Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. März 2016 - 15 ZB 15.805

bei uns veröffentlicht am30.03.2016

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Gegenstand der Nachbarklage ist die Genehmigung für die bauliche Erweiterung eines Reihenendhauses. Die Reihenhausanlage besteht insgesamt aus vier zweigeschossigen, rund 12,50 m tiefen und 6 m breiten Häusern, die fassaden-, trauf- und firstgleich aneinandergebaut sind. Die verfahrensgegenständliche Genehmigung erlaubt den Beigeladenen, einen bisher rund 4 m langen und mittig mit einem Geschoss an ihre südöstliche Giebelwand anschließenden Anbau um 3 m in Richtung Nordosten zu verlängern und eine Ebene aufzustocken. Dieser unverändert 3 m breite und jetzt rund 7 m tiefe Anbau soll im Erdgeschoss künftig auch ein Arbeitszimmer und im neuen Obergeschoss ein Schlafzimmer beherbergen. Ferner soll das Dachgeschoss des Reihenendhauses auf der Nordostseite eine 2 m breite, 1,95 m hohe, flach gedeckte Gaube und auf der gegenüberliegenden Seite in Verlängerung der Außenwand eine mittig angebrachte, rund 3,50 m breite und an ihrer Vorderkante 2,72 m hohe, ebenfalls flach gedeckte Wiederkehr erhalten. Die Klägerin ist Eigentümerin des im Nordwesten an das Vorhaben unmittelbar anschließenden Reihenhauses. Sie wendet sich mit dem Zulassungsantrag gegen die klageabweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Gründe - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache, § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - liegen entweder nicht vor oder wurden nicht ausreichend dargelegt, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO.

1. Die Klägerin hält es für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob Dachgauben eine ähnliche Wirkung haben wie ein ganzes weiteres Geschoss. Für den letzteren Fall sei nämlich von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass dadurch das Gebot der Rücksichtnahme verletzt sein könne. Für den Fall intensiver Dachgaubenaufbauten, wie sie hier vorlägen, sei diese Frage noch nicht entschieden. Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Der der Fortentwicklung des Rechts dienende Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung verlangt, dass die aufgeworfene Rechtsfrage klärungsfähig und klärungsbedürftig ist und ihre Beantwortung eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben kann. Hier fehlt vor allem die zuletzt genannte Voraussetzung.

1.1 Die zum baurechtlichen Rücksichtnahmegebot im allgemeinen entwickelten Maßstäbe sind obergerichtlich geklärt (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 = juris Rn. 22; U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369 = juris Rn. 45 bis 47; U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - BRS 38 Nr. 186 = juris Rn. 32, 33, jeweils zu § 34 BBauG 1976). Danach hängen die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen wesentlich von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit seinem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Die hierbei vorzunehmende Interessenabwägung hat sich am Kriterium der Unzumutbarkeit in dem Sinne auszurichten, dass dem Betroffenen die nachteilige Einwirkung des streitigen Bauwerks billigerweise nicht mehr zugemutet werden soll.

Den rechtlichen Ansatzpunkt für Nachbarschutz bei Doppelhäusern und Hausgruppen im in offener Bauweise bebauten, unbeplanten Innenbereich bildet nach der neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls das im Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot (BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 20 f. m. w. N.; U. v. 19.3.2015 - 4 C 12/14 - juris Rn. 9 bis 12; vgl. ferner B. v. 19.3.2015 - 4 B 65/14 - juris Rn. 6: Für die Frage, ob grenzständige Gebäude eine Hausgruppe bilden, kommt es allein auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude an). Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäudeteil ein Doppelhaus zu bilden. Ob zwei grenzständig errichtete Baukörper ein Doppelhaus bilden, lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual bestimmen. Es bedarf einer Würdigung des Einzelfalls unter Betrachtung quantitativer und qualitativer Gesichtspunkte.

1.2 Gemessen an diesen im Zusammenhang mit dem Nachbarrechtsschutz in Doppel- und Reihenhausfällen geklärten Rechtsfragen geht die von der Klägerin aufgeworfene Frage ins Leere. Es kommt nicht darauf an, ob - oder besser, ab wann - entsprechend große Gauben optisch eine „ähnliche Wirkung haben wie ein ganzes weiteres Geschoss“. Entscheidungserheblich ist vielmehr, ob das Vorhaben trotz größerer Dachaufbauten noch mit den benachbarten Häusern eine „wechselseitig verträgliche Einheit“ bildet. Das jedoch ist - wie dargestellt - keiner abstrakten Klärung zugänglich, sondern bleibt der Entscheidung im individuellen Einzelfall überlassen.

1.3 Entstünde durch die Dachaufbauten am streitigen Vorhaben tatsächlich ein neues Geschoss, würde sich dieses angesichts der Einheitlichkeit der Bebauung in der übrigen Reihenhauszeile nicht einfügen; auch das ist in der Rechtsprechung bereits geklärt (vgl. BayVGH, B. v. 2.7.2010 - 9 CS 10.894 - juris Rn. 4; OVG SH, U. v. 10.6.1993 - 1 L 59/92 - juris Rn. 30; BVerwG, B. v. 10.1.1994 - 4 B 158/93 - juris Rn. 11: Durch die Vergrößerung (nur) eines der Reihenhäuser würde sich die Situation der übrigen Grundstücke, die mit dem Grundstück der Kläger in der Art einer „bodenrechtlichen Lebens- und Schicksalsgemeinschaft“ verbunden sind, nachteilig verändern).

2. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

2.1 Das Verwaltungsgericht ist bei seiner Bewertung des Einzelfalls von den oben unter 1.1 dargestellten, in der obergerichtlichen Doppelhausrechtsprechung entwickelten Grundsätzen ausgegangen (UA S. 4/5). Auf die in diesem Zusammenhang dort auch noch zitierte, als äußerste Grenze angenommene Überschreitung auch nur eines quantitativen Merkmals um mehr als die Hälfte (vgl. BayVGH, U. v. 11.12.2014 - 2 BV 13.789 - juris Rn. 27 a.E. unter Hinweis auf OVG NW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 1276/13 - juris; letzteres aufgehoben durch BVerwG, U. v. 19.3.2015 - 4 C 12/14 - juris Ls und Rn. 14 bis 21) ist es für die Entscheidung der ersten Instanz ersichtlich nicht angekommen.

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass auch nach der Verwirklichung des genehmigten Vorhabens noch ein einheitlicher Baukörper vorliege, der das nachbarliche Austauschverhältnis nicht aus dem Gleichgewicht bringe und die „harmonische Beziehung“ der Gebäude zueinander nicht in Frage stelle. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

2.2 Bei der die Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Bewertung, ob es sich bei den geplanten An- und Umbauten noch um mit den übrigen, unverändert bestehend bleibenden Häusern in der Zeile wechselseitig verträgliche Maßnahmen handelt, kommt der Vergrößerung des seitlichen Anbaus an der Giebelwand des südöstlichen Reihenendhauses nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Das Eckgrundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, ist einschließlich der dazugehörenden Garagenflurnummer rund 12 m breit. Das Mittelgrundstück der Klägerin ist, wie auch das nordwestlich daran anschließende zweite Mittelgrundstück etwa 6 m breit, das die Reihe auf der dem streitigen Vorhaben entgegengesetzten Seite abschließende Grundstück ist durchgängig ca. 12 m breit. Die Hauptgebäude sind mit jeweils 6 m alle gleich breit. Die vorgegebenen Größen- und Lageverhältnisse ermöglichen es von vorneherein, auf den Eckgrundstücken mehr an Baulichkeiten unterzubringen als auf den Mittelgrundstücken. Hier befindet sich am nordwestlichen Ende der Anlage eine 6 m breite und in etwa so tiefe Garage und am anderen Ende, auf dem Vorhabengrundstück, ein 3 m breiter Anbau an das Hauptgebäude sowie eine ebenso breite Garage. Auf den nicht zuletzt mittels zahlreicher Fotos und Luftbilder in den Akten (v.a. Bl. 80 der Gerichtakte des VG) vermittelten Eindruck einer aus vier Hauptgebäuden bestehenden, in sich homogenen, einheitlichen Reihenhauszeile hat das keinen nennenswerten Einfluss. Das gilt auch für die mit einer erreichten Gesamtlänge von 7,09 m noch maßvolle Vertiefung des auf dem Baugrundstück bereits vorhandenen Anbaus und die Erhöhung um eine Ebene. Angesichts der angesprochenen Größenunterschiede der vier nebeneinanderliegenden Grundstücke kann bei dieser Betrachtung nicht außer Acht bleiben, dass - bei gleichbleibenden Trauf- und Firsthöhen - selbst eine durchgängige Verbreiterung eines oder beider Eckhäuser den Gesamteindruck einer in sich geschlossenen Reihenhausanlage nicht ernsthaft in Frage stellen würde.

2.3 Von den auf der Straßen- und der Gartenseite vorgesehenen Dachaufbauten erscheint die in die erstgenannte Richtung weisende, 2 m breite und 1,95 m hohe Gaube ohne weiteres mit der gesamten Anlage verträglich. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass bisher - soweit aus den Akten ersichtlich - keines der Reihenhäuser über vergleichbare Dachaufbauten verfügt.

Die auf der Südwestseite des in Neigung (37 Grad), Trauf- (11,42 m) und Firsthöhe (rund 6,5 m) unveränderten und insoweit auf einer Linie („profilgleich“) mit der Nachbarbebauung bleibenden Satteldachs vorgesehene Wiederkehr erscheint als noch mit dem Gebot wechselseitig verträglicher Abstimmung vereinbar. Zwar verlängert dieses Bauteil die Außenwand auf 3,51 m Breite um 2,72 m, so dass diese hier eine Gesamthöhe von rund 9,55 m erreicht. Diesem Bauteil kann es auch nicht zugute kommen, dass auf den Gebäuden in der Umgebung „Dachgauben in den Reihenhauszeilen nicht selten“ sind, wie das Verwaltungsgericht meint. Zum einen handelt es sich hier nicht mehr um eine aus der Dachfläche aufsteigende Gaube. Zum anderen kann es für das „Abgestimmtsein“ mit dem Rest der Zeile nur auf die Situation in diesem Bereich ankommen, nur die davon unmittelbar betroffenen Gebäude befinden sich in einer „baurechtlichen Schicksalsgemeinschaft“. Da weder die Dachform noch die Neigung Veränderungen erfahren, bleibt es bei einer Gesamtbetrachtung der Südseite der Reihenhauszeile trotzdem bei einem (noch) als einheitlich zu bezeichnenden Erscheinungsbild. Davon könnte allenfalls erst dann nicht mehr die Rede sein, wenn die Wiederkehr im Dachgeschoss auch noch mit einem Balkon versehen würde.

Bei dem Verlangen nach einer wechselseitig verträglich abgestimmten Bauweise handelt es sich um eine nicht unerhebliche Einschränkung der Baufreiheit des Eigentümers eines Doppel- oder Reihenhauses, deren aus städtebaulichen Gründen (vgl. BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - juris Rn. 21: Steuerung der Bebauungsdichte, Gestaltung des Orts- und Stadtbildes) im Grundsatz berechtigte Anforderungen im Einzelfall nicht zulasten des Bauwilligen überspannt werden dürfen. Hier ist der Wunsch nach einem nachträglichen Dachgeschossausbau einschließlich der ausreichenden Belichtung von zwei neu zu schaffenden, 14,62 m² und 18,75 m² großen, Zimmern verständlich und führt nicht zu einer Dreigeschossigkeit des Vorhabens. Aus der Sicht des Senats vermitteln die hier geplanten und genehmigten Maßnahmen bei einer Gesamtbetrachtung noch den Eindruck nur eines Dachgeschossausbaus und noch nicht das Bild einer Aufstockung um ein neues, drittes Geschoss.

2.4 Einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme wegen neuer Einsichtsmöglichkeiten in den rückwärtigen Teil des Grundstücks der Klägerin hat das Verwaltungsgericht aus zutreffenden Gründen verneint, hierauf wird verwiesen.

3. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Die Klägerin sieht die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache in denselben Fragen, die sie auch zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt hat. Diese Fragen sind jedoch - wie sich aus vorstehenden Darlegungen ergibt - weder komplex noch fehleranfällig (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - BayVBl 2012, 147/149 m. w. N.). Sie können ohne Weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden.

4. Kosten: §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben im Zulassungsverfahren keinen Antrag gestellt und tragen ihre außergerichtlichen Kosten deshalb billigerweise selbst.

Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. März 2016 - 15 ZB 15.805 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 22 Bauweise


(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. (2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der i

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung ihres grenzständig errichteten Wohnhauses.

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid für eine grenzständige Bebauung.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid für eine grenzständige Bebauung.

2

Kläger und Beigeladener sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in K.... Diese sind mit einem Doppelwohnhaus mit jeweils zwei Geschossen und einem Dachgeschoss bebaut. Das Gebäude verfügt über ein Satteldach mit einer Firsthöhe von 11,60 m. Die Haushälften stehen mit vier bzw. sechs Metern Abstand zur festgesetzten Baufluchtlinie. Die Haushälfte des Beigeladenen wurde 1954, die des Klägers 1971 errichtet. Die übrige Bebauung der Straße besteht auf der einen Straßenseite - abgesehen von einem freistehenden zweigeschossigen Wohngebäude - aus zwei- oder mehrgeschossigen Häusern, Doppelhäusern oder Hausgruppen, auf der anderen Straßenseite herrscht eine zwei- bis dreigeschossige Bebauung mit Doppelhäusern oder Hausgruppen vor. Außer einem Fluchtlinienplan fehlen bauplanerische Festsetzungen.

3

Der Beigeladene beabsichtigt auf seinem Grundstück die Errichtung eines 15 m hohen viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses mit zusätzlichem Staffelgeschoss und Flachdach. Es soll anstelle der bestehenden Haushälfte ohne Einhaltung von Grenzabständen und unter Ausnutzung der Baufluchtlinie errichtet werden. Für das Vorhaben erteilte das Bauaufsichtsamt der Beklagten den streitgegenständlichen planungsrechtlichen Vorbescheid.

4

Das Verwaltungsgericht wies die gegen den Vorbescheid erhobene Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den streitgegenständlichen Vorbescheid aufgehoben. Der Vorbescheid sei rechtswidrig, weil das geplante Vorhaben mit § 34 Abs. 1 BauGB unvereinbar sei. Es füge sich nach seiner Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die in offener Bauweise gebaut sei. Das Vorhaben des Beigeladenen beseitige das bestehende Doppelhaus, ohne ein neues Doppelhaus zu schaffen. Die beiden Haushälften würden vielmehr bei Realisierung des Vorhabens den Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper erwecken. Auf diesen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB könne sich der Kläger berufen. Denn mit der Doppelhausbebauung gingen die Grundstückseigentümer ein nachbarliches Austauschverhältnis ein, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden dürfe.

5

Mit seiner vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Beigeladene geltend, die Rechtsprechung zur nachbarschützenden Wirkung von Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <362 f.>) könne auf den unbeplanten Innenbereich nicht übertragen werden. Die maßgeblichen Fälle seien über das Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 BauGB zu lösen. Danach sei die Klage abzuweisen. Auf den Kläger sei umso weniger Rücksicht zu nehmen, als dieser sein Grundstück baulich nicht vollständig ausnutze.

6

Die Beklagte schließt sich dem Standpunkt des Beigeladenen an.

7

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der streitgegenständliche Vorbescheid ist rechtswidrig (1.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (2.) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

9

1. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass sich das Vorhaben des Beigeladenen entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

10

a) Das Vorhaben des Beigeladenen ist hinsichtlich seiner Bauweise planungsrechtlich an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen, da es insoweit an bauplanerischen Festsetzungen fehlt und das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegt. Maßstabsbildend im Sinne dieser Vorschrift ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48). Das Oberverwaltungsgericht hat als nähere Umgebung die beiden Seiten der R...straße in den Blick genommen (UA S. 9), die Beteiligten haben hiergegen Einwände nicht erhoben.

11

b) In dieser Umgebung befindet sich nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts eine Bebauung mit Doppelhäusern, Hausgruppen und wenigen Einzelhäusern, die das Oberverwaltungsgericht als offene Bauweise bezeichnet.

12

Mit diesen Bezeichnungen greift das Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsfehler auf Begriffe der Baunutzungsverordnung zurück. Denn deren Vorschriften können im unbeplanten Innenbereich als Auslegungshilfe herangezogen werden (Beschluss vom 27. Juli 2011 - BVerwG 4 B 4.11 - BRS 78 Nr. 102 Rn. 4; Urteile vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278> = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 168 S. 9 und vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 30). Sie enthalten definitorische Grundsätze, was etwa die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen (Beschlüsse vom 7. Juli 1994 - BVerwG 4 B 131.94 - juris Rn. 3 und vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166 S. 6). Aus diesem Grund konnte das Oberverwaltungsgericht auch auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgreifen, als es die Eigenart der Umgebungsbebauung, die bestehende Bebauung auf den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen und das streitgegenständliche Vorhaben gewürdigt hat.

13

Im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist ein Doppelhaus eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - a.a.O. S. 357 ff. = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 3 ff.; Beschluss vom 23. April 2013 - BVerwG 4 B 17.13 - BauR 2013, 1427 Rn. 5). Diese Begriffsbestimmung bezeichnet den Begriff des Doppelhauses im Sinne bauplanungsrechtlicher Vorschriften (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - ZfBR 2012, 478, juris Rn. 9), also auch für den unbeplanten Innenbereich.

14

Die knappen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Umgebungsbebauung bieten keinen Anlass für die Annahme, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Feststellung von Doppelhäusern in der näheren Umgebung einen hiervon abweichenden Begriff des Doppelhauses zugrunde gelegt. Nach den Urteilsgründen handelt es sich bei dem gegenwärtigen Gebäude des Klägers und des Beigeladenen "auch" um ein Doppelhaus (UA S. 9). Diese Formulierung setzt einen einheitlichen Begriffsinhalt voraus. Damit steht fest, dass sich in der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks nur solche einseitig grenzständigen Haushälften befinden, die das begrifflich geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung aufweisen und deshalb Doppelhäuser im Sinne des Senatsurteils vom 24. Februar 2000 (a.a.O.) sind. Diese mit Revisionsrügen nicht angegriffene Feststellung bindet den Senat (§ 137 Abs. 2 VwGO), insbesondere ist sie nicht zweifelsfrei aktenwidrig (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 70).

15

c) Damit prägen solche Gebäude die nähere Umgebung, die bei bauplanerischer Festsetzung einer offenen Bauweise zulässig sind (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO). Dennoch bestimmt sich die Zulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen hinsichtlich der Bauweise nicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Die Vorschrift richtet sich an die planende Gemeinde (vgl. Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 <154> = Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 118 S. 97). Anders als § 34 Abs. 2 BauGB für die Art der baulichen Nutzung verweist § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Einfügens nach der Bauweise selbst dann nicht auf den Maßstab der Baunutzungsverordnung, wenn die nähere Umgebung der dort definierten offenen oder geschlossenen Bauweise entspricht. Den rechtlichen Maßstab bestimmt vielmehr § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach sich das Vorhaben des Beigeladenen nach seiner Bauweise in die nähere Umgebung einfügen muss.

16

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts beseitigt das Vorhaben des Beigeladenen das bestehende Doppelhaus, führt aber nicht zur Entstehung eines neuen Doppelhauses. Es stützt sich für diese Würdigung auf quantitative Abweichungen, die zwei zusätzlichen Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss, die unterschiedliche Höhe der Gebäudehälften und die Erweiterung im viergeschossigen Bereich sowie die zusätzliche Erweiterung im zweigeschossigen Bereich. Hinzu träten qualitative Gesichtspunkte, insbesondere die unterschiedlichen Dachformen (Satteldach auf der einen, Flachdach auf der anderen Seite). Diese Würdigung verstößt nicht gegen Bundesrecht. Zwar mahnt das Urteil vom 24. Februar 2000, den Begriff des Doppelhauses nicht bauordnungsrechtlich zu überladen. In dem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteilt sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude noch ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Stadtbildes verfolgt wird (BVerwGE 110, 355 <361> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 6). Dennoch hängt die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - a.a.O. Rn. 12). Die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, bei Verwirklichung des Vorhabens des Beigeladenen entstände der Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper, wahrt diesen bundesrechtlichen Maßstab.

17

d) Das Vorhaben des Beigeladenen fügt sich damit in den Rahmen der Umgebungsbebauung nicht ein. Denn seine Verwirklichung führt nicht zu einem Doppelhaus, sondern zu einer einseitig grenzständigen Bebauung, für die es in der Umgebung an Vorbildern fehlt. Das Oberverwaltungsgericht hat auch ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass das Vorhaben geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen (Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 53 und vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 7). Bodenrechtlich beachtliche und bewältigungsbedürftige Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 23). Hierfür reicht die mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O.), die ein Bedürfnis nach planerischer Gestaltung auslösen kann (vgl. § 22 Abs. 4 BauNVO).

18

2. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht angenommen, dass dieser Rechtsverstoß Rechte des Klägers verletzt. Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt (Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juni 2013, § 22 BauNVO Rn. 50; Upmeier, Mampel, BRS-Info 4/2012, S. 19; Aschke, in: Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB, 3. Aufl. 2013, § 22 BauNVO Rn. 16; Wolf, Drittschutz im Bauplanungsrecht, Band 11, 2012, S. 175 f.).

19

a) Ein Drittschutz kann weder direkt noch analog aus § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hergeleitet werden. Die Vorschrift entfaltet selbst im beplanten Bereich keinen Nachbarschutz. Nachbarschutz vermittelt hier vielmehr die planerische Festsetzung (Urteil vom 24. Februar 2000 a.a.O. S. 362 = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 7), an der es im unbeplanten Bereich fehlt.

20

b) Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Drittschutz folgt vielmehr aus dem Gebot der Rücksichtnahme.

21

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung oder ein planungsrechtlicher Vorbescheid gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (stRspr, Beschluss vom 13. November 1997 - BVerwG 4 B 195.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 189 S. 59; Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 - Buchholz 406.11 § 34 BBauGB Nr. 114 S. 64). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus (Urteil vom 26. September 1991 - BVerwG 4 C 5.87 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 103 S. 76 ). Er kann vorliegen, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 52). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (Beschluss vom 11. Januar 1999 - BVerwG 4 B 128.98 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 S. 3). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (Urteil vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 99). Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (Urteil vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 8.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 71 S. 56).

22

Dies ist hier der Fall: Die Zulässigkeit einer Bebauung als Doppelhaus setzt den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein. Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, "erkauft" (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 4). Diese Interessenlage rechtfertigt es, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen, die eine grenzständige Bebauung ausschließt, wenn er den bisher durch das Doppelhaus gezogenen Rahmen überschreitet. Sie ist im beplanten und unbeplanten Bereich identisch. Dass die Rücksichtnahmepflichten im beplanten Gebiet auf einer planerischen Konzeption beruhen, führt auf keinen Unterschied. Denn im Fall des § 34 Abs. 1 BauGB ergeben sich die Beschränkungen der Baufreiheit regelmäßig aus der Umgebungsbebauung und nicht aus einer planerischen Konzeption.

23

Sachgesetzlichkeiten (Beschluss vom 19. Oktober 1995 - BVerwG 4 B 215.95 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 131 S. 12) fordern keine unterschiedliche Behandlung. Dass der Zulässigkeitsmaßstab bei § 34 Abs. 1 BauGB stets weniger scharf ist, lässt sich nicht sagen. Allerdings ist einzuräumen, dass den Nachbarn größere Hinnahmepflichten treffen, wenn die maßgebliche Umgebungsbebauung eine größere Wahlfreiheit als eine planerische Festsetzung eröffnet (vgl. Beschluss vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166). So liegt es hier nicht, weil die Umgebungsbebauung nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts einen vergleichsweise engen Rahmen setzt. Anders als bei Festsetzungen nach den §§ 16 ff. BauNVO und § 23 BauNVO (vgl. Beschluss vom 19. Oktober 1995 a.a.O. S. 13) hängt es im Übrigen auch im beplanten Gebiet nicht vom Willen der Gemeinde ab, ob Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hinsichtlich der Nachbarn von Doppelhäusern dem Schutz des Nachbarn dienen. Schließlich kann für die "Doppelhaus"-Fälle eine so einheitliche Interessenlage angenommen werden, dass es jedenfalls grundsätzlich einer Betrachtung der konkreten Situation nicht bedarf. Dass hier ausnahmsweise etwas Anderes gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Namentlich reicht der Hinweis des Beigeladenen nicht aus, dass die bestehenden Haushälften die Bebauungsmöglichkeiten derzeit nicht vollständig ausnutzen. Dies betrifft das Maß der baulichen Nutzung, berührt aber das nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu erfüllende Erfordernis eines Einfügens nach der Bauweise nicht.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung ihres grenzständig errichteten Wohnhauses.

2

Der Kläger und die Beigeladenen sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Abgesehen von einer Baustufenordnung fehlen bauplanerische Festsetzungen. Auf dem Grundstück der Beigeladenen wurde 1967 grenzständig zum Grundstück des Klägers ein zweigeschossiges Wohnhaus mit traufständigem Satteldach (30°) und einer Wohnfläche von 127,93 qm errichtet; das Gebäude ist etwa 9 m tief und 9 m breit. Hinzu treten eine zum nordöstlich liegenden Nachbargrundstück grenzständige Garage sowie ein Wintergarten im hinteren Grundstücksteil. Das Grundstück des Klägers wurde 1983 grenzständig zum vorhandenen Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen mit einem zweigeschossigen Wohngebäude mit traufständigem Satteldach (35°) bebaut. Dieses Gebäude verfügt über eine Wohnfläche von etwa 177 qm und trat sowohl zur Straßen- als auch zur Gartenseite um 1 m gegenüber dem Gebäude der Beigeladenen vor. Seine Firsthöhe liegt etwa 1,50 m höher als bei dem Gebäude der Beigeladenen.

3

Der angegriffene Bescheid der Beklagten genehmigt den Umbau und die Erweiterung des Gebäudes der Beigeladenen durch eine straßenseitige Erweiterung des Bestandsgebäudes mit einem zum Grundstück des Klägers hin grenzständigen, zweigeschossigen und 5 m tiefen Anbau, der gegenüber dem Gebäude des Klägers um 4 m hervortritt, mit einem Satteldach und einer Dachneigung von 30°. Die Giebelseite des Anbaus ist zur Straße ausgerichtet. Am Standort des früheren Wintergartens ist ein an die Garage angebauter Abstellraum mit einem gemeinsamen Satteldach vorgesehen.

4

Die gegen den Bescheid gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verstößt die angefochtene Baugenehmigung nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, insbesondere nicht gegen die Anforderungen der "Doppelhausrechtsprechung" des Bundesverwaltungsgerichts. Die beiden Gebäude bildeten auch nach dem genehmigten Umbau ein Doppelhaus. Maßgeblich seien sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte. Im Interesse einer möglichst rechtssicheren Handhabung sei ein einheitlicher Baukörper unter den quantitativen Aspekten Geschossigkeit, Bautiefe und Gebäudehöhe der grenzständigen Gebäudeteile sowie des oberirdischen Brutto-Raumvolumens im Regelfall nicht mehr anzunehmen, wenn sich nur eines der genannten Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide. Diesen Rahmen wahre das Bauvorhaben der Beigeladenen. Auch qualitative Gesichtspunkte sprächen nicht gegen ein Doppelhaus. Das Haupthaus der Beigeladenen und das Haus des Klägers wiesen identische Dachformen und Neigungen auf. Die Firste beider Gebäude seien parallel zur Straße ausgerichtet. Auch der Anbau trage ein Satteldach. Dessen abweichende Ausrichtung sei dem Orts- und Stadtbild geschuldet. Durch den Anbau schließe das Haus zur Bauflucht des nordöstlich gelegenen Nachbargebäudes auf. Die Gebäude des Klägers und der Beigeladenen würden so optisch in die übrige Bebauung integriert. Das Gebot der Rücksichtnahme werde ferner weder durch eine Verschattung des klägerischen Wohnzimmers verletzt noch wirke der genehmigte Bau erdrückend. Beeinträchtigungen durch Regenwasser und Schneebretter seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen. Abstandflächenrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Fortentwicklung der Grundsätze der Rechtsprechung zum planungsrechtlichen Begriff des Doppelhauses zugelassen. Von diesem Rechtsmittel hat der Kläger Gebrauch gemacht. Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das Urteil.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht ist unter Anlegung bundesrechtswidriger Maßstäbe (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Baugenehmigung Rechte des Klägers nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

7

1. Die Annahmen des Oberverwaltungsgerichts zum Außerkrafttreten der Baustufenordnung der Stadt D. und zum Prüfungsumfang eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 68 BauO NW beruhen auf der Auslegung irrevisiblen Landesrechts und unterliegen keiner revisionsgerichtlichen Prüfung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO).

8

2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, das genehmigte Vorhaben sei weder wegen seines Schattenwurfs noch wegen einer erdrückenden Wirkung dem Kläger gegenüber rücksichtslos.

9

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies ist der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bebauung fehlt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.>). Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen geprüft und als Tatgericht verneint. Dies ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

10

3. Das Berufungsurteil verletzt demgegenüber Bundesrecht, soweit es einen Verstoß gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme "im Hinblick auf die auch im unbeplanten Innenbereich anwendbare Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts" verneint hat.

11

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann vorliegen, wenn sich ein Vorhaben entgegen § 34 Abs. 1 BauGB nach den dort genannten Merkmalen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Maßgebend für den Verstoß gegen Rechte eines Nachbarn ist insoweit, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 21 m.w.N.). Der Senat hat diese Aussagen für Doppelhäuser konkretisiert: Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, so fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Ls. 1). Diesen Rechtsgrundsatz legt das Oberverwaltungsgericht zugrunde, wenn es - stark verkürzend - auf die "Doppelhausrechtsprechung im unbeplanten Innenbereich" (UA S. 8 f.) verweist.

12

a) Das Oberverwaltungsgericht durfte ohne Verstoß gegen Bundesrecht bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 BauGB die Vorschriften der Baunutzungsverordnung als Auslegungshilfe heranziehen. Sie definieren, was die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen. Aus diesem Grund kann im unbeplanten Innenbereich auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgegriffen werden, um Vorhaben zu würdigen (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 12; Lemmel, in: FS Schlichter, 1995, S. 353 <355 f.>). Hieran hält der Senat fest. Der Revision ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber nicht an die Begriffe der Baunutzungsverordnung gebunden ist und § 34 BauGB in seinem Absatz 1 anders als in Absatz 2 auf die Baunutzungsverordnung nicht Bezug nimmt. Angesichts des Wortlauts des § 34 Abs. 1 BauGB liegt jedoch die Annahme fern, der Gesetzgeber habe den dort verwendeten Begriffen eine von den Begriffen der Baunutzungsverordnung abweichende Bedeutung zumessen wollen. Auch die Revision benennt hierfür keinen Anhaltspunkt.

13

b) Das Oberverwaltungsgericht hat offengelassen, ob der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche Rahmen der näheren Umgebung durch Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gebildet wird oder ob eine Gemengelage verschiedener Bauweisen vorliegt. Bundesrechtlich war ihm diese Vorgehensweise nicht versperrt. Ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebende Umgebung einer Bebauung in offener Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entspricht oder mit Blick auf dieses Merkmal eine "Gemengelage" vorliegt, bedarf keiner Entscheidung, wenn das Gesamtgebäude auch nach Ausnutzung der Genehmigung ein Doppelhaus ist. Denn in beiden Fällen wäre der Bauweise nach ein Doppelhaus zulässig. Hiervon geht das Oberverwaltungsgericht zutreffend aus (UA S. 9). Es legt seiner tatrichterlichen Würdigung aber einen bundesrechtswidrigen Begriff des Doppelhauses zugrunde.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat für das Vorliegen eines Doppelhauses quantitative und qualitative Aspekte betrachtet. Unter den quantitativen Aspekten der Geschossigkeit, der Bautiefe, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens könne ein Doppelhaus im Regelfall nicht mehr angenommen werden, wenn sich auch nur eines dieser Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide (UA S. 10). Es müsse auch in qualitativer Hinsicht der Charakter eines Doppelhauses gewahrt bleiben. Diese Anforderungen versteht das Oberverwaltungsgericht nach den weiteren Ausführungen nicht als notwendige, sondern als hinreichende Bedingungen für das Vorliegen eines Doppelhauses, die getrennt voneinander zu prüfen sind. Wann das Fehlen eines Regelfalls zu einem anderen Ergebnis führen kann, bleibt offen. Dieses Begriffsverständnis ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

15

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <360>). Hieran hält der Senat fest. Auch für die weiteren vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen quantitativen Kriterien ist eine mathematisch-prozentuale Festlegung nicht möglich.

16

Der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO verlangt, dass das Doppelhaus ein Gebäude mit seitlichem Grenzabstand ist. Zwei selbständige Baukörper, die sich an der Grenze berühren, aber praktisch allseitig freistehend sind, bilden kein Doppelhaus (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <358 f.>). Der Begriff des Doppelhauses hat dabei vom Ziel der offenen Bauweise auszugehen. Leitbild ist ein Haus, das nach beiden Seiten mit Grenzabstand errichtet wird und so einen Vorgarten mit einem Hausgarten verbindet (Boeddinghaus, in: Boeddinghaus/Grigoleit, BauNVO, 6. Aufl. 2014, § 22 BauNVO Rn. 17). Die grundsätzlich nach beiden Seiten geforderten Grenzabstände sollen dabei als die Bebauung gliedernde und auflockernde Elemente wahrgenommen werden (König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 22 Rn. 17). Ein einseitig grenzständiger Bau fügt sich in dieses System nur ein, wenn das gegenseitige Abstandsgebot an der Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359>).

17

Der vom Oberverwaltungsgericht gewählte mathematisch-prozentuale Ansatz trägt dem nicht Rechnung. Allerdings liegt es nahe, bei der Gebäudehöhe ein Verhältnis als Ausgangspunkt zu wählen, weil dieses nach außen besonders sichtbar wird. Eine gemeinsame Gebäudehöhe ist für das Maß der Übereinstimmung beider Gebäude deshalb von besonderer Bedeutung. Für eine feste oder indizielle Grenze von 50 % fehlt indes jeder Anhalt. Bei der Bautiefe liegt es anders: Ob ein Versprung durch unterschiedliche Bautiefen den Eindruck eines gemeinsamen Baukörpers aufhebt und das Grenzgrundstück abriegelt, hängt nur zum Teil davon ab, auf welcher Länge die Gebäude aneinander gebaut sind, namentlich, wenn die Länge der gemeinsamen Wand nicht sichtbar ist. Es sind regelmäßig weitere Kriterien in Betracht zu ziehen, etwa die Höhe der einseitig grenzständigen Wand sowie die Frage, ob der Versprung in voller Länge auf einer Gebäudeseite auftritt oder in jeweils geringerem Maße Vorder- und Rückseite belastet. Diese Einwände sprechen auch gegen einen mathematisch-prozentualen Maßstab beim oberirdischen Brutto-Raumvolumen, weil dieses durch Gebäudehöhe und Bautiefe maßgeblich mitbestimmt wird. Schließlich macht es für das Maß an hinnehmbarer Abweichung keinen Unterschied, ob die Gebäude ursprünglich übereinstimmend eingeschossig oder übereinstimmend zweigeschossig sind. Insoweit ist die Betrachtung eines Verhältnisses als Ausgangspunkt verfehlt.

18

Trotz des unzutreffenden rechtlichen Ansatzes verstößt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht gegen Bundesrecht, dass die quantitativen Kriterien jeweils für sich den Charakter eines Doppelhauses auch in der Gestalt der angegriffenen Genehmigung nicht aufheben. Dies liegt für die Kriterien der Geschossigkeit, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens auf der Hand. Hinsichtlich der Bautiefe gestatten die tatrichterlichen Feststellungen zum Schattenwurf und zur verneinten erdrückenden Wirkung den Schluss, dass der Charakter eines Doppelhauses insoweit noch gewahrt ist.

19

bb) Die tatrichterliche Würdigung der qualitativen Kriterien verstößt gegen Bundesrecht. Die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 16). Es geht um eine spezifische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <361>), die darin liegt, dass das Doppelhaus den Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung nicht stört, eben weil es als ein Gebäude erscheint. Es kommt also für die Frage, ob grenzständige Gebäude ein Doppelhaus bilden, auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude an (so für eine Hausgruppe auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 - 4 B 65.14 - juris Rn. 6). Diesen Blick hat sich das Oberverwaltungsgericht verstellt, als es für die Würdigung der unterschiedlichen Dachausrichtung nicht das Gebäude des Klägers in den Blick genommen, sondern jedenfalls auch für maßgeblich gehalten hat, dass der Anbau zur Bauflucht des Hauses auf dem zur anderen Seite benachbarten Grundstück aufschließe und so optisch in die übrige Bebauung integriert werde.

20

cc) Schließlich verstößt das angegriffene Urteil gegen Bundesrecht, weil es an der gebotenen Gesamtwürdigung des Einzelfalls fehlt.

21

Qualitative und quantitative Kriterien dürfen nicht nur isoliert betrachtet werden: Denn es ist ebenso denkbar, dass größere quantitative Abweichungen bei deutlich einheitlicher Gestaltung hingenommen werden können, wie es vorstellbar ist, dass eine deutlich abweichende Gestaltung in ihrer Wirkung gemildert wird, weil die Gebäudeteile in quantitativer Hinsicht stark übereinstimmen. Eine isolierte Betrachtung vernachlässigt auch, dass Fälle denkbar sind, in denen erst das Zusammenwirken quantitativer und qualitativer Kriterien den Charakter eines Doppelhauses entfallen lässt. Das Oberverwaltungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob insbesondere der Unterschied in der Bautiefe zusammen mit der abweichenden Gestaltung des Anbaus in ihrem Zusammenwirken den Charakter eines Doppelhauses aufheben.

22

4. Die Auslegung der Regelungen zur Abstandfläche in § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. b BauO NRW ist revisibel, soweit die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Doppelhausbebauung in Rede steht, weil die landesrechtliche Norm an die bundesrechtliche Regelung lediglich anknüpft (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 4. November 1976 - 5 C 73.74 - BVerwGE 51, 268 <273> und vom 7. Juni 2006 - 4 C 7.05 - BRS 70 Nr. 84 S. 449 f.; zum Begriff des Doppelhauses bei Auslegung des § 6 Abs. 1 BauO NW vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2012 - 4 B 42.11 - BRS 79 Nr. 95 Rn. 8). Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen Bundesrecht vor, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt.

23

5. Der Bundesrechtsverstoß zwingt zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO) zur Klärung der Fragen, ob das Gesamtgebäude nach dem Umbau weiterhin ein Doppelhaus bildet und - verneinendenfalls - ob die maßstabsetzende Bebauung nach der Bauweise eine einseitig grenzständige Bebauung nur in Form eines Doppelhauses zulässt.

24

Auf die Verfahrensrügen kommt es nicht an. Sie könnten, ihre Begründetheit unterstellt, ebenfalls nur zur Zurückverweisung führen. Zur Forderung der Revision, der Senat des Oberverwaltungsgerichts habe den Augenschein in voller Besetzung einholen müssen, weist der Senat aber auf Folgendes hin: Für die Frage, ob ein Gericht nach § 96 Abs. 2 VwGO schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen kann, gelten die Kriterien für die Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren nach § 87 Abs. 3 Satz 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. April 1994 - 1 B 14.94 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 54 S. 2 f.). Es kommt darauf an, dass von vornherein anzunehmen ist, dass das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag. Dies gilt auch für Ortsbesichtigungen (BVerwG, Beschluss vom 15. August 1997 - 4 B 130.97 - Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 9 S. 2). Dass nach diesen Maßstäben eine Ortsbesichtigung durch den Senat des Oberverwaltungsgerichts erforderlich sein könnte, hat die Revision nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 2014 - 7 B 27.14 - NVwZ-RR 2015, 94 Rn. 6).

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. August 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.

2

I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479 Rn. 2).

4

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob

bei der Prüfung der Frage, ob ein grenzständiger Anbau noch das Erfordernis der baulichen Einheit gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entsprechend den planerischen Festsetzungen wahrt, zu berücksichtigen ist,

welche weiteren Bebauungen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hausgrundstück der Betroffenen zulässig sind

und ob die Betroffenen selbst die Möglichkeit haben, durch eine intensivere bauliche Nutzung ihres Grundstückes die Nachbarbebauung zu kompensieren.

5

Diese Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Eine Klärung durch eine höchstrichterliche Entscheidung in einem Revisionsverfahren ist nicht erforderlich, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (BVerwG, Beschlüsse vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> und vom 16. November 2004 - 4 B 71.04 - NVwZ 2005, 449 <450>). So liegt es hier.

6

Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert der planungsrechtliche Begriff des Doppelhauses im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (BVerwG, Urteile vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <357 ff.> und vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 13). Für den Begriff der Hausgruppe im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gelten diese Grundsätze entsprechend. Aus ihnen folgt, dass es für die Frage, ob grenzständige Gebäude eine Hausgruppe bilden, allein auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude ankommt. Dies schließt es sowohl aus, die Bebauung anderer Grundstücke als der Hausgruppe in den Blick zu nehmen, als auch, bestehende oder fehlende Bebauungsmöglichkeiten zu betrachten. Maßgebend ist allein, ob das Bauvorhaben mit der vorhandenen grenzständigen Bebauung eine Hausgruppe bildet.

7

II. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

8

Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

9

Anders als die Beschwerde meint, weicht das angegriffene Urteil nicht von dem Senatsurteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - (BVerwGE 148, 290 Rn. 22 f.) ab. Das Oberverwaltungsgericht hat an der von der Beschwerde angeführten Stelle (UA S. 11) angenommen, dass es für die Auslegung des § 22 BauNVO allein auf die Verhältnisse innerhalb der jeweiligen Hausgruppe ankommt. Dies steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats, dass für den Zulässigkeitsmaßstab des § 34 Abs. 1 BauGB die Umgebungsbebauung maßgeblich ist (a.a.O.). Denn während sich das Oberverwaltungsgericht zu der Frage äußert, ob eine Bebauung in der offenen Bauweise zulässig ist, betrifft die Aussage des Senats die Frage, wann das Einfügen in die nähere Umgebung eine offene Bauweise erfordert. Dies sind unterschiedliche Fragen. Im Übrigen übersieht die Beschwerde, dass § 34 Abs. 1 BauGB im Streitfall keine Bedeutung zukommt, weil das angegriffene Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans errichtet wurde.

10

III. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

11

1. Die Beschwerde hält die gerichtliche Aufklärungspflicht für verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, die Örtlichkeit in Augenschein zu nehmen, abgelehnt und angenommen hat, dem Gericht erschlössen sich die örtlichen Verhältnisse durch die vorliegenden Lichtbilder und Karten (UA S. 15).

12

Dies führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Lichtbilder und Lagepläne sind im Rahmen von § 86 Abs. 1 VwGO unbedenklich verwertbar, wenn sie die Örtlichkeiten in ihren für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Merkmalen so eindeutig ausweisen, dass sich der mit einer Ortsbesichtigung erreichbare Zweck mit ihrer Hilfe ebenso zuverlässig erfüllen lässt. Ist dies der Fall, so bedarf es unter dem Gesichtspunkt des Untersuchungsgrundsatzes keiner Durchführung einer Ortsbesichtigung. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Beteiligter geltend macht, dass die Karten oder Lichtbilder in Bezug auf bestimmte, für die Entscheidung wesentliche Merkmale keine Aussagekraft besitzen, und dies zutreffen kann (BVerwG, Urteil vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236; Beschluss vom 3. Dezember 2008 - 4 BN 26.08 - BRS 73 Nr. 91 Rn. 3).

13

Dem Oberverwaltungsgericht lagen Lichtbilder aus dem Eilverfahren und dem Hauptsacheverfahren vor, ferner Planunterlagen. Die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit diese Unterlagen unzureichend gewesen sein sollten. Dass die Verhältnisse auf den Grundstücken beengt sind, hat das Oberverwaltungsgericht erkannt und gewürdigt (UA S. 11 f.) und hinsichtlich der Besonnung, Belichtung und Belüftung auf die bloße Eingeschossigkeit des Anbaus und den von der Klägerin errichteten Sichtschutz verwiesen (UA S. 13). Welche weiteren Erkenntnisse sich die Klägerin von einer Ortsbesichtigung verspricht, legt sie nicht substantiiert dar.

14

2. Die Klägerin zeigt auch keinen Verfahrensfehler mit der Rüge auf, das Oberverwaltungsgericht hätte aufklären müssen, ob es sich bei dem Anbau um einen unbeheizten Wintergarten oder eine beheizte Wohnraumerweiterung gehandelt habe, weil im letztgenannten Fall die Privilegierung nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 LBauO RP nicht eingreife und daher Abstandsflächen nach § 8 Abs. 1 LBauO RP einzuhalten seien. Maßgeblich für die Frage, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn dieser rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>). Das Oberverwaltungsgericht hat aber nicht angenommen, dass der streitgegenständliche Anbau wegen § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 LBauO RP keine Abstandsflächen einhalten müsse, sondern hat seine Annahme auf § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBauO RP gestützt. Dass es mit Blick auf diese Norm auf die Nutzung und Ausstattung des Anbaus ankommen könnte, legt die Beschwerde nicht dar.

15

3. Der Vorwurf der Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe den Umfang des Vorhabens unberücksichtigt gelassen, zeigt keinen Verfahrensfehler auf, sondern wendet sich gegen die Anwendung nicht revisiblen Landesrechts. Dies kann nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen. Dass es zur Feststellung der baulichen Maße des Anbaus und der Grundstücksgröße einer Ortsbesichtigung bedurft haben könnte, legt die Beschwerde nicht einmal im Ansatz dar.

16

Von einer weiteren Begründung, namentlich zur Beschwerdebegründung in dem Schriftsatz vom 11. November 2014, sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 12. November 2012 wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen am 20. März 2012 im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung zur Erweiterung eines Einfamilienhauses (Anbau) für das Grundstück FlNr. 12874/97 der Gemarkung M. (G-straße ...).

1. Die Kläger sind Eigentümer des östlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks FlNr. 12874/96 (G-straße ...) sowie Miteigentümer des südlich angrenzenden Wegegrundstücks FlNr. 12874/15 (Privatweg). Das Bestandsgebäude der Beigeladenen sowie das Bestandsgebäude der Kläger wurden ursprünglich mit Genehmigung vom 2. Februar 1934 als sogenannte Vierspänner-Siedlung Block I (G-straße ... und ...) genehmigt. Insgesamt besteht die Anlage aus drei aneinandergebauten Blöcken mit je vier aneinandergebauten Hauseinheiten auf jeweils eigenständigen Grundstücken. Die sogenannten Vierspänner-Häuser weisen jeweils im Zentrum einen kleinen Innenhof auf. Die Häuser der Beigeladenen und der Kläger bilden den südlichen Abschluss der zur G-straße hin eine Gesamtlänge von ca. 48 m aufweisenden Hausgruppe. Diese beiden Gebäude wiesen als Besonderheit einen erdgeschossigen Anbau nach Süden hin auf. Dabei war im Kellergeschoß der Beigeladenen eine Garage mit Zufahrt vom Süden und im Kellergeschoß der Kläger ein Kellerraum genehmigt. Im jeweiligen Erdgeschoß befindet sich ein Zimmer. Darauf ist eine Dachterrasse mit Pergola eingezeichnet. Mit Baugenehmigung vom 11. April 1960 wurde für das Kellergeschoss der Beigeladenen ein Umbau dahingehend genehmigt, dass der Garagenraum in eine Garage sowie eine Schleuse aufgeteilt wurde. Die Zufahrt war weiterhin von Süden vorgesehen. Mit Baugenehmigung vom 9. Dezember 1991 wurde im Süden ein grenzständiger Anbau an das Gebäude der Beigeladenen genehmigt. Der bisherige Garagenraum wurde zu einem Kellerraum. Der Anbau im Kellergeschoss enthält eine neue Garage mit einer Zufahrt über eine Rampe von Westen her. Zur gemeinsamen Grenze von Beigeladener und Kläger hin weist der grenzständige Garagenanbau eine Höhe von ca. 2,70 m auf. Davon befinden sich ca. 1,60 m unterhalb der eingezeichneten natürlichen Geländeoberfläche sowie ca. 1,10 m oberhalb der eingezeichneten Geländeoberfläche.

Auf dem Grundstück der Kläger wurde mit Baugenehmigung vom 4. Juni 1991 der ursprüngliche erdgeschossige Anbau um ein erstes Obergeschoss mit Tonnendach erweitert, in welchem sich zwei Kinderzimmer mit einem Südbalkon befinden. Eine geplante Außentreppe vom Balkon in den Garten wurde nicht genehmigt. Im Zusammenhang mit dieser Baugenehmigung hat die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen schriftlich erklärt, sie werde eine eventuelle Terrassenaufstockung im ersten Stock profilgleich mit der Aufstockung der Kläger vornehmen.

Für das Baugrundstück besteht ein übergeleiteter Baulinienplan, welcher eine Straßenbegrenzungslinie sowie eine vordere Baugrenze festsetzt. Weitergehende bauplanungsrechtliche Festsetzungen gibt es nicht.

Am 18. April 2011 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für einen Anbau an das bestehende Einfamilienhaus. Die bisher überwiegend unterirdische Garage soll durch einen Neubau ersetzt werden. Der Bestand wurde entgegen der Baugenehmigung nicht grenzständig ausführt, sondern hält bereits jetzt einen Abstand von ca. 0,86 m von der südlichen Grundstücksgrenze ein. Im Untergeschoss ist ein privates Arbeitszimmer vorgesehen. Im Erdgeschoss soll ein Schlafzimmer entstehen. Zur östlichen Grundstücksgrenze hin wird der Neubau grenzständig mit einer Brandwand ausgeführt. Er weist dabei eine Länge von ca. 4,23 m sowie eine Höhe von 2,75 m zum Grundstück der Kläger hin auf.

Die Beklagte genehmigte das Bauvorhaben im vereinfachten Genehmigungsverfahren mit Bescheid vom 20. März 2012. Hinsichtlich der von den Klägern vorgetragenen Einwände im Baugenehmigungsverfahren führte die Beklagte im Bescheid aus, das Vorhaben sei nach § 34 BauGB zu beurteilen. Im Rahmen der hinsichtlich des Rücksichtnahmegebots zu treffenden Abwägung sei festzustellen, dass sich das Bauvorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfüge. Südlich an der G-straße seien Gebäudelängen einer geschlossenen Bebauung von mehr als 60 m zu finden. Mit dem beantragten Anbau erlange der Gesamtbaukörper der Vierspänner-Häuser eine Länge von ca. 53 m und liege damit hinsichtlich der Gebäudelänge unter den im Straßenverlauf vorhandenen Baukörperlängen. Das Bauvorhaben halte die gesetzlichen Abstandsflächen ein und gewährleiste damit für sich und seine Nachbarn eine ausreichende Zufuhr von Licht, Luft und Sonne. Eine eventuell entstehende Verschattung oder Einsichtnahme führe nicht zu einer rücksichtslosen oder unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzung des Nachbargrundstücks. Der Anbau sei in seiner Höhenentwicklung lediglich erdgeschossig mit Unterkellerung und habe zur Grundstücksgrenze eine Wandhöhe von 2,75 m bei einer Tiefe von ca. 4,23 m. Diese zum Nachbarn zeigende Wandfläche entspreche der andernorts üblichen und zulässigen Grenzgarage und sei nur geringfügig größer als eine ohnehin verfahrensfrei zulässige Terrassentrennwand zwischen Doppelhäusern (Art. 57 Abs. 1 Nr. 7c) BayBO). Das Bauvorhaben verändere den Gebietscharakter nicht. Das klägerische Grundstück verfüge nach Osten und Südosten über ausreichende Erholungsflächen, so dass eine zu erwartende Beeinträchtigung nicht ins Gewicht falle.

Der mit Schriftsatz vom 16. April 2012 erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. November 2012 statt und hob unter Zulassung der Berufung die Baugenehmigung vom 20. März 2012 auf. Nach Einnahme eines Augenscheins kam das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass das Bauvorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße, in dessen Rahmen die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze der „Doppelhaus-Rechtsprechung“ zur Anwendung kämen. Eine Prüfung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen sei im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht erforderlich. Aufgrund des Augenscheins komme das Gericht zum Ergebnis, dass eine offene Bauweise in der näheren Umgebung überwiege. Die „Doppelhaus-Rechtsprechung“ sei auch auf andere Hausgruppen anwendbar. Dies gelte auch für den planungsrechtlichen Innenbereich. Hier werde der Charakter der Hausgruppe durch den einseitigen Anbau aufgehoben. Es handle sich zudem nicht lediglich um Nebenanlagen sondern um eine Erweiterung des Hauptgebäudes.

2. Mit Schriftsatz vom 10. April 2013 legten die Bevollmächtigten der Beigeladenen Berufung ein und beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. November 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Beigeladene aus, § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO treffe zu vorderen und rückwärtigen Grundstücksgrenzen keine Aussage, sondern betreffe lediglich die seitliche Grundstücksgrenze von der Erschließungsstraße aus gesehen. Maßgeblich sei hier vielmehr das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche. Da lediglich eine vordere Baugrenze im übergeleiteten Baulinienplan festgesetzt sei und sich das Bauvorhaben innerhalb dieser Grenzen befinde, liege das Bauvorhaben eindeutig im Bereich der überbaubaren Grundstücksfläche. Es verstoße auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Es halte sich von der Höhenentwicklung im Rahmen einer zulässigen Grenzgarage. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf völlige Freihaltung des fraglichen Grundstücksteils. Das Verwaltungsgericht wende § 22 Abs. 2 BauNVO quasi doppelt sowohl auf die seitliche als auch die rückwärtige Grundstücksgrenze an. Das Vorhaben entspreche der offenen Bauweise, da es einen seitlichen Grenzabstand aufweise. Auch bei Anwendung des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO sei das Vorhaben zulässig. In den drei vorhandenen Vierspänner-Hausgruppen gebe es bereits mehrere vergleichbare Anbauten. Das Gegenseitigkeitsverhältnis sei bereits durch die Aufstockung seitens der Kläger erheblich gestört. Auf dem Grundstück der Beigeladenen habe sich schon früher eine Rampe zur damals im Untergeschoss liegenden Garage befunden, welche den südlichen Gebäudeteil freigelegt habe. Auch dadurch sei der Charakter der Hausgruppe von Anfang an schon beeinträchtigt gewesen.

Die Bevollmächtigten der Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Einwendungen der Beigeladenen gingen ins Leere, denn bei der vorhandenen Vierspänner-Hausgruppe komme es im Hinblick auf die „Doppelhaus-Rechtsprechung“ sowohl auf die seitliche als auch auf die rückwärtige Grenzbebauung an. Das Rücksichtnahmegebot beziehe sich auf die Verträglichkeit der Bauweise im Nachbarschaftsverhältnis aufgrund des wechselseitigen Bezugs der Vierspänner-Häuser. Das Bauvorhaben der Beigeladenen füge sich in mehrfacher Hinsicht nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB ein. Die Grenzen der offenen Bauweise würden überschritten. Zudem würde die rückwärtige Grenze ohne wechselseitiges Pendant erstmals bebaut. Der einseitige Grenzanbau würde die Verhältnisse innerhalb der Hausgruppe sprengen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe hier die Beklagte im Bescheid selbst den Prüfungsrahmen erweitert und die Abstandsflächen geprüft. Diese seien jedoch nicht eingehalten.

Die Beklagte stellt keinen Antrag. Die erteilte Baugenehmigung verletze jedoch keine Nachbarrechte der Kläger. Es herrsche in der Umgebung eine diffuse Bebauung. Zudem sei unklar, ob die hier vorhandenen Vierspänner-Hausgruppen der offenen Bauweise eindeutig zuzuordnen seien. Selbst bei Anwendung der „Doppelhaus-Rechtsprechung“ ergebe sich keine Rechtsverletzung der Kläger, da die beiden Häuser auch nach dem Anbau sich noch als Einheit darstellten. Das Verwaltungsgericht lasse den Umstand unberücksichtigt, dass das klägerische Grundstück bereits über eine zweigeschossigen Anbau mit Tonnendach verfüge, wohingegen die Beigeladene an selber Stelle nur einen eingeschossigen Anbau mit Flachdach und Dachterrasse habe.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag. Auf seine Ausführungen wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschriften über den Augenschein vom 11. November 2014 und die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2014 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beigeladenen (§ 124 VwGO) ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Die Baugenehmigung der Beklagten vom 20. März 2012 verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Das Verwaltungsgericht hat die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zu Unrecht aufgehoben. Es hätte die Klage abweisen müssen, weil die Baugenehmigung die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt. Die Kläger können als Nachbarn die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch ihrem Schutz dienen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen bestimmt sich nach § 30 Abs. 3, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

Die angefochtene Baugenehmigung verletzt weder unter Berücksichtigung der Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris; OVG NRW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris) noch aus anderen Gründen das nachbarschützende planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

a) In diesem Zusammenhang bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob die Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris) auf den vorliegenden Fall Anwendung finden, denn selbst wenn von einer Anwendbarkeit zugunsten der Kläger ausgegangen wird, liegt ein Verstoß nicht vor.

aa) Das Bundesverwaltungsgericht (vgl. U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris) hat zwischenzeitlich abschließend geklärt, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze zur Doppelhausrechtsprechung auch im in offener Bauweise bebauten unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB grundsätzlich zur Anwendung kommen können. Ein Doppelhaus im Sinn des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengeführt werden. Kein Doppelhaus bilden hingegen zwei Gebäude, welche sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbstständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris; U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355).

Vorliegend geht das Erstgericht nach Einnahme eines Augenscheins sowie aufgrund der Lagepläne davon aus, dass die nähere Umgebung überwiegend durch eine „offene Bauweise“ geprägt ist. Die Vierspänner-Siedlung Block I, in welcher sich die Gebäude der Kläger sowie der Beigeladenen befinden, weist eine Gesamtlänge von 48 m auf. Der sich im Norden anschließende Block II der Vierspänner-Siedlung weist eine ähnliche Dimension auf. In der näheren Umgebung befinden sich überwiegend Einzelgebäude - teilweise als Mehrfamilienhäuser ausgestaltet - und Doppelhäuser. Lediglich das Gebäude am T-platz 1 - 4 überschreitet mit einer Länge von 61 m die heute nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO zulässige Gesamtlänge einer Hausgruppe von 50 m. Insoweit muss jedoch von einem sogenannten Ausreißer ausgegangen werden. Der Senat neigt ebenfalls zur Annahme einer offenen Bauweise. Es bedarf aber insoweit keiner abschließenden Entscheidung, da im Ergebnis auch bei Zugrundelegung der Doppelhausrechtsprechung zugunsten der Kläger kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vorliegt (s. u. Ziffer 1. a) cc)).

Zwar wird mit dem Bauvorhaben der Beigeladenen die nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO zulässige Gesamtlänge des Baukörpers überschritten, darauf können sich die Kläger als Nachbarn jedoch nicht berufen (vgl. NdsOVG, U. v. 11.4.1997 - 1 L 7286/95 - juris). Denn mit dieser Längenbegrenzung soll lediglich sichergestellt werden, dass die seitlichen Grenzabstände noch ihre städtebauliche Funktion erfüllen können, indem sie als die Bebauung gliedernde und auflockernde Elemente wahrgenommen werden. Ein Nachbarschutz wird dadurch jedoch nicht vermittelt.

bb) § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO nennt neben den Einzelhäusern und den Doppelhäusern die Hausgruppen. Eine Hausgruppe besteht aus mindestens drei auf benachbarten Grundstücken stehenden Gebäuden, die durch Aneinanderbauen an den gemeinsamen Grundstücksgrenzen zu einer Einheit zusammengefügt werden und deren Kopfhäuser einen seitlichen Grenzabstand einhalten (vgl. BayVGH, B. v. 22.3.2010 - 15 CS 10.355 - juris).

Eine Hausgruppe im klassischen Sinn ist eine Gruppe von Reihenhäusern. Der Begriff der Hausgruppe ist jedoch insoweit auch für andere Bauformen offen. Die oben genannte Definition beschränkt den Begriff einer Hausgruppe dabei gerade nicht auf das Aneinanderbauen an der jeweils seitlichen Grundstücksgrenze. Lediglich die Frage der offenen Bauweise regelt sich über die Stellung der Gebäude in Bezug auf die seitlichen Grundstücksgrenzen, welche von der das jeweilige Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen ist (vgl. VGH BW, B. v. 4.10.2007 - 8 S 1447/07 - VBlBW 2008, 272). Eine Hausgruppe kann daher durchaus auch aus Sonderformen wie den hier sowohl seitlich als auch rückwärtig aneinander gebauten Vierspänner-Häusern bestehen. Der für die offene Bauweise nötige seitliche Grenzabstand ist auch in diesem Fall von der G-straße als Erschließungsstraße aus zu beurteilen. Die Kopfhäuser im Süden bestehend aus dem klägerischen Gebäude sowie dem Gebäude der Beigeladenen müssen daher einen seitlichen Grenzabstand nach Süden einhalten. Entsprechend gilt dies für die Kopfhäuser im Norden (Hausnummern 75 und 77). Dies ist vorliegend jedoch der Fall.

cc) Für die Frage, wann von einer solchen Einheit bei einem Anbau an eine Hausgruppe noch auszugehen ist, kann auf die Grundsätze zum Doppelhaus zurückgegriffen werden. Demnach liegt eine bauliche Einheit vor, wenn die einzelnen Gebäude einen harmonischen Gesamtkörper bilden, der nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt. Dies bedeutet zwar nicht, dass die einzelnen Häuser gleichzeitig und deckungsgleich errichtet werden müssen. Ein einheitlicher Gesamtbaukörper kann auch noch vorliegen, wenn zum Beispiel aus gestalterischen Gründen die gemeinsame vordere und rückwärtige Außenwand des einheitlichen Baukörpers durch kleinere Vor- und Rücksprünge aufgelockert wird (vgl. BayVGH, U. v. 9.2.1999 - 14 B 96.2272 - juris). Zu fordern ist jedoch, dass die einzelnen Gebäude - quantitativ - zu einem wesentlichen Teil und - qualitativ - in wechselseitig verträglicher und „harmonischer“ Weise aneinandergebaut sind (vgl. BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355; BayVGH, B. v. 22.3.2010 - 15 CS 10.355 - juris; OVG NRW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris). Im System der offenen Bauweise ordnet sich ein aus mehreren Gebäuden zusammengefügter Baukörper nämlich nur ein, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Zugunsten der Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit wird auf Grenzabstände verzichtet, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen. Diese enge Wechselbeziehung begründet ein nachbarliches Austauschverhältnis, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf. In welchem Umfang vor diesem Hintergrund ein vorderer oder rückwärtiger Versatz möglich ist, ohne das nachbarliche Austauschverhältnis aus dem Gleichgewicht zu bringen oder die „harmonische Beziehung“, in der die einzelnen Gebäude zueinander stehen müssen, in Frage zu stellen, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355; BayVGH, B. v. 10.11.2000 - 26 CS 99.2102 - juris; OVG NRW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris). Quantitativ sind dabei insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe und -breite sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen zu berücksichtigen. Qualitativ kommt es unter anderem auch auf die Dachgestaltung und die sonstige Kubatur des Gebäudes an. Ein einheitlicher Baukörper kann jedenfalls dann nicht mehr angenommen werden, wenn sich auch nur eines der genannten quantitativen Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheidet (vgl. OVG NRW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt auch nach Errichtung des von der Beigeladenen geplanten Anbaus noch ein einheitlicher Baukörper vor, welcher das nachbarliche Austauschverhältnis nicht aus dem Gleichgewicht bringt und die „harmonische Beziehung“ der Gebäude zueinander nicht in Frage stellt. Der geplante Anbau weist entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Länge von ca. 4,23 m auf. Der vorhandene aus den 1930er Jahren stammende Original-Baukörper bestehend aus zweigeschossigem Hauptgebäude und erdgeschossigem Anbau mit Dachterrasse besitzt entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze hingegen ebenso wie das klägerische Bestandsgebäude eine Länge von 11,94 m. Der unterkellerte Neubau wird eine Höhe von 2,75 m zum Grundstück der Kläger hin erreichen, während der originäre Anbau eine Höhe von etwas unter 4 m inklusive Brüstung der Dachterrasse und das zweigeschossige Hauptgebäude ca. 5,40 m Traufhöhe aufweisen. Allein diese Maße zeigen, dass der geplante Anbau hinter allen Maßen des bisherigen Bestands zurückbleibt bzw. diese um deutlich weniger als die Hälfte überschreitet. Damit muss das oberirdische Brutto-Raumvolumen des Anbaus nicht mehr berechnet werden, da dieses zwangsläufig ebenfalls weniger als die Hälfte des Maßes des Bestands betragen wird. Auch hinsichtlich der Geschossigkeit ordnet sich der geplante Anbau dem vorhandenen Bestand unter. Diese Unterordnung wird durch die vorhandene Aufstockung des klägerischen Anbaus auf zwei Geschosse mit Tonnendach in ihrer Wirkung noch verdeutlicht. Auch qualitativ liegt eine entsprechende Unterordnung vor. Der geplante Anbau tritt in seiner Kubatur eher als typischer Garagenanbau in Erscheinung und schließt mit seinem Flachdach auch in der Dachform an den bestehenden Anbau mit Dachterrasse an. Zwar handelt es sich hinsichtlich der Art der Nutzung nicht um ein klassisches Nebengebäude wie eine Garage oder ein Gartenhaus. Geplant ist vielmehr eine Wohnnutzung, also eine Erweiterung der bestehenden Hauptnutzung. Darauf kommt es aber im Rahmen der qualitativen Merkmale nicht entscheidend an. Denn gerade in Fällen von Anbauten an bestehende Hausgruppen handelt es sich in der Regel um eine Erweiterung der Hauptnutzung, z. B. in Form eines Wintergartens (vgl. OVG NRW, U. v. 19.7.2010 - 7 A 44/09 - NVwZ-RR 2010, 911). Entscheidend ist, dass der Charakter der Hausgruppe noch gewahrt wird.

b) Auch im Übrigen erkennt der Senat keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründen, wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten der Kläger hier nicht vor. Zur Seite der Kläger weist der erdgeschossige Anbau eine Länge von ca. 4,23 m und eine Höhe von 2,75 m auf. Dies entspräche etwa einer an der Grundstücksgrenze zulässigen Grenzgarage gemäß Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO. Auch ein nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a) BayBO verfahrensfreier Sichtschutzzaun kann eine Höhe von bis zu 2 m an der Grundstücksgrenze aufweisen. Angesichts seiner Dimensionen ist eine erdrückende Wirkung des geplanten Bauvorhabens somit nicht denkbar. Da das Grundstück der Kläger insbesondere nach Osten und Süden noch größere Freiflächen aufweist, ist auch nach Errichtung des geplanten Anbaus eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung des klägerischen Grundstücks gewährleistet. Die Grenzwand zum klägerischen Grundstück ist zudem als Brandwand ausgestaltet, so dass auch insoweit keine Beeinträchtigungen durch die Nutzung des Anbaus auf das klägerische Grundstück zu erwarten sind. Zudem ist nicht geplant, dass beispielsweise die auf dem vorhandenen Altbestand befindliche Dachterrasse auf den neuen Anbau ausgedehnt werden soll. Der Einblick in das klägerische Grundstück vom Grundstück der Beigeladenen aus bleibt damit unverändert.

Die schriftliche Erklärung der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 27. Februar 1991, sofern dieser überhaupt eine Bedeutung zukommt, beträfe lediglich den Fall einer Aufstockung des vorhandenen Anbaus („eventuelle Terrassenaufstockung“), welche dann im ersten Stock profilgleich vorgenommen werden müsste. Die Frage eines weiteren Anbaus wird darin jedoch nicht angesprochen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung ihres grenzständig errichteten Wohnhauses.

2

Der Kläger und die Beigeladenen sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Abgesehen von einer Baustufenordnung fehlen bauplanerische Festsetzungen. Auf dem Grundstück der Beigeladenen wurde 1967 grenzständig zum Grundstück des Klägers ein zweigeschossiges Wohnhaus mit traufständigem Satteldach (30°) und einer Wohnfläche von 127,93 qm errichtet; das Gebäude ist etwa 9 m tief und 9 m breit. Hinzu treten eine zum nordöstlich liegenden Nachbargrundstück grenzständige Garage sowie ein Wintergarten im hinteren Grundstücksteil. Das Grundstück des Klägers wurde 1983 grenzständig zum vorhandenen Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen mit einem zweigeschossigen Wohngebäude mit traufständigem Satteldach (35°) bebaut. Dieses Gebäude verfügt über eine Wohnfläche von etwa 177 qm und trat sowohl zur Straßen- als auch zur Gartenseite um 1 m gegenüber dem Gebäude der Beigeladenen vor. Seine Firsthöhe liegt etwa 1,50 m höher als bei dem Gebäude der Beigeladenen.

3

Der angegriffene Bescheid der Beklagten genehmigt den Umbau und die Erweiterung des Gebäudes der Beigeladenen durch eine straßenseitige Erweiterung des Bestandsgebäudes mit einem zum Grundstück des Klägers hin grenzständigen, zweigeschossigen und 5 m tiefen Anbau, der gegenüber dem Gebäude des Klägers um 4 m hervortritt, mit einem Satteldach und einer Dachneigung von 30°. Die Giebelseite des Anbaus ist zur Straße ausgerichtet. Am Standort des früheren Wintergartens ist ein an die Garage angebauter Abstellraum mit einem gemeinsamen Satteldach vorgesehen.

4

Die gegen den Bescheid gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verstößt die angefochtene Baugenehmigung nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, insbesondere nicht gegen die Anforderungen der "Doppelhausrechtsprechung" des Bundesverwaltungsgerichts. Die beiden Gebäude bildeten auch nach dem genehmigten Umbau ein Doppelhaus. Maßgeblich seien sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte. Im Interesse einer möglichst rechtssicheren Handhabung sei ein einheitlicher Baukörper unter den quantitativen Aspekten Geschossigkeit, Bautiefe und Gebäudehöhe der grenzständigen Gebäudeteile sowie des oberirdischen Brutto-Raumvolumens im Regelfall nicht mehr anzunehmen, wenn sich nur eines der genannten Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide. Diesen Rahmen wahre das Bauvorhaben der Beigeladenen. Auch qualitative Gesichtspunkte sprächen nicht gegen ein Doppelhaus. Das Haupthaus der Beigeladenen und das Haus des Klägers wiesen identische Dachformen und Neigungen auf. Die Firste beider Gebäude seien parallel zur Straße ausgerichtet. Auch der Anbau trage ein Satteldach. Dessen abweichende Ausrichtung sei dem Orts- und Stadtbild geschuldet. Durch den Anbau schließe das Haus zur Bauflucht des nordöstlich gelegenen Nachbargebäudes auf. Die Gebäude des Klägers und der Beigeladenen würden so optisch in die übrige Bebauung integriert. Das Gebot der Rücksichtnahme werde ferner weder durch eine Verschattung des klägerischen Wohnzimmers verletzt noch wirke der genehmigte Bau erdrückend. Beeinträchtigungen durch Regenwasser und Schneebretter seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen. Abstandflächenrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Fortentwicklung der Grundsätze der Rechtsprechung zum planungsrechtlichen Begriff des Doppelhauses zugelassen. Von diesem Rechtsmittel hat der Kläger Gebrauch gemacht. Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das Urteil.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht ist unter Anlegung bundesrechtswidriger Maßstäbe (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Baugenehmigung Rechte des Klägers nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

7

1. Die Annahmen des Oberverwaltungsgerichts zum Außerkrafttreten der Baustufenordnung der Stadt D. und zum Prüfungsumfang eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 68 BauO NW beruhen auf der Auslegung irrevisiblen Landesrechts und unterliegen keiner revisionsgerichtlichen Prüfung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO).

8

2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, das genehmigte Vorhaben sei weder wegen seines Schattenwurfs noch wegen einer erdrückenden Wirkung dem Kläger gegenüber rücksichtslos.

9

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies ist der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bebauung fehlt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.>). Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen geprüft und als Tatgericht verneint. Dies ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

10

3. Das Berufungsurteil verletzt demgegenüber Bundesrecht, soweit es einen Verstoß gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme "im Hinblick auf die auch im unbeplanten Innenbereich anwendbare Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts" verneint hat.

11

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann vorliegen, wenn sich ein Vorhaben entgegen § 34 Abs. 1 BauGB nach den dort genannten Merkmalen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Maßgebend für den Verstoß gegen Rechte eines Nachbarn ist insoweit, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 21 m.w.N.). Der Senat hat diese Aussagen für Doppelhäuser konkretisiert: Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, so fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Ls. 1). Diesen Rechtsgrundsatz legt das Oberverwaltungsgericht zugrunde, wenn es - stark verkürzend - auf die "Doppelhausrechtsprechung im unbeplanten Innenbereich" (UA S. 8 f.) verweist.

12

a) Das Oberverwaltungsgericht durfte ohne Verstoß gegen Bundesrecht bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 BauGB die Vorschriften der Baunutzungsverordnung als Auslegungshilfe heranziehen. Sie definieren, was die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen. Aus diesem Grund kann im unbeplanten Innenbereich auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgegriffen werden, um Vorhaben zu würdigen (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 12; Lemmel, in: FS Schlichter, 1995, S. 353 <355 f.>). Hieran hält der Senat fest. Der Revision ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber nicht an die Begriffe der Baunutzungsverordnung gebunden ist und § 34 BauGB in seinem Absatz 1 anders als in Absatz 2 auf die Baunutzungsverordnung nicht Bezug nimmt. Angesichts des Wortlauts des § 34 Abs. 1 BauGB liegt jedoch die Annahme fern, der Gesetzgeber habe den dort verwendeten Begriffen eine von den Begriffen der Baunutzungsverordnung abweichende Bedeutung zumessen wollen. Auch die Revision benennt hierfür keinen Anhaltspunkt.

13

b) Das Oberverwaltungsgericht hat offengelassen, ob der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche Rahmen der näheren Umgebung durch Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gebildet wird oder ob eine Gemengelage verschiedener Bauweisen vorliegt. Bundesrechtlich war ihm diese Vorgehensweise nicht versperrt. Ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebende Umgebung einer Bebauung in offener Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO entspricht oder mit Blick auf dieses Merkmal eine "Gemengelage" vorliegt, bedarf keiner Entscheidung, wenn das Gesamtgebäude auch nach Ausnutzung der Genehmigung ein Doppelhaus ist. Denn in beiden Fällen wäre der Bauweise nach ein Doppelhaus zulässig. Hiervon geht das Oberverwaltungsgericht zutreffend aus (UA S. 9). Es legt seiner tatrichterlichen Würdigung aber einen bundesrechtswidrigen Begriff des Doppelhauses zugrunde.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat für das Vorliegen eines Doppelhauses quantitative und qualitative Aspekte betrachtet. Unter den quantitativen Aspekten der Geschossigkeit, der Bautiefe, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens könne ein Doppelhaus im Regelfall nicht mehr angenommen werden, wenn sich auch nur eines dieser Merkmale bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte unterscheide (UA S. 10). Es müsse auch in qualitativer Hinsicht der Charakter eines Doppelhauses gewahrt bleiben. Diese Anforderungen versteht das Oberverwaltungsgericht nach den weiteren Ausführungen nicht als notwendige, sondern als hinreichende Bedingungen für das Vorliegen eines Doppelhauses, die getrennt voneinander zu prüfen sind. Wann das Fehlen eines Regelfalls zu einem anderen Ergebnis führen kann, bleibt offen. Dieses Begriffsverständnis ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

15

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <360>). Hieran hält der Senat fest. Auch für die weiteren vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen quantitativen Kriterien ist eine mathematisch-prozentuale Festlegung nicht möglich.

16

Der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO verlangt, dass das Doppelhaus ein Gebäude mit seitlichem Grenzabstand ist. Zwei selbständige Baukörper, die sich an der Grenze berühren, aber praktisch allseitig freistehend sind, bilden kein Doppelhaus (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <358 f.>). Der Begriff des Doppelhauses hat dabei vom Ziel der offenen Bauweise auszugehen. Leitbild ist ein Haus, das nach beiden Seiten mit Grenzabstand errichtet wird und so einen Vorgarten mit einem Hausgarten verbindet (Boeddinghaus, in: Boeddinghaus/Grigoleit, BauNVO, 6. Aufl. 2014, § 22 BauNVO Rn. 17). Die grundsätzlich nach beiden Seiten geforderten Grenzabstände sollen dabei als die Bebauung gliedernde und auflockernde Elemente wahrgenommen werden (König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 22 Rn. 17). Ein einseitig grenzständiger Bau fügt sich in dieses System nur ein, wenn das gegenseitige Abstandsgebot an der Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359>).

17

Der vom Oberverwaltungsgericht gewählte mathematisch-prozentuale Ansatz trägt dem nicht Rechnung. Allerdings liegt es nahe, bei der Gebäudehöhe ein Verhältnis als Ausgangspunkt zu wählen, weil dieses nach außen besonders sichtbar wird. Eine gemeinsame Gebäudehöhe ist für das Maß der Übereinstimmung beider Gebäude deshalb von besonderer Bedeutung. Für eine feste oder indizielle Grenze von 50 % fehlt indes jeder Anhalt. Bei der Bautiefe liegt es anders: Ob ein Versprung durch unterschiedliche Bautiefen den Eindruck eines gemeinsamen Baukörpers aufhebt und das Grenzgrundstück abriegelt, hängt nur zum Teil davon ab, auf welcher Länge die Gebäude aneinander gebaut sind, namentlich, wenn die Länge der gemeinsamen Wand nicht sichtbar ist. Es sind regelmäßig weitere Kriterien in Betracht zu ziehen, etwa die Höhe der einseitig grenzständigen Wand sowie die Frage, ob der Versprung in voller Länge auf einer Gebäudeseite auftritt oder in jeweils geringerem Maße Vorder- und Rückseite belastet. Diese Einwände sprechen auch gegen einen mathematisch-prozentualen Maßstab beim oberirdischen Brutto-Raumvolumen, weil dieses durch Gebäudehöhe und Bautiefe maßgeblich mitbestimmt wird. Schließlich macht es für das Maß an hinnehmbarer Abweichung keinen Unterschied, ob die Gebäude ursprünglich übereinstimmend eingeschossig oder übereinstimmend zweigeschossig sind. Insoweit ist die Betrachtung eines Verhältnisses als Ausgangspunkt verfehlt.

18

Trotz des unzutreffenden rechtlichen Ansatzes verstößt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht gegen Bundesrecht, dass die quantitativen Kriterien jeweils für sich den Charakter eines Doppelhauses auch in der Gestalt der angegriffenen Genehmigung nicht aufheben. Dies liegt für die Kriterien der Geschossigkeit, der Gebäudehöhe und des oberirdischen Brutto-Raumvolumens auf der Hand. Hinsichtlich der Bautiefe gestatten die tatrichterlichen Feststellungen zum Schattenwurf und zur verneinten erdrückenden Wirkung den Schluss, dass der Charakter eines Doppelhauses insoweit noch gewahrt ist.

19

bb) Die tatrichterliche Würdigung der qualitativen Kriterien verstößt gegen Bundesrecht. Die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus hängt nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 16). Es geht um eine spezifische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <361>), die darin liegt, dass das Doppelhaus den Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung nicht stört, eben weil es als ein Gebäude erscheint. Es kommt also für die Frage, ob grenzständige Gebäude ein Doppelhaus bilden, auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude an (so für eine Hausgruppe auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2015 - 4 B 65.14 - juris Rn. 6). Diesen Blick hat sich das Oberverwaltungsgericht verstellt, als es für die Würdigung der unterschiedlichen Dachausrichtung nicht das Gebäude des Klägers in den Blick genommen, sondern jedenfalls auch für maßgeblich gehalten hat, dass der Anbau zur Bauflucht des Hauses auf dem zur anderen Seite benachbarten Grundstück aufschließe und so optisch in die übrige Bebauung integriert werde.

20

cc) Schließlich verstößt das angegriffene Urteil gegen Bundesrecht, weil es an der gebotenen Gesamtwürdigung des Einzelfalls fehlt.

21

Qualitative und quantitative Kriterien dürfen nicht nur isoliert betrachtet werden: Denn es ist ebenso denkbar, dass größere quantitative Abweichungen bei deutlich einheitlicher Gestaltung hingenommen werden können, wie es vorstellbar ist, dass eine deutlich abweichende Gestaltung in ihrer Wirkung gemildert wird, weil die Gebäudeteile in quantitativer Hinsicht stark übereinstimmen. Eine isolierte Betrachtung vernachlässigt auch, dass Fälle denkbar sind, in denen erst das Zusammenwirken quantitativer und qualitativer Kriterien den Charakter eines Doppelhauses entfallen lässt. Das Oberverwaltungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob insbesondere der Unterschied in der Bautiefe zusammen mit der abweichenden Gestaltung des Anbaus in ihrem Zusammenwirken den Charakter eines Doppelhauses aufheben.

22

4. Die Auslegung der Regelungen zur Abstandfläche in § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. b BauO NRW ist revisibel, soweit die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Doppelhausbebauung in Rede steht, weil die landesrechtliche Norm an die bundesrechtliche Regelung lediglich anknüpft (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 4. November 1976 - 5 C 73.74 - BVerwGE 51, 268 <273> und vom 7. Juni 2006 - 4 C 7.05 - BRS 70 Nr. 84 S. 449 f.; zum Begriff des Doppelhauses bei Auslegung des § 6 Abs. 1 BauO NW vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2012 - 4 B 42.11 - BRS 79 Nr. 95 Rn. 8). Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen Bundesrecht vor, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt.

23

5. Der Bundesrechtsverstoß zwingt zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO) zur Klärung der Fragen, ob das Gesamtgebäude nach dem Umbau weiterhin ein Doppelhaus bildet und - verneinendenfalls - ob die maßstabsetzende Bebauung nach der Bauweise eine einseitig grenzständige Bebauung nur in Form eines Doppelhauses zulässt.

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Auf die Verfahrensrügen kommt es nicht an. Sie könnten, ihre Begründetheit unterstellt, ebenfalls nur zur Zurückverweisung führen. Zur Forderung der Revision, der Senat des Oberverwaltungsgerichts habe den Augenschein in voller Besetzung einholen müssen, weist der Senat aber auf Folgendes hin: Für die Frage, ob ein Gericht nach § 96 Abs. 2 VwGO schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen kann, gelten die Kriterien für die Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren nach § 87 Abs. 3 Satz 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. April 1994 - 1 B 14.94 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 54 S. 2 f.). Es kommt darauf an, dass von vornherein anzunehmen ist, dass das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag. Dies gilt auch für Ortsbesichtigungen (BVerwG, Beschluss vom 15. August 1997 - 4 B 130.97 - Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 9 S. 2). Dass nach diesen Maßstäben eine Ortsbesichtigung durch den Senat des Oberverwaltungsgerichts erforderlich sein könnte, hat die Revision nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 2014 - 7 B 27.14 - NVwZ-RR 2015, 94 Rn. 6).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.