Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Juni 2015 - 3 ZB 13.2337

bei uns veröffentlicht am10.06.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 1 K 13.668, 24.09.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruht) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546) und Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat den Feststellungsantrag des Klägers, dass sein Resturlaubsanspruch aus dem Jahr 2011 in Höhe von vier Tagen nicht erloschen ist, zu Recht abgewiesen, weil der vom Kläger beanspruchte restliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2011 spätestens zum 31. März 2013 verfallen ist.

Soweit in den Anträgen im Schriftsatz der Bevollmächtigten des Klägers vom 30. Oktober 2013 eine Klageänderung zu sehen ist, ist diese im Zulassungsver-fahren nicht zulässig. Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens kann nur der Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens sein; nur insoweit können Zulassungsgründe dargelegt und geprüft werden (BayVGH, B.v. 19.12.2014 - 11 ZB 13.909 - juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 14.8.2008 - 4 ZB 07.1148 - juris Rn. 9 m. w. N.). Streitgegenstand war die Feststellung, dass der Resturlaubsanspruch aus dem Jahr 2011 in Höhe von 4 Tagen nicht erloschen ist. Nicht Streitgegenstand war dagegen der Antrag, dass festgestellt wird, dass dem Kläger die Möglichkeit verwehrt wurde, seinen restlichen Jahresurlaub aus 2011 in dem durch den EuGH genannten Zeitraum von 15 Monaten einzubringen. Dies stellt eine im Zulassungsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Etwas anderes gilt nur für den Fall einer Erledigung des Rechtsstreits im Berufungszulassungsverfahren. Dann kann die Zulassung mit dem Ziel einer Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) verfolgt werden, wenn eine solche zulässig ist (BVerwG, B.v. 21.8.1995 - 8 B 43/95 - NVwZ-RR 1996, 122; BayVGH, B.v. 19.12.2014 - 11 ZB 13.909 - juris Rn. 27 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.

Der Kläger hat den Resturlaub aus dem Jahr 2011 (rechtzeitig) am 29. Juni 2012 angetreten, ist jedoch während des gesamten genehmigten Urlaubszeitraums dienstunfähig erkrankt, wobei er die Erkrankung durch ärztliches Attest nachgewiesen hat (§ 9 Abs. 1 Satz 2 UrlV). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 UrlV wird die Zeit der Dienstunfähigkeit damit nicht auf den Erholungsurlaub angerechnet. Damit bestand für den Kläger weiterhin ein Urlaubsanspruch von vier Tagen aus dem Jahr 2011. Die Einbringsfrist für diesen Urlaubsanspruch ist so zu verlängern, dass der Erholungsurlaub nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit eingebracht werden kann (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UrlV i.F.v. 25.6.2003). Damit hätte einem Antrag des Klägers auf Erholungsurlaub für den Resturlaub von 4 Tagen des Urlaubsjahres 2011 im Juli 2012 stattgegeben werden müssen. Spätestens mit Ablauf des 31. März 2013 ist der Urlaubsanspruch jedoch auch nach europarechtlichen Vorgaben verfallen.

Der Mindesturlaubsanspruch nach Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG) verfällt - falls es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen gibt -, wenn er nicht innerhalb von 18 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres wegen etwaiger Dienstunfähigkeit genommen wurde, da er nach der Rechtsprechung des EuGH danach nicht mehr seine Zwecke erfüllen kann (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 2 C 10/12 - juris für Bundesbeamte). Der EuGH verweist in ständiger Rechtsprechung (U.v. 22.11.2011 - C - 214/10; U.v. 22.5.2014 - C -539/12 - jeweils juris) darauf, dass mit den in Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in Art. 7 RL 2003/88/EG verankerten Mindesturlaubsanspruch ein doppelter Zweck verfolgt wird. Dieser besteht darin, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu einem von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen, über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Zwar entfalte der Urlaub eine positive Wirkung für die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers nur dann vollständig, wenn er in dem hierfür vorgesehenen, also dem laufenden Jahr genommen wird. Er verliere jedoch seine Bedeutung nicht, wenn er zu einer späteren Zeit genommen wird. Gleichwohl sei festzustellen, dass der Anspruch eines während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähigen Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub beiden Zweckbestimmungen nur insoweit entsprechen kann, als der Übertrag eine gewisse zeitliche Grenze nicht überschreitet. Über eine solche Grenze hinaus fehlt dem Jahresurlaub nämlich eine positive Wirkung für den Arbeitnehmer als Erholungszeit. Erhalten bliebe ihm lediglich seine Eigenschaft als Zeitraum für Entspannung und Freizeit (EuGH v. 22.11.2011 - C - 214/10 - juris).

Ein Urlaub verfällt danach 18 Monate nach Ablauf des Urlaubjahres, sofern keine andere Frist besteht, die den Anforderungen des EuGH gerecht wird, wobei eine Regelung mit einem Übertragungszeitraum von 15 Monaten vom EuGH gebilligt wurde.

Der Beklagte hat mit der Neufassung des § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV (ab 1.8.2014) eine Übertragungsmöglichkeit um 15 Monate festgelegt und damit eine Regelung für bayerische Landesbeamte durch eine „einzelstaatliche Rechtsvorschrift“ nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG geschaffen. Vor dem 1. August 2014 galten Hinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen zum Vollzug der Urlaubsverordnung in Form von FMS vom 14. März 2009, 3. Juni 2012 und 4. April 2013, wobei die beiden letztnannten „einzelstaatliche Gepflogenheiten“ i. S. d. Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verschriftlichten. Mit dem FMS vom 3. Juni 2012 wurde die Übertragungsmöglichkeit um 15 Monate (bis 31.3. des übernächsten, auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres) eingeführt, was als „einzelstaatliche Gepflogenheit“ ausreichend war. Das bedeutet für den Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2011, dass er spätestens mit Ablauf des 31. März 2013 verfällt.

Diese Rechtsauffassung greift der Kläger insoweit an, als das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, dass ein konkreter Antrag auf Urlaub (mit Nennung der Kalenderjahre, in der der Resturlaub 2011 genommen werden soll) vom Kläger nicht gestellt worden sei und - wie das ursprüngliche Klagebegehren zeige - vom Kläger auch wohl nicht gewollt gewesen sei. Dem tritt der Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung entgegen, dass er tatsächlich entsprechend der Übung und den geltenden Verwaltungsvorschriften einen Urlaubsantrag per PC gestellt habe. Dieser sei aber nicht positiv verbeschieden worden. Hierzu legt er verschiedene E-Mails vor, wobei sich aus der E-Mail vom 19. Juli 2012 - Anlage 1 - zumindest mittelbar ergibt, dass er die restlichen vier Tage Urlaub aus dem Jahr 2011 beantragen wollte, dieser jedoch nicht genehmigt worden sei. Ein (später) genehmigter Urlaub sei auf spätere Urlaubsjahre angerechnet worden.

Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger im Juli 2012 einen Urlaubsantrag bezogen auf die vier Tage Resturlaub aus dem Urlaubsjahr 2011 gestellt hat, erweist sich das Urteil des Verwaltungsgerichts als rechtmäßig. Der Urlaub wurde zwar - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger hat jedoch diese Entscheidung hingenommen, ohne entsprechende Rechtsmittel (Widerspruch und Klage bzw. einen Eilantrag nach § 123 VwGO) zu stellen. Der Urlaub verfällt auch dann, wenn der Dienstherr eine Urlaubsübertragung rechtswidrig abgelehnt hat, indem er sich geweigert hat, den Urlaub auf den Resturlaub von 2011 zu buchen und der Betroffene hiergegen keine Rechtsmittel eingelegt hat. Die Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2011 verfallen mit Ablauf des 31. März 2013, unabhängig davon, ob sich der Kläger vergeblich bemüht hat, diesen Resturlaub einzubringen. (BVerwG, U.v. 25.3.1968 - VI C 49/64 - DÖD 1968, 114; BVerwG, B.v. 27.10.1982 2 B 95/81 juris Rn. 3). Die Klage des Klägers ist erst am 3. April 2013, mithin nach dem 31. März 2013, erhoben worden, so dass sein Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2011 in Höhe von vier Tagen bereits verfallen war.

2. Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Unabhängig von der Frage, ob eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt - die E-Mail des Klägers vom 19. Juli 2012 war im Verfahren des Verwaltungsgerichts nicht vorgelegt - beruht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht auf dem etwa vorliegenden Verfahrensmangel, da - wie unter Nr. 1 ausgeführt - es unerheblich ist, ob der Kläger einen Urlaubsantrag für den Resturlaub von vier Tagen für das Urlaubsjahr 2011 gestellt hat.

Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 6 Satz 4 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.

2

1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).

3

Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).

4

2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.

5

Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.

6

a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

7

b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.

9

c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.

10

d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.

11

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

12

a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.

13

b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.

14

4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

16

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

17

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).

18

b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.

19

aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).

20

bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.

21

(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.

22

(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.

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(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.

24

(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.

25

cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.

26

c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

27

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.

28

Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.

29

2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.

30

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 27. April 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Verlängerung des ihr erteilten, bis 30. Juni 2012 gültigen Parkausweises mit dem Eintrag „wechselnde Kennzeichen“ für den Zeitraum 2012/2013. Sie habe, wie im Vorjahr, ein eigenes Fahrzeug vorübergehend angemeldet. Da sie wechselnde Fahrzeuge nutzen müsse, benötige sie einen Parkausweis für Anwohner der G.-straße mit dem Eintrag „wechselnde Kennzeichen“. Dem Antrag fügte sie vier Schreiben von Fahrzeuginhabern bei, die bestätigten, dass sie ihr Fahrzeug bei Bedarf von Zeit zu Zeit zur Verfügung stellten. Mit Schreiben vom 15. Juni 2012 ergänzte sie, der vorgelegten Versicherungsbestätigung könne entnommen werden, dass sie ihr eigenes Kraftfahrzeug nur in der Zeit von April bis Oktober eines Jahres nutze. Das Auto sei ein reines “Sommerauto“, es habe nur einen winzigen Kofferraum und stehe meist in einer Garage. Sie benötige nur sehr selten den Parkausweis, meist für verschiedene Fahrzeuge, um Dinge zu transportieren. In der vorgelegten Versicherungsbestätigung ist als nächtlicher Stellplatz eine Einzel-/Doppelgarage angegeben.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2012 lehnte die Beklagte die Erteilung des beantragten Bewohnerparkausweises ab. Begünstigt werden könne nur der Personenkreis, der von der Parkraumnot am stärksten betroffen sei. Rechtlich nicht zu beanstanden sei es folglich, wenn die Verkehrsbehörde einem Bürger mit Stellplatzmöglichkeit keinen Parkausweis erteile. Ein besonderer Härtefall sei grundsätzlich nicht erkennbar, wenn private Stellflächen zur Verfügung stünden. Auch der Umstand, dass die Anzahl der der Klägerin zur Verfügung stehenden Fahrzeuge die Anzahl der vorhandenen Stellflächen auf Privatgrund übersteige, vermöge noch keinem besonderen Härtefall zu begründen. Diese Situation stelle sich eher als “Luxusproblem“ dar. Es sei der Klägerin zuzumuten, gegebenenfalls weitere Fahrzeuge auf einen öffentlichen Parkplatz zu verbringen.

Am 25. Juni 2012 schickte die Klägerin ihr Schreiben vom 15. Juni 2012 mit dem Bemerken “privater Stellplatz nur im Winter!“ an die Beklagte. Die Beklagte teilte ihr mit Schreiben vom 26. Juni 2012 mit, die dargelegten Gesichtspunkte ließen keine grundlegende Neubewertung der Sachlage zu. Einen außergewöhnlichen Härtefall vermöge die Beklagte nicht zu erkennen.

Die Klägerin erhob Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den beantragten Bewohnerparkausweis G.-straße “wechselnde Kennzeichen“ bis 30. Juni 2013 zu verlängern.

Sie verfüge seit mehreren Jahren über einen Parkausweis mit der Eintragung “wechselnde Kennzeichen“. Es liege bei ihr ein Ausnahmefall vor. Sie habe verschiedene Bekannte, die ihr tageweise bzw. maximal für zwei Tage ihr Fahrzeug zur Verfügung stellten. Wann dies sei, werde im Einzelfall abgesprochen. Grundsätzlich habe die Klägerin ein eigenes Fahrzeug von April bis Oktober vorübergehend angemeldet. Die Möglichkeit, das Fahrzeug auf einem Privatparkplatz abzustellen, bestehe nicht. Der Stellplatz sei zum 31. Juli 2012 gekündigt worden.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie habe bei der begehrten Entscheidung einen Ermessensspielraum, den sie restriktiv ausüben müsse. Die Ausnahme sei tatsächlich nur für wirklich außergewöhnliche Fälle vorgesehen, z. B. für Testfahrer, die nachweislich von ihrem Arbeitgeber regelmäßig verschiedene Fahrzeuge zur Verfügung gestellt bekämen. Dagegen erhielten Bewohner, die vorgäben, Fahrzeuge aus dem familiären Umfeld zur Verfügung gestellt zu bekommen, den Eintrag „wechselnde Kennzeichen“ regelmäßig nicht. Dem stehe die Befürchtung eines Missbrauchs durch Weitergabe des Parkausweises entgegen. Diese Befürchtung gelte insbesondere, wenn ein privater Stellplatz zur Verfügung stehe und fremde Fahrzeuge scheinbar nur sporadisch in Anspruch genommen würden. Im konkreten Fall werde auch nur die gelegentliche Benutzung der Fremdfahrzeuge bestätigt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 13. März 2013 ab. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 20. Juni 2012 erweise es sich als rechtmäßig. Die Eintragung eines Fahrzeugs, das nicht auf den Antragsteller zugelassen sei, sei nur dann möglich, wenn es nachweislich von ihm dauerhaft genutzt werde. Eine sporadische Nutzung eines fremden Fahrzeugs sei nicht ausreichend. Nur für gewerbliches Car-Sharing gelte etwas anderes, nicht jedoch für ein privates Car-Sharing. Hier dürfe differenziert werden. Bei der hier streitgegenständlichen Fallgestaltung wäre einem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Zu Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung trägt die Klägerin vor, die gelegentliche Nutzung von Fahrzeugen der Bekannten durch sie stelle kein faktisches Car-Sharing dar. Letztlich möchte die Klägerin nur gelegentlich tageweise die Fahrzeuge von verschiedenen Bekannten nutzen. Eine Missbrauchsgefahr durch Überlassung des Parkausweises an Dritte bestehe nicht. Die Bekannten der Klägerin hätten gar kein Interesse, in dem Lizenzgebiet der Klägerin zu parken. Die Erteilung von Parkausweisen ohne Kennzeicheneintrag sei nach der Verwaltungsvorschrift in begründeten Einzelfällen möglich; diese müssten individuell begründet werden. Es bestünden daher ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, auch weise die Rechtssache eine besondere Schwierigkeit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht auf und sei von grundsätzlicher Bedeutung. Die pauschale Ablehnung mit der Begründung, es bestehe Missbrauchsgefahr, wenn sich Anwohner Privatfahrzeuge liehen, genüge dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht.

Die Beklagte wies in der Erwiderung darauf hin, dass der Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 20. Juni 2012 aufgrund des vorhandenen privaten Stellplatzes abgelehnt worden sei. Dass die Klägerin über den eigenen Stellplatz verfüge, sei der Beklagten bis zur Erklärung der Klägerin vom 15. Juni 2012 nicht bekannt gewesen. Der Eintrag „wechselnde Kennzeichen“ sei nach ständiger Verwaltungspraxis nur für diejenigen Fälle vorgesehen, in denen ein Bewohner nachweislich über ständig wechselnde Fahrzeuge verfüge. Gerade dadurch, dass die Klägerin die fremden Fahrzeuge und damit den Parkausweis hier nur gelegentlich und tageweise benötige, werde sie im Übrigen frei, ihren Parkausweis an Dritte weiterzugeben.

Das Gericht wies die Klägerin mit Schreiben vom 4. Februar 2014 darauf hin, dass sich die Hauptsache - Verlängerung des Parkausweises bis zum 30. Juni 2013 - durch Zeitablauf erledigt habe und die Verpflichtungsklage damit unzulässig geworden sei.

Die Klägerin beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 13. März 2014,

die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den beantragten Parkausweis bis 30. Juni 2015 zu verlängern.

Der Klägerin sei es nicht nur um die Verlängerung um ein Jahr gegangen, sondern um eine jährlich wiederkehrende Verlängerung des Parkausweises.

Die Beklagte stimmte der Klageänderung mit Schriftsatz vom 2. April 2014 zu. Auf Bitte des Gerichts, die Akten zum geänderten Klageantrag (Antrag für den neuen Genehmigungszeitraum) vorzulegen, erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Mai 2014, ein besonderer Folgeantrag für den nachfolgenden Genehmigungszeitraum sei nicht eingereicht worden.

Mit Schreiben vom 11. Juni 2014 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines Parkausweises mit dem Eintrag „wechselnde Kennzeichen“ für die Jahre 2014 ff., über den die Beklagte noch nicht entschieden hat.

Mit Schreiben vom 11. September 2014 wies das Gericht die Beteiligten darauf hin, dass eine Klageänderung im Berufungszulassungsverfahren nach allgemeiner Meinung nicht zulässig sei. Der Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens sei die Verlängerung des Parkausweises bis 30. Juni 2013 gewesen.

Die Klägerin vertrat mit Schriftsatz vom 29. September 2014 die Meinung, der Streitgegenstand ändere sich letztlich nicht, da jeweils immer eine Verlängerung für das darauf folgende Jahr beantragt werde. Rein vorsorglich werde hilfsweise beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, den Parkausweis G.-straße „wechselnde Kennzeichen“ bis 30. Juni 2013 zu verlängern.

Nach der Erwiderung der Beklagten liege die Annahme einer Wiederholungsgefahr als Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch im Interesse der Beklagten. Die Beklagte habe auch eindeutig zu erkennen gegeben, dass bei unverändertem Sachverhalt auch in Zukunft mit einer ablehnenden Verbescheidung zu rechnen sei.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die ursprüngliche Klage ist wegen Ablaufs des Zeitraums, für den ein Parkausweis beantragt wurde, unzulässig geworden. Der umgestellte Klageantrag stellt eine Klageänderung dar, die im Berufungszulassungsverfahren nicht zulässig ist; dem hilfsweise angekündigten Fortsetzungsfeststellungsantrag hinsichtlich des ursprünglichen Klagebegehrens fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) können daher nicht vorliegen, da es auf die in diesem Zusammenhang erörterten Fragen nicht ankommt.

1. Bei dem umgestellten Klageantrag handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 264 ZPO. Der Streitgegenstand ergibt sich aus dem gestellten Antrag und dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt. Hier hat die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren und dementsprechend auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Verlängerung des begehrten Parkausweises um ein Jahr, nämlich ausdrücklich bis 30. Juni 2013 beantragt. Der Antrag ist nach der Verwaltungspraxis der Beklagten jährlich zu stellen; eine Verlängerung erfolgt nur um ein Jahr. Die Beklagte hat daher jährlich die Voraussetzungen für das Vorliegen eines begründeten Einzelfalls im Sinne der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 45 Abs. 1 bis 1e StVO (Abschnitt X, Nr. 7 Satz 6) zu prüfen und ihr Ermessen nach den jeweils aktuellen internen Richtlinien auszuüben. Da es sich um eine Ausnahmegenehmigung handelt und die Verhältnisse, die diesen „Einzelfall“ begründen können, nicht in der Beschaffenheit einer Sache, sondern in persönlichen Lebensumständen liegen, die sich rasch ändern können, ist eine jährliche Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen auch nicht unangemessen. Darüber hinaus können sich auch die internen Richtlinien zur Ausübung des Ermessens ändern, wie das nach Vortrag der Beklagten bei der Vergabe des Parkausweises für bis zu drei Kennzeichen jüngst der Fall war. Offensichtlich hat sich auch die Ausübung des Ermessens bei der Erteilung eines Parkausweises mit dem Eintrag „wechselnde Kennzeichen“ geändert.

Nach allg. Meinung (vgl. z. B. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 Rn. 33; BayVGH, B. v. 31.3.2009 - 11 ZB 07.630 - juris Rn. 11 m. w. N.; OVG Berlin-Bbg, B. v. 13.1.2010 - OVG 9 N 5.08 - juris) ist eine Klageänderung im Berufungszulassungsverfahren nicht zulässig. Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens kann nur der Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens sein (BayVGH, B. v. 7.1.2009 - 1 ZB 07.2660 - juris Rn. 9); nur insoweit können Zulassungsgründe dargelegt und geprüft werden (BayVGH, B. v. 14.8.2008 - 4 ZB 07.1148 - juris Rn. 9 m. w. N.).

2. Erledigt sich der Rechtsstreit im Berufungszulassungsverfahren, kann die Zulassung hingegen mit dem Ziel verfolgt werden, den Antrag im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) umzustellen, wenn eine solche zulässig ist. Die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage setzt ein berechtigtes Interesse voraus, das bereits im Zulassungsverfahren zu verdeutlichen ist (BVerwG, B. v. 21.8.1995 - 8 B 43/95 - NVwZ-RR 1996, 122; BayVGH, B. v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris Rn. 10; B. v. 1.8.2011 - 8 ZB 11.345 - BayVBl 2012, 287; Happ in Eyermann, a. a. O., § 124a Rn. 78b m. w. N.).

Daran fehlt es hier. Als berechtigtes Interesse kommt hier nur eine Wiederholungsgefahr in Frage. Deren Bejahung würde voraussetzen, dass auch in Zukunft die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestehen wie in dem für die Beurteilung der erledigten Maßnahme maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2013 - 3 C 6.12 - NVwZ 2013, 1550). Eine solche unverändert fortbestehende Sachlage gibt es hier nicht.

Fraglich ist, ob das schon deswegen der Fall ist, weil das Vorliegen eines begründeten Einzelfalls im Sinne der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (a. a. O.) jedes Jahr neu zu prüfen ist und das Ermessen der Beklagten nach den jeweils aktuellen internen Richtlinien ggf. jedes Jahr neu auszuüben ist. Zwar hat die Klägerin mit Schreiben vom 11. Juni 2014 vorgetragen, dass sich die klagebegründenden Tatsachen nicht geändert hätten, es sei keine Garage vorhanden und es würden von ihr neben dem eigenen Fahrzeug verschiedene Fahrzeuge unentgeltlich genutzt; zum Nachweis dessen hat sie auf die bereits vorliegenden Unterlagen verwiesen. Daran bestehen jedoch Zweifel, zumindest sind keine aktuellen Nachweise vorgelegt worden. Da die Klägerin nach dem unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Beklagten nach dem 15. Juni 2012 keinen Parkausweis beantragt hat, stellt sich schon die Frage, wie es sich mit der Parkberechtigung für ihr eigenes Kraftfahrzeug verhält. Letztlich kann die Frage offen bleiben, weil die Wiederholungsgefahr aus einem anderen Grund zu verneinen ist.

Die Beklagte hat den streitgegenständlichen Parkausweis mit Bescheid vom 20. Juni 2012 ausschließlich aus einem Grund abgelehnt, der derzeit - nach Vortrag der Klägerin - nicht mehr besteht, nämlich aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids über eine private Garage bzw. einen privaten Stellplatz verfügte. Die Beklagte führte hierzu aus, begünstigt werden könne nur der Personenkreis, der von der Parkraumnot am stärksten betroffen sei. Rechtlich nicht zu beanstanden sei es, wenn die Verkehrsbehörde einem Bürger mit Stellplatzmöglichkeit keinen Parkausweis erteile. Ein besonderer Härtefall sei grundsätzlich nicht erkennbar, wenn private Stellflächen zur Verfügung stünden.

Da die Klägerin nach wie vor vorträgt, über keine Garage mehr zu verfügen, kann dieser Ablehnungsgrund nicht mehr angeführt werden. Auf die später erörterten Fragen der Erteilung von Parkausweisen mit dem Eintrag „wechselnde Kennzeichen“ geht der Bescheid mit keinem Wort ein. Daher besteht insoweit keine Wiederholungsgefahr.

Das gilt auch, wenn man annähme, es handele sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 25. Juni 2012, das nach dem Hinweis der Klägerin, ein privater Stellplatz bestehe nur im Winter, erging, um einen Zweitbescheid. Denn die Beklagte hat nur mitgeteilt, dass die dargelegten Gründe keine grundlegende Neubewertung der Sachlage zuließen. Das trifft in der Sache schon deswegen zu, weil die Klägerin hinsichtlich der Frage, ob sie über einen privaten Stellplatz oder eine Garage verfügt, keine Tatsachen glaubhaft gemacht oder gar nachgewiesen hat. Der klägerische Vortrag ist insofern widersprüchlich. Im Schreiben vom 15. Juni 2012 hatte sie noch vorgetragen, ihr Auto stehe meist in der Garage. Im vorgelegten Versicherungsnachweis, der sich auf den Versicherungszeitraum vom 1. April 2012 bis 1. November 2012 bezieht, ist als nächtlicher Stellplatz eine „Einzel-/Doppelgarage“ benannt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung ist im Hinblick darauf, dass die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Entscheidung vorgelegen haben, der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1990 - 8 C 42.88 - juris Rn. 34; BFH, U. v. 6.2.1985 - I R 206/80 - juris Rn. 17; BFH, U. v. 27.9.2001 - X R 134/98 - juris Rn. 28; BayVGH, U. v. 16.3.1990 - 23 B 89.2322 - juris Rn. 33; BayVGH, B. v. 16.6.2011 - 6 ZB 11.248 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 6.2.2012 - 4 ZB 11.1516 - juris Rn. 14). Maßgeblicher Zeitpunkt ist daher der Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids vom 20. Juni 2012 bzw. des Schreibens der Beklagten vom 25. Juni 2012. Denn diese enthalten die Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 27. April 2012 und stellen damit die letzten Behördenentscheidungen dar. Da die Klägerin erst im Klageverfahren vorgetragen hat, die Garage sei gekündigt, konnte und musste die Beklagte nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens hierauf nicht mehr eingehen. Ändern sich die Verhältnisse nach Ergehen eines Bescheides, in dem unter pflichtgemäßer Ermessensausübung ein Antrag abgelehnt wurde, in tatsächlicher Hinsicht, ist die Beklagte nicht verpflichtet, ihre Ermessensausübung von Amts wegen anzupassen, soweit nicht ausdrücklich materielles Recht etwas anderes bestimmt; ist das wie hier nicht der Fall, ist ein neuer Antrag unter Darlegung der geänderten, neuen Sachlage erforderlich. Denn eine Versagungsgegenklage kann keinen Erfolg haben, wenn die Behörde unter Zugrundelegung der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids gegebenen Sachlage ermessensfehlerfrei entschieden hat. Ansonsten hätte das Gericht zur Neuverbescheidung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, ohne dass die Behörde vorher ihr Ermessen unter Zugrundelegung des neuen Sachverhalts ausgeübt hätte.

Der Senat sieht sich daher mangels Zulässigkeit der geänderten Klage und des angekündigten Fortsetzungsfeststellungsantrags gehindert, in rechtlich verbindlicher Wirkung zur Hauptsache (im Haupt- oder Hilfsantrag) zu entscheiden. Ohne dass es darauf ankommt, weist der Senat daher nur darauf hin, dass sowohl an der Richtigkeit der Darlegungen im Urteil des Verwaltungsgerichts als auch an der grundsätzlich restriktiven Haltung der Beklagten zur Erteilung von Parkausweisen mit dem Eintrag „wechselnde Kennzeichen“ keine ernstlichen Zweifel bestehen. Es liegt auf der Hand, dass mit derartigen Parkberechtigungen dem Missbrauch „Tür und Tor“ geöffnet würden. Der Einwand der Klägerin, sie könne den Ausweis immer nur für ein Fahrzeug in Anspruch nehmen, trägt nicht. Sie könnte nämlich immer dann, wenn sie den Parkausweis für das eigene Fahrzeug nicht benötigt, fremden Fahrzeugen, Besuchern und Kunden ein kostenloses Parken ermöglichen. Bei der Klägerin kommt noch hinzu, dass sie über ein eigenes Fahrzeug verfügt, sich aber nicht dazu äußert, wo sie dieses Fahrzeug abstellt, wenn sie den Parkausweis für die zur Verfügung gestellten fremden Fahrzeuge einsetzt. Auch ist der Hinweis der Beklagten, für die gelegentliche Nutzung fremder Fahrzeuge sei es zumutbar, Parkgebühren wie Besucher zu entrichten, vor dem Hintergrund des möglichen Missbrauchs nachvollziehbar. Ein Widerspruch zu den Verwaltungsvorschriften betreffend Car-Sharing (VwV zu § 45 Abs. 1 bis 1e StVO Abschnitt X Sätze 7 und 8) besteht nicht. Bei Car-Sharing nutzt eine Vielzahl von Personen, die in der Regel nicht über ein eigenes Kraftfahrzeug verfügen, wenige Fahrzeuge gemeinsam. Hingegen möchte die Klägerin mehrere Fahrzeuge nutzen und dafür einen Parkausweis erhalten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt eine finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Urlaub.

2

Der 1953 geborene Kläger stand zuletzt als Polizeihauptkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er war ab Anfang Juli 2007 ununterbrochen erkrankt. Mit Wirkung vom 1. August 2008 hat ihn der Beklagte wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

3

Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers ab, ihm eine Vergütung für insgesamt 62 Urlaubstage zu zahlen, die er in den Jahren 2007 und 2008 wegen seiner Erkrankung nicht hatte antreten können. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.

4

In dem Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts heißt es: Der Kläger habe keinen Urlaubsabgeltungsanspruch nach Bundes- oder Landesrecht. Auch Unionsrecht begründe für Beamte in Deutschland einen solchen Anspruch nicht, denn Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG sei bei der nach Art. 15 RL 2003/88/EG gebotenen Vergleichsbetrachtung des Unionsrechts und des Beamtenrechts unanwendbar: Beamte seien im Krankheitsfall erheblich besser abgesichert als andere Beschäftigte, weil sie die vollen Dienstbezüge zeitlich unbegrenzt erhielten und das Beamtenverhältnis nicht wegen Krankheit beendet werden könne.

5

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juli 2009 sowie den Bescheid des Polizeipräsidiums ... vom 13. Juni 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für insgesamt 62 krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommene Urlaubstage der Jahre 2007 und 2008 eine finanzielle Abgeltung in Höhe der durchschnittlichen Besoldung der letzten drei Monate vor seinem Eintritt in den Ruhestand zu gewähren.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Abweisung der Klage stellt sich aus anderen Gründen zum Teil als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

8

1. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass dem Kläger aus nationalem Recht kein Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht. Es gibt für Beamte keine normativen Regelungen, die einen solchen Anspruch begründen. Das gilt auch für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Zu Unrecht beruft sich der Kläger insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar angenommen, dass der Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ebenso wie der gesetzliche Mindesturlaub aus den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist, wenn der Zusatzurlaub nicht gewährt werden kann, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war (Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 ff.; vgl. auch Urteil vom 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - NZA 2012, 514 ff.). Diese Rechtsprechung kann aber nicht auf Beamte übertragen werden. Das vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Bundesurlaubsgesetz, das in § 7 Abs. 4 eine Urlaubsabgeltung vorsieht, ist auf Beamte nicht anwendbar; deren Ansprüche auf Urlaub und Besoldung richten sich nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Gesetzen und Verordnungen, die bislang einen Urlaubsabgeltungsanspruch gerade nicht vorsehen.

9

2. Dem Kläger steht aber nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL 2003/88/EG) ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung seines unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs von vier Wochen Erholungsurlaub zu. Einen darüber hinausgehenden Anspruch aus Unionsrecht auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen, von sog. Arbeitszeitverkürzungstagen und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat er hingegen nicht.

10

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub hergeleitet und auch Voraussetzungen, Umfang und Grenzen dieses Anspruchs bestimmt. Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte und damit auch für das Bundesverwaltungsgericht bindend (Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV).

11

a) Es ist in der Rechtsprechung des EuGH seit langem geklärt, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind. Das gilt grundsätzlich auch für Polizisten, die insoweit mit Feuerwehrleuten vergleichbar sind, für die der EuGH mehrfach ausgesprochen hat, dass sie der Arbeitszeitrichtlinie unterfallen (EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 - Slg. 2005, I-7111 Rn. 57 ff.; Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C-337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688 Rn. 22). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (vgl. etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 20 ff. ) und hat auch für Polizisten bereits darauf hingewiesen, dass Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG, auf den Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs Bezug nimmt, nach der Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen ist und nicht etwa Streitkräfte, Feuerwehr oder Polizei generell, sondern nur für bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben wie etwa bei Natur- oder Technologiekatastrophen und schweren Unglücksfällen von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie ausnimmt (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20).

12

b) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (vgl. § 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz, § 30 Nr. 4 BBG) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.) ist zu entnehmen, dass der EuGH der konkreten nationalstaatlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses keine Bedeutung beimisst, sondern für allein maßgeblich hält, dass mit der krankheitsbedingten Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses keine Dienstleistungspflicht und deshalb auch keine Urlaubsmöglichkeit mehr besteht. Deshalb ist es unionsrechtlich ohne Bedeutung, dass sich nach deutschem Beamtenrecht an das (aktive) Beamtenverhältnis ein Ruhestandsbeamtenverhältnis anschließt.

13

c) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts hindert Art. 15 RL 2003/88/EG die Anwendung von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bei deutschen Beamten nicht.

14

Nach Art. 15 RL 2003/88/EG bleibt u.a. das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Der EuGH hat bereits zu der insoweit wortgleichen Vorgängerrichtlinie RL 93/104/EG entschieden, dass unabhängig von günstigeren nationalstaatlichen Regelungen die praktische Wirksamkeit der durch die Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte in vollem Umfang gewährleistet werden müsse, was notwendig die Verpflichtung impliziere, die Einhaltung jeder der in dieser Richtlinie aufgestellten Mindestvorschriften zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - Rs. C-14/04, Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 53).

15

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 15 RL 2003/88/EG somit eine Meistbegünstigungsklausel, die nur den Einzelvergleich, nicht aber die vom Berufungsgericht angestellte strukturelle Gesamtbetrachtung zulässt. Er schließt damit eine Anwendung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nur dann aus, wenn die mitgliedstaatlichen Regelungen über die Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs bei Beendigung der Berufstätigkeit über den von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gewährleisteten Mindeststandard hinausgehen. Das ist aber bei deutschen Beamten nicht der Fall, weil sie gerade - wovon auch das Oberverwaltungsgericht ausgeht - nach nationalem Recht mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keinen Urlaubsabgeltungsanspruch haben, also auch dann nicht, wenn sie Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand nehmen können. Auf die vom Berufungsgericht herangezogenen, für die Beamten günstigeren Regelungen im Falle der zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden Krankheit im Vergleich zu den Regelungen für andere Beschäftigte in Deutschland kommt es deshalb nicht an.

16

Bestätigt wird dies durch das Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.). Der EuGH hat den Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ausdrücklich auf Beamte erstreckt, obwohl das Vorlagegericht die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ausführlich dargestellt hatte.

17

d) Der Urlaubsabgeltungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Beschäftigte im Urlaubsjahr teilweise arbeits- bzw. dienstfähig war, in dieser Zeit den Urlaub aber nicht oder nicht vollständig genommen hat. Das gilt sowohl für das Jahr, in dem die längerfristige Dienstunfähigkeit beginnt, als auch für das Jahr oder für die Jahre, in dem oder in denen der Betreffende vorübergehend wieder dienstfähig war. In beiden Fällen kann der Beschäftigte krankheitsbedingt und damit unabhängig von seinem Willensentschluss den ihm zustehenden (Mindest)Urlaub nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen. Aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88 EG gibt es keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung dieser Bestimmung.

18

e) Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist allerdings auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub im Jahr beschränkt. Der EuGH hat im Urteil vom 3. Mai 2012 (a.a.O. Rn. 35 ff.) hervorgehoben, dass die Arbeitszeitrichtlinie sich auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz beschränkt; es sei Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie den Beamten weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren sowie ob und unter welchen Voraussetzungen sie eine finanzielle Vergütung für den Fall vorsehen, dass einem in den Ruhestand tretenden Beamten diese zusätzlichen Ansprüche krankheitsbedingt nicht haben zugute kommen können. Deshalb sind Urlaubstage, die über den nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleisten Mindesturlaub hinausgehen, nicht vom Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfasst.

19

Das gilt auch für sog. Arbeitszeitverkürzungstage, die der Sache nach zusätzliche Erholungsurlaubstage sind, und für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Auch eine Privilegierung für Urlaub nach nationalem Recht, wonach einem Beschäftigten bei einem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst etwa im Laufe der zweiten Jahreshälfte der Jahresurlaub ungeschmälert zusteht, schlägt nicht auf die unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG durch. Dies folgt aus dem Charakter dieser Ansprüche als Mindeststandard und findet außerdem einen normativen Anhaltspunkt in Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub. Danach ist der Urlaubsanspruch "im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres" gegeben; nach dem sechsten Erwägungsgrund der RL 2003/88/EG hat diese Richtlinie den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeit Rechnung getragen.

20

f) Der Urlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen wird. Wenn der Übertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet, kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - Rs. C-214/10, KHS - NJW 2012, 290 Rn. 33). Mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs ist die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs ausgeschlossen.

21

Ein Verfall des Urlaubsanspruchs mit Auswirkungen auf den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch tritt zum einen dann ein, wenn nationalstaatlich ein hinreichend langer Übertragungszeitraum geregelt ist und dieser abgelaufen ist. Hinreichend lang ist nach der Rechtsprechung des EuGH ein Übertragungszeitraum, wenn er deutlich länger als das Urlaubsjahr, also deutlich länger als ein Jahr ist; ein Übertragungszeitraum muss den Beschäftigten, die während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeits- bzw. dienstunfähig sind, ermöglichen, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant sowie verfügbar sein können, und er muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41). Einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten hat der EuGH gebilligt (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 40 ff.).

22

Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, dann tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ein Verfall des Urlaubsanspruches 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein. Der EuGH leitet aus dem Umstand, dass die RL 2003/88/EG nach ihrem sechsten Erwägungsgrund den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung Rechnung getragen hat, her, dass bei der Berechnung des Übertragungszeitraums der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, wie er sich aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub ergibt, berücksichtigt werden muss. Nach Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens ist der ununterbrochene Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens ein Jahr und der übrige Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, zu gewähren und zu nehmen. Diese Vorschrift beruht nach der Rechtsprechung des EuGH auf der Erwägung, dass der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41 f.). Das rechtfertigt die Annahme, dass der Urlaubsanspruch 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt.

23

g) Bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat.

24

h) Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Urlaubsabgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor Eintritt in den Ruhestand erhalten hat.

25

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Anknüpfungspunkt für die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG das gewöhnliche Arbeitsentgelt. Dies ist bei Beamten die Besoldung (vgl. § 1 Abs. 2 BBesG; EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - Rs. C-350/06 und 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 61). Der Beschäftigte soll also dasjenige bekommen, was er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte. Das ist im Falle eines Beamten die Besoldung, die während des Urlaubs weitergezahlt worden wäre. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 RL 2003/88/EG ist angesichts der Rechtsprechung des EuGH unerheblich, dass die Besoldung Alimentationscharakter hat und daher während der Krankheit zeitlich unbegrenzt weitergezahlt wird.

26

Im Hinblick darauf, dass die finanzielle Abgeltung nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erst nach der "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gezahlt werden darf und der während der Krankheit aufgelaufene, nicht verjährte Mindestjahresurlaub im Fall der Gesundung noch hätte genommen werden dürfen, die finanzielle Abgeltung des Urlaubs mithin erst am Ende der aktiven Dienstzeit eintritt, ist auf die Besoldung vor dem Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Dabei erscheint es sachgerecht, auf die letzten drei Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand als hinreichend langen Referenzzeitraum (vgl. auch EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-155/10, Williams - ABl EU 2011 Nr. C 319, 7 Rn. 21 ff.), abzustellen, um die Auswirkungen zufälliger Schwankungen der Besoldung zu verringern.

27

i) Ein Antragserfordernis für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG besteht nicht. Ein Antragserfordernis wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts nicht vereinbar. Das hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167) für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit entschieden (Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 25 ). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.

28

j) Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB.

29

Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, soweit gemeinschaftsrechtliche Regelungen nicht vorhanden sind. Allerdings dürfen die Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei nur innerstaatliches Recht betreffenden Verfahren (Äquivalenzgrundsatz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zum Effektivitätsgrundsatz hat der EuGH entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35, jeweils m.w.N.). Auch der Senat bejaht die Möglichkeit der Verjährung bei sich aus Unionsrecht ergebenden Ansprüchen und hat beispielsweise für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren angenommen (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 41 f.). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.

30

k) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Maßgaben unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.

31

Richtlinien bedürfen zwar grundsätzlich der Umsetzung durch den dafür zuständigen nationalen Gesetzgeber, um innerstaatliche Verbindlichkeit für den Bürger zu erlangen. Für den Fall der nicht fristgerechten oder unvollständigen Umsetzung einer Richtlinie durch den Mitgliedstaat hat nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH der Einzelne das Recht, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat trotz entgegenstehendem nationalen Recht auf durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtungen zu berufen, wenn diese klar und unbedingt sind und zu ihrer Anwendung keines Ausführungsakts mehr bedürfen (stRspr; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01, Pfeiffer - Slg. 2004, I-08835 Rn. 103 m.w.N. und vom 24. Januar 2012 - Rs. C-282/10, Dominguez - ABl EU 2012, Nr. C 73, 2 Rn. 33; BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - BVerfGE 75, 223 <239 ff.>). Bei einer nicht fristgerechten Umsetzung einer Richtlinie sind Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 19).

32

Diese Voraussetzungen hat der EuGH für Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bejaht. Nach der bindenden Rechtsprechung des EuGH räumt diese Norm allen Beschäftigten, d.h. auch Beamten unter den dargelegten Voraussetzungen Urlaubsabgeltungsansprüche ein, die die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht verankern müssen. Solange sie diese Umsetzungspflicht nicht erfüllen, stellt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG die unmittelbare Anspruchsgrundlage dar.

33

3. In Anwendung dieser Grundsätze gilt für den Kläger Folgendes:

34

Für das Jahr 2007 standen dem Kläger bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat der Kläger sieben Urlaubstage und den sog. Arbeitszeitverkürzungstag nach der Arbeitszeitverordnung RP genommen. Eine Freistellung nach der Arbeitszeitverordnung steht funktional einem Urlaubstag nach der Urlaubsverordnung (UrlVO RP) gleich. Deshalb ist sie im Rahmen des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG wie ein Urlaubstag zu behandeln. Damit hat der Kläger acht Urlaubstage genommen und standen ihm für 2007 noch 12 Tage Mindesturlaub zu.

35

Für das Jahr 2008 standen dem Kläger 20 Mindesturlaubstage zu. In diesem Jahr ist er aber zum Ende des Monats Juli in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Deshalb stand ihm der unionsrechtliche Mindesturlaub nur anteilig, d.h. für 11 2/3 Urlaubstage zu; die Privilegierung des § 9 Satz 3 UrlVO RP, wonach der Jahresurlaub voll gewährt wird, wenn der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in der zweiten Jahreshälfte in den Ruhestand versetzt wird, erstreckt sich nicht auf den unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 RL 2003/88/EG. Der Bruchteil eines Urlaubstages ist in die Urlaubsentgeltberechnung einzubeziehen. Die Heranziehung einer nationalstaatlichen Regelung, wonach ein bei der Urlaubsberechnung verbleibender Teil eines Tages als Guthaben auf die Arbeitszeit angerechnet wird (vgl. § 8 Abs. 6 UrlVO RP), kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil Urlaubsabgeltung voraussetzt, dass der Beamte nicht mehr im Dienst ist, so dass mangels Arbeitspflicht auch eine Anrechnung auf ein Arbeitszeitguthaben nicht möglich ist.

36

Insgesamt steht dem Kläger deshalb ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 23 2/3 Tage zu, der auf der Basis der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu berechnen ist.

37

Im Hinblick auf den Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Anrechnung der Urlaubsabgeltung bei den Versorgungsbezügen nach den Regelungen des Vorteilsausgleichs, § 53 BeamtVG, nicht in Betracht kommt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.