Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Feb. 2015 - M 18 E 14.5261
Gericht
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller trägt vor afghanischer Staatsangehöriger und am ... 1998 geboren zu sein.
Am ... November 2014 wurde der Antragsteller durch die Antragsgegnerin in Obhut genommen und im Haus ..., untergebracht, da er angab, ohne Begleitung und minderjährig zu sein. Am gleichen Tag informierte die Antragsgegnerin das Amtsgericht München/Familiengericht über die Inobhutnahme und beantragte, das Ruhen der elterlichen Sorge festzustellen und Vormundschaft anzuordnen, falls sich die Minderjährigkeit nach Alterseinschätzung bestätigen würde.
Am ... November 2014 wurde ein Gespräch zur Alterseinschätzung von zwei Mitarbeitern des Jugendamts der Antragsgegnerin mit dem Antragsteller unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers geführt. Diese kamen entsprechend der in den Akten der Antragsgegnerin skizzierten Wahrnehmungen sowie der Angaben und Verhaltensweisen des Antragstellers zu dem Ergebnis, dass er volljährig sei.
Am ... November 2014 unterzeichnete der Antragsteller ein Empfangsbekenntnis für einen Bescheid vom ... November 2014 über die Rücknahme der Inobhutnahme. Bei den Akten der Antragsgegnerin befindet sich kein Entwurf eines entsprechenden Bescheids.
Mit Schreiben vom 24. November 2014 an das Amtsgericht München/Familiengericht zog die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Vormundsbestellung zurück.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
Der Antragsgegnerin wird geboten, den Antragsteller als Jugendlichen zu behandeln und in einer jugendgerechten Einrichtung in Obhut zu nehmen.
Zur Begründung wurde - auch unter Bezugnahme auf die Klagebegründung - im Wesentlichen vorgebracht, der Antragsteller sei zunächst in der Jugendhilfeeinrichtung der Antragsgegnerin im Haus ... in der ... untergebracht worden. Nach einer von der Antragsgegnerin durchgeführten Alterseinschätzung sei ihm mitgeteilt worden, dass er nun als Erwachsener gelte. Er habe die Jugendhilfeeinrichtung verlassen müssen und sei von der Erstaufnahmeeinrichtung in die Dependance nach ... verteilt worden, wo er sich seitdem in einer provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung für Erwachsene befinde. Die Alterseinschätzung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Mit Schriftsatz vom
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Antrag sei bereits unzulässig, da er sich gegen den falschen Antragsgegner richte. Die Antragsgegnerin könne nicht zur Inobhutnahme verpflichtet werden, soweit sich der Antragsteller nicht mehr in ihrem Zuständigkeitsbereich befinde. Für die Inobhutnahme sei gemäß § 87 SGB VIII der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhalte. Damit sei das Jugendamt vor Ort, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Antragsteller aufhalte, für eine Inobhutnahme zuständig.
Im Übrigen wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom
Mit Schriftsatz vom
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Hauptsacheverfahrens M 18 K 14.5262 sowie der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.
Zwar ist der Antrag nach § 123 VwGO statthaft. Unabhängig von einer aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den Ablehnungsbescheid ist die Beendigung der Inobhutnahme jedenfalls faktisch vollzogen, so dass ein Antrag nach § 123 VwGO im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) statthaft ist.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenüber der Antragsgegnerin liegen jedoch nicht vor.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete streitige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch, für den die Antragsgegnerin passivlegitimiert ist, nicht glaubhaft machen können.
Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Nach § 42 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VIII umfasst die Inobhutnahme die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen.
Für eine Inobhutnahme nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist vorliegend die Antragsgegnerin nicht (mehr) passivlegitimiert; ein Inobhutnahmeanspruch des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin besteht damit nicht.
Nach § 87 SGB VIII ist für eine Inobhutnahme der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Diese Norm trifft eine Sonderregelung der örtlichen Zuständigkeit, da schnelles Handeln notwendig ist und langwierige Klärungsprozesse zur Frage der örtlichen Zuständigkeit vermieden werden müssen (vgl. Eschelbach/Schindler in Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 87, Rn. 1). Mit dieser Fixierung wird eine „wandernde“ Zuständigkeit ausgeschlossen (vgl. Kunkel in LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 87, Rn. 1).
Maßgeblicher Zeitpunkt im Rahmen des § 87 SGB VIII ist der Zeitpunkt „vor Beginn der Maßnahme“.
Bei der Anwendung dieses Tatbestandsmerkmals ist nicht auf die Einzelmaßnahme, sondern auf die ununterbrochen andauernde Jugendhilfemaßnahme in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BayVGH
Vorliegend hält sich der Antragsteller aber nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin auf. Die Auffassung der Bevollmächtigten des Antragstellers im Schriftsatz vom 22. Dezember 2014, dieser halte sich rechtlich noch in ... auf, da er nicht umverteilt worden sei, sondern lediglich in einer Dependance der in ... gelegenen Erstaufnahmeeinrichtung (vgl. dazu Art. 2 Satz 2 AufnG) untergebracht sei, mag zutreffen. Der maßgebliche tatsächliche Aufenthalt des Antragstellers ist aber nach seinem eigenen Vorbringen im Landkreis ... gegeben, wobei dies auch schon im Zeitpunkt der Klageerhebung und der Eilantragsstellung so zutraf.
Vorliegend ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Antragsteller in Obhut zu nehmen, streitig. Wird aber die Verpflichtung des Jugendamts zur Inobhutnahme gerichtlichen Weg angestrebt, kann unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit der vorläufigen Maßnahme nur auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt werden. Würde auf den Zeitpunkt eines früheren tatsächlichen Aufenthalts abgestellt, wäre die Inobhutnahme mit einer (weiteren) Verzögerung verbunden. Es kommt hinzu, dass die Unterbringung des Antragstellers in der Dependance der Erstaufnahmeeinrichtung in ... nicht dem Rechtskreis der Antragsgegnerin zuzurechnen ist; eine rechtliche Möglichkeit der Antragsgegnerin, den Unterbringungsort nach ... zurückzuverlegen, ist nicht ersichtlich.
Die Antragsgegnerin ist damit nicht (mehr) zuständiger Jugendhilfeträger nach § 87 SGB VIII für eine Inobhutnahme des Antragstellers. Die Antragsgegnerin ist für den geltend gemachten Anspruch daher auch nicht passivlegitimiert und war dies auch im Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. Antragstellung nicht, da sich der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt bereits im Landkreis ... aufgehalten hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
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Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.