Die Klägerin ist Halterin des etwa sechs Jahre alten Hundes „L.“ der Rasse Rhodesian Ridgeback mit einer Widerristhöhe von über 60 cm.
Am 14. März 2012 kam es zu einem Beißvorfall mit dem Hund der Klägerin. Anlässlich eines Spaziergangs mit der Klägerin - zusammen mit dem Collie der Mutter der Klägerin und dem Berner Sennenhund der Schwester der Klägerin - lief „L.“ auf einem außerhalb bebauter Ortschaften verlaufenden Radweg auf den angeleinten Jack-Russel-Terrier „St.“ zu und fügte ihm eine Bisswunde bei.
Nach Anhörung erließ die Beklagte am 20. April 2012 eine sicherheitsrechtliche Anordnung, mit der sie der Klägerin untersagte, ihren Hund sich außerhalb ihres Grundstückes unangeleint bewegen zu lassen (Leinenzwang), sowie ihr aufgab, den Hund außerhalb ihres Anwesens grundsätzlich an einer reißfesten, maximal 2 m langen Leine mit Hakenkarabiner zu führen und ihm ein schlupfsicheres Halsband anzulegen (Nr. 1 des Bescheids). Unter Nr. 2 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung der Nr. 1 an. Für den Fall, dass die Klägerin die in Nr. 1 genannte Verpflichtung nicht sofort erfülle, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1000.- Euro angedroht (Nr. 3). Zur Begründung des auf Art. 7 Abs. 2 i. V. m. Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützten Bescheids wurde ausgeführt, vom Hund der Klägerin gehe eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus, da nach den gegebenen Tatsachen zu befürchten sei, dass der Hund in naher Zukunft wieder Tiere verletzen oder unter Umständen Menschen Schaden zufügen werde. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anordnung für den Einzelfall zur Haltung von Hunden seien erfüllt. Der Erlass einer solchen Anordnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde. Die Beklagte halte ein Einschreiten im öffentlichen Interesse für notwendig. Der Vorfall zeige, dass der Hund der Klägerin ohne vorhersehbaren Anlass aus seiner ungebändigten Natur heraus zu einer schweren Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen werde könne, wenn er sich außerhalb des Grundstücks unangeleint aufhalte. Bei der Beißattacke am 14. März 2012 seien drei Hunde unangeleint auf einen anderen Hund zugelaufen. Aufgrund des Rudelverhaltens der Tiere sei eine konkrete Gefahr zu bejahen. Das Interesse des Halters, von sicherheitsrechtlichen Maßnahmen verschont zu bleiben, sei grundsätzlich nachrangig und müsse hinter das höherwertige Ziel des Schutzes von Menschen zurücktreten, ebenso wie der natürliche Bewegungsdrang des Tieres. Unerheblich sei zudem, ob der beteiligte unterlegene Hund den Beißvorfall mitverursacht habe. Hinzu komme, dass es nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht erforderlich sei, dass ein Hund bereits durch Beißen von Menschen oder Tieren oder durch sonstiges aggressives Verhalten auffällig geworden sei. Die Abwehr von Gefahren setze nicht voraus, dass bereits ein schädigendes Ereignis stattgefunden habe. Bei dem klägerischen Hund komme erschwerend hinzu, dass es sich um ein großes Tier handle. Sei es bereits zu einem Beißvorfall gekommen, seien Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zur Gefahrenabwehr nicht nur zulässig, sondern vielmehr geboten. Das Ermessen sei auf Null reduziert. Die Anordnung des Leinenzwangs entspreche somit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Dem Antrag der Klägerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gab das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 24. Mai 2012 insoweit statt, als angeordnet wurde, den Hund der Klägerin auch außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile anzuleinen. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2012 ließ die Klägerin Klage erheben und beantragen, den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2012 aufzuheben. Zur Begründung wurde vorgebracht, der Bescheid gehe unrichtigerweise davon aus, dass sich neben dem Hund der Klägerin auch die Hunde von deren Mutter und Schwester auf „St.“ gestürzt hätten. Auf ein Rudelverhalten könne der Bescheid nicht gestützt werden, da nur der Hund der Klägerin und „St.“ am Beißvorfall beteiligt gewesen seien. Zudem sei zu berücksichtigen, dass „St.“ unsozialisiert im Zwinger gehalten werde und äußerst aggressiv sei. Ein Beißen des Hundes der Klägerin sei unwahrscheinlich, vielmehr habe sich „St.“ nicht artgerecht verhalten, sondern versucht, sich aus dem Bissgriff des Ridgeback zu lösen. Dabei sei es wohl zu den nicht nachgewiesenen Verletzungen des Jack Russel gekommen. Die Anordnung begegne auch insoweit rechtlichen Bedenken, als der Hund der Klägerin nur noch auf dem eigenen Grundstück frei laufen dürfe. Zudem sei kein Grund zu erkennen, warum beispielsweise außerhalb von Ortschaften nicht eine längere Laufleine (z. B. mit 8 Metern) erlaubt sein solle. Auch sei nicht erkennbar, wieso eventuellen Gefahren nicht dadurch begegnet werden könne, dass der Hund (wahlweise) einen Maulkorb tragen müsse. Zudem sei die Anordnung zu unbestimmt.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und führte aus, es könne dahinstehen, ob der gebissene Hund aggressiv sei oder unsozialisiert, denn darauf komme es bei einer Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht an. Ausreichend sei, dass vom klägerischen Hund eine konkrete Gefahr ausgehe. Auch erweise sich die angeordnete Maßnahme des Leinenzwangs als erforderlich und verhältnismäßig. Ein Maulkorbzwang sei nicht angebracht, da auch gerade das hundetypische freie Zulaufen auf andere Hunde und Personen eine Gefahr darstelle, die durch einen Maulkorbzwang nicht verhindert werden könne. Der klägerische Hund sei zudem aufgrund seiner Größe und seines Gewichts immer noch in der Lage, auch mit einem Maulkorb Personen anzuspringen oder umzuwerfen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Regensburg am 14. August 2012 wurden sowohl die Halterin des gebissenen Hundes „St.“ als auch die Schwester und die Mutter der Klägerin als Zeuginnen einvernommen. Insoweit wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Mit Urteil vom 14. August 2012 wies das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg die Klage der Klägerin ab und begründete dies wie folgt: Die angeordnete Anleinpflicht sei durch Art. 18 Abs. 2 LStVG gedeckt. Vom Hund der Klägerin gehe eine konkrete Gefahr für die Unversehrtheit anderer Hunde aus. Dies habe sich aufgrund des Beißvorfalls am 14. März 2012 gezeigt. Der angeordneten Anleinpflicht stehe nicht entgegen, dass sich die Hunde bei dem Beißvorfall womöglich artgerecht verhalten hätten. Auch hundetypisches Verhalten könne eine Gefahr begründen. Der angeordnete Leinenzwang sei geeignet, die bestehende Gefahr zu mindern und sei auch nicht unverhältnismäßig. Zum einen stelle ein frei umherlaufender großer und kräftiger Hund nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits eine konkrete Gefahr i. S. d. Art. 18 Abs. 2 LStVG dar. Zum anderen habe die Sicherheitsbehörde bei der Auswahl der angeordneten Maßnahmen einen Ermessensspielraum. Der angeordnete Leinenzwang sei auch rechtmäßig, soweit er für den Außenbereich gelte und insoweit keine Ausnahmen zulasse. Denn der Beißvorfall habe gerade im Außenbereich stattgefunden. Es bestehe die Gefahr, dass es wieder zu einem Beißvorfall komme, wenn der klägerische Hund nicht stets angeleint werde, wenn er sich außerhalb des klägerischen Anwesens befinde.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat die lediglich auf eine Einschränkung des Anleinzwangs gerichtete Berufung der Klägerin mit Beschluss vom 4. Juni 2014 zugelassen, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen. Der angefochtene Bescheid lasse nämlich jegliche Ermessenserwägungen bei der Anordnung eines ausnahmslosen Anleinzwangs vermissen.
In ihrem Schriftsatz vom 10. Juli 2014 zur Begründung ihrer Berufung stellte die Klägerin nochmals klar, dass sie nicht eine vollständige Aufhebung des sicherheitsrechtlich angeordneten Leinenzwangs für ihren Hund begehre, sondern eine Einschränkung des Leinenzwangs, der einerseits dem Sicherheitsbedürfnis Dritter, aber andererseits auch dem artgerechten Bewegungsbedürfnis ihres Hundes und der ihr obliegenden Verpflichtung als Halterin, für eine artgerechte Bewegung ihres Tieres Sorge zu tragen, entgegenkomme und die gegenläufigen Belange abwäge und angemessen berücksichtige. Soweit der angefochtene Bescheid außerhalb ihres Grundstücks einen ausnahmslosen Anleinzwang für ihren Hund anordne, liege eine nicht notwendige und unverhältnismäßige Einschränkung der artgemäßen Bewegung für den Hund vor, die sowohl die Rechte der Klägerin als Hundehalterin als auch die Belange ihres Hundes in unvertretbarer, rechtswidriger Weise beeinträchtige. Der ausnahmslose Leinenzwang, der sich ausweislich des Wortlauts der Anordnung auch auf Hundeschulen und -pensionen sowie auf eingefriedete und gesicherte Grundstücke bzw. Privatgrundstücke, die einem öffentlichen Verkehr nicht zugänglich seien, beziehe, sei rechtswidrig, da mildere Mittel erkennbar seien, die zum gleichen Ergebnis führten. Ohne dass Dritten Gefahr drohe, könnte vom Leinenzwang abgesehen werden, wenn sich der Hund in Bereichen außerhalb von Ortschaften auf öffentlichen Wegen oder Straßen befinde und durch die Klägerin oder eine andere Person beaufsichtigt werde und sich weder Menschen noch Tiere näherten noch sonstige Gefahrensituationen vorlägen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. August 2012 den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2012 insoweit aufzuheben, als dieser einen Leinenzwang auch für die Bereiche außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile enthalte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Für die Beklagte habe aufgrund des konkreten Vorfalls kein Grund zur Ausübung eines Auswahlermessens bestanden, da ohnehin eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege. Der unbeschränkte Leinenzwang sei die einzige ermessensgerechte Entscheidung gewesen. Auch wenn Art. 18 Abs. 2 LStVG grundsätzlich ein Ermessen einräume, könne sich im Rahmen der Gefahrenprognose ergeben, dass nur eine Maßnahme effektiv die Gefahren beseitigen könne. Dabei sei einerseits der auslösende Vorfall zu beachten, aber auch der Gesichtspunkt, dass es sich bei den nach Art. 18 Abs. 1 LStVG geschützten Rechtsgütern grundsätzlich um höherrangige Interessen als die Bewegungsfreiheit des Hundes handle. Da es sich um einen großen Hund handle, der bereits zuvor einmal eine Katze gebissen habe, ergebe sich innerorts allein daraus eine Ermessensreduzierung auf Null. Aber auch außerhalb der Ortschaft gewähre allein der Leinenzwang eine sichere Vermeidung von Gefahren. Der Hund könne, wenn er frei umherlaufe, in gleicher Weise wie innerhalb des Ortes in Kontakt mit dritten Personen kommen. Diese Gefahr lasse sich ausschließlich mit einer Leine verhindern. Selbst mit einem Maulkorb könne der Hund immer noch Dritte verfolgen. Dies könne zu Panikreaktionen führen und damit mittelbar auch zu Verletzungen. Zudem könne sich der Hund ohne Leinenzwang grundsätzlich unbeschränkt entfernen. Dies zeige sich gerade in dem konkreten Vorfall und dem damaligen typischen Rudelverhalten des Hundes. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig. Es sei Aufgabe des Hundehalters, für den nötigen Auslauf auf einem ausreichend großen Privatgrundstück zu sorgen. Ein milderes Mittel als die Anordnung des Leinenzwangs sei bei einem bissigen Hund nicht ersichtlich. Zudem stelle der Leinenzwang nur einen geringen Eingriff dar, denn der Bescheid gelte ohnehin nicht für Privatgrundstücke oder Hundesportplätze, so dass ausreichend Möglichkeit zur Bewegung des Hundes bestehe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenunterlagen ebenso Bezug genommen wie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Senats am 24. November 2014, in der der Beklagtenvertreter klargestellt hat, dass die Anordnung des Leinenzwangs im streitgegenständlichen Bescheid nicht für ausreichend umfriedete Privatgrundstücke und Hundesport- und Hundetrainingsplätze gelte.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2012 ist, soweit er noch Gegenstand der Anfechtungsklage der Klägerin ist, aufzuheben, weil er rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der angegriffenen Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 des Landesstraf- und -Verordnungsgesetzes (LStVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982 (BayRS 2011-2-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2013 (GVBl S. 403) vor (dazu 1.). Jedoch leidet der angegriffene Verwaltungsakt an einem Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) (dazu 2.).
Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist gemäß dem nach § 88 VwGO ermittelten Klagebegehren, das auch in dem durch die Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten, allein maßgeblichen Klageantrag (s. § 103 Abs. 3 VwGO) zum Ausdruck kommt, nur noch die auf Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützte und vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil für rechtmäßig erachtete Anordnung (Leinenzwang) in Nr. 1 des Bescheids, soweit sich diese auf Bereiche außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile bezieht. Die Klägerin konnte ihre Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) insoweit gegenständlich beschränken, weil die betroffene sicherheitsbehördliche Anordnung (Verwaltungsakt i. S. d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) entsprechend teilbar ist (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 88 Rn. 11 sowie Schmidt, a. a. O., § 113 Rn. 9). Die räumliche Beschränkung und damit Teilaufhebung des fehlerhaften Teils dieser Anordnung in Nr. 1 des Bescheids - Leinenzwang außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile - ist rechtlich zulässig, weil dieser (aufzuhebende) Teil mit dem verbleibenden Teil der Anordnung (des Verwaltungsakts) nicht in einem untrennbaren Zusammenhang steht und auch die durch die Beklagte getroffene (einheitliche) Ermessensentscheidung dem nicht entgegensteht. Vielmehr kann der verbleibende Teil - Leinenzwang innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile - ohne weiteres selbstständig bestehen. Er erlangt durch die Teilaufhebung auch keine andere Bedeutung, als ihm nach der Entscheidung der Beklagten als Sicherheitsbehörde ursprünglich zukam (vgl. Schmidt, a. a. O., Rn. 9). Damit ist Streitgegenstand, ob die Beklagte der Klägerin untersagen durfte, ihren Hund im Bereich außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile sich unangeleint bewegen zu lassen (Leinenzwang), ihn dort grundsätzlich an einer reißfesten, maximal 2 m langen Leine mit Hakenkarabiner zu führen und ihm ein schlupfsicheres Halsband anzulegen.
1. Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine sicherheitsrechtliche Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG gegeben. Danach können Gemeinden zum Schutz bestimmter in Abs. 1 genannter Rechtsgüter Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen. In Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG sind als Rechtsgüter Leben, Gesundheit, Eigentum oder die öffentliche Reinlichkeit genannt. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG vor, steht der Erlass einer Anordnung im Ermessen der Behörde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. BayVGH v. 12.5.2014 -10 B 12.2084 - juris Rn. 35 m. w. N.), darf eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nur erlassen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die betreffenden Schutzgüter vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Ob bei einer erforderlichen Gefahrenprognose dabei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen ist, hier also auf den 20. April 2012 (vgl. BayVGH v. 29.8.2001 - 24 ZS 01.1967 - juris) oder ob es sich bei der betreffenden sicherheitsbehördlichen Anordnung (Untersagungsverfügung) um einen Dauerverwaltungsakt handelt, für dessen gerichtliche Überprüfung auch hinsichtlich der Gefahrenprognose der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist - wofür mit Blick auf Art. 8 Abs. 3 LStVG erwägenswerte Gründe sprechen - (offen gelassen BayVGH, B. v. 13.1.2012 - 10 CS 11.2379 - juris Rn. 29; für tierschutzrechtliche Anordnungen vgl. BVerwG, B. v. 9.7.2013 - 3 B 100/12 - juris Rn. 6; für Anordnungen zum Leinen- und Maulkorbzwang vgl. OVG NRW, B. v. 30.4.2004 - 5 A 1890/03 -juris Rn. 24), kann aber dahinstehen, denn der Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 LStVG ist in beiden Zeitpunkten erfüllt.
1.1. Im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids vom August 2012 lag nach Auffassung des Senats eine vom klägerischen Hund „L.“ ausgehende konkrete Gefahr jedenfalls für das Schutzgut Eigentum (an anderen Hunden) vor.
Aus dem Bescheid selbst ergibt sich allerdings nicht hinreichend klar, worin die Beklagte diese konkrete Gefahr sieht. Sie führt zwar zunächst aus, dass zu befürchten sei, „L.“ werde in naher Zukunft wieder Tiere verletzen oder unter Umständen Menschen Schaden zufügen. In der weiteren Begründung ist dann jedoch mehrfach davon die Rede, dass „L.“ eine „schwere Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen“ sei. Eine solche Gefahr lässt sich aber nicht ohne Weiteres aus dem Beißvorfall vom 14. März 2012 herleiten, der Anlass für die Anordnung war. Damals hat der klägerische Hund auf einem Radweg in der freien Natur einen wesentlich kleineren Jack-Russel-Terrier angegriffen und verletzt. Menschen kamen dabei aber nicht zu Schaden. Auch anschließend bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids im August 2012 sind keine Vorfälle bekannt, bei denen „L.“ Menschen bedroht, angegriffen oder gar verletzt hätte.
Ob sich zudem, wie im Bescheid angenommen wurde, eine konkrete Gefahr aufgrund eines Rudelverhaltens der am Tag des Vorfalls anwesenden drei Hunde, nämlich dem klägerischen Hund, dem Hund der Mutter der Klägerin und dem Hund der Schwester der Klägerin, bejahen lässt, ist zweifelhaft. Zwar befanden sich alle drei Hunde in unmittelbarer Nähe des gebissenen Hundes, jedoch steht nicht fest, dass sich alle drei Hunde gemeinsam auf das Opfer gestürzt hätten. Insoweit hat auch die Einvernahme der Zeuginnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 24. November 2014 keine eindeutige Klärung erbracht. Gebissen hat jedenfalls nur der klägerische Hund, was nach Aussage aller Beteiligten feststeht.
Die Beklagte geht in ihrem Bescheid vom April 2012 im Ansatz zutreffend davon aus, dass von Hunden ausgehende Gefahren auch auf einem hundetypischen, artgerechten Verhalten beruhen können und dass der Hund der Klägerin ein großes Tier sei, das in der Lage sei, Mensch und Tier erhebliche Verletzungen zuzufügen. Der klägerische Rhodesian Ridgeback ist nämlich bereits von seiner Größe (Widerristhöhe über 60 cm) und seinem Gewicht (über 30 kg) her ein großer und kräftiger Hund, der anderen Tieren (und Menschen) allein aufgrund seines Körperbaus Angst einflössen und anlässlich eines Beißvorfalls erhebliche Schäden zufügen kann, wenngleich er vom Charakter her keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit aufweist (vgl. „Rhodesian Ridgeback“ bei Wikipedia). Insoweit nimmt die Beklagte offensichtlich Bezug auf die Rechtsprechung des Senats, der bereits mehrfach (vgl. grundlegend U. v. 9.11.2010 - 10 BV 06.3053 - juris Rn. 25) die Auffassung vertreten hat, dass von großen Hunden, die frei herumlaufen, eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgehe. Dies gilt allerdings im Regelfall nur für öffentliche Straßen und Wege mit relevantem Publikumsverkehr. Ob hier ausnahmsweise auch für den Außenbereich angenommen werden kann, dass der klägerische Hund, obwohl er noch nie einen Menschen verletzt oder angegriffen hat, allein wegen seiner Größe und des Beißvorfalls mit dem Hund eine konkrete Gefahr auch für das Schutzgut Gesundheit darstellt, kann letztlich offen bleiben.
Ungeachtet der womöglich unrichtigen Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Beklagten getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose nicht nur in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U. v. 15.3.2005 - 24 BV 04.2755 - juris Rn. 22), sondern es ist im gerichtlichen Verfahren auch von Amts wegen zu prüfen, ob vom betreffenden Hund eine konkrete Gefahr i. S. v. Art. 18 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 LStVG ausgeht. Lagen demnach im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten Tatsachen vor, die eine von der Beklagten getroffene Gefahrenprognose hinreichend stützen, sind die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG gegeben, auch wenn die anordnende Behörde die Gefahrenprognose missverständlich oder fehlerhaft begründet hat.
So steht im vorliegenden Fall fest, dass der klägerische Hund „L.“ in einen Beißvorfall verwickelt war, bei dem er einen wesentlich kleineren Jack-Russel-Terrier auf einem Radweg außerhalb bebauter Bereiche angegriffen und gebissen hat. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr bestrittene Beißvorfall zeigt, dass ihr Hund durchaus über ein gewisses Aggressionspotential verfügt und damit die Gefahr besteht, dass er sich in einer ähnlichen Situation erneut auf einen anderen Hund stürzen könnte. Dass der Jack-Russel möglicherweise selbst ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das nicht artgerecht ist, und er aufgrund seiner aus einer Zwingerhaltung resultierenden nicht sozialisierten Wesensart den Vorfall womöglich provoziert hat, spielt dabei keine Rolle. Ausreichend ist, dass „L.“ das Eigentum von Menschen, hier den gebissenen Hund, verletzt hat und damit eine konkrete Gefahr für ein in Art. 18 Abs. 1 LStVG genanntes Schutzgut darstellt.
1.2. Auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, also dem 24. November 2014, ist von einer weiter vom klägerischen Hund ausgehenden konkreten Gefahr für ein solches Schutzgut auszugehen. Zwar hat „L.“, soweit dem Senat bekannt ist, kein weiteres Tier mehr gebissen oder angegriffen. Dies mag auch daher rühren, dass er seit dem Erlass des Bescheides im August 2012 an der Leine geführt wird. Dennoch ist die vom Hund der Klägerin ausgehende konkrete Gefahr nicht deshalb entfallen, weil es seitdem zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen ist. Denn mangels eines Erfahrungssatzes, nach dem ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum unauffällig war, es auch in Zukunft bleiben wird, widerlegt ein längerer seit einem Beißvorfall verstrichener Zeitraum nicht per se die durch den vorherigen Beißvorfall indizierte Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B. v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 25). Von einem Wegfall der konkreten Gefahr kann vielmehr allenfalls dann ausgegangen werden, wenn über den bloßen Zeitablauf ohne weitere Zwischenfälle hinaus Tatsachen vorliegen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden kann, dass von dem betroffenen Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht (vgl. BayVGH, B. v. 25.8.2014 - juris Rn. 8; B. v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 25). Solche konkreten Tatsachen sind im vorliegenden Falle aber nicht ersichtlich.
2. Die Anordnung Nr. 1 im noch streitbefangenen Umfang erweist sich aber deshalb als rechtswidrig, weil sie ermessensfehlerhaft ist (Art. 40 BayVwVfG). Dies trifft sowohl auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids zu (dazu 2.1.) als auch auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (dazu 2.2.), denn eine ausreichende Ermessensergänzung des Verwaltungsakts ist auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO erfolgt.
2.1. Der Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden nach Art. 18 Abs. 2 LStVG liegt im Ermessen der Behörde. Die von dieser zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Erschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG).
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids, also am 20. April 2012, hat die Beklagte zwar gesehen, dass ihr ein Ermessen dahingehend zusteht, ob sie Anordnungen hinsichtlich der Haltung des Hundes der Klägerin erlassen will und hat ein Einschreiten im öffentlichen Interesse ausdrücklich für notwendig gehalten. Allerdings ist sie dabei davon ausgegangen, dass vom klägerischen Hund eine schwere Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen ausgeht, wenn er sich außerhalb des klägerischen Grundstücks unangeleint aufhält. „L.“ hat aber bislang nie Anlass dafür gegeben, bei ihm von einer derart schweren Gefahr für diese Schutzgüter auszugehen. Zwar steht fest, dass er den Jack-Russel „St.“ beim streitgegenständlichen Beißvorfall verletzt hat, jedoch sind sonstige Beißattacken nicht nachweislich bekannt. Dass „L.“ schon einmal eine Katze gebissen hat, wird zwar behauptet, steht aber nicht eindeutig fest. Schon gar nicht hat er Menschen angegriffen und verletzt. Auch wenn die Beklagte davon ausgeht, dass der klägerische Hund eine Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen darstellen könne, hat auch sie nicht behauptet, ein Mensch sei von diesem Hund jemals verletzt oder auch nur sonst angegangen worden. Damit ist aber bereits fraglich, ob die Beklagte ihr Ermessen, ob sie gegen die Hundehalterin einschreiten will, ordnungsgemäß ausgeübt hat. Denn dies ist nur dann der Fall, wenn sie ihren Ermessenserwägungen Tatsachen zugrunde legt, die auch zutreffen.
Verfehlt ist überdies die rechtliche Bewertung der Beklagten, ein Einschreiten sei (zwingend) geboten, weshalb es für die Frage, ob Anordnungen überhaupt getroffen werden, keiner Ermessenserwägungen mehr bedürfe. Die Annahme der Beklagten im angefochtenen Bescheid, Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zur Abwehr der realisierten Gefahr seien dann, wenn es bereits zu einem Beißvorfall gekommen sei, nicht nur zulässig, sondern vielmehr geboten, trifft in der Form hier nicht zu. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind zwar in Fällen, in denen es in der Vergangenheit bereits zu Beißvorfällen mit Verletzungen der Gesundheit von Menschen gekommen ist, Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht nur zulässig, sondern regelmäßig sogar geboten (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 25.8.2014 -10 ZB 12.2673 - juris Rn. 8). Die Argumentation der Beklagten, bei Gefährdung von Leben und Gesundheit sei das Ermessen „auf Null“ reduziert mit der Folge, dass geeignete Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr ergriffen werden müssten, ist gleichwohl hier verfehlt. Gerade dies liegt im vorliegenden Fall nämlich nicht vor, da Leben und Gesundheit von Menschen vom klägerischen Hund niemals gefährdet waren.
Selbst wenn man unter Hintanstellung aller Bedenken davon ausgeht, dass die Beklagte ihr Ermessen, ob sie Anordnungen hinsichtlich der Haltung des Hundes der Klägerin erlassen will, ermessensfehlerfrei ausgeübt hat, fehlt es jedenfalls an ausreichenden und nachvollziehbaren Ermessenserwägungen dahingehend, welche Maßnahmen geeignet und erforderlich waren und warum diese der Klägerin auch zumutbar waren (Art. 8 LStVG). Zu den im Bescheidstenor angeordneten Maßnahmen, nämlich Leinenzwang außerhalb des Grundstücks der Klägerin, Führen an einer reißfesten, maximal 2 Meter langen Leine mit Hakenkarabiner und Anlegen eines schlupfsicheren Halsbands enthalten die Bescheidsgründe keinerlei Ausführungen. Schon gar nicht unterscheidet die Beklagte zwischen einem Anleinzwang im Bereich bebauter Ortsteile und in Bereichen außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile. Sie führt im Bescheid zwar aus, dass der Erlass von Anordnungen im pflichtgemäßen Ermessen stehe und dass ein Einschreiten im öffentlichen Interesse notwendig sei, verliert zu den einzelnen Maßnahmen aber kein Wort. Mit dem Einzelfall der Klägerin befasst sie sich überhaupt nicht und kommt letztendlich ohne nähere Begründung zum Ergebnis, „die Anordnung hinsichtlich des Leinenzwangs entspricht somit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“. Eine Abwägung zwischen den Belangen der Klägerin und den öffentlichen Interessen findet nicht statt. Das Interesse des Halters, von sicherheitsrechtlichen Maßnahmen verschont zu bleiben, wird lediglich insofern erwähnt, als nach Auffassung der Beklagten dieses grundsätzlich nachrangig sei und regelmäßig hinter das höherwertige Ziel des Schutzes von Menschen zurücktreten müsse. Wie oben bereits dargelegt, ist im Bescheid aber weder dargelegt noch sonst ersichtlich, inwiefern das Schutzziel der Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen im vorliegenden Fall überhaupt tangiert sein soll, da der klägerische Hund bislang keine anderen Personen angegriffen oder gar verletzt hat. Eine fehlerfreie Ermessensausübung ist aber schon vom Ansatz her nur dann möglich, wenn ein zutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt und konkret herausgearbeitet wird, welche Gefahr vom streitgegenständlichen Hund ausgeht und ob diese Gefahr auch mit dem streitgegenständlichen Bescheid bekämpft werden soll und kann und zudem in welcher Weise.
So ist jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob eine derart gravierende Anordnung wie ein zeitlich und räumlich unbeschränkter Leinenzwang tatsächlich erforderlich ist, um dem in Zukunft zu befürchtenden Schadenseintritt zu begegnen oder ob andere weniger beeinträchtigende Maßnahmen ausreichen. Diese Pflicht entfällt auch nicht deshalb, weil der klägerische Hund ein großer Hund mit einem allen großen Hunden immanenten Gefahrenpotential ist (vgl. oben S. 10). Für Bereiche außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile geht der Senat nämlich in der Regel davon aus, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dann verletzt und demgemäß das Ermessen dann fehlerhaft ausgeübt ist, wenn generell für das gesamte Gemeindegebiet eine Anleinpflicht angeordnet wird (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2001 - 24 N 00.1638 - juris Rn. 25). Dies gilt auch für große Hunde. Alternativen zum Leinenzwang werden von der Beklagten aber gar nicht aufgezeigt. Die Beklagte legt auch nicht ansatzweise dar, wieso im vorliegenden Fall die in vergleichbaren Fällen übliche Anordnung, nämlich bei ansonsten freiem Auslauf außerhalb bewohnter Gebiete den Hund unverzüglich an die Leine zu legen, wenn sich Menschen oder andere Tiere nähern oder eine sonstige Situation dies aus Sicherheitsgründen erfordert, verfügt wurde. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der klägerische Hund gerade im Außenbereich einen anderen Hund gebissen hat und deshalb womöglich auch für diesen Bereich Anordnungen zur Hundehaltung erforderlich sind, fehlt es an jeglicher Auseinandersetzung mit der Art und Weise dieser Anordnungen. Denn außer einem zeitlich und örtlich nicht beschränkten Leinenzwang sind auch andere Anordnungen denkbar, die ein Beißen verhindern können, aber dem natürlichen Bewegungsdrang des Hundes mehr Raum lassen und deshalb einer artgerechteren Haltung dienen. Zieht man in Erwägung, dass der klägerische Hund zwar einen anderen Hund gebissen, ansonsten aber bisher weder für Menschen eine Gefahr dargestellt und weder Personen verletzt noch angesprungen hat, könnte beispielsweise auch eine längere Laufleine, die dem Hund mehr Bewegungsfreiheit eröffnet, oder das Anlegen eines Maulkorbs zur Gefahrenabwehr in Betracht kommen. Dass der uneingeschränkte Leinenzwang die einzig mögliche Maßnahme war, um zu verhindern, dass der klägerische Hund erneut einen anderen Hund beißt, wird auch im angefochtenen Bescheid weder behauptet geschweige denn hinreichend dargelegt.
2.2. Die Beklagte hat ihre Ermessenserwägungen auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechend (§ 114 Satz 2 VwGO) ergänzt, so dass sich der Bescheid auch dann, wenn zur Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit auf den jetzigen Zeitpunkt abzustellen wäre, nicht als ermessensfehlerfrei erweist.
Ungeachtet der Frage, ob der angefochtene Bescheid im Hinblick auf das Auswahlermessen überhaupt Ermessenserwägungen beinhaltet, die gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt werden können, und der Frage, ob hier ein Fall gegeben ist, in dem auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Ermessensentscheidung nachgeholt werden kann und erstmals Ermessenserwägungen angestellt werden dürfen (vgl. dazu BVerwG, U. v. 3.8.2004 - 1 C 30/02 - juris Rn. 31; BVerwG, U. v. 5.9.2006 - 1 C 20/09 - juris Rn. 22), hat die Beklagte jedenfalls ihr Ermessen auch nachträglich nicht ordnungsgemäß ausgeübt bzw. ergänzt. Weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren wurden durch die Beklagte am Zweck der Ermächtigung orientierte und den Einzelfall in den Blick nehmende Ermessenserwägungen angestellt. Vielmehr hat sie in ihrem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 7. August 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für sie kein Grund zur Ausübung eines Auswahlermessens bestanden habe, da insoweit eine Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen habe. Der unbeschränkte Leinenzwang sei die einzige ermessensgerechte Entscheidung gewesen. Auch in der mündlichen Verhandlung des Senats am 24. November 2014, in der die Beklagte im Rechtsgespräch darauf hingewiesen worden ist, dass ein Leinenzwang ohne jede Einschränkung wohl mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kaum vereinbar sei und ein intendiertes Ermessen oder eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich des Auswahlermessens wohl nicht in Betracht komme, hat die Beklagte keine ermessensergänzenden Ausführungen mehr gemacht.
Aus den genannten Gründen war der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 f. ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.