Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Mai 2019 - 10 ZB 17.441

bei uns veröffentlicht am21.05.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 5 K 15.00641, 01.12.2016

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Fortsetzungsfeststellungsklage gegen eine versammlungsrechtliche Beschränkung nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG im Bescheid der Beklagten vom 13. April 2015 weiter. Diese lautet: „Musikdarbietungen sind auf höchstens drei 10-Minuten-Blöcke pro Stunde zu beschränken. Zwischen den einzelnen Blöcken muss eine Pause von mindestens 10 Minuten ohne Musikdarbietung erfolgen.“

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht, wie geltend gemacht, ein Verfahrensmangel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

1. Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß liegt vor, wenn ein Gericht tatsächliches Vorbringen oder Rechtsausführungen eines Beteiligten, obwohl es auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung für seine Entscheidung erheblich ist, nicht zur Kenntnis nimmt, nicht in Erwägung zieht oder aus prozessrechtlich unzulässigen Gründen unberücksichtigt lässt (vgl. zuletzt BVerfG, B.v. 12.3.2019 - 1 BvR 2721/16 - juris Rn. 17; ferner Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.1.2019, § 124 Rn. 91). Der Grundsatz des rechtlichen Gehör verpflichtet das Gericht jedoch nicht, dem Vorbringen dem Inhalt nach zu folgen; das rechtliche Gehör ist daher nicht verletzt, wenn das Gericht aus dem Vorbringen andere Schlüsse zieht als von dem Beteiligten gewünscht.

Die Klägerin ist zu Unrecht der Ansicht, das Verwaltungsgericht habe wesentliches Vorbringen unberücksichtigt gelassen.

a) Sie ist zunächst der Meinung, das Verwaltungsgericht habe sich an keiner Stelle mit einer möglichen Ausrichtung der Lautsprecheranlage nach Südwesten auseinandergesetzt, obwohl diese Möglichkeit in der mündlichen Verhandlung ausführlich diskutiert worden sei; das Gericht befasse sich lediglich mit einer Ausrichtung der Lautsprecheranlage nach Süden. Damit ist jedoch das Argument der Klägerin nicht unberücksichtigt geblieben. Das Verwaltungsgericht behandelt - als mögliches „milderes Mittel“ - eine andere Ausrichtung der Lautsprecheranlage, nämlich (nicht in Richtung der „gegnerischen“ Versammlung, sondern) in Richtung auf die Grünflächen, die sich in südlicher Richtung von dem von der Klägerin gewählten Versammlungsort befinden, wie die Klägerin dies schriftsätzlich noch selbst bezeichnet hatte. In der mündlichen Verhandlung wurde die Himmelsrichtung im Hinblick auf das vorgelegte, „genordete“ Luftbild dann als Südwesten bezeichnet. Wenn das Verwaltungsgericht von einer möglichen anderen Ausrichtung der Lautsprecheranlage „nach Süden“ spricht (UA S. 21-22), erörtert es dieses Vorbringen der Klägerin ausführlich. Schon aufgrund der Größe der fraglichen Grünfläche ist es insoweit unerheblich, ob ihre Lage vermessungstechnisch korrekt mit Süden oder Südwesten zu bezeichnen ist. Ob die Argumente zutreffen, mit denen das Verwaltungsgericht die diskutierte andere Ausrichtung der Lautsprecheranlage als milderes Mittel ausgeschlossen hat, ist keine Frage des rechtlichen Gehörs.

b) Weiter bringt die Klägerin vor, das Verwaltungsgericht setze sich in seinem Urteil nicht mit der Argumentation auseinander, „dass insbesondere die Reglementierung in Form von starren (!) Blöcken erheblich in das Selbstbestimmungsrecht einer Versammlungsanmelderin eingreift“. Auch dies trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht verwendet zwar den Begriff „starre Blöcke“ nicht, sondern spricht von der „streitgegenständlichen Auflage“ (UA S. 18 u. S. 23). Es würdigt durchaus, dass mit dieser „potentiell ein erheblicher und nur schwer zu rechtfertigender Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin hinsichtlich der von ihr angemeldeten Versammlung verbunden“ sei (UA S. 23), hält sie aber mit eingehender Begründung (UA S. 18-23) für „gerade noch“ verhältnismäßig. Das Argument, dass „eine Auflage, dass Musik- bzw. Redebeiträge zwar in einem ausgewogenen Verhältnis (50/50) zu stehen haben, der genaue Ablaufplan aber der Klägerin überlassen bleibt, ein wesentlich milderes aber gleich effektives Mittel als die angefochtene Beschränkung“ gewesen wäre, taucht erst in der Begründung des Berufungszulassungsantrags auf; das Verwaltungsgericht hat daher einen derartigen Vortrag nicht übergangen.

c) Auch die Beanstandung der Klägerin, das Verwaltungsgericht sei nicht auf ihr Vorbringen eingegangen, dass die streitgegenständliche Beschränkung schon nicht erforderlich gewesen sei, „da die Festlegung des maximalen Schallpegels von 85 dB(A) ausreichend gewesen wäre“, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht stellt fest, der Erforderlichkeit stehe auch nicht entgegen, „dass, wie der Bevollmächtigte der Klägerin vorgetragen hat, eine geringere maximale Lautstärke vorgegeben hätte werden können“, und begründet dies ausführlich, allerdings ohne den Wert von 85 dB(A) zu nennen (UA S. 21).

2. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden dann, wenn die Klägerin im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16).

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, bei einer Ausrichtung der Lautsprecheranlage nach Süden wären weder die Teilnehmer der Versammlung der Klägerin noch die andere Versammlung beschallt worden. Bei der von ihr vorgeschlagenen Ausrichtung nach Süden wäre ihre eigene Versammlung durchaus beschallt worden. Auch habe das Verwaltungsgericht ihr an mehreren Stellen eine Obliegenheitspflichtverletzung vorgeworfen, da kein Kooperationsgespräch stattgefunden habe bzw. kein Veranstaltungskonzept vorgelegt worden sei; es verkenne dabei jedoch, dass die Beklagte sie nicht zu einem Kooperationsgespräch geladen habe, somit habe die Beklagte gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayVersG verstoßen. Auch sei sie nie aufgefordert worden, ein detailliertes Konzept vorzulegen. Ferner habe sie durchaus ein Konzept besessen.

Mit diesem Vorbringen, das gegen einzelne Gesichtspunkte in der umfassenden Würdigung der Verhältnismäßigkeit der streitgegenständlichen versammlungsrechtlichen Beschränkung durch das Verwaltungsgericht gerichtet ist, kann die Klägerin die Richtigkeit der Entscheidung nicht durchgreifend in Frage stellen.

Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Beschränkung ist eine ex-ante-Betrachtung zum Zeitpunkt des behördlichen Handelns geboten. Die Richtigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Prüfung, ob im Zeitpunkt der Maßnahme konkrete Tatsachen vorlagen, die die Annahme einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung begründeten (Prognose; Art. 15 Abs. 1 BayVersG), wird von der Klägerin im Zulassungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt. Die Verhältnismäßigkeit der konkreten Ausgestaltung der Beschränkung, die die Beklagte getroffen hat, um der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu begegnen, kann ebenfalls nur anhand der der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Entscheidung bekannten oder erkennbaren Umstände beurteilt werden.

Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht auf die Perspektive der Beklagten abgestellt und darauf verwiesen, dass aufgrund der Versammlungsanzeige nicht erkennbar war, dass mit dem - soweit ersichtlich ohnehin erst nachträglich mitgeteilten - Auftritt einer Musikgruppe ein besonderes Konzept einer Versammlung verbunden war. Zwar war die Klägerin nicht zur Vorlage eines Konzepts der Versammlung und zur Durchführung eines Kooperationsgesprächs verpflichtet, doch war damit für die Beklagte nicht erkennbar, dass mit der Ausgestaltung der Beschränkung in Form von „starren Blöcken“ ein Eingriff in ein besonderes Konzept der Versammlung verbunden sein könnte. Hierauf hat der Senat bereits in dem Beschluss vom 16. April 2015 in dem damaligen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (10 CS 15.842 - juris Rn. 9) hingewiesen. Die Beklagte musste daher nicht davon ausgehen, dass - wie sie in ihrer Stellungnahme zum Berufungszulassungsantrag hierzu ausführt - „dem Auftritt der Musikgruppe eine andere Bedeutung als der bei Versammlungen üblichen Auflockerung hätte zukommen sollen“, und konnte insoweit einen „Normalfall“ annehmen und seiner Einschätzung zugrunde legen; Bedarf für ein Kooperationsgespräch nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayVersG sah sie daher nicht. Unerheblich ist, wenn die Klägerin nunmehr vorträgt, sie habe sehr wohl ein Konzept besessen, jedenfalls konnte die Beklagte mangels Kenntnis hierauf nicht eingehen. Mit der Behauptung, dass eine Beschallung der Teilnehmer der eigenen Versammlung bei einer Ausrichtung der Lautsprecheranlage nach Südwesten anstatt - wie das Verwaltungsgericht formuliert - nach Süden möglich gewesen wäre, stellt die Klägerin lediglich ihre Ansicht der des Verwaltungsgerichts entgegen; diese Frage ist für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auch von untergeordneter Bedeutung. Für die Beklagte lagen hierzu im Zeitpunkt ihrer Entscheidung keine konkreten Anhaltspunkte vor.

3. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine in der Rechtsprechung bislang noch nicht geklärte fallübergreifende, verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich war und auch für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich und damit klärungsfähig ist, und die im Interesse der Rechtssicherheit, der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (Roth in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2019, § 124 Rn. 53, m.w.N.)

Die Klägerin formuliert als grundsätzlich bedeutsame Frage, „ob eine Reglementierung in Form von ‚starren Blöcken‘ in Bezug auf die Gewichtung von Musik- und Redebeiträgen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 15 Abs. 1 BayVersG) im Rahmen von zwei sich widerstreitenden Kundgebungen und dem damit einhergehenden erheblichen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht eines Veranstalters (Art. 8 Abs. 1 GG) zulässig ist“.

Diese Frage entzieht sich jedoch einer fallübergreifenden Klärung. Dass eine „starre Regelung der Redeblöcke“ in Einzelfall verhältnismäßig sein kann, hat der Senat bereits entschieden (BayVGH, B.v. 16.10.2014 - 10 ZB 134.2620 - juris Rn. 6 f.). Darüber hinaus ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, ob und in welcher Hinsicht nach den zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet ist (Art. 15 Abs. 1 BayVersG) und mit welchen Mitteln dieser Gefährdung begegnet werden kann, wobei die Wahl der Mittel jeweils wiederum von einer Vielzahl individueller Umstände insbesondere aufgrund der örtlichen Situation und der Art und Weise der jeweils betroffenen Versammlungen abhängt. In welcher Weise die zuständige Behörde im Wege einer praktischen Konkordanz (BayVGH, B.v. 16.9.2015 - 10 CS 15.2015 - juris Rn. 20 ff.) die widerstreitenden Interessen zum Ausgleich zu bringen hat, kann nicht abstrakt für eine Vielzahl von Fällen vorgegeben werden. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls kann sich die fragliche Regelung von „starren Blöcken“ in dem einen Fall als rechtmäßig und in einem anderen Fall als rechtswidrig erweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. April 2015, mit dem ihr Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 16. April 2015 anzuordnen, abgelehnt worden ist. Mit dieser Klage begehrt die Antragstellerin die Aufhebung der Ziffer 1.3.6. der versammlungsrechtlichen Beschränkungen im Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. April 2015, mit der ihr auferlegt worden ist, die Musikdarbietungen bei ihrer Versammlung am 16. April 2015 von 18.30 Uhr bis ca. 22.30 Uhr auf höchstens drei 10-Minuten-Blöcke pro Stunde zu beschränken, wobei zwischen den einzelnen Blöcken eine Pause von mindestens 10 Minuten ohne Musikdarbietung erfolgen muss.

Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung im Wege einer Interessenabwägung, die wegen der Eilbedürftigkeit allein möglich gewesen sei, kein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der streitgegenständlichen Beschränkung und demgemäß auch der beantragten Anordnung der aufschiebenden Wirkung gesehen.

Hiergegen wendet die Antragstellerin ein, die streitgegenständliche Beschränkung sei weder geeignet noch erforderlich. Zudem werde durch die Reglementierung des Abspielens von Musik in starren Blöcken erheblich in ihr Selbstbestimmungsrecht über die Art und Weise der Durchführung der Versammlung eingegriffen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakte des Beschwerdeverfahrens Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Der Sachvortrag im Beschwerdeverfahren rechtfertigt weder eine Abänderung noch eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. April 2015, wobei sich die Prüfung auf die dargelegten Gründe zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Ob die streitbefangene, auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG gestützte Beschränkung allerdings geeignet und erforderlich ist, der von der Antragsgegnerin befürchteten Störung der gleichzeitig stattfindenden Versammlung der P.-Bewegung entgegenzuwirken, lässt sich insbesondere angesichts der Eilbedürftigkeit schon in tatsächlicher Hinsicht nicht hinreichend sicher feststellen.

So ist nicht bekannt, wie weit die beiden gleichzeitig vorgesehenen (Gegen-)Versammlungen der Antragstellerin und der P.-Bewegung tatsächlich voneinander entfernt sind. Es lässt sich daher nicht beurteilen, ob die von der Antragstellerin beabsichtigten Musikdarbietungen angesichts der ebenfalls verfügten Lautstärkenbegrenzung überhaupt geeignet sind, die andere Versammlung nachhaltig zu stören oder deren Durchführung sogar unmöglich zu machen, und darüber hinaus auch störender wirken als ein anderweitiger Einsatz der Lautsprecher bei gleicher Lautstärke. Da diese Frage auch von den räumlichen Verhältnissen des Versammlungsortes abhängig sein dürfte, die dem Senat nicht bekannt sind, und zudem von der Ausrichtung der Lautsprecher und sonstigen lärmrelevanten Bedingungen, kann insofern eine eindeutige, belastbare Aussage nicht getroffen werden.

Auch die von der Antragstellerin in ihrer Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die Beschränkung in Ziffer 1.3.6. des Bescheids vom 13. April 2015 neben der Beschränkung in Ziffer 1.3.5., nämlich der Festsetzung des momentanen Schallpegels auf maximal 85 dB(A) im Abstand von 5 Metern vor der Austrittsmündung der betriebenen Lautsprecher und Megaphone, noch erforderlich ist, lässt sich ohne genauere Kenntnis der näheren lärmrelevanten Umstände nicht abschließend beurteilen. Insbesondere kann vom Senat im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nicht eingeschätzt werden, ob ununterbrochene Musikdarbietungen einen störenderen Effekt haben als z. B. Wortbeiträge in derselben Dezibelstärke.

Aber auch die Rüge der Antragstellerin, die streitgegenständliche Beschränkung beeinträchtige ihr Recht, über die Art und Weise ihrer Versammlung selbst bestimmen zu dürfen (vgl. BVerfGE 69, 315/343), greift nicht. Denn die Antragstellerin behauptet zwar einen solchen Eingriff, führt dann aber nur pauschal aus, sie wolle auch ohne das ihr von der Antragsgegnerin auferlegte starre Reglement die Redebeiträge und die Musikdarbietungen ausgewogen abstimmen. Damit legt sie aber nicht hinreichend dar, dass mit der Festlegung der Musikbeiträge und der anderen Beiträge auf starre 10-Minuten-Blöcke das Programm für ihre beabsichtigte Versammlung so nachhaltig beeinträchtigt wird, dass sie in ihrem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs.1 GG unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Denn hierzu hätte es zumindest einer überschlägigen Darlegung bedurft, welches Programm für die Versammlung geplant war und inwiefern dieses durch die Beschränkung nicht mehr wie gewünscht durchführbar ist. Hinzu kommt, dass das Selbstbestimmungsrecht nicht die Abwägung mit kollidierenden Interessen Dritter, hier dem Recht der Versammlungsteilnehmer an der parallel stattfindenden Versammlung auf ungestörte Grundrechtsausübung ihres Versammlungsrechts, erübrigt.

Lässt sich nach alledem die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Beschränkung im Eilverfahren nicht abschließend beurteilen und sind demgemäß die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren offen, hat der Senat eine Interessenabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung fällt wie in erster Instanz zu Ungunsten der Antragstellerin aus, weil einer ungestörten Durchführung beider Versammlungen ein höheres Gewicht beizumessen ist als der die Antragstellerin allenfalls geringfügig beeinträchtigenden Umgestaltung ihres „Versammlungsprogramms“. Im Übrigen hat sie selbst in der Beschwerde nicht hinreichend dargelegt, dass und weshalb die bereits vom Verwaltungsgericht mit dem selben Ergebnis vorgenommene Interessenabwägung fehlerhaft sein soll.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.