Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. März 2017 - 12 CE 17.507
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die der Kläger in der Zeit vom 24. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 bzw. ab dem 1. Mai 2014 für die in Afghanistan geborenen und unbegleitet in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten afghanischen Staatsangehörigen I. -S. T. , geb. am 5. September 1998, und N. T1. , geb. am 6. März 1999, aus Mitteln der Kinder- Jugendhilfe aufgewendet hat.
3Am Freitag, dem 24. Mai 2013, wurden die genannten Jugendlichen gemeinsam mit einer dritten Person im Zug - Regionalexpress 4986 - auf der Fahrt von Bamberg nach Lichtenfels, auf Höhe Lichtenfels, polizeilich kontrolliert. Da sie keinerlei Identitätspapiere mit sich führten, übergaben die Polizeibeamten sie der Polizeiinspektion Lichtenfels zur weiteren Sachbearbeitung. Hier gaben die Jugendlichen unter anderem an, aus Afghanistan nach Deutschland gereist zu sein und Asyl beantragen zu wollen. Daraufhin wurden sie nach Rücksprache mit der Ausländerbehörde des Landkreises Lichtenfels von Beamten der Polizeiinspektion Lichtenfels zur Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Zirndorf, Landkreis Fürth, gefahren. Dort wurden die oben Genannten jedoch nicht aufgenommen, weil sie das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Daher wurden sie von den Polizeibeamten zum Kinder- und Jugendnotdienst (Jugendschutzstelle) in O. gebracht, wo sie aufgenommen wurden. Am Montag, dem 27. Mai 2013, informierten die Polizeiinspektion, die Ausländerbehörde und die Jugendschutzstelle in O. das Jugendamt des Klägers – Sachgebiet Jugend und Familie – über den Sachverhalt.
4Auf Antrag des Jugendamts des Klägers vom 28. Mai 2013 ordnete das Amtsgericht Lichtenfels mit Beschlüssen vom 29. Mai 2013 (Az. 001 F 204/13 und 001 F 205/13) für die genannten Jugendlichen die Vormundschaft an und bestellte jeweils das Landratsamt M. zum Vormund. Am 29. Mai 2013 wurden die Jugendlichen von Mitarbeitern des Jugendamts des Klägers in O. abgeholt und in der Jugendhilfeeinrichtung „E. am D. “ in I1. untergebracht.
5Unter dem 28. Juni 2013 beantragte das Landratsamt M. als Amtsvormund der Jugendlichen für diese jeweils ab dem 1. Juli 2013 Hilfe zur Erziehung in Form der stationären Unterbringung in der Jugendhilfeeinrichtung „E. am D. “ in I1. zu gewähren. Mit Bescheiden vom 31. Juli 2013 gewährte das Landratsamt M. für die Jugendlichen „ab 24. Mai 2013 Inobhutnahme gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII zunächst bis 28. Mai 2013 in der Jugendschutzstelle O. …, seit 29. Mai 2013 in der Einrichtung E. am D. …“. In der Begründung der Bescheide heißt es unter anderem: Die Zuständigkeit des Landratsamts M. für die Gewährung der Inobhutnahme sei darin begründet, dass die unbegleiteten afghanischen Jugendlichen im Zuständigkeitsbereich des Landkreises M. aufgegriffen und der tatsächliche Aufenthalt erstmals am selben Tag amtlich festgestellt worden sei. Mit Bescheiden vom 6. September 2013 stellte das Landratsamt M. die Inobhutnahme ein und setzte die mit den Bescheiden vom 31. Juli 2013 gesicherte Unterbringung der Jugendlichen zum 1. Juli 2013 im Rahmen der Heimerziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII fort.
6Auf Antrag des Landratsamts M. bestimmte das Bundesverwaltungsamt unter dem 11. Oktober 2013 für die genannten Jugendlichen den Beklagten als überörtlichen Träger der Jugendhilfe.
7Mit Schreiben vom 27. November 2013, beim Beklagten eingegangen am 2. Dezember 2013, bat das Landratsamt M. unter Beifügung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 11. Oktober 2013 den Beklagten, seine Kostenerstattungsverpflichtung anzuerkennen. In der Folgezeit, zuletzt unter dem 13. Februar 2014, lehnte der Beklagte eine Kostenerstattung ab. Zur Begründung gab er im Wesentlichen an: Eine Kostenerstattung komme nicht in Betracht, weil die Erfüllung der Aufgaben dem Achten Buch Sozialgesetzbuch widerspreche. Das Jugendamt M. habe am 24. Mai 2013 nicht über die Inobhutnahme der Jugendlichen entscheiden können, weil es zu diesem Zeitpunkt über die Anwesenheit der Jugendlichen nicht informiert gewesen sei. Vielmehr habe es erst am 27. Mai 2013 Kenntnis von der Anwesenheit der Minderjährigen erlangt. Da diese sich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich in O. aufgehalten hätten, sei der Kläger für eine Inobhutnahme der Jugendlichen örtlich nicht zuständig gewesen. Eine Inobhutnahme aufgrund nachträglicher Information und Entscheidung sei ausgeschlossen. Die polizeilichen Maßnahmen stellten keine dem Jugendamt zurechenbare Inobhutnahme dar. Für die ab dem 1. Juli 2013 gewährte Hilfe zur Erziehung sei der Kläger ebenfalls nicht örtlich zuständig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich die Jugendlichen bereits in I1. aufgehalten.
8Der Kläger hat am 26. Mai 2014 Klage erhoben.
9Er macht im Wesentlichen geltend: Es sei eine wirksame Inobhutnahme erfolgt. Nach den gesetzlichen Regelungen sei das Jugendamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Jugendliche erstmals aufgegriffen werde und das hiervon auch Kenntnis erlange. Dieses Jugendamt müsse von den ggf. beteiligten Stellen informiert werden, damit die Inobhutnahme und damit verbundenen Aufgaben durchgeführt werden könnten. Hier habe es die Polizei versäumt, am 24. Mai 2013 das Jugendamt M. zu informieren. Dieser Verfahrensfehler der Polizei könne nicht dazu führen, dass verschiedene Jugendämter erst die Zuständigkeit untereinander klären müssten und in letzter Konsequenz mitunter Ansprüche auf Kostenerstattung verwirkt würden. Wäre das Jugendamt einbezogen worden, wäre keine andere Entscheidung erfolgt, als die fachlich geeignete Unterbringung beider Jugendlicher. Unter dem Blickwinkel des bestmöglichen Schutzes von unbegleitet eingereisten Kindern und Jugendlichen sei der Ankunftsort das relevante Kriterium für die Beurteilung der Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers, weil dieses eindeutig zugeordnet werden könne. Nachdem die Jugendlichen in M. aufgegriffen worden seien, sei auch der Zuständigkeitsbereich des Sachgebiets Jugend und Familie M. gegeben gewesen. Da ihm die Kenntniserlangung erst am 27. Mai 2013 möglich geworden sei, sei die Inobhutnahme nachträglich genehmigt worden. Die Voraussetzungen für eine Inobhutnahme hätten von Anfang an vorgelegen. Der Schutz der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge habe bis zur Bestellung eines Vormunds nur im Rahmen der Inobhutnahme sichergestellt werden können. Selbst wenn die Inobhutnahme erst am 27. Mai 2013 erfolgt sein sollte, wäre der Beklagte verpflichtet, die Kosten zu erstatten. Denn dann wäre im Rahmen von § 105 SGB X die Stadt O. erstattungspflichtig gewesen, weil die Sozialleistung unzuständigerweise erbracht worden sei. Die Stadt O. ihrerseits hätte wiederum einen Anspruch nach § 89d SGB VIII gegenüber dem Beklagten. Sinn und Zweck der Kostenerstattungsregelung des § 89d SGB VIII sei es, dass der örtliche Träger der Jugendhilfe seine finanziellen Aufwendungen für Maßnahmen für eingereiste Kinder und Jugendliche ersetzt bekomme. Im Rehabilitationsrecht könne ein erstangegangener Jugendhilfeträger, der seine Zuständigkeit zunächst irrtümlich bejaht und Hilfe geleistet habe, zu einer Korrektur seiner Entscheidung im Rahmen des Erstattungsverfahrens berechtigt sein. Jede andere Sichtweise würde dazu führen, dass ein Rehabilitationsträger schon bei geringen Zweifeln über seine Zuständigkeit den Antrag vorsichtshalber weiterleiten würde. Mit Blick auf den Zweck der Kinder- und Jugendhilfe sowie insbesondere auch deshalb, weil sich die Fallzunahme in letzter Zeit vervielfacht habe und weiter anhalten werde, trage die derzeitige wörtliche Ausgestaltung der Kostenerstattungsnorm des § 89d SGB VIII der aktuellen Situation keine hinreichende Rechnung mehr. So vertrete auch die „Arbeitsgruppe Kosten- und Zuständigkeitsfragen“ beim bayerischen Landesjugendamt die Auffassung, dass als tatsächlicher Aufenthalt vor Beginn der Maßnahme im Sinne von § 87 SGB VIII nicht das erstmalige Erreichen eines Jugendamtsbezirks zu verstehen sei, sondern die erste Vermutung des Jugendhilfebedarfs durch amtliche Feststellung, die im Regelfall mit oder unmittelbar nach dem Aufgreifen unbegleiteter Minderjähriger durch die Polizei erfolge. Dass die Jugendhilfebehörden hier mitunter verspätet von der Einreise unbegleiteter Minderjähriger Kenntnis erlangten, könne insoweit keinen Einfluss auf die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit haben. Auch habe die bayerische Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration in einem Schreiben an die Bundesministerin Schwesig und die Jugendminister/– innen der Länder vom 12. Mai 2015 unter Hinweis darauf, dass „sich in jüngster Zeit Beschwerden bayerischer Jugendämter häufen, dass Kosten für die notwendige lösungsorientierte Unterbringungspraxis oftmals von den überörtlichen Kostenerstattungsträgern aus formalen Gründen nicht nach § 89d SGB VIII erstattet werden…“, nachdrücklich darum gebeten, „dass bis zu den dringend erforderlichen gesetzlichen Änderungen die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen unbürokratisch und pragmatisch ausgelegt und angewandt werden.“ Im vorliegenden Fall sei die Jugendhilfe auch innerhalb eines Monats nach der Einreise der Jugendlichen gewährt worden. Von dem Begriff der Jugendhilfe seien nicht nur die Leistungen gemäß § 2 Abs. 2 SGB VIII erfasst, sondern auch die Wahrnehmung anderer Aufgaben nach § 2 Abs. 3 SGB VIII, so dass sowohl die Inobhutnahme ab dem 24. Mai 2013 als auch die geleistete Hilfe zur Erziehung ab dem 1. Juli 2013 kostenerstattungsfähig seien.
10Der Kläger beantragt,
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1. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die in der Zeit vom 24. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 angefallenen Kosten der Jugendhilfe für den Hilfeempfänger I. -S. T. in Höhe von 38.337,83 € sowie für den Hilfeempfänger N. T1. in Höhe von 39.279,53 €, insgesamt also 77.617,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
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2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die ab dem 1. Mai 2014 für die Hilfeempfänger I. -S. T. und N. T1. aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe aufzuwendenden Kosten zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
16die Klage verweisen.
17Er ist der Auffassung: Dem geltend gemachten Anspruch stehe § 89f Abs. 1 SGB VIII entgegen, weil es keine rechtmäßige Inobhutnahme gegeben habe. Der Verwaltungsakt Inobhutnahme sei durch den Kläger zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem die beiden Jugendlichen sich bereits in O. , also im Zuständigkeitsbereich eines anderen örtlichen Trägers, aufgehalten hätten. Die Jugendlichen seien am 24. Mai 2013 nicht durch das Landratsamt M. in Obhut genommen worden. Die Überstellung eines Kindes durch die Polizei in ein Kinderheim stelle keine dem Jugendamt zurechenbare Inobhutnahme dar, sondern eine polizeiliche Maßnahme nach dem Sicherheitsrecht zur Vermeidung von Obdachlosigkeit. Die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung sei nicht gegeben. Vielmehr sei die Jugendhilfe erst mit der Hilfe zur Erziehung gewährt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei aber die kreisfreie Stadt I1. zuständig gewesen, weil sich die beiden Jugendlichen dort aufgehalten hätten. Auch sei diese Hilfe außerhalb der Monatsfrist des § 89d SGB VIII erfolgt. Der Erstattungsanspruch gemäß § 105 SGB X greife nicht ein, weil die Inobhutnahme nicht zu den von dieser Vorschrift erfassten Sozialleistungen gehöre.
18Die Beteiligten haben schriftsätzlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die hinsichtlich des Klageantrags zu 1. als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
22Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der in der Zeit vom 24. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 für die Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe aufgewendeten Kosten.
23Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 89d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB VIII. Danach sind die Kosten, die ein örtlicher Träger aufgewendet hat, vom Land zu erstatten, wenn innerhalb eines Monats nach der Einreise eines jungen Menschen Jugendhilfe gewährt wird und sich die örtliche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt dieser Person richtet. Ist die Person im Ausland geboren, so wird das erstattungspflichtige Land vom Bundesverwaltungsamt bestimmt (§ 89d Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Gemäß § 89g SGB VIII können die Aufgaben des Landes auf andere Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen werden. So hat das Land Nordrhein-Westfalen die Aufgaben nach § 89d SGB VIII auf seine Landschaftsverbände übertragen (vgl. § 15a AG KJHG in der Fassung des Gesetzes vom 15. Juni 1999, GV NRW 99, 386).
24Demnach ist hier der Beklagte gemäß § 89d Abs. 3 Satz 1 SGB VIII dem Grunde nach kostenerstattungspflichtig, weil das Bundesverwaltungsamt unter dem 11. Oktober 2013 ihn für die Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. als überörtlichen Träger der Jugendhilfe bestimmt hat.
25Die aufgewendeten Kosten sind nach § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII allerdings nur zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht, wobei nach § 89f Abs. 1 Satz 2 SGB VIII die Grundsätze gelten, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden. Nach dieser Vorschrift ist im vorliegenden Fall eine Kostenerstattungspflicht des Beklagten zu verneinen.
26Das Gebot der Gesetzeskonformität der aufgewendeten Kosten nach § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zielt darauf ab, zum einen sicherzustellen, dass der erstattungsberechtigte Jugendhilfeträger bei der Leistungsgewährung nicht in Erwartung einer Erstattungsleistung die durch das Achte Buch Sozialgesetzbuch gezogenen Grenzen überschreitet, und zum anderen den erstattungspflichtigen Jugendhilfeträger davor zu bewahren, Aufwendungen für solche Leistungen zu erstatten, die bei ordnungsgemäßer Leistungsgewährung nach Art oder Umfang so nicht hätten erbracht werden müssen.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 – 5 C 30.12 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
28Danach scheidet eine Kostenerstattung aus, wenn und soweit die Jugendhilfe rechtswidrig war, wobei dies allein anhand der Vorschriften des Achten Buchs Sozialgesetzbuch zu beurteilen ist.
29Vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. August 2003 - 9 S 2398/02 -, juris.
30Hinsichtlich der Zeit vom 24. Mai 2013 bis zum 28. Mai 2013 entsprach die durch die Bescheide des Klägers vom 31. Juli 2013 erfolgte „Gewährung von Inobhutnahme gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII zunächst bis 28. Mai 2013 in der Jugendschutzstelle O. “ schon deshalb nicht den Vorschriften des Achten Buchs Sozialgesetzbuch, weil es insoweit an einer Inobhutnahme i.S.v. § 42 SGB VIII fehlte.
31Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder – wie hier - ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Nach § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII umfasst die Inobhutnahme die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnformen vorläufig unterzubringen, ggf. auch, ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen. Damit handelt es sich bei der Inobhutnahme um eine vorläufige Schutzmaßnahme im Sinne einer Krisenintervention, die dem Jugendamt die Möglichkeit des elternunabhängigen unmittelbaren Handelns zum Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Eil- oder Notfällen eröffnet. Im Hinblick auf die Funktion der Inobhutnahme als Ausübung des staatlichen Wächteramts ist die Erfüllung der Aufgaben grundsätzlich den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe vorbehalten. Die einzelnen Befugnisse sind an das Jugendamt adressiert. Auch wenn die Aufgabe zur Durchführung an anerkannte Träger der freien Hilfe übertragen werden kann, bleiben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe verantwortlich. Auch kann der Verwaltungsakt der Inobhutnahme mangels einer Befugnis zur Beleihung Dritter nur vom Jugendamt erlassen werden.
32Vgl. Wiesner, SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe, 4. Auflage 2011, § 42, Rn. 34.
33Nach diesen Grundsätzen waren die Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. in der Zeit vom 24. Mai 2013 bis einschließlich 28. Mai 2013 nicht im Rahmen einer Inobhutnahme im Sinn von § 42 SGB VIII in der Jugendschutzstelle in O. untergebracht. Insbesondere die Befugnis, ein Kind oder Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen und es anderweitig unterzubringen, verdeutlicht, dass die durch § 42 Abs. 1 SGB VIII ermöglichte Krisenintervention ein aktives Handeln des Jugendamts voraussetzt, wobei Adressat dieses Handelns das Kind oder der Jugendliche ist, das oder der in Obhut genommen wird. Im genannten Zeitraum ist indes kein Handeln des Jugendamts des Klägers ersichtlich, das als Inobhutnahme der Jugendlichen qualifiziert werden könnte. Das Jugendamt hat die Jugendlichen weder aufgegriffen noch sie in der Jugendschutzstelle untergebracht noch diese Maßnahmen veranlasst. Vielmehr hatte das Jugendamt nach den Angaben des Klägers bis zum Montag, dem 27. Mai 2013, keinerlei Kenntnis von der am vorangegangenen Freitag durch die Polizei veranlassten Unterbringung der Jugendlichen in der Jugendschutzstelle in O. . Daher konnte das Jugendamt gegenüber den Jugendlichen nicht tätig werden und ist auch nicht tätig geworden. Es besteht auch keine Grundlage etwa dafür, das Handeln der Polizei dem Jugendamt des Klägers als Inobhutnahme zuzurechnen. Der Beklagte weist auch zu Recht darauf hin, dass es der Polizei nicht um das Wohl der Jugendlichen gegangen sei, sondern vorrangig um Feststellungen im Zusammenhang mit dem Aufenthalts- bzw. Asylverfahrensgesetz sowie um eine polizeiliche Maßnahme nach dem Sicherheitsrecht zur Vermeidung von Obdachlosigkeit.
34Vgl. hierzu auch: VG Regensburg, Urteil vom 12. April 2012 – RO 7 K 12.93 -, juris.
35Dabei ist das Vorbringen des Klägers unerheblich, die Polizei habe es am Freitag, dem 24. Mai 2013, versäumt, das Jugendamt über das so genannte Notfallhandy über das Aufgreifen der Jugendlichen zu informieren, was nicht zu einem Verlust seiner Kostenerstattungsansprüche führen dürfe. Zwar mag es sein, dass die Polizei nach dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Bundespolizeidirektion München vom 20. März 2015 verpflichtet gewesen ist, das für den Aufgriffsort der Jugendlichen zuständige Jugendamt unverzüglich zu informieren und das Jugendamt des Klägers bei rechtzeitiger Information die Inobhutnahme der Jugendlichen vorgenommen oder veranlasst hätte. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es hier zum Erlass eines Verwaltungsakts der Inobhutnahme – aus welchen Gründen auch immer – nicht gekommen ist und eine Rechtsgrundlage dafür, einen solchen Verwaltungsakt im Hinblick auf etwaige Kostenerstattungsansprüche zu fingieren, nicht besteht. Vielmehr kann eine verspätete Information und entsprechende Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe keinen Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit etablieren. Wurde der Jugendhilfeträger nicht über die Voraussetzungen einer Inobhutnahme informiert, ist das Vorgehen einer anderen Stelle nicht als Inobhutnahme zu qualifizieren.
36Vgl. DIJuF-Rechtsgutachen vom 8. November 2005
37– J 3.317 Sch -, JAmt 2006, 32 (33).
38Zur Annahme einer Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII der Jugendlichen vom 24. bis 28. Mai 2013 durch das Jugendamt des Klägers zwingt es auch nicht, dass der Kläger mit seinen Bescheiden vom 31. Juli 2013 „Inobhutnahme gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII zunächst bis 28. Mai 2013 in der Jugendschutzstelle O. “ gewährt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine nachträgliche „Genehmigung“ der Inobhutnahme schon deshalb nicht in Betracht, weil – wie oben ausgeführt – es hinsichtlich der Zeit vom 24. bis 28. Mai 2013 an einer Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII fehlte. Die Bescheide des Klägers vom 31. Juli 2013 vermochten auch keine wirksame nachträgliche Fiktion einer Inobhutnahme zu bewirken. Ebenso wenig wie der Charakter einer Jugendhilfemaßnahme allein durch das Etikett bestimmt wird, das ihr der tätig werdende Jugendhilfeträger förmlich aufgedrückt,
39vgl. zum Fall einer „unschädlichen falschen Begriffswahl“: OVG NRW, Urteil 26. September 2014 – 12 A 2524/13 -, juris, Rn. 83 ff,
40lässt sich eine tatsächlich nicht erfolgte Jugendhilfemaßnahme durch bloße Erklärung des Jugendhilfeträgers - sei es auch durch Verwaltungsakt - fingieren.
41Eine Inobhutnahme im Sinn von § 42 SGB VIII erfolgte hier auch nicht am 27. Mai 2013 durch die Kenntnisnahme des Jugendamts des Klägers von der Unterbringung der Jugendlichen in der Jugendschutzstelle in O. . An diesem Tag wurde das Jugendamt des Klägers von der Polizeiinspektion M. , der Ausländerbehörde und der Jugendschutzstelle über die Unterbringung der Jugendlichen lediglich informiert. Ein aktives Handeln des Jugendamts des Klägers im oben genannten Sinn einer Krisenintervention ist dabei ebenfalls nicht erkennbar. Gleiches gilt im Ergebnis hinsichtlich des am 28. Mai 2013 vom Jugendamt des Klägers beim Amtsgericht M. gestellten Antrags, für die Jugendlichen die Vormundschaft anzuordnen. Auch wenn hier das Jugendamt entsprechend § 42 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII tätig geworden ist, lässt sich dieses Handeln nicht als Krisenintervention im genannten Sinne qualifizieren. Das Handeln des Jugendamts entsprechend der in § 42 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII normierten Pflicht, in den Fällen des von § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen, stellt selbst keine Krisenintervention im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII dar, sondern setzt diese voraus. Eine solche war hier jedoch – wie dargelegt – nicht erfolgt.
42Einem Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten gemäß § 89d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB VIII steht auch hinsichtlich des Zeitraums vom 29. Mai 2013 bis zum 30. Juni 2013 die Vorschrift des § 89f Abs. 1 SGB VIII entgegen. Auch insoweit entsprach die durch die Bescheide des Klägers vom 31. Juli 2013 erfolgte „Gewährung von Inobhutnahme gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII … seit 29.05.2013 in der Einrichtung: E. am D. …, I1. “ nicht den Vorschriften des Achten Buchs Sozialgesetzbuch.
43Allerdings ist es als Inobhutnahme im Sinn von § 42 SGB VIII anzusehen, dass das Jugendamt des Klägers die Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. am 29. Mai 2013 in der Jugendschutzstelle O. abgeholt und sie in der Jugendhilfeeinrichtung „E. am D. “ in I1. untergebracht hat. Hier ist das Jugendamt erkennbar im Sinne einer Krisenintervention im oben genannten Sinn tätig geworden, nachdem nach seinen Feststellungen die Jugendlichen nicht länger in der Jugendschutzstelle O. hätten verbleiben können. Gleichwohl war die Aufgabenerfüllung auch insoweit rechtswidrig, weil es an der örtlichen Zuständigkeit des Klägers für eine Inobhutnahme der Jugendlichen am 29. Mai 2013 fehlte.
44Da es sich bei den Bestimmungen des Achten Buchs Sozialgesetzbuch über die sachliche und örtliche Zuständigkeit (§§ 85 ff. SGB VIII) um zwingende Rechtsvorschriften handelt, gehört die Beachtung der Zuständigkeit zur rechtmäßigen Aufgabenerfüllung im Sinne von § 89f Abs. 1 SGB VIII. Daher entspricht eine in sachlicher und/oder örtliche Unzuständigkeit gewährte Jugendhilfe nicht dem Gesetz.
45Vgl. Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, 3. Auflage, 48. Lieferung 2012, Erl. Art. 1 KJHG, § 89f, Rn. 16.
46Im vorliegenden Fall richtete sich die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme am 29. Mai 2013 nach § 87 SGB VIII. Danach ist für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42 SGB VIII) der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Dies war hier, da sich die Jugendlichen – wie der Kläger letztlich auch selbst einräumt – vor der Inobhutnahme tatsächlich in O. aufhielten, die Stadt O. .
47Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich seine Zuständigkeit für die Inobhutnahme nicht aus dem Umstand herleiten, dass das Aufgreifen der Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. und der Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch das Jugendamt wegen der von der Polizei versäumten rechtzeitigen Information auseinander fielen. Soweit der Kläger mit seinem Hinweis, unter dem Blickwinkel des bestmöglichen Schutzes von unbegleitet eingereisten Kindern und Jugendlichen sei der Ankunftsort das relevante Kriterium für die Beurteilung der Zuständigkeit, sowie mit seinem Hinweis auf die Auffassung der „Arbeitsgruppe Kosten- und Zuständigkeitsfragen“ beim bayerischen Landesjugendamt, dass als tatsächlicher Aufenthalt vor Beginn der Maßnahme im Sinne von § 87 SGB VIII die erste Vermutung des Jugendhilfebedarfs durch amtliche Feststellung beim Aufgreifen unbegleiteter Minderjähriger durch die Polizei erfolge, meint, er sei für die am 29. Mai 2013 in O. vorgenommene Inobhutnahme der Jugendlichen örtlich zuständig gewesen, weil die Jugendlichen am 24. Mai 2013 im Zug bei M. durch die Polizei aufgegriffen worden seien, besteht für diese Auffassung kein Raum. Nach der eindeutigen Regelung des § 87 SGB VIII ist für die Zuständigkeit des örtlichen Jugendhilfeträgers in den Fällen des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII der Ort maßgeblich, an dem ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher nach der Einreise in Obhut genommen wird.
48Vgl. Wiesner, a.a.O., § 87, Rn. 3.
49Wie oben dargelegt, ist jedoch im Zuständigkeitsbereich des Klägers keine Inobhutnahme der Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. vorgenommen worden. Schon deshalb steht dem Kläger auch nicht etwa § 86 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII zur Seite, wonach in den Fällen, in denen der Leistungsgewährung an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, eine Inobhutnahme vorausgeht, die nach § 87 SGB VIII begründete Zuständigkeit bestehen bleibt. Für die Annahme des Klägers, seine Zuständigkeit sei durch das Aufgreifen der Jugendlichen begründet und zur Vermeidung von ggf. wiederholten Zuständigkeitswechseln „fixiert“ worden, ist daher eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Dies wird auch eher bestätigt durch das vom Kläger vorgelegte Schreiben der bayerischen Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 12. Mai 2015, in dem diese ausdrücklich auf die „dringend erforderlichen gesetzlichen Änderungen“ hinweist und damit erkennbar davon ausgeht, dass die gegenwärtige Rechtslage eine Beurteilung der Zuständigkeiten für die Inobhutnahme unbegleitet eingereister Minderjähriger im Sinne der Auffassung des Klägers nicht zulässt. Dabei mag die von der Staatsministerin erbetene „unbürokratische und pragmatische“ Auslegung und Anwendung „der geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen“ im Hinblick auf eine „kindeswohlgerechte Versorgungsstruktur“ und die von den Kommunen benötigte „Gewissheit, dass die ihnen … entstandenen Aufwendungen … zügig erstattet werden“, nachvollziehbar sein. Einen Anhaltspunkt für eine Auslegung des § 87 SGB VIII im Sinne der Auffassung des Klägers bietet die gegenwärtige Rechtslage indes – wie dargelegt – nicht.
50Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten für die in der Zeit vom 29. Mai 2013 bis zum 30. Juni 2013 für die Unterbringung der Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. in der Jugendhilfeeinrichtung „E. D. “ in I1. aufgewendeten Kosten ergibt sich auch nicht aus § 105 SGB X.
51Nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist in den Fällen, in denen ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.
52Diese Vorschrift greift hinsichtlich des Zeitraums der Inobhutnahme vom 29. Mai 2013 bis zum 30. Juni 2013 schon deshalb nicht ein, weil – worauf der Beklagte zu Recht hinweist – die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII nicht zu den Sozialleistungen im Sinne von § 105 SGB X gehört.
53Sozialleistungen sind nach § 11 Satz 1 SGB I die in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen, wobei nach § 11 Satz 2 SGB I die persönliche und erzieherische Hilfe zu den Dienstleistungen gehört. Die im Ersten Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind in § 27 Abs. 1 SGB I aufgeführt. Darin findet sich die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen gemäß § 42 SGB VIII nicht. Die Inobhutnahme gehört auch nicht zu den Leistungen der Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch. Die Leistungen der Jugendhilfe sind in § 2 Abs. 2 SGB VIII aufgeführt. Auch hier findet sich die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen nicht. Diese stellt nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII vielmehr eine „andere Aufgabe“ der Jugendhilfe dar. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass die Inobhutnahme nicht nur eingriffsrechtliche, sondern durchaus auch leistungsrechtliche Komponenten enthält. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei dieser anderen Aufgabe der Jugendhilfe um eine hoheitliche Tätigkeit handelt, die der Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes und damit der Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl dient und nicht zur Disposition des Sorgeberechtigten steht,
54vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. September 2014 – 12 A 2524/13 -, juris, Rn. 85-88,
55und damit die Inobhutnahme nicht als Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I bzw. 105 SGB X qualifiziert werden kann.
56Der Kläger kann den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch auch nicht auf § 14 SGB IX stützen. Diese Vorschrift ist hier schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich bei der hier in Rede stehenden Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII nicht um Leistungen zur Teilhabe im Sinne von § 14 SGB IX handelt und der Kläger insoweit nicht Rehabilitationsträger im Sinne dieser Vorschrift ist. Deshalb kann der Kläger auch nichts zu seinen Gunsten aus dem Sinn und Zweck des § 14 SGB IX herleiten. Es mag sein, dass in den Fällen, in denen ein erstangegangener Rehabilitationsträger in der irrtümlichen Annahme seiner Zuständigkeit einen Leistungsantrag nicht weiterleitet, dies im Erstattungsverhältnis zu anderen Trägern lediglich eine nachrangige Zuständigkeit begründet.
57Vgl. Bayer. VGH, Urteil vom 7. Oktober 2013 – 12 B 11.1886 –, juris.
58Der Beklagte weist aber zu Recht darauf hin, dass die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII keine Leistung darstellt und damit einem Vergleich mit einer Leistung zur Teilhabe nicht zugänglich ist. Jedenfalls deshalb scheidet etwa eine entsprechende Anwendung des § 14 SGB IX auf den hier vorliegenden Fall von vornherein aus.
59Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten auch kein Anspruch gemäß § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auf Erstattung der für die Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. in der Zeit vom 1. Juli 2013 bis zum 30. April 2014 aufgewendeten Kosten zu.
60Auch insoweit steht dem geltend gemachten Anspruch jedenfalls die Regelung des § 89f Abs. 1 SGB VIII entgegen, weil der Kläger für die ab dem 1. Juli 2013 gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII ebenfalls nicht örtlich zuständig gewesen ist. Dabei kann es offen bleiben, ob sich die örtliche Zuständigkeit für die den Jugendlichen gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII oder nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII richtet, ob also die Jugendlichen in der Einrichtung „E. am D. “ in I1. bereits einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I) begründet oder dort lediglich einen tatsächlichen Aufenthalt hatten, oder hier – soweit die Jugendlichen um Asyl nachgesucht haben sollten - § 86 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII eingreift. Denn in allen Fällen war jedenfalls nicht der Kläger, sondern entweder - nach § 86 Abs. 4 Satz 1 oder 2 SGB VIII - die kreisfreie Stadt I1. oder – nach § 86 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII – die Stadt O. örtlich zuständige Trägerin der Jugendhilfe, weshalb die Hilfegewährung durch den Kläger auch insoweit nicht den Vorschriften des Achten Buchs Sozialgesetzbuch entsprach.
61Hinsichtlich der in der Zeit ab dem 1. Juli 2013 gewährten Hilfe zur Erziehung kann der Kläger den geltend gemachten Erstattungsanspruch ebenfalls nicht auf § 105 SGB X stützen.
62Insoweit greift diese Vorschrift nicht ein, weil der Beklagte hinsichtlich der in Rede stehenden Hilfe zur Erziehung nicht der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger und damit hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 105 SGB X nicht passiv legitimiert ist. Wie oben ausgeführt, war für die ab dem 1. Juli 2013 gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 1 oder 2 SGB VIII die Stadt I1. oder nach § 86 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII die Stadt O. örtlich zuständige Trägerin der Jugendhilfe. Danach wäre ein etwaiger Kostenerstattungsanspruch des Klägers gemäß § 105 SGB X allenfalls gegen die Stadt I1. bzw. die Stadt O. zu richten. Der Beklagte ist hinsichtlich dieses Anspruchs nicht etwa dadurch passiv legitimiert worden, dass das Bundesverwaltungsamt ihn unter dem 11. Oktober 2013 für die Jugendlichen als überörtlichen Träger der Jugendhilfe bestimmt hat. Hierdurch ist der Beklagte vielmehr allein zum kostenerstattungspflichtigen Träger im Sinn von § 89d Abs. 3 SGB VIII, § 15a AG-KJHG NRW bestimmt worden. Erstattungspflichtiger Leistungsträger im Sinne von § 105 SGB X ist jedoch allein der für den Sozialleistungsanspruch sachlich befugte und passiv legitimierte Leistungsträger, gegenüber dem der materielle Sozialleistungsanspruch tatsächlich besteht. Gibt es keinen Leistungsträger, gegenüber dem ein entsprechender Sozialleistungsanspruch des Leistungsempfängers besteht, kommt ein Erstattungsanspruch gemäß § 105 SGB X nicht in Betracht.
63Vgl. Diering/Timme/Waschau, a.a.O., § 105 Rn. 16.
64Hiernach scheidet der Beklagte als erstattungspflichtiger Leistungsträger im Sinne von § 105 SGB X aus, weil er, wie sich aus § 85 Abs. 1 und 2 SGB VIII ergibt, als überörtlicher Träger der Jugendhilfe für die hier in Rede stehende Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII nicht sachlich zuständig ist.
65Für einen „Durchgriff“ etwa dergestalt, dass der Kläger anstelle eines Anspruchs gemäß § 105 SGB X gegen die Stadt I1. oder die Stadt O. und deren Anspruchs gemäß § 89d SGB VIII gegenüber dem Beklagten die Kostenerstattung unmittelbar vom Beklagten beanspruchen kann, ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich.
66Die Klage hat auch hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 2. begehrten Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung der vom Kläger für die Hilfeempfänger I. -S. T. und N. T1. ab dem 1. Mai 2014 aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe aufgewendeten bzw. aufzuwendenden Kosten keinen Erfolg.
67Insoweit kann es offen bleiben, ob die Klage als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig ist oder ihrer Zulässigkeit § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegensteht.
68Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2001 – 5 C 34.00 –, BVerwGE 114, 61.
69Jedenfalls hat die Klage auch insoweit in der Sache keinen Erfolg. Wie oben dargelegt, kann der Kläger vom Beklagten nicht die Erstattung der in der Zeit vom 1. Juli 2013 bis zum 30. April 2014 aufgewendeten Kosten der Hilfe zur Erziehung für die Jugendlichen I. -S. T. und N. T1. beanspruchen. Dies gilt entsprechend auch für die Zeit ab dem 1. Mai 2014.
70Der Kläger hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist.
71Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
72Die Berufung war aus dem in § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO genannten Grund zuzulassen. Der Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, weil insbesondere die Auslegung des Merkmals des tatsächlichen Aufenthalts vor Beginn der Maßnahme nach § 87 SGB VIII in den Fällen des Aufgreifens unbegleitet eingereister Minderjähriger jedenfalls angesichts der vom Kläger geltend gemachten Vielzahl der Fälle und dabei aufgetretener Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung einer zumindest obergerichtlichen Klärung bedarf.
Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller trägt vor afghanischer Staatsangehöriger und am ... 1998 geboren zu sein.
Am ... November 2014 wurde der Antragsteller durch die Antragsgegnerin in Obhut genommen und im Haus ..., untergebracht, da er angab, ohne Begleitung und minderjährig zu sein. Am gleichen Tag informierte die Antragsgegnerin das Amtsgericht München/Familiengericht über die Inobhutnahme und beantragte, das Ruhen der elterlichen Sorge festzustellen und Vormundschaft anzuordnen, falls sich die Minderjährigkeit nach Alterseinschätzung bestätigen würde.
Am ... November 2014 wurde ein Gespräch zur Alterseinschätzung von zwei Mitarbeitern des Jugendamts der Antragsgegnerin mit dem Antragsteller unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers geführt. Diese kamen entsprechend der in den Akten der Antragsgegnerin skizzierten Wahrnehmungen sowie der Angaben und Verhaltensweisen des Antragstellers zu dem Ergebnis, dass er volljährig sei.
Am ... November 2014 unterzeichnete der Antragsteller ein Empfangsbekenntnis für einen Bescheid vom ... November 2014 über die Rücknahme der Inobhutnahme. Bei den Akten der Antragsgegnerin befindet sich kein Entwurf eines entsprechenden Bescheids.
Mit Schreiben vom 24. November 2014 an das Amtsgericht München/Familiengericht zog die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Vormundsbestellung zurück.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
Der Antragsgegnerin wird geboten, den Antragsteller als Jugendlichen zu behandeln und in einer jugendgerechten Einrichtung in Obhut zu nehmen.
Zur Begründung wurde - auch unter Bezugnahme auf die Klagebegründung - im Wesentlichen vorgebracht, der Antragsteller sei zunächst in der Jugendhilfeeinrichtung der Antragsgegnerin im Haus ... in der ... untergebracht worden. Nach einer von der Antragsgegnerin durchgeführten Alterseinschätzung sei ihm mitgeteilt worden, dass er nun als Erwachsener gelte. Er habe die Jugendhilfeeinrichtung verlassen müssen und sei von der Erstaufnahmeeinrichtung in die Dependance nach ... verteilt worden, wo er sich seitdem in einer provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung für Erwachsene befinde. Die Alterseinschätzung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Mit Schriftsatz vom
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Antrag sei bereits unzulässig, da er sich gegen den falschen Antragsgegner richte. Die Antragsgegnerin könne nicht zur Inobhutnahme verpflichtet werden, soweit sich der Antragsteller nicht mehr in ihrem Zuständigkeitsbereich befinde. Für die Inobhutnahme sei gemäß § 87 SGB VIII der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhalte. Damit sei das Jugendamt vor Ort, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Antragsteller aufhalte, für eine Inobhutnahme zuständig.
Im Übrigen wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom
Mit Schriftsatz vom
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Hauptsacheverfahrens M 18 K 14.5262 sowie der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.
Zwar ist der Antrag nach § 123 VwGO statthaft. Unabhängig von einer aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den Ablehnungsbescheid ist die Beendigung der Inobhutnahme jedenfalls faktisch vollzogen, so dass ein Antrag nach § 123 VwGO im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) statthaft ist.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenüber der Antragsgegnerin liegen jedoch nicht vor.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete streitige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch, für den die Antragsgegnerin passivlegitimiert ist, nicht glaubhaft machen können.
Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Nach § 42 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VIII umfasst die Inobhutnahme die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen.
Für eine Inobhutnahme nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist vorliegend die Antragsgegnerin nicht (mehr) passivlegitimiert; ein Inobhutnahmeanspruch des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin besteht damit nicht.
Nach § 87 SGB VIII ist für eine Inobhutnahme der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Diese Norm trifft eine Sonderregelung der örtlichen Zuständigkeit, da schnelles Handeln notwendig ist und langwierige Klärungsprozesse zur Frage der örtlichen Zuständigkeit vermieden werden müssen (vgl. Eschelbach/Schindler in Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 87, Rn. 1). Mit dieser Fixierung wird eine „wandernde“ Zuständigkeit ausgeschlossen (vgl. Kunkel in LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 87, Rn. 1).
Maßgeblicher Zeitpunkt im Rahmen des § 87 SGB VIII ist der Zeitpunkt „vor Beginn der Maßnahme“.
Bei der Anwendung dieses Tatbestandsmerkmals ist nicht auf die Einzelmaßnahme, sondern auf die ununterbrochen andauernde Jugendhilfemaßnahme in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BayVGH
Vorliegend hält sich der Antragsteller aber nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin auf. Die Auffassung der Bevollmächtigten des Antragstellers im Schriftsatz vom 22. Dezember 2014, dieser halte sich rechtlich noch in ... auf, da er nicht umverteilt worden sei, sondern lediglich in einer Dependance der in ... gelegenen Erstaufnahmeeinrichtung (vgl. dazu Art. 2 Satz 2 AufnG) untergebracht sei, mag zutreffen. Der maßgebliche tatsächliche Aufenthalt des Antragstellers ist aber nach seinem eigenen Vorbringen im Landkreis ... gegeben, wobei dies auch schon im Zeitpunkt der Klageerhebung und der Eilantragsstellung so zutraf.
Vorliegend ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Antragsteller in Obhut zu nehmen, streitig. Wird aber die Verpflichtung des Jugendamts zur Inobhutnahme gerichtlichen Weg angestrebt, kann unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit der vorläufigen Maßnahme nur auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt werden. Würde auf den Zeitpunkt eines früheren tatsächlichen Aufenthalts abgestellt, wäre die Inobhutnahme mit einer (weiteren) Verzögerung verbunden. Es kommt hinzu, dass die Unterbringung des Antragstellers in der Dependance der Erstaufnahmeeinrichtung in ... nicht dem Rechtskreis der Antragsgegnerin zuzurechnen ist; eine rechtliche Möglichkeit der Antragsgegnerin, den Unterbringungsort nach ... zurückzuverlegen, ist nicht ersichtlich.
Die Antragsgegnerin ist damit nicht (mehr) zuständiger Jugendhilfeträger nach § 87 SGB VIII für eine Inobhutnahme des Antragstellers. Die Antragsgegnerin ist für den geltend gemachten Anspruch daher auch nicht passivlegitimiert und war dies auch im Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. Antragstellung nicht, da sich der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt bereits im Landkreis ... aufgehalten hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München
Dadurch wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts
II.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Abänderungs- und Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
§ 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII begründet daher keine normative Ermächtigung zur administrativen Letztentscheidung, die allein eine Reduzierung der Kontrolldichte zur Folge haben könnte (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 185 ff.). Fragen sachlicher und fachlicher Richtigkeit sind stets von den (Verwaltungs-)Gerichten zu überprüfen (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 177 m. w. N.)
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.