Gericht

Bayerisches Oberstes Landesgericht

Tenor

Örtlich zuständig ist das Landgericht Offenburg.

Gründe

I. Die Klägerin, ein Marketing- und Seminarservice mit Sitz in L, begehrt mit ihrer zum Landgericht Landshut erhobenen Klage von dem Beklagten als Inhaber eines Fitnessstudios Zahlung einer vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe und Auskunft. Der Beklagte hat seinen Wohnsitz im Bezirk des Landgerichts Offenburg.

Nach dem zwischen den Parteien am 16. Dezember 2013 geschlossenen Vertrag (Anlage K 1) wird unter Vollkaufleuten der Firmensitz der Klägerin als Gerichtsstand vereinbart.

Der Beklagte hat in der Klageerwiderung die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Landshut gerügt und Verweisung an das zuständige Landgericht Offenburg beantragt. Er sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kein Vollkaufmann gewesen, so dass die Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam sei.

Nach dem Einwand der Klägerin, der Beklagte sei seiner Darlegungs- und Beweislast nach § 1 Abs. 2 HGB bislang nicht nachgekommen, führte der Beklagte aus, er habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als Einzelunternehmer ein kleines Fitnesscenter betrieben und lediglich zwei festangestellte Mitarbeiter und zwei Aushilfen beschäftigt. Das Anlagevermögen habe 2012 49.936,50 € und 2013 37.879,50 € betragen, die Bilanzsumme 2012 59.061,11 € und 2013 42.169,75 €. Der Gewinn habe 2013 62.031,00 € betragen. Buchführung und Lohnabrechnungen seien durch den Steuerberater erstellt worden. Kredite hätten in den Jahren 2012 und 2013 nicht bestanden. Damit sei offensichtlich, dass das Unternehmen einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert habe.

Die Klägerin beantragte die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Offenburg, nachdem das Landgericht Landshut mit Verfügung vom 20. November 2018 - näher begründete Zweifel - an seiner Zuständigkeit geäußert, allerdings weitere Informationen als „zielführend“ angesehen und den Parteien Gelegenheit zu Stellungnahme gegeben hatte. Mit Beschluss vom 4. Dezember 2018 erklärte sich das Landgericht Landshut für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Offenburg. Die Gerichtsstandsvereinbarung sei unwirksam, da der Beklagte bei Abschluss kein Vollkaufmann gewesen sei (§ 38 ZPO).

Das Landgericht Offenburg erklärte sich mit Beschluss vom 11. Dezember 2018 für unzuständig und verwies das Verfahren an das Landgericht Landshut zurück. Der Beschluss des Landgerichts Landhut sei willkürlich und entfalte daher keine Bindungswirkung i.S.d. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO. Die Klägerin habe mit ihrer Klagerhebung bereits von ihrem Wahlrecht nach § 35 ZPO Gebrauch gemacht. Für die Zulässigkeit der Prorogation genüge der - zwischen den Parteien unstreitige - bloße Umstand, dass der Beklagte ein Gewerbe betreibe. Das Landgericht Landshut habe selbst Zweifel geäußert, ob die von dem Beklagten für die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Hs. 2 HGB angeführten Umstände ausreichten, um sich darüber aufgrund eines nach mehrfachem Insistieren gestellten Verweisungsantrags ohne weitere Begründung hinwegzusetzen, was ebenfalls die objektive Willkür belege. Ob der Verweisungsbeschluss auch deshalb nicht bindend sei, weil dem Beklagten zu dem Verweisungsantrag vor der Entscheidung kein weiteres rechtliches Gehör gewährt worden sei, könne dahin stehen.

Mit Beschluss vom 20. Februar 2019 legte das Landgericht Landshut die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht vor mit der Bitte um Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6. ZPO.

II.

Auf die zulässige Vorlage des Landgerichts Landshut ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Offenburg auszusprechen.

1. Die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO durch das Bayerische Oberste Landesgericht liegen vor (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 36 Rn. 34 ff. m. w. N.). Das Landgericht Landshut und das Landgericht Offenburg haben sich bindend für unzuständig erklärt; das Landgericht Landshut durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 4. Dezember 2018 (§ 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO), das Landgericht Offenburg durch die zuständigkeitsverneinende Entscheidung unter gleichzeitiger Zurückverweisung vom 11. Dezember 2018. Die jeweils ausdrücklich ausgesprochene Leugnung der eigenen Kompetenz erfüllt das Tatbestandsmerkmal „rechtskräftig“ im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1987, I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338/340 m. w. N; Beschluss vom 19. Februar 2013, X ARZ 507/12, NJW-RR 2013, 764 Rn. 5).

Zuständig für die Bestimmungsentscheidung ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO das Bayerische Oberste Landesgericht, weil die Bezirke der am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte zum Zuständigkeitsbereich unterschiedlicher Oberlandesgerichte gehören und das mit der Rechtssache zuerst befasste Gericht in Bayern liegt.

2. Örtlich zuständig zur Entscheidung über das Klagebegehren ist gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO das Landgericht Offenburg, weil es an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Landshut gebunden ist.

a) Der Gesetzgeber hat in § 281 Abs. 2 Sätze 2 und 4 ZPO die grundsätzliche Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen und deren Bindungswirkung angeordnet. Dies hat der Senat im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten. Im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist daher grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist. Demnach entziehen sich auch ein sachlich zu Unrecht ergangener Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1987, I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338/340; Beschluss vom 10. September 2002, X ARZ 217/02, NJW 2002, 3634/3635; BGH, Beschluss vom 9. Juni 2017 X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 12; vgl. auch Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 16).

Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als objektiv willkürlich betrachtet werden muss. Hierfür genügt nicht, dass der Beschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 15. August 2015, X ARZ 204/17, NJW-RR 2017, 1213 Rn. 15 m. w. N.; Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 17).

b) Bei Anlegung dieses Maßstabs ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Landshut nicht als willkürlich anzusehen, sondern entfaltet die im Gesetz vorgesehene Bindungswirkung.

Ein Verweisungsbeschluss kann insbesondere dann den Charakter einer willkürlichen Maßnahme haben, wenn sich das Gericht - bewusst oder unbewusst - darüber hinwegsetzt, dass die Verweisung die eigene Unzuständigkeit voraussetzt, bei offensichtlich gegebener eigener Zuständigkeit also nicht möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993, X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273; Beschluss vom 10. September 2002, a. a. O.; BayObLG, Beschluss vom 9. September 1993, 1Z AR 25/93, BayObLGZ 1993, 317/319; Beschluss vom 16. Oktober 2003, 1Z AR 115/03, juris Rn. 14).

Ein derartiger Fall liegt hier jedoch entgegen der Meinung des Landgerichts Offenburg, wonach die Klägerin durch Klageerhebung zum Landgericht Landshut ihr Wahlrecht gemäß § 35 ZPO ausgeübt habe, nicht vor.

Das Vorliegen der von der Klägerin behaupteten Prorogation im kaufmännischen Verkehr gemäß § 38 Abs. 1 ZPO ist von dem Gericht von Amts wegen zu prüfen (Schultzky in Zöller, ZPO, § 38 Rn. 49). Dessen war sich das Landgericht Landshut bewusst, wie die Verfügung vom 20. November 2018 und die Begründung des Verweisungsbeschlusses zeigen.

Kaufleute sind neben Handelsgesellschaften (§ 6 Abs. 1 HGB) und eingetragenen Kaufleuten (§§ 2, 5 HGB) nach § 1 Abs. 1 und 2 HGB Einzelpersonen, die ein Handelsgewerbe i. S. d. Handelsgesetzbuches in kaufmännischer Weise betreiben (vgl. Schultzky a. a. O. § 38 Rn. 22). Dass letzteres auf ihn zutrifft, hat der Beklagte substantiiert bestritten. Die Klägerin hat dagegen nichts vorgebracht. Angesichts der vorgenommenen Sachverhaltswürdigung und der Auseinandersetzung mit den von den Parteien vorgetragenen Argumenten ist nichts dafür ersichtlich, dass das verweisende Gericht eine eindeutig gegebene eigene Zuständigkeit außer Acht gelassen hätte. Der vom Landgericht Offenburg zitierte Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. März 2002 (14 U 148/01, MDR 2002, 1269) betrifft eine andere Fragestellung, nämlich die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast bei einer von der Klagepartei behaupteten Gerichtsstandsvereinbarung bei Säumnis der beklagten Partei (§ 331 ZPO).

Darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 10. September 2002, X ARZ 217/02, NJW 2002, 3634/3636, Rn. 17 juris) das Einverständnis der Parteien dann nicht geeignet ist, einer rechtswidrigen Verweisung den Willkürcharakter zu nehmen, wenn ein unzweifelhaft zuständiges Gericht, von sich aus auf die angebliche Möglichkeit einer Verweisung hinweist, kommt es somit nicht an. Im Übrigen hat das Landgericht Landshut erst nach der Rüge der örtlichen Zuständigkeit durch den Beklagten auf die Möglichkeit eines Verweisungsantrags hingewiesen.

Den Parteien wurde von dem Landgericht Landshut vor der Verweisung rechtliches Gehör gewährt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2015, X ARZ 115/15, ZIP 2015, 1803 Rn. 16).

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Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 20. März 2019 - 1 AR 26/19 zitiert 11 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit


(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Zivilprozessordnung - ZPO | § 331 Versäumnisurteil gegen den Beklagten


(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständ

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(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. (2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 38 Zugelassene Gerichtsstandsvereinbarung


(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtli

Handelsgesetzbuch - HGB | § 6


(1) Die in betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften finden auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung. (2) Die Rechte und Pflichten eines Vereins, dem das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmann

Zivilprozessordnung - ZPO | § 35 Wahl unter mehreren Gerichtsständen


Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 2


Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. Der Unternehmer ist berec

Handelsgesetzbuch - HGB | § 5


Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei.

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(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.

(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.

(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich

1.
nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2.
für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

5
§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Das Landgericht Dortmund und das Landgericht Traunstein haben sich im Sinne dieser Vorschrift bindend für unzuständig erklärt; das Landgericht Dortmund durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss (§ 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO), das Landgericht Traunstein durch eine seine Zuständigkeit abschließend verneinende Entscheidung vom 10. Juli 2012. Eine solche Zuständigkeitsleugnung genügt den Anforderungen, die an das Tatbestandsmerkmal "rechtskräftig" des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind (st. Rspr., BGH, Beschluss vom 22. Februar 1978 - IV ARZ 10/78, BGHZ 71, 15, 17; Beschluss vom 10. Dezember 1987 - I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338, 339). IV. Zuständig zur Entscheidung über das Klagebegehren ist das

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 217/02
vom
10. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein

a) Die von einem zuständigen Gericht ausgesprochene Verweisung ist willkürlich
und daher nicht bindend, wenn sie darauf beruht, daß das Gericht
eine bereits vor längerer Zeit vorgenommene Gesetzesänderung, mit der
gerade solche Verweisungen unterbunden werden sollen, nicht zur Kenntnis
genommen oder sich ohne weiteres darüber hinweggesetzt hat (im Anschluß
an Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273).

b) Weist das Gericht die Parteien von sich aus auf eine angebliche, im Gesetz
aber nicht vorgesehene Verweisungsmöglichkeit hin, so sind auch der
daraufhin vom Kläger gestellte Verweisungsantrag und das Einverständnis
des Beklagten mit diesem Antrag nicht geeignet, der rechtswidrigen Verweisung
den Willkürcharakter zu nehmen.
BGH, Beschl. v. 10. September 2002 - X ARZ 217/02 - OLG Stuttgart
AG Stuttgart
AG Wetzlar
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. September 2002
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Stuttgart bestimmt.

Gründe:


I. Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht H. gegen die Beklagte einen Mahnbescheid wegen angeblicher Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich im Bezirk des Amtsgerichts W. ereignet hat, erlassen. Nach Widerspruchserhebung durch die Beklagte ist der Rechtsstreit am 18. Februar 2002 an das Amtsgericht S. abgegeben worden. Die Klägerin hat im Mahnantrag dieses Gericht, in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat, als für ein streitiges Verfahren zuständig bezeichnet.
Das Amtsgericht S. hat am 27. Februar 2002 ein Schreiben an die Klägerin mit folgendem Zusatz verfügt: "Sofern sich der Unfall nicht im Bereich der Zuständigkeit des Amtsgerichts S. ereignet hat und Verweisung an das Gericht des Unfallorts beantragt wird, möge erklärt werden, ob die Verweisung im schriftlichen Verfahren erfolgen kann." Daraufhin hat die Klägerin die
Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht W. beantragt. Sie hat sich dabei auf einen gleichlautenden, mit Telefax vom 25. Februar 2002 beim Amtsgericht H. eingereichten Antrag bezogen. Auf Befragen hat die Beklagte kei- ne Einwände gegen eine Verweisung im schriftlichen Verfahren erhoben. Daraufhin hat sich das Amtsgericht S. mit Beschluß vom 27. März 2002 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht W. verwiesen. Dieses hat die Übernahme mit Beschluß vom 22. April 2002 abgelehnt.
Das Oberlandesgericht S. , dem das Amtsgericht S. die Sache gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung vorgelegt hat, hält den Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. für bindend und somit die Zuständigkeit des Amtsgerichts W. für gegeben. Dem stehe die Angabe im Mahnbescheid, das streitige Verfahren solle vor dem Amtsgericht S. durchgeführt werden, nicht entgegen. Zwar sei gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1, § 700 Abs. 3 Satz 1 ZPO eine Korrektur der im Mahnantrag getroffenen Zuständigkeitswahl nur durch übereinstimmendes, bereits vor der Abgabe an das Empfangsgericht erklärtes Verlangen der Parteien möglich. Der Verweisungsbeschluß entbehre jedoch auch im vorliegenden Fall, in dem die übereinstimmenden Erklärungen erst nach der Abgabe erfolgten, nicht jeder rechtlichen Grundlage und sei daher nicht willkürlich.
Weil sich das Oberlandesgericht hierbei in Widerspruch zu einer Rechtsauffassung sieht, die in Entscheidungen des Oberlandesgerichts Schleswig (MDR 2001, 50) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (MDR 1994, 94) vertreten wird, hat es die Sache gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II. Auf Grund der zulässigen Divergenzvorlage ist das Amtsgericht S. als zuständiges Gericht zu bestimmen.
1. Die in § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO genannten Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung liegen vor. Das Amtsgericht S. , in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat und das deshalb - wegen Fehlens eines abweichenden ausschließlichen Gerichtsstands - gemäß §§ 12, 17 ZPO für den Rechtsstreit örtlich zuständig ist, hat sich durch einen gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Beschluß für unzuständig erklärt. Das Amtsgericht W. hat im Beschlußweg die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das genügt, um zur Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu gelangen (BGHZ 102, 338, 339 f.).
2. Das Amtsgericht S. ist für den vorliegenden Rechtsstreit zuständig.

a) Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts S. wird durch die nach § 32 ZPO bestehende konkurrierende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts W. nicht berührt. Der Klägerin stand insoweit ein Wahlrecht im Sinne des § 35 ZPO zu. Davon hat sie dadurch Gebrauch gemacht, daß sie in dem Mahnantrag das örtlich zuständige Amtsgericht S. gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO als das für ein streitiges Verfahren zuständige Gericht bestimmt hat. Seit der Neufassung dieser Vorschrift durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl I, 2847) muß nicht mehr zwingend der allgemeine Gerichtsstand des Antragsgegners als zuständiges Gericht angeben werden. Daher gibt es heute
keinen Grund mehr für die zum früheren Recht vertretene Auffassung, wonach diese Angabe keine Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen bedeute und das Wahlrecht daher noch im Verlauf des weiteren Verfahrens ausgeübt werden könne.
Die Parteien hätten zwar übereinstimmend verlangen können, daß das Verfahren vom Mahngericht, dem Amtsgericht H. , nicht an das Amtsgericht S. , sondern an ein anderes Gericht abgegeben werde (§ 696 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz ZPO). Ein solcher übereinstimmender Antrag ist jedoch beim Mahngericht bis zur Abgabe an das Amtsgericht S. nicht eingegangen. Nach deren Vollzug ist die von der Klägerin getroffene Wahl unwiderruflich und verbindlich (Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273).

b) Das Amtsgericht S. konnte den Rechtsstreit demgemäß nicht an das Amtsgericht W. verweisen. Eine Verweisung kommt nur dann in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist. Dies gilt auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rechtshängigkeit erst durch Abgabe gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO begründet wurde. Zwar wird das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben wird, durch diese Abgabe nicht in gleicher Weise wie durch eine Verweisung wegen fehlender Zuständigkeit nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO gebunden (vgl. § 696 Abs. 5 ZPO); es hat vielmehr seine Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften zu prüfen. Eine Verweisung ist ihm danach jedoch nur im Fall seiner Unzuständigkeit eröffnet; ist es - wie hier - zumindest auch für die Entscheidung zuständig, scheidet eine Verweisung aus.

c) Dem Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. kommt auch keine Bindungswirkung zu.
Zwar sind im Interesse der Prozeßökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkten Verzögerungen und Verteuerungen des Verfahrens Verweisungsbeschlüsse gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluß und die diesem Beschluß zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (BGHZ 102, 338, 340; BGH, Beschl. v. 08.04.1992 - XII ARZ 8/92, NJW-RR 1992, 902 f.; Sen.Beschl. v. 22.06.1993 - X ARZ 340/93, NJW 1993, 2810).
Nach ständiger Rechtsprechung kommt einem Verweisungsbeschluß jedoch dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (RGZ 119, 379, 384; BGHZ 2, 278, 280), etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muß (BGHZ 71, 69, 72 ff.; BGH, Beschl. v. 04.12.1991 - XII ARZ 29/91, NJW-RR 1992, 383; Sen.Beschl. v. 09.07.2002 - X ARZ 110/02, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht S. den Parteien zwar rechtliches Gehör gewährt. Dem Beschluß haftet jedoch ein schwerwiegender Rechtsfehler an, der ihn als willkürlich erscheinen läßt. Zwar läßt der Beschluß jegliche Begründung vermissen; der rechtliche Ausgangspunkt des Amtsgerichts ist aber aus dem Akteninhalt, insbesondere aus der Verfügung vom 27. Februar 2002, deutlich zu erkennen. Das Gericht ist offensichtlich davon
ausgegangen, trotz seiner eigenen örtlichen Zuständigkeit könne die Klägerin auch noch nach Abgabe der Sache durch das Mahngericht ein anderes zuständiges Gericht wählen, weshalb auf entsprechenden Antrag die Verweisung an dieses Gericht auszusprechen sei. Sonst hätte das Amtsgericht nicht der Klägerin von sich aus anheimgestellt, einen Verweisungsantrag zu stellen.
Dem dahinter stehenden Rechtsstandpunkt ist jedenfalls durch die Neufassung des § 696 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Grundlage entzogen worden. Diese mit der Rechtsänderung verbundene Folge hat das Gericht entweder nicht zur Kenntnis genommen oder es war nicht gewillt, sich an die Änderung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Verweisung im Mahnverfahren zu halten. Jedenfalls lassen sich aus der Akte keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß sich das Amtsgericht mit der geltenden Rechtslage auseinandergesetzt und nach Gründen für die Zulässigkeit einer Verweisung gesucht haben könnte.
Unter diesen Umständen kann der Verweisungsbeschluß nicht hingenommen werden. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist eine Verweisung willkürlich, wenn ein Gericht eine bereits vor längerer Zeit vorgenommene Gesetzesänderung , mit der gerade solche Verweisungen unterbunden werden sollen, offenbar nicht zur Kenntnis genommen hat (Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273). Dies gilt in besonderem Maße, wenn die betreffende Gesetzesänderung - wie im vorliegenden Fall - bereits mehr als zehn Jahre zurückliegt und ihre Konsequenzen für die Verweisung des Rechtsstreits nach § 281 ZPO in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur ausführlich erörtert worden sind. Nicht minder schwerwiegend wäre der Gesetzesverstoß , wenn das Gericht das geänderte Gesetz zwar gekannt, sich jedoch ohne weiteres darüber hinweggesetzt haben sollte. Aus diesem Grund kann
der Verweisungsbeschluß schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden.
Auch der Umstand, daß die Klägerin einen Verweisungsantrag gestellt hat und die Beklagte mit der Verweisung einverstanden gewesen ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Wenn das Gericht durch die Verweisung des Rechtsstreits einem übereinstimmenden Verlangen beider Parteien entspricht, kann dies zwar nach teilweise vertretener Auffassung in manchen Fällen geeignet sein, einen rechtsfehlerhaft zustandegekommenen Verweisungsbeschluß nicht willkürlich erscheinen zu lassen (BGH, Beschl. v. 23.03.1988 - IVb ARZ 8/88, FamRZ 1988, 943; OLG Koblenz, OLG-Report 1997, 74 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 696 Rdn. 9a). Dies kann aber jedenfalls dann nicht gelten, wenn ein unzweifelhaft zuständiges Gericht die Parteien, die sich bislang zur Frage einer Verweisung noch nicht geäußert haben, von sich aus auf die angeblich bestehende Möglichkeit einer Verweisung hinweist. Wenn die Parteien daraufhin die Verweisung beantragen bzw. sich mit ihr einverstanden erklären, liegt die Annahme nicht fern, daß sie durch die rechtlich unzutreffende Information dazu veranlaßt worden sind. Schon aus diesem Grund sind die Erklärungen der Parteien nicht geeignet, der rechtswidrigen Verweisung den Willkürcharakter zu nehmen.
Melullis Jestaedt RiBGH Scharen ist urlaubsbedingt ortsabwesend und daher gehindert zu unterschreiben Melullis

Keukenschrijver Asendorf

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.

(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.

(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich

1.
nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2.
für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

(1) Die in betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften finden auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung.

(2) Die Rechte und Pflichten eines Vereins, dem das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns beilegt, bleiben unberührt, auch wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 nicht vorliegen.

Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. Der Unternehmer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Eintragung nach den für die Eintragung kaufmännischer Firmen geltenden Vorschriften herbeizuführen. Ist die Eintragung erfolgt, so findet eine Löschung der Firma auch auf Antrag des Unternehmers statt, sofern nicht die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 eingetreten ist.

Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei.

(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.

(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 217/02
vom
10. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein

a) Die von einem zuständigen Gericht ausgesprochene Verweisung ist willkürlich
und daher nicht bindend, wenn sie darauf beruht, daß das Gericht
eine bereits vor längerer Zeit vorgenommene Gesetzesänderung, mit der
gerade solche Verweisungen unterbunden werden sollen, nicht zur Kenntnis
genommen oder sich ohne weiteres darüber hinweggesetzt hat (im Anschluß
an Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273).

b) Weist das Gericht die Parteien von sich aus auf eine angebliche, im Gesetz
aber nicht vorgesehene Verweisungsmöglichkeit hin, so sind auch der
daraufhin vom Kläger gestellte Verweisungsantrag und das Einverständnis
des Beklagten mit diesem Antrag nicht geeignet, der rechtswidrigen Verweisung
den Willkürcharakter zu nehmen.
BGH, Beschl. v. 10. September 2002 - X ARZ 217/02 - OLG Stuttgart
AG Stuttgart
AG Wetzlar
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. September 2002
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Stuttgart bestimmt.

Gründe:


I. Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht H. gegen die Beklagte einen Mahnbescheid wegen angeblicher Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich im Bezirk des Amtsgerichts W. ereignet hat, erlassen. Nach Widerspruchserhebung durch die Beklagte ist der Rechtsstreit am 18. Februar 2002 an das Amtsgericht S. abgegeben worden. Die Klägerin hat im Mahnantrag dieses Gericht, in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat, als für ein streitiges Verfahren zuständig bezeichnet.
Das Amtsgericht S. hat am 27. Februar 2002 ein Schreiben an die Klägerin mit folgendem Zusatz verfügt: "Sofern sich der Unfall nicht im Bereich der Zuständigkeit des Amtsgerichts S. ereignet hat und Verweisung an das Gericht des Unfallorts beantragt wird, möge erklärt werden, ob die Verweisung im schriftlichen Verfahren erfolgen kann." Daraufhin hat die Klägerin die
Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht W. beantragt. Sie hat sich dabei auf einen gleichlautenden, mit Telefax vom 25. Februar 2002 beim Amtsgericht H. eingereichten Antrag bezogen. Auf Befragen hat die Beklagte kei- ne Einwände gegen eine Verweisung im schriftlichen Verfahren erhoben. Daraufhin hat sich das Amtsgericht S. mit Beschluß vom 27. März 2002 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht W. verwiesen. Dieses hat die Übernahme mit Beschluß vom 22. April 2002 abgelehnt.
Das Oberlandesgericht S. , dem das Amtsgericht S. die Sache gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung vorgelegt hat, hält den Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. für bindend und somit die Zuständigkeit des Amtsgerichts W. für gegeben. Dem stehe die Angabe im Mahnbescheid, das streitige Verfahren solle vor dem Amtsgericht S. durchgeführt werden, nicht entgegen. Zwar sei gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1, § 700 Abs. 3 Satz 1 ZPO eine Korrektur der im Mahnantrag getroffenen Zuständigkeitswahl nur durch übereinstimmendes, bereits vor der Abgabe an das Empfangsgericht erklärtes Verlangen der Parteien möglich. Der Verweisungsbeschluß entbehre jedoch auch im vorliegenden Fall, in dem die übereinstimmenden Erklärungen erst nach der Abgabe erfolgten, nicht jeder rechtlichen Grundlage und sei daher nicht willkürlich.
Weil sich das Oberlandesgericht hierbei in Widerspruch zu einer Rechtsauffassung sieht, die in Entscheidungen des Oberlandesgerichts Schleswig (MDR 2001, 50) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (MDR 1994, 94) vertreten wird, hat es die Sache gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II. Auf Grund der zulässigen Divergenzvorlage ist das Amtsgericht S. als zuständiges Gericht zu bestimmen.
1. Die in § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO genannten Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung liegen vor. Das Amtsgericht S. , in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat und das deshalb - wegen Fehlens eines abweichenden ausschließlichen Gerichtsstands - gemäß §§ 12, 17 ZPO für den Rechtsstreit örtlich zuständig ist, hat sich durch einen gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Beschluß für unzuständig erklärt. Das Amtsgericht W. hat im Beschlußweg die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das genügt, um zur Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu gelangen (BGHZ 102, 338, 339 f.).
2. Das Amtsgericht S. ist für den vorliegenden Rechtsstreit zuständig.

a) Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts S. wird durch die nach § 32 ZPO bestehende konkurrierende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts W. nicht berührt. Der Klägerin stand insoweit ein Wahlrecht im Sinne des § 35 ZPO zu. Davon hat sie dadurch Gebrauch gemacht, daß sie in dem Mahnantrag das örtlich zuständige Amtsgericht S. gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO als das für ein streitiges Verfahren zuständige Gericht bestimmt hat. Seit der Neufassung dieser Vorschrift durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl I, 2847) muß nicht mehr zwingend der allgemeine Gerichtsstand des Antragsgegners als zuständiges Gericht angeben werden. Daher gibt es heute
keinen Grund mehr für die zum früheren Recht vertretene Auffassung, wonach diese Angabe keine Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen bedeute und das Wahlrecht daher noch im Verlauf des weiteren Verfahrens ausgeübt werden könne.
Die Parteien hätten zwar übereinstimmend verlangen können, daß das Verfahren vom Mahngericht, dem Amtsgericht H. , nicht an das Amtsgericht S. , sondern an ein anderes Gericht abgegeben werde (§ 696 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz ZPO). Ein solcher übereinstimmender Antrag ist jedoch beim Mahngericht bis zur Abgabe an das Amtsgericht S. nicht eingegangen. Nach deren Vollzug ist die von der Klägerin getroffene Wahl unwiderruflich und verbindlich (Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273).

b) Das Amtsgericht S. konnte den Rechtsstreit demgemäß nicht an das Amtsgericht W. verweisen. Eine Verweisung kommt nur dann in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist. Dies gilt auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rechtshängigkeit erst durch Abgabe gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO begründet wurde. Zwar wird das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben wird, durch diese Abgabe nicht in gleicher Weise wie durch eine Verweisung wegen fehlender Zuständigkeit nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO gebunden (vgl. § 696 Abs. 5 ZPO); es hat vielmehr seine Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften zu prüfen. Eine Verweisung ist ihm danach jedoch nur im Fall seiner Unzuständigkeit eröffnet; ist es - wie hier - zumindest auch für die Entscheidung zuständig, scheidet eine Verweisung aus.

c) Dem Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. kommt auch keine Bindungswirkung zu.
Zwar sind im Interesse der Prozeßökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkten Verzögerungen und Verteuerungen des Verfahrens Verweisungsbeschlüsse gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluß und die diesem Beschluß zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (BGHZ 102, 338, 340; BGH, Beschl. v. 08.04.1992 - XII ARZ 8/92, NJW-RR 1992, 902 f.; Sen.Beschl. v. 22.06.1993 - X ARZ 340/93, NJW 1993, 2810).
Nach ständiger Rechtsprechung kommt einem Verweisungsbeschluß jedoch dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (RGZ 119, 379, 384; BGHZ 2, 278, 280), etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muß (BGHZ 71, 69, 72 ff.; BGH, Beschl. v. 04.12.1991 - XII ARZ 29/91, NJW-RR 1992, 383; Sen.Beschl. v. 09.07.2002 - X ARZ 110/02, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht S. den Parteien zwar rechtliches Gehör gewährt. Dem Beschluß haftet jedoch ein schwerwiegender Rechtsfehler an, der ihn als willkürlich erscheinen läßt. Zwar läßt der Beschluß jegliche Begründung vermissen; der rechtliche Ausgangspunkt des Amtsgerichts ist aber aus dem Akteninhalt, insbesondere aus der Verfügung vom 27. Februar 2002, deutlich zu erkennen. Das Gericht ist offensichtlich davon
ausgegangen, trotz seiner eigenen örtlichen Zuständigkeit könne die Klägerin auch noch nach Abgabe der Sache durch das Mahngericht ein anderes zuständiges Gericht wählen, weshalb auf entsprechenden Antrag die Verweisung an dieses Gericht auszusprechen sei. Sonst hätte das Amtsgericht nicht der Klägerin von sich aus anheimgestellt, einen Verweisungsantrag zu stellen.
Dem dahinter stehenden Rechtsstandpunkt ist jedenfalls durch die Neufassung des § 696 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Grundlage entzogen worden. Diese mit der Rechtsänderung verbundene Folge hat das Gericht entweder nicht zur Kenntnis genommen oder es war nicht gewillt, sich an die Änderung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Verweisung im Mahnverfahren zu halten. Jedenfalls lassen sich aus der Akte keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß sich das Amtsgericht mit der geltenden Rechtslage auseinandergesetzt und nach Gründen für die Zulässigkeit einer Verweisung gesucht haben könnte.
Unter diesen Umständen kann der Verweisungsbeschluß nicht hingenommen werden. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist eine Verweisung willkürlich, wenn ein Gericht eine bereits vor längerer Zeit vorgenommene Gesetzesänderung , mit der gerade solche Verweisungen unterbunden werden sollen, offenbar nicht zur Kenntnis genommen hat (Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273). Dies gilt in besonderem Maße, wenn die betreffende Gesetzesänderung - wie im vorliegenden Fall - bereits mehr als zehn Jahre zurückliegt und ihre Konsequenzen für die Verweisung des Rechtsstreits nach § 281 ZPO in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur ausführlich erörtert worden sind. Nicht minder schwerwiegend wäre der Gesetzesverstoß , wenn das Gericht das geänderte Gesetz zwar gekannt, sich jedoch ohne weiteres darüber hinweggesetzt haben sollte. Aus diesem Grund kann
der Verweisungsbeschluß schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden.
Auch der Umstand, daß die Klägerin einen Verweisungsantrag gestellt hat und die Beklagte mit der Verweisung einverstanden gewesen ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Wenn das Gericht durch die Verweisung des Rechtsstreits einem übereinstimmenden Verlangen beider Parteien entspricht, kann dies zwar nach teilweise vertretener Auffassung in manchen Fällen geeignet sein, einen rechtsfehlerhaft zustandegekommenen Verweisungsbeschluß nicht willkürlich erscheinen zu lassen (BGH, Beschl. v. 23.03.1988 - IVb ARZ 8/88, FamRZ 1988, 943; OLG Koblenz, OLG-Report 1997, 74 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 696 Rdn. 9a). Dies kann aber jedenfalls dann nicht gelten, wenn ein unzweifelhaft zuständiges Gericht die Parteien, die sich bislang zur Frage einer Verweisung noch nicht geäußert haben, von sich aus auf die angeblich bestehende Möglichkeit einer Verweisung hinweist. Wenn die Parteien daraufhin die Verweisung beantragen bzw. sich mit ihr einverstanden erklären, liegt die Annahme nicht fern, daß sie durch die rechtlich unzutreffende Information dazu veranlaßt worden sind. Schon aus diesem Grund sind die Erklärungen der Parteien nicht geeignet, der rechtswidrigen Verweisung den Willkürcharakter zu nehmen.
Melullis Jestaedt RiBGH Scharen ist urlaubsbedingt ortsabwesend und daher gehindert zu unterschreiben Melullis

Keukenschrijver Asendorf
16
c) Die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin den Verweisungsantrag nur aufgrund des unzutreffenden Hinweises des Landgerichts Lüneburg auf seine fehlende Zuständigkeit gestellt hat. Ein auf einem einfachen Verfahrensfehler beruhender Verweisungsbeschluss ist grundsätzlich bindend, wenn den Parteien vor der Verweisung rechtliches Gehör gewährt worden ist (BGH, Beschluss vom 19. Februar 2013 - X ARZ 507/12, NJW-RR 2013, 764 Rn. 9). Die anwaltlich vertretene Klägerin hatte mit der Nachfrage des Landgerichts Lüneburg, ob Verweisung beantragt werde, vor der Verweisung des Rechtsstreits Gelegenheit erhalten, auf eine sich gegebenenfalls aus anderen Vorschriften ergebende Zuständigkeit des Landgerichts Lüneburg hinzuweisen. Meier-Beck Gröning Grabinski Hoffmann Kober-Dehm