vorgehend
Verwaltungsgericht Würzburg, W 3 K 16.935, 26.01.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. Januar 2017 - W 3 K 16.935 - wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 26.799,42 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn der innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Mit Bescheid vom 10. Februar 2005 hatte die beklagte Gemeinde den Kläger als Eigentümer des 2.381 m² großen Grundstücks FlNr. … für die Erschließungsanlage H. zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 25.093,47 € herangezogen. Ein hiergegen gerichtetes Klageverfahren blieb ohne Erfolg (VG Würzburg, U.v. 1.3.2007 - W 5 K 06.252; BayVGH, B.v. 24.10.2007 - 6 ZB 07.907 - juris).

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 14. Februar 2014 setzte die Beklagte für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage H. einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 26.799,42 € fest und forderte den Kläger unter Anrechnung von ihm gezahlter Vorausleistungen zur Zahlung eines Erschließungsbeitrags in Höhe von 155,95 € auf. Dabei wurden im Wesentlichen die beitragsfähigen Kosten für die Straßenentwässerung und -beleuchtung sowie für die Herstellung eines (einseitigen) Gehwegs angesetzt, während die Kosten für den erfolgten Fahrbahndeckenneubau nicht auf die Anlieger umgelegt wurden. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Landratsamt Aschaffenburg mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2015 zurück.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Aufhebung des Erschließungsbeitragsbescheids und des Widerspruchsbescheids mit Urteil vom 26. Januar 2017 für unbegründet erachtet und abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass sich der Kläger nicht auf die Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG berufen könne, weil die Vorteilslage erst mit Fertigstellung der Anlage H. im Jahr 2005 eingetreten sei. Die Merkmale der erstmaligen endgültigen Herstellung der Straße gemäß § 7 EBS 1979 seien erst zu diesem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Dies betreffe insbesondere die Fertigstellung der Straßenentwässerung, die zuvor nur in Teilen vorhanden gewesen sei, sowie die Errichtung einer funktionsfähigen Straßenbeleuchtung mit 27 Leuchten anstelle der zuvor vorhandenen unzureichenden 10 Leuchten.

Die Einwendungen, die der Kläger den Erwägungen des Verwaltungsgerichts entgegenhält, begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der auf der Grundlage von Art. 5a Abs. 1 KAG in Verbindung mit §§ 127 ff. BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) vom 18. Januar 1979 ergangene Erschließungsbeitragsbescheid vom 14. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2015 rechtlich nicht zu beanstanden ist.

a) Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre - und nicht wie vom Verwaltungsgericht angenommen 20 Jahre - beträgt.

Mit dieser Vorschrift, die durch Änderungsgesetz vom 11. März 2014 (GVBl S. 570) in das Kommunalabgabengesetz eingefügt wurde, ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, das mit Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143 ff.) die Vorgängerregelung für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG erklärt hatte. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich - wie der hier in Streit stehende Erschließungsbeitrag - nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG gewährleistet eine bestimmbare zeitliche Obergrenze in Gestalt einer Ausschlussfrist, die durch den Eintritt der Vorteilslage ausgelöst wird und nach deren Ablauf eine Beitragserhebung zwingend und ausnahmslos ausscheidet, auch dann, wenn die Beitragsschuld noch nicht entstanden ist und deshalb auch noch nicht hätte festgesetzt werden dürfen und verjähren können. Die Bemessung der Ausschlussfrist mit 20 bzw. 25 Jahren begegnet ebenso wenig verfassungsrechtlichen Bedenken wie die in Art. 19 Abs. 2 KAG für Übergangsfälle einheitlich auf 30 Jahre festgelegte Zeitspanne (vgl. BayVGH, U.v. 24.2.2017 - 6 BV 15.1000 - juris Rn. 29; U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 70 Rn. 22; U.v. 12.3.2015 - 20 B 14.1441 - juris Rn. 25).

Der Begriff der Vorteilslage knüpft an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor (vgl. LTDrs. 17/370 S. 13). Es kommt demnach für die Ausschlussfrist mit Blick auf eine beitragsfähige Erschließungsanlage (früher § 127 Abs. 2 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 KAG) auf die tatsächliche - bautechnische - Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme an, nicht aber auf die rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten, wie die Widmung der Anlage, die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit ihrer Herstellung, die Wirksamkeit der Beitragssatzung oder den vollständigen Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung (BayVGH, U.v. 24.2.2017 - 6 BV 15.1000 - juris Rn. 30).

Ob eine Erschließungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt und die Vorteilslage folglich eingetreten ist, beurteilt sich nicht nach - kaum greifbaren - allgemeinen Vorstellungen von einer „Benutzbarkeit“ und „Gebrauchsfertigkeit“ der Anlage oder einer „ausreichenden Erschließung“ der angrenzenden Grundstücke. Beurteilungsmaßstab ist vielmehr die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Denn allein die Gemeinde entscheidet im Rahmen der ihr obliegenden Erschließungsaufgabe (§ 123 Abs. 1 BauGB) und der sich daraus ergebenden gesetzlichen Schranken über Art und Umfang der von ihr für erforderlich gehaltenen Erschließungsanlagen. Entscheidend kommt es mit anderen Worten darauf an, ob die - wirksame - konkrete gemeindliche Planung für die Erschließungsmaßnahme sowohl im räumlichen Umfang als auch in der bautechnischen Ausführung bislang nur provisorisch ausgeführt oder schon vollständig umgesetzt ist. Dementsprechend tritt die Vorteilslage bei einer Anbau Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), wie der Senat wiederholt entschieden hat, (erst) dann ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B.v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 - 6 ZB 15.2786 - juris Rn. 15). Bleibt der Ausbau hinter der Planung zurück, ist zu prüfen, ob die Gemeinde ihre weitergehende Planung - wirksam - aufgegeben hat und den erreichten technischen Ausbauzustand nunmehr als endgültig mit der Folge ansieht, dass mit Aufgabe der Planung die Vorteilslage eingetreten ist (BayVGH, U.v. 24.2.2017 - 6 BV 15.1000 - juris Rn. 31).

b) Gemessen an diesem Maßstab ist die 30-jährige Ausschlussfrist des Art 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 KAG im vorliegenden Fall bei weitem noch nicht abgelaufen.

Das ergibt sich schon aus folgendem: Auch wenn nach dem Vortrag des Klägers bereits Anfang der 1960er Jahre eine „verstärkte Bauzunahme“ stattgefunden hat, legt er nicht substantiiert dar, dass bereits ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BBauG/BauGB bestand. In dem am 3. November 1983 in Kraft getretenen Bebauungsplan Sattelhecke II ist im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans ein einziges bestehendes Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 778 verzeichnet. In dem am 5. November 1998 bekannt gemachten Bebauungsplan H. sind nur vereinzelt Gebäude als Bestand eingetragen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Straße H. auf der maßgeblichen ca. 500 m langen Strecke zwischen den Grundstücken FlNr. 750/6 und FlNr. 832 erst mit Inkrafttreten der Bebauungspläne am 3. November 1983 und am 5. November 1998 Anbaufunktion erlangt hat und damit zur Erschließungsanlage (Anbau Straße im Sinn des Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) geworden ist. Vor Inkrafttreten dieser Bebauungspläne gab es nach dem Vortrag des Klägers lediglich einen „nicht in Kraft getretenen, aber tatsächlich angewandten Bebauungsplan der damaligen Gemeinde Steinbach vom 21. Dezember 1961“. Auch nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Würzburg im Urteil vom 1. März 2007 (W 5 K 06.252), das die Klage gegen den Vorbescheid betraf, hat der frühere Bebauungsplanentwurf H. der ehemaligen Gemeinde Steinbach vom 21. Dezember 1961 niemals Rechtsverbindlichkeit erlangt. Damals handelte es sich bei der Straße H. um eine durch den Außenbereich im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 BBauG/BauGB verlaufende Gemeindeverbindungs Straße. Eine nach dem Willen der Gemeinde endgültig hergestellte und ihre Aufgaben in vollem Umfang erfüllende Außenbereichs Straße, die - wie hier - infolge des Inkrafttretens eines sie umfassenden Bebauungsplans zu einer zum Anbau bestimmten Straße im Sinn des Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG „umgewandelt“ wird, ist unter dem Gesichtspunkt einer erstmaligen endgültigen Herstellung (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB) neu zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung ist danach zu fragen, ob die ehemalige Außenbereichs Straße im Zeitpunkt ihrer Umwandlung in eine Anbau Straße erstmalig endgültig hergestellt gewesen ist (zuletzt BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 9 C 14.14 - juris Rn. 28).

Das war hier nicht der Fall, weil die Straße - entgegen der Auffassung des Klägers - noch nicht dem technischen Ausbauprogramm der Gemeinde für Anbaustraßen entsprach. Die Satzungsbestimmung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 EBS (in der zum Zeitpunkt der endgültigen Herstellung geltenden Fassung vom 18.1.1979) sieht für die endgültige Herstellung von Anbaustraßen unter anderem eine Straßenentwässerung und Beleuchtung vor. Welchen konkreten technischen Anforderungen diese Teileinrichtungen genügen müssen, um als endgültig hergestellt zu gelten, ist in der Satzung nicht näher umschrieben und muss es auch nicht sein. Herstellungsmerkmale sollen es nach dem Gesetzeszweck den Beitragspflichtigen ermöglichen, durch einen Vergleich des satzungsmäßig festgelegten Bauprogramms mit dem tatsächlichen Zustand, in dem sich die gebaute Anlage befindet, ein Bild darüber zu verschaffen, ob die Anlage endgültig hergestellt ist oder nicht. Mit dieser auf Laien abstellenden Zielrichtung wäre es nicht zu vereinbaren, das Merkmal Beleuchtung oder Straßenentwässerung in dem Sinn zu verstehen, dass es um Ausbaustandards unter Beachtung bestimmter technischer Regelwerke ginge. Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung - unabhängig von der Einhaltung der jeweils gültigen technischen Regelwerke - von einer ordnungsgemäßen Straßenentwässerung und Beleuchtung im Sinn der Satzungsbestimmung nur dann auszugehen, wenn eine funktionsfähige, der Straßenlänge und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung und Straßenentwässerung vorhanden ist (u.ä. BayVGH, B.v. 29.6.2016 - 6 ZB 15.2786 - juris Rn. 7). Das bedeutet, dass diese beiden Teileinrichtungen - im Unterschied etwa zu einer Stützmauer - grundsätzlich durchgehend auf der gesamten Länge der Erschließungsanlage vorhanden sein müssen.

Wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, fehlte es aber im vorliegenden Fall an der erforderlichen durchgehenden, die gesamte Anbau Straße umfassenden Straßenentwässerung und Beleuchtung im Sinn des § 7 Abs. 1 Nr. 2 EBS 1979. Beide Einrichtungen waren nur in Teilen vorhanden. Die Straßenentwässerung war entgegen der Auffassung des Klägers damit nicht nur „mangelbehaftet“, vielmehr gab es nach dem Bestandsplan des Ingenieurbüros J. vom November 2004 in drei größeren Bereichen der Straße H. überhaupt noch keine Straßenentwässerungseinrichtungen (Beiakt 4 Bl. 63). Daran ändert auch der mit dem Zulassungsantrag vorgelegte Auszug aus dem Mitteilungsblatt der Beklagten aus dem Jahr 2003 nichts. Dort wird ebenfalls ausgeführt, dass die (an drei längeren Teilstücken erfolgte) Ergänzung der Oberflächenentwässerungsverrohrung eine beitragsfähige Maßnahme darstellt. Die aus lediglich zehn Leuchten bestehende alte Straßenbeleuchtung war ebenfalls nicht nur mangelbehaftet, wie der Kläger meint, sondern aufgrund der unregelmäßigen Abstände nicht geeignet, den gesamten Straßenbereich auf voller Länge gleichmäßig zu beleuchten (vgl. Beiakt 3 Bl. 20). Sie wurde im Zuge der abgerechneten Baumaßnahmen durch 27 neue Straßenlampen ersetzt, die auf der gesamten Straßenlänge aufgestellt wurden (Beiakt 4 Bl. 4 und Beiakt 5 Bl. 601). Außerdem war nach dem im Gemeinderatsbeschluss vom 10. September 2002 beschlossenen Bauprogramm der Beklagten die Errichtung eines durchgehenden Gehwegs vom Anwesen H. 24 bis zur Einmündung O. Weg mit Anschluss an den Gehweg der S. Straße vorgesehen (Beiakt 5 Bl. 628), der von der Beklagten erst während der nunmehr abgerechneten Baumaßnahmen angelegt worden ist.

Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, ist die Vorteilslage, die die Straße H. den anliegenden Grundstücken vermittelt, nach der satzungsrechtlichen Merkmalsregelung und dem Bauprogramm der Beklagten im Jahr 2005 eingetreten. Denn in diesem Jahr ist die Straße endgültig technisch fertiggestellt worden, sofern man nicht auf die erst 2009 erfolgte Ergänzung des Gehwegs im Bereich des klägerischen Grundstücks abstellt. Die gesetzliche Ausschlussfrist von 30 Jahren begann damit frühestens mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen und war bei Erlass des Erschließungsbeitragsbescheids vom 14. Februar 2014 bei weitem noch nicht abgelaufen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. März 2015 - Au 2 K 14.1729 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Stadt, wendet sich dagegen, dass die Widerspruchsbehörde ihren an den beigeladenen Landkreis gerichteten Bescheid über die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die Herstellung der Erschließungsanlage A. Straße aufgehoben hat.

1. Die als Orts Straße gewidmete A. Straße verläuft von der R. Straße im Norden durch unbeplanten Innenbereich zur H. Straße/Rainhausgasse im Süden. Sie ist nach Ansicht der Klägerin von Norden aus gesehen auf einer Länge von etwa 340 m (bis auf Höhe des Anwesens Hausnummer 8) zum Anbau bestimmt und stellt in dieser Ausdehnung eine Erschließungsanlage dar (im Folgenden verkürzt: A. Straße). In diesem Bereich grenzt auf der westlichen Straßenseite das 44.881 m2 große Grundstück FlNr. 232 an, das die Klägerin dem Beigeladenen aufgrund eines Überlassungsvertrags vom 9. August 1977 zum Neubau eines Schulzentrums übereignet hatte. Im Zusammenhang mit dem Schulneubau wurden im Jahr 1980 an der südlichen Teilstrecke der A. Straße Straßenbaumaßnahmen durchgeführt. Erreicht wurde damals - für die gesamte Teilstrecke mit Erschließungsfunktion - ein Ausbauzustand mit einer 6 m breiten Fahrbahn und beidseitigen Gehwegen mit einer Breite von jeweils 1,50 m, wobei auf der westlichen Straßenseite vor dem Anliegergrundstück Hausnummer 23 (alt) eine ca. 10 m lange Engstelle verblieb. Dort ragte ein Wohngebäude in die Fluchtlinie des Gehwegs hinein, weshalb dieser nur mit einer Breite von etwa 0,70 m angelegt wurde; zusätzlich wurde der Gehweg an zwei Stellen durch Fallrohre zur Dachentwässerung dieses Gebäudes weiter um 0,10 bis 0,15 m verengt.

Nachdem ein Bauträger das Anwesen Hausnummer 23 (alt) gekauft und das Gebäude für den Neubau von Reihenhäusern (Dreispänner) abgebrochen hatte, erwarb die Klägerin 2012 eine Fläche von 8 m2 aus dem an die A. Straße grenzenden Teilgrundstück und verbreiterte den Gehweg auf 1,50 m. Mit Bescheid vom 24. März 2014 zog sie den Beigeladenen für das (Schul-)Grundstück FlNr. 232 zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße in Höhe von 160.300,23 € heran. Dieser legte Widerspruch ein und beantragte bei dem Verwaltungsgericht mit Erfolg, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs anzuordnen (VG Augsburg, B.v. 4.8.2014 - Au 2 S. 14.894). Der Oberbürgermeister der Klägerin stellte mit dringlicher Anordnung vom 5. August 2014 fest, dass die A. Straße in dem nach Beseitigung der Engstelle erreichten Ausbauzustand den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche und damit rechtmäßig hergestellt sei. Diese auf Art. 37 Abs. 3 GO gestützte Anordnung wurde dem Stadtrat in der nächsten Sitzung bekanntgegeben.

Das Landratsamt gab dem Widerspruch des Beigeladenen statt und hob mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 den Erschließungsbeitragsbescheid auf. Dieser sei rechtswidrig, weil die gesetzliche Ausschlussfrist für die Festsetzung eines Erschließungsbeitrags abgelaufen sei. Die Vorteilslage sei bereits mit der endgültigen technischen Fertigstellung der A. Straße im Jahr 1980 und damit vor mehr als 30 Jahren eingetreten.

2. Das Verwaltungsgericht hat die auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids gerichtete Klage mit Urteil vom 19. März 2015 für unbegründet erachtet und abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Das Landratsamt habe den Erschließungsbeitragsbescheid zu Recht aufgehoben, weil bei seinem Erlass die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG bereits abgelaufen gewesen sei. Der Lauf der Frist beginne mit dem Eintritt der Vorteilslage. Dieser Begriff knüpfe an für den Bürger ohne weiteres bestimmbare, rein tatsächliche Gegebenheiten an und lasse rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor. Die Vorteilslage trete ein, wenn die Straße insgesamt betriebsfertig, d.h. entsprechend der bekundeten Planung der Gemeinde technisch endgültig fertiggestellt sei. Das sei für die A. Straße bereits im Jahr 1980 der Fall gewesen.

Dem stehe nicht entgegen, dass der westliche Gehweg auf einer Länge von ca. 10 m bis zum Jahr 2013 lediglich mit einer durchschnittlichen Breite von 0,70 m bis 0,80 m statt von 1,50 m wie im übrigen Verlauf hergestellt worden sei. Der Herstellung läge weder ein Bebauungsplan noch eine örtliche Richtlinie oder ein förmliches Teileinrichtungs- oder Ausbauprogramm zu Grunde, aus dem sich eine verbindliche Festlegung der Gehwegbreite auf durchgängig 1,50 m ableiten lasse. Der Umstand, dass die Gehwege außerhalb der Engstelle einer Breite von 1,50 m aufweisen würden, lasse nicht zwingend den Schluss zu, dass vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) noch über 30 Jahre nach der Herstellung der Straße eine Verbreiterung des Gehwegs erfolgen werde. Ein bloßer Rückschluss vom Inhalt bestehender Ausbauplanungen auf einen voraussichtlich in gleicher Weise ausgeübten Planungswillen könne die Planung nicht ersetzen. Auch der Erschließungsbeitragssatzung könne keine Vorgabe für eine Mindestbreite der Gehwege entnommen werden. Ein objektiver Beobachter habe damals den Eindruck gewinnen können und dürfen, dass die Erschließungsanlage A. Straße in dem erreichten Zustand verbleiben werde, zumal das in den Gehweg hineinragende Gebäude nicht im Eigentum der Klägerin gestanden habe und keine Anhaltspunkte für einen in absehbarer Zeit erfolgenden Erwerb zum Abbruch vorgelegen hätten.

Der Gehweg habe trotz der Engstelle noch den Mindestanforderungen genügt, die an die Funktionsfähigkeit einer solchen Verkehrseinrichtung auch an einer Straße mit erhöhter Verkehrsbedeutung zu stellen sei. Dem Umstand, dass für die A. Straße damals keine Erschließungsbeiträge erhoben worden seien, komme kein besonderes Gewicht zu, weil die Klägerin nach den vom Beigeladenen vorgelegten Presseberichten offenbar jahrzehntelang auf die Erhebung von Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen verzichtet habe.

3. Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und macht geltend:

Die Vorteilslage sei nicht bereits 1980, sondern erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten. Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und ihr keine Gelegenheit gegeben, zu den für entscheidungserheblich gehaltenen Umständen näher vorzutragen. Der Gehweg sei bis zur Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 funktionslos gewesen. Die starke Verengung auf einer Länge von mindestens 10 m sei so gravierend gewesen, dass sie auf die Funktionalität des Gehwegs zur Gänze durchgeschlagen habe. In unmittelbarer Umgebung befänden sich auf der gleichen Straßenseite drei Schulen. In den Stoßzeiten habe nur ein einzelnes Schulkind die Engstelle passieren können. Ein sicheres Begehen sei damit nicht möglich gewesen. Die Schüler hätten auf die Fahrbahn ausweichen müssen. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens und der starken Frequentierung durch Fußgänger sei ein Gehweg mit einer solch langen Verengung ungeeignet, seine Funktion zu erfüllen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe auch schon damals ein Bauprogramm für eine durchgehende Ausbaubreite des Gehsteigs von 1,50 m vorgelegen. Dieses ergebe sich aus der Zusammenschau der diversen für die verschiedenen Bereiche der A. Straße gefertigten Planungen und Ausbauentwürfe. Seit den 1970er Jahren verfolge die Klägerin das Ziel, die A. Straße so herzustellen, dass ein ausreichender Gehweg auf beiden Seiten der Straße vorhanden sei. Dieser Plan sei nie aufgegeben worden. 1967 habe es entlang der westlichen Straßenseite nur geringe Bebauung gegeben. Daher sei auf dieser Seite ein Gehweg nur in Teilen, nämlich nur im Bereich der Einmündung zur R. Straße, vorgesehen gewesen, auf der östlichen Straßenseite habe sich jedoch bereits überwiegend ein Gehweg mit einer Breite von 1,50 m befunden. In den Jahren 1970/1971 habe sich dann die Bebauung auf der westlichen Seite vermehrt. Auf dem entsprechenden Kartenauszug lasse sich deutlich erkennen, dass der Gehweg auf der westlichen Straßenseite weiter ausgebaut worden sei. Auch die Entwicklung des Ausbauzustandes dokumentiere, wie sich die Klägerin den endgültigen Ausbau vorgestellt habe. Dementsprechend werde aus der dringlichen Anordnung vom 5. August 2014 deutlich, dass im Jahr 1980 gerade nicht von einer endgültigen Herstellung ausgegangen worden sei. Mit dieser sei die Festlegung der Gehwegbreite auf 1,50 m verbindlich und nach außen erkennbar nachgeholt worden.

Im Jahr 1977 sei im Zusammenhang mit der Überlassung von städtischen Grundstücken an den Beigeladenen zum Neubau einer Berufsschule auch die Straßenerschließung erörtert worden. In der Niederschrift über die Sitzung des Finanzausschusses am 13. Juli 1977 sei ausgeführt, dass die Straße „noch nicht fertig ausgebaut“ sei. Der Straßenausbau im Jahr 1980 betreffe den südlichen Teil der A. Straße und entspreche weitgehend der bereits 1972 gefertigten Planung. Auch insoweit sei auf der westlichen Seite ein Gehweg von 1,50 m Breite vorgesehen gewesen. Da sich die Herstellungsarbeiten stets verzögert hätten und die Planung nicht umgesetzt worden sei, könne dem Verwaltungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden, dass spätestens mit den Straßenbaumaßnahmen im Jahr 1980 der endgültige Ausbauzustand erreicht und damit die Vorteilslage eingetreten sei. Hätte die Klägerin den Straßenausbau komplett mit dieser Maßnahme abschließen wollen, wäre zumindest ein Ausbauplan für die gesamte Straße gefertigt worden. Die weitere Ausbauabsicht der Klägerin sei klar erkennbar gewesen. Das Zusammenspiel der Planungen und Aussagen in den Stadtrats- und Ausschusssitzungen verdeutliche, dass die Planungen für den durchgehenden Ausbau der A. Straße zwar vorhanden, jedoch unter anderem aufgrund fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht umgesetzt worden seien. Im Zuge der Überlassung mehrerer Grundstücke an den Beigeladenen zum Zweck des Schulneubaus sei entgegen der Ansicht des Beigeladenen auch kein Erlass der Erschließungskosten für die A. Straße vereinbart worden. Bis mindestens 1987 habe es Gespräche mit dem Beigeladenen im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des Schulgeländes gegeben, aus denen dieser hätte erkennen müssen, dass die Straße noch nicht vollständig fertiggebaut sei. Dieses subjektive Element müsse bei der Frage, ob und wann die Vorteilslage eingetreten sei, Berücksichtigung finden.

Das Verwaltungsgericht habe zudem die Beweislast verkannt, weil es nicht berücksichtigt habe, dass die Gemeinde, sofern sie vom festgelegten Standard abweiche, ein gesteigerter Begründungsaufwand dafür treffe, dass die Erschließungsanlage ordnungsgemäß entsprechend den anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. März 2015 abzuändern und den Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 aufzuheben sowie den Widerspruch des Beigeladenen zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und deshalb die 30-jährige Ausschlussfrist abgelaufen sei. Die Klägerin habe nicht substantiiert darlegen können, dass ein Bauprogramm vorgelegen habe, das erkennbar einen Ausbau des Gehwegs durchgängig auf eine Breite von 1,50 m festlege. Ihre Ausführungen ließen vielmehr den gegenteiligen Schluss zu. Dass aus damaliger Sicht das Gebäude auf dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) irgendwann abgerissen und die Klägerin dann den für die Gehwegverbreiterung erforderlichen Grund erwerben könne, seien Gesichtspunkte, die außerhalb einer objektiven Betrachtung lägen und deren Verwirklichung vollkommen offen seien. Im Übrigen sei bei Errichtung der Straße ein Gehweg mit einer anderen Führung nicht möglich gewesen. Selbst wenn es das von der Klägerin behauptete Bauprogramm gegeben hätte, wäre der zeitliche Horizont zu seiner Verwirklichung nicht absehbar gewesen. Der Beitragsschuldner wäre dann aber in Widerspruch zum Gebot der Rechtssicherheit im Unsicheren gelassen worden, ob und wann er zu Beiträgen herangezogen werden könne.

Das Verwaltungsgericht habe weiter zutreffend angenommen, dass der Gehweg trotz der Engstelle insgesamt funktionsfähig gewesen sei. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin werde durch die mehr als 30-jährige Nutzung mit Engstelle widerlegt. Ein objektiver Betrachter habe gerade aufgrund der Situation vor Ort nur zu dem Schluss gelangen können, dass der Gehweg vollständig hergestellt worden sei, weil er weder den Eindruck eines Provisoriums noch eines vorläufigen Ausbauzustandes vermittelt habe. Der Gehweg habe sich an den Verhältnissen vor Ort, wie sie über 30 Jahre lang bestanden hätten, orientiert. Indem die Klägerin die Straße erkennbar dem örtlichen Verkehr zur Verfügung gestellt habe, sei sie selbst von der Benutzbarkeit ausgegangen. Die dringliche Anordnung des Oberbürgermeisters vom 5. August 2014 betreffe die Rechtmäßigkeit der Herstellung als Voraussetzung des Entstehens der sachlichen Beitragsforderung. Sie gebe nichts für die streitentscheidende Frage her, wann die Vorteilslage eingetreten sei.

Der Beigeladene ist ebenfalls der Ansicht, die Vorteilslage sei bereits 1980 mit der endgültigen technischen Herstellung der A. Straße eingetreten, und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es habe damals weder einen Bebauungsplan noch ein Bauprogramm gegeben, welche den Ausbau beidseitiger Gehwege auf einer durchgängigen Breite von 1,50 m vorgesehen hätten. Insbesondere habe es für den Bereich der damaligen Engstelle keine entsprechende Planung gegeben. Eine solche hätte im Übrigen auch keinerlei Realisierungschance gehabt. Denn das Wohngebäude hätte gänzlich abgerissen werden müssen, was gegen den Willen der damaligen Eigentümerin nicht einmal im Wege der Enteignung umsetzbar gewesen wäre. Die Klägerin berufe sich in diesem Zusammenhang nicht etwa auf materialisierte Planungsvorstellungen in Form aussagefähiger Pläne, sondern auf die Aussagen von Personen, was von vornherein nicht ausreichen könne. Im Zuge der Diskussionen um die „äußere Erschließung“ des Schulzentrums habe der Landrat des Beigeladenen mit Schreiben vom 2. April 1981 an den Oberbürgermeister der Klägerin als Besprechungsergebnis wiedergegeben, dass der nördliche Teil der A. Straße nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellt sei.

Die Entstehung der beitragsrechtlichen Vorteilslage im Jahr 1980 könne auch nicht mit der Erwägung verneint werden, der westliche Gehweg sei wegen der Engstelle nicht funktionsfähig gewesen. Der Gehweg sei in der damals angelegten Gestalt das gewesen, was den Fußgängern aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage maximal habe geboten werden können und was unter diesen Umständen auch funktional ausgereicht habe. Das ergebe sich auch daraus, dass südlich des Grundstücks Hausnummer 23 (alt) der von den Schulen her kommende Geh- und Radweg (FlNr. 233/2) in die A. Straße münde; auf diesem Weg hätten die das Schulgelände nach Süden verlassenden Schüler ungehindert durch das in die Straße ragende Gebäude in die A. Straße gelangen können, während das Schulgelände ansonsten von Norden und Westen durch andere Straßen erschlossen sei. Abgesehen davon habe die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite auch für sich betrachtet den Mindestanforderungen genügt.

Darüber hinaus stehe der Beitragserhebung noch entgegen, dass die Klägerin sich dem Beigeladenen gegenüber 1977 vertraglich zur Herstellung der „äußeren Erschließung“ des Schulgeländes auf eigene Kosten verpflichtet habe, während dem Beigeladenen die „innere Erschließung“ überlassen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Klägerin und vom Landratsamt vorgelegten Aktenheftungen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 23. Februar 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerspruchbescheid gerichtete Anfechtungsklage (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die Widerspruchsbehörde hat den Erschließungsbeitragsbescheid vom 24. März 2014, mit dem die Klägerin den Beigeladenen zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße herangezogen hat, zu Recht aufgehoben. Dieser Bescheid war rechtswidrig, weil die durch die A. Straße vermittelte Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und demnach die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG für eine Beitragsfestsetzung bei Bescheidserlass bereits abgelaufen war.

1. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt.

Mit dieser Vorschrift, die durch Änderungsgesetz vom 11. März 2014 (GVBl S. 570) in das Kommunalabgabengesetz eingefügt wurde, ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, das mit Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143 ff.) die Vorgängerregelung für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG erklärt hatte. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich - wie der hier in Streit stehende Erschließungsbeitrag - nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG gewährleistet eine bestimmbare zeitliche Obergrenze in Gestalt einer Ausschlussfrist, die durch den Eintritt der Vorteilslage ausgelöst wird und nach deren Ablauf eine Beitragserhebung zwingend und ausnahmslos ausscheidet, auch dann, wenn die Beitragsschuld noch nicht entstanden ist und deshalb auch noch nicht hätte festgesetzt werden dürfen und verjähren können. Die Bemessung der Ausschlussfrist mit 20 bzw. 25 Jahren begegnet ebenso wenig verfassungsrechtlichen Bedenken wie die in Art. 19 Abs. 2 KAG für Übergangsfälle einheitlich auf 30 Jahre festgelegte Zeitspanne (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 70 Rn. 22; U.v. 12.3.2015 - 20 B 14.1441 - juris Rn. 25).

Der Begriff der Vorteilslage knüpft an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor (vgl. LTDrs. 17/370 S. 13). Es kommt demnach für die Ausschlussfrist mit Blick auf eine beitragsfähige Erschließungsanlage (früher § 127 Abs. 2 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 KAG) auf die tatsächliche - bautechnische - Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme an, nicht aber auf die rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten, wie die Widmung der Anlage, die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit ihrer Herstellung, die Wirksamkeit der Beitragssatzung oder den vollständigen Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung.

Ob eine Erschließungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt und die Vorteilslage folglich eingetreten ist, beurteilt sich nicht nach - kaum greifbaren - allgemeinen Vorstellungen von einer „Benutzbarkeit“ und „Gebrauchsfertigkeit“ der Anlage oder einer „ausreichenden Erschließung“ der angrenzenden Grundstücke. Beurteilungsmaßstab ist vielmehr die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Denn allein die Gemeinde entscheidet im Rahmen der ihr obliegenden Erschließungsaufgabe (§ 123 Abs. 1 BauGB) und der sich daraus ergebenden gesetzlichen Schranken über Art und Umfang der von ihr für erforderlich gehaltenen Erschließungsanlagen. Entscheidend kommt es mit anderen Worten darauf an, ob die - wirksame - konkrete gemeindliche Planung für die Erschließungsmaßnahme sowohl im räumlichen Umfang als auch in der bautechnischen Ausführung bislang nur provisorisch ausgeführt oder schon vollständig umgesetzt ist. Dementsprechend tritt die Vorteilslage bei einer A. Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), wie der Senat wiederholt entschieden hat, (erst) dann ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B.v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 - 6 ZB 15.2786 - juris Rn. 15). Bleibt der Ausbau hinter der Planung zurück, ist zu prüfen, ob die Gemeinde ihre weitergehende Planung - wirksam - aufgegeben hat und den erreichten technischen Ausbauzustand nunmehr als endgültig mit der Folge ansieht, dass mit Aufgabe der Planung die Vorteilslage eingetreten ist.

2. Gemessen an diesem Maßstab ist die Vorteilslage, welche die A. Straße auf der maßgeblichen, etwa 340 m langen zum Anbau bestimmten Strecke zwischen R. Straße und dem Anliegergrundstück Hausnummer 8 den anliegenden Grundstücken vermittelt, bereits 1980 eingetreten. Denn in diesem Jahr ist die Straße trotz der verbliebenen Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) endgültig technisch fertiggestellt worden.

Im Jahr 1980 war die südliche Teilstrecke der A. Straße im Zusammenhang mit dem Neubau des Schulzentrums auf dem Grundstück des Beigeladenen plangemäß an die bereits zuvor ausgebaute nördliche Teilstrecke angepasst worden. Die A. Straße wies nach Durchführung dieser Bauarbeiten durchgehend eine Fahrbahnbreite von 6 m auf, verfügte über beiderseitige Gehwege sowie die Teileinrichtungen Beleuchtung und Entwässerung und entsprach, wovon die Klägerin selbst ausgeht, in sämtlichen angelegten Teilen den bautechnischen Herstellungsmerkmalen der Erschließungsbeitragssatzung. An der nördlichen Teilstrecke verblieb lediglich die Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt). Diese Engstelle ergab sich daraus, dass das Wohnhaus geringfügig in die Straßentrasse hineinragte und deshalb der westliche Gehweg an dieser Stelle mit etwa 0,70 m nur knapp halb so breit angelegt war wie auf der übrigen Strecke. Die von der Klägerin vorgelegten Bilder belegen, dass sich der Gehweg unmittelbar vor und nach dem Gebäude wieder auf die übliche Gehwegbreite von 1,50 m aufweitete. Diese Ausmaße der Engstelle werden dadurch bestätigt, dass die Klägerin für ihre Beseitigung von der Grundstückseigentümerin laut Kaufvertrag vom 19. November 2012 lediglich eine „Verkehrsfläche zu 8 m2“ (Flst. 229/5 ) erworben hat. Bei einer Gebäudelänge von ca. 10 m errechnet sich daraus ein etwa 0,80 m breiter Streifen, der dem Gehweg an dieser Stelle zu einer Breite von 1,50 m fehlte. Die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite von etwa 0,70 m wurde zudem an den beiden Hausecken durch zwei Fallrohre um 0,10 bis 0,15 m verringert.

Den vorliegenden Unterlagen und dem Vorbringen der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass bei Abschluss der Straßenbauarbeiten im Jahr 1980 eine hinreichend konkrete städtische Planung dafür (fort-) bestanden haben könnte, die Engstelle zu beseitigen. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass mit der Anpassung der südlichen Teilstrecke die damalige Planung für die A. Straße vollständig umgesetzt und diese damit als Erschließungsanlage technisch fertiggestellt worden ist.

Ein förmliches Bauprogramm war für die A. Straße nach dem Vorbringen der Klägerin nicht beschlossen worden. Konkrete Pläne oder sonstige aktenmäßig unmissverständlich dokumentierte Aussagen über das damalige Ausbauziel für die A. Straße auf Höhe des Wohnhauses Hausnummer 23 (alt) gibt es ebenfalls nicht. Nach allen noch verfügbaren Unterlagen - auch und gerade im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des neuen Schulzentrums - ist davon auszugehen, dass mit dem 1980 erreichten Ausbauzustand das damals vom Stadtrat zumindest konkludent gebilligte Planungskonzept (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2014 - 6 ZB 13.431 - juris Rn. 10) hinsichtlich Ausdehnung und technischem Ausbauzustand der A. Straße sowohl für die nördliche als auch für die südliche Teilstrecke vollständig umgesetzt war. Die nachfolgenden Erörterungen und Maßnahmen betrafen lediglich verkehrsrechtliche Anordnungen (etwa die Sperrung für den Durchgangsverkehr), nicht aber bauliche Veränderungen oder gar die Beseitigung der Engstelle. Dass auf Seiten der Klägerin im Verlauf der 1980er Jahre noch Rechnungen im Zusammenhang mit der Straßenherstellung aktenmäßig zusammengestellt worden sind, stand dem Eintritt der Vorteilslage ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Beigeladene ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verfügung vom 2. Dezember 1982 in den Jahren 1982/83 an die Klägerin aus dem Schulgrundstück FlNr. 232 einen insgesamt 267 m2 großen Grundstücksstreifen entlang der Grenze zum Straßengrundstück der Klägerin „für die Verbreiterung der A. Straße“ (zurück-) übereignet hat; denn bei dieser Teilfläche handelt es sich, wie die Markierung im beigefügten Lageplan erkennen lässt, um die bereits 1980 überbaute Verkehrsfläche an der südlichen Teilstrecke der A. Straße.

Die 1980 verbliebene Engstelle vor Hausnummer 23 (alt) war durch ein Wohngebäude auf Privatgrund vorgegeben und der Rechtsmacht der Klägerin entzogen. Ein Bebauungsplan mit entsprechender Ausweisung als öffentliche Verkehrsfläche fehlte, wobei im Übrigen fraglich erscheint, ob eine solche Festsetzung als Voraussetzung für eine Enteignung überhaupt rechtmäßig in Betracht gekommen wäre. Es gab keinerlei sonstige auch nur ansatzweise konkretisierte und dokumentierte Planung für eine Gehwegverbreiterung oder gar Versuche zur Beschaffung der Fläche und Abbruch des Gebäudes. Dementsprechend ist in Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Klägerin und des Beigeladenen zumindest der Eindruck vermittelt worden, die A. Straße sei fertiggestellt. So ist in dem Schreiben des damaligen Landrats des Beigeladenen vom 2. April 1981 an den früheren Oberbürgermeister der Klägerin von einem „nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellten nördlichen Teil der A. Straße“ die Rede. Ob auf Seiten des Beigeladenen, wie die Klägerin geltend macht, gleichwohl Anlass zur Annahme hätte bestehen müssen, die endgültige Fertigstellung der A. Straße stehe noch aus, ist unerheblich. Auch kommt es nicht darauf an, ob das Landratsamt in seiner Doppelfunktion als Kreis- und Staatsbehörde die Klägerin auf die erschließungsbeitragsrechtliche Situation hätte hinweisen und möglicherweise rechtsaufsichtlich tätig werden müssen. Denn der Eintritt der Vorteilslage beurteilt sich nicht nach subjektiven Vorstellungen möglicher Beitragsschuldner und etwaigen Vertrauensschutzgesichtspunkten, sondern nach erkennbaren objektiven Umständen, nämlich der vom Stadtrat (Ausschuss) ausdrücklich oder konkludent beschlossenen - und aufrecht erhaltenen - konkreten Planung einerseits und dem Ausmaß ihrer technischen Umsetzung andererseits.

Es mag auf Seiten der Klägerin schon damals Überlegungen gegeben haben, die Engstelle zu beseitigen und den Gehweg auf die übliche Breite auszubauen, sobald sich irgendwann einmal die Gelegenheit bieten sollte. Solche allgemeinen Erwägungen können jedoch schon mangels zeitlicher Absehbarkeit und Umsetzungsmöglichkeit aus eigener Rechtsmacht nicht als konkretes Bauprogramm angesehen werden. Sie sind ungeeignet, eine im Übrigen technisch fertiggestellte Erschließungsmaßnahme beitragsrechtlich auf unabsehbare Zeit „offen zu halten“. Ein solches Verständnis widerspräche dem mit der gesetzlichen Ausschlussfrist verfolgten Ziel, sicherzustellen, dass vorteilsabgeltende Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden dürfen. Deshalb bestand kein Anlass, den Beweisanregungen der Klägerin nachzugehen und frühere Mitarbeiter zu den damaligen Vorstellungen über eine Beseitigung der Engstelle anzuhören.

Die Vorteilslage wäre allerdings erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten, wenn der westliche Gehweg früher funktionslos gewesen wäre. Denn nach dem insoweit konkreten und unmissverständlichen Bauprogramm sollte die A. Straße auch bereits 1980 über beidseitige funktionsfähige Gehwege verfügen. Von einer Funktionslosigkeit kann jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Verkehrsverhältnisse nicht die Rede sein. Beide Gehwege verfügten mit Ausnahme der Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) über die Mindestbreite von 1,50 m und waren damit ohne weiteres funktionsgerecht (vgl. BayVGH, U.v. 11.6.2002 - 6 B 97.2354 - DVBl 2002, 1417 f.). Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der 340 m langen A. Straße führte die Engstelle, an welcher der Gehweg auf einer geringen Länge von etwa 10 m nur eine Breite von ca. 0,70 m, an den beiden Fallrohren nur 0,55 bis 0,60 m erreichte, nicht zur Funktionsunfähigkeit der Gehweganlage. Vielmehr sind einzelne Engstellen grundsätzlich auszublenden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2010 - 6 ZB 09.1394 - juris Rn. 5; U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.132 - BayVBl 2013, 211 Rn. 27 zu einer etwa 80 m langen Engstelle mit einem teilweise knapp unter 0,70 m breiten Gehweg). Wenn aufgrund beengter innerörtlicher Verhältnisse nicht alle Kriterien der als Orientierungshilfe dienenden Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (vgl. RASt 2006 bzw. EAE 85/95) eingehalten werden können, ist das unschädlich. Das gilt für die A. Straße umso mehr, als sich den Fußgängern auf beiden Straßenseiten Möglichkeiten zur Umgehung der Engstelle boten, nämlich zum einen auf dem östlichen, durchgehend 1,50 m breiten Gehweg, zum anderen auf dem selbstständigen Fußweg, der südlich des Anwesens Hausnummer 23 (alt) von der A. Straße nach Westen abzweigt und am Schulgelände nach Norden auf die R. Straße führt.

Die Vorteilslage war demnach bereits 1980 eingetreten. Die Klägerin hätte schon damals - nach Herbeiführen der übrigen Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten - Erschließungsbeiträge für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße erheben können und gemäß § 127 Abs. 1 BBauG auch müssen. Nach Ablauf der 30-jährigen Ausschlussfrist ist sie daran jedoch rechtlich gehindert. Ob der Beigeladene einer Beitragserhebung darüber hinaus die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung zur Übernahme der Sachträgerschaft für die Staatliche Fachoberschule entgegenhalten kann, bedarf keiner Entscheidung.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, ihr nach § 162 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser einen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung

Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Kläger erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € für einen Dachausbau heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

Während des Widerspruchsverfahrens erwiesen sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 und deren Vorgängersatzungen als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

Die vom Kläger gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2006 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005, basierend auf der Entwässerungssatzung der Beklagten vom 24. Juli 2000, geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Kläger sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 KAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab.

Mit Beschluss vom 5. März 2013 erklärte das Bundesverfassungsgericht Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) für unvereinbar und hob den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - auf und verwies die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurück.

Mit Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70), in Kraft getreten am 1. April 2014, wurden die Verjährungsvorschriften durch den bayerischen Gesetzgeber neu gefasst. Ein Beitrag ist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) Spiegelstrich 1 KAG spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres nach Eintreten der Vorteilslage zu erheben. Liegt ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandkräftigen Bescheid festgesetzt wurden, gilt nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG eine Frist von 30 Jahren.

Auf die Nachfrage des Senats legte die Beklagte eine schriftliche Äußerung der Tochter der im Zeitpunkt des Dachausbaus eingetragenen, inzwischen verstorbenen Eigentümer vom 21. Mai 2014 vor. Danach sei der Dachausbau in den Jahren 1986/1987 fertig gestellt worden. Der Kläger war dagegen mit Schreiben vom 22. Mai 2014 der Meinung, dass das Dachgeschoss im Zeitpunkt 1991 mehr als 10 Jahre bereits ausgebaut gewesen sei.

Mit seiner durch den Senat zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 zu ändern

und den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Freising vom 26. Juni 2006 aufzuheben.

Die Neuregelung des bayerischen Gesetzgebers genüge nach wie vor nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an das Gebot der Rechtssicherheit. Hierfür sei die gewählte Frist zu lange. Jedenfalls genüge sie den Anforderungen nicht, soweit es um Sachverhalte vor Erlass der Regelung gehe, bei denen eine Anpassung der Vertragsgestaltungen nicht mehr möglich sei. Zudem sei nicht klar, dass die Vorgängersatzungen tatsächlich nichtig gewesen seien. Dies sei im Berufungsverfahren aufzuklären, mit der Folge, dass die Festsetzungsfrist abgelaufen sein könnte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2015 zum Thema des Zeitpunktes des Dachausbaues Beweis erhoben durch Einvernahme der Tochter der früheren Eigentümer als Zeugin. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift sowie auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts vom 26. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der angefochtene Beitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl Seite 264, BayRS 2024-1-I) zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70) sowie in den Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) der Beklagten vom 18. April 2005, rückwirkend in Kraft getreten zum 1. April 1995.

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen, wie die der Beklagten. Gemäß Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG entsteht ein zusätzlicher Beitrag, wenn sich nachträglich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern. So liegt es hier.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Beklagte mit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) vom 18. April 2005 erstmals über eine wirksame Beitragssatzung verfügt hat. Die vorausgehenden Beitragssatzungen der Beklagten enthielten eine unzulässige Regelung zur Veranlagung einzelner Geschosse innerhalb von Gebäuden oder selbständigen Gebäudeteilen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U.v. 27.2.2003 - 23 B 02.1032 - BayVBl 2003, 373; B.v. 17.5.2006, - 23 CS 06.928 - juris) zur Nichtigkeit des gesamten Beitragsteils der Satzung führt. Die Entwässerungssatzung mit Beitrags- und Gebührenteil vom 30. Juli 1973 ist wegen einer mit dem Prinzip der gerechten Vorteilsabgeltung nicht zu vereinbarenden Begünstigung kleinerer Einfamilienhäuser beim Beitragsmaßstab Grundstücksfläche (§ 34 Abs. 2 c) im Beitragsteil als nichtig anzusehen (BayVGH, U.v. 14.4.1989 - 23 B 87.03112). Die BGS-EWS vom 12. Dezember 1960 ist allein schon wegen des nicht vorteilsgerechten Grundbeitrags mit Berücksichtigung der Geschossfläche erst ab dem dritten Vollgeschoss (§ 6 Abs. 1) nichtig (vgl. BayVGH v. 14.4.1989 a.a.O.). Diese vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung ist zutreffend und wurde vom Kläger nicht substantiell in Frage gestellt. Auf der Grundlage der rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft getretenen BGS-EWS 2005 ist die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung von 74,0 qm im Dachgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens somit erstmals am 1. April 1995 entstanden. Die persönliche Beitragsschuld trifft den Kläger als zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch eingetragenen Eigentümer (Art. 5 Abs. 6 Satz 1 KAG, § 4 BGS-EWS 2005).

Die Festsetzung des Herstellungsbeitrags im Jahr 2004 war noch zulässig, da die Vorteilslage für das veranlagte Anwesen frühestens im Jahr 1987 eintrat.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist § 169 der Abgabenordnung (AO) in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe anwendbar, dass über Abs. 1 Satz 1 hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, gilt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt (vgl. Art. 19 Abs. 2 KAG). Durch die Neufassung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichtes, welches die Vorgängerregelung, die bei einer nichtigen Beitragssatzung keine zeitliche Begrenzung der Beitragserhebung nach dem Entstehen der Vorteilslage vorsah, für verfassungswidrig erklärte (BVerfG, B.v. 5.3.2013 – 1 BvR 2457/08 – BGBl I 2013, 820 = BayVBl 2013, 465), nachgekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung Folgendes ausgeführt (a.a.O. Rn. 45, 46):

„Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.“

Gemessen an diesen Anforderungen ist die vom bayerischen Gesetzgeber gewählte zwanzigjährige Ausschlussfrist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst wurde dadurch erstmals eine zeitliche Höchstgrenze für die Erhebung eines Beitrages nach Art. 5 KAG eingeführt und dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, so dass der Bürger nunmehr eine klare Höchstfrist vor Augen hat und nicht mehr im Unklaren ist. Bei der Bestimmung der Dauer der Frist ist mit zwanzig Jahren kein unangemessen langer Zeitraum gewählt worden. Entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts hatte der Gesetzgeber hier einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Bürgers an baldiger Rechtssicherheit und dem öffentlichen Interesse an einem Vorteilsausgleich für die Zurverfügungstellung einer öffentlichen Einrichtung der Daseinsvorsorge durchzuführen. Dem Gesetzgeber steht hier ein weiter Gestaltungsspielraum zu und die Vorteile, die die öffentliche Einrichtung vermittelt, können hier noch relativ lange fortwirken. So hält der 6. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abgesehen von der hier einschlägigen Konstellation allgemein eine 30jährige Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des Art. 53 Abs. 2 BayVwVfG für angemessen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsanspruch aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im Wege des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung in Anlehnung an § 53 Abs. 2 VwVfG eine 30jährige Ausschlussfrist entgegen gehalten werden und zwar unabhängig von der Entstehung des Anspruches (BVerwG, U.v. 20.3.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211, ebenso VGH Baden-Württemberg, B.v. 27.1.2015 - 2 S 1840/14 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 4.12.2014 - 4 L 220/13 - juris). Im Hinblick darauf bestehen an der Verfassungsmäßigkeit der Zwanzigjahresfrist keine Bedenken. Zum einen hat der bayerische Gesetzgeber eine im Vergleich zu vorstehenden Erwägungen wesentlich kürzere Frist gewählt, zum anderen handelt es sich um eine klar ersichtliche gesetzliche Ausschlussfrist, die den Bürgern unabhängig von den Umständen des Einzelfalls Rechtsklarheit verschafft. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Abwägung der unterschiedlichen Interessen (vgl. LT-Drs. 17/370 Nr. 2) ist von sachgerechten Erwägungen getragen und hält sich im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums.

Bei Ergänzungsbeitragen für die Verwirklichung zusätzlicher Geschossflächen kann man für den Beginn der Ausschlussfrist aber nicht auf den erstmaligen Anschluss an die öffentliche Einrichtung abstellen. Hier wird der (zusätzliche) Vorteil, den die öffentliche Einrichtung vermittelt, erst mit der tatsächlichen Fertigstellung der betreffenden Geschossflächen vermittelt und muss damit Ausgangspunkt der Betrachtung sein.

Der Dachausbau des streitgegenständlichen Anwesens wurde frühestens im Jahre 1987 fertiggestellt. Dies steht nach der in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2015 durchgeführten Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugin ... zur Überzeugung des Senats fest. Die Zeugin hat mit ihrer Aussage nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, dass sie sich dieser zeitlichen Einordnung ziemlich sicher sei, weil sie 1985, als sie 18 Jahre alt war, ihre Berufstätigkeit begonnen habe und sich damals die Frage stellte, ob sie ausziehen solle oder im elterlichen Haus bleiben könne. Die Familie habe sich dann entschlossen das Dach als Wohnung für die Zeugin auszubauen. Diese zu keinen Zweifeln Anlass gebende Aussage wurde auch vom Kläger bei der Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht in Frage gestellt. Demnach ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass der Dachausbau im Jahre 1987 fertiggestellt wurde. Folglich begann die Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit Ablauf des Jahres 1987 am 1. Januar 1988 zu laufen und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2007. Die Festsetzung des Beitrags erfolgte jedoch mit der Bekanntgabe des Bescheids der Beklagten vom 5. April 2004, dessen Rechtsgrundlage die BGS-EWS vom 18. April 2005 ist, und damit vor Ablauf der Zwanzigjahresfrist.

Damit erfolgte die Festsetzung des Ergänzungsbeitrags noch rechtzeitig und es kommt nicht auf die Anwendung der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG an. Nach dieser Vorschrift gilt für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Diese Norm hätte zwar im hier zu entscheidenden Fall Anwendungsvorrang, weil der streitgegenständliche Ergänzungsbeitrag durch vor dem 1. April 2014 nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt worden ist. Der Senat hegt jedoch verfassungsrechtliche Bedenken, ob die Übergangsregelung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV zu vereinbaren ist. Ein sachlicher Differenzierungsgrund für die Ungleichbehandlung von Beitragsfestsetzungen die vor dem 1. April 2014 mit nicht bestandskräftigem Bescheid festgesetzt worden sind und Beitragsfestsetzungen, die nach diesem Zeitpunkt erfolgt sind, erschließt sich dem Senat - jedenfalls bisher - nicht. Die im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes gegebene Begründung (LT-Drs. 17/370 S. 18) überzeugt nicht. Sie beruht im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass eine unterschiedliche Behandlung von (ausgesetzten) Widerspruchsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, aufgrund der unterschiedlich maßgeblichen Entscheidungszeitpunkte, vermieden werden soll. Eine solche Erwägung spielt aber erkennbar keine Rolle, weil es bei Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG maßgeblich auf die Festsetzung des Beitrags und somit auf die Bekanntgabe des Beitragsbescheids ankommt. Nachdem im hier zu entscheidenden Fall bereits die regelmäßige zwanzigjährige Ausschlussfrist eingehalten wurde, kann die Frage, ob die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG verfassungsgemäß ist oder gegebenenfalls einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, jedoch dahinstehen.

2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

 

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.197,32 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. März 2015 - Au 2 K 14.1729 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Stadt, wendet sich dagegen, dass die Widerspruchsbehörde ihren an den beigeladenen Landkreis gerichteten Bescheid über die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die Herstellung der Erschließungsanlage A. Straße aufgehoben hat.

1. Die als Orts Straße gewidmete A. Straße verläuft von der R. Straße im Norden durch unbeplanten Innenbereich zur H. Straße/Rainhausgasse im Süden. Sie ist nach Ansicht der Klägerin von Norden aus gesehen auf einer Länge von etwa 340 m (bis auf Höhe des Anwesens Hausnummer 8) zum Anbau bestimmt und stellt in dieser Ausdehnung eine Erschließungsanlage dar (im Folgenden verkürzt: A. Straße). In diesem Bereich grenzt auf der westlichen Straßenseite das 44.881 m2 große Grundstück FlNr. 232 an, das die Klägerin dem Beigeladenen aufgrund eines Überlassungsvertrags vom 9. August 1977 zum Neubau eines Schulzentrums übereignet hatte. Im Zusammenhang mit dem Schulneubau wurden im Jahr 1980 an der südlichen Teilstrecke der A. Straße Straßenbaumaßnahmen durchgeführt. Erreicht wurde damals - für die gesamte Teilstrecke mit Erschließungsfunktion - ein Ausbauzustand mit einer 6 m breiten Fahrbahn und beidseitigen Gehwegen mit einer Breite von jeweils 1,50 m, wobei auf der westlichen Straßenseite vor dem Anliegergrundstück Hausnummer 23 (alt) eine ca. 10 m lange Engstelle verblieb. Dort ragte ein Wohngebäude in die Fluchtlinie des Gehwegs hinein, weshalb dieser nur mit einer Breite von etwa 0,70 m angelegt wurde; zusätzlich wurde der Gehweg an zwei Stellen durch Fallrohre zur Dachentwässerung dieses Gebäudes weiter um 0,10 bis 0,15 m verengt.

Nachdem ein Bauträger das Anwesen Hausnummer 23 (alt) gekauft und das Gebäude für den Neubau von Reihenhäusern (Dreispänner) abgebrochen hatte, erwarb die Klägerin 2012 eine Fläche von 8 m2 aus dem an die A. Straße grenzenden Teilgrundstück und verbreiterte den Gehweg auf 1,50 m. Mit Bescheid vom 24. März 2014 zog sie den Beigeladenen für das (Schul-)Grundstück FlNr. 232 zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße in Höhe von 160.300,23 € heran. Dieser legte Widerspruch ein und beantragte bei dem Verwaltungsgericht mit Erfolg, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs anzuordnen (VG Augsburg, B.v. 4.8.2014 - Au 2 S. 14.894). Der Oberbürgermeister der Klägerin stellte mit dringlicher Anordnung vom 5. August 2014 fest, dass die A. Straße in dem nach Beseitigung der Engstelle erreichten Ausbauzustand den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche und damit rechtmäßig hergestellt sei. Diese auf Art. 37 Abs. 3 GO gestützte Anordnung wurde dem Stadtrat in der nächsten Sitzung bekanntgegeben.

Das Landratsamt gab dem Widerspruch des Beigeladenen statt und hob mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 den Erschließungsbeitragsbescheid auf. Dieser sei rechtswidrig, weil die gesetzliche Ausschlussfrist für die Festsetzung eines Erschließungsbeitrags abgelaufen sei. Die Vorteilslage sei bereits mit der endgültigen technischen Fertigstellung der A. Straße im Jahr 1980 und damit vor mehr als 30 Jahren eingetreten.

2. Das Verwaltungsgericht hat die auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids gerichtete Klage mit Urteil vom 19. März 2015 für unbegründet erachtet und abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Das Landratsamt habe den Erschließungsbeitragsbescheid zu Recht aufgehoben, weil bei seinem Erlass die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG bereits abgelaufen gewesen sei. Der Lauf der Frist beginne mit dem Eintritt der Vorteilslage. Dieser Begriff knüpfe an für den Bürger ohne weiteres bestimmbare, rein tatsächliche Gegebenheiten an und lasse rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor. Die Vorteilslage trete ein, wenn die Straße insgesamt betriebsfertig, d.h. entsprechend der bekundeten Planung der Gemeinde technisch endgültig fertiggestellt sei. Das sei für die A. Straße bereits im Jahr 1980 der Fall gewesen.

Dem stehe nicht entgegen, dass der westliche Gehweg auf einer Länge von ca. 10 m bis zum Jahr 2013 lediglich mit einer durchschnittlichen Breite von 0,70 m bis 0,80 m statt von 1,50 m wie im übrigen Verlauf hergestellt worden sei. Der Herstellung läge weder ein Bebauungsplan noch eine örtliche Richtlinie oder ein förmliches Teileinrichtungs- oder Ausbauprogramm zu Grunde, aus dem sich eine verbindliche Festlegung der Gehwegbreite auf durchgängig 1,50 m ableiten lasse. Der Umstand, dass die Gehwege außerhalb der Engstelle einer Breite von 1,50 m aufweisen würden, lasse nicht zwingend den Schluss zu, dass vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) noch über 30 Jahre nach der Herstellung der Straße eine Verbreiterung des Gehwegs erfolgen werde. Ein bloßer Rückschluss vom Inhalt bestehender Ausbauplanungen auf einen voraussichtlich in gleicher Weise ausgeübten Planungswillen könne die Planung nicht ersetzen. Auch der Erschließungsbeitragssatzung könne keine Vorgabe für eine Mindestbreite der Gehwege entnommen werden. Ein objektiver Beobachter habe damals den Eindruck gewinnen können und dürfen, dass die Erschließungsanlage A. Straße in dem erreichten Zustand verbleiben werde, zumal das in den Gehweg hineinragende Gebäude nicht im Eigentum der Klägerin gestanden habe und keine Anhaltspunkte für einen in absehbarer Zeit erfolgenden Erwerb zum Abbruch vorgelegen hätten.

Der Gehweg habe trotz der Engstelle noch den Mindestanforderungen genügt, die an die Funktionsfähigkeit einer solchen Verkehrseinrichtung auch an einer Straße mit erhöhter Verkehrsbedeutung zu stellen sei. Dem Umstand, dass für die A. Straße damals keine Erschließungsbeiträge erhoben worden seien, komme kein besonderes Gewicht zu, weil die Klägerin nach den vom Beigeladenen vorgelegten Presseberichten offenbar jahrzehntelang auf die Erhebung von Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen verzichtet habe.

3. Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und macht geltend:

Die Vorteilslage sei nicht bereits 1980, sondern erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten. Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und ihr keine Gelegenheit gegeben, zu den für entscheidungserheblich gehaltenen Umständen näher vorzutragen. Der Gehweg sei bis zur Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 funktionslos gewesen. Die starke Verengung auf einer Länge von mindestens 10 m sei so gravierend gewesen, dass sie auf die Funktionalität des Gehwegs zur Gänze durchgeschlagen habe. In unmittelbarer Umgebung befänden sich auf der gleichen Straßenseite drei Schulen. In den Stoßzeiten habe nur ein einzelnes Schulkind die Engstelle passieren können. Ein sicheres Begehen sei damit nicht möglich gewesen. Die Schüler hätten auf die Fahrbahn ausweichen müssen. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens und der starken Frequentierung durch Fußgänger sei ein Gehweg mit einer solch langen Verengung ungeeignet, seine Funktion zu erfüllen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe auch schon damals ein Bauprogramm für eine durchgehende Ausbaubreite des Gehsteigs von 1,50 m vorgelegen. Dieses ergebe sich aus der Zusammenschau der diversen für die verschiedenen Bereiche der A. Straße gefertigten Planungen und Ausbauentwürfe. Seit den 1970er Jahren verfolge die Klägerin das Ziel, die A. Straße so herzustellen, dass ein ausreichender Gehweg auf beiden Seiten der Straße vorhanden sei. Dieser Plan sei nie aufgegeben worden. 1967 habe es entlang der westlichen Straßenseite nur geringe Bebauung gegeben. Daher sei auf dieser Seite ein Gehweg nur in Teilen, nämlich nur im Bereich der Einmündung zur R. Straße, vorgesehen gewesen, auf der östlichen Straßenseite habe sich jedoch bereits überwiegend ein Gehweg mit einer Breite von 1,50 m befunden. In den Jahren 1970/1971 habe sich dann die Bebauung auf der westlichen Seite vermehrt. Auf dem entsprechenden Kartenauszug lasse sich deutlich erkennen, dass der Gehweg auf der westlichen Straßenseite weiter ausgebaut worden sei. Auch die Entwicklung des Ausbauzustandes dokumentiere, wie sich die Klägerin den endgültigen Ausbau vorgestellt habe. Dementsprechend werde aus der dringlichen Anordnung vom 5. August 2014 deutlich, dass im Jahr 1980 gerade nicht von einer endgültigen Herstellung ausgegangen worden sei. Mit dieser sei die Festlegung der Gehwegbreite auf 1,50 m verbindlich und nach außen erkennbar nachgeholt worden.

Im Jahr 1977 sei im Zusammenhang mit der Überlassung von städtischen Grundstücken an den Beigeladenen zum Neubau einer Berufsschule auch die Straßenerschließung erörtert worden. In der Niederschrift über die Sitzung des Finanzausschusses am 13. Juli 1977 sei ausgeführt, dass die Straße „noch nicht fertig ausgebaut“ sei. Der Straßenausbau im Jahr 1980 betreffe den südlichen Teil der A. Straße und entspreche weitgehend der bereits 1972 gefertigten Planung. Auch insoweit sei auf der westlichen Seite ein Gehweg von 1,50 m Breite vorgesehen gewesen. Da sich die Herstellungsarbeiten stets verzögert hätten und die Planung nicht umgesetzt worden sei, könne dem Verwaltungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden, dass spätestens mit den Straßenbaumaßnahmen im Jahr 1980 der endgültige Ausbauzustand erreicht und damit die Vorteilslage eingetreten sei. Hätte die Klägerin den Straßenausbau komplett mit dieser Maßnahme abschließen wollen, wäre zumindest ein Ausbauplan für die gesamte Straße gefertigt worden. Die weitere Ausbauabsicht der Klägerin sei klar erkennbar gewesen. Das Zusammenspiel der Planungen und Aussagen in den Stadtrats- und Ausschusssitzungen verdeutliche, dass die Planungen für den durchgehenden Ausbau der A. Straße zwar vorhanden, jedoch unter anderem aufgrund fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht umgesetzt worden seien. Im Zuge der Überlassung mehrerer Grundstücke an den Beigeladenen zum Zweck des Schulneubaus sei entgegen der Ansicht des Beigeladenen auch kein Erlass der Erschließungskosten für die A. Straße vereinbart worden. Bis mindestens 1987 habe es Gespräche mit dem Beigeladenen im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des Schulgeländes gegeben, aus denen dieser hätte erkennen müssen, dass die Straße noch nicht vollständig fertiggebaut sei. Dieses subjektive Element müsse bei der Frage, ob und wann die Vorteilslage eingetreten sei, Berücksichtigung finden.

Das Verwaltungsgericht habe zudem die Beweislast verkannt, weil es nicht berücksichtigt habe, dass die Gemeinde, sofern sie vom festgelegten Standard abweiche, ein gesteigerter Begründungsaufwand dafür treffe, dass die Erschließungsanlage ordnungsgemäß entsprechend den anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. März 2015 abzuändern und den Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 aufzuheben sowie den Widerspruch des Beigeladenen zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und deshalb die 30-jährige Ausschlussfrist abgelaufen sei. Die Klägerin habe nicht substantiiert darlegen können, dass ein Bauprogramm vorgelegen habe, das erkennbar einen Ausbau des Gehwegs durchgängig auf eine Breite von 1,50 m festlege. Ihre Ausführungen ließen vielmehr den gegenteiligen Schluss zu. Dass aus damaliger Sicht das Gebäude auf dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) irgendwann abgerissen und die Klägerin dann den für die Gehwegverbreiterung erforderlichen Grund erwerben könne, seien Gesichtspunkte, die außerhalb einer objektiven Betrachtung lägen und deren Verwirklichung vollkommen offen seien. Im Übrigen sei bei Errichtung der Straße ein Gehweg mit einer anderen Führung nicht möglich gewesen. Selbst wenn es das von der Klägerin behauptete Bauprogramm gegeben hätte, wäre der zeitliche Horizont zu seiner Verwirklichung nicht absehbar gewesen. Der Beitragsschuldner wäre dann aber in Widerspruch zum Gebot der Rechtssicherheit im Unsicheren gelassen worden, ob und wann er zu Beiträgen herangezogen werden könne.

Das Verwaltungsgericht habe weiter zutreffend angenommen, dass der Gehweg trotz der Engstelle insgesamt funktionsfähig gewesen sei. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin werde durch die mehr als 30-jährige Nutzung mit Engstelle widerlegt. Ein objektiver Betrachter habe gerade aufgrund der Situation vor Ort nur zu dem Schluss gelangen können, dass der Gehweg vollständig hergestellt worden sei, weil er weder den Eindruck eines Provisoriums noch eines vorläufigen Ausbauzustandes vermittelt habe. Der Gehweg habe sich an den Verhältnissen vor Ort, wie sie über 30 Jahre lang bestanden hätten, orientiert. Indem die Klägerin die Straße erkennbar dem örtlichen Verkehr zur Verfügung gestellt habe, sei sie selbst von der Benutzbarkeit ausgegangen. Die dringliche Anordnung des Oberbürgermeisters vom 5. August 2014 betreffe die Rechtmäßigkeit der Herstellung als Voraussetzung des Entstehens der sachlichen Beitragsforderung. Sie gebe nichts für die streitentscheidende Frage her, wann die Vorteilslage eingetreten sei.

Der Beigeladene ist ebenfalls der Ansicht, die Vorteilslage sei bereits 1980 mit der endgültigen technischen Herstellung der A. Straße eingetreten, und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es habe damals weder einen Bebauungsplan noch ein Bauprogramm gegeben, welche den Ausbau beidseitiger Gehwege auf einer durchgängigen Breite von 1,50 m vorgesehen hätten. Insbesondere habe es für den Bereich der damaligen Engstelle keine entsprechende Planung gegeben. Eine solche hätte im Übrigen auch keinerlei Realisierungschance gehabt. Denn das Wohngebäude hätte gänzlich abgerissen werden müssen, was gegen den Willen der damaligen Eigentümerin nicht einmal im Wege der Enteignung umsetzbar gewesen wäre. Die Klägerin berufe sich in diesem Zusammenhang nicht etwa auf materialisierte Planungsvorstellungen in Form aussagefähiger Pläne, sondern auf die Aussagen von Personen, was von vornherein nicht ausreichen könne. Im Zuge der Diskussionen um die „äußere Erschließung“ des Schulzentrums habe der Landrat des Beigeladenen mit Schreiben vom 2. April 1981 an den Oberbürgermeister der Klägerin als Besprechungsergebnis wiedergegeben, dass der nördliche Teil der A. Straße nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellt sei.

Die Entstehung der beitragsrechtlichen Vorteilslage im Jahr 1980 könne auch nicht mit der Erwägung verneint werden, der westliche Gehweg sei wegen der Engstelle nicht funktionsfähig gewesen. Der Gehweg sei in der damals angelegten Gestalt das gewesen, was den Fußgängern aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage maximal habe geboten werden können und was unter diesen Umständen auch funktional ausgereicht habe. Das ergebe sich auch daraus, dass südlich des Grundstücks Hausnummer 23 (alt) der von den Schulen her kommende Geh- und Radweg (FlNr. 233/2) in die A. Straße münde; auf diesem Weg hätten die das Schulgelände nach Süden verlassenden Schüler ungehindert durch das in die Straße ragende Gebäude in die A. Straße gelangen können, während das Schulgelände ansonsten von Norden und Westen durch andere Straßen erschlossen sei. Abgesehen davon habe die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite auch für sich betrachtet den Mindestanforderungen genügt.

Darüber hinaus stehe der Beitragserhebung noch entgegen, dass die Klägerin sich dem Beigeladenen gegenüber 1977 vertraglich zur Herstellung der „äußeren Erschließung“ des Schulgeländes auf eigene Kosten verpflichtet habe, während dem Beigeladenen die „innere Erschließung“ überlassen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Klägerin und vom Landratsamt vorgelegten Aktenheftungen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 23. Februar 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerspruchbescheid gerichtete Anfechtungsklage (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die Widerspruchsbehörde hat den Erschließungsbeitragsbescheid vom 24. März 2014, mit dem die Klägerin den Beigeladenen zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße herangezogen hat, zu Recht aufgehoben. Dieser Bescheid war rechtswidrig, weil die durch die A. Straße vermittelte Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und demnach die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG für eine Beitragsfestsetzung bei Bescheidserlass bereits abgelaufen war.

1. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt.

Mit dieser Vorschrift, die durch Änderungsgesetz vom 11. März 2014 (GVBl S. 570) in das Kommunalabgabengesetz eingefügt wurde, ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, das mit Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143 ff.) die Vorgängerregelung für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG erklärt hatte. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich - wie der hier in Streit stehende Erschließungsbeitrag - nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG gewährleistet eine bestimmbare zeitliche Obergrenze in Gestalt einer Ausschlussfrist, die durch den Eintritt der Vorteilslage ausgelöst wird und nach deren Ablauf eine Beitragserhebung zwingend und ausnahmslos ausscheidet, auch dann, wenn die Beitragsschuld noch nicht entstanden ist und deshalb auch noch nicht hätte festgesetzt werden dürfen und verjähren können. Die Bemessung der Ausschlussfrist mit 20 bzw. 25 Jahren begegnet ebenso wenig verfassungsrechtlichen Bedenken wie die in Art. 19 Abs. 2 KAG für Übergangsfälle einheitlich auf 30 Jahre festgelegte Zeitspanne (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 70 Rn. 22; U.v. 12.3.2015 - 20 B 14.1441 - juris Rn. 25).

Der Begriff der Vorteilslage knüpft an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor (vgl. LTDrs. 17/370 S. 13). Es kommt demnach für die Ausschlussfrist mit Blick auf eine beitragsfähige Erschließungsanlage (früher § 127 Abs. 2 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 KAG) auf die tatsächliche - bautechnische - Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme an, nicht aber auf die rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten, wie die Widmung der Anlage, die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit ihrer Herstellung, die Wirksamkeit der Beitragssatzung oder den vollständigen Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung.

Ob eine Erschließungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt und die Vorteilslage folglich eingetreten ist, beurteilt sich nicht nach - kaum greifbaren - allgemeinen Vorstellungen von einer „Benutzbarkeit“ und „Gebrauchsfertigkeit“ der Anlage oder einer „ausreichenden Erschließung“ der angrenzenden Grundstücke. Beurteilungsmaßstab ist vielmehr die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Denn allein die Gemeinde entscheidet im Rahmen der ihr obliegenden Erschließungsaufgabe (§ 123 Abs. 1 BauGB) und der sich daraus ergebenden gesetzlichen Schranken über Art und Umfang der von ihr für erforderlich gehaltenen Erschließungsanlagen. Entscheidend kommt es mit anderen Worten darauf an, ob die - wirksame - konkrete gemeindliche Planung für die Erschließungsmaßnahme sowohl im räumlichen Umfang als auch in der bautechnischen Ausführung bislang nur provisorisch ausgeführt oder schon vollständig umgesetzt ist. Dementsprechend tritt die Vorteilslage bei einer A. Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), wie der Senat wiederholt entschieden hat, (erst) dann ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B.v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 - 6 ZB 15.2786 - juris Rn. 15). Bleibt der Ausbau hinter der Planung zurück, ist zu prüfen, ob die Gemeinde ihre weitergehende Planung - wirksam - aufgegeben hat und den erreichten technischen Ausbauzustand nunmehr als endgültig mit der Folge ansieht, dass mit Aufgabe der Planung die Vorteilslage eingetreten ist.

2. Gemessen an diesem Maßstab ist die Vorteilslage, welche die A. Straße auf der maßgeblichen, etwa 340 m langen zum Anbau bestimmten Strecke zwischen R. Straße und dem Anliegergrundstück Hausnummer 8 den anliegenden Grundstücken vermittelt, bereits 1980 eingetreten. Denn in diesem Jahr ist die Straße trotz der verbliebenen Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) endgültig technisch fertiggestellt worden.

Im Jahr 1980 war die südliche Teilstrecke der A. Straße im Zusammenhang mit dem Neubau des Schulzentrums auf dem Grundstück des Beigeladenen plangemäß an die bereits zuvor ausgebaute nördliche Teilstrecke angepasst worden. Die A. Straße wies nach Durchführung dieser Bauarbeiten durchgehend eine Fahrbahnbreite von 6 m auf, verfügte über beiderseitige Gehwege sowie die Teileinrichtungen Beleuchtung und Entwässerung und entsprach, wovon die Klägerin selbst ausgeht, in sämtlichen angelegten Teilen den bautechnischen Herstellungsmerkmalen der Erschließungsbeitragssatzung. An der nördlichen Teilstrecke verblieb lediglich die Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt). Diese Engstelle ergab sich daraus, dass das Wohnhaus geringfügig in die Straßentrasse hineinragte und deshalb der westliche Gehweg an dieser Stelle mit etwa 0,70 m nur knapp halb so breit angelegt war wie auf der übrigen Strecke. Die von der Klägerin vorgelegten Bilder belegen, dass sich der Gehweg unmittelbar vor und nach dem Gebäude wieder auf die übliche Gehwegbreite von 1,50 m aufweitete. Diese Ausmaße der Engstelle werden dadurch bestätigt, dass die Klägerin für ihre Beseitigung von der Grundstückseigentümerin laut Kaufvertrag vom 19. November 2012 lediglich eine „Verkehrsfläche zu 8 m2“ (Flst. 229/5 ) erworben hat. Bei einer Gebäudelänge von ca. 10 m errechnet sich daraus ein etwa 0,80 m breiter Streifen, der dem Gehweg an dieser Stelle zu einer Breite von 1,50 m fehlte. Die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite von etwa 0,70 m wurde zudem an den beiden Hausecken durch zwei Fallrohre um 0,10 bis 0,15 m verringert.

Den vorliegenden Unterlagen und dem Vorbringen der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass bei Abschluss der Straßenbauarbeiten im Jahr 1980 eine hinreichend konkrete städtische Planung dafür (fort-) bestanden haben könnte, die Engstelle zu beseitigen. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass mit der Anpassung der südlichen Teilstrecke die damalige Planung für die A. Straße vollständig umgesetzt und diese damit als Erschließungsanlage technisch fertiggestellt worden ist.

Ein förmliches Bauprogramm war für die A. Straße nach dem Vorbringen der Klägerin nicht beschlossen worden. Konkrete Pläne oder sonstige aktenmäßig unmissverständlich dokumentierte Aussagen über das damalige Ausbauziel für die A. Straße auf Höhe des Wohnhauses Hausnummer 23 (alt) gibt es ebenfalls nicht. Nach allen noch verfügbaren Unterlagen - auch und gerade im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des neuen Schulzentrums - ist davon auszugehen, dass mit dem 1980 erreichten Ausbauzustand das damals vom Stadtrat zumindest konkludent gebilligte Planungskonzept (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2014 - 6 ZB 13.431 - juris Rn. 10) hinsichtlich Ausdehnung und technischem Ausbauzustand der A. Straße sowohl für die nördliche als auch für die südliche Teilstrecke vollständig umgesetzt war. Die nachfolgenden Erörterungen und Maßnahmen betrafen lediglich verkehrsrechtliche Anordnungen (etwa die Sperrung für den Durchgangsverkehr), nicht aber bauliche Veränderungen oder gar die Beseitigung der Engstelle. Dass auf Seiten der Klägerin im Verlauf der 1980er Jahre noch Rechnungen im Zusammenhang mit der Straßenherstellung aktenmäßig zusammengestellt worden sind, stand dem Eintritt der Vorteilslage ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Beigeladene ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verfügung vom 2. Dezember 1982 in den Jahren 1982/83 an die Klägerin aus dem Schulgrundstück FlNr. 232 einen insgesamt 267 m2 großen Grundstücksstreifen entlang der Grenze zum Straßengrundstück der Klägerin „für die Verbreiterung der A. Straße“ (zurück-) übereignet hat; denn bei dieser Teilfläche handelt es sich, wie die Markierung im beigefügten Lageplan erkennen lässt, um die bereits 1980 überbaute Verkehrsfläche an der südlichen Teilstrecke der A. Straße.

Die 1980 verbliebene Engstelle vor Hausnummer 23 (alt) war durch ein Wohngebäude auf Privatgrund vorgegeben und der Rechtsmacht der Klägerin entzogen. Ein Bebauungsplan mit entsprechender Ausweisung als öffentliche Verkehrsfläche fehlte, wobei im Übrigen fraglich erscheint, ob eine solche Festsetzung als Voraussetzung für eine Enteignung überhaupt rechtmäßig in Betracht gekommen wäre. Es gab keinerlei sonstige auch nur ansatzweise konkretisierte und dokumentierte Planung für eine Gehwegverbreiterung oder gar Versuche zur Beschaffung der Fläche und Abbruch des Gebäudes. Dementsprechend ist in Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Klägerin und des Beigeladenen zumindest der Eindruck vermittelt worden, die A. Straße sei fertiggestellt. So ist in dem Schreiben des damaligen Landrats des Beigeladenen vom 2. April 1981 an den früheren Oberbürgermeister der Klägerin von einem „nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellten nördlichen Teil der A. Straße“ die Rede. Ob auf Seiten des Beigeladenen, wie die Klägerin geltend macht, gleichwohl Anlass zur Annahme hätte bestehen müssen, die endgültige Fertigstellung der A. Straße stehe noch aus, ist unerheblich. Auch kommt es nicht darauf an, ob das Landratsamt in seiner Doppelfunktion als Kreis- und Staatsbehörde die Klägerin auf die erschließungsbeitragsrechtliche Situation hätte hinweisen und möglicherweise rechtsaufsichtlich tätig werden müssen. Denn der Eintritt der Vorteilslage beurteilt sich nicht nach subjektiven Vorstellungen möglicher Beitragsschuldner und etwaigen Vertrauensschutzgesichtspunkten, sondern nach erkennbaren objektiven Umständen, nämlich der vom Stadtrat (Ausschuss) ausdrücklich oder konkludent beschlossenen - und aufrecht erhaltenen - konkreten Planung einerseits und dem Ausmaß ihrer technischen Umsetzung andererseits.

Es mag auf Seiten der Klägerin schon damals Überlegungen gegeben haben, die Engstelle zu beseitigen und den Gehweg auf die übliche Breite auszubauen, sobald sich irgendwann einmal die Gelegenheit bieten sollte. Solche allgemeinen Erwägungen können jedoch schon mangels zeitlicher Absehbarkeit und Umsetzungsmöglichkeit aus eigener Rechtsmacht nicht als konkretes Bauprogramm angesehen werden. Sie sind ungeeignet, eine im Übrigen technisch fertiggestellte Erschließungsmaßnahme beitragsrechtlich auf unabsehbare Zeit „offen zu halten“. Ein solches Verständnis widerspräche dem mit der gesetzlichen Ausschlussfrist verfolgten Ziel, sicherzustellen, dass vorteilsabgeltende Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden dürfen. Deshalb bestand kein Anlass, den Beweisanregungen der Klägerin nachzugehen und frühere Mitarbeiter zu den damaligen Vorstellungen über eine Beseitigung der Engstelle anzuhören.

Die Vorteilslage wäre allerdings erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten, wenn der westliche Gehweg früher funktionslos gewesen wäre. Denn nach dem insoweit konkreten und unmissverständlichen Bauprogramm sollte die A. Straße auch bereits 1980 über beidseitige funktionsfähige Gehwege verfügen. Von einer Funktionslosigkeit kann jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Verkehrsverhältnisse nicht die Rede sein. Beide Gehwege verfügten mit Ausnahme der Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) über die Mindestbreite von 1,50 m und waren damit ohne weiteres funktionsgerecht (vgl. BayVGH, U.v. 11.6.2002 - 6 B 97.2354 - DVBl 2002, 1417 f.). Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der 340 m langen A. Straße führte die Engstelle, an welcher der Gehweg auf einer geringen Länge von etwa 10 m nur eine Breite von ca. 0,70 m, an den beiden Fallrohren nur 0,55 bis 0,60 m erreichte, nicht zur Funktionsunfähigkeit der Gehweganlage. Vielmehr sind einzelne Engstellen grundsätzlich auszublenden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2010 - 6 ZB 09.1394 - juris Rn. 5; U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.132 - BayVBl 2013, 211 Rn. 27 zu einer etwa 80 m langen Engstelle mit einem teilweise knapp unter 0,70 m breiten Gehweg). Wenn aufgrund beengter innerörtlicher Verhältnisse nicht alle Kriterien der als Orientierungshilfe dienenden Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (vgl. RASt 2006 bzw. EAE 85/95) eingehalten werden können, ist das unschädlich. Das gilt für die A. Straße umso mehr, als sich den Fußgängern auf beiden Straßenseiten Möglichkeiten zur Umgehung der Engstelle boten, nämlich zum einen auf dem östlichen, durchgehend 1,50 m breiten Gehweg, zum anderen auf dem selbstständigen Fußweg, der südlich des Anwesens Hausnummer 23 (alt) von der A. Straße nach Westen abzweigt und am Schulgelände nach Norden auf die R. Straße führt.

Die Vorteilslage war demnach bereits 1980 eingetreten. Die Klägerin hätte schon damals - nach Herbeiführen der übrigen Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten - Erschließungsbeiträge für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße erheben können und gemäß § 127 Abs. 1 BBauG auch müssen. Nach Ablauf der 30-jährigen Ausschlussfrist ist sie daran jedoch rechtlich gehindert. Ob der Beigeladene einer Beitragserhebung darüber hinaus die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung zur Übernahme der Sachträgerschaft für die Staatliche Fachoberschule entgegenhalten kann, bedarf keiner Entscheidung.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, ihr nach § 162 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser einen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

(1) Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt.

(2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs kostengünstig hergestellt werden und spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein.

(3) Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht nicht.

(4) Die Unterhaltung der Erschließungsanlagen richtet sich nach landesrechtlichen Vorschriften.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Tenor

I.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. Oktober 2015 - AN 3 K 14.1655 - wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 66.989,19 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 VwGO liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Die beklagte Stadt hat die Klägerin, eine BGB-Gesellschaft, als Eigentümerin der Grundstücke FlNr. 287, 287/3, 287/2 und 287/7 mit vier Bescheiden vom 20. November 2013 zu Erschließungsbeiträgen für die erstmalige endgültige Herstellung der Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Nordring in Höhe von insgesamt 66.989,19 € herangezogen. Die von der Klägerin gegen die Bescheide erhobenen Widersprüche wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2014 zurück.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Aufhebung der Erschließungsbeitragsbescheide und des Widerspruchsbescheids für unbegründet erachtet und abgewiesen. Aus dem vorgelegten Bildmaterial ergebe sich eindeutig, dass der nordwestliche Gehweg im Bereich des Grundstücks FlNr. 232 bis zu seiner Herstellung im Jahr 2005 noch nicht endgültig hergestellt gewesen sei. Die Fahrbahn der Rollnerstraße sei in diesem Bereich gegenüber dem Gehweg nicht durch Randsteine, Pflasterzeilen oder ähnliche zweckdienliche Einrichtungen abgegrenzt worden, sondern lediglich optisch durch eine weiße Linie. Da es für den Eintritt der Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht nicht ausreiche, dass die Straße gebrauchsfertig sei und benutzt werden könne, sondern es auf die endgültige technische Herstellung nach dem Bauprogramm und den Satzungsbestimmungen ankomme, sei die Beitragsforderung nicht verjährt. Die sachliche Beitragspflicht sei erst mit dem Beschluss des Verkehrsausschusses der Beklagten vom 16. September 2010 entstanden, mit dem festgestellt worden sei, dass die Erschließungsanlage den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB entspreche.

Dem hält die Klägerin im Wesentlichen entgegen, dass die Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Nordring schon im Jahr 1978 die satzungsmäßigen Merkmale der endgültigen Herstellung aufgewiesen und eine insgesamt betriebsfertige Erschließungsanlage dargestellt habe. Der Gehweg zwischen Schleifweg und Horneckerweg sei durchgängig mit einem Asphaltbelag versehen und gegenüber der Fahrbahn durch eine zweckdienliche Einrichtung, nämlich eine ununterbrochene weiße Linie optisch abgegrenzt gewesen. Die 30-jährige Ausschlussfrist nach Entstehen der Vorteilslage sei bei Erlass der Erschließungsbeitragsbescheide vom 20. November 2013 bereits abgelaufen gewesen. § 9 EBS stelle nicht auf die Notwendigkeit eines einheitlichen Belags ab. Der Straßenausbau habe nicht die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage bezweckt, sondern sei - kostenneutral - ausschließlich durchgeführt worden, um dem Verbrauchermarkt E. auf dem Grundstück FlNr. 139 eine neue Anbindung zu ermöglichen.

Die Einwendungen, die die Klägerin den Erwägungen des Verwaltungsgerichts entgegenhält, begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die auf der Grundlage von Art. 5a Abs. 1 KAG in Verbindung mit §§ 127 ff. BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) vom 12. Juli 1989 ergangenen Erschließungsbeitragsbescheide vom 20. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2014 rechtlich nicht zu beanstanden sind.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 Halbs. 1 KAG in der Fassung vom 11. März 2014 (GVBl 70) ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, Art 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht erst mit der endgültigen technischen Fertigstellung der Erschließungsanlage nach dem zugrunde liegenden Bauprogramm und den Satzungsbestimmungen im Jahr 2005 zu laufen begann und es nicht ausreichte, dass die Straße zuvor schon „gebrauchsfertig“ und „benutzbar“ war. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 14. November 2013 (6 B 12.704 - juris Rn. 22) entschieden hat, ist die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen - ohne Rücksicht auf das Entstehen der Beitragsschuld und unbeschadet der Verjährungsregelungen - ausgeschlossen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage durch die endgültige technische Fertigstellung der Erschließungsanlage mehr als 30 Jahre vergangen sind.

Die Erschließungsanlage Rollnerstraße im Abrechnungsabschnitt zwischen Schleifweg und Nordring war vor dem Jahr 2005 noch nicht endgültig technisch fertiggestellt. Die in § 9 EBS geregelten Merkmale der endgültigen Herstellung im Gehwegbereich auf Höhe des mit einem Autohaus bebauten Grundstücks FlNr. 232 waren nämlich vor 2005 noch nicht erfüllt. Nach § 9 Nr. 1 Satz 3 EBS sind Fahrbahnen und Parkflächen gegenüber den Gehwegen durch Randsteine, Pflasterzeilen oder ähnliche zweckdienliche Einrichtungen abzugrenzen. Gehwege müssen mit Plattenbelag, Asphaltbeton, Pflaster oder ähnlichen Materialien und einem Unterbau versehen sein (§ 9 Nr. 2 Satz 1 EBS). Diese Regelungen genügen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen ebenso wie dem gesetzgeberischen Ziel des § 132 Nr. 4 BauGB, den betroffenen Grundstückseigentümern die endgültige Herstellung der ihre Grundstücke erschließenden Anlage möglichst eindeutig erkennbar zu machen (vgl. BayVGH, U. v. 13.11.2012 - 6 BV 09.1555 - juris Rn. 24 m. w. N.). Aus den Fotos der Behördenakte der Beklagten (Bl. 46 bis 50) ergibt sich, dass der Gehweg auf der Westseite der Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Horneckerweg östlich des Grundstücks FlNr. 232 vor den 2005 durchgeführten Baumaßnahmen noch nicht entsprechend der Merkmalsregelung endgültig technisch fertiggestellt war, sondern erkennbar wie ein Provisorium wirkte. Dieser Bereich war auf einer Länge von etwa 50 m nicht - wie die sonstigen Gehwege im Abrechnungsabschnitt - als Gehweg mit Hochbord und Betonplatten angelegt. Auch fehlte eine Abgrenzung von der Fahrbahn durch Randsteine, Pflasterzeilen oder ähnliche zweckdienliche Einrichtungen. Vielmehr handelte es sich um eine mit der Fahrbahn höhengleiche asphaltierte Fläche, die lediglich durch gestrichelte weiße Markierungen eine gewisse optische Abgrenzung zur Fahrbahn hin aufwies. Die Farbmarkierung stellt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht eine „ähnliche zweckdienliche Einrichtung“ im Sinn des § 9 Nr. 1 Satz 3 EBS dar, weil dies eine einem Randstein und/oder einer Pflasterzeile gleichartige bautechnische Abgrenzung voraussetzen würde. Die endgültige technische Fertigstellung dieses Gehwegbereichs und damit der Erschließungsanlage Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Nordring erfolgte erst am 13. Dezember 2005. Die Bezeichnung dieser Maßnahme als „Umbau“ in der Beschlussvorlage zur Tagesordnung des Verkehrsausschusses vom 14. April 2005 ist unerheblich, weil es auf die objektiv vorliegenden Tatsachen ankommt. Die gesetzliche Ausschlussfrist von 30 Jahren, die erst mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen begann, war demnach bei Erlass der Erschließungsbeitragsbescheide vom 20. November 2013 bei weitem noch nicht abgelaufen. Ohne Belang ist es, aus welchem Anlass der Gehweg auf Höhe des Grundstücks FlNr. 232 endgültig technisch fertiggestellt wurde.

Die sachlichen Beitragspflichten wiederum entstanden erst im Jahr 2010 durch den Abwägungsbeschluss des Verkehrsausschusses der Beklagten. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil liegt der strittige Bereich der Rollnerstraße nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Auch die Klägerin gibt an, dass der westliche Bereich zwischen dem Schleifweg und dem Horneckerweg nicht im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans liege. Wenn ein Bebauungsplan nicht vorliegt, dürfen Erschließungsanlagen im Sinn des § 127 Abs. 2 BauGB nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen (§ 125 Abs. 2 BauGB). Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht darauf abgestellt, dass die sachlichen Beitragspflichten erst mit dem Beschluss des Verkehrsausschusses der Beklagten vom 16. September 2010 entstehen konnten, mit dem festgestellt wurde, dass die Erschließungsanlage Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Nordring (nach Abrechnungsplan SÖR/2-B/3 vom 5.5.2010) den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB entspricht. Hierzu legt der Zulassungsantrag nichts dar.

2. Die Rechtssache weist aus den unter 1. genannten Gründen keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Klägerin wirft mit dem Zulassungsantrag die Frage auf, ob „vom Entstehen der Vorteilslage im beitragsrechtlichen Sinne ausgegangen werden kann, wenn ein Grundstück durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung, die in Teilbereichen zwar unterschiedliche, aber jeweils satzungskonforme Herstellungsmerkmale aufweist und Erschließungsfunktion besitzt, erschlossen ist“. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, weil sie unterstellt, dass die Rollnerstraße im Abrechnungsabschnitt vor der endgültigen technischen Fertigstellung im Jahr 2005 „satzungskonforme“ Herstellungsmerkmale aufgewiesen habe, was - wie oben unter 1. Ausgeführt - nicht der Fall war. Abgesehen davon lässt sich die Frage, soweit sie überhaupt einer verallgemeinernden Beantwortung zugänglich ist, auf der Grundlage der Rechtsprechung ohne weiteres verneinen, weil es nicht auf den Zustand der „Betriebsfertigkeit“, sondern den der „endgültigen technischen Fertigstellung“ der Erschließungsanlage ankommt (BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 22).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. November 2015 - RN 2 K 14.701 - wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 555,18 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder sind nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B. v. 13.7.2015 - 6 ZB 15.585 - juris Rn. 3). Ist das Urteil des Verwaltungsgerichts auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, sind Zulassungsgründe deshalb wegen eines jeden die Entscheidung tragenden Grundes darzulegen (BayVGH, B. v. 10.12.2013 - 6 ZB 13.312 - juris Rn. 5; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 61 m.w.N). Danach begegnet das erstinstanzliche Urteil keinen ernstlichen Zweifeln.

Die Klägerin wurde von der beklagten Gemeinde mit Bescheiden vom 25. Januar und 19. April 2013 als Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 85/1 für im Jahr 2012 durchgeführte Straßenbaumaßnahmen an der „Grünbacher Straße“ (Entwässerung und Beleuchtung) zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von - zuletzt - 555,18 Euro herangezogen. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beitragserhebung sei zwar nicht nach dem Straßenausbaubeitragsrecht (Art. 5 KAG), wohl aber nach dem vorrangigen Erschließungsbeitragsrecht (Art. 5a KAG i. V. m. §§ 127 ff. BauGB) dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig. Erschließungsbeitragsrecht finde Anwendung, weil die Straße entgegen der Ansicht der Beklagten durch die 1967/68 durchgeführten Baumaßnahmen noch nicht endgültig hergestellt worden sei. Dazu hätte sie nach den jeweiligen Erschließungsbeitragssatzungen (EBS) eine vollständige und ordnungsgemäße Straßenbeleuchtung aufweisen müssen. Daran habe es jedoch auf der gesamten Straßenlänge gefehlt. Auf der westlichen, bis zum alten Ortsende bei Grundstück FlNr. 29/1 reichenden Teilstrecke habe es nur zwei unzureichende Hängeleuchten und eine Pilzleuchte vor dem Feuerwehrhaus gegeben; die östliche Teilstrecke, die erst später (ab 1977) Erschließungsfunktion erlangt habe und an der das Grundstück der Klägerin liege, habe bis zur in Rede stehenden Baumaßnahme im Jahr 2012 über gar keine Straßenbeleuchtung verfügt. Selbst wenn der westliche Teil bereits vor 2012 ausreichend beleuchtet und damit endgültig hergestellt gewesen sein sollte, ergebe sich für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis. Denn für diesen Fall sei der maßgebliche östliche Teil als eigenständige Erschließungsanlage zu betrachten mit der Folge, dass die Kosten für die 2012 durchgeführten Baumaßnahmen bezogen allein auf diese Teilstrecke und die daran angrenzenden Grundstücke wiederum nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnen seien und sich für die Klägerin kein niedrigerer, sondern im Gegenteil ein höherer Beitrag als der festgesetzte errechne. Die Beitragspflicht sei entstanden. Der Einwand der Klägerin, die neue Straßenbeleuchtung entspreche nicht der europäischen Norm, greife nicht durch. Die Beitragsfestsetzung sei auch in der Höhe nicht zu beanstanden. Die Beitragsberechnung der Beklagten leide zwar an mehreren Fehlern. Bei Korrektur dieser Fehler errechne sich jedoch für die Klägerin nach der Rechtslage ein höherer Beitrag als der festgesetzte. Das Recht zur Erhebung eines Erschließungsbeitrags sei weder verwirkt noch von der Beklagten rechtsmissbräuchlich ausgeübt.

Der Zulassungsantrag der Klägerin hält der Begründung des Verwaltungsgerichts nichts Stichhaltiges entgegen, das - ergebnisbezogene - Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils begründet und weiterer Überprüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

a) Ohne Erfolg bleibt die Rüge, die Grünbacher Straße sei auf ihrer gesamten Länge bereits ca. 1967/68 mit einer ausreichenden Beleuchtung endgültig hergestellt worden, weshalb sie entsprechend der ursprünglichen Ansicht der Beklagten nunmehr insgesamt in den Anwendungsbereich des Straßenausbaubeitragsrechts falle. Die Klägerin meint, an der westlichen Teilstrecke habe es damals nicht nur zwei, sondern fünf Hängelampen gegeben, die auch für die östliche Teilstrecke ab FlNr. 29/1 zu einem ungefährdeten Hauszu-Haus-Verkehr ausgereicht hätten. Das greift nicht durch.

Wie das Verwaltungsgericht insoweit unbestritten angenommen hat, sahen und sehen die Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten seit damals im Rahmen des Regelungsauftrags nach § 132 Nr. 4 BBauG/BauGB für Anbaustraßen unter anderem eine „Beleuchtung“ als Herstellungsmerkmal vor. Welchen konkreten technischen Anforderungen diese Teileinrichtung genügen muss, um als endgültig hergestellt zu gelten, ist in der Satzung nicht näher umschrieben und muss es auch nicht sein. Herstellungsmerkmale sollen es nach dem Gesetzeszweck den Beitragspflichtigen ermöglichen, durch einen Vergleich des satzungsmäßig festgelegten Bauprogramms mit dem tatsächlichen Zustand, in dem sich die gebaute Anlage befindet, sich ein Bild darüber zu verschaffen, ob die Anlage endgültig hergestellt ist oder nicht. Mit dieser auf Laien abstellenden Zielrichtung wäre es von vornherein nicht zu vereinbaren, das Merkmal „Beleuchtung“ in dem Sinn zu verstehen, dass es um Ausbaustandards unter Beachtung bestimmter technischer Regelwerke ginge. Entscheidend kann nur sein, dass überhaupt (irgend-)eine funktionsfähige, der Straßenlänge und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung vorhanden ist (vgl. BayVGH, B. v. 27.1.2012 - 6 ZB 09.1573 - juris Rn. 7). Eine etwa mängelbehaftete Bauausführung berührt nur Gewährleistungsansprüche der Gemeinde gegenüber dem Bauunternehmer und damit unter Umständen die Höhe des beitragsfähigen Erschließungsaufwands, nicht aber die Frage, ob die satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale erfüllt sind. Die endgültige Herstellung wäre nur dann zu verneinen, wenn die Mängel die Gebrauchstauglichkeit der Erschließungsanlage ausschlössen (vgl. BayVGH, B. v. 13.6.2016 - 6 ZB 14.2404 - juris Rn. 6 f. m. w. N.).

Gemessen an diesem Maßstab mag das Hauptargument des Verwaltungsgerichts, die Beleuchtung auf der westlichen Teilstrecke habe trotz der 1967/68 angebrachten Straßenleuchten dem Herstellungsmerkmal „Beleuchtung“ nicht entsprochen, Zweifeln begegnen. Auch wenn man aber mit der Klägerin davon ausgeht, die Grünbacher Straße sei auf dieser Strecke bereits damals als Erschließungsanlage endgültig hergestellt worden, ändert sich am Ergebnis der beitragsrechtlichen Bewertung nichts. Denn dann verbleibt es bei der Hilfserwägung des Verwaltungsgerichts, die der Senat teilt:

Die östliche Teilstrecke kann erst ab 1977 zum Anbau bestimmt gewesen sein und damit die Eigenschaft als Erschließungsanlage im Sinn von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB (nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) erhalten haben, weil sie bis dahin beidseitig durch den nicht für eine Bebauung vorgesehenen Außenbereich verlaufen ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.4.1977 - IV C 1.75 - BVerwGE 52, 364/367; U. v. 14.2.1986 - 8 C 115/84 - NVwZ 1986, 568). Wird eine Außenbereichsstraße in eine Anbaustraße umgewandelt, ist ihr Zustand erschließungsbeitragsrechtlich unter dem Blickwinkel einer erstmaligen endgültigen Herstellung neu zu beurteilen (BVerwG, U. v. 10.10.1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308/312). Denn eine für ihren Zweck fertige Außenbereichsstraße kann und wird im Regelfall als beitragsfähige Erschließungsanlage eine noch unfertige Anbaustraße sein. Das gilt auch für die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße. Denn sie hat bis zur Aufstellung von zwei Leuchten durch die abgerechneten Baumaßnahmen im Jahr 2012 über keine eigene Beleuchtung verfügt und ist ohne jeden verbleibenden Zweifel auch nicht von der westlichen Teilstrecke her ausreichend beleuchtet worden. Dagegen spricht schon die leichte Straßenkrümmung, die eine Ausleuchtung der Straße bis zum heutigen östlichen Ende durch die „alte Hängeleuchte“ Nr. 5 (nach dem Plan der Klägerin, Bl. 40 des VGH-Akts 6 ZB 15.2788) ausschloss. Im Übrigen trägt die Klägerin selbst vor, dass die Straßenanlieger die Gemeinde jahrelang um Fertigstellung der Beleuchtung gebeten hätten.

Demnach war allenfalls die westliche Teilstrecke der Grünbacher Straße bereits früher endgültig hergestellt und infolge dessen aus dem Anwendungsbereich des Erschließungsbeitragsrechts entlassen worden. Die östliche Teilstrecke, an der das Grundstück der Klägerin liegt, hat hingegen erst durch die abzurechnende Baumaßnahme einen der Merkmalsregelung entsprechenden Ausbauzustand erhalten. Diese Baumaßnahmen sind auf die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage „einschließlich der Einrichtungen für Entwässerung und Beleuchtung“ (§ 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB) gerichtet und fließen in den Erschließungsaufwand ein. Die östliche Teilstrecke stellt unter diesen Voraussetzungen entgegen der Ansicht der Klägerin aus Rechtsgründen zwingend eine eigenständige Erschließungsanlage dar, ohne dass dem § 6 Abs. 4 EBS 1968 (richtig wohl: § 5 Abs. 4 EBS ab 1975) entgegensteht. Wird nämlich eine endgültig hergestellte Anbaustraße, für die die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten bereits entstanden (nicht notwendigerweise auch erhoben) sind, nachträglich verlängert oder fortgeführt, stellt das nachträglich angelegte Teilstück eine selbstständige Erschließungsanlage dar, auch wenn zu diesem späteren Zeitpunkt eine - grundsätzlich gebotene - natürliche Betrachtungsweise einen einheitlichen Straßenverlauf des vorhandenen wie des neu hergestellten Straßenteilstücks ergibt (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, U. v. 22.7.2011 - 6 B 08.1935 - juris Rn. 16 m. w. N.).

b) Die Rüge, die neu aufgestellten Pilzleuchten entsprächen nicht dem Stand der Technik (DIN EN 13201) und seien als Straßenbeleuchtung ungeeignet, bleibt unter jedem Gesichtspunkt ohne Erfolg.

Sie kann zunächst nicht die endgültige Herstellung der östlichen Teilstrecke der Grünbacher Straße als der für das klägerische Grundstück maßgeblichen Erschließungsanlage in Frage stellen. Das satzungsmäßige Herstellungsmerkmal „Beleuchtung“ nimmt, wie oben ausgeführt, nicht auf Ausbaustandards in technischen Regelwerken Bezug. Es steht außer Frage, dass mit den beiden Beleuchtungskörpern Nr. 6 und 7 (nach dem Plan der Klägerin, Bl. 40 des VGH-Akts 6 ZB 15.2788) eine funktionsfähige, der Ausdehnung der Erschließungsanlage und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung vorhanden ist. Nach den Vermaßungen der Klägerin beträgt der Abstand zwischen diesen Leuchtkörpern nur 48,40 m, womit der leichten Straßenkrümmung ausreichend Rechnung getragen wird.

Es fehlt mit Blick auf die Beleuchtung zudem nicht an der anlagen- oder kostenbezogenen Erforderlichkeit im Sinn von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Straße (oder Teileinrichtung) überhaupt und ob sie nach Art und Umfang oder den dafür aufgewandten Kosten erforderlich ist, steht der Gemeinde ein weiter Entscheidungsspielraum zu (vgl. BayVGH, B. v. 27.2.2012 - 6 ZB 09.1573 - juris Rn. 9). Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar ist (BVerwG, U. v. 3.3.1995 - 8 C 25.93 - NVwZ 1995, 1208/1209; BayVGH, B. v. 6.12.2012 - 6 ZB 12.187 - juris Rn. 9; U. v. 11.12.2015 - 6 N 14.1743 - juris Rn. 34). Für ein Überschreiten dieser Grenze ist kein greifbarer Anhaltspunkt vorgetragen oder ersichtlich. Die von der Beklagten gewählte Beleuchtung mag hinsichtlich Lichtverteilung und Leuchtkraft nicht dem Stand der Technik entsprechen, sachlich unvertretbar ist sie weder nach Ausführung noch mit Blick auf die Kosten.

c) Die Beitragsfestsetzung ist entgegen der Ansicht der Klägerin weder durch Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ausgeschlossen noch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwirkt.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 Halbs. 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, tritt die Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht erst ein, wenn die Erschließungsanlage endgültig technisch - d. h. entsprechend den satzungsrechtlichen Herstellungsmerkmalen und programmgemäß - fertiggestellt ist (vgl. BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B. v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9). Mit Blick auf die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße als der maßgeblichen Erschließungsanlage ist die Vorteilslage erst 2012 entstanden. Denn sie wurde, nachdem sie ihre Bestimmung zum Anbau frühestens 1977 erhalten hatte, erst 2012 durch die abzurechnende Baumaßnahme technisch endgültig fertiggestellt. Die Ausschlussfrist steht der Beitragsfestsetzung demnach nicht entgegen.

Von einer Verwirkung kann ebenfalls keine Rede sein. Das Gesetz machte der erhebungsberechtigten Gemeinde - abgesehen von der genannten Ausschlussfrist - keine zeitlichen Vorgaben, innerhalb welcher Zeitspanne sie die regelmäßig in ihrer Verantwortung liegenden Entstehensvoraussetzungen herbeizuführen hat, um den Beitrag anschließend festsetzen zu können (BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 21; B. v. 24.11.2015 - 6 ZB 15.1402 - juris Rn. 10; anders allerdings der am 1.4.2021 in Kraft tretende Art. 5a Abs. 7 Satz 2 KAG). Die Rechte der Beitragspflichtigen werden dadurch nicht beeinträchtigt. Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Beklagte lediglich die Kosten für die 2012 durchgeführte Baumaßnahme an der Straßenentwässerung und -beleuchtung umgelegt hat, nicht aber die Kosten, die ihr vor der Umwandlung in eine Erschließungsanlage für die Herstellung der damaligen Außenbereichsstraße entstanden waren (zur Beitragsfähigkeit solcher Baumaßnahmen vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308/314 f.; U. v. 5.5.2015 - 9 C 14.14 - DVBl 2015, 1117 Rn. 28.).

d) Schließlich begegnet die Beitragsfestsetzung auch der Höhe nach keinen Bedenken. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der auf das Grundstück der Klägerin rechtmäßig entfallende Erschließungsbeitrag jedenfalls nicht niedriger (sondern mehr oder weniger höher) als er von der Beklagten festgesetzt wurde.

Sieht man - als Konsequenz aus der Hauptargumentation der Klägerin - die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße als die maßgebliche Erschließungsanlage an, sind an der Aufwandsverteilung nur diejenigen Grundstücke zu beteiligen, die durch diese Anlage erschlossen werden, darunter das Grundstück der Klägerin. Die im Zulassungsantrag als weiter beitragspflichtig benannten Grundstücke liegen indes mit Ausnahme der FlNrn. 53/18 und 53/19 an der westlichen Teilstrecke und werden durch diese erschlossen. Die Grundstücke FlNrn. 53/18 und 53/19 grenzen zwar an die östliche Teilstrecke, sind aber aufgrund ihrer geringen Größe und ihres Zuschnitts weder bebaubar noch vergleichbar nutzbar (vgl. § 6 EBS) und nehmen deshalb an der Aufwandsverteilung nicht teil. Jedenfalls trägt die Klägerin zu ihnen und im Übrigen auch zu den Grundstücken an der westlichen Teilstrecke nichts Erhebliches vor. Sie nennt lediglich Flurnummern, ohne aber konkret darzulegen, weshalb diese entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und trotz ihrer Lage, ihres Zuschnitts oder der bauplanerischen Festsetzungen bebaubar und erschlossen sein sollen. Abrechnungsfehler, die sich im Ergebnis zu ihren Gunsten auswirken könnten, sind nicht dargetan.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die aufgeworfenen Fragen lassen sich auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung in dem oben dargelegten Sinn beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, „ob die bislang ergangene Rechtsprechung auch auf solche Konstellationen anzuwenden ist, bei denen die endgültige Fertigstellung wegen des Fehlens einer Lampe, welche die Gemeinde trotz vermehrter Aufforderung aufzustellen verweigert hat, verzögert wird“, lässt sich - wenn sie überhaupt verallgemeinerungsfähig sein sollte - auf der Grundlage der Rechtsprechung ohne weiteres in dem oben genannten Sinn beantworten.

4. Die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht hätte gemäß § 155 Abs. 4 VwGO die Kosten der Beklagten auferlegen müssen, kann nicht durchgreifen. § 158 Abs. 1 VwGO schließt die Zulassung von Rechtsmitteln aus, die auf den Kostenpunkt beschränkt sein sollen. Deshalb kann die Berufungszulassung nur mit Zulassungsgründen erreicht werden, die sich auf die Entscheidung in der Hauptsache beziehen (vgl. Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 158 Rn. 12 m.w.N).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. März 2015 - Au 2 K 14.1729 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Stadt, wendet sich dagegen, dass die Widerspruchsbehörde ihren an den beigeladenen Landkreis gerichteten Bescheid über die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die Herstellung der Erschließungsanlage A. Straße aufgehoben hat.

1. Die als Orts Straße gewidmete A. Straße verläuft von der R. Straße im Norden durch unbeplanten Innenbereich zur H. Straße/Rainhausgasse im Süden. Sie ist nach Ansicht der Klägerin von Norden aus gesehen auf einer Länge von etwa 340 m (bis auf Höhe des Anwesens Hausnummer 8) zum Anbau bestimmt und stellt in dieser Ausdehnung eine Erschließungsanlage dar (im Folgenden verkürzt: A. Straße). In diesem Bereich grenzt auf der westlichen Straßenseite das 44.881 m2 große Grundstück FlNr. 232 an, das die Klägerin dem Beigeladenen aufgrund eines Überlassungsvertrags vom 9. August 1977 zum Neubau eines Schulzentrums übereignet hatte. Im Zusammenhang mit dem Schulneubau wurden im Jahr 1980 an der südlichen Teilstrecke der A. Straße Straßenbaumaßnahmen durchgeführt. Erreicht wurde damals - für die gesamte Teilstrecke mit Erschließungsfunktion - ein Ausbauzustand mit einer 6 m breiten Fahrbahn und beidseitigen Gehwegen mit einer Breite von jeweils 1,50 m, wobei auf der westlichen Straßenseite vor dem Anliegergrundstück Hausnummer 23 (alt) eine ca. 10 m lange Engstelle verblieb. Dort ragte ein Wohngebäude in die Fluchtlinie des Gehwegs hinein, weshalb dieser nur mit einer Breite von etwa 0,70 m angelegt wurde; zusätzlich wurde der Gehweg an zwei Stellen durch Fallrohre zur Dachentwässerung dieses Gebäudes weiter um 0,10 bis 0,15 m verengt.

Nachdem ein Bauträger das Anwesen Hausnummer 23 (alt) gekauft und das Gebäude für den Neubau von Reihenhäusern (Dreispänner) abgebrochen hatte, erwarb die Klägerin 2012 eine Fläche von 8 m2 aus dem an die A. Straße grenzenden Teilgrundstück und verbreiterte den Gehweg auf 1,50 m. Mit Bescheid vom 24. März 2014 zog sie den Beigeladenen für das (Schul-)Grundstück FlNr. 232 zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße in Höhe von 160.300,23 € heran. Dieser legte Widerspruch ein und beantragte bei dem Verwaltungsgericht mit Erfolg, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs anzuordnen (VG Augsburg, B.v. 4.8.2014 - Au 2 S. 14.894). Der Oberbürgermeister der Klägerin stellte mit dringlicher Anordnung vom 5. August 2014 fest, dass die A. Straße in dem nach Beseitigung der Engstelle erreichten Ausbauzustand den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche und damit rechtmäßig hergestellt sei. Diese auf Art. 37 Abs. 3 GO gestützte Anordnung wurde dem Stadtrat in der nächsten Sitzung bekanntgegeben.

Das Landratsamt gab dem Widerspruch des Beigeladenen statt und hob mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 den Erschließungsbeitragsbescheid auf. Dieser sei rechtswidrig, weil die gesetzliche Ausschlussfrist für die Festsetzung eines Erschließungsbeitrags abgelaufen sei. Die Vorteilslage sei bereits mit der endgültigen technischen Fertigstellung der A. Straße im Jahr 1980 und damit vor mehr als 30 Jahren eingetreten.

2. Das Verwaltungsgericht hat die auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids gerichtete Klage mit Urteil vom 19. März 2015 für unbegründet erachtet und abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Das Landratsamt habe den Erschließungsbeitragsbescheid zu Recht aufgehoben, weil bei seinem Erlass die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG bereits abgelaufen gewesen sei. Der Lauf der Frist beginne mit dem Eintritt der Vorteilslage. Dieser Begriff knüpfe an für den Bürger ohne weiteres bestimmbare, rein tatsächliche Gegebenheiten an und lasse rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor. Die Vorteilslage trete ein, wenn die Straße insgesamt betriebsfertig, d.h. entsprechend der bekundeten Planung der Gemeinde technisch endgültig fertiggestellt sei. Das sei für die A. Straße bereits im Jahr 1980 der Fall gewesen.

Dem stehe nicht entgegen, dass der westliche Gehweg auf einer Länge von ca. 10 m bis zum Jahr 2013 lediglich mit einer durchschnittlichen Breite von 0,70 m bis 0,80 m statt von 1,50 m wie im übrigen Verlauf hergestellt worden sei. Der Herstellung läge weder ein Bebauungsplan noch eine örtliche Richtlinie oder ein förmliches Teileinrichtungs- oder Ausbauprogramm zu Grunde, aus dem sich eine verbindliche Festlegung der Gehwegbreite auf durchgängig 1,50 m ableiten lasse. Der Umstand, dass die Gehwege außerhalb der Engstelle einer Breite von 1,50 m aufweisen würden, lasse nicht zwingend den Schluss zu, dass vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) noch über 30 Jahre nach der Herstellung der Straße eine Verbreiterung des Gehwegs erfolgen werde. Ein bloßer Rückschluss vom Inhalt bestehender Ausbauplanungen auf einen voraussichtlich in gleicher Weise ausgeübten Planungswillen könne die Planung nicht ersetzen. Auch der Erschließungsbeitragssatzung könne keine Vorgabe für eine Mindestbreite der Gehwege entnommen werden. Ein objektiver Beobachter habe damals den Eindruck gewinnen können und dürfen, dass die Erschließungsanlage A. Straße in dem erreichten Zustand verbleiben werde, zumal das in den Gehweg hineinragende Gebäude nicht im Eigentum der Klägerin gestanden habe und keine Anhaltspunkte für einen in absehbarer Zeit erfolgenden Erwerb zum Abbruch vorgelegen hätten.

Der Gehweg habe trotz der Engstelle noch den Mindestanforderungen genügt, die an die Funktionsfähigkeit einer solchen Verkehrseinrichtung auch an einer Straße mit erhöhter Verkehrsbedeutung zu stellen sei. Dem Umstand, dass für die A. Straße damals keine Erschließungsbeiträge erhoben worden seien, komme kein besonderes Gewicht zu, weil die Klägerin nach den vom Beigeladenen vorgelegten Presseberichten offenbar jahrzehntelang auf die Erhebung von Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen verzichtet habe.

3. Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und macht geltend:

Die Vorteilslage sei nicht bereits 1980, sondern erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten. Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und ihr keine Gelegenheit gegeben, zu den für entscheidungserheblich gehaltenen Umständen näher vorzutragen. Der Gehweg sei bis zur Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 funktionslos gewesen. Die starke Verengung auf einer Länge von mindestens 10 m sei so gravierend gewesen, dass sie auf die Funktionalität des Gehwegs zur Gänze durchgeschlagen habe. In unmittelbarer Umgebung befänden sich auf der gleichen Straßenseite drei Schulen. In den Stoßzeiten habe nur ein einzelnes Schulkind die Engstelle passieren können. Ein sicheres Begehen sei damit nicht möglich gewesen. Die Schüler hätten auf die Fahrbahn ausweichen müssen. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens und der starken Frequentierung durch Fußgänger sei ein Gehweg mit einer solch langen Verengung ungeeignet, seine Funktion zu erfüllen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe auch schon damals ein Bauprogramm für eine durchgehende Ausbaubreite des Gehsteigs von 1,50 m vorgelegen. Dieses ergebe sich aus der Zusammenschau der diversen für die verschiedenen Bereiche der A. Straße gefertigten Planungen und Ausbauentwürfe. Seit den 1970er Jahren verfolge die Klägerin das Ziel, die A. Straße so herzustellen, dass ein ausreichender Gehweg auf beiden Seiten der Straße vorhanden sei. Dieser Plan sei nie aufgegeben worden. 1967 habe es entlang der westlichen Straßenseite nur geringe Bebauung gegeben. Daher sei auf dieser Seite ein Gehweg nur in Teilen, nämlich nur im Bereich der Einmündung zur R. Straße, vorgesehen gewesen, auf der östlichen Straßenseite habe sich jedoch bereits überwiegend ein Gehweg mit einer Breite von 1,50 m befunden. In den Jahren 1970/1971 habe sich dann die Bebauung auf der westlichen Seite vermehrt. Auf dem entsprechenden Kartenauszug lasse sich deutlich erkennen, dass der Gehweg auf der westlichen Straßenseite weiter ausgebaut worden sei. Auch die Entwicklung des Ausbauzustandes dokumentiere, wie sich die Klägerin den endgültigen Ausbau vorgestellt habe. Dementsprechend werde aus der dringlichen Anordnung vom 5. August 2014 deutlich, dass im Jahr 1980 gerade nicht von einer endgültigen Herstellung ausgegangen worden sei. Mit dieser sei die Festlegung der Gehwegbreite auf 1,50 m verbindlich und nach außen erkennbar nachgeholt worden.

Im Jahr 1977 sei im Zusammenhang mit der Überlassung von städtischen Grundstücken an den Beigeladenen zum Neubau einer Berufsschule auch die Straßenerschließung erörtert worden. In der Niederschrift über die Sitzung des Finanzausschusses am 13. Juli 1977 sei ausgeführt, dass die Straße „noch nicht fertig ausgebaut“ sei. Der Straßenausbau im Jahr 1980 betreffe den südlichen Teil der A. Straße und entspreche weitgehend der bereits 1972 gefertigten Planung. Auch insoweit sei auf der westlichen Seite ein Gehweg von 1,50 m Breite vorgesehen gewesen. Da sich die Herstellungsarbeiten stets verzögert hätten und die Planung nicht umgesetzt worden sei, könne dem Verwaltungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden, dass spätestens mit den Straßenbaumaßnahmen im Jahr 1980 der endgültige Ausbauzustand erreicht und damit die Vorteilslage eingetreten sei. Hätte die Klägerin den Straßenausbau komplett mit dieser Maßnahme abschließen wollen, wäre zumindest ein Ausbauplan für die gesamte Straße gefertigt worden. Die weitere Ausbauabsicht der Klägerin sei klar erkennbar gewesen. Das Zusammenspiel der Planungen und Aussagen in den Stadtrats- und Ausschusssitzungen verdeutliche, dass die Planungen für den durchgehenden Ausbau der A. Straße zwar vorhanden, jedoch unter anderem aufgrund fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht umgesetzt worden seien. Im Zuge der Überlassung mehrerer Grundstücke an den Beigeladenen zum Zweck des Schulneubaus sei entgegen der Ansicht des Beigeladenen auch kein Erlass der Erschließungskosten für die A. Straße vereinbart worden. Bis mindestens 1987 habe es Gespräche mit dem Beigeladenen im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des Schulgeländes gegeben, aus denen dieser hätte erkennen müssen, dass die Straße noch nicht vollständig fertiggebaut sei. Dieses subjektive Element müsse bei der Frage, ob und wann die Vorteilslage eingetreten sei, Berücksichtigung finden.

Das Verwaltungsgericht habe zudem die Beweislast verkannt, weil es nicht berücksichtigt habe, dass die Gemeinde, sofern sie vom festgelegten Standard abweiche, ein gesteigerter Begründungsaufwand dafür treffe, dass die Erschließungsanlage ordnungsgemäß entsprechend den anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. März 2015 abzuändern und den Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 aufzuheben sowie den Widerspruch des Beigeladenen zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und deshalb die 30-jährige Ausschlussfrist abgelaufen sei. Die Klägerin habe nicht substantiiert darlegen können, dass ein Bauprogramm vorgelegen habe, das erkennbar einen Ausbau des Gehwegs durchgängig auf eine Breite von 1,50 m festlege. Ihre Ausführungen ließen vielmehr den gegenteiligen Schluss zu. Dass aus damaliger Sicht das Gebäude auf dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) irgendwann abgerissen und die Klägerin dann den für die Gehwegverbreiterung erforderlichen Grund erwerben könne, seien Gesichtspunkte, die außerhalb einer objektiven Betrachtung lägen und deren Verwirklichung vollkommen offen seien. Im Übrigen sei bei Errichtung der Straße ein Gehweg mit einer anderen Führung nicht möglich gewesen. Selbst wenn es das von der Klägerin behauptete Bauprogramm gegeben hätte, wäre der zeitliche Horizont zu seiner Verwirklichung nicht absehbar gewesen. Der Beitragsschuldner wäre dann aber in Widerspruch zum Gebot der Rechtssicherheit im Unsicheren gelassen worden, ob und wann er zu Beiträgen herangezogen werden könne.

Das Verwaltungsgericht habe weiter zutreffend angenommen, dass der Gehweg trotz der Engstelle insgesamt funktionsfähig gewesen sei. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin werde durch die mehr als 30-jährige Nutzung mit Engstelle widerlegt. Ein objektiver Betrachter habe gerade aufgrund der Situation vor Ort nur zu dem Schluss gelangen können, dass der Gehweg vollständig hergestellt worden sei, weil er weder den Eindruck eines Provisoriums noch eines vorläufigen Ausbauzustandes vermittelt habe. Der Gehweg habe sich an den Verhältnissen vor Ort, wie sie über 30 Jahre lang bestanden hätten, orientiert. Indem die Klägerin die Straße erkennbar dem örtlichen Verkehr zur Verfügung gestellt habe, sei sie selbst von der Benutzbarkeit ausgegangen. Die dringliche Anordnung des Oberbürgermeisters vom 5. August 2014 betreffe die Rechtmäßigkeit der Herstellung als Voraussetzung des Entstehens der sachlichen Beitragsforderung. Sie gebe nichts für die streitentscheidende Frage her, wann die Vorteilslage eingetreten sei.

Der Beigeladene ist ebenfalls der Ansicht, die Vorteilslage sei bereits 1980 mit der endgültigen technischen Herstellung der A. Straße eingetreten, und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es habe damals weder einen Bebauungsplan noch ein Bauprogramm gegeben, welche den Ausbau beidseitiger Gehwege auf einer durchgängigen Breite von 1,50 m vorgesehen hätten. Insbesondere habe es für den Bereich der damaligen Engstelle keine entsprechende Planung gegeben. Eine solche hätte im Übrigen auch keinerlei Realisierungschance gehabt. Denn das Wohngebäude hätte gänzlich abgerissen werden müssen, was gegen den Willen der damaligen Eigentümerin nicht einmal im Wege der Enteignung umsetzbar gewesen wäre. Die Klägerin berufe sich in diesem Zusammenhang nicht etwa auf materialisierte Planungsvorstellungen in Form aussagefähiger Pläne, sondern auf die Aussagen von Personen, was von vornherein nicht ausreichen könne. Im Zuge der Diskussionen um die „äußere Erschließung“ des Schulzentrums habe der Landrat des Beigeladenen mit Schreiben vom 2. April 1981 an den Oberbürgermeister der Klägerin als Besprechungsergebnis wiedergegeben, dass der nördliche Teil der A. Straße nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellt sei.

Die Entstehung der beitragsrechtlichen Vorteilslage im Jahr 1980 könne auch nicht mit der Erwägung verneint werden, der westliche Gehweg sei wegen der Engstelle nicht funktionsfähig gewesen. Der Gehweg sei in der damals angelegten Gestalt das gewesen, was den Fußgängern aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage maximal habe geboten werden können und was unter diesen Umständen auch funktional ausgereicht habe. Das ergebe sich auch daraus, dass südlich des Grundstücks Hausnummer 23 (alt) der von den Schulen her kommende Geh- und Radweg (FlNr. 233/2) in die A. Straße münde; auf diesem Weg hätten die das Schulgelände nach Süden verlassenden Schüler ungehindert durch das in die Straße ragende Gebäude in die A. Straße gelangen können, während das Schulgelände ansonsten von Norden und Westen durch andere Straßen erschlossen sei. Abgesehen davon habe die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite auch für sich betrachtet den Mindestanforderungen genügt.

Darüber hinaus stehe der Beitragserhebung noch entgegen, dass die Klägerin sich dem Beigeladenen gegenüber 1977 vertraglich zur Herstellung der „äußeren Erschließung“ des Schulgeländes auf eigene Kosten verpflichtet habe, während dem Beigeladenen die „innere Erschließung“ überlassen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Klägerin und vom Landratsamt vorgelegten Aktenheftungen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 23. Februar 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerspruchbescheid gerichtete Anfechtungsklage (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die Widerspruchsbehörde hat den Erschließungsbeitragsbescheid vom 24. März 2014, mit dem die Klägerin den Beigeladenen zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße herangezogen hat, zu Recht aufgehoben. Dieser Bescheid war rechtswidrig, weil die durch die A. Straße vermittelte Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und demnach die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG für eine Beitragsfestsetzung bei Bescheidserlass bereits abgelaufen war.

1. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt.

Mit dieser Vorschrift, die durch Änderungsgesetz vom 11. März 2014 (GVBl S. 570) in das Kommunalabgabengesetz eingefügt wurde, ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, das mit Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143 ff.) die Vorgängerregelung für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG erklärt hatte. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich - wie der hier in Streit stehende Erschließungsbeitrag - nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG gewährleistet eine bestimmbare zeitliche Obergrenze in Gestalt einer Ausschlussfrist, die durch den Eintritt der Vorteilslage ausgelöst wird und nach deren Ablauf eine Beitragserhebung zwingend und ausnahmslos ausscheidet, auch dann, wenn die Beitragsschuld noch nicht entstanden ist und deshalb auch noch nicht hätte festgesetzt werden dürfen und verjähren können. Die Bemessung der Ausschlussfrist mit 20 bzw. 25 Jahren begegnet ebenso wenig verfassungsrechtlichen Bedenken wie die in Art. 19 Abs. 2 KAG für Übergangsfälle einheitlich auf 30 Jahre festgelegte Zeitspanne (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 70 Rn. 22; U.v. 12.3.2015 - 20 B 14.1441 - juris Rn. 25).

Der Begriff der Vorteilslage knüpft an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor (vgl. LTDrs. 17/370 S. 13). Es kommt demnach für die Ausschlussfrist mit Blick auf eine beitragsfähige Erschließungsanlage (früher § 127 Abs. 2 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 KAG) auf die tatsächliche - bautechnische - Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme an, nicht aber auf die rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten, wie die Widmung der Anlage, die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit ihrer Herstellung, die Wirksamkeit der Beitragssatzung oder den vollständigen Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung.

Ob eine Erschließungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt und die Vorteilslage folglich eingetreten ist, beurteilt sich nicht nach - kaum greifbaren - allgemeinen Vorstellungen von einer „Benutzbarkeit“ und „Gebrauchsfertigkeit“ der Anlage oder einer „ausreichenden Erschließung“ der angrenzenden Grundstücke. Beurteilungsmaßstab ist vielmehr die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Denn allein die Gemeinde entscheidet im Rahmen der ihr obliegenden Erschließungsaufgabe (§ 123 Abs. 1 BauGB) und der sich daraus ergebenden gesetzlichen Schranken über Art und Umfang der von ihr für erforderlich gehaltenen Erschließungsanlagen. Entscheidend kommt es mit anderen Worten darauf an, ob die - wirksame - konkrete gemeindliche Planung für die Erschließungsmaßnahme sowohl im räumlichen Umfang als auch in der bautechnischen Ausführung bislang nur provisorisch ausgeführt oder schon vollständig umgesetzt ist. Dementsprechend tritt die Vorteilslage bei einer A. Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), wie der Senat wiederholt entschieden hat, (erst) dann ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B.v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 - 6 ZB 15.2786 - juris Rn. 15). Bleibt der Ausbau hinter der Planung zurück, ist zu prüfen, ob die Gemeinde ihre weitergehende Planung - wirksam - aufgegeben hat und den erreichten technischen Ausbauzustand nunmehr als endgültig mit der Folge ansieht, dass mit Aufgabe der Planung die Vorteilslage eingetreten ist.

2. Gemessen an diesem Maßstab ist die Vorteilslage, welche die A. Straße auf der maßgeblichen, etwa 340 m langen zum Anbau bestimmten Strecke zwischen R. Straße und dem Anliegergrundstück Hausnummer 8 den anliegenden Grundstücken vermittelt, bereits 1980 eingetreten. Denn in diesem Jahr ist die Straße trotz der verbliebenen Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) endgültig technisch fertiggestellt worden.

Im Jahr 1980 war die südliche Teilstrecke der A. Straße im Zusammenhang mit dem Neubau des Schulzentrums auf dem Grundstück des Beigeladenen plangemäß an die bereits zuvor ausgebaute nördliche Teilstrecke angepasst worden. Die A. Straße wies nach Durchführung dieser Bauarbeiten durchgehend eine Fahrbahnbreite von 6 m auf, verfügte über beiderseitige Gehwege sowie die Teileinrichtungen Beleuchtung und Entwässerung und entsprach, wovon die Klägerin selbst ausgeht, in sämtlichen angelegten Teilen den bautechnischen Herstellungsmerkmalen der Erschließungsbeitragssatzung. An der nördlichen Teilstrecke verblieb lediglich die Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt). Diese Engstelle ergab sich daraus, dass das Wohnhaus geringfügig in die Straßentrasse hineinragte und deshalb der westliche Gehweg an dieser Stelle mit etwa 0,70 m nur knapp halb so breit angelegt war wie auf der übrigen Strecke. Die von der Klägerin vorgelegten Bilder belegen, dass sich der Gehweg unmittelbar vor und nach dem Gebäude wieder auf die übliche Gehwegbreite von 1,50 m aufweitete. Diese Ausmaße der Engstelle werden dadurch bestätigt, dass die Klägerin für ihre Beseitigung von der Grundstückseigentümerin laut Kaufvertrag vom 19. November 2012 lediglich eine „Verkehrsfläche zu 8 m2“ (Flst. 229/5 ) erworben hat. Bei einer Gebäudelänge von ca. 10 m errechnet sich daraus ein etwa 0,80 m breiter Streifen, der dem Gehweg an dieser Stelle zu einer Breite von 1,50 m fehlte. Die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite von etwa 0,70 m wurde zudem an den beiden Hausecken durch zwei Fallrohre um 0,10 bis 0,15 m verringert.

Den vorliegenden Unterlagen und dem Vorbringen der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass bei Abschluss der Straßenbauarbeiten im Jahr 1980 eine hinreichend konkrete städtische Planung dafür (fort-) bestanden haben könnte, die Engstelle zu beseitigen. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass mit der Anpassung der südlichen Teilstrecke die damalige Planung für die A. Straße vollständig umgesetzt und diese damit als Erschließungsanlage technisch fertiggestellt worden ist.

Ein förmliches Bauprogramm war für die A. Straße nach dem Vorbringen der Klägerin nicht beschlossen worden. Konkrete Pläne oder sonstige aktenmäßig unmissverständlich dokumentierte Aussagen über das damalige Ausbauziel für die A. Straße auf Höhe des Wohnhauses Hausnummer 23 (alt) gibt es ebenfalls nicht. Nach allen noch verfügbaren Unterlagen - auch und gerade im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des neuen Schulzentrums - ist davon auszugehen, dass mit dem 1980 erreichten Ausbauzustand das damals vom Stadtrat zumindest konkludent gebilligte Planungskonzept (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2014 - 6 ZB 13.431 - juris Rn. 10) hinsichtlich Ausdehnung und technischem Ausbauzustand der A. Straße sowohl für die nördliche als auch für die südliche Teilstrecke vollständig umgesetzt war. Die nachfolgenden Erörterungen und Maßnahmen betrafen lediglich verkehrsrechtliche Anordnungen (etwa die Sperrung für den Durchgangsverkehr), nicht aber bauliche Veränderungen oder gar die Beseitigung der Engstelle. Dass auf Seiten der Klägerin im Verlauf der 1980er Jahre noch Rechnungen im Zusammenhang mit der Straßenherstellung aktenmäßig zusammengestellt worden sind, stand dem Eintritt der Vorteilslage ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Beigeladene ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verfügung vom 2. Dezember 1982 in den Jahren 1982/83 an die Klägerin aus dem Schulgrundstück FlNr. 232 einen insgesamt 267 m2 großen Grundstücksstreifen entlang der Grenze zum Straßengrundstück der Klägerin „für die Verbreiterung der A. Straße“ (zurück-) übereignet hat; denn bei dieser Teilfläche handelt es sich, wie die Markierung im beigefügten Lageplan erkennen lässt, um die bereits 1980 überbaute Verkehrsfläche an der südlichen Teilstrecke der A. Straße.

Die 1980 verbliebene Engstelle vor Hausnummer 23 (alt) war durch ein Wohngebäude auf Privatgrund vorgegeben und der Rechtsmacht der Klägerin entzogen. Ein Bebauungsplan mit entsprechender Ausweisung als öffentliche Verkehrsfläche fehlte, wobei im Übrigen fraglich erscheint, ob eine solche Festsetzung als Voraussetzung für eine Enteignung überhaupt rechtmäßig in Betracht gekommen wäre. Es gab keinerlei sonstige auch nur ansatzweise konkretisierte und dokumentierte Planung für eine Gehwegverbreiterung oder gar Versuche zur Beschaffung der Fläche und Abbruch des Gebäudes. Dementsprechend ist in Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Klägerin und des Beigeladenen zumindest der Eindruck vermittelt worden, die A. Straße sei fertiggestellt. So ist in dem Schreiben des damaligen Landrats des Beigeladenen vom 2. April 1981 an den früheren Oberbürgermeister der Klägerin von einem „nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellten nördlichen Teil der A. Straße“ die Rede. Ob auf Seiten des Beigeladenen, wie die Klägerin geltend macht, gleichwohl Anlass zur Annahme hätte bestehen müssen, die endgültige Fertigstellung der A. Straße stehe noch aus, ist unerheblich. Auch kommt es nicht darauf an, ob das Landratsamt in seiner Doppelfunktion als Kreis- und Staatsbehörde die Klägerin auf die erschließungsbeitragsrechtliche Situation hätte hinweisen und möglicherweise rechtsaufsichtlich tätig werden müssen. Denn der Eintritt der Vorteilslage beurteilt sich nicht nach subjektiven Vorstellungen möglicher Beitragsschuldner und etwaigen Vertrauensschutzgesichtspunkten, sondern nach erkennbaren objektiven Umständen, nämlich der vom Stadtrat (Ausschuss) ausdrücklich oder konkludent beschlossenen - und aufrecht erhaltenen - konkreten Planung einerseits und dem Ausmaß ihrer technischen Umsetzung andererseits.

Es mag auf Seiten der Klägerin schon damals Überlegungen gegeben haben, die Engstelle zu beseitigen und den Gehweg auf die übliche Breite auszubauen, sobald sich irgendwann einmal die Gelegenheit bieten sollte. Solche allgemeinen Erwägungen können jedoch schon mangels zeitlicher Absehbarkeit und Umsetzungsmöglichkeit aus eigener Rechtsmacht nicht als konkretes Bauprogramm angesehen werden. Sie sind ungeeignet, eine im Übrigen technisch fertiggestellte Erschließungsmaßnahme beitragsrechtlich auf unabsehbare Zeit „offen zu halten“. Ein solches Verständnis widerspräche dem mit der gesetzlichen Ausschlussfrist verfolgten Ziel, sicherzustellen, dass vorteilsabgeltende Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden dürfen. Deshalb bestand kein Anlass, den Beweisanregungen der Klägerin nachzugehen und frühere Mitarbeiter zu den damaligen Vorstellungen über eine Beseitigung der Engstelle anzuhören.

Die Vorteilslage wäre allerdings erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten, wenn der westliche Gehweg früher funktionslos gewesen wäre. Denn nach dem insoweit konkreten und unmissverständlichen Bauprogramm sollte die A. Straße auch bereits 1980 über beidseitige funktionsfähige Gehwege verfügen. Von einer Funktionslosigkeit kann jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Verkehrsverhältnisse nicht die Rede sein. Beide Gehwege verfügten mit Ausnahme der Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) über die Mindestbreite von 1,50 m und waren damit ohne weiteres funktionsgerecht (vgl. BayVGH, U.v. 11.6.2002 - 6 B 97.2354 - DVBl 2002, 1417 f.). Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der 340 m langen A. Straße führte die Engstelle, an welcher der Gehweg auf einer geringen Länge von etwa 10 m nur eine Breite von ca. 0,70 m, an den beiden Fallrohren nur 0,55 bis 0,60 m erreichte, nicht zur Funktionsunfähigkeit der Gehweganlage. Vielmehr sind einzelne Engstellen grundsätzlich auszublenden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2010 - 6 ZB 09.1394 - juris Rn. 5; U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.132 - BayVBl 2013, 211 Rn. 27 zu einer etwa 80 m langen Engstelle mit einem teilweise knapp unter 0,70 m breiten Gehweg). Wenn aufgrund beengter innerörtlicher Verhältnisse nicht alle Kriterien der als Orientierungshilfe dienenden Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (vgl. RASt 2006 bzw. EAE 85/95) eingehalten werden können, ist das unschädlich. Das gilt für die A. Straße umso mehr, als sich den Fußgängern auf beiden Straßenseiten Möglichkeiten zur Umgehung der Engstelle boten, nämlich zum einen auf dem östlichen, durchgehend 1,50 m breiten Gehweg, zum anderen auf dem selbstständigen Fußweg, der südlich des Anwesens Hausnummer 23 (alt) von der A. Straße nach Westen abzweigt und am Schulgelände nach Norden auf die R. Straße führt.

Die Vorteilslage war demnach bereits 1980 eingetreten. Die Klägerin hätte schon damals - nach Herbeiführen der übrigen Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten - Erschließungsbeiträge für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße erheben können und gemäß § 127 Abs. 1 BBauG auch müssen. Nach Ablauf der 30-jährigen Ausschlussfrist ist sie daran jedoch rechtlich gehindert. Ob der Beigeladene einer Beitragserhebung darüber hinaus die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung zur Übernahme der Sachträgerschaft für die Staatliche Fachoberschule entgegenhalten kann, bedarf keiner Entscheidung.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, ihr nach § 162 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser einen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

Tenor

I.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. November 2015 - RN 2 K 14.701 - wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 555,18 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder sind nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B. v. 13.7.2015 - 6 ZB 15.585 - juris Rn. 3). Ist das Urteil des Verwaltungsgerichts auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, sind Zulassungsgründe deshalb wegen eines jeden die Entscheidung tragenden Grundes darzulegen (BayVGH, B. v. 10.12.2013 - 6 ZB 13.312 - juris Rn. 5; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 61 m.w.N). Danach begegnet das erstinstanzliche Urteil keinen ernstlichen Zweifeln.

Die Klägerin wurde von der beklagten Gemeinde mit Bescheiden vom 25. Januar und 19. April 2013 als Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 85/1 für im Jahr 2012 durchgeführte Straßenbaumaßnahmen an der „Grünbacher Straße“ (Entwässerung und Beleuchtung) zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von - zuletzt - 555,18 Euro herangezogen. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beitragserhebung sei zwar nicht nach dem Straßenausbaubeitragsrecht (Art. 5 KAG), wohl aber nach dem vorrangigen Erschließungsbeitragsrecht (Art. 5a KAG i. V. m. §§ 127 ff. BauGB) dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig. Erschließungsbeitragsrecht finde Anwendung, weil die Straße entgegen der Ansicht der Beklagten durch die 1967/68 durchgeführten Baumaßnahmen noch nicht endgültig hergestellt worden sei. Dazu hätte sie nach den jeweiligen Erschließungsbeitragssatzungen (EBS) eine vollständige und ordnungsgemäße Straßenbeleuchtung aufweisen müssen. Daran habe es jedoch auf der gesamten Straßenlänge gefehlt. Auf der westlichen, bis zum alten Ortsende bei Grundstück FlNr. 29/1 reichenden Teilstrecke habe es nur zwei unzureichende Hängeleuchten und eine Pilzleuchte vor dem Feuerwehrhaus gegeben; die östliche Teilstrecke, die erst später (ab 1977) Erschließungsfunktion erlangt habe und an der das Grundstück der Klägerin liege, habe bis zur in Rede stehenden Baumaßnahme im Jahr 2012 über gar keine Straßenbeleuchtung verfügt. Selbst wenn der westliche Teil bereits vor 2012 ausreichend beleuchtet und damit endgültig hergestellt gewesen sein sollte, ergebe sich für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis. Denn für diesen Fall sei der maßgebliche östliche Teil als eigenständige Erschließungsanlage zu betrachten mit der Folge, dass die Kosten für die 2012 durchgeführten Baumaßnahmen bezogen allein auf diese Teilstrecke und die daran angrenzenden Grundstücke wiederum nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnen seien und sich für die Klägerin kein niedrigerer, sondern im Gegenteil ein höherer Beitrag als der festgesetzte errechne. Die Beitragspflicht sei entstanden. Der Einwand der Klägerin, die neue Straßenbeleuchtung entspreche nicht der europäischen Norm, greife nicht durch. Die Beitragsfestsetzung sei auch in der Höhe nicht zu beanstanden. Die Beitragsberechnung der Beklagten leide zwar an mehreren Fehlern. Bei Korrektur dieser Fehler errechne sich jedoch für die Klägerin nach der Rechtslage ein höherer Beitrag als der festgesetzte. Das Recht zur Erhebung eines Erschließungsbeitrags sei weder verwirkt noch von der Beklagten rechtsmissbräuchlich ausgeübt.

Der Zulassungsantrag der Klägerin hält der Begründung des Verwaltungsgerichts nichts Stichhaltiges entgegen, das - ergebnisbezogene - Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils begründet und weiterer Überprüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

a) Ohne Erfolg bleibt die Rüge, die Grünbacher Straße sei auf ihrer gesamten Länge bereits ca. 1967/68 mit einer ausreichenden Beleuchtung endgültig hergestellt worden, weshalb sie entsprechend der ursprünglichen Ansicht der Beklagten nunmehr insgesamt in den Anwendungsbereich des Straßenausbaubeitragsrechts falle. Die Klägerin meint, an der westlichen Teilstrecke habe es damals nicht nur zwei, sondern fünf Hängelampen gegeben, die auch für die östliche Teilstrecke ab FlNr. 29/1 zu einem ungefährdeten Hauszu-Haus-Verkehr ausgereicht hätten. Das greift nicht durch.

Wie das Verwaltungsgericht insoweit unbestritten angenommen hat, sahen und sehen die Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten seit damals im Rahmen des Regelungsauftrags nach § 132 Nr. 4 BBauG/BauGB für Anbaustraßen unter anderem eine „Beleuchtung“ als Herstellungsmerkmal vor. Welchen konkreten technischen Anforderungen diese Teileinrichtung genügen muss, um als endgültig hergestellt zu gelten, ist in der Satzung nicht näher umschrieben und muss es auch nicht sein. Herstellungsmerkmale sollen es nach dem Gesetzeszweck den Beitragspflichtigen ermöglichen, durch einen Vergleich des satzungsmäßig festgelegten Bauprogramms mit dem tatsächlichen Zustand, in dem sich die gebaute Anlage befindet, sich ein Bild darüber zu verschaffen, ob die Anlage endgültig hergestellt ist oder nicht. Mit dieser auf Laien abstellenden Zielrichtung wäre es von vornherein nicht zu vereinbaren, das Merkmal „Beleuchtung“ in dem Sinn zu verstehen, dass es um Ausbaustandards unter Beachtung bestimmter technischer Regelwerke ginge. Entscheidend kann nur sein, dass überhaupt (irgend-)eine funktionsfähige, der Straßenlänge und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung vorhanden ist (vgl. BayVGH, B. v. 27.1.2012 - 6 ZB 09.1573 - juris Rn. 7). Eine etwa mängelbehaftete Bauausführung berührt nur Gewährleistungsansprüche der Gemeinde gegenüber dem Bauunternehmer und damit unter Umständen die Höhe des beitragsfähigen Erschließungsaufwands, nicht aber die Frage, ob die satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale erfüllt sind. Die endgültige Herstellung wäre nur dann zu verneinen, wenn die Mängel die Gebrauchstauglichkeit der Erschließungsanlage ausschlössen (vgl. BayVGH, B. v. 13.6.2016 - 6 ZB 14.2404 - juris Rn. 6 f. m. w. N.).

Gemessen an diesem Maßstab mag das Hauptargument des Verwaltungsgerichts, die Beleuchtung auf der westlichen Teilstrecke habe trotz der 1967/68 angebrachten Straßenleuchten dem Herstellungsmerkmal „Beleuchtung“ nicht entsprochen, Zweifeln begegnen. Auch wenn man aber mit der Klägerin davon ausgeht, die Grünbacher Straße sei auf dieser Strecke bereits damals als Erschließungsanlage endgültig hergestellt worden, ändert sich am Ergebnis der beitragsrechtlichen Bewertung nichts. Denn dann verbleibt es bei der Hilfserwägung des Verwaltungsgerichts, die der Senat teilt:

Die östliche Teilstrecke kann erst ab 1977 zum Anbau bestimmt gewesen sein und damit die Eigenschaft als Erschließungsanlage im Sinn von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB (nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) erhalten haben, weil sie bis dahin beidseitig durch den nicht für eine Bebauung vorgesehenen Außenbereich verlaufen ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.4.1977 - IV C 1.75 - BVerwGE 52, 364/367; U. v. 14.2.1986 - 8 C 115/84 - NVwZ 1986, 568). Wird eine Außenbereichsstraße in eine Anbaustraße umgewandelt, ist ihr Zustand erschließungsbeitragsrechtlich unter dem Blickwinkel einer erstmaligen endgültigen Herstellung neu zu beurteilen (BVerwG, U. v. 10.10.1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308/312). Denn eine für ihren Zweck fertige Außenbereichsstraße kann und wird im Regelfall als beitragsfähige Erschließungsanlage eine noch unfertige Anbaustraße sein. Das gilt auch für die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße. Denn sie hat bis zur Aufstellung von zwei Leuchten durch die abgerechneten Baumaßnahmen im Jahr 2012 über keine eigene Beleuchtung verfügt und ist ohne jeden verbleibenden Zweifel auch nicht von der westlichen Teilstrecke her ausreichend beleuchtet worden. Dagegen spricht schon die leichte Straßenkrümmung, die eine Ausleuchtung der Straße bis zum heutigen östlichen Ende durch die „alte Hängeleuchte“ Nr. 5 (nach dem Plan der Klägerin, Bl. 40 des VGH-Akts 6 ZB 15.2788) ausschloss. Im Übrigen trägt die Klägerin selbst vor, dass die Straßenanlieger die Gemeinde jahrelang um Fertigstellung der Beleuchtung gebeten hätten.

Demnach war allenfalls die westliche Teilstrecke der Grünbacher Straße bereits früher endgültig hergestellt und infolge dessen aus dem Anwendungsbereich des Erschließungsbeitragsrechts entlassen worden. Die östliche Teilstrecke, an der das Grundstück der Klägerin liegt, hat hingegen erst durch die abzurechnende Baumaßnahme einen der Merkmalsregelung entsprechenden Ausbauzustand erhalten. Diese Baumaßnahmen sind auf die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage „einschließlich der Einrichtungen für Entwässerung und Beleuchtung“ (§ 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB) gerichtet und fließen in den Erschließungsaufwand ein. Die östliche Teilstrecke stellt unter diesen Voraussetzungen entgegen der Ansicht der Klägerin aus Rechtsgründen zwingend eine eigenständige Erschließungsanlage dar, ohne dass dem § 6 Abs. 4 EBS 1968 (richtig wohl: § 5 Abs. 4 EBS ab 1975) entgegensteht. Wird nämlich eine endgültig hergestellte Anbaustraße, für die die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten bereits entstanden (nicht notwendigerweise auch erhoben) sind, nachträglich verlängert oder fortgeführt, stellt das nachträglich angelegte Teilstück eine selbstständige Erschließungsanlage dar, auch wenn zu diesem späteren Zeitpunkt eine - grundsätzlich gebotene - natürliche Betrachtungsweise einen einheitlichen Straßenverlauf des vorhandenen wie des neu hergestellten Straßenteilstücks ergibt (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, U. v. 22.7.2011 - 6 B 08.1935 - juris Rn. 16 m. w. N.).

b) Die Rüge, die neu aufgestellten Pilzleuchten entsprächen nicht dem Stand der Technik (DIN EN 13201) und seien als Straßenbeleuchtung ungeeignet, bleibt unter jedem Gesichtspunkt ohne Erfolg.

Sie kann zunächst nicht die endgültige Herstellung der östlichen Teilstrecke der Grünbacher Straße als der für das klägerische Grundstück maßgeblichen Erschließungsanlage in Frage stellen. Das satzungsmäßige Herstellungsmerkmal „Beleuchtung“ nimmt, wie oben ausgeführt, nicht auf Ausbaustandards in technischen Regelwerken Bezug. Es steht außer Frage, dass mit den beiden Beleuchtungskörpern Nr. 6 und 7 (nach dem Plan der Klägerin, Bl. 40 des VGH-Akts 6 ZB 15.2788) eine funktionsfähige, der Ausdehnung der Erschließungsanlage und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung vorhanden ist. Nach den Vermaßungen der Klägerin beträgt der Abstand zwischen diesen Leuchtkörpern nur 48,40 m, womit der leichten Straßenkrümmung ausreichend Rechnung getragen wird.

Es fehlt mit Blick auf die Beleuchtung zudem nicht an der anlagen- oder kostenbezogenen Erforderlichkeit im Sinn von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Straße (oder Teileinrichtung) überhaupt und ob sie nach Art und Umfang oder den dafür aufgewandten Kosten erforderlich ist, steht der Gemeinde ein weiter Entscheidungsspielraum zu (vgl. BayVGH, B. v. 27.2.2012 - 6 ZB 09.1573 - juris Rn. 9). Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar ist (BVerwG, U. v. 3.3.1995 - 8 C 25.93 - NVwZ 1995, 1208/1209; BayVGH, B. v. 6.12.2012 - 6 ZB 12.187 - juris Rn. 9; U. v. 11.12.2015 - 6 N 14.1743 - juris Rn. 34). Für ein Überschreiten dieser Grenze ist kein greifbarer Anhaltspunkt vorgetragen oder ersichtlich. Die von der Beklagten gewählte Beleuchtung mag hinsichtlich Lichtverteilung und Leuchtkraft nicht dem Stand der Technik entsprechen, sachlich unvertretbar ist sie weder nach Ausführung noch mit Blick auf die Kosten.

c) Die Beitragsfestsetzung ist entgegen der Ansicht der Klägerin weder durch Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ausgeschlossen noch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwirkt.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 Halbs. 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, tritt die Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht erst ein, wenn die Erschließungsanlage endgültig technisch - d. h. entsprechend den satzungsrechtlichen Herstellungsmerkmalen und programmgemäß - fertiggestellt ist (vgl. BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B. v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9). Mit Blick auf die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße als der maßgeblichen Erschließungsanlage ist die Vorteilslage erst 2012 entstanden. Denn sie wurde, nachdem sie ihre Bestimmung zum Anbau frühestens 1977 erhalten hatte, erst 2012 durch die abzurechnende Baumaßnahme technisch endgültig fertiggestellt. Die Ausschlussfrist steht der Beitragsfestsetzung demnach nicht entgegen.

Von einer Verwirkung kann ebenfalls keine Rede sein. Das Gesetz machte der erhebungsberechtigten Gemeinde - abgesehen von der genannten Ausschlussfrist - keine zeitlichen Vorgaben, innerhalb welcher Zeitspanne sie die regelmäßig in ihrer Verantwortung liegenden Entstehensvoraussetzungen herbeizuführen hat, um den Beitrag anschließend festsetzen zu können (BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 21; B. v. 24.11.2015 - 6 ZB 15.1402 - juris Rn. 10; anders allerdings der am 1.4.2021 in Kraft tretende Art. 5a Abs. 7 Satz 2 KAG). Die Rechte der Beitragspflichtigen werden dadurch nicht beeinträchtigt. Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Beklagte lediglich die Kosten für die 2012 durchgeführte Baumaßnahme an der Straßenentwässerung und -beleuchtung umgelegt hat, nicht aber die Kosten, die ihr vor der Umwandlung in eine Erschließungsanlage für die Herstellung der damaligen Außenbereichsstraße entstanden waren (zur Beitragsfähigkeit solcher Baumaßnahmen vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308/314 f.; U. v. 5.5.2015 - 9 C 14.14 - DVBl 2015, 1117 Rn. 28.).

d) Schließlich begegnet die Beitragsfestsetzung auch der Höhe nach keinen Bedenken. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der auf das Grundstück der Klägerin rechtmäßig entfallende Erschließungsbeitrag jedenfalls nicht niedriger (sondern mehr oder weniger höher) als er von der Beklagten festgesetzt wurde.

Sieht man - als Konsequenz aus der Hauptargumentation der Klägerin - die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße als die maßgebliche Erschließungsanlage an, sind an der Aufwandsverteilung nur diejenigen Grundstücke zu beteiligen, die durch diese Anlage erschlossen werden, darunter das Grundstück der Klägerin. Die im Zulassungsantrag als weiter beitragspflichtig benannten Grundstücke liegen indes mit Ausnahme der FlNrn. 53/18 und 53/19 an der westlichen Teilstrecke und werden durch diese erschlossen. Die Grundstücke FlNrn. 53/18 und 53/19 grenzen zwar an die östliche Teilstrecke, sind aber aufgrund ihrer geringen Größe und ihres Zuschnitts weder bebaubar noch vergleichbar nutzbar (vgl. § 6 EBS) und nehmen deshalb an der Aufwandsverteilung nicht teil. Jedenfalls trägt die Klägerin zu ihnen und im Übrigen auch zu den Grundstücken an der westlichen Teilstrecke nichts Erhebliches vor. Sie nennt lediglich Flurnummern, ohne aber konkret darzulegen, weshalb diese entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und trotz ihrer Lage, ihres Zuschnitts oder der bauplanerischen Festsetzungen bebaubar und erschlossen sein sollen. Abrechnungsfehler, die sich im Ergebnis zu ihren Gunsten auswirken könnten, sind nicht dargetan.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die aufgeworfenen Fragen lassen sich auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung in dem oben dargelegten Sinn beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, „ob die bislang ergangene Rechtsprechung auch auf solche Konstellationen anzuwenden ist, bei denen die endgültige Fertigstellung wegen des Fehlens einer Lampe, welche die Gemeinde trotz vermehrter Aufforderung aufzustellen verweigert hat, verzögert wird“, lässt sich - wenn sie überhaupt verallgemeinerungsfähig sein sollte - auf der Grundlage der Rechtsprechung ohne weiteres in dem oben genannten Sinn beantworten.

4. Die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht hätte gemäß § 155 Abs. 4 VwGO die Kosten der Beklagten auferlegen müssen, kann nicht durchgreifen. § 158 Abs. 1 VwGO schließt die Zulassung von Rechtsmitteln aus, die auf den Kostenpunkt beschränkt sein sollen. Deshalb kann die Berufungszulassung nur mit Zulassungsgründen erreicht werden, die sich auf die Entscheidung in der Hauptsache beziehen (vgl. Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 158 Rn. 12 m.w.N).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.