur Hundehaltung betreffenden Verwaltungsverfahren erfolgt ist. Da auch keine Gründe vorliegen, die dazu führen, dass von der Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG abgesehen werden konnte oder eine Anhörung nach Art. 28 Abs. 3 BayVwVfG unterbleiben durfte, liegt ein Verfahrensfehler im Sinne von Art. 45 BayVwVfG vor.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG ist eine Verletzung der Verfahrensvorschrift des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG aber unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Dies kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, also bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, erfolgen.

Im vorliegenden Fall liegt die Nachholung der Anhörung darin, dass sich der Kläger und dessen Bevollmächtigter im verwaltungsgerichtlichen Verfahren umfangreich zu den Maßnahmen der Beklagten geäußert haben und der Beklagtenvertreter das Vorbringen der Klägerseite zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen, ob der Bescheid aufgrund des Vorbringens der Klägerseite abgeändert werden sollte, einbezogen hat. Der Senat hält eine Nachholung der Anhörung in dieser Form für ausreichend, zumal Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG für die Nachholung der Anhörung lediglich eine zeitliche Grenze setzt, nämlich den Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nicht aber eine bestimmte Form vorschreibt (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2009 - 10 ZB 08.3435 - juris Rn. 12; OVG NRW, B. v. 11.2.2014 - 15 B 69/14 - juris Rn. 14). Dass eine unterlassene Anhörung allein im Rahmen eines behördlichen Verwaltungsverfahrens nachgeholt werden kann, ist dieser Regelung nicht zu entnehmen (vgl. dazu auch BayVGH, B. v. 26.1.2009 - 3 CS 09.46 - juris Rn. 23 m. w. N.). Die Gegenmeinung berücksichtigt nicht, dass die frühere Regelung des Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG den Zeitraum der Heilungsmöglichkeit noch nicht bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz vorsah (vgl. BVerwG, B. v. 15.12.1983 - 3 C 27/82 - juris Rn. 64). Schließlich überzeugt auch nicht die teilweise in der Literatur vertretene Rechtsauffassung (z. B. Kopp/Ramsauer, BayVwVfG, 14. Aufl. 2013, Art. 45 Rn. 27 und 45), dass die Nachholung der Anhörung stets eines besonderen Ergänzungs- oder Nachverfahrens vor der Ausgangsbehörde bedarf sowie nach der Nachholung einer weiteren, ergänzenden Entscheidung dieser Behörde. Denn Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG fordert die Einhaltung dieser Form gerade nicht.

1.2. Der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 ist zwar unzureichend begründet. Ob insoweit auch ein formeller Mangel vorliegt, kann indes offen gelassen werden (vgl. dazu nachfolgend 3.).

Nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Diesen formellen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid (noch). Seine Begründung lässt zumindest in groben Zügen erkennen, von welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen und Überlegungen die Behörde bei ihrer Entscheidung ausging. Es werden die wesentlichen Gesetzesbestimmungen aufgeführt, die die Rechtsgrundlage der Anordnungen darstellen und die tatbestandlichen Voraussetzungen, nämlich dass von den klägerischen Hunden eine Gefahr ausgeht, herausgestellt. Damit genügt der Bescheid insoweit den formellen Anforderungen des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG. Ob die Begründung rechtlich zutreffend ist, ist demgegenüber eine Frage des materiellen Rechts.

Für Ermessensentscheidungen erweitert Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG jedoch die Begründungspflicht des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG und verlangt, dass die Begründung auch die Gesichtspunkte erkennen lässt, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Insoweit enthält die im Ermessen der Beklagten stehende sicherheitsrechtliche Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG lediglich folgende Ausführungen - soweit diese im Berufungsverfahren noch streitgegenständlich sind -: „… steht der Erlass von Anordnungen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Gemeinde … hält ein Einschreiten im öffentlichen Interesse für notwendig. Die Vorfälle zeigen, dass die beiden Hunde ohne vorhersehbaren Anlass aus ihrer ungebändigten Natur heraus zu einer schweren Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen werden können, wenn ihr Aufenthalt nicht auf das Grundstück des Herrn … beschränkt wird …“ Ob diese äußerst knappe Begründung, auch wenn ihr zu entnehmen ist, dass der Beklagten bewusst war, dass sie eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte und dass sie dies im öffentlichen Interesse auch für erforderlich hielt, die Gesichtspunkte, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist, hinreichend erkennen lässt und damit den Anforderungen von Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG genügt, kann aber offen gelassen werden. Denn der Bescheid ist unabhängig davon rechtswidrig. Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG vor (dazu 2.), jedoch ist der Bescheid letztendlich ermessensfehlerhaft (Art. 40 BayVwVfG; dazu 3.).

2. Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine sicherheitsrechtliche Anordnung gegeben. Nach Art. 18 Abs. 2 LStVG können Gemeinden zum Schutz bestimmter in Absatz 1 genannter Rechtsgüter Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen. In Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG sind als Rechtsgüter Leben, Gesundheit, Eigentum oder die öffentliche Reinlichkeit genannt. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG vor, steht der Erlass einer Anordnung im Ermessen der Behörde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. BayVGH v. 9.11.2010 -10 BV 06.3053 - juris Rn. 22 m. w. N.) darf eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nur erlassen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die betreffenden Schutzgüter vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Ob bei einer erforderlichen Gefahrenprognose dabei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen ist, hier also auf den März 2010 (so das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil; vgl. auch BayVGH v. 29.8.2001 - 24 ZS 01.1967 - juris) oder ob es sich bei der betreffenden sicherheitsbehördlichen Anordnung (Untersagungsverfügung) um einen Dauerverwaltungsakt handelt, für dessen gerichtliche Überprüfung auch hinsichtlich der Gefahrenprognose der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist - wofür mit Blick auf Art. 8 Abs. 3 LStVG erwägenswerte Gründe sprechen - (offen gelassen BayVGH, B. v. 13.1.2012 - 10 CS 11.2379 - juris Rn. 29; für tierschutzrechtliche Anordnungen vgl. BVerwG, B. v. 9.7.2013 -3 B 100/12 - juris Rn. 6; für Anordnungen zum Leinen- und Maulkorbzwang vgl. OVG NRW, B. v. 30.4.2004 - 5 A 1890/03 - juris Rn. 24) kann aber dahinstehen, denn der Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 LStVG ist in beiden Zeitpunkten erfüllt.

Auch wenn im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides im März 2010 insbesondere die inzwischen verstorbene Hündin „T.“ aus dem Grundstück entwichen ist und in Beißvorfälle verwickelt war bzw. Menschen angegriffen und verletzt hat und die Nachbarn, insbesondere Kinder, allein durch ihr freies Herumlaufen erschreckt hat, ging von O., selbst wenn ein Entweichen aus dem Grundstück durch ihn nicht dokumentiert ist und im Nachhinein - auch durch Zeugeneinvernahmen - nicht mehr festgestellt werden kann, allein deshalb eine Gefahr aus, weil es sich bei „O.“ um einen großen und kräftigen Hund handelt, der fähig ist, seine Vorderläufe auf das Gartentor des Klägers zu stellen, und damit mit dem Kopf über das Tor reicht und auch am Gartenzaun hochspringen und Passanten erschrecken kann. Zusammen mit „T.“ ist er - vom Kläger nicht bestritten - des Öfteren am Tor und am Zaun des Grundstücks des Klägers hochgesprungen und hat Passanten angebellt. Auch in einem solchen Fall geht von einem Hund eine mit einer sicherheitsrechtlichen Anordnung bekämpfbare Gefahr aus, weil durch das Hochspringen und Bellen Passanten erschreckt werden und dadurch auch infolge unkontrollierter Reaktionen in eine gefährliche Situation kommen können. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 9. November 2010 (10 BV 06.3053 - juris Rn. 25) u. a. ausgeführt, dass von großen Hunden - und dazu gehören auch der klägerische Hund „O.“ sowie seine verstorbene Hündin „T.“, beide Dobermann-Schäferhund-Mischlinge - in vergleichbaren Situationen in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht. Selbst wenn ein großer Hund durchaus friedliche Absichten hat, kann er durch das plötzliche Hochspringen am Zaun eine vorbeigehende Person nachhaltig erschrecken und insbesondere Kinder, die keine Erfahrung im Umgang mit Hunden haben, dazu veranlassen, aus Angst vor dem hochspringenden Hund, und ohne auf den Verkehr zu achten, auf die Straße auszuweichen und von einem Fahrzeug erfasst zu werden oder zu stolpern und sich (auch) dadurch gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Schäden zuzuziehen.

Stellt man demgegenüber auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ab, geht nach dem Tod von „T.“ bereits deshalb eine konkrete Gefahr allein vom klägerischen Hund „O.“ aus, weil er anlässlich eines Beißvorfalls am 28. Juli 2013 gleich mehrere Personen verletzt hat. Dass dies im Haus des Klägers geschehen ist, spielt dabei keine Rolle. Ein Hund, der entsprechend aggressiv reagiert, ist, selbst wenn der Beißvorfall auf dem Fehlverhalten des Gebissenen beruhen sollte, als Gefahr im Sinne von Art. 18 Abs. 2 LStVG anzusehen. Es kann nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dieser Hund auch in anderen Situationen entsprechend aggressiv reagieren wird. Damit ist aber die im angefochtenen Bescheid angenommene konkrete Gefahr in keinem Fall durch den Tod der Hündin „T.“ entfallen, wie der Klägerbevollmächtigte meint.

3. Der streitgegenständliche Bescheid vom 31. März 2010 erweist sich aber deshalb als rechtswidrig, weil er ermessensfehlerhaft ist (Art. 40 BayVwVfG). Dies trifft sowohl auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids zu (dazu 3.1.) als auch auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (dazu 3.2.), denn eine ausreichende Ermessensergänzung des Verwaltungsakts ist auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO erfolgt.

3.1. Der Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden nach Art. 18 Abs. 2 LStVG liegt im Ermessen der Behörde. Die von dieser zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides, also am 31. März 2010, hat die Beklagte gesehen, dass ihr ein Ermessen dahingehend zusteht, ob sie Anordnungen hinsichtlich der Haltung der Hunde des Klägers erlassen will, ein Ermessensfehlgebrauch liegt aber deshalb vor, weil die Beklagte von einem nicht vollständig aufgeklärten Sachverhalt ausging. Im Bescheid wird zudem nicht hinreichend differenziert, welche Gefahr von welchem der beiden klägerischen Hunde ausgeht, und nicht berücksichtigt, ob diese Gefahr auch mit dem streitgegenständlichen Bescheid bekämpft werden soll. Eine fehlerfreie Ermessensausübung ist aber schon vom Ansatz her nur dann möglich, wenn der Sachverhalt ausreichend ermittelt ist. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass eine ordnungsgemäße Ermessensausübung nur dann vorgelegen hätte, wenn die Beklagte die von jedem der beiden Hunde ausgehende individuelle Gefahr festgestellt und unter Abwägung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte die jeweils angemessenen Anordnungen getroffen hätte. Dies war aber nicht der Fall.

Die Beklagte nimmt wohl zutreffend an, dass der Beißvorfall am 27. November 2009 ausschließlich der Hündin „T.“ zuzurechnen ist. Hinsichtlich des Vorfalls am 10. März 2009 wird kein konkreter Hund benannt, sondern lediglich ausgeführt, dass „ein Hund“ des Klägers eine vorbeifahrende Radlerin attackiert habe. Der Kläger selbst hat zu diesem Vorfall geäußert, es habe sich bei dem außerhalb des Grundstücks befindlichen Hund nur um „T.“ gehandelt. Während nach diesen Erkenntnissen lediglich die Hündin „T.“ das Grundstück des Klägers mehrmals verlassen hat und in Beißvorfälle verwickelt war, steht nicht fest, ob der Rüde „O.“ überhaupt an irgendeinem der im Bescheid genannten Vorfälle beteiligt war und jemals aus dem Grundstück des Klägers entwichen ist. Dennoch hat die Beklagte im Bescheid nicht nach dem jeweiligen Hund differenziert, sondern hat Anordnungen für beide Hunde getroffen, obwohl nach den vorliegenden Erkenntnissen „O.“ zum damaligen Zeitpunkt keine mit dem Bescheid zu bekämpfende Gefahr dargestellt hat. Denn nach den Ausführungen im Bescheid sollten die Anordnungen (lediglich) dazu dienen, Gefahren für Gesundheit und Leben von Menschen, die durch ein Entweichen der Hunde aus dem Grundstück entstehen können, zu verhindern. Diese Gefahren gingen aber offenbar nur von „T.“ aus. Gefahren, die auch von „O.“ ausgehen können, hatte die Beklagte dagegen nicht im Blick. Eine solche Gefahr wird auch im Bescheid nicht erwähnt. Fehlt es aber an einer genauen Ermittlung, von welchem Hund welche mit der Anordnung zu bekämpfende Gefahr ausgeht, war die Beklagte von vorneherein schon nicht in der Lage, alle Gesichtspunkte, insbesondere diejenigen, die die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der beabsichtigten Maßnahme betreffen, bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Eine zweckorientierte Entscheidung ist nämlich nicht möglich, wenn von unzutreffenden oder fälschlich angenommenen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen wird.

Zudem lässt der Bescheid nicht erkennen, welche Maßnahmen die Beklagte für geeignet und erforderlich gehalten hat und warum diese dem Kläger auch zumutbar waren. Im Bescheidstenor werden zwar einzelne Maßnahmen genannt, die dem Kläger auferlegt wurden. Danach sollte er die Hunde im Haus halten, solange nicht der Zaun erhöht und Lücken in der Einfriedung repariert waren. Erst danach hätte der Kläger die Hunde wieder frei auf seinem Grundstück laufen lassen dürfen. Zudem wurde ihm auferlegt, das Eisentor zu sichern. In den Bescheidsgründen ist demgegenüber nur von der Beschränkung des Aufenthalts der Hunde auf das Grundstück des Klägers die Rede. Danach hat sich die Beklagte nicht damit auseinandergesetzt, ob mit den im Bescheidstenor angeordneten Maßnahmen die Gefahren, die einerseits von „T.“ und andererseits von „O.“ ausgehen (und die offensichtlich nicht die gleichen Gefahren sind), tatsächlich bekämpft werden können, also ob diese Anordnungen zur beabsichtigten Gefahrenabwehr überhaupt geeignet sind. Weiterhin wurden keine Ermessenserwägungen dahingehend angestellt, ob alle diese Maßnahmen erforderlich sind. Schließlich ist ebenfalls nicht zu erkennen, ob sich die Beklagte überhaupt mit Alternativen beschäftigt hat, die zum gleichen Erfolg hätten führen können und womöglich für den Kläger weniger belastend gewesen wären.

3.2. Die Beklagte hat ihre Ermessenserwägungen aber auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechend (§ 114 Satz 2 VwGO) ergänzt, so dass sich der Bescheid auch dann, wenn zur Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit auf den jetzigen Zeitpunkt abzustellen wäre, nicht als ermessens-fehlerfrei erweist.

Ungeachtet der Frage, ob der ursprüngliche Bescheid überhaupt Ermessenserwägungen beinhaltet, die gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt werden können, und der Frage, ob hier ein Fall gegeben ist, in dem auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Ermessensentscheidung nachgeholt werden kann und erstmals Ermessenserwägungen angestellt werden dürfen (vgl. dazu BVerwG, U. v. 3.8.2004 -1 C 30/02 - juris Rn. 31; BVerwG, U. v. 5.9.2006 - 1 C 20/05 - juris Rn. 22), hat die Beklagten jedenfalls ihr Ermessen auch nachträglich nicht ordnungsgemäß ergänzt. Weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren wurden durch die Beklagte am Zweck der Ermächtigung orientierte und den Einzelfall in den Blick nehmende Ermessenserwägungen angestellt. Schließlich gehen auch die abschließenden Erwägungen, die die Beklagte in der mündlichen Verhandlung des Senats am 14. April 2014 zur streitbefangenen Verfügung zu Protokoll gegeben hat, nicht über die Darlegung, dass der Hund „O.“ als Gefahr für Radfahrer, Jogger und Kinder angesehen werden muss, hinaus. Die besondere Gefährlichkeit des Hundes stellt aber nur eine Tatbestandsvoraussetzung dar, die überhaupt erst die Anordnung einer Maßnahme nach Art. 18 Abs. 2 LStVG rechtfertigt. Ermessenserwägungen sind der Erklärung der Beklagten aber gerade nicht zu entnehmen. Insbesondere bleibt nach wie vor offen, wieso gerade im Hinblick auf den Hund „O.“ die im Bescheidstenor genannten Anordnungen zum jetzigen Zeitpunkt verfügt wurden. Zwar kam es nach Erlass des Bescheids auch bei „O.“ zu einem nachgewiesenen Beißvorfall, bei dem gleich drei Personen verletzt worden sind, jedoch hat sich dieser Vorfall im Haus des Klägers ereignet und weder auf öffentlichen Straßen noch auf dem klägerischen Grundstück außerhalb des Hauses. Ob die streitgegenständlichen Anordnungen daher überhaupt geeignet sind, den von „O.“ ausgehenden Gefahren wirksam zu begegnen, ist [mehr als] fraglich. Jedenfalls hat sich die Beklagte auch mit dieser Frage überhaupt nicht auseinandergesetzt, geschweige denn ihr Ermessen im Übrigen ordnungsgemäß ausgeübt.

Aus den genannten Gründen war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 f. ZPO).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen die Anordnungen der Beklagten weiter, bei der Haltung seiner Jagdhündin dafür zu sorgen, dass diese in bewohnten Gebieten einschließlich öffentlicher Wege, Straßen und Plätze an einer reißfesten Leine von nicht mehr als 1,5 m Länge mit einem schlupfsicheren Halsband nur von einer ausreichend kräftigen und zuverlässigen Person geführt wird und dass ein Verlassen des befriedeten Besitztums des Klägers unter Missachtung dieser Vorgaben ausgeschlossen ist.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die der Sache nach geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor. Weder bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.), noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; II.).

I. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Zutreffend legt das Verwaltungsgericht als Rechtsgrundlage für die von der Beklagten getroffenen Anordnungen Art. 18 Abs. 2 LStVG zugrunde, nach dem in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 LStVG zum Schutz von Leben, Gesundheit, Eigentum oder öffentlicher Reinlichkeit Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden getroffen werden können. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geht es dabei davon aus, dass der Erlass solcher Anordnungen das Bestehen einer konkreten Gefahr für eines der genannten Rechtsgüter voraussetzt (st.Rspr.; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 31.7.2014 - 10 ZB 14.688 - juris Rn. 6).

Eine solche Gefahr bejaht das Verwaltungsgericht mit der Begründung, die von jedem Hund ausgehende abstrakte Gefahr habe sich im Falle der Hündin des Klägers dadurch realisiert, dass es zu zwei vom Kläger auch eingeräumten Beißvorfällen gekommen sei. In diesem Fall bestehe aber die konkrete Gefahr weiterer solcher Vorfälle. Unerheblich sei, ob der Beißvorfall vom 14. November 2009, bei dem ein Mann, der Werbeprospekte verteilt habe, durch die nicht angeleinte Hündin des Klägers in die rechte Hand und den linken Oberschenkel gebissen worden sei, durch ein Fehlverhalten des Geschädigten mit verursacht worden sei. Fehlreaktionen von Passanten gegenüber frei umherlaufenden Hunden entsprächen der Lebenserfahrung. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die konkrete Gefahr auch nicht dadurch entfallen, dass zwischen dem letzten Beißvorfall am 3. September 2010, bei dem eine Frau, als sie die Straße betrat, von der sich dort aufhaltenden und nicht angeleinten Hündin des Klägers im Bereich des rechten Knies und Oberschenkels gebissen worden sei, und dem Erlass des die streitgegenständlichen Maßnahmen anordnenden Bescheids vom 24. Juni 2012 kein weiterer Beißvorfall aktenkundig geworden sei. Ein längerer zeitlicher Abstand zwischen einem Beißvorfall und dem sicherheitsrechtlichen Tätigwerden widerlege nicht per se die durch die vorherigen Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage. Es bestehe kein Erfahrungssatz, dass ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum hinweg unauffällig gewesen sei, dies auch bleiben werde. Tatsachen, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass von der Hündin des Klägers in Zukunft keine Gefahren mehr ausgingen, habe der Kläger nicht vorgetragen. Auch die Begutachtung durch die Amtstierärztin belege nicht, dass von der Hündin keine Gefahr mehr ausgehe. Abgesehen davon, dass die durch mehrere Beißvorfälle belegte Gefährlichkeit der Hündin keiner weiteren Überprüfung durch ein Gutachten bedürfe, stelle die Tierärztin fest, dass der Kläger auf von ihm erkannte potenzielle Gefahrensituationen nicht immer prompt reagiert habe. So habe er seine Hündin erst nach einer kurzen Weile zu sich gerufen, als sie in einen nicht eingezäunten Garten mit spielenden Kindern gelaufen sei. Die fehlende Einsichtsfähigkeit eines Hundehalters in die von seinem Hund ausgehenden Gefahren verschärfe die durch das Verhalten des Hundes indizierte Gefahr.

Der Kläger macht insoweit geltend, er habe sich an seine gegenüber der Beklagten abgegebene Erklärung vom 21. Oktober 2010 gehalten, er werde den Hund künftig an der Leine führen. Der Hund sei lediglich einige Male ohne Leine zu einem befreundeten Nachbarn über die Straße gelaufen und werde in Zukunft ohne jegliche Ausnahme an der Leine geführt. Auch der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge, der die Hündin nach seinen Angaben mehrmals unangeleint auf der Straße angetroffen habe, habe einräumen müssen, dass sich die Hündin ihm gegenüber nie aggressiv gezeigt habe und dass er jeweils davon überzeugt gewesen sei, dass sie ihm nichts tun werde. Bei dieser Sachlage könne insbesondere deshalb nicht automatisch auf eine Gefährlichkeit des Hundes geschlossen werden, weil der letzte Beißvorfall vom 3. September 2010 datiere und der Hund seitdem beanstandungsfrei geführt worden sei.

Diese Ausführungen stellen aber die das angefochtene Urteil tragende Annahme, von der Hündin des Klägers gehe eine konkrete Gefahr für die Gesundheit anderer aus, wie dies für Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG erforderlich sei, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, geht von einem Hund eine konkrete Gefahr für die Gesundheit, die Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG rechtfertigen kann, jedenfalls dann aus, wenn es wie hier in der Vergangenheit bereits zu Beißvorfällen gekommen ist. In solchen Fällen sind Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zur Abwehr einer Gefahr, die sich in der Vergangenheit bereits realisiert hat, auch nicht nur zulässig, sondern regelmäßig sogar geboten (st.Rspr.; vgl. zuletzt BayVGH, B.v.31.7.2014 - 10 ZB 14.688 - juris Rn. 9; B.v.28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 24; 10 ZB 11.1837 m. w. N.). Zu Recht geht das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass die damit angesichts der Beißvorfälle vom 14. November 2009 und 3. September 2010 von der Hündin des Klägers ausgehende konkrete Gefahr entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb entfallen ist, weil es seitdem zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen ist. Denn mangels eines Erfahrungssatzes, nach dem ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum unauffällig war, es auch in Zukunft bleiben wird, widerlegt ein längerer seit einem Beißvorfall verstrichener Zeitraum nicht per se die durch die vorherigen Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 25). Von einem Wegfall der konkreten Gefahr kann vielmehr allenfalls dann ausgegangen werden, wenn über den bloßen Zeitablauf ohne weitere Zwischenfälle hinaus Tatsachen vorliegen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden kann, dass von dem betroffenen Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2000 - 24 ZS 00.2789 - juris Rn. 10; B.v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 25).

Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht nur dann, wenn vor den Beißvorfällen bereits ein sicherheitsrechtlicher Bescheid zur Haltung der Hunde ergangen war (vgl. BayVGH, B.v.10.11.2000 - 24 ZS 00.2789 - juris, wo wie hier den einige Zeit zurückliegenden Beißvorfällen keine Anordnung nach § 18 Abs. 2 LStVG vorausgegangen war). Denn ob ein Hund, der mehrfach Personen gebissen hat, als solcher gefährlich ist und deshalb von ihm eine konkrete Gefahr ausgeht, die Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG rechtfertigen kann, hängt nicht davon ab, ob bereits Anordnungen zur Hundehaltung getroffen waren, als sich die von ihm ausgehende Gefahr durch die Beißvorfälle tatsächlich realisiert hat.

Damit hat das Verwaltungsgericht aber entgegen der Ansicht des Klägers trotz der seit den Beißvorfällen verstrichenen Zeit zu Recht eine von der Hündin des Klägers ausgehende und fortbestehende konkrete Gefahr bejaht. Denn der Kläger hat Tatsachen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden könnte, dass von seiner Hündin inzwischen keine Gefahr mehr ausgehe, nicht vorgetragen. Die Gesichtspunkte, die seiner Ansicht nach gegen eine konkrete Gefahr sprechen, rechtfertigen einen solchen Schluss jedenfalls nicht.

Insbesondere lässt sich aus der Aussage des vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen, nach der die Hündin des Klägers ihm gegenüber nie aggressiv gewesen sei, nicht sicher schließen, dass von dem Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht. Denn dass das Tier dem Zeugen gegenüber, der selbst Hundehalter ist, kein aggressives Verhalten gezeigt hat, lässt nicht den sicheren Schluss zu, dass es sich gegenüber anderen und vor allem gegenüber im Umgang mit Hunden weniger erfahrenen Personen ebenfalls nicht aggressiv verhalten wird oder dass es unter ähnlichen Umständen wie bei den Beißvorfällen in den Jahren 2009 und 2010 nicht erneut zubeißen wird.

Ebenso wenig lässt es die von der Hündin des Klägers als solcher ausgehende konkrete Gefahr entfallen, dass der Kläger das Tier künftig ausnahmslos an der Leine führen will. Die Gefahr, die von der Hündin des Klägers ausgeht, besteht darin, dass sie Menschen beißt und damit in ihrer Gesundheit beeinträchtigt, wenn sie auf öffentlichen Straßen frei umherläuft. Das Anleinen des Hundes stellt sich demgegenüber als Maßnahme zur Abwehr dieser Gefahr dar. Als Gefahrenabwehrmaßnahme, die nach Art. 18 Abs. 2 LStVG angeordnet werden kann, lässt das Anleinen des Hundes aber nicht das Vorliegen der konkreten Gefahr, deren Abwehr es dient, als Tatbestandsvoraussetzung der seiner Anordnung zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlage entfallen. Dass der Kläger seine Hündin in Zukunft ausnahmslos an der Leine führen will, wirft vielmehr die Frage auf, ob die Anordnung des Leinenzwangs deshalb rechtswidrig ist, weil sie nicht erforderlich ist und damit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.

2. Auch wenn man daher das Vorbringen des Klägers, er werde seine Hündin künftig ausnahmslos anleinen, so versteht, dass es sich gegen die Erforderlichkeit der den Gegenstand der Klage bildenden Anordnungen richtet, ergeben sich daraus keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Verwaltungsgericht geht vielmehr zu Recht davon aus, dass der Erforderlichkeit der das Anleinen des Hundes betreffenden Anordnungen der Beklagten (Nr. I.1., I.2. und I.3. des Bescheids vom 24. Juni 2012) die Zusage des Klägers, er werde seinen Hund freiwillig innerhalb bewohnter Gebiete nur noch angeleint ausführen, nicht entgegensteht. Denn dass der Kläger seine Hündin in Zukunft anleint, ohne dazu durch eine entsprechende Anordnung verpflichtet worden zu sein, ist zur Abwehr der von einem freien Umherlaufen der Hündin ausgehenden Gefahren nicht im gleichen Maß geeignet wie eine entsprechende behördliche Anordnung, die anders als die Selbstverpflichtung des Klägers mit Hilfe von Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Dies gilt umso mehr, als der Kläger bereits in einem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21. Oktober 2010 erklärt hatte, er werde seinen Hund künftig den damals beabsichtigten Anordnungen der Beklagten entsprechend an der Leine führen, er sich daran aber, wie er selbst einräumt, später nicht immer gehalten hat.

II. Die Berufung ist schließlich auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

1. Zwar macht der Kläger der Sache nach geltend, das Gericht habe seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, wenn er sinngemäß ausführt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die von ihm angebotenen Zeugen zum Anleinverhalten des Klägers nicht vernommen. Der Kläger hat den gerügten Verfahrensmangel aber nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Dass ein solcher Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist dabei nur dann erfolgreich, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem muss der Kläger darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B.v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht dargelegt.

Da der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2012 einen Beweisantrag nicht gestellt hat und damit die Aufhebung des Beweisbeschlusses vom 18. September 2012 hinsichtlich zweier von ihm benannter Zeugen durch die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2012 und 30. Oktober 2012 sowie das dem Kläger mit Schreiben vom 25. Oktober mitgeteilte Absehen von der Einvernahme zweier weiterer von ihm benannter Zeugen hat auf sich beruhen lassen, hätte er darlegen müssen, dass sich die Einvernahme der betreffenden Zeugen dem Gericht hätte aufdrängen müssen, weil es auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Dies ist jedoch nicht in den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechender Weise geschehen.

Der Kläger legt zwar dar, dass die Zeugen hätten bekunden können, dass er seine Hündin in der Regel an der Leine geführt habe und sich die gelegentlichen Ausnahmen darauf beschränkt hätten, dass der Hund unangeleint die Straße überquert habe, um zum Grundstück eines befreundeten Nachbarn zu laufen. Er legt aber nicht dar, warum dies für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich gewesen wäre und weshalb es deshalb auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung gehabt hätte.

Dies war im Übrigen auch nicht offensichtlich. Denn das Verwaltungsgericht hat die Erforderlichkeit der das Anleinen der Hündin des Klägers betreffenden Anordnungen unter anderem damit begründet, dass sich der Kläger in der Vergangenheit nicht an seine Zusage gehalten habe, seinen Hund künftig anzuleinen. Es hat diese Feststellung nicht nur auf die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen, sondern auch darauf gestützt, dass der Kläger selbst eingeräumt habe, dass seine Hündin unangeleint zum auf der anderen Straßenseite gelegenen Nachbaranwesen gelaufen sei. Wenn aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichts für die Erforderlichkeit der von der Beklagten getroffenen Anordnungen ausreichte, dass der Kläger, wie von ihm eingeräumt, seinen Hund ohne Leine über die Straße zum Nachbaranwesen laufen ließ, so bedurfte es nach dieser Rechtsauffassung nicht mehr der vom Kläger für notwendig erachteten Klärung, ob seine Hündin im Übrigen im öffentlichen Straßenraum regelmäßig an der Leine geführt worden ist.

2. Soweit der Kläger schließlich meint, es sei erforderlich gewesen, die Gefährlichkeit des Hundes konkret bewerten zu lassen, ist auch damit ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen seine Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Denn weder hat der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Beweisantrag gestellt, noch hat er dargelegt, dass sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen.

Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass es bei einer durch mehrere Beißvorfälle belegten Gefährlichkeit eines Hundes keiner weiteren Nachprüfung durch ein Gutachten bedürfe und dass ein längerer zeitlicher Abstand zwischen einem Beißvorfall und dem sicherheitsrechtlichen Tätigwerden die durch die Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage nicht per se, sondern nur dann widerlege, wenn sonstige Tatsachen vorlägen, aus denen der Schluss gezogen werden könne, dass von der Hündin keine konkrete Gefahr mehr ausgehe. Warum das Verwaltungsgericht auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen, ist dem Vorbringen des Klägers aber nicht zu entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.