Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 02. Mai 2016 - Vf. 93-VI/14

bei uns veröffentlicht am02.05.2016

Gründe

Gründe:

I. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die den Beschwerdeführer betreffende Ordnungsmaßnahme des Regionalleiters der Bergwacht München vom 2. März 2011, gegen die nachfolgende Entscheidung des Bezirksschiedsgerichts Oberbayern des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) vom 16. April 2011 Az. 111 und den diesbezüglichen Beschluss des Landesschiedsgerichts des BRK vom 18. Oktober 2011 Az. LSchG 53.531/11 sowie gegen das hierzu ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Oktober 2013 Az. M 16 K 12.1065 und den nachfolgenden Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. August 2014 Az. 21 ZB 14.428.

1. Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Bergwacht München in der Bergwacht Bayern, einer dem BRK zugeordneten Bergrettungsorganisation. Die Bergwacht Bayern gliedert sich in Regionen und örtliche Bergwachtbereitschaften; die Bergwacht München gehört zur Region Hochland.

Im März 2009 wurde der Beschwerdeführer zum ehrenamtlichen Bereitschaftsleiter der Bergwacht München gewählt. In deren Namen übersandte er im Juni 2009 der Audi AG eine Bestellung über ein Einsatzfahrzeug Audi Q7 mit Sondersignalanlage. Er teilte dabei mit, das Fahrzeug werde von der D. GmbH als Sponsor gekauft und exklusiv von der Bergwacht München genutzt und auf diese zugelassen. Die dem Schreiben beigefügte Bestellung war vom Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der D. GmbH unterzeichnet. Die ebenfalls von ihm unterzeichnete Erklärung, wonach sich der Käufer gegenüber der Audi AG verpflichte, das Fahrzeug für einen Zeitraum von mindestens neun bis zwölf Monaten ab Erstzulassung ununterbrochen auf seinen Namen zuzulassen und während dieses Zeitraums selbst als Einsatzfahrzeug zu nutzen, enthielt den vom Beschwerdeführer stammenden Zusatz, das Fahrzeug werde auf die Bergwacht München zugelassen.

Am 20. Oktober 2009 wurde das Fahrzeug, für das die Audi AG einen Sonderrabatt von 30% gewährt hatte, auf die Bergwacht München zugelassen. Die vom Finanzamt eingezogene Kraftfahrzeugsteuer wurde der Bergwacht München von der D. GmbH erstattet.

Bereits am 14. Juli 2009 war der Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ gegründet worden, der laut Satzung u. a. zum Ziel hat, die Bergwacht München zu unterstützen. Der Beschwerdeführer ist Vorsitzender des Vereins.

Im Frühjahr 2010 führte die Region Hochland bei der Bergwacht München eine Revision durch, deren Ergebnisse in einem abschließenden Bericht vom 10. November 2010 festgehalten und auch dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurden.

Mit Schreiben vom 2. März 2011 entband der Regionalleiter der Bergwacht Hochland den Beschwerdeführer vorläufig und mit sofortiger Wirkung von seiner Funktion als Bereitschaftsleiter der Bergwacht München. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, bei der Revision sei festgestellt worden, dass der private Pkw des Beschwerdeführers auf die Bergwacht München zugelassen sei. Bei einer Besprechung in der Landesgeschäftsstelle der Bergwacht Bayern am 26. Oktober 2010 sei vereinbart worden, das Fahrzeug auf die D. GmbH als Halterin umzumelden. In der Folgezeit habe man aber feststellen müssen, dass es auf den Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ umgemeldet worden sei. Die Revision habe vorgeschlagen, den Vorgang zu den Akten zu legen, wenn eine ordnungsgemäße Ummeldung erfolge und die Bergwacht München bei der Bekanntgabe des Revisionsberichts über den Sachverhalt unterrichtet werde. Da der Beschwerdeführer aber mit Anwaltsschreiben vom 18. Januar 2011 gerichtliche Schritte für den Fall einer Bekanntgabe des Revisionsberichts angedroht habe, seien weitere Informationen über die Beschaffung des Fahrzeugs eingeholt worden. Aufgrund einer Auskunft der Audi AG stehe nunmehr fest, dass der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Bereitschaftsleiter der Bergwacht München auf deren Briefpapier und auf weiteren Dokumenten gegenüber der Audi AG erklärt habe, der Audi Q7 solle als Einsatzfahrzeug der Bergwacht München beschafft und exklusiv für deren Zwecke verwendet werden. Wegen dieser Bestätigung sei das Fahrzeug gegenüber der D. GmbH mit einem Behördenrabatt von ca. 30% in Rechnung gestellt worden. Nach den Aufzeichnungen des Beschwerdeführers in seinem Fahrtenbuch stehe fest, dass das Fahrzeug von Anfang an weit überwiegend nicht für Zwecke der Bergwacht verwendet worden sei. Dieses Verhalten sei rechtlich unsauber und geeignet, der Bergwacht Bayern erheblichen Schaden zuzufügen. Damit werde im Licht aller weiteren Vorfälle einer weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit die Vertrauensbasis völlig entzogen. Neben diesem Sachverhalt sprächen nämlich weitere Gründe dafür, dass der Beschwerdeführer auch weiterhin und nachhaltig gegen die Grundsätze und Vorgaben der Bergwacht verstoßen werde. So habe er sich für die Jahre 2007 und 2008 Spendenquittungen in Höhe von 3.120,60 € ausgestellt und diese Belege in die bereits abgeschlossene, durch die Revision geprüfte und durch Wirtschaftsprüfer testierte Buchhaltung 2008 eingebucht, obwohl ihm vom vormaligen Bereitschaftsleiter die Ausstellung entsprechender Spendenquittungen verweigert worden sei. Darin liege ein grober Verstoß gegen mehrere geltende Regeln. Der Beschwerdeführer habe für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum, in dem er nicht in Bereitschaftsleiterverantwortung gewesen sei, für sich selbst unter Verstoß gegen das Vier-Augen-Prinzip Spendenquittungen ausgestellt und in die Buchhaltung eingestellt; dadurch seien deren Richtigkeit insgesamt berührt und das Testat der Wirtschaftsprüfer gefährdet worden. Unmittelbar nach seiner Wahl zum Bereitschaftsleiter habe er den Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ gegründet, bei dem es sich nach seinen Einlassungen um einen Förderverein der Bergwacht München handeln solle. Offensichtlich bringe dieser Verein der Bergwacht München aber nicht zusätzliche Mittel ein, sondern entziehe ihr Mittel, denn ihre Umsätze aus Ausbildungstätigkeiten hätten sich im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr um ca. zwei Drittel verringert. Durch die Verlagerung bergwachteigener Tätigkeiten in den Verein sei eine völlige Intransparenz entstanden, die es der Bergwacht nicht mehr möglich mache, die Vorgänge mit vertretbarem Aufwand nachzuvollziehen. Die Ämterhäufung in der Person des Beschwerdeführers lasse befürchten, dass Entscheidungen nicht mehr ausschließlich zum Vorteil der Bergwacht getroffen würden. Mit weiteren - näher dargelegten - Handlungen habe der Beschwerdeführer wesentlich dazu beigetragen, das Verhältnis der Bergwacht München zu den örtlich zuständigen Bergwachten so zu stören, dass eine konstruktive Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei. Er habe Planungen und Maßnahmen nicht im erforderlichen Umfang abgestimmt, seine Zuständigkeiten und Kompetenzen wesentlich überschritten, wichtige Unterlagen abgeändert, allgemeine Grundsätze der Zusammenarbeit verletzt, Spannungen mit Partnern und anderen provoziert und bei vielen Beteiligten den Eindruck hinterlassen, dass er nicht ehrlich und fair mit ihnen umgehe. Er erhalte bis zum 15. März 2011 Gelegenheit zur Stellungnahme; danach werde entschieden, ob die vorläufige Entbindung aufgehoben oder in eine endgültige Enthebung umgewandelt werde.

Gegen die vorläufige Entbindung als Bereitschaftsleiter ließ der Beschwerdeführer Widerspruch einlegen und u. a. vortragen, das Fahrzeug habe der Bergwacht München immer zur Verfügung gestanden, da er bei seinen beruflichen oder privaten Fahrten stets für die Rettungsleitstelle München erreichbar gewesen sei. Dass Fahrzeuge von privat oder von Dritten beschafft würden, sei im BRK übliche Praxis; beim Kreisverband München gebe es mindestens zwei ehrenamtliche Mitglieder, die ihren Privatwagen mit Sondersignal ausgestattet und einen vergleichbaren Rabatt vom Händler erhalten hätten. Der Bergwacht München seien durch die Existenz des Vereins „Alpines Rettungswesen e. V.“ keine Nachteile entstanden.

Mit Beschluss vom 16. April 2011 wies das Bezirksschiedsgericht beim Bezirksverband Oberbayern des BRK den Widerspruch zurück. Die Disziplinarmaßnahme sei formell und materiell rechtmäßig. Die Umstände um die Beschaffung des Fahrzeugs und die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Vorsitzender im Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ seien schwere Dienstpflichtverletzungen; die unbefristete Amtsenthebung stelle eine angemessene Reaktion auf dieses Verhalten dar. Soweit dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde, er habe sich in pflichtwidriger Weise Spendenquittungen erstellen lassen, sei eine Dienstpflichtverletzung nicht mit der nötigen Gewissheit feststellbar, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Zuwendungsbestätigung gehabt habe.

Die Beschwerde hiergegen wies das Landesschiedsgericht des BRK am 18. Oktober 2011 zurück. Der Beschwerdeführer sei zu Recht aus seinem Amt als Leiter der Bereitschaft der Bergwacht München abberufen worden. Er habe sich für die Führung dieses Amts als ungeeignet erwiesen, weil er mit der Anschaffung und Nutzung des Fahrzeugs und der Gründung und der Übernahme des Vorsitzes des Vereins „Alpines Rettungswesen e. V.“ gegen die Grundsätze der Bergwacht, insbesondere gegen das Transparenzgebot, gegen die Pflicht zu einem kommunikativen Miteinander sowie gegen die jedem Mitglied auferlegte Treuepflicht gegenüber dem BRK verstoßen habe. Es lägen verschiedene Verstöße gegen die in der Verwaltungsordnung des BRK enthaltenen Bestimmungen über Dienstfahrzeuge vor. Der Beschwerdeführer könne sich nicht darauf berufen, dass ihm die geltenden Vorschriften und Übungen nicht bekannt gewesen seien; als Bereitschaftsleiter habe ihm zumindest eine Informationspflicht oblegen. Bezüglich der getroffenen Ordnungsmaßnahme sei weder eine Verfristung oder Verwirkung eingetreten, noch seien dabei rechtsstaatliche Grundsätze verletzt worden; dem Beschwerdeführer sei ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden.

2. Eine hiergegen am 24. November 2011 beim Landgericht München I erhobene Klage wurde mit Verfügung des Gerichts vom 11. April 2012 an das Verwaltungsgericht München abgegeben, nachdem der Beschwerdeführer dort am 1. März 2012 ebenfalls Klage gegen die Bergwacht Bayern im BRK erhoben hatte.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beantragte der Beschwerdeführer zuletzt die Feststellung, dass er bis zum Ablauf der Amtszeit am 31. Januar 2013 Bereitschaftsleiter der Bergwacht München gewesen sei, dass eine endgültige Entscheidung zu einer dauerhaften Amtsenthebung unzulässig gewesen wäre und dass die vorläufige Entbindung vom 2. März 2011 sowie die Entscheidungen des Bezirksschiedsgerichts vom 16. April 2011 und des Landesschiedsgerichts vom 18. Oktober 2011 unwirksam seien.

Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, für den disziplinarischen Eingriff in Mitgliedschaftsrechte bestehe keine satzungsrechtliche oder gesetzliche Grundlage. Die notwendigen Ausführungsbestimmungen seien nie erlassen worden, es gebe keine klare Zuständigkeitsregelung für Ordnungsmaßnahmen. Selbst wenn die Beklagte an die DRK-Disziplinarordnung, die sie bisher nicht ausdrücklich übernommen habe, nicht gebunden sei, müsse sie jedenfalls allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze des Disziplinarverfahrens beachten. Die angegriffene Maßnahme sei bereits aufgrund erheblicher Verfahrensfehler unwirksam. So sei dem Beschwerdeführer Einsicht in die - ohnehin unvollständige - Disziplinarakte zunächst verweigert und erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gewährt worden. Da die Maßnahme am 2. März 2011 in einem Akt mit der Mitteilung der Eröffnung des Disziplinarverfahrens erfolgt sei, fehle es an der Gewährung rechtlichen Gehörs. Eine gegen den Regionalleiter gerichtete Befangenheitsrüge sei nicht beachtet worden. Der Beschwerdeführer sei weder auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens hingewiesen worden noch darauf, dass er sich eines Beistands seiner Wahl bedienen könne und dass es ihm freistehe, sich zu äußern. Die Gründe, die zur Einleitung des Verfahrens geführt hätten, seien nicht konkretisiert worden. Die vom Beschwerdeführer benannten Zeugen seien nicht einvernommen, die Tatsachen nicht hinreichend ermittelt worden. Die Begründung für die disziplinarische Maßnahme sei den Begründungen der Schiedsgerichte angepasst worden; ein Nachschieben von Gründen sei aber im Disziplinarrecht verboten. Die Maßnahme sei zudem willkürlich. Dem Beschwerdeführer werde ein Verstoß gegen die Verwaltungsordnung des BRK vorgeworfen. Die Ordnung der Bergwacht nehme aber keinerlei Bezug auf diese Verwaltungsordnung, die nur für den hauptamtlichen Teil der Beklagten relevant sei. Die Verwaltungsordnung beziehe sich auch nur auf Dienstwagen, nicht aber auf die Konstruktion, dass der Erwerber aus privaten Mitteln ein Fahrzeug ankaufe und alle laufenden Kosten selbst trage. Die Beklagte sei durch die Zulassung des Fahrzeugs keinem Haftungsrisiko ausgesetzt gewesen, da der Beschwerdeführer die laufenden Kosten und die Versicherung übernommen habe. Das Fahrzeug sei auch nicht nur geringfügig für Zwecke der Bergwacht genutzt worden; der Beschwerdeführer sei damit ständig erreichbar und verfügbar gewesen. Die von ihm gewählte Konstruktion werde in einer Vielzahl von Fällen im BRK praktiziert. Der Geschäftsführer der Landesgeschäftsstelle sei nach Rücksprache mit der Zulassungsstelle mit der Zulassung einverstanden gewesen. Der Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ sei keine Konkurrenz, da die Bergwacht München keine Ersthelferausbildung anbiete. Die Beklagte dulde eine Vielzahl ähnlicher Fördervereine. Am Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ seien weitere Mitglieder der Bergwacht München beteiligt, gegen die aber keine Maßnahmen ergriffen worden seien. Die Funktionsentbindung sei wegen Verwirkung unzulässig, da die ihr zugrundeliegenden Vorwürfe schon monatelang bekannt gewesen seien. Dem Beschwerdeführer sei mitgeteilt worden, der Landesausschuss habe beschlossen, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, wenn der Pkw umgemeldet werde; dies sei geschehen. Die Behauptung, man habe erst vor wenigen Wochen Unterlagen der Audi AG erhalten, sei nicht glaubhaft und konstruiert. Eine vorläufige Maßnahme sehe die Ordnung der Bergwacht nicht vor. Weder die Beklagte noch die Schiedsgerichte hätten sich mit der Frage des Verschuldens auseinandergesetzt.

Mit Urteil vom 28. Oktober 2013 wies das Verwaltungsgericht München die Klage ab. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Rechtsgrundlage für die Ordnungsmaßnahme sei § 11 Abs. 3 der Satzung des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK-Satzung) i. V. m. § 29 Abs. 2 der Ordnung der Bergwacht Bayern (OBW). Danach könne ein Mitglied bei Verstößen gegen Grundsätze und Vorgaben der Bergwacht Bayern vorübergehend oder auf Dauer von seiner Funktion entbunden werden. Im Hinblick auf die der Beklagten zukommende Verbandsautonomie und wegen der Ausgestaltung der Rechtsgrundlage als Ermessensentscheidung sei der Prüfungsmaßstab des Gerichts eingeschränkt. Es sei lediglich zu prüfen, ob die angegriffene Maßnahme in der Satzung bzw. Ordnung der Beklagten eine Stütze finde, ob das satzungsmäßig vorgeschriebene Verfahren oder jedenfalls wesentliche allgemeingültige Verfahrensregeln beachtet worden und keine sonstigen Gesetzes- oder Satzungsverstöße vorgekommen seien, ob die der Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen bei objektiver, an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteter Tatsachenermittlung zutreffend festgestellt worden seien und ob die Maßnahme ermessensfehlerfrei ergangen, insbesondere nicht willkürlich oder unverhältnismäßig sei.

Gemessen daran sei die Funktionsentbindung nicht zu beanstanden. Verfahrensfehler seien nicht festzustellen. Besondere durch Satzung vorgeschriebene Verfahrensregelungen seien nicht zu beachten gewesen, da Ausführungsbestimmungen zu den in § 29 OBW geregelten Ordnungsmaßnahmen bislang nicht erlassen worden seien. Das Verfahren richte sich nicht nach der vom Deutschen Roten Kreuz erlassenen Ordnung für Belobigungen, Beschwerde- und Disziplinarverfahren der Gemeinschaften Bereitschaften, Bergwacht und Wasserwacht (DRK-Disziplinarordnung), die im hier maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht durch Erlass einer Satzung umgesetzt worden sei. Diese Ordnung komme auch nicht deshalb zum Tragen, weil einzelne Untergliederungen des BRK in ihren Ordnungen ihre Anwendung vorsähen oder sie tatsächlich anwendeten. Jedenfalls für den Bereich der Bergwacht Bayern lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dort entsprechende Beschlüsse gefasst worden wären oder die DRK-Disziplinarordnung in vergleichbaren Fällen tatsächlich Anwendung gefunden hätte. Da die in der DRK-Disziplinarordnung vorgeschriebenen Hinweis- und Dokumentationspflichten nicht zu beachten seien, habe dem Beschwerdeführer die Einleitung des Ordnungsverfahrens nicht formell mitgeteilt werden müssen. Er könne auch nicht mit Erfolg rügen, ihm sei kein rechtliches Gehör gewährt worden. Seit Bekanntgabe der Feststellungen der Revision habe er ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Es seien keine Anhaltspunkte erkennbar, die die Besorgnis der Befangenheit des Regionalleiters begründen könnten. Der Beschwerdeführer könne sich auch weder auf Verfristung noch auf Verwirkung berufen. Die in der DRK-Ordnung geregelten Fristen seien nicht zu beachten gewesen. Soweit der Beschwerdeführer den Verwirkungseinwand darauf stütze, dass er nicht mehr mit einer Ordnungsmaßnahme habe rechnen müssen, weil der Landesvorstand beschlossen habe, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, wenn das Fahrzeug umgemeldet und die Spendenbescheinigungen zurückgezogen seien, könne ihm nicht gefolgt werden, da sein Vertrauen im Hinblick auf das nachfolgende Schreiben seines Bevollmächtigten nicht schutzwürdig gewesen sei.

Die auf § 29 Abs. 2 OBW gestützte Ordnungsmaßnahme sei auch materiell rechtmäßig. Der Regionalleiter der Bergwacht Hochland habe im Verhalten des Beschwerdeführers zu Recht Verstöße gegen Grundsätze und Vorgaben der Bergwacht Bayern gesehen. Der Beschwerdeführer habe gegenüber der Audi AG erklärt, das Fahrzeug werde exklusiv von der Bergwacht München als Einsatzfahrzeug genutzt. Der als Zeuge vernommene Verkäufer habe bestätigt, er sei bei der Gewährung des Sonderrabatts nicht davon ausgegangen, dass das Fahrzeug privat genutzt würde, und dass der Beschwerdeführer ihm gegenüber erklärt habe, das Fahrzeug werde für die Bergwacht, für Auslandseinsätze und für die Höhlenrettung genutzt. Dem Fahrtenbuch des Beschwerdeführers sei zu entnehmen, dass das Fahrzeug ausschließlich von ihm und nicht nur für Zwecke der Bergwacht verwendet worden sei. Dies sei zu Recht als Verstoß gegen Vorgaben und Grundsätze der Bergwacht Bayern gewertet worden. Die Verwaltungsordnung des BRK (VO-BRK), die nach ihrer Präambel die Grundlage der Verwaltungstätigkeit für das gesamte BRK bilde, treffe auch Regelungen für Dienstfahrzeuge der ehrenamtlich tätigen Kräfte. Das „Konstrukt“ des Beschwerdeführers widerspreche den dortigen Vorgaben, weil es zur Schaffung einer nicht in den Vorschriften des BRK vorgesehenen Kategorie eines Dienst- bzw. Einsatzfahrzeugs geführt habe, das nicht den Regelungen der VO-BRK unterworfen gewesen sei. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Landesgeschäftsstelle der Bergwacht Bayern sei mit der Zulassung des Fahrzeugs auf die Bergwacht einverstanden gewesen. Aus dem dazu vorgelegten handschriftlichen Vermerk lasse sich nicht ableiten, dass der Zulassung des Fahrzeugs in Kenntnis des „Konstrukts“ des Beschwerdeführers zugestimmt worden sei. Die als Zeugin vernommene Büroleiterin habe das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht bestätigt; die Nichtaufklärbarkeit gehe zu seinen Lasten. Eine ausdrückliche Zustimmung der Landesgeschäftsstelle zu dem „Konstrukt“ sei im Übrigen höchst unwahrscheinlich. Auch die dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemachten Vorgänge um die Zuwendungsbestätigungen stützten sich auf eine zutreffend festgestellte Tatsachengrundlage. Unstreitig habe der Beschwerdeführer die Buchungen selbst vorgenommen und sich selbst Spendenbestätigungen ausgestellt. Dadurch habe er die bereits abgeschlossene, durch die Revision geprüfte und durch die Wirtschaftsprüfer testierte Buchhaltung des Jahres 2008 rückwirkend verändert. Darin liege jedenfalls ein Verstoß gegen das in der VO-BRK geregelte „Vier-Augen-Prinzip“. Ebenfalls nicht zu beanstanden sei die Wertung des Regionalleiters, dass die Gründung des Vereins „Alpines Rettungswesen e. V.“ intransparent und damit nachteilig für die Bergwacht München sei. Der jetzige und frühere geschäftsführende bzw. stellvertretende Bereitschaftsleiter habe in seiner Zeugenaussage bestätigt, dass durch die Verlagerung der Durchführung der Erste-Hilfe-Kurse von der Bergwacht München auf den Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ auch die entsprechenden Erlöse auf den Verein verlagert worden seien. Damit lägen die Nachteile für die Bergwacht München auf der Hand. Sie habe weder Einblick in das Tätigwerden des Vereins, noch sei für sie gewährleistet, dass ihr die von dem Verein erzielten Erlöse tatsächlich zugute kämen. Auch die Rüge, der Regionalleiter und die Schiedsgerichte hätten es versäumt, das Vorliegen von Verschulden zu prüfen, führe nicht zum Erfolg der Klage. Bei einer Funktionsentbindung stehe der Sanktionscharakter nicht im Vordergrund; sie setze daher kein Verschulden voraus. Ein schuldlos gegen Vorgaben und Grundsätze der Bergwacht Bayern verstoßender Funktionsträger erweise sich jedenfalls als ungeeignet zur Ausübung seines Amts, was seine Entbindung ebenfalls rechtfertige. Die streitgegenständliche Ordnungsmaßnahme lasse auch keine Ermessensfehler erkennen. Die Maßnahme sei nicht willkürlich nur gegen den Beschwerdeführer gerichtet. Der Geschäftsführer des BRK Kreisverbandes München habe glaubwürdig und überzeugend dargelegt, dass das „Fahrzeugkonstrukt“ des Beschwerdeführers keineswegs gängiger Praxis im BRK entspreche. Dass gegen die weiteren Gründungsmitglieder des Vereins „Alpines Rettungswesen e. V.“ nicht in vergleichbarer Weise vorgegangen worden sei, sei damit zu rechtfertigen, dass diesen im Gegensatz zum Beschwerdeführer keine weiteren Verstöße vorzuwerfen seien. Die Ordnungsmaßnahme habe als vorläufige Maßnahme ergehen können. Zwar sehe § 29 Abs. 2 OBW ausdrücklich nur die vorübergehende und damit befristete Entbindung oder die Entbindung auf Dauer vor. Eine Funktionsentbindung als vorläufige Maßnahme mit der Maßgabe nochmaliger Prüfung nach Eingang einer Stellungnahme des Betroffenen sei jedoch als milderes Mittel von der Eingriffsgrundlage mitumfasst.

3. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 30. März 2014 einen Antrag auf Zulassung der Berufung.

Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, weil die Mitglieder von Rotkreuz-Gemeinschaften nach § 11 Abs. 3 BRK-Satzung nur den in der Ordnung der jeweiligen Gemeinschaft festgelegten Ordnungsmaßnahmen unterworfen seien. Vorläufige Maßnahmen sehe § 29 Abs. 2 OBG nicht vor; die Annahme eines „milderen Mittels“ verbiete sich daher. Das Verwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die Beklagte treuwidrig und willkürlich eine endgültige Entscheidung über die Funktionsenthebung verweigert habe, um die Rechte des Beschwerdeführers zu unterlaufen. Da § 11 Abs. 3 BRK-Satzung nur auf die in den Gemeinschaftsordnungen geregelten Ordnungsmaßnahmen verweise, könnten dort nur Rechtsfolgen, nicht aber weitere Tatbestandsvoraussetzungen geregelt werden. Fraglich sei, ob die Wendung „Verstoß gegen Grundsätze und Vorgaben der Bergwacht Bayern“ als Voraussetzung für eine Vereinssanktion hinreichend bestimmt sei. Insbesondere das Wort „Vorgaben“ lasse für den gewählten Funktionsträger und für das Sanktionsorgan keinen Handlungsrahmen erkennen. Da die Funktionsentbindung eine Sanktion darstelle, sei auch ein Verschulden erforderlich, an dem es hier fehle. Das „Fahrzeugkonstrukt“ sei dem Beschwerdeführer von der Audi AG als üblicher Weg angeboten worden; es habe sich beim BRK um keinen Einzelfall gehandelt. Mit der Buchung der Spenden habe der Beschwerdeführer nicht gegen das Vier-Augen-Prinzip verstoßen, da er das Vorgehen mit seinem Stellvertreter abgesprochen habe; dieser habe auch die Aufwandsnachweise gegengezeichnet. Das Verwaltungsgericht sei nicht auf eine bestehende Sonderregelung zur Aufwandsersatzspende eingegangen; der betreffende Abschnitt der VO-BRK enthalte keinen Ausschluss von Spendenbescheinigungen. Doppelfunktionen und Personalunionen wie beim Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ seien im BRK häufig anzutreffen und daher unschädlich. Soweit es dadurch zu einer Minderung der Erlöse bei der Bergwacht München gekommen sei, habe es sich um illegale Einnahmen aus Erste-Hilfe-Kursen gehandelt; wegen der Zuwendung des Fördervereins aus dessen legal erzielten Einnahmen habe die Bergwacht München sogar eine Einnahmenmehrung erzielt. Hierzu und zur Duldung von Personalunionen habe das Verwaltungsgericht nichts weiter aufgeklärt, obwohl der Beschwerdeführer dazu unter Beweisantritt substanziiert vorgetragen habe. Die Auffassung des Gerichts, die Kumulation von einzeln nicht sanktionierbaren Gründen rechtfertige eine Sanktionierung, widerspreche dem auch im Vereinsrecht anwendbaren Gleichbehandlungsgrundsatz. Das angegriffene Urteil stütze sich zu Unrecht darauf, dass die DRK-Disziplinarordnung mangels Umsetzung in den Landesverbänden unanwendbar sei; sie gelte aber unmittelbar oder zumindest kraft Vereinsobservanz und werde von der Beklagten auch tatsächlich angewandt. Ein Vorgehen gegen den Beschwerdeführer nach der DRK-Disziplinarordnung sei schon wegen Fristversäumung und weiterer Verfahrensverstöße nicht möglich gewesen. Selbst bei Unanwendbarkeit dieser internen Verfahrensordnung seien zumindest rechtsstaatliche Mindestanforderungen verletzt worden. Die allgemeine telefonische Mitteilung, dass wegen bestehender Differenzen eine Ordnungsmaßnahme geplant sei, genüge nicht den Anforderungen an die Gewährung rechtlichen Gehörs. Die im Gerichtsverfahren vorgelegte Verfahrensakte enthalte keine die Vorwürfe belegenden Unterlagen; insbesondere zu den „neueren Erkenntnissen“ aus Anfragen bei der Audi AG sei dort nichts dokumentiert. Zu den - sich inhaltlich ändernden - Vorwürfen habe der Beschwerdeführer nicht hinreichend Stellung nehmen können. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Verwirkung der Sanktionsbefugnis verneint. Die gerichtliche Überprüfung der Disziplinarmaßnahme sei nicht entsprechend § 114 VwGO eingeschränkt; angesichts der Quasi-Monopolstellung der Beklagten sei eine prinzipiell vollständige gerichtliche Kontrolle geboten.

Die Berufung sei auch wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen, da die drei zentralen Vorwürfe sich nicht auf eindeutige und bekannte Regelungen stützen ließen. Die in den unterschiedlichen Instanzen vorgebrachten wechselnden Begründungen für die Disziplinarmaßnahme beruhten auf der Fülle der Vorwürfe und der Schwierigkeit, den Sachverhalt im Blick zu behalten. Es bestünden erhebliche rechtliche Schwierigkeiten, den Status des ehrenamtlichen Mitglieds im BRK und das disziplinarische Umfeld festzustellen. Der Rechtsstreit habe auch grundsätzliche Bedeutung, weil die Anwendbarkeit der DRK-Disziplinarordnung, die Zulässigkeit von Personalunionen beim BRK und seinen Fördervereinen, die disziplinarrechtliche Bewertung der Erteilung von Zuwendungsbestätigungen durch den Bestätigungsempfänger und der Rechtsrahmen für privat finanzierte Dienstwagen zur dienstlichen und privaten Nutzung zu klären seien. Die Berufung sei ferner deshalb zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht mit der Annahme der Nichtanwendbarkeit der DRK-Disziplinarordnung von einer höchstrichterlichen Entscheidung abweiche, wonach eine übergeordnete Organisationsebene aufgrund satzungsrechtlicher Ermächtigung verbindliche Regelungen für einen Verein treffen könne (BVerfG vom 5.2.1991 NJW 1991, 2623).

Mit Beschluss vom 12. August 2014 lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestünden nicht. Der Senat teile die Einschätzung, dass die Entbindung von der Funktion als Bereitschaftsleiter als Ordnungsmaßnahme auf der Grundlage des § 29 Abs. 2 OBG formell und materiell nicht zu beanstanden sei, weil der Beschwerdeführer mehrfach gegen die Grundsätze und Vorgaben der Bergwacht Bayern verstoßen habe. So habe er, um in den Genuss eines Sonderrabatts von 30 v. H. zu kommen, bei der Beschaffung des Fahrzeugs gegenüber der Audi AG erklärt, dieses werde exklusiv von der Bergwacht München genutzt. Aus dem Fahrtenbuch ergebe sich aber, dass das Fahrzeug ausschließlich von ihm selbst und nicht nur für Zwecke der Bergwacht verwendet worden sei. Außerdem habe der Kläger Buchungen für Aufwandsspenden selbst vorgenommen und dabei die bereits abgeschlossene, durch die Revision geprüfte und durch die Wirtschaftsprüfer testierte Buchhaltung des Jahres 2008 rückwirkend verändert; auch habe er sich selbst Spendenbescheinigungen ausgestellt. Schließlich habe er den für die Bergwacht München nachteiligen Verein „Alpines Rettungswesen e. V.“ mitgegründet und dessen Vorsitz übernommen. Diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht durch Auswertung der vorliegenden Akten und eine umfassende Beweisaufnahme in Form von Zeugenvernehmungen in nicht zu beanstandender Weise festgestellt und rechtsfehlerfrei gewürdigt. Der Senat folge in allen Punkten den ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des angefochtenen Urteils und sehe von weiteren eigenen Ausführungen ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die umfangreiche Begründung des Berufungszulassungsantrags, die der Senat zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen habe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Rechtssache weise keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf. Der Sachverhalt sei durch den Inhalt der vorliegenden Akten und die Beweisaufnahme des Verwaltungsgerichts geklärt; die rechtliche Würdigung stütze sich im Wesentlichen auf § 29 Abs. 2 OBG und bereite keine außergewöhnlichen Probleme. Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung. Entscheidungserhebliche, über den Einzelfall hinaus bedeutsame Fragen werfe der Zulassungsantrag nicht auf. Die maßgebliche Frage, ob der Kläger durch sein Verhalten gemäß § 29 Abs. 2 OBG gegen die Grundsätze und Vorgaben der Bergwacht Bayern verstoßen habe, lasse sich nur einzelfallbezogen beantworten. Die geltend gemachte Divergenz sei schon nicht hinreichend und nachvollziehbar dargelegt.

II. 1. Mit der am 8. Oktober 2014 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung

- „des Grundsatzes des fairen Verfahrens, Art. 85, 5, 100 Bayerische Verfassung (BV), Art. 6 I EMRK“;

- „des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs, des Grundsatzes der Unschuldsvermutung und nemo se ipsum accusare, Art. 3 I 1, 100 BV, Art. 47 II EUGrundrechtscharta, Art. 6 I, III EMRK“;

- „des Grundsatzes der Bestimmtheit nulla poena sine lege, des Schuldprinzips nulla poena sine culpa, des Grundsatzes der Strafangemessenheit, Art. 8, 100, 104 II BV“;

- „des Grundsatzes der Bestimmtheit und rechtsstaatlichen Gestaltung des Verfahrens, Art. 3 I 1 BV“;

- „der Grundsätze der Verwirkung und des Vertrauensschutzes, Art. 3 I 1 BV“.

Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Sie richte sich gemäß Art. 66, 120 BV, Art. 51 Abs. 1 VfGHG gegen Handlungen bayerischer Gerichte und Behörden. In diesem Sinn unterfalle auch das BRK als Körperschaft des öffentlichen Rechts dem Behördenbegriff. Der Rechtsweg sei mit der rechtskräftigen Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erschöpft. Eine Gehörsrüge sei untunlich, da es bereits an der Voraussetzung rechtlichen Gehörs fehle, nämlich der Mitteilung von Tatsachen und Unterlagen zur Information.

Die Verfassungsbeschwerde sei begründet, da die genannten Gerichte und Schiedsgerichte sowie der Disziplinarvorgesetzte entweder selbst grundrechtswidrig gehandelt oder das grundrechtswidrige Handeln der Bergwacht Bayern bestätigt hätten. Das BRK und damit die Bergwacht Bayern als deren unselbstständiger Teil seien grundrechtsgebunden. Das Landgericht München I habe dies in einem Urteil vom 9. September 1992 (NJW-RR 1993, 890) damit begründet, dass ein Monopolverein vorliege, der staatliche Finanzmittel erhalte. Hieran habe sich seitdem nichts geändert; die Bergwacht Bayern sei aufgrund des Art. 17 BayRDG für den Bereich der Berg- und Höhlenrettung faktisch weiterhin Inhaberin eines Monopols. Auch wenn wegen der Vereinsautonomie keine unmittelbare Grundrechtsbindung bestehe, komme eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte in Betracht, die auch bei der privaten Normsetzung zu beachten sei. Soweit sich der Staat im Rahmen der Daseinsvorsorge und Gefahrenabwehr privatrechtlich organisierter Dritter bediene, dürfe diese Organisationsform nicht zu einer Aushöhlung des Grundrechtsschutzes führen. Für den Bereich der privatrechtlichen Vereine habe der Bundesgerichtshof einen Rechtsrahmen im Hinblick auf tragende rechtsstaatliche Grundsätze auch für die Binnenorganisation von Personenvereinigungen geschaffen; dies sei hier von den Gerichten und Schiedsgerichten trotz deutlicher Hinweise des Beschwerdeführers nicht oder nicht hinreichend beachtet worden.

Die Bergwacht Bayern habe gegen die grundrechtlich fundierte Prozessmaxime des fairen Verfahrens und das verfassungsrechtlich begründete Beschleunigungsgebot verstoßen, weil sie mit Blick auf das eingeleitete Schiedsverfahren bis zur Neuwahl eines Bereitschaftsleiters keine endgültige Entscheidung über die Funktionsentbindung getroffen habe. Dem Beschwerdeführer sei damit der Rechtsschutz gegen eine endgültige Entscheidung verwehrt geblieben; er habe seine Klage gegen die vorläufige Entbindung nach Ablauf seiner Amtszeit im März 2013 in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen müssen. Die Gerichte hätten diese Verfahrensverstöße nicht erkannt. Das Verwaltungsgericht habe in § 29 Abs. 2 OBW entgegen dem Wortlaut eine Kompetenznorm für vorläufige Maßnahmen gesehen; dies sei willkürlich und verletze das Recht auf ein faires Verfahren. § 29 Abs. 2 OBW könne keine ausreichende Grundlage für Sanktionen sein, da der Verweis in § 11 Abs. 3 BRK-Satzung auf die Ordnungsmaßnahmen in den Ordnungen der jeweiligen Rotkreuz-Gemeinschaft sich nur auf die Rechtsfolgen eines Verstoßes beziehe. Das Gericht habe verkannt, dass die Satzungsregelung kein Auswahlermessen hinsichtlich der zu treffenden Disziplinarmaßnahme vorsehe. Die Annahme einer nur vorläufigen Maßnahme widerspreche dem Grundsatz, dass eine Entscheidung nicht vollziehbar sei, solange sie noch mit einem Rechtsmittel angegriffen werden könne. Ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von (vereinsinternen) Rechtsmitteln sei nicht vorgesehen; von der in § 8 Abs. 3 BRK-Schiedsordnung vorgesehenen Möglichkeit einer vorläufigen Maßnahme habe das Schiedsgericht keinen Gebrauch gemacht.

Das Verwaltungsgericht habe gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, weil es sich nicht hinreichend damit beschäftigt habe, dass dem Beschwerdeführer zu keinem der erhobenen Vorwürfe Unterlagen vorgelegt und sonstige Informationen gegeben worden seien. Die Bergwacht Bayern habe seinem wiederholten Antrag auf Einsicht in die Akten des Disziplinarverfahrens nicht stattgegeben; damit sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Ein Disziplinarberechtigter dürfe dem Betroffenen nicht die Verteidigungslast aufbürden und ihn damit verpflichten, sich selbst möglicherweise zu belasten. Die Bergwacht Bayern habe die Begründung für ihre disziplinarische Maßnahme den jeweiligen Begründungen der Schiedsgerichte angepasst; ein solches Nachschieben von Gründen sei unzulässig. Dass nur gegen den Beschwerdeführer vorgegangen worden sei, obwohl andere Leitungspersonen des BRK ebenfalls mit privaten Mitteln Dienstwagen beschafft und unterhalten hätten und obwohl an der Gründung des Fördervereins neun weitere Mitglieder der Bergwacht München beteiligt gewesen seien, widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei gleichem Verstoß nicht nur einzelne der Vereinsmitglieder disziplinarisch belangt werden dürften. Die grundrechtlich geschützte Unschuldsvermutung und die in engem Kontext dazu stehenden Grundsätze der Aussagefreiheit und des Verbots des Zwangs zur Selbstbelastung würden unterlaufen, wenn wie hier allein der Betroffene in einem Verfahren durch seine Verteidigungsarbeit dem Vorwerfenden Unterlagen verschaffe, die dann zur Begründung neuer Vorwürfe oder einer abweichenden Begründung herangezogen würden. Es sei davon auszugehen, dass ohne den Sachvortrag des Beschwerdeführers nicht einmal eine Beweisaufnahme durch die Zeugenvernehmung stattgefunden hätte.

Das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof hätten unter Verstoß gegen Art. 104 Abs. 2 BV bzw. Art. 103 Abs. 2 GG die unzureichende Bestimmtheit der als Sanktionsnorm herangezogenen Vorschrift des § 29 Abs. 2 OBW verkannt. Die Disziplinargewalt der Vereine unterliege prinzipiell einer vollständigen gerichtlichen Kontrolle; der Vereinsautonomie seien gerade bei einem Monopolverband wie der Bergwacht Bayern enge Grenzen gesetzt. Bei einer Blankettnorm, die auf andere Regelungen verweise, müsse für das zur Ahndung berufene Organ bestimmbar sein, ob ein Verhalten von der generalisierenden Norm erfasst werde. Dies sei hier nicht der Fall, da die „Grundsätze“ der Bergwacht Bayern nicht kodifiziert seien und auch bei dem Wort „Vorgaben“ offenbleibe, ob damit schon mündliche „Ansagen eines Dienstvorgesetzten“ gemeint seien. Der Grundsatz nulla po-ena sine lege, das Schuldprinzip und das Prinzip der Schuldangemessenheit der Strafe seien verletzt, weil das Verwaltungsgericht angenommen habe, dass es auf ein Verschulden nicht ankomme. Die Annahme, es gehe „nur“ um eine Funktionsentbindung, bei der ein Sanktionscharakter nicht im Vordergrund stehe, sei nicht nachvollziehbar; eine Disziplinarmaßnahme habe per se Sanktionscharakter, da sie sonst willkürlich sei. Bei seiner Überzeugungsbildung habe das Verwaltungsgericht auch den Grundsatz in dubio pro reo missachtet.

Ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und gegen die Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens liege darin, dass das Verwaltungsgericht die mindestens analoge Anwendung der DRK-Disziplinarordnung negiert habe. Mit dem Vortrag des Beschwerdeführers hierzu habe sich das Gericht nicht auseinandergesetzt, sondern auf die Stellungnahme des Landesjustiziars des BRK verwiesen, der als Parteivertreter die Position des Bevollmächtigten der Bergwacht Bayern gestützt habe. Es sei auch kein Beweis zu dem Vortrag des Beschwerdeführers erhoben worden, dass die DRK-Disziplinarordnung in weiten Teilen des BRK tatsächlich angewandt werde. Übergangen worden sei sein Argument, die Mitgliedsverbände vermittelten nach § 1 Abs. 3 DRK-Satzung jedem Mitglied die Mitgliedschaft im DRK, so dass jedes Mitglied direkt der DRK-Disziplinarordnung unterliege. An das BRK seien schon wegen der Organisationsform als Körperschaft des öffentlichen Rechts höhere Anforderungen zu stellen als an einen privatrechtlichen Verein. Neben den Bestimmungen der DRK-Disziplinarordnung seien daher auch die sich aus öffentlich-rechtlichen Grundsätzen ergebenden Verfahrensregelungen z. B. des Bayerischen Disziplinargesetzes zu beachten. Wenn man eine direkte oder indirekte Geltung der DRK-Disziplinarordnung annehme, sei das Verfahren gegen den Beschwerdeführer verfristet eingeleitet und seien weitere wesentliche Verfahrensregelungen nicht eingehalten worden.

Trotz einer Rüge des Beschwerdeführers sei der rechtsstaatliche Grundsatz der Verwirkung nicht beachtet worden; das Verwaltungsgericht lasse bei seinen Ausführungen zu § 242 BGB außer Acht, dass die Bergwacht Bayern an speziellere Regeln des Vereinsrechts gebunden sei. Die Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer seien bereits zu lange bekannt gewesen, als dass die Bergwacht Bayern noch hätte tätig werden können.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 12. Dezember 2014, vom 26. Juni, 2. Oktober und 27. November 2015 sowie vom 13. Januar 2016 hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen ergänzt und vertieft.

2. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

III. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Entbindung vom Amt des Bereitschaftsleiters durch den Regionalleiter der Bergwacht Hochland vom 2. März 2011 sowie gegen die Beschlüsse des Bezirksschiedsgerichts beim Bezirksverband Oberbayern des BRK vom 16. April 2011 und des Landesschiedsgerichts des BRK vom 18. Oktober 2011 richtet, ist sie unzulässig, weil die genannten Organe des BRK und der ihm zugeordneten Bergwacht (§ 5 Abs. 4, § 44 der Satzung des BRK) nicht als „Behörden“ gemäß Art. 66 und 120 BV, Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG gehandelt haben.

Behörden im Sinn dieser Bestimmungen sind alle organisatorisch selbstständigen, an die Bayerische Verfassung gebundenen Amtsstellen, die Hoheitsakte erlassen und dadurch in verfassungsmäßige Rechte Einzelner eingreifen können (VerfGH vom 26.11.1981 VerfGHE 34, 178; vom 17.11.2014 BayVBl 2015, 154 Rn. 33). Das BRK und die ihm angehörenden Gemeinschaften wie die Bergwacht Bayern üben - jedenfalls soweit sie interne Angelegenheiten regeln und Maßnahmen gegenüber ihren Mitgliedern und Funktionsträgern erlassen - keine Hoheitsgewalt aus, so dass die betreffenden Akte nicht verfassungsbeschwerdefähig sind.

Zwar besitzt das BRK die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung des Bayerischen Roten Kreuzes). Der öffentlich-rechtliche Status besteht jedoch nur im formellen Sinn und ändert nichts daran, dass es sich bei materieller Betrachtung um eine grundrechtsgeschützte Betätigung Privater handelt (Di Fabio, BayVBl 1999, 449/450 f.; Renck, BayVBl 1993, 452/453). Das BRK nimmt lediglich gemeinwohlbezogene (öffentliche) Aufgaben z. B. im Rettungsdienst und im Zivil- und Katastrophenschutz wahr, ist aber nicht Träger staatlicher Hoheitsrechte und damit kein Teil der öffentlichen Verwaltung (VerfGH vom 13.4.1962 VerfGHE 15, 22/28 m. w. N.; vom 23.10.1991 VerfGHE 44, 109/119; BGH vom 15.3.2001 NJW 2001, 2102/2104; BayObLG vom 25.3.1969 BayObLGZ 1969, 89/94; vgl. BVerfG vom 20.2.1957 BVerfGE 6, 257/272 f.; vom 17.2.1965 BVerfGE 18, 385/387; vgl. auch die Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung des Bayerischen Roten Kreuzes, LT-Drs. 14/1451 S. 3). Die vom BRK und seinen Untergliederungen getroffenen Maßnahmen sind daher grundsätzlich dem Zivilrecht und nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl. BayVGH vom 5.3.2007 -21 C 06.2549 - juris Rn. 21; Di Fabio, a. a. O., S. 452).

Ob etwas anderes gilt, wenn Mitglieder des BRK in einem Einsatzfall aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung oder eines Vertrags (z. B. nach Art. 17 Abs. 2 BayRDG) an der Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe mitwirken (dazu aus amts-haftungsrechtlicher Sicht BGH vom 9.1.2003 NJW 2003, 1184 ff.), kann hier offenbleiben. Denn die vom Beschwerdeführer angegriffenen Maßnahmen betreffen ausschließlich die interne Organisation, die der verbandsautonomen Gestaltung durch das BRK bzw. die Bergwacht Bayern unterliegt. Dass auch in diesem privatrechtlich geregelten Bereich die Grundrechte der Bayerischen Verfassung im Wege der mittelbaren Drittwirkung relevant werden können, lässt die Verbandsorgane noch nicht zu „Behörden“ im Sinn von Art. 66 und 120 BV, Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG werden (vgl. Zacher in Nawiasky/Schweiger/Knöpfle, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 120 Rn. 30).

2. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Oktober 2013 und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. August 2014 wendet, handelt es sich zwar um Akte der bayerischen Staatsgewalt, die Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein können (Art. 51 Abs. 1 Satz 2 VfGHG). Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch auch insoweit nicht in zulässiger Weise erhoben worden.

a) Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG voraus, dass die behauptete Verletzung verfassungsmäßiger Rechte im Einzelnen dargelegt wird. Der Beschwerdeführer darf sich nicht damit begnügen, irgendeine ein verfassungsmäßiges Recht verbürgende Norm der Bayerischen Verfassung anzuführen und als verletzt zu bezeichnen. Es muss vielmehr - mindestens in groben Umrissen - erkennbar sein, inwiefern durch die angegriffene Maßnahme oder Entscheidung ein solches Recht verletzt sein soll. Auf der Grundlage des Vortrags in der Verfassungsbeschwerde muss die behauptete Rechtsverletzung zumindest möglich erscheinen (VerfGH vom 11.5.2004 VerfGHE 57, 39/42 f.; vom 14.9.2009 BayVBl 2010, 250/251; vom 17.11.2015 - Vf. 32-VI-15 - juris Rn. 16). Die bloße Behauptung, eine gerichtliche Entscheidung sei unrichtig, genügt diesen Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde nicht (VerfGH vom 14.2.2006 VerfGHE 59, 47/51; vom 3.11.2010 BayVBl 2011, 575; vom 25.8.2015 BayVBl 2016, 15 Rn. 24).

Verfassungsmäßige Rechte im Sinn der Art. 66 und 120 BV sind nur subjektive Rechte, also die Grundrechte und sonstige sich aus der Bayerischen Verfassung ergebende individuelle Rechtspositionen (VerfGH vom 22.10.1993 VerfGHE 46, 273/277; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 120 Rn. 36 m. w. N.). Im vorliegenden Verfahren können allerdings auch die in der Bayerischen Verfassung gewährleisteten subjektiven Rechte nur in eingeschränktem Umfang vom Beschwerdeführer gerügt und vom Verfassungsgerichtshof als Prüfungsmaßstab herangezogen werden. Denn das Verwaltungsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung auf die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur gerichtlichen Kontrolle vereinsrechtlicher Disziplinarmaßnahmen gestützt (BGH vom 9.6.1997 NJW 1997, 3368 ff.), die eine richterrechtliche Ergänzung der bundesgesetzlichen Bestimmungen zur Verbandsautonomie (Art. 9 Abs. 1 GG, § 25 BGB) bilden und daher ebenfalls zum bundesrechtlichen Normenbestand gehören (vgl. BVerfG vom 19.10.1982 BVerfGE 61, 149/203; BAG vom 10.6.1980 NJW 1980, 1642/1646; Korioth in Maunz/Dürig, GG, Art. 31 Rn. 17; März in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 31 Rn. 35 m. w. N.). Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich aber die verfassungsgerichtliche Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt und damit in Wahrheit kein Bundesrecht angewendet hat. Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, überprüft der Verfassungsgerichtshof außerdem in verfahrensrechtlicher Hinsicht daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie z. B. der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 91 Abs. 1 BV, mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.1997 VerfGHE 50, 60/62; vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94/96 ff. m. w. N.; vom 25.11.2014 BayVBl 2015, 321 Rn. 23; vom 17.11.2015 - Vf. 32-VI-15 - juris Rn. 22).

b) Diesen Maßstäben wird das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht gerecht. Es erfüllt nicht die Mindestanforderungen an die substanziierte Darlegung einer möglichen Verletzung verfassungsmäßiger Rechte.

aa) Der behauptete Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot eines fairen und zügigen Verfahrens muss von vornherein außer Betracht bleiben, soweit sich diese Rüge auf die Verfahrensführung durch die Bergwacht Bayern bezieht. Denn deren Handeln kann, wie oben (1.) gezeigt, nicht unmittelbar Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein.

Soweit der Beschwerdeführer sein Recht auf ein faires Verfahren dadurch verletzt sieht, dass das Verwaltungsgericht den Regelungsgehalt des § 29 Abs. 2 OBW verkannt habe, beanstandet er der Sache nach allein die Anwendung materiellen Rechts und nicht (auch) eine konkrete gerichtliche Verfahrenshandlung, für die sich aus dem Fairnessgebot verfassungsrechtliche Anforderungen ergeben könnten. Die vom Verfassungsgerichtshof bisher offengelassene Frage, ob sich das Recht auf ein faires Verfahren, wie es in Art. 6 EMRK normiert ist und wie es das Bundesverfassungsgericht aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip herleitet (BVerfG vom 26.5.1981 BVerfGE 57, 250/274 f.), als ein verfassungsbeschwerdefähiger Grundrechtsanspruch auch aus Art. 101 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ergibt, bedarf daher auch hier keiner Entscheidung (vgl. VerfGH vom 25.6.2010 VerfGHE 63, 83/105; VerfGH BayVBl 2015, 154 Rn. 51; vom 22.9.2015 - Vf. 8-VI-15 - juris Rn. 29).

bb) Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) kann nicht damit begründet werden, dass ihm die Bergwacht Bayern die beantragte Einsicht in seine Disziplinarakten verweigert habe. Denn auch dabei handelt es sich nicht um die Maßnahme einer „Behörde“ im Sinn von Art. 66 und 120 BV, Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG, die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden kann.

Soweit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs auch in Bezug auf das Gerichtsverfahren geltend gemacht wird, fehlt es bereits an der nach Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG erforderlichen Erschöpfung des Rechtswegs. Der Beschwerdeführer hat weder im Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts einen Gehörsverstoß gerügt (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), noch hat er gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs eine Anhörungsrüge (§ 152 a VwGO) erhoben, wie dies zur Rechtswegerschöpfung geboten gewesen wäre (vgl. VerfGH vom 25.2.2010 VerfGHE 63, 28/31; vom 30.5.2012 VerfGHE 65, 113/115 f.; vom 17.7.2014 BayVBl 2015, 16 Rn. 15). Seine Einschätzung, die Anhörungsrüge sei wegen der vom Klagegegner nicht vorgelegten bzw. nicht geführten Akten „untunlich“ gewesen, ändert nichts an der Obliegenheit, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde gegen die Abweisung seiner Klage von allen verfügbaren fachgerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen (vgl. VerfGH vom 29.7.2013 - Vf. 125-VI-11 - juris Rn. 15).

cc) Mit dem Vorbringen, die Gerichte hätten rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze wie insbesondere den Grundsatz der (Norm-)Bestimmtheit, der Verwirkung und des Vertrauensschutzes verkannt, beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV). Da es sich dabei um objektives Verfassungsrecht und nicht um ein Grundrecht oder sonstiges subjektives Recht handelt, kann damit eine Verfassungsbeschwerde nicht begründet werden (VerfGH vom 29.6.2004 VerfGHE 57, 62/65; vom 11.9.2013 VerfGHE 66, [153]/155).

dd) Inwieweit die als verletzt gerügten verfahrensrechtlichen Anforderungen aus der Unschuldsvermutung, dem Grundsatz „in dubio pro reo“ und dem Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung („nemo tenetur se ipsum accusare“) bzw. der Aussagefreiheit eines Beschuldigten ihre Grundlage nicht bloß im Rechtsstaatsprinzip, sondern auch in der grundrechtlichen Garantie der Menschenwürde (Art. 100 BV) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) haben, so dass sie mit einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden können, kann hier weiterhin offenbleiben (vgl. zur Unschuldsvermutung: VerfGH BayBl 2015, 154 Rn. 72; zur „in dubio“-Regel: VerfGH vom 23.4.1982 VerfGHE 35, 39/48; vom 26.2.2007 VerfGHE 60, 45/52; zum „nemo tenetur“-Prinzip: VerfGH BayVBl 2015, 154, Rn. 76). Denn der Beschwerdeführer hat schon nicht dargelegt, weshalb diese für den Strafprozess entwickelten Grundsätze bei der gerichtlichen Kontrolle einer verbandsrechtlichen Ordnungsmaßnahme überhaupt anwendbar sein sollen. Aus seinem Vorbringen geht überdies nicht konkret hervor, inwiefern das Verwaltungsgericht oder der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gegen die genannten Verfahrensgrundsätze verstoßen haben könnten, also ihn von vornherein als „schuldig“ behandelt, ihm die Beweislast aufgebürdet oder ihm selbstbelastende Aussagen abverlangt hätten. Eine mögliche Grundrechtsverletzung ist daher nicht einmal ansatzweise dargelegt.

ee) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das Verwaltungsgericht habe mit seiner Auslegung des § 29 Abs. 2 OBW gegen den in Art. 104 Abs. 1 BV normierten Grundsatz „nulla poena sine lege“ und das darin enthaltene Bestimmtheitsgebot sowie gegen das aus Art. 100, 101 BV folgende Schuldprinzip („nulla poena sine culpa“) und den damit verbundenen Grundsatz der Schuldangemessenheit der Strafe verstoßen, rügt er zwar Verletzungen verfassungsmäßiger subjektiver Rechte (vgl. VerfGH vom 9.12.2010 VerfGHE 63, 209/216, 218 f.). Es handelt sich jedoch nicht um (inhaltsgleich im Grundgesetz enthaltene) Verfahrensgrundrechte, deren Einhaltung der Verfassungsgerichtshof bei Verfassungsbeschwerden gegen in bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangene Entscheidungen prüfen könnte (s. o. 2. a), sondern um materielle Grundrechtsgarantien, die der staatlichen Strafgewalt sachliche Grenzen setzen (vgl. VerfGHE 35, 39/45; BVerfG vom 7.5.2008 NJW 2008, 3205/3206; vom 16.5.2011 - 2 BvR 1230/10 - juris Rn. 15). Auf die genannten Grundsätze kann sich der Beschwerdeführer daher im vorliegenden Verfahren nicht berufen.

ff) Die auf materielles Bundesrecht gestützten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unterliegen ihrem Inhalt nach lediglich einer Willkürkontrolle. Auch insoweit fehlt es an einer hinreichenden Substanziierung des Beschwerdevorbringens.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs könnte bei einer gerichtlichen Entscheidung ein Verstoß gegen das Willkürverbot nur dann festgestellt werden, wenn die Entscheidung bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich wäre und sich der Schluss aufdrängte, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt vertretbar sein; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein. Selbst eine fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet deshalb für sich allein noch keinen Verstoß gegen das Willkürverbot als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.12.2000 VerfGHE 53, 187/193; vom 11.3.2003 VerfGHE 56, 22/25; vom 13.1.2005 VerfGHE 58, 37/41; vom 15.2.2016 - Vf. 45-VI-15 - juris Rn. 29).

Dass die angegriffenen Gerichtsentscheidungen in diesem Sinn aus verfassungsrechtlicher Sicht völlig unvertretbar wären, legt der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dar. Er rügt der Sache nach lediglich, das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof hätten den besonderen rechtlichen Status des BRK und der Bergwacht Bayern verkannt, deren Satzungsbestimmungen unrichtig ausgelegt und dabei die maßgebende fachgerichtliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt. Einen willkürlichen Verstoß gegen anerkannte Grundsätze der Rechtsfin-dung lässt dieses Vorbringen an keiner Stelle erkennen.

Die (implizite) Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die in dem Verfahren tätig gewordenen Organe des BRK trotz dessen Rechtsstellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht unmittelbar grundrechtsgebunden seien, war nicht bloß rechtlich vertretbar, sondern ergab sich als zwingende Konsequenz aus der fehlenden Teilhabe an der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt (s. o. 1.; Di Fabio, BayVBl 1999, 449/451). Das vom Beschwerdeführer als Beleg für seine gegenteilige Ansicht zitierte Urteil des Landgerichts München I vom 9. September 1992 zum Kontrahierungszwang bei Anträgen auf Aufnahme in die Bergwacht Bayern (NJW-RR 1993, 890) geht ebenfalls von einer bloß mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte aus, die nur über die zivilrechtlichen Generalklauseln zur Geltung kommt. Da mit den verbandsrechtlichen Ordnungs- und Schiedsverfahren keine hoheitliche Tätigkeit verbunden ist, kam hier auch eine (sinngemäße) Anwendung von Vorschriften des nur für Beamte geltenden Bayerischen Disziplinargesetzes (vgl. Art. 1 BayDG) oder sonstiger für die öffentliche Verwaltung oder die Strafrechtspflege erlassener grundrechtssichernder Verfahrensbestimmungen nicht ernsthaft in Betracht.

Das Verwaltungsgericht und ihm folgend der Bayerische Verwaltungsgerichtshof haben mit nachvollziehbarer Begründung dargelegt, dass die DRK-Disziplinarordnung mangels einer erforderlichen Satzung für den Bereich der Bergwacht Bayern nicht galt und dass die vorläufige Funktionsentbindung in der allgemeinen Ermächtigung des § 29 Abs. 2 OBW eine ausreichende Grundlage fand. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese rechtliche Würdigung wegen einer offenkundigen Missachtung höherrangigen Rechts oder aus anderen Gründen völlig unvertretbar und damit willkürlich gewesen sein könnte, hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen. Sein Einwand, die Rechtsgrundlagen für vereinsrechtliche Ordnungsmaßnahmen seien bezüglich ihrer Bestimmtheit am strengen Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 104 Abs. 1 BV bzw. Art. 103 Abs. 2 GG zu messen, lässt außer Betracht, dass diese Verfassungsbestimmungen nur für missbilligende hoheitliche Reaktionen auf ein schuldhaftes Verhalten gelten (vgl. VerfGHE 63, 209/216; BVerfG vom 5.8.2009 NJW 2010, 1514 Rn. 21 m. w. N.), während in zivilrechtlichen Vereinsund Verbandssatzungen auch Generalklauseln zulässig sein können (vgl. BGH vom 10.7.1989 NJW 1990, 40/41).

Dem Beschwerdevorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass das Verwaltungsgericht bei der Bestimmung seines Prüfungsmaßstabs in willkürlicher Weise von einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen wäre. Im angegriffenen Urteil wird ausdrücklich auf die einschlägige Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Juni 1997 (NJW 1997, 3368) Bezug genommen. Dass das Verwaltungsgericht sich in diesem Zusammenhang nicht auch mit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Monopolstellung des BRK bzw. der Bergwacht Bayern befasst hat, stellte jedenfalls keine willkürliche Abweichung von richterrechtlich entwickelten Grundsätzen dar. Denn die vom Bundesgerichtshof verlangten erhöhten Anforderungen an die gerichtliche Kontrolle von Disziplinarmaßnahmen eines „sozialmächtigen Verband[s]“ (a. a. O., S. 3370) beziehen sich nur auf den Ausschluss von Mitgliedern aus der Vereinigung und nicht auf die Entbindung von einer internen Leitungsfunktion. Da auch innerhalb von Monopolvereinen kein Rechtsanspruch auf Übertragung einer solchen Funktion besteht, liegt in deren Entziehung ein weniger gewichtiger Eingriff als in einem Vereinsausschluss.

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass bei § 29 Abs. 2 OBW der Sanktionscharakter nicht im Vordergrund stehe und eine Abberufung daher selbst bei unverschuldeten Verstößen zulässig sei, war als Auslegungsergebnis in Anbetracht der grundrechtlich geschützten Verbandsautonomie (Art. 9 Abs. 1 GG) zumindest vertretbar und stand nicht im Widerspruch zu sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben. Wird der vorrangige Zweck der Vorschrift darin gesehen, eine ordnungsgemäße Amtsausübung für die Zukunft sicherzustellen, so musste es der Bergwacht Bayern prinzipiell erlaubt sein, einen objektiv pflichtwidrig handelnden Funktionsträger seines Leitungsamts zu entheben, auch wenn bezüglich der zurückliegenden Verstöße ein individuelles Verschulden nicht nachweisbar war. Mit dem strafrechtlichen Schuldprinzip und dem Grundsatz der Schuldangemessenheit von Strafen musste sich das Gericht bei diesem Verständnis der Norm nicht auseinandersetzen.

IV. Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 9


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 25 Verfassung


Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht, durch die Vereinssatzung bestimmt.

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Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 02. Mai 2016 - Vf. 93-VI/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 02. Mai 2016 - Vf. 93-VI/14 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2014 - 21 ZB 14.428

bei uns veröffentlicht am 12.08.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Grü

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 16. Mai 2011 - 2 BvR 1230/10

bei uns veröffentlicht am 16.05.2011

Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine Verurteilung wegen Parteiverrats. A.

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist Mitglied der Bergwacht ..., die eine Gemeinschaft des Bayerischen Roten Kreuzes ist und sich in Bereitschaften und Regionen gliedert. In den Jahren 2007 und 2008 war er zunächst Truppführer „Spitzing West“ und wurde dann im März 2009 auf die Dauer von vier Jahren zum ehrenamtlichen Bereitschaftsleiter der Bergwacht M. gewählt. Seine Amtszeit endete mit Ablauf des 31. Januar 2013 durch die Wahl eines neuen Bereitschaftsleiters.

Mit Schreiben vom 2. März 2011 entband der übergeordnete Regionalleiter der Bergwacht Hochland den Kläger vorläufig und mit sofortiger Wirkung von seiner Funktion als Bereitschaftsleiter der Bergwacht M. Dem Kläger wurden Dienstpflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beschaffung eines Kraftfahrzeugs (Audi Q7 SUV 3.0 TDI) mit Sondersignalanlage, bei der Ausstellung von Spendenquittungen und im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Gründung und als Vorsitzender des Vereins „A. Rettungswesen e. V.“ vorgeworfen.

Nach erfolgloser Durchführung eines Schiedsgerichtsverfahrens erhob der Kläger Klage zuletzt auf Feststellung, dass er bis zum Ablauf der Amtszeit am 31. Januar 2013 Bereitschaftsleiter der Bergwacht M. gewesen sei und eine endgültige Entscheidung zu einer dauerhaften Amtsenthebung aus den Gründen der vorläufigen Entbindung vom 2. März 2011 unzulässig gewesen wäre, dass die vorläufige Entbindung durch die Bergwacht Hochland unwirksam gewesen sei und die Entscheidungen des Bezirksschiedsgerichts ... des BRK vom 16. April 2011 und des Landesschiedsgerichts des BRK vom 18. Oktober 2011 unwirksam seien.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. Oktober 2013 zwar für zulässig erachtet, aber als in der Sache unbegründet abgewiesen.

Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vom 28. Oktober 2013 (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Feststellungsklage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

Der Senat teilt die Auffassung, dass die Entbindung des Klägers von seiner Funktion als Bereitschaftsleiter der Bergwacht M. als Ordnungsmaßnahme auf der Grundlage des § 29 Abs. 2 der Ordnung der Bergwacht... vom Juni 2006 formell und materiell nicht zu beanstanden ist und somit rechtmäßig war, weil er nach Aktenlage mehrfach gegen die Grundsätze und Vorgaben der Bergwacht ... verstoßen hat. So hat der Kläger u. a. bei der Beschaffung eines Einsatzfahrzeugs mit Sondersignal (Audi Q7 SUV 3.0 TDI) gegenüber der Audi AG erklärt, das Einsatzfahrzeug werde exklusiv von der Bergwacht M. genutzt, um in den Genuss eines Sonderrabatts von ca. 30 v. H. zu kommen. Aus dem Fahrtenbuch ergibt sich aber, dass das Fahrzeug ausschließlich von ihm selbst und nicht nur für Zwecke der Bergwacht verwendet wurde. Außerdem hat der Kläger Buchungen für Aufwandsspenden selbst vorgenommen, wobei er die bereits abgeschlossene, durch die Revision geprüfte und durch die Wirtschaftsprüfer testierte Buchhaltung des Jahres 2008 rückwirkend veränderte, und er hat sich selbst Spendenbescheinigungen ausgestellt. Schließlich hat er den für die Bergwacht M. nachteiligen Verein „... Rettungswesen e. V.“ mitgegründet und dessen Vorsitz übernommen. Diesen Sachverhalt hat das Verwaltungsgericht durch Auswertung der vorliegenden Akten und eine umfassende Beweisaufnahme in Form von Zeugenvernehmungen in nicht zu beanstandender Weise festgestellt und rechtsfehlerfrei gewürdigt. Der Senat folgt in allen Punkten den ausführlichen und überzeugenden Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und sieht von weiteren eigenen Ausführungen ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die umfangreiche Begründung des Berufungszulassungsantrags, die der Senat zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Der Sachverhalt ist durch den Inhalt der vorliegenden Akten und die Beweisaufnahme des Verwaltungsgerichts geklärt. Die rechtliche Würdigung stützt sich im Wesentlichen auf § 29 Abs. 2 der Ordnung der Bergwacht... vom Juni 2006 und bereitet keine außergewöhnlichen Probleme.

3. Die Rechtssache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Entscheidungserhebliche, über den konkreten Einzelfall hinaus bedeutsame Fragen wirft der Zulassungsantrag nicht auf. Die hier maßgebliche Frage, ob der Kläger durch sein Verhalten gemäß § 29 Abs. 2 der Ordnung der Bergwacht... vom Juni 2006 gegen die Grundsätze und Vorgaben der Bergwacht ... verstoßen hat, lässt sich nur einzelfallbezogen beantworten. Das im Zulassungsantrag bekundete weitergehende Interesse des Klägers, „Rechtsklarheit für die Organisation“ zu schaffen, verleiht dem Rechtsstreit mangels Entscheidungserheblichkeit keine grundsätzliche Bedeutung.

4. Die schließlich geltend gemachte Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist schon nicht hinreichend und nachvollziehbar dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und außerdem nicht ersichtlich.

Es fehlt an einer Gegenüberstellung von Tatsachenfeststellungen oder Rechtssätzen, mit denen das Verwaltungsgericht von der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 1991 (Az. 2 BvR 263/86 - NJW 1991, 2623) entscheidungstragend abgewichen sein soll. Das Verwaltungsgericht hat bei der Ablehnung der Anwendbarkeit der DRK-Ordnung keine mit der Vereinsautonomie unvereinbare Fremdbestimmung der Mitgliedsverbände von außen durch das Deutsche Rote Kreuz angenommen, sondern festgestellt, dass es im Bereich des ... Roten Kreuzes, dessen Gemeinschaft die Bergwacht ... ist, im hier maßgeblichen Zeitpunkt an einem Umsetzungsbeschluss des Landesvorstands in Bezug auf die DRK-Ordnung gefehlt hat und diese deswegen nicht anwendbar ist. Damit liegt eine Divergenz zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 1991 nicht vor.

Andere Abweichungen von obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung sind nicht konkret aufgezeigt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

5. Verfahrensmängel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO sind weder ausdrücklich bezeichnet noch sonst hinreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Nach alldem ist der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.

II.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht, durch die Vereinssatzung bestimmt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine Verurteilung wegen Parteiverrats.

A.

I.

2

Mit Urteil vom 15. September 2006 sprach das Landgericht Potsdam den Beschwerdeführer unter anderem vom Vorwurf des Parteiverrats (§ 356 StGB) frei.

3

1. Dem Beschwerdeführer war durch die Anklage insoweit zur Last gelegt worden, im Jahr 2001 eine Beschuldigte in einem Strafverfahren wegen versuchten Mordes verteidigt und in diesem Zusammenhang von ihr Lichtbilder sowie Tonkassetten als entlastende Beweismittel übergeben bekommen zu haben. Nach Beendigung dieses Mandats soll der Beschwerdeführer den Lebensgefährten der Beschuldigten beraten haben, der geständige und ihn als Anstifter des versuchten Mordes belastende Angaben der Beschuldigten befürchtet habe. Die Beschuldigte habe dann in der Hauptverhandlung des gegen sie geführten Strafverfahrens tatsächlich ein Geständnis abgelegt und angegeben, die Tat auf Veranlassung ihres Lebensgefährten begangen zu haben. Nach der Verhaftung des Lebensgefährten habe der Beschwerdeführer diesen als Verteidiger vertreten. Zu dessen Verteidigung soll der Beschwerdeführer vorgebracht haben, die Beschuldigte wolle sich durch bewusst unwahre Angaben entlasten und die Verantwortung auf ihren Lebensgefährten abschieben. Dabei habe der Beschwerdeführer auch Informationen genutzt, die ihm im Rahmen des früheren Mandatsverhältnisses zur Beschuldigten anvertraut worden seien.

4

2. Nach Ansicht des Landgerichts Potsdam hatte sich der Beschwerdeführer nicht wegen Parteiverrats strafbar gemacht. Haupttäter und Anstifter einer Straftat seien regelmäßig nicht Parteien einer Rechtssache im Sinne von § 356 Abs. 1 StGB. Das Landgericht Potsdam berief sich dabei auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1952 - 2 StR 198/51 - (zitiert bei Kalsbach, AnwBl 1954, S. 187 <189>, insoweit nicht in BGHSt 3, 400). Die abweichende Sicht des Oberlandesgerichts Stuttgart (NStZ 1990, S. 542) überzeuge nicht. Der Täter und eine von ihm zu Unrecht als Anstifter bezeichnete Person seien ebenfalls nicht Parteien einer Rechtssache.

II.

5

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der Bundesgerichtshof das Urteil mit den Feststellungen auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück (Urteil vom 25. Juni 2008 - 5 StR 109/07 -, BGHSt 52, 307 = NJW 2008, S. 2723).

6

Die anvertrauten Angelegenheiten hätten dieselbe Rechtssache betroffen. Mehrere Tatbeteiligte einer Strafsache könnten Parteien im Sinne von § 356 Abs. 1 StGB sein. Zwar habe der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs dies in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 1952 - 2 StR 198/51 - unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Reichsgerichts (RGSt 66, 316) anders beurteilt. Daran werde aber nicht festgehalten. Der 2. Strafsenat habe auf Anfrage mitgeteilt, dass hinsichtlich der Entscheidung vom 16. Dezember 1952 keine anfrage- oder vorlagepflichtige Divergenz vorliege. Durch die zwischenzeitlich erfolgte Änderung des § 146 StPO seien nunmehr rechtliche Beziehungen zwischen Tätern oder Teilnehmern einer Tat anerkannt.

III.

7

Am 3. April 2009 verurteilte das Landgericht Potsdam den Beschwerdeführer unter anderem wegen Parteiverrats.

8

Der Vorwurf der Anklage sei durch die getroffenen Feststellungen bestätigt worden. In der rechtlichen Beurteilung folgte das Landgericht Potsdam dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Juni 2008. Die Einlassung des Beschwerdeführers, dass nach der zur Tatzeit einhelligen Kommentarliteratur kein Parteiverrat vorgelegen habe, treffe nicht zu. Vielmehr sei daraus deutlich erkennbar gewesen, dass diese Rechtsfrage unterschiedlich beurteilt worden sei. Es habe beim Beschwerdeführer auch kein Verbotsirrtum vorgelegen. Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen sei eine der wesentlichsten anwaltlichen Berufspflichten (§ 43a Abs. 4 BRAO). Zudem ergebe sich aus einer Äußerung des Beschwerdeführers gegenüber einem anderen Rechtsanwalt, dass ihm die Unzulässigkeit seines Verhaltens bewusst gewesen sei.


IV.

9

Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision des Beschwerdeführers als unbegründet (Beschluss vom 8. April 2010 - 5 StR 491/09 -, wistra 2010, S. 263).

10

Die Verurteilung verstoße nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG, weil diese Vorschrift eine Änderung der Rechtsprechung nicht erfasse. Zudem habe die Rechtsprechungsänderung schon zuvor in der fachlichen Diskussion gestanden. Die tatrichterlichen Ausführungen zur Frage eines Verbotsirrtums seien revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

B.

11

Der Beschwerdeführer greift mit seiner Verfassungsbeschwerde das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 3. April 2009 und den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 8. April 2010 an. Er beanstandet unter anderem einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und gegen Art. 103 Abs. 2 GG.

12

Das Vertrauen auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung müsse geschützt werden. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei seit 1951 unverändert geblieben. Vermeintlich abweichende Entscheidungen hätten andere Sachverhalte betroffen, weshalb auch kein Gericht die Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt habe. Die Rechtsfrage sei auch nicht Gegenstand einer intensiven fachlichen Diskussion gewesen. Vor Erlass der angegriffenen Entscheidungen hätten jede Auskunft einer sachkundigen Person und jede Überprüfung in der Fachliteratur zu dem Ergebnis geführt, dass das Verhalten des Beschwerdeführers keinen Parteiverrat darstelle. Wegen der "im Rahmen der Strafverteidigung nahezu stets ad hoc zu treffenden Entscheidungen, die ja immer auch mit der Inhaftierung eines Mandanten im Zusammenhang stehen", habe "man schlicht und ergreifend weder Zeit noch die tatsächliche Möglichkeit ..., in Bibliotheken drei Artikel aus 20 Jahren herauszusuchen". Vor diesem Hintergrund seien die zum Verbotsirrtum angestellten Erwägungen nicht verfassungskonform.


C.

13

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248 ff.>).

I.

14

1. Die Verfassungsbeschwerde gibt keinen Anlass, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe zu Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und zum Schuldgrundsatz zu überprüfen oder fortzuentwickeln.

15

a) Danach ist höchstrichterliche Rechtsprechung kein Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Die Aufgabe einer in der Rechtsprechung bislang vertretenen Auslegung verstößt nicht als solche gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ist die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. Soweit durch gefestigte Rechtsprechung ein Vertrauenstatbestand begründet wurde, kann diesem erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung getragen werden (BVerfGE 18, 224 <240 f.>; 74, 129 <151 ff.>; 78, 123 <126 f.>; 84, 212 <227>; 122, 248 <277 f.>). Im Bereich des materiellen Strafrechts ist dabei dem Schuldgrundsatz Rechnung zu tragen. Der Grundsatz "Keine Strafe ohne Schuld" ist in der Garantie der Würde und der Eigenverantwortlichkeit des Menschen (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG) sowie im Rechtsstaatsprinzip verankert. Er schließt die strafende Ahndung einer Tat ohne Schuld des Täters aus (BVerfGE 9, 167 <169>; 20, 323 <331>; 41, 121 <125>; 110, 1 <13>).

16

b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht die Anwendung und Auslegung des § 17 StGB durch die Fachgerichte. Danach liegt ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor, wenn zum Tatzeitpunkt das Verhalten nach der bisherigen, gefestigten Rechtsprechung als straflos betrachtet wurde und eine Änderung dieser Rechtsprechung nicht absehbar war (BGHSt 37, 55 <67 ff.>; BGH, NJW 1976, S. 1949 <1950>; 2010, S. 2595 <2597>; KG, NJW 1990, S. 782 <783>; OLG Frankfurt, NJW 1990, S. 1057 <1058>; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2002, S. 277 <279>; vgl. weiter Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 17 Rn. 20 f.; Vogel, in: Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl. 2007, § 17 Rn. 58 ff.).

17

2. Nach diesen Maßgaben ist die Verurteilung im Ausgangsfall verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Vertrauenstatbestand lag bereits mangels gefestigter Rechtsprechung nicht vor. Zudem hält sich die Auslegung im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung.

18

Zwar weicht die Auslegung des § 356 Abs. 1 StGB in den angefochtenen Entscheidungen von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1952 - 2 StR 198/51 - (zitiert bei Kalsbach, AnwBl 1954, S. 187 <189>) ab. Diese lag zur Tatzeit jedoch bereits fast 50 Jahre zurück, ohne dass sie höchstrichterlich bestätigt worden wäre. Vielmehr wurde die Rechtsfrage im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 1982 - 1 StR 245/82 - (NStZ 1982, S. 465 f.) unter Darstellung des Meinungsstands ausdrücklich offen gelassen. Zudem hatten mehrere Oberlandesgerichte und das Kammergericht in vergleichbaren Fallgestaltungen Beschuldigte derselben Straftat als Parteien im Sinne von § 356 Abs. 1 StGB angesehen (OLG Oldenburg, NStZ 1989, S. 533 f.; KG, Beschluss vom 15. Februar 1999 - (4) 1 Ss 275/98 (2/99) -, juris; OLG Stuttgart, NStZ 1990, S. 542; OLG Zweibrücken, NStZ 1995, S. 35 <36>). In der Literatur wurde die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 1952 bereits vor dem Jahr 2001 unter ausführlicher Darstellung der nachfolgenden Rechtsprechungsentwicklung kritisiert (siehe z. B. Dahs, NStZ 1991, S. 561 <561, 563>; Geppert, NStZ 1990, S. 542). All dies war zum Tatzeitpunkt den Kommentierungen zu entnehmen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl. 2001, § 356 Rn. 5; Cramer, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 356 Rn. 13; Hübner, in: Leipziger Kommentar, StGB, 10. Aufl. 1988, § 356 Rn. 58 ff.).

II.

19

Die Verfassungsbeschwerde ist auch nicht im Hinblick auf die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG anzunehmen.

20

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob eine strafgerichtliche Verurteilung, deren Auslegung und Anwendung eines Straftatbestands von früheren gerichtlichen Entscheidungen abweicht, dadurch gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen kann. Einen derartigen Verstoß hat das Bundesverfassungsgericht bislang nicht angenommen (vgl. BVerfGE 95, 96 <132>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Juni 1990 - 2 BvR 752/90 -, NJW 1990, S. 3140; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Mai 2008 - 2 BvR 2392/07 -, NJW 2008, S. 3205 <3206>). Die Anwendung des Art. 103 Abs. 2 GG auf "Rechtsprechungsänderungen" würde jedenfalls voraussetzen, dass die frühere Rechtsprechung durch ein Mindestmaß an Kontinuität einen Vertrauenstatbestand begründen konnte (vgl. dazu m. N. Dannecker, in: Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl. 2007, § 1 Rn. 440). Dies war hier nicht der Fall.

21

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

22

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.