Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2019 - 9 ZB 18.32718

bei uns veröffentlicht am03.04.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 4 K 18.30317, 22.08.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht gemäß Art. 103 Abs. 1 GG sichert den Beteiligten im gerichtlichen Verfahren ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es ist aber nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens vorgebracht worden sind. Nur wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfG, B.v. 30.6.2015 - 2 BvR 433/15 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 31.8.2018 - 9 ZB 18.3220 - juris Rn. 6).

Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung das Vorbringen des Klägers zu seiner mehrmaligen Befragung durch Abgesandte des internationalen Gerichtshofs und zur fehlenden Hilfe durch die Polizei in seiner Komplexität überhaupt nicht bewertet. Damit wendet sich das Zulassungsvorbringen im Gewand einer Gehörsrüge gegen die Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, womit jedoch kein im Asylverfahrensrecht vorgesehener Zulassungsgrund angesprochen wird (vgl. BayVGH, B.v. 9.10.2018 - 9 ZB 16.36738 - juris Rn. 6 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils diesen Vortrag des Klägers zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Es hat diese Umstände aber - anders als der Kläger - dahin gewürdigt, dass nicht nachvollziehbar sei, dass der Kläger so lange Zeit nach Ende des Bürgerkriegs noch von ehemaligen Mitgliedern der Rebellen getötet werden solle und sich im Jahre 2016 nicht an die Polizei habe wenden können. Hieraus ergibt sich kein Gehörsverstoß. Denn der Gehörsanspruch verpflichtet das Gericht weder dazu, die Beweiswürdigung des Klägers zugrunde zu legen, noch kann aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung des Gerichts auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2018 - 9 ZB 18.32734 - juris Rn. 8 m.w.N.).

2. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör ergibt sich auch aus dem Zulassungsvorbringen nicht, das Verwaltungsgericht wäre im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes verpflichtet gewesen, die Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Zeugenaussagen, der Verurteilung des RUF Rebellen und die Tatsache, dass er dadurch in den Fokus der Öffentlichkeit geraten sei, durch eine Beweiserhebung zu verifizieren. Eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht statuiert Art. 103 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfG, B.v. 5.3.2018 - 1 BvR 1011/17 - juris Rn. 16). Insbesondere gibt Art. 103 Abs. 1 GG den am Prozess Beteiligten keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus Beweis erhebt (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2018 - 9 ZB 16.30193 - juris Rn. 15 m.w.N.). Aufklärungspflichten, die über die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen hinausgehen, sich zu dem der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt zu äußern, sind, auch wenn sie im einfachen Prozessrecht verankert sind, nicht von der Schutzwirkung des Rechts auf Gehör umfasst (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2018 - 9 ZB 18.32680 - juris Rn. 16). Einen entsprechenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger nicht gestellt. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretender Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 20.12 - juris Rn. 6 m.w.N.). Dass sich dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen, wird im Zulassungsantrag nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

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Tenor Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2015 - 67 S 130/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 30. Juni 2015 - 2 BvR 433/15

bei uns veröffentlicht am 30.06.2015

Tenor Der Beschluss des Landgerichts Amberg vom 9. Februar 2015 - 11 Qs 5/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben, und

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(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Amberg vom 9. Februar 2015 - 11 Qs 5/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben, und die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer betreibt einen Blog. Gegen ihn werden verschiedene Ermittlungsverfahren geführt, unter anderem wegen Beleidigung Dritter in seinen Blogeinträgen und der Veröffentlichung von Teilen der Ermittlungsakten aus den vorgenannten Ermittlungsverfahren.

2

1. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2014 ordnete das Amtsgericht die Durchsuchung der Wohnräume des Beschwerdeführers an. Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, auf den von ihm betriebenen Blogs wesentliche Auszüge aus den Ermittlungsakten der gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren veröffentlicht zu haben, deren Inhalte noch nicht in öffentlicher Verhandlung erörtert wurden, und sich dadurch gemäß § 353d Nr. 3 StGB strafbar gemacht zu haben.

3

2. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein und trug vor, er habe lediglich kleine Ausschnitte aus der Ermittlungsakte veröffentlicht, was keine Straftat, sondern die Ausübung seiner durch Art. 5 GG und Art. 10 EMRK geschützten Meinungsfreiheit sei. Dass der Beschluss sein Recht auf freie Meinungsäußerung verletze, ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, insbesondere aus den Entscheidungen Pinto Coelho v. Portugal, Urteil vom 28. Juni 2011, Nr. 28439/08; Affaire Ressiot et autres c. France, Urteil vom 28. Juni 2012, Nr. 15054/07 und 15066/07 sowie Affaire Martin et autres c. France, Urteil vom 12. April 2012, Nr. 30002/08.

4

3. Mit angegriffenem Beschluss vom 9. Februar 2015 wies das Landgericht die als Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Landgerichts vom 18. September 2014 ausgelegte "Ergänzung der Beschwerde" zurück und verwarf die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts vom 17. Dezember 2014 als unbegründet, ohne dabei auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte einzugehen.

5

4. Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Landgericht zurück.

6

5. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer insbesondere einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör.

7

6. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat zum Verfahren Stellung genommen.

II.

8

1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss vom 17. Dezember 2014 richtet, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, da dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 96, 44 <51>; 115, 166 <197>). Die diesbezügliche Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

9

a) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 11, 218 <220>; 72, 119 <121>; stRspr). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen jedoch nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 47, 182 <189>; 86, 133 <145 f.>).

10

b) Das Landgericht hat sich in den Gründen seines Beschlusses mit der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), insbesondere mit der vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Art. 10 EMRK nicht weiter auseinandergesetzt, obwohl dies im Vorbringen des Beschwerdeführers zentral war und auch materiell eine Auseinandersetzung mit Art. 10 EMRK nahe lag. Es ist daher - ohne dass daraus folgt, dass das Landgericht der Beschwerde des Beschwerdeführers hätte stattgeben müssen - in der Sache von einer Nichtberücksichtigung des Vorbringens durch das Landgericht auszugehen.

11

c) Hinsichtlich der weiteren gerügten Verfassungsverstöße ist die Verfassungsbeschwerde unsubstantiiert.

12

d) Der Beschluss des Landgerichts Amberg ist im tenorierten Umfang aufzuheben; insoweit ist die Sache an das Landgericht Amberg zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

13

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung der Gegenvorstellung richtet, wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93a, § 93b Satz 1 BVerfGG), weil sie unzulässig ist. Die angegriffene Gegenvorstellung ist kein tauglicher Gegenstand der Verfassungsbeschwerde.

14

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

15

4. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt sich mit der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde.

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Abs. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung außer Acht gelassen, dass der Kläger eine landesweit bekannte Persönlichkeit sei und habe sich nur auf das Vorhandensein der Polizei beschränkt, führt auf keinen Gehörsverstoß hin.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das Vorbringen der Beteiligten, wie es Art. 103 Abs. 1 GG vorschreibt, zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist daher nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, B.v. 4.6.2018 - 1 B 31.18 - juris Rn. 7 m.w.N.). Solche Anhaltspunkte bestehen hier nicht.

1. Ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils hat das Verwaltungsgericht den Vortrag des Klägers zur Kenntnis genommen, dieser sei für die Nationalmannschaft gelaufen, habe einen anderen Sportler verletzt, der deswegen eine Gruppe dafür bezahlt habe, den Kläger fertigzumachen und auch wenn die Polizei sich bemüht habe, den Kläger zu schützen, sei nicht davon auszugehen, dass er den erforderlichen Schutz dauerhaft erlangen könne (vgl. Rn. 3 und Rn. 8 d. UA).

2. Ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils hat das Verwaltungsgericht den Vortrag des Klägers auch in Erwägung gezogen.

Ergänzend zur gemäß § 77 Abs. 2 AsylG in Bezug genommenen Begründung des Bundesamtsbescheids vom 7. Mai 2018 führt das Verwaltungsgericht einleuchtend aus, es sei dem Kläger zuzumuten sich im Fall einer tatsächlichen Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure an die Sicherheitsbehörden zu wenden. Denn der Kläger habe selbst vorgetragen, dass die Polizei sofort nach dem Überfall durch die Gruppe gekommen sei und einige Mitglieder dieser Gruppe verhaftet habe (Rn. 21 d. UA). Aus der Würdigung des Klägervortrags durch das Verwaltungsgericht, wonach der Staat im konkreten Fall schutzbereit und auch schutzfähig ist, ergibt sich kein Verstoß gegen das rechtliche Gehör.

Die eingewandte Exponiertheit des Klägers hat das Verwaltungsgericht in den Blick genommen und nicht etwa außer Acht gelassen. Es hat diesen Umstand aber - anders als der Kläger - dahin gewürdigt, dass der Staat und die Polizei alles tun würden, um den Kläger, einen bekannten Sportler Sierra Leones, vor Bedrohungen und Verletzungen zu schützen (Rn. 21 d. UA). Auch hieraus ergibt sich kein Gehörsverstoß. Denn der Gehörsanspruch verpflichtet das Gericht weder dazu, die Beweiswürdigung des Klägers zugrunde zu legen, noch kann aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung des Gerichts auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.2017 - 1 VR 10.17 - juris Rn. 8; B.v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2015 - 67 S 130/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben und die Sache an eine andere Zivilkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen. Der Beschluss des Landgerichts vom 15. September 2015 - 67 S 130/15 - wird damit gegenstandslos.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Berlin hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft zivilgerichtliche Entscheidungen, die ein Mieterhöhungsbegehren nach Modernisierung der Mietwohnung zum Gegenstand haben.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses in Berlin-Mitte. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist Mieterin einer in dem Haus gelegenen Wohnung und wurde in einem Vorprozess zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen verurteilt. Daraufhin schlossen die Parteien am 3./6. September 2010 eine Modernisierungsvereinbarung, woraufhin die Klägerin ihre zunächst eingelegte Berufung zurücknahm. Die Arbeiten wurden in der Folgezeit durchgeführt und spätestens am 28. Oktober 2010 beendet. Im unmittelbaren Anschluss daran verlangte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2010 unter Bezugnahme auf sechs im selben Anwesen liegende Vergleichswohnungen die Zustimmung der Klägerin zu einer Erhöhung der monatlichen Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB). Dabei legte sie die Ausstattung der Wohnung im modernisierten Zustand zugrunde. Die Klägerin stimmte dem Erhöhungsverlangen zu und zahlte ab November 2010 die um 37,32 € erhöhte Miete.

3

Etwa zehn Monate später machte die Beschwerdeführerin beginnend ab Mai 2012 eine Modernisierungsmieterhöhung (§ 559 Abs. 1 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis 30. April 2013 gültigen Fassung, im Folgenden: a.F.) um monatlich 116,53 € geltend. Dem widersprach die Klägerin. Die Beschwerdeführerin reduzierte daraufhin den Betrag auf 79,21 €, so dass die bereits erfolgte Mieterhöhung nach § 558 BGB und die zuletzt begehrte Modernisierungsmieterhöhung zusammen einen Betrag von 116,53 € ausmachten. Die Klägerin zahlte die erhöhte Miete nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Den bis Juli 2014 vorbehaltlich gezahlten Erhöhungsbetrag von 2.138,67 € (für 27 Monate) forderte sie in dem der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Ausgangsverfahren zurück. Außerdem beantragte sie festzustellen, dass sie der Beschwerdeführerin keinen "Modernisierungszuschlag" schulde.

4

Durch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenem Urteil vom 10. März 2015 gab das Amtsgericht dem Zahlungsantrag statt und wies die Feststellungsklage ab. Es sei zwar zulässig, kumulativ nach § 558 und § 559 BGB vorzugehen. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Modernisierung doppelt berücksichtigt werde. Eine Modernisierungsmieterhöhung sei daher vorliegend ausgeschlossen, weil bereits zuvor auf der Grundlage des modernisierten Zustands eine Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt worden sei. Der Klägerin stehe daher der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch zu. Ihre Feststellungsklage sei dagegen unzulässig, weil kein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO bestehe.

5

Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten beide Parteien Berufung ein. Mit angegriffenem Urteil vom 16. Juli 2015 gab das Landgericht unter Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin auch dem Feststellungsantrag der Klägerin und damit der Klage insgesamt statt.

6

Das Mieterhöhungsschreiben vom 29. Oktober 2010 sei aus Sicht eines verständigen Mieters so zu verstehen, dass die Beschwerdeführerin sämtliche aus der Modernisierung herrührenden Rechte geltend gemacht und auf weitergehende (Mieterhöhungs-) Ansprüche habe verzichten wollen. Die Beschwerdeführerin habe unmittelbar nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen gestützt auf § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB die Miete erhöht, ohne die Möglichkeit einer späteren zusätzlichen Erhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. auch nur zu erwähnen oder sie sich vorzubehalten. Für die Frage einer konkludenten vollständigen Abgeltung im Wege des Teilverzichts sei zwar auch von Bedeutung, ob sich einer der Vertragspartner zu einer "substantiellen Gegenleistung" verpflichtet habe und ob die Einigung in einer Situation erheblicher Unsicherheit für beide Parteien erfolgt sei. Dies sei vorliegend aber der Fall, denn die Beschwerdeführerin habe vor dem Hintergrund der nach Art und Umfang "bis heute" streitigen Auseinandersetzungen über die Duldung der Modernisierung auf Grundlage des neuen Ausstattungszustands und der streitigen Rechtsauffassung zum Verhältnis der § 558 und § 559 BGB die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt. Die Beschwerdeführerin müsse daher ihr im Schreiben vom 29. Oktober 2010 zu Tage getretenes Verhalten nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen, denn sie habe zugewartet und, obwohl ihr dies bereits spätestens zum Zeitpunkt dieses Schreibens möglich gewesen sei, über einen Zeitraum von zehn Monaten keine Modernisierungsmieterhöhung geltend gemacht. Durch den Verzicht sei ein Erlassvertrag im Sinne von § 397 Abs. 1 BGB zustande gekommen, den die Klägerin - ebenfalls konkludent - angenommen habe.

7

Da von einem Verzicht auf eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. auszugehen sei, bedürfe das im Einzelnen streitige und höchstrichterlich ungeklärte Verhältnis von § 558 und § 559 BGB keiner abschließenden Entscheidung, weshalb auch die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zuzulassen sei.

8

Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge nach § 321a ZPO, mit der sie beanstandete, dass die Annahme eines stillschweigend geschlossenen Erlassvertrags eine unzulässige Überraschungsentscheidung sei. Dieser Gesichtspunkt sei weder in erster Instanz noch im Berufungsrechtszug erörtert worden, sondern erstmals im Urteil des Landgerichts zur Sprache gekommen. Wenn die Beschwerdeführerin auf eine solche rechtliche Bewertung ihres Verhaltens hingewiesen worden wäre, hätte sie unter anderem vorgebracht, dass sie niemals auf eine Modernisierungsmieterhöhung habe verzichten wollen und die gegenteilige Auslegung ihres Schreibens vom 29. Oktober 2010 auch ihrer objektiven Interessenlage widerspreche. Insbesondere sei sie zum Zeitpunkt ihres ersten Mieterhöhungsverlangens noch gar nicht in der Lage gewesen, nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. vorzugehen, weil amtliche Bescheinigungen und Rechnungen noch nicht vorgelegen hätten, um die Modernisierungskosten abschließend zu beziffern.

9

Mit durch die Verfassungsbeschwerde angegriffenem Beschluss vom 15. September 2015 verwarf das Landgericht die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin als unzulässig. Die Beschwerdeführerin habe eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung entsprechend den Anforderungen des § 321a Abs. 2 Satz 5 in Verbindung mit § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht dargelegt. Eine Gehörsverletzung liege auch nicht vor.

10

2. Mit ihrer fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die vorgenannten Entscheidungen. Sie rügt die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG durch das Urteil des Amtsgerichts sowie eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG durch die landgerichtlichen Entscheidungen.

11

Das Landgericht habe eine unzulässige Überraschungsentscheidung gefällt und dadurch gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter habe mit der Annahme eines Erlassvertrags nicht rechnen brauchen, weil diese fernliegend sei und den in Rechtsprechung und Lehre geklärten Anforderungen an das Zustandekommen von Erlassverträgen durch konkludentes Verhalten des Gläubigers widerspreche. Auf einen gerichtlichen Hinweis, dass die Annahme eines solchen Vertrages in Betracht komme, hätte die Beschwerdeführerin tatsächlich und rechtlich weiter vorgetragen. Die Annahme eines Erlassvertrages sei überdies grob falsch, abwegig und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt haltbar. Das Landgericht sei in willkürlicher Weise davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführerin eine Modernisierungsmieterhöhung spätestens zum 29. Oktober 2010 möglich gewesen sei.

12

Der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss verletze die Beschwerdeführerin erneut in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör. Das Landgericht habe ihr Rügevorbringen weder zur Kenntnis genommen noch sich damit auseinandergesetzt.

13

3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der Verband "Haus & Grund", die Klägerin des Ausgangverfahrens, der Deutsche Mieterbund, der Deutsche Anwaltverein sowie die Bundesrechtsanwaltskammer Stellung genommen. Der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung des Landes Berlin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme; er hat von dieser aber abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

14

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen vor, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts vom 16. Juli 2015 richtet. Die für die Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Rechtsfragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 86, 133 <144 ff.>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist im dargelegten Umfang zur Durchsetzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig und offensichtlich begründet.

15

1. Das Urteil des Landgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

16

a) Das Gebot rechtlichen Gehörs gewährt den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, im Verfahren zu Wort zu kommen, Anträge zu stellen und Ausführungen zu dem in Rede stehenden Sachverhalt, den Beweisergebnissen sowie zur Rechtslage zu machen (vgl. BVerfGE 83, 24 <35>; 86, 133 <144>; stRspr). Darüber hinaus enthält Art. 103 Abs. 1 GG als weitergehende Garantie den Schutz vor Überraschungsentscheidungen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410>; BVerfGK 14, 455 <456>; stRspr). Da die Beteiligten gemäß Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit erhalten sollen, sich zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt, den Beweisergebnissen und den Rechtsauffassungen vor Erlass der Entscheidung zu äußern, setzt eine den verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügende Gewährung rechtlichen Gehörs voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>). Es kann daher der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt abstellt. Dabei statuiert Art. 103 Abs. 1 GG zwar keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl. BVerfGE 66, 116 <147>; 84, 188 <190>). Die Parteien eines Zivilprozesses müssen, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (vgl. BVerfGE 86, 133 <145>; 98, 218 <263>). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist aber dann anzunehmen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen eine gewissenhafte und kundige Partei auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>; stRspr).

17

b) Nach diesen Maßstäben verletzt das Urteil des Landgerichts die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

18

aa) Die Annahme einer Verzichtserklärung und eines Erlassvertrages stellt eine Überraschungsentscheidung dar, mit der die Parteien nach dem Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten. Ein möglicher Verzicht der Beschwerdeführerin war weder im Vorfeld von den Parteien erörtert noch vom Gericht in der mündlichen Verhandlung in Erwägung gezogen worden. Auch im erstinstanzlichen Urteil ist dieser Gesichtspunkt nicht zur Sprache gekommen. Die Annahme eines Verzichts lag auch nicht derart nahe, dass die Beschwerdeführerin dazu aus Gründen prozessualer Vorsorge oder unter Berücksichtigung des Gebots des sichersten Weges vorsorglich hätte vortragen müssen, um möglicherweise andernfalls drohenden Rechtsnachteilen zuvorzukommen.

19

Durch das Unterlassen eines entsprechenden rechtlichen Hinweises hat das Landgericht der Beschwerdeführerin die Möglichkeit abgeschnitten, zur Frage der Annahme eines Verzichtswillens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorzutragen.

20

bb) Die Entscheidung des Landgerichts beruht auch auf diesem Gehörsverstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung bei Gewährung rechtlichen Gehörs anders ausgefallen wäre.

21

Aus der Verfassungsbeschwerde und der mitgeteilten Anhörungsrüge geht hinreichend hervor, was die Beschwerdeführerin bei ordnungsgemäßer Gewährung rechtlichen Gehörs vorgebracht hätte. So hat sie unter anderem ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an das Vorliegen eines Verzichtswillens strenge Anforderungen zu stellen seien und der Verzichtswille unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände unmissverständlich sein müsse. Dabei könne für das Vorliegen eines unmissverständlichen Verzichtswillens zwar sprechen, wenn in einer Situation erheblicher Unsicherheit seitens der gegnerischen Partei eine "substantielle Gegenleistung" erfolgt sei. Vorliegend sei aber schon kein Raum für ein (weiteres) Entgegenkommen der Beschwerdeführerin gewesen, weil sie der Klägerin bereits bei Abschluss der Modernisierungsvereinbarung im September 2010 entgegenkommen war. Mit dieser Vereinbarung hätten sich die Parteien auch ausdrücklich über Art und Umfang der Modernisierungsmaßnahmen gütlich geeinigt. Entgegen der Annahme des Landgerichts habe daher im Hinblick auf die Modernisierungsmaßnahmen schon seit September 2010 zwischen den Parteien kein Streit mehr bestanden, weshalb insoweit auch weder eine "erhebliche Unsicherheit" vorgelegen habe noch die Zustimmung der Klägerin zur Mieterhöhung als "substantielle Gegenleistung" habe gewertet werden können. Auch aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB a.F. nicht sogleich erklärt, sondern zunächst zehn Monate zugewartet habe, könne nicht auf einen in dem Schreiben vom 29. Oktober 2010 enthaltenen stillschweigenden Verzicht geschlossen werden. Denn entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in der Lage gewesen, auf Grundlage von § 559 Abs. 1 BGB a.F. vorzugehen, weil ihr weder die exakten Modernisierungskosten bekannt gewesen seien noch sämtliche Rechnungen vorgelegen hätten. Eine Mieterhöhungserklärung setze aber voraus, dass die Arbeiten vollständig abgerechnet, die Richtigkeit der Rechnungen nachgeprüft und schließlich die gesamten Modernisierungskosten ermittelt worden seien. Dies nehme regelmäßig eine gewisse Zeit in Anspruch.

22

Danach spricht vieles dafür, dass dem Landgericht bei Gewährung rechtlichen Gehörs mit Blick auf die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 - VIII ZR 99/14 -, juris, Rn. 19) die Annahme eines schlüssig erklärten Verzichts auf das Recht zur Modernisierungsmieterhöhung und eines konkludent zustande gekommenen Erlassvertrags versperrt geblieben wäre. Infolgedessen hätte sich das Landgericht zu der höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfrage zum grundsätzlichen Verhältnis zwischen den § 558 und § 559 BGB verhalten und insoweit - wovon es selbst ausgegangen ist - wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, jedenfalls aber zur Fortbildung des Rechts die Revision zulassen müssen.

23

cc) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann zwar grundsätzlich durch das weitere Verfahren geheilt werden (vgl. BVerfGE 5, 22 <24>; 62, 392 <397>; 73, 322 <326 f.>). Eine derartige Heilung scheidet hier jedoch aus. Die Ausführungen des Landgerichts in seinem Beschluss vom 15. September 2015, mit dem es über die Anhörungsrüge entschieden hat, sind hierzu nicht geeignet. Eine Heilung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Landgericht die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen hat.

24

2. Angesichts des festgestellten Verstoßes des landgerichtlichen Urteils gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerde auch insoweit begründet ist, als die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Annahme eines Verzichtswillens eine Verletzung des Willkürverbots rügt. Ebenfalls kann offen bleiben, ob der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss des Landgerichts vom 15. September 2015 einen weiteren Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG begründet.

III.

25

1. Das Urteil des Landgerichts ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an eine andere Zivilkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss des Landgerichts wird damit gegenstandslos.

26

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen. Insoweit wird von einer Begründung nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

27

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

28

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zuzulassen.

Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2018 - 9 ZB 18.31509 -juris Rn. 7 m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht, weil schon kein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts herausgearbeitet wird, der von einem Rechtssatz des genannten Divergenzgerichts abweichen soll. Unabhängig davon hat sich das Verwaltungsgericht bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG ausdrücklich auf das im Zulassungsvorbringen bezeichnete Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2011 (10 C 26.10) berufen. Soweit der Kläger vorträgt, das Verwaltungsgericht habe gegen die in diesem Urteil aufgestellten „Grundsätze“ verstoßen, bezieht sich sein umfangreiches Vorbringen allein darauf, dass das Verwaltungsgericht die in diesem Urteil aufgestellten Rechtssätze nicht oder nicht richtig angewandt hat. Allein das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen eines Divergenzgerichts genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.2017 - 1 B 22/17 - juris Rn. 19). Dem Zulassungsvorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass sich das Verwaltungsgericht zwar in seinen Obersätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch Wiedergabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen hat, im entschiedenen Einzelfall aber trotzdem einen anderen rechtlichen Standpunkt eingenommen und von dort aus abweichende Rechtssätze zugrunde gelegt hat (vgl. Eyermann/Kraft, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 132 Rn. 37 m.w.N.).

Mit der im Gewand einer Divergenzrüge vorgebrachten Kritik des Klägers an der Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht wird kein im Asylverfahrensrecht vorgesehener Zulassungsgrund angesprochen. § 78 Abs. 3 AsylG kennt - im Gegensatz zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung nicht (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2018 - 9 ZB 18.50047 - juris Rn. 6 m.w.N.).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 14.12.2017 - 9 ZB 15.30129 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

a) Die Frage,

„ob es bei der Fallkonstellation - Vorwurf einer politischen Verfolgung im justizförmigen Gewande - genügt, die Unterlagen der Strafverfolgungsstellen zu sichten, oder ob nicht das Gericht im Rahmen der Aufklärungspflicht gehalten ist, eigenständige, darüber hinaus gehende Ermittlungen anzustellen, bevor das Tatbestandsmerkmal von § 3 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz AsylG (aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist) bejaht werden bzw. bei dieser Fallkonstellation die Bejahung des Ausschlussgrundes allein auf die Unterlagen des Verfolgers gestützt werden darf“,

ist nicht entscheidungserheblich, weil das Verwaltungsgericht nicht von einem „Vorwurf einer politischen Verfolgung im justizförmigen Gewande“ ausgegangen ist.

Die weitere Frage,

„ob dann, wenn lediglich Unterlagen der Strafermittlungsbehörden vorliegen, der Betroffene aber bestreitet, an der schweren Straftat beteiligt gewesen zu sein und nicht anlasslos (sondern aufgrund der politischen Verbindungen naheliegend) vorträgt, ihm sei die Straftat in die Schuhe geschoben worden, das Gericht nicht verpflichtet ist, eigene Ermittlungen anzustellen“, 13 lässt sich nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten, weil es hierfür ausschlaggebend auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt.

3. Soweit sich aus dem Zulassungsvorbringen sinngemäß auch die Rüge eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör entnehmen lassen sollte (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), weil das Verwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO verletzt habe, kann auch dies nicht zur Zulassung der Berufung führen.

Eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht statuiert Art. 103 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfG, B.v. 5.3.2018 - 1 BvR 1011/17 - juris Rn. 16). Insbesondere gibt Art. 103 Abs. 1 GG den am Prozess Beteiligten keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus Beweis erhebt (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2017 - 13a ZB 16.30368 - juris Rn. 5 m.w.N.). Aufklärungspflichten, die über die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen hinausgehen, sich zudem der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt zu äußern, sind, auch wenn sie im einfachen Prozessrecht verankert sind, nicht von der Schutzwirkung des Rechts auf Gehör umfasst (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2018 - 9 ZB 18.32680 - juris Rn. 16).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.