Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2017 - 6 ZB 16.1519

bei uns veröffentlicht am26.01.2017

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Juni 2016 - RO 1 K 15.2188 - wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 14.119‚53 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers‚ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. Juni 2016 zuzulassen‚ hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen - soweit sie den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt wurden - nicht vor.

1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wäre dann gegeben‚ wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG‚ B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007‚ 624). Das ist hier nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Leistungsbescheid vom 14. Oktober 2015, mit dem die Beklagte vom Kläger, einem früheren Soldaten auf Zeit, nach der Entlassung aus dem Dienstverhältnis die (anteilige) Erstattung von Fachausbildungskosten verlangt, für unbegründet erachtet und abgewiesen. Es ist zur Auffassung gelangt‚ dass die Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Soldatengesetz (SG) erfüllt seien: Der Kläger, dessen militärische Ausbildung mit einer Fachausbildung verbunden gewesen sei, sei mit Bescheid vom 14. September 2012 gemäß § 55 Abs. 5 SG wegen einer schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflichten entlassen worden. Da er gegen diesen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:versehenen Bescheid keinen Rechtsbehelf eingelegt habe‚ stehe bestandskräftig fest‚ dass das Dienstverhältnis des Klägers aus dem in § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3‚ § 55 Abs. 5 SG genannten Grund geendet habe. Im Rechtsstreit über die Erstattungspflicht der für die Fachausbildung entstandenen Kosten könne der Kläger hiergegen keine Einwände mehr vorbringen‚ da die Entlassungsverfügung auch dann wirksam bleibe‚ wenn sie rechtswidrig sein sollte. Dem hält der Kläger nichts Stichhaltiges entgegen‚ das weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte.

Der - erstmals mit dem Zulassungsvorbringen geltend gemachte - Vortrag des Klägers‚ die Entlassungsverfügung vom 14. September 2012 sei nicht nur - wie bisher vertreten - rechtswidrig‚ sondern auch nichtig und könne daher nicht Grundlage für den angefochtenen Rückforderungsbescheid sein‚ kann nicht überzeugen.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt‚ dass im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Rückforderungsbescheides vom 14. Oktober 2015 keine inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit der bestandskräftig gewordenen Entlassungsverfügung stattfindet‚ sondern nur eine inzidente Prüfung ihrer Wirksamkeit (vgl. Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Auflage 2016, § 56 Rn. 14).

Wirkung der Bestandskraft in diesem Sinne ist nicht nur die formelle Unanfechtbarkeit der Entlassungsverfügung mit Rechtsbehelfen. Hinzu kommt vielmehr die materielle (Tatbestands-)Wirkung‚ wonach nicht nur die Behörde‚ die den Verwaltungsakt erlassen hat‚ sondern auch alle anderen Behörden und öffentlich-rechtlichen Rechtsträger sowie grundsätzlich auch alle Gerichte die Tatsache‚ dass der Verwaltungsakt erlassen wurde‚ rechtlich existent ist und die in ihm enthaltene Regelung oder Feststellung getroffen worden ist‚ als maßgeblich akzeptieren müssen‚ ohne die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts nochmals überprüfen zu müssen oder zu dürfen (vgl. dazu BayVGH, U.v. 2.8.2016 - 22 B 16.619 - juris Rn. 45; OVG NW‚ U.v. 6.10.2016 - 11 A 1297/14 - juris Rn. 47). Die Bestandskraft der Entlassungsverfügung kann nicht durch eine inzidente Überprüfung in anderen Rechtsbehelfsverfahren unterlaufen werden (vgl. BVerwG‚ B.v. 23.2.2010 - 1 WB 36.09 - juris Rn. 58 zur Bestandskraft der Beurteilung eines Soldaten), da andernfalls der Bindungswirkung eines vorgelagerten Verwaltungsaktes die Grundlage entzogen würde.

Diese Bindungswirkung entfiele nur‚ wenn der Verwaltungsakt nichtig wäre. Das ist gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG nur dann der Fall‚ wenn der Verwaltungsakt an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes stellt eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz dar‚ dass ein Akt staatlicher Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt. Der dem Verwaltungsakt anhaftende Fehler muss diesen als schlechterdings unerträglich‚ d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lassen. Der schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen‚ wenn die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden‚ dass von niemanden erwartet werden kann‚ den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (vgl. BVerwG‚ B.v. 11.5.2000 - 11 B 26.00 - juris; BVerwG‚ U.v. 17.10.1997 - 8 C 1.96 - juris Rn. 28; VGH BW, U.v. 15.12.2016 - 2 S 2506/14 - juris Rn. 23; HessVGH‚ B.v. 24.11.2016 - 3 B 2515/16 - juris Rn. 12; BAG‚ U.v. 16.4.2015 - 6 AZR 71/14 - juris; OVG SH‚ U.v. 5.2.2015 - 4 LB 15/13 - juris;). Nach Art und Ausmaß muss dem Verstoß daher ein solches Gewicht zukommen‚ dass eine Einschränkung des Gebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu Gunsten der Bestandskraft und der Rechtssicherheit des Verwaltungsaktes nicht mehr gerechtfertigt erscheint.

Beruht der angebliche Fehler - wie der Kläger geltend macht - auf einer behaupteten Verkennung der Voraussetzungen einer Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG‚ so führt dies daher nur dann zur Nichtigkeit der Entlassungsverfügung, wenn die Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr gerechtfertigt erscheint. Das ist hier ersichtlich nicht der Fall.

Der Kläger hat unter Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften im Umgang mit Waffen‚ die ihm aufgrund seiner bisher geleisteten Dienstzeit und seines Ausbildungsstandes (er befand sich im 4. Dienstjahr!) bewusst gewesen sein mussten‚ seine geladene Waffe in seiner Stube mitgeführt‚ sie ohne Überprüfung von deren Ladungszustand entsichert und in Anwesenheit von acht Kameraden abgefeuert‚ so dass diese ein Knalltrauma erlitten und Sachschäden in Höhe von 400‚- Euro entstanden. Dieser unbestrittene Sachverhalt stellt eine erhebliche Verletzung von Dienstpflichten dar. Das wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger - wie in der Zulassungsbegründung ausgeführt wird - den Schuss in der Stube nicht vorsätzlich abgegeben hat.

Selbst wenn - was sich vorliegend allerdings nach Auffassung des Senats nicht aufdrängt - die Einschätzung der Beklagten, ein Verbleib des Klägers in seinem Dienstverhältnis könne die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr gefährden, unzutreffend gewesen wäre, ließe sich daraus ein Nichtigkeitsvorwurf in Bezug auf die Entlassungsverfügung nicht herleiten. Denn dies könnte angesichts der Schwere des oben dargelegten Verstoßes gegen die Dienstpflichten keinesfalls als schlechterdings unerträglich‚ d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar angesehen werden. Eine Fehlerhaftigkeit der bestandskräftig gewordenen Entlassungsverfügung ist darüber hinaus bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände auch keinesfalls offenkundig.

2. Die Rechtssache weist aus den unter 1. genannten Gründen keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf‚ die der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Im Hinblick auf die Ausführungen unter 1. kommt der Rechtssache auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zu. Im Übrigen verlangt das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO‚ dass der Rechtsmittelführer erstens eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert‚ zweitens ausführt‚ weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist‚ drittens erläutert‚ weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und viertens darlegt‚ weshalb ihr eine über die Einzelfall bezogenen Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 124a Rn. 72). Eine solche Rechts- oder Tatsachenfrage hat der Kläger nicht aufgeworfen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Schmitz Greve-Decker Greger

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 44 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

Soldatengesetz - SG | § 55 Entlassung


(1) Für den Soldaten auf Zeit gilt § 46 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 5 sowie 7 und 8 und Satz 2 und 3 entsprechend. § 46 Abs. 3a gilt mit Ausnahme des Satzes 5 mit der Maßgabe entsprechend, dass ein Soldat auf Zeit auch nicht entlassen ist,

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Hinsichtlich des Tatbestandes wird auf den Gerichtsbescheid vom 21.4.2016 verwiesen, mit dem die Klage abgewiesen wurde.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hiergegen mit Schreiben vom 2.5.2016 mündliche Verhandlung beantragt.

Der Kläger beantragt,

Der Leistungsbescheid vom 14.10.15, 16-02-11, 414/12, und der Widerspruchsbescheid vom 18.11.15, 25-05-10 134/15/42, wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 3.5.2016 wurde der Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungs- und Personalakten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.6.2016 Bezug genommen.

Gründe

Durch den fristgerechten Antrag auf mündliche Verhandlung gilt der Gerichtsbescheid vom 21.4.2016 als nicht ergangen (§ 84 Abs. 3 Halbs. 2 VwGO) und das Gericht entscheidet durch Urteil über die Klage (§ 107 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Seit Erlass des Gerichtsbescheids haben sich hinsichtlich der Sach- und Rechtslage keine Änderungen ergeben. Das Gericht sieht deshalb gemäß § 84 Abs. 4 VwGO von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab und verweist vollumfänglich auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 21.4.2016.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Für den Soldaten auf Zeit gilt § 46 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 5 sowie 7 und 8 und Satz 2 und 3 entsprechend. § 46 Abs. 3a gilt mit Ausnahme des Satzes 5 mit der Maßgabe entsprechend, dass ein Soldat auf Zeit auch nicht entlassen ist, wenn er zum Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst oder zum Zwecke der Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten oder zum Beamten des Einsatzdienstes der Berufsfeuerwehr ernannt wird. Für einen Soldaten auf Zeit, der auf Grund eines Eingliederungsscheines zum Beamten ernannt wird, gilt § 46 Absatz 3a Satz 1 entsprechend.

(2) Ein Soldat auf Zeit ist zu entlassen, wenn er dienstunfähig ist. § 44 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein Soldat auf Zeit ist auf seinen Antrag zu entlassen, wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Ein Soldat auf Zeit kann in den ersten vier Jahren seiner Dienstzeit entlassen werden, wenn er die Anforderungen, die an ihn in seiner Laufbahn zu stellen sind, nicht mehr erfüllt. Unbeschadet des Satzes 1 soll entlassen werden:

1.
ein Offizieranwärter, der sich nicht zum Offizier eignet,
2.
ein Sanitätsoffizieranwärter, der sich nicht zum Sanitätsoffizier eignet,
3.
ein Militärmusikoffizieranwärter, der sich nicht zumMilitärmusikoffiziereignet,
4.
ein Geoinformationsoffizieranwärter, der sich nicht zum Geoinformationsoffizier eignet,
5.
ein Feldwebelanwärter, der sich nicht zum Feldwebel eignet, und
6.
ein Unteroffizieranwärter, der sich nicht zum Unteroffizier eignet.
Ist er zuvor in einer anderen Laufbahn verwendet worden, soll er nicht entlassen, sondern in diese zurückgeführt werden, soweit er noch einen dieser Laufbahn entsprechenden Dienstgrad führt.

(5) Ein Soldat auf Zeit kann während der ersten vier Dienstjahre fristlos entlassen werden, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.

(6) Für die Zuständigkeit, die Anhörungspflicht und die Fristen bei der Entlassung gilt § 47 Abs. 1 bis 3 entsprechend. Die Entlassungsverfügung muss dem Soldaten in den Fällen des Absatzes 2 wenigstens drei Monate und in den Fällen des Absatzes 4 wenigstens einen Monat vor dem Entlassungstag unter schriftlicher Angabe der Gründe zugestellt werden. Für Soldaten, die einen Eingliederungsschein (§ 9 Absatz 1 Nummer 2 des Soldatenversorgungsgesetzes) erhalten können und die Erteilung beantragt haben, beträgt die Frist in den Fällen des Absatzes 2 ein Jahr. In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 46 Abs. 7 entsprechend.

Tenor

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2015 wird einschließlich des ihm vorangegangenen Verfahrens aufgehoben.

II.

Die Streitsache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg zurückverwiesen.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger und eine Frau A. S. schlossen am 28. Oktober 2010/15. Dezember 2010 mit dem Beklagten sowie dem Landkreis Regensburg eine Vereinbarung über Maßnahmen in Zusammenhang mit einer festgestellten Bodenkontamination. Diese Vereinbarung weist, soweit in vorliegendem Zusammenhang von Bedeutung, folgenden Wortlaut auf:

„I.

Vorbemerkungen:

Auf dem Grundstück Fl-Nr. 1559 (alt) Gemarkung N. ist durch Auffüllungen/Ablagerungen mit teerhaltigem Bodenmaterial eine Altlast i. S. d. Bundesbodenschutzgesetzes entstanden, die nach bundesbodenschutzrechtlichen Vorschriften zu sanieren ist.

Diese Sanierung wird vom Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt Regensburg, vorgenommen.

Eigentümer der landwirtschaftlichen Flur Nr. 1559/2 der Gemarkung N. sind Herr J. und Frau A. S. zu gleichen Teilen. …

II. Vereinbarung

1. Der Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt Regensburg, beseitigt entsprechend § 4 III BBodSchG die auf Fl. Nr. 1559 (alt) Gemarkung N., heute bestehend aus den Fl. Nr. 1559, 1559/2 und 1559/3, festgestellte Altlast.

Danach versetzt der Freistaat die maßnahmebetroffenen Flächen in einen dem ackerbaulichen Nutzungszustand vor Maßnahmebeginn gleichwertigen - hinsichtlich der Flächengröße annähernd gleichwertigen - Zustand und sorgt zudem nach guter fachlicher Praxis und in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde für eine gleichwertige Wiederanpflanzung der Böschung auf den Sanierungsflächen mit ortstypischen, tiefwurzelnden Pflanzen.

Ein Rechtsanspruch auf Wiederherstellung der exakt identischen Flächengrößen besteht nicht.

2. …

3. …

4. …

5. Nach Abschluss der Sanierung wird das Grundstück Flur Nr. 1559/2 Gemarkung N. aus dem Altlastenkataster herausgenommen. Der Abschluss der Sanierung der Altlast gemäß Ziffer II 1 und die auflagenfreie Herausnahme des Grundstücks Flur Nr. 1559/2 Gemarkung N. aus dem Altlastenkataster werden gegenüber Herrn J. und Frau A. S. durch Verwaltungsakt des Landratsamtes Regensburg bestätigt.

6. Herr J. und Frau A. S. leisten spätestens nach - kumulativ - Vorliegen einer Bestätigung des LRA über den Abschluss der Maßnahmen gemäß Ziffer II 1, Vorliegen der Bestätigung gemäß Ziffer II 5 und Vorliegen der Bestätigung einer Wiederanpflanzung der Böschung im Sinne der Ziffer II 1 durch die UNB, zur Abgeltung ihrer Pflichten aus § 25 BBodSchG gesamtschuldnerisch einen Wertausgleich in Höhe von Euro 7.500,00 an den Freistaat Bayern, Konto …

Dieser Wertausgleich wird spätestens 4 Wochen nach Erhalt der letzten der o. g. 3 Bestätigungen fällig.

…“

Am 4. September 2015 erließ das Landratsamt Regensburg gegenüber dem Kläger einen Bescheid, dessen verfügender Teil in der Nummer I. wie folgt lautet:

„Es wird festgestellt, dass für das Grundstück Fl.Nr. 1559/2 der Gemarkung P. kein Altlastenverdacht mehr besteht. Das Grundstück wird aus dem Altlastenkataster entlassen.“

Als Rechtsgrundlage für diesen Ausspruch wurde in den Bescheidsgründen § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG genannt. Gemäß § 16 Abs. 1 i. V. m. § 11 BBodSchG, Art. 3 Abs. 2 BayBodSchG und der Nummer 4.1.5 Abs. 2 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Bodenschutz- und Altlastenrechts in Bayern (BayBodSchVwV) vom 11. Juli 2000 (AllMBl S. 473) seien nach einer erfolgreichen Sanierung deren Abschluss und die Entlassung aus dem Altlastenverdacht durch Bescheid festzustellen. Eine erfolgreiche Sanierung liege gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG dann vor, wenn dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstünden. Eine Sanierung sei im vorliegenden Fall deshalb erforderlich gewesen, weil der in der Altablagerung enthaltene teerhaltige Altasphalt eine Grundwassergefährdung dargestellt habe. In den im Sanierungsplan festgelegten Sanierungsbereichen sei der größte Teil der Böden und Altasphaltmengen mit einem über 25 mg/kg liegenden PAK-Gehalt entfernt worden. Eine Untersuchung von Feststoffproben habe ergeben, dass nach der in den Monaten von November 2011 bis Juli 2012 durchgeführten Sanierung keine nennenswerten Belastungen mehr vorhanden seien. Anders verhalte es sich nur hinsichtlich der Randprobe RP 3, bei der der Hilfswert 1 von 5 mg/kg (vgl. die Tabelle 1 im Anhang 3 zum Merkblatt Nr. 3.8/1 des ehemaligen Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft vom 31.10.2001 - „Untersuchung und Bewertung von Altlasten, schädlichen Bodenveränderungen und Gewässerverunreinigungen - Wirkungspfad Boden-Gewässer“) überschritten sei, sowie der Randprobe RP 6, bei der eine Überschreitung des bei 25 mg/kg liegenden Hilfswerts 2 nach der gleichen Tabelle festgestellt worden sei. Das ursprüngliche Analyseergebnis der letztgenannten Randprobe, das eine PAK-Konzentration von 45 mg/kg gezeitigt habe, sei einer Nachuntersuchung unterzogen worden, bei der sich PAK-Belastungen von 18, 27 und 33 mg/kg ergeben hätten; der sich insoweit ergebende Durchschnittswert von 30 mg/kg liege geringfügig über dem Hilfswert 2. Mit Schreiben vom 10. September 2012 habe das Wasserwirtschaftsamt Regensburg mitgeteilt, das Sanierungsziel sei sowohl hinsichtlich des Wirkungspfads Boden-Grundwasser als auch hinsichtlich des Trinkwassers als erreicht anzusehen. Mit Schreiben vom 20. August 2012 und in einem Telefongespräch vom 10. September 2012 habe das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Amberg bestätigt, dass auch für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze keine Gefahr vorliege. Da nach Angabe des Gesundheitsamts der Wirkungspfad Boden-Mensch im vorliegenden Fall nicht betroffen sei, bestehe kein Altlastenverdacht mehr. Außerhalb der Sanierungsbereiche 5, 6 und 7 ließen sich zwar vereinzelte über dem Hilfswert 1 liegende PAK-Belastungen nicht ausschließen; nach dem Ergebnis der Vorerkundungen könnten sie jedoch allenfalls kleinräumig auftreten. Eine von gutachterlicher Seite vorgenommene Frachtberechnung habe ergeben, dass in dem nicht ausgehobenen Bereich verbliebene Schadstoffnester keine Gefährdung für das Grundwasser darstellten und sie toleriert werden könnten. Das Grundstück Fl.Nr. 1559/2 gelte damit nicht nur hinsichtlich der Sanierungsbereiche, sondern in seiner Gesamtheit als saniert und altlastenfrei.

Zur Begründung der von ihm am 2. Oktober 2015 zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg gegen den Bescheid vom 4. September 2015 erhobenen Anfechtungsklage führte der Kläger im Wesentlichen aus, ein einzuholendes Sachverständigengutachten werde ergeben, dass auf dem Grundstück Fl.Nr. 1559/2 erhebliche schädliche Bodenveränderungen verblieben seien. Außerdem sei - was ebenfalls durch eine sachverständige Begutachtung nachgewiesen werden könne - im Rahmen der Wiederverfüllung, insbesondere bei der Aufbringung der obersten Bodenschicht, erneut mit teerhaltigem Asphalt belastetes Material auf dieses Grundstück verbracht worden. Namentlich in dem für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanzen relevanten Bereich der obersten 60 cm seien damit weiterhin schädliche Bodenveränderungen vorhanden; eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks sei damit nicht möglich. Die im August bzw. September 2012 erfolgte Beurteilung durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sei nicht aussagekräftig, da die Maßnahme in jenem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen sei.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht berichtigte das Landratsamt den Bescheid vom 4. September 2015 dahingehend, dass das Grundstück Fl.Nr. 1559/2 in der Gemarkung N. liege.

Durch Urteil vom 30. November 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig ab. Der streitgegenständliche Bescheid verletze den Kläger im Sinn von § 42 Abs. 2 VwGO nicht in subjektiven Rechten, da der Entlassung aus dem Altlastenkataster - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof imBeschluss vom 28. September 2012 (22 ZB 11.1581 - BayVBl 2013, 177) ausgesprochen habe - keine konstitutive Wirkung dergestalt zukomme, dass damit das Nichtvorliegen einer Altlast oder eines Altlastenverdachts verbindlich festgestellt würde. Aus der im Jahr 2012 geschlossenen Vereinbarung ergebe sich nichts anderes. Zwar seien die Vertragschließenden, wie in der Nummer 4.1.5 BayBodSchVwV vorgegeben, wohl davon ausgegangen, dass die Entlassung aus dem Altlastenkataster durch Bescheid zu erfolgen habe; diese Auffassung lasse jedoch die vorerwähnte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unberücksichtigt. Ob das streitgegenständliche Grundstück vereinbarungsgemäß saniert sei, sei nicht Streitgegenstand.

Mit der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragt der Kläger:

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. November 2015 wird aufgehoben.

2. Der Bescheid des Landratsamts Regensburg vom 4. September 2015 wird aufgehoben.

Sollte der Verwaltungsgerichtshof erwägen, die Streitsache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, beantragt der Kläger,

die Aufhebung des Urteils vom 30. November 2015 und die Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht Regensburg.

Die Klage sei deshalb zulässig, weil der Kläger Adressat des streitgegenständlichen Bescheids sei, der sich für ihn als belastender Verwaltungsakt darstelle. Die belastende Wirkung ergebe sich aus der Verknüpfung des Bescheids mit dem Vertrag vom 28. Oktober 2010/15. Dezember 2010. Der Bescheid sei geeignet, die Zahlungsverpflichtung nach der Nummer II.6 dieses Vertrags mit auszulösen. Da er nach dem Willen des Landratsamts die in der Nummer II.5 des Vertrages vorgesehene Feststellung - nämlich die Bestätigung des Abschlusses der Altlastensanierung und die auflagenfreie Herausnahme des Grundstücks Fl.Nr. 1559/2 aus dem Altlastenkataster - enthalte, würde mit dem Eintritt seiner Bestandskraft ferner bindend feststehen, dass der Freistaat Bayern bzw. der Landkreis Regensburg die vertraglichen Verpflichtungen nach der Nummer II.1 des Vertrages erfüllt hätten.

Ein wesentlicher Unterschied des vorliegenden Falles gegenüber der Sachverhaltsgestaltung, die dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. September 2012 (22 ZB 11.1581 - BayVBl 2013, 177) zugrunde gelegen habe, bestehe u. a. darin, dass durch den in jener Gerichtsentscheidung zu beurteilenden Bescheid die Sanierungsverpflichtung nicht aufgehoben worden sei. Der hier inmitten stehende Bescheid ziele nach dem Willen des Landratsamts jedoch gerade darauf ab, den Freistaat Bayern und den Landkreis Regensburg aus der vertraglich übernommenen Sanierungspflicht zu entlassen.

Materiell rechtswidrig sei der Bescheid deshalb, weil das Landratsamt in einem Schreiben vom 15. November 2011 das festgelegte Sanierungsziel dahingehend umschrieben habe, dass alles Material, das einen höheren PAK-Gehalt als 5 mg/kg aufweise, entfernt werden solle. Dieses mit den Fachbehörden und den vorgesetzten Stellen abgestimmte Ziel sei jedoch nicht ausreichend umgesetzt worden. Am Nordrand des betroffenen Grundstücks seien auf einer Tiefe von 30 m keine Ablagerungen entfernt worden, obwohl sich dort Boden befinde, der die vorerwähnte Belastungsgrenze überschreite. Ebenso verhalte es sich im Südosten dieses Grundstücks. Überdies sei der aufgebrachte Boden erneut belastet. Dies habe die Untersuchung von Bodenproben ergeben, die auf dem unmittelbar angrenzenden Grundstück Fl.Nr. 1559 gewonnen worden seien; dort sei der gleiche Oberboden aufgebracht worden. Im Rahmen dieser Untersuchungen gezogene Mischproben hätten einen PAK-Gehalt von bis zu 436 mg/kg aufgewiesen. Der Kläger regt an, zum Nachweis der Richtigkeit dieser Behauptungen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch die Einvernahme eines namentlich benannten Mitarbeiters eines für ihn tätig gewordenen geowissenschaftlichen Büros als Zeugen zu erheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch in der hier vorliegenden Konstellation, dass zwischen einer Behörde und einem Grundstückseigentümer ein Vertrag geschlossen worden sei, der den Erlass eines den Wegfall des Altlastenverdachts feststellenden Bescheids vorsehe, komme der förmlichen Entlassung eines Grundstücks aus dem Altlastenkataster kein Regelungscharakter zu. Bei der Beantwortung der Frage, ob die Regelung eines Einzelfalles mit Außenwirkung inmitten stehe, dürfe nicht darauf abgestellt werden, ob an die Entlassung aus dem Altlastenkataster weitere (vertragliche) Folgen geknüpft würden; denn die Rechtsnatur staatlicher Handlungen könne nicht durch vertragliche Vereinbarungen (fremd-)bestimmt werden. Vorliegend seien der Erlass eines Verwaltungsakts und die hieran geknüpfte Zahlungsverpflichtung vertraglich vereinbart worden sei. Es erscheine fragwürdig, wenn der Kläger das vertragsgemäße Vorgehen als solches als Belastung einstufe. Durch die Verneinung einer Klagebefugnis werde er nicht rechtsschutzlos gestellt. Vielmehr hätte er, sollte die Sanierung aus seiner Sicht noch nicht im vereinbarten Umfang abgeschlossen sein, vertragliche Ansprüche geltend machen müssen. Richtiges Mittel hierzu sei die Feststellungsklage, dass der Sanierungserfolg noch nicht eingetreten sei; infolge dessen sei „auch die Entlassung hinfällig“. Sein eigentliches Ziel, eine „bessere“ Sanierung des Grundstücks zu erlangen, könne der Kläger nicht dadurch erreichen, dass er sich gegen die Entlassung aus dem Altlastenkataster als solche wende.

Unabhängig hiervon sei die Klage jedenfalls unbegründet, da es an der nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Rechtsverletzung fehle. Denn weder der vorliegend geschlossene Vertrag noch das Gesetz selbst würden die Bejahung einer erfolgreichen Sanierung von der Beseitigung aller schädlichen Bodenveränderungen abhängig machen. Die Nummer II.1 des Vertrages vom 28. Oktober 2010/15. Dezember 2010 nehme auf § 4 Abs. 3 BBodSchG Bezug, in dem u. a. der rechtliche Maßstab für Sanierungsziele festgelegt sei; der Begriff der Sanierung selbst sei in § 2 Abs. 7 BBodSchG gesetzlich definiert. Aus diesen Bestimmungen gehe deutlich hervor, dass das Bundes-Bodenschutzgesetz keine vollständige Freiheit von jeglichen Belastungen anstrebe, zumal dies in der Praxis nicht realisierbar wäre. Nach der Nummer II.1 des Vertrages vom 28. Oktober 2010/15. Dezember 2010 sollten die betroffenen Flächen einer dem ackerbaulichen Nutzungszustand gleichwertigen Beschaffenheit zugeführt werden; Sanierungsziele dergestalt, dass bestimmte Belastungsgrenzwerte eingehalten werden müssten, würden darin nicht genannt. Auch aus dem Sanierungsplan ergebe sich nicht, dass auf der gesamten Fläche eine PAK-Belastung von 5 mg/kg nicht überschritten werden dürfe. Er sei vielmehr darauf ausgelegt gewesen, die Belastungsschwerpunkte durch einen Teilaushub zu beseitigen. Die durchgeführten Beprobungen hätten in Verbindung mit der umfangreichen Dokumentation der ergriffenen Maßnahmen ergeben, dass die Sanierung gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG als abgeschlossen zu bezeichnen seien. Die in der Berufungsbegründung erwähnte PAK-Belastung von bis zu 436 mg/kg habe man in einer Mischprobe festgestellt, bei der verschiedene Teerproben vermengt worden seien; dies entspreche nicht den Vorgaben für die Bewertung von Mischproben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gründe

Über die zulässige Berufung konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich beide Beteiligte hiermit einverstanden erklärt haben.

Dieses Rechtsmittel hat mit der Maßgabe Erfolg, dass in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens von der durch § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffneten Möglichkeit der Zurückverweisung der Streitsache an die Vorinstanz Gebrauch gemacht wird.

1. Das Verwaltungsgericht hat die Klagebefugnis des Klägers (§ 42 Abs. 2 VwGO) zu Unrecht verneint und dessen Anfechtungsklage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen.

1.1 Um Rechtsschutz gegen den Bescheid vom 4. September 2015 hat der Kläger in zutreffender Weise gemäß § 42 Abs. 1 VwGO durch Erhebung einer Anfechtungsklage nachgesucht. Die Feststellung, dass für ein bestimmtes Grundstück kein Altlastenverdacht mehr besteht (Nr. I Satz 1 des angefochtenen Bescheids), hat den Rechtscharakter einer feststellenden Regelung (Art. 35 BayVwVfG). Auf die Statthaftigkeit dieser Klageart bleibt es auch ohne Einfluss, dass der im Satz 2 der Nummer I dieses Bescheids enthaltene behördliche Ausspruch die in Art. 35 Satz 1 BayVwVfG vorgegebenen Begriffsmerkmale eines Verwaltungsakts in doppelter Hinsicht nicht erfüllt.

1.1.1 Es trifft zu, dass die Erklärung des Landratsamts, das Grundstück Fl.Nr. 1559/2 werde aus dem Altlastenkataster entlassen, keine „Regelung“ im Sinn dieser Bestimmung (d. h. den Ausspruch eines Ge- oder Verbots bzw. die Feststellung, Begründung oder Aufhebung eines Rechts oder rechtserheblicher Eigenschaften einer Sache) beinhaltet und nicht darauf gerichtet ist, eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen hin zu erzeugen. Der Verwaltungsgerichtshof hält insofern an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.

Bei dem bayerischen Altlastenkataster (Art. 3 BayBodSchG) handelt es sich um eine ausschließlich behördeninterne Arbeitshilfe; den darin enthaltenen Eintragungen kommt keine verbindliche Außenwirkung zu (BayVGH, B. v. 28.9.2012 - 22 ZB 11.1581 - BayVBl 2013, 177 Rn. 14). Denn es dient dazu, einen Überblick über den Stand der Behandlung von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen in Bayern zu vermitteln und die Kontrolle eines landesweit einheitlichen Vollzugs des Bodenschutz- und Altlastenrechts zu ermöglichen (so die Begründung des Entwurfs der Staatsregierung für ein Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zum Schutz des Bodens in Bayern, LTDrs. 14/31 S. 12); als „wichtiges Instrument für eine effiziente Umweltpolitik“ (LTDrs. 14/31 S. 12) ist es mithin dazu bestimmt, die Staatsregierung und die zuständigen Staatsministerien in die Lage zu versetzen, ihre verfassungsrechtlichen Leitungs- und Vollzugsaufgaben (Art. 43 Abs. 1, Art. 51 Abs. 1, Art. 55 Nr. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Bayern) erfüllen zu können.

Im Einklang mit dieser ausschließlich verwaltungsinternen Zweckbestimmung des bayerischen Altlastenkatasters steht es, dass Eintragungen in dieses Register gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BayBodSchG durch unmittelbaren Datentransfer von den nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 BayBodSchG zuständigen Kreisverwaltungsbehörden an das Bayerische Landesamt für Umwelt vorgenommen werden. Dieser Weg der Eintragung in das Altlastenkataster soll nach dem Willen des Gesetzgebers „ausschließlichen“ Charakter tragen (vgl. die Begründung zu § 1 Nr. 1 des Entwurfs der Staatsregierung für ein Gesetz zur Änderung des Bayerischen Bodenschutzgesetzes, LTDrs. 16/4442, durch das Art. 3 Abs. 1 BayBodSchG um den heutigen Satz 2 ergänzt wurde). Für Veränderungen einmal vorgenommener Eintragungen - insbesondere die Herausnahme eines Grundstücks aus dem Altlastenkataster - kann nichts anderes gelten.

Einen diesem „schlichten Verwaltungshandeln“ (so zu Recht Versteyl in Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl. 2005, § 11 Rn. 42 hinsichtlich der Art und Weise der Vornahme einer Löschung bzw. Berichtigung von Eintragungen im Altlastenkataster) vorgeschalteten Verwaltungsakt, durch den die Altlasteneigenschaft eines Grundstücks (positiv oder negativ) festgestellt wird, sehen weder das Bundes-Bodenschutzgesetz noch das Bayerische Bodenschutzgesetz vor; angesichts des abschließenden Charakters des im Bundes-Bodenschutzgesetz geregelten Maßnahmenbündels (BVerwG, U. v. 26.4.2006 - 7 C 15.05 - BVerwGE 126, 1 Rn. 10) hätte dem Landesgesetzgeber für die Schaffung einer Norm, die zum Erlass solcher Verwaltungsakte ermächtigt, überdies die Gesetzgebungskompetenz gefehlt (BVerwG, U. v. 26.4.2006 a. a. O. Rn. 13). Auch die Nummer 4.1.5 BayBodSchVwV geht nur von einer durch Bescheid auszusprechenden „Entlassung aus dem Altlastenverdacht im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG“, nicht aber von der mittels eines Verwaltungsakts zu verfügenden Entlassung eines Grundstücks aus.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt bei alledem nicht, dass die Eintragung eines Grundstücks in das Altlastenkataster mit (u. U. erheblichen) Nachteilen für den Betroffenen einhergehen kann. Denn da die in diesem Register gespeicherten Informationen trotz seines nur behördeninternen Charakters gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayUIG grundsätzlich jedermann zugänglich sind (eingehend dazu Versteyl in Versteyl/Sondermann, a. a. O. § 11 Rn. 35 - 37), kann die Aufnahme eines Grundstücks in dieses Verzeichnis negative Auswirkungen auf die Werthaltigkeit eines Grundstücks und seine Verkäuflichkeit zeitigen (so zu Recht Versteyl in Versteyl/Sondermann, a. a. O. § 11 Rn. 34). Hierbei handelt es sich indes nur um eine mittelbare (faktische) Folge der Eintragung; auf ihre Herbeiführung ist eine solche behördliche Maßnahme nicht im Sinn von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG „unmittelbar gerichtet“.

1.1.2 Dies steht im vorliegenden Fall der Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage aber nicht entgegen.

Wird eine behördliche Entscheidung, die die gesetzlichen Merkmale eines Verwaltungsakts nicht erfüllt, gleichwohl in die äußere Form eines Verwaltungsakts gekleidet, so ist aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer hiergegen erhobenen Anfechtungsklage vom Vorliegen eines Verwaltungsakts auszugehen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 35 Rn. 52). Dies gilt selbst dann, wenn die Behörde von Rechts wegen nicht einmal dazu befugt war, überhaupt durch Verwaltungsakt zu handeln (BVerwG, B. v. 9.11.1984 - 7 C 5.84 - NVwZ 1985, 264).

Dass das Landratsamt im vorliegenden Fall die Handlungsform des Verwaltungsakts auch hinsichtlich des Satzes 2 der Nummer I des Bescheidstenors benutzt hat, ergibt sich in zweifelsfreier Deutlichkeit aus der Tatsache, dass diese behördliche Erklärung ebenfalls in ein Dokument aufgenommen wurde, das mit „Bescheid“ überschrieben ist, einen von den Bescheidsgründen deutlich abgesetzten Tenor aufweist und eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält (vgl. zur Aussagekraft dieser Umstände für die Ermittlung des objektiven Erklärungswerts des behördlichen Verhaltens U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 72; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 35 Rn. 54).

1.2 Durch beide in der Nummer I des Tenors des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen behördlichen Aussprüche kann der Kläger, wie dies für die Bejahung seiner Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO notwendig, aber auch ausreichend ist, in eigenen Rechten verletzt werden.

Die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung resultiert zum einen daraus, dass der Erlass eines Verwaltungsakts mit diesem Inhalt eine der Voraussetzungen darstellt, von deren Erfüllung nach der Nummer II.6 Abs. 1 und 2 des Vertrages vom 28. Oktober 2010/15. Dezember 2010 das Fälligwerden des u. a. vom Kläger zu entrichtenden Wertausgleichsbetrages abhängt; der Existenz eines solchen Verwaltungsakts kommt insoweit „Tatbestandswirkung“ zu. Die Notwendigkeit, dem Kläger die Befugnis zur Anfechtung dieses Verwaltungsakts zuzuerkennen, folgt bereits aus dem Umstand, dass er andernfalls nach dem Ablauf der Klagefrist keine Möglichkeit mehr besäße, mit Aussicht auf Erfolg geltend zu machen, die materiellen Voraussetzungen für die Ausstellung einer derartigen Bescheinigung lägen nicht vor. Desgleichen könnte er bei einer Verneinung der Klagebefugnis in Zukunft nicht mehr mit dem Einwand gehört werden, der Beklagte habe das Grundstück Fl.Nr. 1559/2 entgegen der in der Nummer I Satz 1 des Bescheidstenors getroffenen Feststellung nicht in einer Weise saniert, angesichts derer nicht einmal mehr ein Altlastenverdacht vorliege. Denn die Bestandskraft eines Verwaltungsakts bewirkt, dass die in ihm ausgesprochene Rechtsfolge von da an nicht nur zwischen dem Rechtsträger der Behörde, die diesen Verwaltungsakt erlassen hat, und den in Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bezeichneten Personen bindend feststeht; vielmehr haben auch alle anderen Träger öffentlicher Gewalt - auch die Gerichte - bei ihren Entscheidungen sowohl die Tatbestands- als auch die Feststellungswirkung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts der hier inmitten stehenden Art, soweit sie in inhaltlicher und personeller Hinsicht reicht, zu beachten (vgl. zur Bedeutung bestandskräftiger Verwaltungsakte als eines für die gerichtliche Sachverhalts- und Rechtsprüfung maßgeblichen Umstandes Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Mai 1997, § 113 Rn. 20; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 16).

Angesichts der dem streitgegenständlichen Bescheid zukommenden Feststellungs- bzw. Tatbestandswirkung und der ihm innewohnenden Möglichkeit, in Bestandskraft zu erwachsen, ist er geeignet, die Fragen, ob der Beklagte die von ihm gegenüber dem Kläger eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen (bzw. einen Teil hiervon) ordnungsgemäß erfüllt hat, und ob der nach der Nummer II.6 Abs. 1 des Vertrages vom 28. Oktober 2010/15. Dezember 2010 zu entrichtende Wertausgleich (nach Ausstellung der in dieser Klausel erwähnten weiteren Bestätigungen) fällig geworden ist, einer verbindlichen Entscheidung zuzuführen. In der dem Bescheid vom 4. September 2015 zukommenden Feststellungs- und Tatbestandswirkung liegt zugleich der ausschlaggebende Unterschied gegenüber der Fallgestaltung, die dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. September 2012 (22 ZB 11.1581 - BayVBl 2013, 177) zugrunde lag; dort waren weder unmittelbare noch mittelbare Auswirkungen der seinerzeit streitgegenständlichen behördlichen Maßnahme auf subjektive Rechte der Klägerin jenes Verfahrens ersichtlich.

2. Es erscheint angemessen, dass die nach alledem gebotene Würdigung des sachlichen Begehrens des Klägers, also dessen tatsächliche und rechtliche Aufbereitung, durch das Verwaltungsgericht erfolgt. Hierfür spricht nicht nur die grundsätzliche Aufgabenverteilung zwischen den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit des ersten und des zweiten Rechtszuges, wie sie ihren Niederschlag in den §§ 47 f. und den §§ 124 ff. VwGO gefunden hat. Diese hat insbesondere dann Bedeutung, wenn - wie hier - die Sachverhaltsaufklärung noch ganz am Anfang steht und nicht ohne einen gewissen Aufwand möglich ist (vgl. BayVGH, U. v. 6.6.2016 - 22 B 16.611 - Rn. 28). Gewicht kommt im vorliegenden Fall darüber hinaus vor allem dem Umstand zu, dass die insoweit zu leistende Auslegungs- und Aufklärungsarbeit eine hohe Affinität zu Fragen aufweist, die auch in dem vor dem Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen RO 8 K 16.640 seit kurzer Zeit anhängigen Klageverfahren des Sohnes des Klägers aufgeworfen sind. Ausweislich der Ausführungen im Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 12. Juli 2016 hat diese Klage u. a. nämlich ebenfalls - bezogen auf das unmittelbar benachbarte Grundstück Fl.Nr. 1559 - die umstrittene Thematik einer bereits erfolgten Entfernung sämtlichen Straßenaufbruchs und der Aufbringung einer von Schadstoffen freien Humusschicht zum Gegenstand. Es wäre mit den Erfordernissen der Prozessökonomie und der Vermeidung einander widersprechender Gerichtsentscheidungen ersichtlich nicht vereinbar, wenn das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof diesen Fragen parallel zueinander nachgehen würden. Es entspricht deshalb pflichtgemäßer Ausübung des durch § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffneten Ermessens, vorliegend von der Möglichkeit der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht, wie sie der Kläger hilfsweise beantragt hat, Gebrauch zu machen (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Entscheidung auch auf einen bloßen diesbezüglichen Eventualantrag hin Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 7).

Maßgeblich für die hier vom Verwaltungsgerichtshof zu treffende Ermessensentscheidung ist auch, dass keine Möglichkeit besteht, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids aus formellen Gründen zu verneinen.

Die Notwendigkeit einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den vom Kläger gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 4. September 2015 erhobenen Einwänden entfällt nicht im Hinblick darauf, dass sich der Kläger und der Beklagte im vorliegenden Fall als Parteien eines öffentlichrechtlichen Vertrages gegenüberstehen (vgl. zum öffentlichrechtlichen Charakter bodenschutzrechtlicher Sanierungsverträge Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 54 Rn. 157). Denn dies führt nicht dazu, dass der Beklagte schon aus diesem Grund keinen Verwaltungsakt mit dem inmitten stehenden Inhalt hätte erlassen dürfen. Es begegnet nämlich grundsätzlich keinen Bedenken, wenn ein Privatrechtssubjekt in einem öffentlichrechtlichen Vertrag der Behörde - wie hier geschehen - ausdrücklich die Befugnis einräumt, unter bestimmten Voraussetzungen in Bezug auf die vertragliche Beziehung einseitig hoheitlich (d. h. durch Verwaltungsakt) zu handeln (Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand März 2013, Art. 54 BayVwVfG Anm. VI; ähnlich Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 35 Rn. 13). Wenn nämlich Art. 61 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG sogar die Möglichkeit eröffnet, dass sich eine Privatperson in einem subordinationsrechtlichen öffentlichrechtlichen Vertrag der sofortigen Vollstreckung unterwirft, ohne dass angesichts der für einen solchen Vertrag nach Art. 57 BayVwVfG ausreichenden Schriftform die besonderen formellen Schutzvorkehrungen des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der Aufnahme einer solchen Erklärung in eine gerichtliche oder notarielle Urkunde erfüllt sein müssen, kann es nicht unzulässig sein, wenn die Behörde in einem öffentlichrechtlichen Vertrag zur Vornahme einseitiger vertragsbezogener Rechtshandlungen ermächtigt wird, die ihrer Bedeutung nach keinesfalls schwerer wiegen als die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung.

Es ist insofern nicht erforderlich, dass für jede der Hohen Hand in einem öffentlichrechtlichen Vertrag zuerkannte Befugnis eine gesetzliche Ermächtigung besteht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 54 Rn. 44; Hettich in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 54 Rn. 73 - 77); im Rahmen solcher Rechtsbeziehungen unterliegt die öffentliche Gewalt grundsätzlich nur dem Prinzip des Vorrangs, nicht aber demjenigen des Vorbehalts des Gesetzes (Kopp/Ramsauer, ebenda). Mit zwingendem Gesetzesrecht aber ist es vereinbar, wenn der Behörde in einem öffentlichrechtlichen Vertrag die Befugnis eingeräumt wird, durch einseitigen Rechtsakt Feststellungen zu treffen, denen für die weitere Entwicklung der vertraglich und gesetzlich geregelten Beziehungen der Beteiligten zueinander Bedeutung zukommt. Dies ergibt sich aus dem hier entsprechend anwendbaren § 315 BGB, wonach die einseitige Leistungsbestimmung durch eine Vertragspartei gestattet werden kann (vgl. zur Zulässigkeit von Regelungen der letztgenannten Art auch in öffentlichrechtlichen Verträgen angesichts der in § 62 Satz 2 VwVfG erfolgten ergänzenden Bezugnahme u. a. auf § 315 BGB BVerwG, U. v. 15.12.1989 - 7 C 6.88 - BVerwGE 84, 236/243). Eine solche Klausel geht für den Vertragspartner der öffentlichen Hand mit keiner minder großen Beschwer einher als die der Behörde hier sinngemäß eingeräumte Befugnis zur Feststellung der erfolgten Erfüllung von Verpflichtungen, die ihrem Rechtsträger nach dem geschlossenen Vertrag obliegen.

Ob den Beteiligten an einem öffentlichrechtlichen Vertrag auch die Rechtsmacht zusteht, zu bestimmen, dass eine Handlung, die sich als bloßes Verwaltungsinternum darstellt (hier: die Entlassung eines Grundstücks aus dem Altlastenkataster), durch Verwaltungsakt vorgenommen (oder - falls die Auslegung des Bescheids vom 4.9.2015 dies ergeben sollte - durch Verwaltungsakt bekanntgemacht) wird oder welcher rechtlich mögliche Inhalt Satz 2 der Nr. I des Bescheidstenors sonst zu entnehmen sein könnte, muss dem weiteren Verfahrensgang vor dem Verwaltungsgericht vorbehalten bleiben.

3. Wie in § 130 Abs. 2 VwGO vorgesehen, war der kassatorische Ausspruch außer auf das erstinstanzliche Urteil auch auf das ihm vorausgegangene Verfahren zu erstrecken. Hierdurch wird im vorliegenden Fall zugleich klargestellt, dass die dem Kläger mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2015 gemäß § 87b Abs. 1 VwGO gesetzte Präklusionsfrist keine rechtlichen Wirkungen mehr entfaltet.

4. Ein Kostenausspruch ist bei einer Zurückverweisung nach § 130 Abs. 2 VwGO nicht veranlasst (vgl. z. B. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 130 Rn. 12; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 19).

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 30. Januar 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2012 verpflichtet, dem Kläger einen Aufnahmebescheid zu erteilen und seine Ehefrau in diesen Aufnahmebescheid einzubeziehen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. November 2013 - 4 Sa 506/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger zum 1. August 2011 in die Entgeltgruppe 14 TVöD (VKA) höherzugruppieren war.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Februar 2008 bei der beklagten Stadt als Tarifbeschäftigter im Lehrdienst eingestellt und als Lehrkraft an einer städtischen Berufsschule eingesetzt. Arbeitsvertraglich ist ein Entgelt der Entgeltgruppe 13 TVöD (VKA) sowie die Geltung des TVöD in der jeweils geltenden Fassung sowie der sonstigen einschlägigen Tarifverträge/Richtlinien vereinbart.

3

Der Kläger legte 1986 nach einem 18-monatigen Vorbereitungsdienst in Hamburg die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen ab. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus erkannte diesen Abschluss nicht an, weil nach dem bayerischen Landesbeamtenrecht ein 24-monatiger Vorbereitungsdienst verlangt wird, und teilte dies dem Kläger mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 mit. Es bestehe jedoch Einverständnis damit, dass der Kläger im Rahmen einer schulaufsichtlichen Genehmigung durch die zuständige Bezirksregierung an privaten oder kommunalen beruflichen Schulen unterrichte. Auf Antrag der Beklagten genehmigte die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 15. November 2007 den unbefristeten Einsatz des Klägers als Lehrkraft. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus stellte dem Kläger mit Schreiben vom 24. März 2009 in Aussicht, aufgrund der absolvierten einjährigen Tätigkeit an einer kommunalen Schule könne nunmehr die Anerkennung seiner Lehramtsausbildung erfolgen, sofern die Beklagte eine erfolgreiche Tätigkeit bestätige. Nachdem dies geschehen war, stellte das Staatsministerium mit Bescheid vom 4. Mai 2009 fest, dass die vom Kläger in Hamburg abgelegte Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in Verbindung mit der von ihm abgelegten Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen der Befähigung für das Lehramt an beruflichen Schulen in Bayern in der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaft entspreche.

4

Bei der Eingruppierung der bei ihr angestellten Lehrkräfte wendet die Beklagte nach den tatbestandlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Richtlinien über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte in der vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus jeweils festgelegten Fassung, modifiziert nach den Vorgaben des Stadtrats, an. Diese Anwendung ist vom KAV Bayern am 31. Januar 1980 genehmigt worden.

5

Bis zum 31. Dezember 2011 waren nach den Richtlinien über die Eingruppierung der an den staatlichen beruflichen Schulen in Bayern im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte in die Vergütungsgruppen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) (Eingruppierungsrichtlinien - berufliche Schulen) mit Stand vom 1. Oktober 1994 (künftig Richtlinien berufliche Schulen 1994) für Erfüller wie den Kläger in dessen Laufbahn folgende Bestimmungen maßgeblich:

        

I.    

        
        

A.    

        
                 

...     

                 
        

1.    

Lehrer in der Laufbahn der Studienräte

                 
        

1.1     

Mit der Befähigung für das Lehramt an beruflichen Schulen

        

II a   

        

...     

                          
        

4.    

Lehrer unter Nr. 1 werden höhergruppiert nach

        

I b     

                 

zu dem Zeitpunkt, zu dem vergleichbare beamtete Lehrer zu Oberstudienräten (BesGr. A 14) befördert werden.

                 
                 

...“   

                 
6

Zum 1. Januar 2012 setzte der Freistaat Bayern zur Anpassung an den zwischenzeitlich in Kraft getretenen TV-L die Richtlinien über die Eingruppierung der an Schulen in Bayern im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten staatlichen Lehrkräfte und sonstigen staatlichen Beschäftigten (Eingruppierungsrichtlinien) in Kraft (künftig Eingruppierungsrichtlinien 2012). Darin heißt es unter „A. Allgemeines“ in Ziff. 3:

        

„Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung (‚Erfüller‘), werden zu dem Zeitpunkt, zu dem vergleichbare beamtete Lehrkräfte befördert werden, in die zutreffende Entgeltgruppe höhergruppiert. …“

7

Unter „F. Berufliche Schulen“ heißt es:

        

„I.     

Erfüller

                                   

Entgeltgruppe

                 

1.    

Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung für das Lehramt an beruflichen Schulen … (Erste und Zweite Staatsprüfung).

13    

                 

…“    

                 
8

Unter „G. Übergangsregelungen/Schlussbestimmungen“ ist in Ziff. 1 festgelegt, dass diese neuen Richtlinien für die in den TV-L übergeleiteten und ab dem 1. November 2006 neu eingestellten Lehrkräfte bei Eingruppierungen ab dem 1. Januar 2012 gelten. Unter Ziff. 2 ist bestimmt, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2011 hinaus fortbesteht, in die Eingruppierungsrichtlinien 2012 überzuleiten sind. Gemäß Ziff. 5 treten die bisherigen Eingruppierungsrichtlinien mit Ablauf des 31. Dezember 2011 außer Kraft.

9

Nach der Mitteilung Nr. 52 des Referats für Bildung und Sport der Beklagten vom 9. April 2013 wendet diese die Eingruppierungsrichtlinie 2012 nach Maßgabe der Vorgaben des Stadtrats für die städtischen tarifbeschäftigten Lehrkräfte entsprechend an. In Ziff. 7 dieser Mitteilung heißt es:

        

„Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung (‚Erfüller‘) werden zu dem Zeitpunkt, zu dem vergleichbare beamtete Lehrkräfte befördert werden, in die zutreffende Entgeltgruppe höhergruppiert. …

        

Höhergruppierungen werden zu dem Termin vollzogen, zu dem die gesetzlichen bzw. städtischen Vorgaben erfüllt sind, jedoch frühestens zum 01.01.2012.

        

...“   

10

Bei den vom Landesarbeitsgericht und in der Mitteilung Nr. 52 der Beklagten erwähnten „Vorgaben des Stadtrats“ handelt es sich um die Festlegung von Mindestwartezeiten für die Beförderung von Beamten und Lehrkräften im Angestelltenverhältnis durch einen Beschluss der Vollversammlung des Stadtrats vom 4. Oktober 2001. Gemäß Abschnitt I Ziff. 3.2 dieses Beschlusses gilt bei Beamten für die Beförderung in das erste Beförderungsamt im höheren Lehrdienst bei einem Gesamturteil „übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“ eine Mindestwartezeit von zwei Jahren, bei einem Gesamturteil „übertrifft deutlich die Anforderungen“ von drei Jahren und schließlich bei einem Gesamturteil „erfüllt die Anforderungen in zufriedenstellender Weise“ von fünf Jahren. Nach Abschnitt I Ziff. 5 des Beschlusses sollen diese Festlegungen bei Höhergruppierungen von Lehrkräften im Angestelltenverhältnis sinngemäß angewendet werden, sofern dies im Vergleich zu den tariflichen Regelungen günstiger ist. Dem Gesamturteil „erfüllt die Anforderungen in zufriedenstellender Weise“ entspricht nach den Beurteilungsrichtlinien für Lehrkräfte der Beklagten vom 1. August 1991 idF vom 24. November 2011 das Gesamturteil „erfüllt die Anforderungen in vollem Umfang“.

11

Bereits unter dem 1. Februar 2009 war eine Zwischenbeurteilung des Klägers erfolgt, die mit dem Gesamturteil „übertrifft deutlich die Anforderungen“ schloss. Die aktuelle Fassung der Beurteilungsrichtlinien der Beklagten vom 24. November 2011, die bereits für den Beurteilungszeitraum 1. August 2008 bis 31. Juli 2012 anzuwenden war, unterscheidet im Kapitel I C zwischen periodischen Beurteilungen (II), Probezeiteinschätzungen (III), Probezeitbeurteilungen (IV) und Zwischenbeurteilungen (V). Letztgenannte sind für neu eingestellte oder von anderen Dienstherren übernommene Lehrkräfte ein Jahr nach der Einstellung oder Übernahme, ausgenommen Lehrkräfte in der Probezeit, zu erstellen, ferner nach längeren Beurlaubungen oder Freistellungen, aus besonderem Anlass im Einzelfall, bei Wechsel des Dienstherrn oder bei Lehrkräften, die eine schlechte periodische Beurteilung erhalten haben. Eine Zwischenbeurteilung wie die für den Kläger zum 1. Februar 2009 erfolgte wird bei angestellten Lehrkräften regelmäßig ein Jahr nach Vertragsbeginn vorgenommen.

12

Eine spätere Beurteilung des Klägers vom 10. August 2012, die diesem am 25. Juli 2013 eröffnet wurde, schloss mit dem Gesamturteil „erfüllt die Anforderungen in vollem Umfang“.

13

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 9. August 2011 vergeblich seine rückwirkende Höhergruppierung. Mit seiner im August 2012 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung seiner Eingruppierung in die Entgeltgruppe 14 Stufe 3 TVöD (VKA) seit dem 1. August 2011 sowie die Differenz zu dem ihm gezahlten Entgelt aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 3 TVöD (VKA) für die Zeit vom 1. August 2011 bis zum 31. Juli 2012.

14

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anerkennung der von ihm in Hamburg erworbenen Lehrbefähigung hätte aufgrund der einschlägigen Beschlüsse der Kultusministerkonferenz nicht erst mit Bescheid vom 4. Mai 2009 erfolgen dürfen, sondern hätte bereits auf seinen ersten Antrag im Jahr 2006 hin vorgenommen werden müssen. Schon bei seiner Einstellung am 1. Februar 2008 hätten deshalb die Voraussetzungen für diese Anerkennung vorgelegen. Nach Ablauf der beamtenrechtlich vorgesehenen Mindestprobezeit von sechs Monaten sei die maßgebliche Wartezeit, die aufgrund der Beurteilung vom 1. Februar 2009 lediglich drei Jahre betragen habe, am 1. August 2008 angelaufen und am 1. August 2011 abgelaufen, so dass er zu diesem Zeitpunkt in die Entgeltgruppe 14 TVöD (VKA) hätte höhergruppiert werden müssen.

15

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass er seit dem 1. August 2011 in die Entgeltgruppe 14 Stufe 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst - Kommunen - einzugruppieren ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.443,14 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

16

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, der Kläger könne erst zum 1. März 2016 höhergruppiert werden. Er habe erst aufgrund des konstitutiv wirkenden Bescheids vom 4. Mai 2009 die für die Verbeamtung erforderliche Qualifikation aufgewiesen. Die fiktive Probezeit habe darum erst am 1. Juni 2009 zu laufen begonnen und sei aufgrund der für den Kläger günstigeren und darum gemäß Art. 70 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG) vom 5. August 2010 (Bayerisches GVBl. S. 410, 571) maßgeblichen Altregelung in § 49 der Verordnung über die Laufbahnen der bayerischen Beamtinnen und Beamten (Laufbahnverordnung - LbV) vom 1. April 2009 (Bayerisches GVBl. S. 51) unter Berücksichtigung des vom Kläger geleisteten Wehrdienstes am 4. Februar 2011 abgelaufen. Ausgehend von diesem Zeitpunkt der fiktiven frühestmöglichen Begründung eines Lebensbeamtenverhältnisses sei aufgrund der am 25. Juli 2013 eröffneten Beurteilung vom 10. August 2012 eine Mindestwartezeit von fünf Jahren erforderlich, so dass der Kläger erst zum 1. März 2016 befördert werden könne.

17

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel unter Vertiefung seiner rechtlichen Argumentation weiter.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat nach den von der Beklagten nach Maßgabe des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats vom 4. Oktober 2001 angewandten und nach Auffassung beider Parteien arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Richtlinien über die Eingruppierung von Lehrkräften des Freistaats Bayern in ihrer jeweils geltenden Fassung weder zum 1. August 2011 noch bis zur Entscheidung des Senats Anspruch auf die begehrte Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 14 TVöD (VKA). Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die erforderliche Mindestwartezeit zur Regelbeförderung eines mit dem Kläger vergleichbaren beamteten Lehrers in die Besoldungsgruppe A 14 bisher nicht verstrichen ist.

19

I. Mit den von ihr modifizierten Eingruppierungsrichtlinien des Freistaats Bayern verfolgt die Beklagte erkennbar das Ziel, angestellte und beamtete Lehrkräfte gleichzubehandeln, indem sie die Höhergruppierung der sog. Erfüller in der Laufbahn der Studienräte an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem bei vergleichbaren beamteten Lehrern gewöhnlich eine sog. Regelbeförderung zu Oberstudienräten in die Besoldungsgruppe A 14 stattfindet. Diese Gleichstellung ist sachgerecht (vgl. BAG 13. November 2014 - 6 AZR 1055/12 - Rn. 31) und entspricht billigem Ermessen. Es kann daher dahinstehen, ob die Richtlinien einer Ausübungskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zu unterziehen sind(vgl. BAG 16. April 2015 - 6 AZR 352/14 - Rn. 31).

20

II. Die gemäß I A Ziff. 4 der Richtlinie berufliche Schulen 1994 bzw. A Ziff. 3 der Eingruppierungsrichtlinien 2012 des Freistaats Bayern iVm. Abschnitt I Ziff. 3.2 und Ziff. 5 des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats der Beklagten vom 4. Oktober 2001 für eine Regelbeförderung erforderliche Mindestwartezeit hatte der Kläger weder zum 1. August 2011 noch bis zur Entscheidung des Senats erfüllt. Es kann darum dahinstehen, ob Ziff. 7 Abs. 2 der Mitteilung Nr. 52 des Referats für Bildung und Sport der Beklagten vom 9. April 2013 dahin zu verstehen ist, dass eine Höhergruppierung frühestens zum 1. Januar 2012 in Betracht gekommen wäre.

21

1. Die Modifikation der Eingruppierungsrichtlinien des Freistaats Bayern durch die Beklagte, durch die sie den Zeitpunkt der Regelbeförderung von dem Inhalt der Beurteilung abhängig gemacht und damit letztlich eine leistungsabhängige Mindestwartezeit eingeführt hat, ist hinreichend transparent und auch im Übrigen rechtswirksam.

22

a) Art. 58 Abs. 6 Satz 3 LlbG eröffnet den Gemeinden die Möglichkeit, von den in Art. 58 Abs. 3 LlbG festgelegten Beurteilungskriterien abzuweichen und weitere oder andere Kriterien festzulegen. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 3 LlbG iVm. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung - GO) idF der Bekanntmachung vom 22. August 1998 (Bayerisches GVBl. 1998 S. 796) sind die Gemeinden ohnehin zuständig für die Beförderung der Beamten der Gemeinde ab der Besoldungsgruppe A 9. Diese von ihr für Beamte damit rechtmäßig festgelegten Modifikationen hat die Beklagte auf die bei ihr angestellten Lehrkräfte übertragen. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil die Beklagte mangels einschlägiger gesetzlicher und/oder tariflicher Eingruppierungsbestimmungen frei darin ist, die Kriterien dafür, wie sie die bei ihr angestellten Lehrkräfte vergütet und ob und wann sie sie befördert, in den Grenzen des Gleichbehandlungsgrundsatzes, dessen Verletzung der Kläger nicht rügt, festzulegen. Eine Inhaltskontrolle der Eingruppierungsrichtlinien nach § 307 Abs. 1 und 2 sowie §§ 308 und 309 BGB findet deshalb nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht statt.

23

b) Soweit gemäß Abschnitt I Ziff. 5 des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats der Beklagten vom 4. Oktober 2001 für die Höhergruppierung angestellter Lehrkräfte die Festlegungen für Beamte sinngemäß angewendet werden „sollen“, kommt der Beklagten kein Ermessen zu, ob und zu welchem Zeitpunkt sie den Kläger befördert. Mit Abschnitt I Ziff. 5 des Beschlusses hat sie das von ihr gewollte Regel-/Ausnahmeverhältnis herausgestellt. Liegen die Voraussetzungen einer Regelbeförderung eines vergleichbaren Beamten vor, hat der angestellte Lehrer darum grundsätzlich Anspruch auf eine Beförderung nach Abschnitt I Ziff. 5 des oben genannten Beschlusses (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 890/07 - Rn. 36; 18. März 2003 - 9 AZR 126/02 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 105, 248; vgl. zur vergleichbaren Regelung des Art. 36 LlbG Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl BayBeamtR Stand Oktober 2010 Art. 36 LlbG Rn. 21).

24

2. Die Beklagte hat auch für die Zeit nach Inkrafttreten der Eingruppierungsrichtlinien 2012 an der Festlegung einer Mindestwartezeit durch den Beschluss der Vollversammlung des Stadtrats vom 4. Oktober 2001 festgehalten. In der Mitteilung Nr. 52 des Referats für Sport und Bildung der Beklagten vom 9. April 2013 heißt es einleitend ausdrücklich, dass die Eingruppierungsrichtlinien des Freistaats Bayern „weiterhin entsprechend den Vorgaben des Stadtrats“ auf die städtischen tarifbeschäftigten Lehrer angewandt werden sollen.

25

III. Der Kläger stützt seinen Anspruch darauf, dass die Mindestwartezeit für die Regelbeförderung eines vergleichbaren Beamten gemäß Abschnitt. I Ziff. 3.2 iVm. Ziff. 5 des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats vom 4. Oktober 2001 aufgrund der Beurteilung vom 1. Februar 2009 drei Jahre betragen habe. Diese Beurteilung ist jedoch keine geeignete Grundlage für die Bemessung der Mindestwartezeit. Bei ihr handelte es sich ausdrücklich um eine Zwischenbeurteilung. Die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte der Landeshauptstadt München idF vom 24. November 2011 differenzieren zwischen periodischen Beurteilungen, Probezeiteinschätzungen, Probezeitbeurteilungen und Zwischenbeurteilungen. Die Voraussetzungen einer Zwischenbeurteilung gemäß Kapitel I C V der Beurteilungsrichtlinien, die sich auf beamtete Lehrkräfte beziehen, lagen nicht vor. Die Zwischenbeurteilung des Klägers beruht auf der Praxis der Beklagten, bei angestellten Lehrkräften regelmäßig ein Jahr nach Vertragsbeginn eine solche Beurteilung vorzunehmen. Die Beurteilung vom 1. Februar 2009 entsprach darum inhaltlich der in Kapitel I C unter III der Beurteilungsrichtlinien geregelten Probezeiteinschätzung von Beamten, die nach der Hälfte der Probezeit und damit nach einem Jahr vorzunehmen ist, um eine Einschätzung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu erhalten. Die unter Abschnitt I Ziff. 3.2 des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats vom 4. Oktober 2001 festgelegten Mindestwartezeiten stellen jedoch ersichtlich nicht auf eine solche bloß vorläufige Einschätzung ab, sondern beziehen sich ausschließlich auf die vor der Berufung in ein Lebensbeamtenverhältnis zu erstellende Beurteilung. Die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit oder zum Beamten auf Lebenszeit ist nur zulässig, wenn die Beamtin oder der Beamte sich in einer Mindestprobezeit bewährt hat (§ 10 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG) vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010)). Dementsprechend bestimmt Art. 15 Abs. 1 LlbG, dass Dienstzeiten, die Voraussetzung für eine Beförderung sind, erst vom allgemeinen Dienstzeitbeginn, dh. von der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit, an rechnen. Aus der von den Eingruppierungsrichtlinien der Beklagten bezweckten Gleichstellung mit beamteten Lehrkräften folgt darum auch, dass angestellte Lehrerinnen und Lehrer vor einer Beförderung in ein höheres Amt regelmäßig die entsprechenden Probezeiten eines vergleichbaren Beamten durchlaufen haben müssen (vgl. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 304/10 - Rn. 27). Daraus ergibt sich, dass auch nur eine am Ende der (fiktiven) Probezeit eines Beamten erstellte Beurteilung des angestellten Lehrers für die Dauer der Mindestwartezeit gemäß Abschnitt I Ziff. 5 des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats vom 4. Oktober 2001 maßgeblich sein kann.

26

IV. Unabhängig davon war bis zur Eröffnung der Beurteilung des Klägers vom 10. August 2012 am 25. Juli 2013, die gemäß Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG und Art. 61 Abs. 1 Satz 1 LlbG sowie Kapitel I C VIII der Beurteilungsrichtlinien für den städtischen Lehrdienst der Beklagten für die Wirksamkeit der Beurteilung konstitutiv war, die Mindestwartezeit nach Abschnitt I Ziff. 3.2 iVm. Ziff. 5 des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats vom 4. Oktober 2001 auch dann noch nicht erfüllt, wenn diese aufgrund der Beurteilung vom 1. Februar 2009 zunächst drei Jahre betragen hätte. Ein vergleichbarer beamteter Lehrer würde deshalb - unter der Voraussetzung, dass die maßgeblichen Bestimmungen unverändert bleiben - aufgrund des Gesamturteils der am 25. Juli 2013 eröffneten Beurteilung vom 10. August 2012 erst nach einer Mindestwartezeit von fünf Jahren und damit erst zum 1. März 2016 in die Besoldungsgruppe A 14 regelbefördert.

27

1. Der Kläger übersieht bei seiner Annahme, Ausgangspunkt für die Nachzeichnung der fiktiven Beförderungsmöglichkeit eines vergleichbaren Beamten sei der 1. Februar 2008, dass die Möglichkeit der Höhergruppierung zum fiktiven Beförderungszeitpunkt eines solchen Beamten nach I A Ziff. 1.1 iVm. Ziff. 4 der Richtlinien berufliche Schulen 1994 nur für die sog. „Erfüller“, dh. für die Lehrkräfte, bei denen die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind, bestand. Für den Beginn der Probezeit ist darum auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die vom Kläger in Hamburg erworbene Lehramtsqualifikation als der bayerischen gleichwertig anerkannt worden ist. Das war der 4. Mai 2009. Erst aufgrund des Bescheids von diesem Tag hätte der Kläger in ein Beamtenverhältnis auf Probe berufen werden können. Ohne eine solche Gleichstellung lag eine Lehrbefähigung im Sinne des bayerischen Laufbahnrechts nicht vor, so dass erst durch die mit Bescheid vom 4. Mai 2009 erfolgte Gleichstellung der Lehrbefähigung des Klägers mit einer in Bayern erworbenen die Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis gegeben waren (vgl. BAG 7. Juli 1999 - 10 AZR 571/98 - zu II 4 c der Gründe; 18. September 1985 - 4 AZR 192/84 -). Der Bescheid war damit konstitutiv für den Status des Klägers als sog. „Erfüller“.

28

a) Nach Art. 7 Abs. 1 des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes (BayLBG) idF der Bekanntmachung vom 12. Dezember 1995 (Bayerisches GVBl. 1996 S. 16) wird die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen in Bayern durch das Bestehen der Ersten Lehramtsprüfung und der Zweiten Staatsprüfung für dieses Lehramt erworben. Außerhalb des Geltungsbereichs des BayLBG erworbene Befähigungen bedürfen gemäß Art. 7 Abs. 2 BayLBG der Anerkennung durch die Kultusverwaltung. Entspricht eine in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland erworbene Lehramtsbefähigung nicht der Befähigung für ein Lehramt im Sinne des bayerischen Rechts, sind die Unterschiede hinsichtlich Vorbildung, Ausbildung und Prüfungen jedoch durch die Erbringung zusätzlicher Leistungen ausgleichbar, so setzt die Feststellung der Lehramtsbefähigung eine entsprechende Nachqualifikation im Freistaat Bayern voraus (Art. 7 Abs. 3 BayLBG). Im Fall des Klägers war der Vorbereitungsdienst, den er in Hamburg absolviert hatte, aufgrund seiner kürzeren Dauer mit dem bayerischen Vorbereitungsdienst nicht gleichwertig, so dass es zunächst an einer Befähigung des Klägers für ein Lehramt im Sinne des bayerischen Rechts fehlte. Mit Schreiben vom 24. März 2009 brachte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus jedoch zum Ausdruck, dass es die erfolgreiche (mindestens) einjährige Tätigkeit bei der Beklagten als ausreichende Nachqualifikation im Sinne des Art. 7 Abs. 3 BayLBG ansehe, weswegen es nach einer entsprechenden Bestätigung durch die Beklagte mit Bescheid vom 4. Mai 2009 die Lehramtsbefähigung des Klägers für den bayerischen Landesdienst feststellte.

29

b) Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht bindet der Bescheid vom 4. Mai 2009 sowohl die Beklagte als auch die Arbeitsgerichte. Der Bescheid vom 4. Mai 2009 ist bestandskräftig. Die Gerichte aller Rechtszweige sind an das Bestehen und den Inhalt von wirksamen Verwaltungsakten, selbst wenn sie rechtswidrig sein sollten, gebunden, soweit ihnen nicht die Kontrollkompetenz eingeräumt ist (sog. Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten). Diese Bindung entfällt nur, wenn der Verwaltungsakt nichtig ist (BAG 18. Juli 2007 - 5 AZR 854/06 - Rn. 25). Das ist gemäß Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nur der Fall, wenn der Verwaltungsakt an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Eine Nichtigkeit des Verwaltungsakts liegt also grundsätzlich nur vor, wenn die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (BAG 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 28). Dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt wären, macht der Kläger nicht geltend, sondern beruft sich nur darauf, der Bescheid missachte Beschlüsse der Kultusministerkonferenz über die gegenseitige Anerkennung von Lehrbefähigungen. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Bescheids vom 4. Mai 2009 im oben genannten Sinne bestehen ohnehin nicht.

30

2. Die fiktive Probezeit eines vergleichbaren Beamten wäre am 4. Februar 2011 abgelaufen. Knüpft eine Eingruppierungsrichtlinie bei Erfüllern die Ein- und Höhergruppierung an beamtenrechtliche Vorgaben, setzt die Höhergruppierung die Erfüllung laufbahn- und haushaltsrechtlicher Vorgaben voraus (BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 19). Diese lagen im Fall des Klägers bis zum 25. Juli 2013 noch nicht vor.

31

a) Zum einen waren die Laufbahnvoraussetzungen bis zum 25. Juli 2013 nicht erfüllt.

32

aa) Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LbV bzw. Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 LlbG darf eine Beförderung des Beamten grundsätzlich erst nach Ablauf der Probezeit erfolgen. Darum müssen, wie bereits unter Rn. 25 ausgeführt, auch angestellte Lehrerinnen und Lehrer vor einer Beförderung in ein höheres Amt regelmäßig die entsprechenden Probezeiten eines vergleichbaren Beamten durchlaufen haben. Die fiktive Probezeit für einen mit dem Kläger vergleichbaren Beamten wäre erst am 4. Februar 2011 abgelaufen.

33

(1) Die Probezeit des Klägers war noch nach § 49 Abs. 1 LbV zu berechnen. Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Beklagten, der nach Art. 70 Abs. 2 LlbG erforderliche und von ihr vorgenommene Günstigkeitsvergleich habe ergeben, dass die Berechnung der Probezeit nach § 49 LbV günstiger für den Kläger sei, seiner Entscheidung zugrunde gelegt und sich ausdrücklich die Vergleichsberechnung der Beklagten und damit die dieser zugrunde liegenden Tatsachen zu eigen gemacht. Dagegen wendet sich der Kläger im rechtlichen Ausgangspunkt nicht, so dass der Senat an die der Annahme des Landesarbeitsgerichts, § 49 LbV führe zu einem früheren Probezeitende als das neue Recht, zugrunde liegende stillschweigende Tatsachenfeststellung gebunden ist. Zudem hat der Kläger sich diese Berechnung und die ihr zugrunde liegenden Annahmen zu eigen gemacht, wenn er bei seinen Ausführungen unter II 2 b cc auf Seite 7 der Revisionsbegründung selbst im Ausgangspunkt von § 49 Abs. 1 LbV ausgeht.

34

(2) Nach § 49 Abs. 1 LbV dauert die Probezeit drei Jahre. Allerdings ist sie vorliegend wegen des Wehrdienstes des Klägers zu verkürzen. Das hat die Beklagte mit dem von ihr vorgenommen Wehrdienstausgleich getan, den das Landesarbeitsgericht ebenfalls seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat und den der Kläger mit der Revision nicht angreift. Fiktiver Zeitpunkt für die Berufung des Klägers in das Lebensbeamtenverhältnis und damit der allgemeine Dienstzeitbeginn ist deshalb der 4. Februar 2011.

35

bb) Entgegen der Annahme des Klägers ist diese fiktive beamtenrechtliche Probezeit auch für ihn maßgeblich.

36

(1) Die von der Revision angezogene Entscheidung (BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 304/10 -) betrifft nicht den vorliegenden Fall der Einstellung in das Eingangsamt, sondern den der Einstellung in ein Funktionsamt und damit einen anderen Sachverhalt. Deshalb können die vom Kläger herangezogenen Aussagen nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragen werden.

37

(2) Anders als der Kläger annimmt, ist die Probezeit auch nicht durch die Tätigkeit für „die Stadt“ um anderthalb Jahre zu verkürzen. Unabhängig davon, welche Tätigkeit er damit meint, können nach § 49 Abs. 3 LbV nur Zeiten der Tätigkeit im öffentlichen Dienst, dienach Erwerb der Laufbahnbefähigung erbracht wurden, berücksichtigt werden. Zeiten vor dem 4. Mai 2009 können demnach die Probezeit nicht verkürzen.

38

cc) Ausgehend vom 4. Februar 2011 als fiktivem Beginn des Lebensbeamtenverhältnisses war die aus der Beurteilung vom 1. Februar 2009 folgende Mindestwartezeit von drei Jahren bis zum Zeitpunkt der Eröffnung der Beurteilung vom 10. August 2012 am 25. Juli 2013 noch nicht verstrichen. Abschnitt I Ziff. 3.2 iVm. Ziff. 5 des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats der Beklagten vom 4. Oktober 2001 stellt offensichtlich auf die im Zeitpunkt der Regelbeförderung aktuellste Beurteilung ab (vgl. zur Maßgeblichkeit der aktuellsten Beurteilung für Beförderungsentscheidungen BVerwG 16. November 2012 - 1 WB 1.12 - Rn. 9). Mit der Eröffnung der Beurteilung vom 10. August 2012 war damit die Beurteilung vom 1. Februar 2009 für die Frage, welche Mindestwartezeit bis zur (ersten) Regelbeförderung eines fiktiven mit dem Kläger vergleichbaren Beamten verstreichen muss, obsolet geworden. Auf der Grundlage des Gesamturteils der letzten Beurteilung „erfüllt die Anforderungen in vollem Umfang“, die der Kläger nicht angegriffen hat, beträgt die Wartezeit nunmehr fünf Jahre, die ausgehend vom 4. Februar 2011 nach wie vor nicht verstrichen sind.

39

b) Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass zum 1. August 2011 oder später eine freie Planstelle vorlag (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 19).

40

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Biebl    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Uwe Zabel    

                 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 8. Kammer - vom 21. Januar 2013 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.

2

Er ist irakischer Staatsangehöriger. Im Juli 1996 reiste er nach Deutschland ein und stellte einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter. Er gab an, er sei am ...1979 in K. geboren und heiße A.N.. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erkannte ihn unter diesem Namen mit Bescheid vom 20. August 1996 als Asylberechtigten an.

3

Am 11. April 1997 verließ der Kläger Deutschland und hielt sich in der Folgezeit in Griechenland auf, wo er am 8. November 1999 in Athen die griechische Staatsangehörige M.Z. heiratete. In der Heiratsurkunde werden die Personen des Klägers mit A.M.N., der Ehename mit Z. angegeben.

4

Der Kläger bemühte sich seit Anfang 1998 um eine Rückkehr nach Deutschland und stellte einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In der Folgezeit kehrte er nach Deutschland zurück.

5

Den bereits am 30. September 1996 ausgestellten Reiseausweis für Flüchtlinge auf den Namen A.N. verlängerte die Beklagte am 2. Oktober 1998. Zuvor war ihm am 30. September 1998 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.

6

Am 28. August 2001 beantragte er beim Standesamt der Landeshauptstadt Kiel die Anlegung eines Familienbuches und legte hierzu u.a. die Heiratsurkunde aus Athen vom 8. November 1999 nebst Apostille sowie den Personalausweis Nr. ... der Republik Irak sowie eine eidesstattliche Versicherung zur Person vor. Daraufhin wurde das Familienbuch antragsgemäß ausgestellt. Der Name des Klägers lautet demnach A.M.N., geboren am ...1979 in K., Irak, als Ehename wird der Name Z. aufgeführt.

7

Am 9. März 2006 stellte der Kläger als A.M.Z., geb. N., geboren am ...1979 in K./Irak einen Antrag auf Einbürgerung und gab eine Loytätserklärung ab. Mit Schreiben vom 25. April 2007 teilte das Innenministerium der Beklagten unter Berufung auf ein Behördengutachten des Bundesnachrichtendienstes mit, dass Bedenken gegen eine Einbürgerung bestünden.

8

Am 9. Oktober 2009 legte der Kläger eine Kopie des irakischen Personalausweises Nr. … vom 20. Juni 1988 sowie eine Kopie der Urkunde für die irakische Staatsangehörigkeit vom 8. Mai 1988 vor, wonach es sich bei ihm in Wirklichkeit um den am ...1973 in A. geborenen irakischen Staatsangehörigen D.S.R. handele. Die Ausländerbehörde bat das Landeskriminalamt Kiel um die Erstellung eines Schnellgutachtens. Dieses ergab keine Fälschungsmerkmale, wies jedoch darauf hin, dass die Befunderhebung nicht die Problematik einer widerrechtlichen Ausstellung im Herkunftsland beinhalte und kein kriminaltechnisches Behördengutachten ersetze.

9

Der Kläger machte im Einbürgerungsverfahren geltend, er sei zwar Mitglied im ...verein in Kiel, sei aber in keiner Hinsicht politisch tätig und sympathisiere auch nicht mit irgendwelchen Gruppierungen. Im Irak habe er die Namen D.S.R. getragen. Diese Namen habe er im Zusammenhang mit seiner Flucht abgelegt und in Deutschland den Namen A.M.N. und nach seiner Eheschließung den Namen Z. angenommen. Er habe Angst vor einer Ausweisung bzw. Abschiebung in den Irak gehabt. Eine Verschleierung seiner Identität zum Zweck der Täuschung deutscher Behörden sei nicht beabsichtigt gewesen.

10

Mit Bescheid vom 21. Juli 2009 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2010 zurück. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vorliege. Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes des Landes Schleswig-Holstein lägen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen des Klägers vor. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass er über den ....verein Kontakte zur Gruppierung Ansar al-Islam und zum IMK habe. Auch sei nach dem vorliegenden Unterlagen nicht gesichert, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten könne (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG).

11

Am 2. März 2010 hat der Kläger Klage erhoben. In Vertiefung und Ergänzung seines bisherigen Vorbringens hat er weiterhin geltend gemacht, die angeblichen Erkenntnisse des Verfassungsschutzes seien falsch. Er habe zu den angegebenen Gruppierungen nie Kontakt gehabt und interessiere sich für deren Aktivitäten auch nicht. Seit dem 1. Dezember 2011 beziehe er weder für sich noch für seine Familie Sozialleistungen. Nach zwischenzeitlicher gesundheitlicher Beeinträchtigung sei er wieder voll erwerbstätig.

12

Das Verwaltungsgericht erhob Beweis zur Frage der Identität des Klägers und bat die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bagdad um Überprüfung des vom Kläger (betreffend D.S.R.) eingereichten Registerauszuges. Daraufhin teilte die Botschaft mit, der übersandte Registerauszug stimme im Wesentlichen mit vorliegenden Mustervorlagen überein. Die Echtheit der Urkunde könne allerdings nicht abschließend bewertet werden, weil die Unterschrift des zweiten Urkundsbeamten fehle. Daraufhin überreichte der Kläger im Original die um eine zweite Unterschrift ergänzte Geburtsurkunde einschließlich deren deutschen Übersetzung und erläuterte, er habe die Echtheit der Geburtsurkunde im Irak und auch in Berlin beim Irakischen Außenministerium bestätigen lassen. Die Konsularabteilung des (irakischen) Außenministeriums in Berlin habe die Urkunde am 5. August 2012 beglaubigt. Seine Identität sei daher geklärt.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 zu verpflichten, ihn einzubürgern.

15

Die Beklage hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Sie hat unter Bezugnahme auf die Begründung ihrer Bescheide weiterhin geltend gemacht, die Identität des Klägers sei nicht gesichert. Das standesamtliche Verfahren zur Änderung des Familienbuches sei nicht abgeschlossen. Es stehe nicht fest, dass der Lebensunterhalt nachhaltig gesichert sei. Schließlich lägen auch Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor.

18

Auf weitere Beweiserhebung des Verwaltungsgerichts hin zur Behauptung der Beklagten zu Kontakten des Klägers zur Kieler Gruppierung der Ansar al-Islam bzw. des Vorliegens verfassungsfeindlicher Bestrebungen hat das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein mit Schreiben vom 21. März 2012 Unterlagen vorgelegt, wegen deren Inhalts auf Bl. 146 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen wird.

19

Mit Urteil vom 21. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 21. Juli 2009 und 9. Februar 2010 verpflichtet, den Kläger einzubürgern.

20

Die für die Einbürgerung erforderliche Identität sei geklärt. Zwar sei das standesamtliche Verfahren des Klägers zur Änderung des Familienbuches erfolglos geblieben. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, den Nachweis der Identität auf andere Weise zu führen. Im Einbürgerungsverfahren reiche aus, wenn die geltend gemachte Identität überzeugend nachgewiesen sei. Dies sei dem Kläger durch Vorlage einer Geburtsurkunde gelungen, für die das Landeskriminalamt Fälschungsmerkmale nicht festgestellt habe. Auch nach den Erkenntnissen des BND sei der Kläger im Irak mit dem Namen aufgetreten, den er jetzt als eigenen Namen geltend gemacht und der sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde ergeben habe. Das ursprünglich von der Botschaft Bagdad als Defizit gerügte Fehlen der Unterschrift eines 2. Urkundsbeamten sei zwischenzeitlich behoben. Der Kläger habe im Einzelnen auch die Ergänzung beschrieben und dargelegt, dass die Richtigkeit der Ausstellung des Dokuments durch den Gouverneur und Justizgeneraldirektor bestätigt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine echte Urkunde handele, die nach den Erkenntnissen des BND inhaltlich richtig sei.

21

Auch die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG sei erfüllt. Seit Dezember 2011 nehme der Kläger keine Sozialleistungen mehr für sich und seine Familie in Anspruch. Aus den vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen des Steuerberaters ergebe sich eine Geschäftsentwicklung, die eine hinreichende Basis für die Prognose darstelle, der Kläger werde auch in Zukunft den Unterhalt für sich und seine Familienangehörigen (Ehefrau und 3 Kinder) ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten können.

22

Auch liege der Ausschlusstatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG nicht vor. Es seien keine Anknüpfungstatsachen festgestellt worden, aus denen sich der berechtigte Verdacht ergebe, dass der Kläger verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt oder unterstützt habe oder gegenwärtig noch verfolge oder unterstütze. Die im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 25. April 2007 und 21. März 2012 seien keine hinreichend tragfähige Grundlage für die Annahme, der Kläger habe verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt.

23

Wie die Kulturvereine anderer in Deutschland lebender Volksgruppen biete auch der ...verein ein „inhomogenes Spektrum von Aktivitäten“, nämlich Sprachkurse, Religionsunterricht, Diskussionsforen, Musik, Gelegenheit, Familienfeiern zu veranstalten sowie die Möglichkeit zu geselligem Beisammensein. Selbst wenn sich dort Vertreter radikaler politischer Richtungen treffen sollten, könne nicht jedem Besucher einer solchen Einrichtung unterstellt werden, er sympathisiere damit oder unterstütze solche Richtungen. Maßgeblich sei insofern im Einzelfall, dass die Feststellung möglich sei, der Ausländer sei einer solchen radikalen Richtung zuzurechnen. Hierfür fehlten im vorliegenden Falle jedoch hinreichend belastbare Anhaltspunkte. Die Ausführungen in den Schreiben des Innenministeriums seien zu vage, um darauf die Feststellung zu stützen, es lägen hinreichend sichere Erkenntnisse für verfassungsfeindliche Betätigungen des Klägers vor und auch zu ungenau, um darauf weitere Ermittlungen zu stützen.

24

Der Senat hat die Berufung der Beklagten mit Beschluss vom 20. Juni 2013 zugelassen. Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung wie folgt vor:

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Identität des Klägers nicht geklärt. Das Verwaltungsgericht habe die Identitätsproblematik des Klägers und seiner Familie in personenstandsrechtlicher Hinsicht nach deutschem und EU-Recht ausgeblendet. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht angenommen, der irakische Registerauszug des Jahres 1957 sei nach den Erkenntnissen des BND inhaltlich richtig. Der BND habe lediglich mitgeteilt, dass der Kläger unter dem Namen R. im Irak auftreten würde. Die Übernahme der dem BND bekanntgewordenen Alias-Identität könnte durchaus - unterstützt durch Behörden Kurdistans - Teil eines operativen Geschäfts sein. Bei einer Einbürgerung des Klägers als R. aufgrund der irakischen Dokumente würde ein neues deutsches und damit EU-staatliches Dokument mit einer Alias-Identität geschaffen werden. Dies stünde neben den in der Bundesrepublik Deutschland (Familienbuch) und in Griechenland (Heiratsurkunde) existierenden standesamtlichen Eintragungen für den Kläger. Dies könne zu komplizierten internationalen Rechtsproblemen zum Nachteil der Kinder und der Ehefrau führen.

26

Der Bezug der vorgelegten irakischen Dokumente zur Person des Klägers sei nicht hinreichend geklärt. Es falle auf, dass sich in den Verwaltungsvorgängen verschiedene Unterschriften für den Kläger feststellen ließen. Es erhebe sich die Frage, ob die unterschriftsleistenden Personen überhaupt identisch seien.

27

Die Verwandtschaft zu seinem angeblichen Bruder A1 N. sei ungeklärt. Der Kläger selbst habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht seine Brüder als A2 (geboren 1962), A3 (geboren 1972) und A4 (geboren 1975) benannt.

28

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger 1999 aufgrund seines unter der Identität A.N. angegebenen Geburtsdatums nach Jugendstrafrecht wegen Sozialhilfebetruges lediglich zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei. Hätte das Gericht die nunmehr behauptete Identität und das dort zugeordnete Geburtsdatum zugrundegelegt, so wäre der Kläger nach Erwachsenenstrafrecht und zu einem mutmaßlich höheren Strafmaß verurteilt worden, was heute noch einbürgerungsschädlich sein könnte.

29

Es müsse die Namensführung nach demjenigen Sachrecht Vorrang genießen, das zeitlich früher zu einer Eintragung in das Personenstandsregister eines von mehreren EU-Mitgliedstaaten geführt habe. Auch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht habe in seinem Beschluss vom 9. Februar 2011 in der Sache des Klägers (Az. 2 W 232/10 (28 III 1/10 AG Kiel) ausgeführt, vor einer Berichtigung des Familienbuches müsse eine Berichtigungsurkunde des Standesamtes Athen bzw. eine Entscheidung des zuständigen Gerichts vorgelegt werden, wonach die Ehe in Griechenland in Wirklichkeit zwischen D.Z.R. und M.Z. geschlossen worden sei. Würde man im Deutschen Staatsangehörigkeitsrecht ohne abgeschlossene Klärung in Kauf nehmen, dass eine Person zugleich mehrere Alias-Identitäten nutzt, könnte es geschehen, dass verschiedene Identitäten und Namen auf eine Person hin zusammengeführt würden, obwohl nicht geklärt sei, ob sich hinter den benutzten as-Identitäten mehrere verschiedene Personen verbergen. Das Einbürgerungsrecht könnte gleichsam als „Identitätswaschanlage“ benutzt werden.

30

Die Lebensunterhaltssicherung (§10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) sei nicht gewährleistet. Die bisher vorliegenden Unterlagen reichten für eine positive Prognose nicht aus, auch wenn seit Dezember 2011 keine Sozialleistungen mehr in Anspruch genommen wurden. Entscheidend sei, ob der Kläger den hypothetischen Gesamtbedarf (einschließlich von Kosten der Krankenversicherung) aus seinen Einnahmen decken könne. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Gewinnerzielung sei auch zu berücksichtigen, dass die Bedarfsgemeinschaft seit Ende 2005 wiederholt und über längere Zeit SGB II-Leistungen und in den Zeiträumen davor Sozialhilfe bezogen habe. Bereits eine überschlagsmäßige Auswertung der vom Kläger eingereichten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013 belege die fehlende Nachhaltigkeit der Erzielung eines ausreichenden Einkommens. Im Übrigen hätte der Kläger auch im Hinblick auf die Alterssicherung eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehmen müssen. Die Nähstube könne als Nebenerwerbsbetrieb nur ein Zusatzeinkommen bedeuten.

31

Der Kläger beantragt,

32

die Berufung zurückzuweisen.

33

Die Beklage beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers macht geltend, alle Einbürgerungsvoraussetzungen lägen vor. Die Identität des Klägers habe dieser, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt habe, durch Urkunden nachgewiesen. Der Wechsel der Identität sei fluchtbedingt gewesen und deshalb nachvollziehbar. Seit Dezember 2011 nehme der Kläger keine Sozialhilfeleistungen mehr in Anspruch. Durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013 sowie einer Verdienstbescheinigung ab Mai 2013 für seine Ehefrau und der - in der mündlichen Verhandlung überreichten - Einnahme/Überschussrechnung für 2014 sei ein ausreichendes Einkommen belegt, welches eine positive Prognose für die Zukunft rechtfertige. Der Kläger betreibe weiterhin ein selbstständiges Schneidergewerbe. Ob der Antragsteller jemals im Alter Grundsicherungsleistungen in Anspruch nehmen müsse, sei nicht absehbar. Das Einkommen sei zwar derzeit niedrig, könne sich aber noch steigern. Der Kläger habe noch 31 Jahre vor sich, bevor er Altersrente beziehen könne. Gerade bei selbstständiger Tätigkeit sei das Einkommen sehr schwankend. Wenn der Kläger hingegen gesundheitsbedingt in Zukunft nicht arbeiten könne und deshalb auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sein sollte, wäre die Inanspruchnahme nicht zu vertreten und deshalb gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG einbürgerungsrechtlich unschädlich.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsvorgänge (Beiakte „A“ - „G“), welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

38

Das Verwaltungsgericht hätte die Beklagte nicht unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 21. Juli 2009 und 9. Februar 2010 verpflichten dürfen, den Kläger einzubürgern.

39

Zwar hat der Kläger seit 8 Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so dass die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 1.HS StAG erfüllt ist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass ihm - unstreitig - seit jedenfalls mehr als 8 Jahren kontinuierlich Aufenthaltserlaubnisse bzw. eine Niederlassungserlaubnis erteilt wurden. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts scheitert nicht daran, dass die erteilten Aufenthaltstitel nicht unter dem nunmehr vom Kläger im Einbürgerungsverfahren angegebenen Namen, Geburtstag und Geburtsort erteilt wurde. Eine Rücknahme der entsprechenden Bescheide liegt nicht vor. Bei dieser Sachlage könnte die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nur verneint werden, wenn die dem Kläger erteilten Aufenthaltstitel infolge der Identitätstäuschung nichtig wären. Zunächst ist festzustellen, dass die dem Kläger jeweils erteilten Aufenthaltstitel wirksam bekanntgegeben wurden. Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für die oder den er seinem Inhalt nach bestimmt ist oder die oder der von ihm betroffen ist (§ 110 Abs. 1 Satz 1 LVwG). Die jeweils erteilten Aufenthaltstitel waren für die Person des Klägers bestimmt. Seinerzeit wollten die Amtsträger der Beklagten diesen mit einem Aufenthaltstitel versehen, da er trotz der nach eigener Angabe erfolgten Identitätstäuschung jedenfalls Antragsteller und somit Beteiligter des Verwaltungsverfahrens geworden ist (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 LVwG). Für die verfahrensrechtliche Beteiligtenstellung ist auf die Person abzustellen, die der Behörde gegenübertritt und im eigenen Namen für sich (eine Entscheidung über) die beantragte Maßnahme begehrt. Durch die jeweilige Beantragung der Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels ist zwischen dem Kläger und der Beklagten jeweils ein Verfahrensrechtsverhältnis begründet worden; die seinerzeitigen Amtswalter hatten jeweils die Absicht, gegenüber dieser Person eine Regelung zu treffen.

40

Hiervon zu trennen ist die materielle Erteilungsvoraussetzung der geklärten und feststehenden Identität des Antragstellers (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG). Aus diesem Grunde ist der jeweils erteilte Aufenthaltstitel auch dann dem Kläger gegenüber wirksam geworden, falls er auf einem Identitätsirrtum beruhte und infolgedessen zu einer fehlerhaften Personenbezeichnung in der Aufenthaltserlaubnis (Niederlassungserlaubnis) geführt hat.

41

Die dem Kläger erteilten Aufenthaltstitel sind auch nicht gemäß § 113 Abs. 1 LVwG nichtig, weil sie an einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Besonders schwerwiegend ist ein Mangel, der den Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich, das heißt mit tragenden Verfassungsprinzipien und der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in einem so erheblichen Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. Für die Beurteilung ist dabei auf den Erlasszeitpunkt abzustellen (BVerwG, Beschl. v. 05.04.2011 - BVerwGE 6 B 41.10 - Buchholz 316 §44 VwVfG Nr. 102). Zwar hat der Kläger die Beklagte nach eigenem Vorbringen über seine Identität, insbesondere den Namen, den Geburtsort und das Geburtsdatum getäuscht, sodass hiernach die erteilten Aufenthaltstitel wegen eines wesentlichen entscheidungserheblichen Mangels rechtswidrig waren. Sie sind deswegen aber nicht mangels existierenden Bezugsobjekts nichtig. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bezog sich nicht auf eine nicht vorhandene oder andere Person, sondern auf die Person des Klägers unter (nach nunmehrigen Angaben) falschem Namen aufgrund falscher Angaben (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.2014 - 1 C 10.14 - NVwZ 2014, 1679, zur Einbürgerung). Der Gesetzgeber selbst sieht durch arglistige Täuschung erwirkte Verwaltungsakte nicht als nichtig, sondern (nur) als rücknehmbar an (vgl. § 116 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwG). Die Erteilung von Aufenthaltstiteln - wenn auch unter falschem Namen - kann deshalb nicht als schlechterdings unerträglich, das heißt mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar angesehen werden, zumal im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung der jeweiligen Aufenthaltstitel vorlagen.

42

Auch die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG steht der Einbürgerung nicht entgegen. Hiernach ist Voraussetzung, dass der einzubürgernde Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert.

43

Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird jedoch gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 6 StAG abgesehen, wenn der Ausländer einen Reiseausweis nach Art. 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559) besitzt. Das ist hier unstreitig der Fall.

44

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass eine Einbürgerung des Klägers, der - unstreitig - die erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse hat und die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG vorgesehene Loyalitätserklärung abgegeben hat, nicht infolge des Ausschlusstatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausgeschlossen ist. Gemäß § 40 c StAG sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - bis zum 30. März 2007 gestellt worden sind, die §§ 8 - 14 und 40 c weiter in ihrer vor dem 28. August 2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten. Das ist hinsichtlich des Ausschlusstatbestands in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht der Fall. Dieser entspricht der vorherigen Regelung in § 11 Satz 1 Nr. 2 in der bis zum 27. August 2007 geltenden Fassung des StAG. Danach ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen ausgeführt, dass der Kläger den Ausschlusstatbestand nicht erfüllt. Unter Zitierung der maßgeblichen Rechtsgrundsätze des Bundesverwaltungsgerichts, die vom Senat geteilt werden, hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt, eine Einbürgerung sei zwar schon ausgeschlossen, wenn konkrete Tatsachen den Verdacht einer Unterstützung rechtfertigten. Es müssten jedoch entsprechende Anknüpfungstatsachen für einen solchen Verdacht festgestellt werden. Allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch benennbar konkrete Tatsachen gestützt seien, reichten nicht aus. Die Vorlage „schlichter“ Behördenzeugnisse, die sich in pauschalen Behauptungen erschöpften und nicht durch Angabe konkreter, eine Einschätzung der Verlässlichkeit ermöglichender Tatsachen untermauert würden, seien nicht geeignet, die erforderliche volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit substantiiert bestrittener Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Die im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 25. April 2007 und 21. März 2012 seien insoweit keine hinreichend tragfähige Grundlage für die Annahme, der Kläger habe verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt. Der Kläger selbst habe angegeben, er sei Mitglied im ...verein, jedoch nie Mitglied oder Sympathisant der AAI oder der IMK gewesen. Es seien keine durchgreifenden Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Klägers erkennbar. Wie die Kulturvereine anderer in Deutschland lebender Volksgruppen biete auch der ...verein ein „inhomogenes Spektrum von Aktivitäten“, nämlich Sprachkurse, Religionsunterricht, Diskussionsforen, Musik, Gelegenheit, Familienfeiern zu veranstalten sowie die Möglichkeiten zu geselligem Beisammensein. Selbst wenn sich dort Vertreter radikaler politischer Richtungen treffen sollten, könne nicht jedem Besucher einer solchen Einrichtung unterstellt werden, er sympathisiere damit oder unterstütze solche Richtungen. Maßgeblich sei insofern im Einzelfall, dass die Feststellung möglich sei, der Ausländer sei einer solchen radikalen Richtung zuzurechnen. Hierfür fehlten hinreichend belastbare Anhaltspunkte. Die Ausführungen in den Schreiben des Innenministeriums seien zu vage, um darauf die Feststellungen zu stützen, es lägen hinreichend sichere Erkenntnisse für verfassungsfeindliche Betätigungen des Klägers vor. Dieser Begründung folgt der Senat und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Die Berufung hat sich mit dieser Argumentation des Verwaltungsgerichts auch nicht weiter auseinandergesetzt und ihre Berufung auch nicht darauf gestützt, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegeben sei. Der Senat hält deshalb weitere Ausführungen hierzu nicht für erforderlich.

45

Schließlich steht einer Einbürgerung auch nicht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger ist als A. N. durch das Amtsgericht Kiel mit Urteil vom 13. August 1999 nach Jugendstrafrecht zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden ist. Nach der Unbeachtlichkeitsregelung des § 12 a Abs. 1 Nr. 2 StAG bleiben bei der Einbürgerung Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen außer Betracht. Die Erwägung der Beklagten, dass der Kläger aufgrund des nunmehr von ihm als wahr behaupteten Geburtsdatums (Identität R.) seinerzeit nach Erwachsenenstrafrecht hätte verurteilt werden müssen und die dann erkannte Strafe (möglicherweise) oberhalb der Unbeachtlichkeitsgrenze des § 12 a StAG gelegen hätte, ändert hieran nichts. Das Gesetz stellt in seinem Wortlaut auf die tatsächlich erfolgte Verurteilung ab. Verurteilt worden ist der Kläger zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, welche folglich außer Betracht bleibt. Im Übrigen unterliegt die Verurteilung auch nach § 51 Abs. 1 BZRG einem Verwertungsverbot. Danach dürfen in Fällen, in denen die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt ist - dies ist hier der Fall - oder sie zu tilgen ist, die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht mehr zu seinem Nachteil verwertet werden. Hierbei handelt es sich um ein umfassendes Verbot, das von allen staatlichen Stellen ab Tilgung bzw. Tilgungsreife Beachtung verlangt und unabhängig davon, auf welche Weise sie die entsprechenden Informationen erhalten haben (BVerwG, Urt. v. 05.06.2014 - 10 C 4.14 - InfAuslR 2014, 389).

46

Der Senat kann offenlassen, ob dem Einbürgerungsanspruch des Klägers entgegensteht, dass seine Identität nicht geklärt ist.

47

Dieses Erfordernis wird in § 10 und 11 StAG nicht ausdrücklich genannt. Die Identitätsprüfung wird jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der zu folgen ist, im Gesetz unausgesprochen vorausgesetzt. Die Klärung offener Identitätsfragen ist notwendige Voraussetzung und unverzichtbarer Bestandteil der Prüfung der in den §§ 10 und 11 StAG genannten Einbürgerungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe. Die Angaben zur Person bilden gleichsam die Basis für alle weiteren Ermittlungen. Auf der Grundlage der angegebenen Personalien (wie Titel, Vorname, Nachname, Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand) werden alle weiteren Anfragen bei in- und ausländischen Behörden durchgeführt. Nur wenn Gewissheit besteht, dass ein Einbürgerungsbewerber die Person ist, für die er sich ausgibt, kann nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob und welche ausländische Staatsangehörigkeit der Einbürgerungsbewerber besitzt, ob er im In- oder Ausland wegen einer Straftat verurteilt worden ist, ob tatsächliche Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehen oder ob ein Ausweisungsgrund vorliegt (BVerwG, Urt. v. 01.09.2011 -5C27.10- DVBl. 2012, 104).

48

Ob der Kläger mit den nunmehr im Einbürgerungsverfahren bekanntgegebenen Personendaten seine wahre Identität offengelegt hat, ist bisher nicht geklärt.

49

Der Kläger tritt mit zwei unterschiedlichen Identitäten im Rechtsverkehr auf. Unter dem Namen A. N. (bzw. A.M.N.), geboren ...1979 in K., hat er u.a. sein Asylverfahren betrieben, ist als Asylberechtigter anerkannt worden, hat auf diese Identität lautende Aufenthaltserlaubnisse bekommen, Sozialhilfe bezogen und ihm ist unter diesen Daten und Geburtsdatum ein Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt worden, der mehrfach verlängert wurde. Unter dieser Identität hat er am 22. Mai 1998 in Griechenland geheiratet, wobei ausweislich der griechischen Heiratskurkunde der Familienname mit Z. (Nachname der Ehefrau) gewählt wurde. Unter Vorlage der Heiratsurkunde aus Athen vom 8. November 1999 nebst Apostille sowie eines Personalausweises Nr. … der Republik Irak sowie Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung zur Person hat der Kläger beim Standesamt der Landeshauptstadt Kiel am 28. August 2001 die Anlegung eines Familienbuches beantragt, was antragsgemäß erfolgte.

50

Demgegenüber gab der Kläger erstmals im Einbürgerungsverfahren im Oktober 2009 an, er heiße D.S.R., geboren ...1973 in A.. Auch wenn die Urkunde für die irakische Staatsangehörigkeit sowie der in Kopie überreichte Personalausweis Nr. ... der Republik Irak nach einem vorläufigen Behördengutachten des Landeskriminalamtes keine Fälschungsmerkmale aufweist und der Kläger bezüglich des eingereichten Auszuges aus dem Generalregister des Jahres 1957 die ursprünglich von der Deutschen Botschaft in Bagdad als fehlend beanstandete zweite Unterschrift beigebracht hat sowie weiter des Umstandes, dass das Passfoto des Klägers auf dem Auszug aus dem Generalregister nicht - wie dies die Kopie für die Beklagte nahelegen mochte - über den Stempler geheftet ist, die Außenlinie des Dreiecksstempels wohl vielmehr auf dem Passfoto weiterverläuft, so verbleiben gleichwohl Restzweifel an seiner wahren Identität, die - im Falle der Entscheidungserheblichkeit - Anlass zu weiterer Beweiserhebung durch den Senat geben würden. Das wäre allerdings von vornherein dann nicht der Fall, wenn - wie dies die Beklagte vertritt - eine Identitätsklärung im Einbürgerungsverfahren zwingend eine vorherige Berichtigung der griechischen Heiratsurkunde und des auf dieser Grundlage angelegten Familienbuches voraussetzte. Diese Frage ist nicht ohne weiteres zu bejahen, auch wenn ein erhebliches staatliches Interesse daran besteht, zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann (BVerwG, Urt. v. 01.09.2011 a.a.O.). Das Erfordernis einer vorherigen erfolgreichen Änderung früherer Personenstanddokumente müsste als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in das Gesetz hineingelesen werden. Die Klärung der Identität als solches könnte jedenfalls durch entsprechende Beweiserhebung erfolgen.

51

Der Senat kann diese Frage letztlich offen lassen, da eine Einbürgerung jedenfalls an der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG scheitert. Der Einbürgerungsanspruch setzt voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Insoweit enthielt § 10 StAG a.F. keine für den Kläger günstigere Bestimmung. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG a.F. war Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann. Von dieser Voraussetzung wurde nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. abgesehen, wenn der Ausländer das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte oder aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grunde den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten konnte. Die Privilegierung für junge Ausländer findet auf den Kläger (egal welches der von ihm angegebenen Geburtsdaten man zugrundelegt) keine Anwendung. Im Übrigen ist die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts sachlich unverändert geblieben, die Gesetzesänderungen ab dem 28. August 2007 sind lediglich redaktionell (vgl. Berlit, in: GK- StAR, § 10 Rn. 218).

52

Der Umstand, dass der Kläger und seine Familienangehörigen seit dem 1. Dezember 2011 nicht mehr im Leistungsbezug gestanden haben, reicht für die Bejahung der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht aus. Vielmehr erfordert § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG eine Prognose künftiger Unterhaltsfähigkeit, welche nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Eintritt einer nach den Vorschriften des SGB II und des SGB XII relevanten Hilfebedürftigkeit auch für einen überschaubaren Zeitraum in der Zukunft nicht zu erwarten ist (OVG NRW, Beschl. v. 20.11.2014 - 16 E 1155/14 -, Juris m.z.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 19.02.2009 - 5 C 22.08 - NVwZ 2009, 843). Hieran fehlt es vorliegend.

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Aus den vom Kläger vorgelegten Einkommenssteuerbescheiden für die Jahre 2012 und 2013 ergibt sich, dass der Kläger im Jahr 2012 aus seiner Schneidertätigkeit als Selbstständiger 13.186,-- Euro Einkommen erzielt hat. Dies entspricht einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 1.098,-- Euro. Aus dem Einkommenssteuerbescheid für 2013 ergibt sich für den Kläger ein Einkommen von 7.537,-- Euro mithin ein monatliches Durchschnittseinkommen von 628,-- Euro. Dabei ist aber ab dem 1. Mai 2013 zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Klägers 400 Euro pro Monat dazuverdient.

54

Für das Jahr 2014 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung eine Einnahme/Überschussrechnung vorgelegt, der zufolge für dieses Jahr ein Gewinn in Höhe von 11.165,78 Euro erwirtschaftet wurde. Dies entspricht einem monatlichen Einkommen von rund 930,-- Euro.

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Auch unter Hinzurechnung des Kindergeldes für die drei Töchter in Höhe von insgesamt monatlich 558,-- Euro ergibt sich, dass in allen drei Jahren weniger als 2000 Euro im Monatsdurchschnitt als Einkommen erzielt wurde. Dies unterschreitet den hypothetischen Leistungsbedarf erheblich, so dass aus diesem Grunde eine positive Prognose künftiger Unterhaltsfähigkeit nicht möglich ist.

56

Bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt des Senats sind zunächst die Regelsätze nach SGB II in den Blick zu nehmen: Danach wären für beide Ehepartner jeweils 360,-- Euro, für zwei Töchter 267,-- Euro und für das älter als 14 Jahre alte dritte Kind 302,-- Euro anzusetzen. Ab dem 16. Mai 2015 (Geburtstag der 13jährigen Tochter des Klägers) wäre auch für dieses Kind ein Regelsatz von 302,-- Euro (statt wie bisher 267,-- Euro) anzusetzen.

57

Es ergibt sich ein Bedarf von 1.591,-- Euro. Hinzu kommt der Wohnbedarf für eine fünfköpfige Familie zuzüglich Heizungskosten, welche die Beklagte - unwidersprochen - mit 564,30 Euro bzw. 70,-- Euro (Heizkosten) angibt. Hinzu käme noch ein Bedarf für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft gemäß § 28 Abs. 7 SGB II in Höhe von 10,-- Euro pro Kind, mithin in Höhe von 30,-- Euro. Dies summiert sich zu einem hypothetischen Leistungsbedarf in Höhe von 2.255,30 Euro. Es kommen noch die für die Krankenversicherung aufzuwendenden Beträge hinzu. Für den Kläger ist dabei - legt man die im Einkommenssteuerbescheid angegebenen beschränkt abziehbaren Sonderausgaben zugrunde - ein Betrag von 4.102,-- Euro im Jahr anzusetzen, was einer monatlichen Belastung von 341,81 Euro entspricht.

58

Insgesamt ergibt sich ein Leistungsbedarf in Höhe von rund 2600,-- Euro monatlich. Das erzielte Einkommen lag in den vergangenen drei Jahren deutlich darunter. Eine positive Prognoseentscheidung kann bei dieser Sachlage nicht erfolgen.

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.