Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Okt. 2014 - L 8 SO 37/12

bei uns veröffentlicht am23.10.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 1. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 Sozialhilfeleistungen als Darlehen oder als Zuschuss zustehen.

Die 1939 geborene Klägerin lebt in einem Eigenheim. Sie bezieht eine Altersrente in Höhe von monatlich 175,92 Euro und eine Witwenrente in Höhe von monatlich 296,71 Euro (jeweils Stand 07/2010). Bis zum 31.08.2010 erhielt die Klägerin jahrelang ergänzende Sozialhilfeleistungen als Zuschuss.

Am 24.06.2010 stellte die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag für den Bewilligungszeitraum ab 01.09.2010 und legte umfangreiche Unterlagen vor.

Am 12.08.2010 wies der Beklagte die Klägerin in einem als „Anhörung“ bezeichneten Schreiben darauf hin, dass die Prüfung des Eigenheims als Schonvermögen im Raum stehe. Sofern das Haus der Größe nach nicht angemessen sei, komme allenfalls noch die Gewährung eines Darlehens nach § 91 SGB XII in Betracht. Derzeit werde von einer Wohnfläche von 120 m² ausgegangen. Die Klägerin legte daraufhin eine Wohnflächenberechnung vor, nach der die Wohnfläche 125,37 m² beträgt.

Mit Bescheid vom 27.08.2010 bewilligte der Beklagte laufende Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 199,53 Euro für den Zeitraum 01.09.2010 bis zunächst 31.03.2011 als Darlehen. In Ziffer 4. des Bescheides wurde der Klägerin die Auflage erteilt, eine Grundschuld über 15.000,- Euro zugunsten des Beklagten eintragen zu lassen. Zur Begründung für die darlehensweise Bewilligung wurde u. a. ausgeführt, ein Haus mit 125,37 m² Wohnfläche, das nur von einer Person bewohnt werde, könne nicht mehr als Schonvermögen im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII betrachtet werden. Der Verkauf des Hauses sei zumutbar, zumal es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, den Erben das Erbe zu erhalten. Jedoch solle die sofortige Verwertung nicht verlangt werden (91 SGB XII). Ein sofortiger Verkaufszwang stelle eine Härte dar. Der Klägerin werde für den Verkauf zunächst eine Frist bis 31.03.2011 eingeräumt.

Am 27.09.2010 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.08.2010. Der Beklagte sei seinen Aufklärungs- und Informationspflichten nicht nachgekommen. Das Haus sei Lebensmittelpunkt seit fast 40 Jahren, davon seit 10 Jahren im Bezug von Grundsicherungsleistungen. Sie verwies weiter auf mündliche Vereinbarungen mit der Tochter bezüglich eines Wohnrechts und die günstige Lage des Hauses. Sie könne dort die sozialen Kontakte zu ihren Familienmitgliedern ohne zusätzliche Kosten für diese wahrnehmen. Ein Darlehen bei der Bank könne aufgrund des Alters nicht aufgenommen werden. Eine Untervermietung sei nicht möglich, da keine abtrennbaren Bereiche beständen. Die Regierung von Schwaben wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 zurück.

Auf gesonderten Antrag der Klägerin bewilligte der Beklagte ihr mit Bescheid vom 07.10.2010 für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2011 eine Brennstoffbeihilfe als einmalige Leistung für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 980,- Euro. Auch diese Hilfe wurde als Darlehen gewährt. Am 04.11.2010 erhob die Klägerin Widerspruch. Daraufhin hob der Beklagte den Bescheid vom 07.10.2010 mit Bescheid vom 08.11.2010 auf und setzte die Brennstoffbeihilfe auf 1.568,- Euro fest. Auch diese Leistung wurde als Darlehen gewährt. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.10.2010 wies die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 zurück, ohne auf den Bescheid vom 08.11.2010 einzugehen.

Am 07.12.2010 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.11.2010. Daraufhin wies die Regierung von Schwaben mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 31.01.2011 „die Widersprüche gegen die Bescheide des LRA A-Stadt vom 07.10.2010, soweit das LRA nicht diesem Widerspruch mit Bescheid vom 08.11.2010 abgeholfen hat“, zurück.

Am 03.01.2011 hat die Klägerin durch ihre damalige Bevollmächtigte Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, zwar belaufe sich die Wohnfläche des Hauses auf 125 m². Das Dachgeschoss mit ca. 30 m² sei jedoch als Wohnraum nicht nutzbar. Das Dachgeschoss müsste ausgebaut und gedämmt werden. Die Dachfenster seien undicht. Für eine Sanierung fehle jedoch das Geld. Damit sei von einer nutzbaren Wohnfläche von 95 m² auszugehen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wieso der Beklagte einen Wert des Anwesens in Höhe von 140.000,- Euro annehme. Dies sei zu hoch geschätzt. Es beständen Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 40.000,- Euro. Gegen die Verwertbarkeit des Hauses spreche auch, dass die Klägerin bereits 1996 ihrer Tochter, Frau B., und einem Herrn S. jeweils ein lebenslängliches Wohnrecht eingeräumt habe. Eine Eintragung im Grundbuch liege insoweit allerdings nicht vor. Eine Teilvermietung scheide aus, weil es an abtrennbaren Wohneinheiten fehle. Für die Schaffung einer Einliegerwohnung fehle das Geld. Im Übrigen liege eine Härte vor, weil die Klägerin 72 Jahre alt sei und das Haus seit 40 Jahren bewohne.

Das Gericht hat die Streitsache am 15.09.2011 in Augsburg mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin klargestellt, dass es bezüglich der Grundsicherung und der Heizkostenbeihilfe um die grundsätzliche Frage der Bewilligung eines Zuschusses gehe. Die durch Zeitablauf erledigte Auflage und die Höhe der Heizkostenbeihilfe seien dagegen nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Allerdings richte sich die Klage nunmehr auch gegen den Bescheid vom 08.11.2010.

Mit Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht bedürftig gemäß § 19 Abs. 2 SGB XII, weil sie über Vermögen in Form eines nicht angemessenen Hausgrundstücks verfüge, aus dem sie den nicht durch die beiden Renten abgedeckten Lebensunterhalt bestreiten könne.

Das Hausgrundstück der Klägerin stelle verwertbares Vermögen gemäß § 90 SGB XII dar.

Bezüglich der Größe werde nach der Rechtsprechung zum SGB XII wie beim Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) auf die Wohnungsgrößen in § 39 des bis 31.12.2001 geltenden Zweiten Wohnungsbaugesetzes verwiesen. Danach werde für Familienheime mit einer Wohnung eine Größe von 130 m² noch als angemessen angesehen. Allerdings seien nach der Rechtsprechung hiervon noch Abzüge zu machen, wenn das Haus von weniger als vier Personen bewohnt werde (20 m² je Person) bis zu 90 m² (BSG vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R). Das BSG habe in dieser Entscheidung ein Haus mit einer Wohnfläche von knapp 92 m² für einen Zwei-Personen-Haushalt noch als angemessen angesehen und habe grundsätzlich ausgeführt, dass 90 m² bei einem Haus wohl insgesamt als Untergrenze angesehen werden müssten.

Bezüglich der Wohnfläche sei auch nach den bisherigen Ermittlungen und den eigenen Angaben der Klägerin von einer Wohnfläche von 125 m² auszugehen.

Das Haus sei jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum und auch weiterhin ausschließlich von der Klägerin bewohnt worden, so dass bezüglich der Angemessenheit auf einen Einpersonenhaushalt abzustellen sei. Allerdings ergäben sich auch bei einem von zwei Personen bewohnten Haus noch keine höheren Werte. Anhaltspunkte für einen erhöhten Wohnbedarf der Klägerin hätten sich auch im Klageverfahren nicht ergeben.

Auch dass das Haus in einem derart schlechten Zustand wäre, dass es praktisch keinen Wert mehr darstelle, sei weder vorgetragen noch erkennbar. Dies sei bei einem Haus Baujahr 1972 auch nicht zu erwarten. Preise wie der vom Beklagten vorläufig angesetzte Betrag von 140.000,- Euro würden regelmäßig auch bei nicht sanierten Häusern dieses Jahrgangs noch erzielt. Eine abschließende Bewertung habe aus den oben genannten Gründen nicht erfolgen können. Jedenfalls lägen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass das Haus unter Berücksichtigung der dinglichen Belastung von ca. 40.000,- Euro (Stand Sommer 2010) keinen wirtschaftlichen Wert mehr darstellen würde, wobei es bezüglich der Höhe des Erlöses nur darauf ankomme, ob dieser den maßgebenden Vermögensfreibetrag von 2.600,- übersteige. Davon könne mit Sicherheit ausgegangen werden.

Bezüglich der Berücksichtigung der schuldrechtlich vereinbarten Wohnrechte gelte, dass Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte allenfalls zu berücksichtigen seien, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (z. B. eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) laste, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden könne (BSG vom 02.11.2011 - B 4 AS 154/11 B - und vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R -).

Schließlich lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verwertung für die Klägerin eine Härte gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII darstellen würde, die zu einer Unverwertbarkeit des Hauses führen würde. Dabei sei vor allem zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht der Schutz des Eigentums, sondern ausschließlich der Schutz der Wohnung sei. Insofern könnten also bei Wohneigentum keine anderen Grundsätze gelten als bei einer Mietwohnung, die im Falle ihrer Unangemessenheit unter Umständen auch aufgegeben werden müsse.

Insoweit habe zuletzt das BSG mit Urteil vom 13.04.2011 (B 14 AS 32/09 R) entschieden, dass auch ein Wohnen in einer Wohnung über einen Zeitraum von 50 Jahren noch nicht die Unzumutbarkeit eines Umzugs begründe. Zu Recht habe der Beklagte darauf hingewiesen, dass gerade im Alter auch nicht bedürftige Menschen oftmals ihr Wohnumfeld wechseln müssten, etwa wenn sie pflegebedürftig würden, eine Wohnung zu groß werde und nicht mehr erhalten oder unterhalten werden könne. Dabei gäben sehr viele Menschen ihr ehemaliges Familienwohnhaus gerade im Hinblick auf eine später eintretende Pflegebedürftigkeit zugunsten einer kleineren, leichter zu pflegenden und ebenerdigen Wohnung auf. Dass die Klägerin schon jetzt derart pflegebedürftig bzw. desorientiert wäre, dass ihr ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zugemutet werden könne, sei nach den Akten ebenfalls nicht nachvollziehbar und werde von ihr auch nicht vorgetragen.

Der Gerichtsbescheid wurde am 07.02.2012 abgesandt und ist der damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 13.02.2012 zugegangen.

Hiergegen hat die Klägerin durch ihren weiteren früheren Bevollmächtigten am 07.03.2012 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben Zwar sei dem SG darin beizupflichten, dass lediglich schuldrechtlich vereinbarte Wohnrechte einer Verwertbarkeit des Hausgrundstücks nicht entgegenständen. Jedoch habe das SG zu Unrecht bei der Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks ausschließlich auf die Hausgröße (Wohnfläche) abgestellt. Zudem habe es das Vorhandensein einer nutzbaren Wohnfläche von wenigstens 95 m² als unstreitig unterstellt, ohne diesbezüglich den Sachverhalt hinreichend aufzuklären. Für die Frage der Angemessenheit seien mehrere Kriterien zu berücksichtigen, ohne dass die Unangemessenheit eines einzelnen Kriteriums automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks führe (BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 7/08 R, Rn. 17). Das SG sei verpflichtet gewesen, den Wert von Grundstück und Gebäude näher zu prüfen und dabei den geltend gemachten schlechten baulichen Zustand aufzuklären und ggf. zu berücksichtigen. Im Übrigen habe die Klägerin vorgetragen, dass die Wohnfläche nur 87,66 m² betrage, wenn man die Kellerräume außer Betracht lasse. Auch 95 m² seien nicht unangemessen, weil eine Überschreitung der Wohnflächenobergrenze von 90 m² um bis zu 10% unschädlich sei (BSG, a. a. O., Rn. 19). Keinesfalls dürfe das Dachgeschoss als Wohnraum berücksichtigt werden, weil es sich gegenwärtig nicht in einem bewohnbaren Zustand befinde. Schließlich liege eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII vor, weil durch die Verwertung das Wohnrecht der an einer schweren Krankheit/Behinderung leidenden Tochter vereitelt werde.

Am 04.10.2013 hat der Bevollmächtigte mitgeteilt, dass er die Klägerin nicht mehr vertrete. Seitdem wird die Klägerin von ihrer Tochter, der Inhaberin des von der Klägerin behaupteten, schuldrechtlich vereinbarten Wohnrechts, vertreten.

Der Senat hat am 25.07.2014 den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen C. mit der Erstellung eines Gutachtens zu den Fragen des Verkehrswertes und der Verwertbarkeit, auch in zeitlicher Hinsicht, beauftragt. Das schriftliche Gutachten vom 29.08.2014 wurde nach Aktenlage erstellt. Die Klägerin hatte eine Begehung und Besichtigung des Grundstücks nicht erlaubt. Danach hatte das Anwesen zum Stichtag 01.09.2010 einen Wert von 186.000,- Euro und zum Stichtag 31.03.2011 einen solchen von 190.000,- Euro. Die Frage, wie lange es gedauert hätte, diesen Erlös zu erzielen, wenn Verkaufsbemühungen am 01.09.2010 begonnen worden wären, hat der Gutachter damit beantwortet, dass dies schwer festzustellen sei. Am Immobilienmarkt gelte aber eine Vermarktungsdauer von ca. 6 Monaten als wirtschaftlich und üblich. Ab 12 Monaten gelte eine Vermarktung als unwirtschaftlich. Jedenfalls seien in der näheren Gegend sechs Verkaufsfälle in der Kaufpreissammlung bekannt. Die erzielten Kaufpreise hätten zwischen 144.000,- Euro und 180.000,- Euro gelegen.

Die Tochter der Klägerin hat sich zu dem Gutachten geäußert. Insbesondere hat sie moniert, dass sich der Gutachter nicht zu der Frage geäußert habe, ob die schuldrechtlich eingeräumten Wohnrechte einer Veräußerung der Immobilie entgegenständen bzw. wie weit sie den Wert minderten. Insoweit sei ihr rechtliches Gehör verwehrt worden. Veräußere die Klägerin das Haus, müsse sie den Wohnberechtigten gegenüber das entfallene Wohnrecht abgelten, was mit erheblichen Kosten verbunden sei. Es sei auch unverständlich, warum es keine weiteren Unterlagen über das Haus gebe. A-Stadt habe nichts von der Infrastruktur U-Stadt/A-Stadt. In A-Stadt selbst gebe es nur eine oder zwei Gaststätten, keinen Arzt, keine Apotheke, und einen kleinen Laden, der nur sporadisch geöffnet habe. Die Verbindung von A-Stadt nach S-Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei sehr ungünstig. Auch sonst sei A-Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht zu erreichen. Ein Bodengutachten müsste beim Bauamt vorliegen. Es sei nicht klar, ob der Baugrund vor Erteilung der Baugenehmigung geprüft worden sei. Es bestehe eine Lärmbelästigung durch Kreisstraße und Umfahrungsstraße, die weniger als 600 m entfernt am Haus vorbeiführten. Die Hausanschlüsse seien nach eigenem Ermessen (der Tochter) nicht so gut, wie der Sachverständige annehme. Das Dachgeschoss sei nicht ausgebaut und nicht bewohnbar. Es werde nicht erwähnt, dass das Haus im Rohbau übergeben worden sei, nachdem der Bauträger insolvent geworden sei. Es sei nicht akzeptabel, wenn der Sachverständige keine Baumängel und -schäden annehme, weil er das Gebäude nicht betreten habe.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2012 sowie der Bescheide des Beklagten vom 27.08.2010 und 08.11.2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.11.2010 und 31.01.2011 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 Leistungen der Grundsicherung als Zuschuss zu zahlen sowie die Brennstoffbeihilfe für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.09.2011 ebenfalls als Zuschuss zu bezahlen.

Darüber hinaus beantragt die Klägerin,

dass sie weiterhin in dem Haus bleiben dürfe.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2012 zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,- Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Klägerin wurden 2.964,71 Euro als Darlehen bewilligt (monatlich 199,53 Euro für 7 Monate zuzügl. 1.568,- Euro Heizkostenbeihilfe), deren Umwandlung in einen Zuschuss sie begehrt. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG).

Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zutreffend als zulässig, aber unbegründet abgewiesen.

1.

Streitgegenstand sind nach dem Antrag der Klägerin

a) laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter für den Zeitraum 01.09.2010 bis 31.03.2011 - in der mit Bescheid vom 27.08.2010 als Darlehen gewährten Höhe - als Zuschuss. Dass Leistungen für weitere Bewilligungszeiträume nicht Gegenstand des Verfahrens sind, ergibt sich schon aus dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2014. Im Übrigen sind Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum ab 01.04.2011 vom Beklagten mit gesondertem Bescheid vom 18.04.2011 abgelehnt worden; insoweit ist beim SG Augsburg das Klageverfahren S 3 SO 47/14 anhängig.

b) die einmalige Leistung zum Erwerb von Heizöl für die am 01.10.2010 beginnende Heizperiode als Zuschuss. Die Leistung wurde zunächst mit Bescheid vom 07.10.2010 in Höhe von 980,- Euro für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2011 als Darlehen bewilligt. Am 04.11.2010 wurde Widerspruch erhoben; mit Bescheid vom 08.11.2010 wurde der Bescheid vom 07.10.2010 aufgehoben und ersetzt; es wurden für den Zeitraum 01.10.2010 - 31.03.2011 ein Betrag von 1.568,- Euro als Darlehen bewilligt. Damit wurde der Bescheid vom 08.11.2010 nach § 86 SGG zum Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens, obwohl § 86 SGG - anders als § 96 SGG - den Fall der Ersetzung nach seinem Wortlaut nicht umfasst (Bayer. LSG, Beschluss vom 02.12.2011, L 16 AS 877/11 B ER). Entsprechend wurde der Bescheid vom 08.11.2010 auch zum Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2010, obwohl die Widerspruchsbehörde darin auf den Bescheid vom 08.11.2010 in keiner Weise eingegangen ist. Der spätere, separate Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.11.2010 war unzulässig und schon deshalb zurückzuweisen. Dass die Klägerin gegen den zweiten Widerspruchsbescheid vom 31.01.2011 nicht innerhalb der Monatsfrist Klage erhoben hat, steht damit der Einbeziehung des Bescheides vom 08.11.2010 in die Klage nicht entgegen.

Ein Antrag auf Bewilligung höherer als der gewährten Leistungen ist jeweils nicht gestellt worden; es ist lediglich darüber zu entscheiden, ob die Leistungen als Zuschuss statt als Darlehen zu gewähren sind (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 5/09 R, Rn. 10). Dabei sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (BSG, a. a. O.).

Nicht Gegenstand des Verfahrens ist auch die durch Zeitablauf erledigte Auflage (Ziffer 4. des Bescheides vom 27.08.2010). Dies hat die Klägerin bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 15.09.2011 erklärt.

2.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter als Zuschuss (§§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII) nicht zu. Dies gilt sowohl für die laufenden Leistungen für den Zeitraum 01.09.2010 bis 31.03.2011 als auch für die einmalige Leistung für den Erwerb von Heizöl für die am 01.10.2010 beginnende Heizperiode. Zwar gehört die Klägerin zum grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis, weil sie - geboren 1939 - die Altersgrenze erreicht hat (§ 41 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Sie kann jedoch ihren Lebensunterhalt - im streitgegenständlichen Zeitraum nach der Berechnung des Beklagten monatlich etwa 672,- Euro (Regelsatz und Kosten der Unterkunft) - aus dem Einkommen aus eigener Rente und Witwenrente in Höhe von insgesamt etwa 472,- Euro und ihrem Vermögen bestreiten. Sie ist Eigentümerin eines Wohnhauses, das als Vermögen einzusetzen ist und zumindest in der Zeit vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 zur Bestreitung des Lebensunterhalts neben dem laufenden Einkommen ausreicht.

a)

Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen (§ 90 Abs. 1 SGB XII). Das Hausgrundstück der Klägerin ist durch Vermietung und insbesondere durch Verkauf verwertbar. Der Senat ist davon überzeugt, weil der gerichtliche Sachverständige - u. a. nach Vornahme einer Außenbesichtigung von öffentlichem Grund - einen Verkehrswert von 186.000,- Euro ermittelt hat. Er hat damit die Marktgängigkeit des Anwesens bejaht. Reiheneckhäuser werden nach den Ausführungen des Sachverständigen am Grundstücksmarkt in der Regel gern angemietet, weil sie den Mietern eine große individuelle Freiheit bieten. Auch die Veräußerungsmöglichkeit ist gegeben. Sowohl die Vermietbarkeit als auch die Veräußerungsmöglichkeit sind gegeben, wenn die Angebotspreise marktgerecht sind (Ziffer 5.6. des Sachverständigengutachtens). Dies wird insbesondere dadurch untermauert, dass im Nachbarort W-Stadt im Jahr 2010 vergleichbare Anwesen tatsächlich veräußert worden sind (Ziffer 6.5. des Sachverständigengutachtens).

Das Gutachten überzeugt insbesondere auch zur Wertermittlung. Es handelt sich bei dem Sachverständigen um einen von der örtlich benachbarten IHK bestellten Gutachter in die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke, der zudem Mitglied in dem Gutachterausschuss des betreffenden Landkreises ist. Der Sachverständige hat die gestellten Fragen beantwortet, eine Ortsbesichtigung am 13.08.2014 (Außenbesichtigung) vorgenommen und sich Bewertungsgrundlagen verschafft. So ist dem Gutachten ein Lageplan beigegeben, diverse Berechnungen der Wohn- und Nutzflächen aus dem Bauantrag sowie Grundbuchauszüge. Weiter hat der Sachverständige Auskünfte über Bodenrichtwerte, den Erschließungszustand, städtebauliche Festsetzungen, über Hochwassergefahr und Altlastenverdacht sowie sonstige öffentliche Gegebenheiten bei der Gemeinde eingeholt. Damit hatte der Sachverständige auch ohne eine Innenbesichtigung genügend Bewertungstatsachen geschaffen, um eine valide Bewertung abzugeben. So konnte er nach den Wohnflächenberechnungen von 25.04.1973 für die Reihenhäuser Nummer 23-28 eine Wohnfläche von 125,37 m² zugrunde legen, bei der das Dachgeschoss mit 28,71 m² bemessen ist. Die Weigerung der Klägerin, eine Innenbesichtigung zuzulassen, hat damit eine Bewertung nicht verhindert.

Soweit allerdings der Erhaltungszustand von dem im Gutachten angenommenen Zustand abweicht, führt dies nicht zur Unschlüssigkeit des Gutachtens. Denn insoweit fehlende Befundtatsachen gehen zulasten der Klägerin, die ein Betreten des Anwesens durch den Sachverständigen abgelehnt und so eine amtliche Beibringung verhindert hat. Der Sachverständige durfte demnach von der Baubeschreibung aus dem Bauantrag ausgehen (vergleiche Blatt 10 und 11 des Gutachtens). Er ging davon aus, dass keine energetische Modernisierung stattgefunden hat, wie es auch die Klägerin behauptet. Ebenso konnte er auch von einem Alter des Gebäudes von 36 Jahren und einer wirtschaftlichen Restnutzungsdauer von 43 Jahren ausgehen. Damit hat der Senat keinen Zweifel an der Größenordnung des ermittelten Wertes in Höhe von etwa 186.000,- Euro.

Soweit die Klägerin eine ungünstige Infrastruktur geltend macht, greifen ihre Einwände nicht durch. Der Sachverständige hat nämlich die entsprechenden Parameter bei der Wertermittlung berücksichtigt. Er hat die Veräußerungsvorgänge in der näheren Umgebung gewürdigt und ist als Mitglied des Gutachterausschusses des Landkreises A-Stadt selbstverständlich über die Infrastruktur U-Stadt/A-Stadt orientiert. Dies betrifft auch Bodengutachten, Baugrund, öffentliche Verkehrsmittel, Lärmbelästigung durch Kreisstraße und Umfahrungsstraße und Hausanschlüsse. Gerade wegen dieser Umstände hat sich das Gericht mangels eigener Sachkunde eines Sachverständigen bedient.

Das Anwesen der Klägerin ist auch nicht überschuldet. Der Schuldenstand lag zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums bei etwa 41.000,- Euro. Dies ergibt sich aus der Aufstellung des Beklagten, Bl. 50 der Beklagtenakte, sowie den eigenen Ausführungen der Klägerin, Schriftsatz vom 26.04.2011, Bl. 21 der Akte des SG. Damit lag er weit unter dem ermittelten Marktwert der Immobilie.

Die schuldrechtlich vereinbarten, aber nicht im Grundbuch eingetragenen Wohnrechte - die im Übrigen während des streitgegenständlichen Zeitraums nicht in Anspruch genommen wurden - stehen der Verwertbarkeit nicht entgegen, weil sie gegen einen möglichen Erwerber nicht geltend gemacht werden können. Im Übrigen schließt auch ein dinglich gesichertes und tatsächlich in Anspruch genommenes Wohnrecht die Verwertbarkeit nicht von vornherein aus (BSG, Urteil vom 12.07.2012, B 14 AS 158/11 R).

Anhaltspunkte dafür, dass ein Verkauf innerhalb von 7 Monaten - für diesen Zeitraum hat der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27.08.2010 laufende Leistungen als Darlehen bewilligt - nicht oder nicht zu dem von dem gerichtlichen Sachverständigen ermittelten Preis möglich gewesen wäre, liegen nicht vor. Die Klägerin hat nämlich keine (vergeblichen) Verkaufsbemühungen unternommen. Damit erübrigen sich auch Ausführungen zu der Frage, ob der Klägerin hätte zugemutet werden können, das Anwesen zu einem geringeren Preis anzubieten, um den Verkauf leichter realisieren zu können.

Ob eine sofortige Verwertung möglich gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte hat nämlich angenommen, dass die sofortige Verwertung eine Härte darstellen würde, und hat der Klägerin deshalb nach § 91 SGB XII ein Darlehen für 7 Monate gewährt.

b)

Es handelt sich nicht um Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Danach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.

Die Klägerin bewohnte das Haus im streitgegenständlichen Zeitraum allein. Anhaltspunkte dafür, dass sie etwa wegen einer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit einen außergewöhnlichen Wohnbedarf haben könnte, liegen nicht vor. Damit bleibt es hinsichtlich der Angemessenheit der Wohnfläche bei den allgemeinen Grenzwerten.

Die Angemessenheit der Größe von Familienheimen und Eigentumswohnungen war bis zum 31.12.2001 aufgrund der bis dahin in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG enthaltenen ausdrücklichen Verweisung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WobauG) zu bestimmen. Nach dessen Aufhebung werden die für die Wohnungsbauförderung maßgeblichen Wohnungsgrößen nach dem Wohnraumförderungsgesetz durch die Länder bestimmt. Der Sozialhilfesenat des BSG hat sich für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße aus Gründen der Harmonisierung der Rechtsprechung der SGB-II-Senate angeschlossen, wonach diese zur Wahrung eines bundeseinheitlichen Maßstabs weiterhin nach den Werten des II. WobauG zu bestimmen, jedoch - entsprechend den Vorgaben des § 90 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 SGB XII - nach der Zahl der Bewohner zu differenzieren ist. Danach gelten Familienheime mit einer Wohnfläche bis zu 130 qm und Eigentumswohnungen mit bis zu 120 qm für einen Haushalt mit vier Personen nicht als unangemessen groß. Für jede weitere Person im Haushalt sind zu den genannten Werten weitere 20 qm (vgl. § 39 Abs. 2 i. V. m. § 82 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 II. WobauG) zu addieren. Bei einer geringeren Familiengröße sind je fehlender Person 20 qm abzuziehen, wobei vor allem bei jüngeren Hilfesuchenden eine Untergrenze von 80 qm gelten soll, solange mit einem möglichen „Zuwachs“ durch einen neuen Partner oder ein Kind zu rechnen ist (Mecke, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 90 Rn. 78).

Für ein Familienheim, das - wie hier - von einer Person bewohnt wird, gilt also ein Grenzwert von 90 m². Der von Mecke, a. a. O., weiter vertretenen Auffassung, nach dem Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 Satz 2 II. WobauG sollte von einer Reduzierung der angemessenen Wohnfläche abgesehen werden, wenn sich die Personenzahl erst durch den Auszug der erwachsenen Kinder verringert habe, folgt der Senat nicht, weil sich hierfür im SGB XII kein Anhaltspunkt findet.

Die Wohnfläche des Hauses der Klägerin beträgt 125,37 m². Die einzige diesbezüglich substantiierte Angabe ist die Aufstellung eines Architekten von 1973, die die Klägerin selbst am 17.08.2010 bei dem Beklagten vorgelegt hat. Danach beträgt die Wohnfläche 125,37 m². Kellerräume sind dabei nicht berücksichtigt, wohl aber das Dachgeschoss mit 28,71 m². Ob die Wohnfläche tatsächlich kleiner ist, insbesondere in welchem Zustand sich das Dachgeschoss befindet, ist dem Senat nicht bekannt. Es wurde mehrfach vergeblich versucht, die Klägerin bzw. ihre Tochter zu einem Einverständnis mit einer Begutachtung zu bewegen, die eine Besichtigung des Hauses einschließt. Die Tochter hat dies jedoch stets abgelehnt. Da die Klägerin die materielle Beweislast für das Vorliegen von Schonvermögen trägt und durch ihr Verhalten eine Besichtigung des Anwesens durch den gerichtlichen Sachverständigen verhindert hat, bildet der Senat seine Überzeugung auf der Grundlage der Aufstellung von 1973, wonach die Wohnfläche 125,37 m² beträgt.

Damit spielt auch keine Rolle mehr, ob eine Überschreitung des Richtwerts von 90 m² um 10% unschädlich wäre. Es liegt nämlich eine Überschreitung um 39,3% vor. Selbst wenn man mit 110 m² den Wert für drei Personen zugrunde legen würde (1992: Ehemann und jüngster Sohn lebten mit im Haus), ergäbe sich eine Überschreitung um 13,97%.

Ob die Grundstücksgröße als solche mit 363 m² noch angemessen ist, kann offen bleiben. Insoweit ist auf die örtlichen Gegebenheiten abzustellen (BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 7/08 R, Rn. 20), zu denen keine allgemeinen Erkenntnisse vorliegen. Angesichts der Größe der Wohnfläche ist die Frage nicht entscheidungserheblich.

Auch die übrigen in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannten Kriterien führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Insbesondere ist der bauliche Zustand des Hauses nicht so schlecht, dass trotz der unangemessenen Wohnfläche noch von einem angemessenen Hausgrundstück gesprochen werden könnte.

c)

Eine Härte nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII liegt nicht vor.

Eine Härte liegt vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z. B. der Art, Schwere und Dauer der Hilfe, des Alters, des Familienstands oder der sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen, eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung der nachfragenden Person insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist.

So liegt es hier nicht.

aa)

Im vorliegenden Fall spricht nichts dafür, dass die Klägerin durch die Entscheidung des Beklagten, ihr Leistungen im Umfang von etwa 3.000,- Euro als Darlehen statt als Zuschuss zu gewähren, faktisch gezwungen wäre, ihr Haus zu verkaufen und umzuziehen. Es liegen derzeit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte wegen dieser Forderung die Zwangsversteigerung des Anwesens zu betreiben beabsichtigt, solange die Klägerin in ihrem Anwesen wohnt. Der Senat zweifelt insbesondere nicht daran, dass der Beklagte bei einer diesbezüglichen Entscheidung die Rechtsprechung des BSG zur Zumutbarkeit eines Umzugs für ältere Menschen (Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 24/08 R, Rn. 19-20) berücksichtigt.

Damit stellt sich nicht die Frage, ob Verkauf und Umzug eine Härte darstellen würden. Es steht allenfalls ein Vermögenseinsatz in Form der Beleihung, konkret der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, im Raum. Diese begründet keinesfalls eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII.

bb)

Ohne dass dies noch entscheidungserheblich wäre, weist der Senat darauf hin, dass auch im Fall eines Verkaufs jedenfalls die Vereitelung des Wohnrechts der Tochter und eines Bekannten keine Härte darstellen würde, weil letztlich keine Interessen der Klägerin, sondern nur solche der Tochter und des Bekannten tangiert wären. Im Übrigen handelt es sich bei den berührten Interessen um privatrechtliche Ansprüche auf kostenfreies Wohnen. Die Tochter und der Bekannte waren jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in einem Maße bedürftig, dass sie dieses Recht hätten in Anspruch nehmen müssen. Sie haben nicht in dem Haus der Klägerin gewohnt und verlören dementsprechend auch bei einer Veräußerung nicht ihre Wohnung. Dass die Berechtigten, die ihre Wohnrechte bis heute nicht wahrgenommen haben, Schadensersatzforderungen gegen die Klägerin erheben könnten, ist nicht belegt und wäre im Übrigen auch nicht relevant, weil die Klägerin verpflichtet ist, für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen, selbst wenn sie dadurch vertragliche Verpflichtungen verletzt. Anderenfalls müsste der Sozialhilfeträger zumindest indirekt auch für Schulden aufkommen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Tochter Unterhaltsansprüche gegen die Klägerin zustehen könnten, liegen nicht vor.

Im Übrigen könnte die Klägerin im Fall einer Veräußerung des Anwesens von zu erwartenden Verkaufserlös nicht nur ihren Lebensunterhalt für viele Jahre bestreiten, sondern zusätzlich in erheblichem Umfang etwaige Forderungen der Tochter und des Bekannten befriedigen.

3.

Der Antrag der Klägerin, „dass sie weiterhin in dem Haus bleiben dürfe“ ist unzulässig. Im Übrigen ist derzeit nicht erkennbar, dass der Beklagte wegen seiner Forderung die Zwangsversteigerung zu betreiben beabsichtigt (s. o.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

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(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 90 Einzusetzendes Vermögen


(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung1.eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage od

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(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. (2)

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86


Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 41 Leistungsberechtigte


(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen n

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 91 Darlehen


Soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die

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Soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden. Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juli 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Streitig ist die zuschussweise anstatt darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.2.2008 bis 31.7.2008.

2

Der Beklagte bewilligte der im Januar 1991 geborenen Klägerin durch Bescheid vom 22.1.2008 in der Fassung des Bescheides vom 7.3.2008, dieser wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.4.2008, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als zinsloses Darlehen im zuvor benannten Zeitraum. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin sei Inhaberin von Geschäftsanteilen bei zwei Volksbanken im Wert von insgesamt 5994,07 Euro. Hierbei handele es sich oberhalb von 3300 Euro um nach Ablauf der Kündigungsfrist verwertbares Vermögen, das zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen sei. Mit ihrer Klage vor dem SG hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr die Geschäftsanteile nicht als Vermögen zuzurechnen seien, da die Eltern die Geschäftsanteile erworben hätten. Diese sollten nun, nach der Scheidung der Eltern, an die Mutter zurückfließen. Die Geschäftsanteile seien keine Schenkung, sondern eine Ausstattung iS des § 1624 BGB. Eine Verschlechterung der Vermögens- und Einkommenssituation der Eltern könne daher zur Rückübertragung der Geschäftsanteile nach Maßgabe der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage führen. Zudem sei sie, die Klägerin, im streitigen Zeitraum nur mit Genehmigung der Eltern im Hinblick auf die Geschäftsanteile verfügungsberechtigt gewesen. Weder im Klage-, noch im Berufungsverfahren vor dem LSG konnte die Klägerin mit ihrem Begehren auf zuschussweise Leistungsgewährung durchdringen (Urteil des SG vom 9.12.2008 und Urteil des LSG vom 26.7.2011). Das LSG hat nach Vernehmung der Eltern der Klägerin sowie Einholung einer Auskunft bei den Volksbanken zur Begründung ausgeführt, ein Herausgabe- oder Rückgaberecht der Eltern an den Geschäftsanteilen habe nicht bestanden, sie hätten tatsächlich im Vermögen der Klägerin gestanden. Die Klägerin sei nach den Regeln der Schenkung nicht verpflichtet gewesen, die Geschäftsanteile wieder an ihre Eltern herauszugeben (§§ 528, 529 BGB). Auch eine Ausstattung iS des § 1624 BGB wäre im streitigen Zeitraum nicht an die Mutter zurückzugeben gewesen. Die Ausstattung sei dem Rechtsgedanken des § 242 BGB unterworfen. Hieraus folge, dass der Anspruch auf Ausstattung entfalle, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse grundlegend geändert hätten. Selbst wenn man jedoch Wegfall der Geschäftsgrundlage annehmen wolle, ändere dies nichts an der Berechtigung der Klägerin die Genossenschaftsanteile zu behalten. Eine Rückgabe sei ausgeschlossen, wenn der zur Rückgabe Verpflichtete durch die Rückgabe seinerseits hilfebedürftig würde. Eine Rückforderung bzw Rückübertragung wäre nach § 138 Abs 1 BGB zudem nichtig. Ein Rechtsgeschäft, dass nach Inhalt, Zweck und Beweggrund darauf abziele - trotz eigenen Vermögens oder eigener Einkunftsmöglichkeit - zu Ansprüchen auf Sozialhilfe zu gelangen, sei grundsätzlich sittenwidrig. Selbst wenn jedoch Herausgabe- oder Rückgabeansprüche der Eltern bestanden haben sollten, komme eine Nichtberücksichtigung als Vermögen nicht in Betracht, denn Vermögen sei vorrangig zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts einzusetzen und nicht zur Befriedigung von Ansprüchen Dritter. Ein Ausschlussgrund für die Berücksichtigung der Geschäftsanteile als Vermögen bei der Berechnung der SGB II-Leistung sei nicht gegeben. Es müsse jedoch beachtet werden, dass bei einer Berücksichtigung der Geschäftsanteile als Vermögen der Ausstattungszweck der Klägerin eine finanzielle Grundlage für den Start ins "Leben" zu verschaffen, zumindest teilweise gewährleistet bleibe, denn das Vermögen sei nur oberhalb der Freibetragsgrenzen zu verwerten. Prognostisch sei das Vermögen auch im Sommer 2009 nach Kündigung verwertbar gewesen.

3

Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem zuvor benannten Urteil Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend und rügt Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

4

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

5

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

6

Die Klägerin hält zwar sinngemäß die folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
Liegt ein dem Hilfebedürftigen zurechenbares Vermögen auch dann vor, wenn der Hilfebedürftige nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen berechtigt oder sogar verpflichtet ist, dieses Vermögen zurück zu übertragen?

7

Soweit die Klägerin mit ihrer Frage unterstellt, dass sie zivilrechtlich berechtigt oder verpflichtet gewesen sei, die Geschäftsanteile an ihre Mutter oder die Eltern zurück zu übertragen, fehlt es im Hinblick auf die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage jedoch an einer Auseinandersetzung mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Klägerin behauptet zwar die Rechtsfrage sei nicht höchstrichterlich "entschieden". Diese Behauptung erweist sich jedoch im Hinblick auf die erforderliche Darlegung der Klärungsbedürftigkeit als unzureichend. Anlass zu näheren Ausführungen hätte insbesondere deswegen bestanden, weil das LSG darauf hingewiesen hat, dass das Vermögen nicht zur Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, sondern vorrangig zur eigenen Lebensunterhaltssicherung einzusetzen sei. Dieser Grundsatz ist im Hinblick auf den Einsatz von Einkommen zur Unterhaltssicherung anstatt Schuldentilgung auch bereits mehrfach vom erkennenden Senat bekräftigt worden (vgl BSG 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 19; auch 14. Senat vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 18). Zur Verwertung von Vermögen hat der 14. Senat des BSG ausgeführt, die Bedürftigkeitsprüfung im SGB II erfordere keine Saldierung aller Aktiva und Passiva. Dies folge aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen solle, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht habe. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte sei allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (zB eine auf einem Grundstück eingetragene Hypothek) laste, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden könne (BSG 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R). Die Klägerin hätte daher dartun müssen, dass und warum dieses nicht für verwertbares Vermögen gelten soll - im Hinblick auf den Einsatz von Vermögen also noch Klärungsbedarf besteht.

8

Den weiteren Ausführungen der Klägerin mangelt es zudem an der Darlegung der Klärungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren. Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage setzte im konkreten Fall voraus, dass die Klägerin berechtigt oder verpflichtet war, ihr Vermögen in Form der Geschäftsanteile bei der Volksbank an die Mutter oder die Eltern zurück zu übertragen. Dieses verneint das LSG in seiner Entscheidung jedoch. Es würdigt den Sachverhalt vielmehr dahingehend, dass es sittenwidrig sei, wenn die Klägerin dem Begehren der Mutter oder der Eltern nachgebe, da sie sich damit selbst hilfebedürftig und von steuerfinanzierten Transferleistungen abhängig mache. Die Klägerin greift diese Würdigung zwar mit den Worten an, dass die Ausführungen nicht überzeugend seien, macht jedoch keinen Fehler in der Beweiswürdigung des LSG geltend, der ein verfahrensfehlerhaftes Verhalten des LSG iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG belegen und damit eine andere Wertung der Vorfrage nach der zivilrechtlichen Berechtigung oder Verpflichtung der Vermögensrückübertragung nahelegen könnte.

9

Auch die von der Klägerin gerügte Divergenz ist nicht hinreichend dargelegt.

10

Zur formgerechten Rüge des Zulassungsgrundes einer Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist in der Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, zumindest so zu bezeichnen, dass sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. Ferner ist deutlich zu machen, worin die Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muss darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss einen abstrakten Rechtssatz aus dem vorinstanzlichen Urteil und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht hingegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die berufungsgerichtliche Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruhe (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54, 67). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

11

Die Klägerin behauptet zwar, das LSG weiche in seinem Urteil von der Rechtsprechung des BSG vom 27.1.2009 (B 14 AS 42/07 R, SozR 4-4200 § 12 Nr 12) zur Frage der Verwertbarkeit von Vermögen ab. Sie zitiert auch einen abstrakten Rechtssatz aus der benannten Entscheidung des BSG. Es fehlt jedoch an der Wiedergabe eines dem entgegenstehenden abstrakten Rechtssatzes aus der Entscheidung des LSG. Die bloße Behauptung der Abweichung genügt den Darlegungserfordernissen nicht.

12

Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. April 2009 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der dem Kläger vom beklagten Jobcenter zu zahlenden Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit von November 2006 bis April 2007.

2

Der im Jahr 1950 geborene, erwerbsfähige Kläger ist promovierter Politikwissenschaftler und konnte im streitgegenständlichen Zeitraum seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln sichern. Er wohnt seit dem Jahr 1959 zunächst als Kind in der Familie, inzwischen allein in einer "2 2/2-Zimmerwohnung" mit einer Wohnfläche von knapp 75 qm, für die er eine Bruttowarmmiete von 515,87 Euro monatlich im strittigen Zeitraum zu zahlen hatte. Leistungen nach dem SGB II erhielt er ab dem 21.4.2005. Mit Schreiben vom 26.4.2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, die Kosten der Unterkunft seien nicht angemessen. Er sei längstens für sechs Monate bereit die tatsächlichen Kosten so lange zu übernehmen, wie es dem Kläger nicht möglich sei, durch einen Wohnungswechsel, Untervermietung oder Erwirkung einer Mietminderung die Kosten der Unterkunft zu senken. Der Kläger wies auf seine lange Wohndauer in der Wohnung hin. Er bewahre in ihr ein umfassendes Archiv insbesondere zu den Themen Sport, Ministerium für Staatssicherheit und Fußball auf, in denen er als wissenschaftlicher Experte international anerkannt sei. Bei einem Umzug in eine kleinere Wohnung müsse er sich von diesen Beständen trennen, womit ihm eine weitere wissenschaftliche Tätigkeit und eine geplante Buchveröffentlichung verwehrt seien, hierauf würden aber seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt beruhen. Für die Zeit von November 2006 bis April 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 396 Euro monatlich und legte dabei den Grundwert für Einpersonenhaushalte von 360 Euro für die Bruttowarmmiete nach den Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 7.6.2005 (ABl 3743), zuletzt geändert mit Verwaltungsvorschrift vom 30.5.2006 (ABl 2062) zuzüglich eines Zuschlags von 10 % wegen längerer Wohndauer zugrunde (Bescheid vom 12.10.2006, Widerspruchsbescheid vom 23.2.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Leistungen unter Zugrundelegung der vollen Kosten der Unterkunft in Höhe von 515,87 Euro monatlich von November 2006 bis April 2007 zu bewilligen (Urteil vom 21.5.2007). Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG geändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung von November 2006 bis April 2007 in Höhe von 416,28 Euro monatlich zu gewähren und im Übrigen die Klage und die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.4.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II seien nicht anhand der AV-Wohnen zu bestimmen. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Angemessenheit" obliege vielmehr den Gerichten und es sei eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (Hinweis ua auf das Urteil des BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2). Nach den Wohnungsbauförderungsbestimmungen des Landes Berlin erscheine eine Wohnung von bis zu 50 qm für eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft als angemessen. Als Wohnungsstandard sei von einem einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad der Wohnung auszugehen. Zur Bestimmung des nach der Produkttheorie angemessenen Quadratmeterpreises sei vom qualifizierten Mietspiegel des Landes Berlin vom 11.7.2007 (ABl 1797) auszugehen, da ein besseres Erkenntnismittel nicht zur Verfügung stehe und dessen Stichtag 1.10.2006 vor dem umstrittenen Bewilligungszeitraum liege. Bei Anwendung des Mietspiegels sei der günstigste Spannenhöchstbetrag innerhalb der verschiedenen Baujahresklassen für Wohnungen mit Bad und WC zugrunde zu legen. Ebenfalls mit einzubeziehen seien die kalten und warmen Betriebskosten. Hinsichtlich deren Ermittlung seien - mangels "besserer Zahlen" - die Werte des Anhangs I zum Mietspiegel heranzuziehen und der 4/5 Spannenoberwert zugrunde zu legen. Konkret seien nach dem Mietspiegel pro Quadratmeter ein Wert von 4,71 Euro (Baujahre 1965 bis 1972, einfache Wohnlage, 40 bis unter 60 qm) plus 2,59 Euro kalte Betriebskosten sowie 1,15 Euro Heizkosten (= 8,45 Euro x 50 qm =) und damit insgesamt 422,50 Euro anzusetzen. Davon seien noch 6,22 Euro für die Warmwasserbereitung abzuziehen (Hinweis auf BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5), sodass 416,28 Euro monatlich für Leistungen der Unterkunft und Heizung zu zahlen seien. Eine solche Wohnung sei auch im bisherigen Umfeld des Klägers Berlin-Schöneberg anmietbar. Das Alter des Klägers und seine lange Wohndauer seien - auch in Kombination - keine Kriterien, aus denen eine Unzumutbarkeit hergeleitet werden könne, für die gebotene Senkung der Kosten der Unterkunft zu sorgen, ggf auch durch einen Umzug. Der Kläger könne sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, in der Wohnung sein Archiv unterbringen zu müssen. Die Unterlagen könnten außerhalb der Wohnung, zB in einem Keller oder bei einer öffentlichen oder privaten Stelle, aufbewahrt werden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Umzugskosten außer Verhältnis zu den ersparten Kosten der Unterkunft stehen könnten.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 22 SGB II. Die Entscheidung des LSG werde der vom Bundessozialgericht (BSG) geforderten Einzelfallentscheidung nicht gerecht. Seine enge Verbundenheit mit seiner Wohnung und dem sozialen Umfeld werde nicht ausreichend gewürdigt. Aufgrund der Wohndauer von fast 50 Jahren sei er nicht weniger schutzwürdig, als ein Eigentümer in einer selbst genutzten Wohneinheit. Es liege ein Verstoß gegen Art 1 Abs 1, Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1, Art 5 Abs 3 Grundgesetz (GG) vor.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. April 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Mai 2007 zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er bezieht sich auf die AV-Wohnen. Im Übrigen lasse die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Angemessenheit" durch das LSG keinen Fehler erkennen, auch wenn die Argumente des LSG nicht in jedem Punkt überzeugten.

Entscheidungsgründe

8

Auf die Revision des Klägers ist das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, weil das LSG die abstrakt angemessenen Leistungen für Unterkunft des Klägers und dessen angemessene Leistungen für Heizung nicht zutreffend ermittelt hat. Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen kann der Senat nicht beurteilen, ob die Entscheidung des LSG aus anderen Gründen richtig ist, oder in der Sache selbst entscheiden (§ 170 Abs 1, 2 Sozialgerichtsgesetz).

9

Streitgegenstand des Verfahrens sind allein Ansprüche des Klägers auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von November 2006 bis April 2007 und der diese Ansprüche regelnde Bescheid des beklagten Jobcenters vom 12.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2007. An der Zulässigkeit derart beschränkter Rechtsmittel (vgl nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

10

Der Kläger lebt nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) allein in seiner Wohnung und gehört dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II, weil er das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erwerbsfähig und hilfebedürftig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, das insofern von November 2006 bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geändert wurde).

11

Rechtsgrundlage für die vorliegend der Höhe nach umstrittenen Leistungen für Unterkunft und Heizung sind §§ 19, 22 SGB II. Danach werden im Rahmen des Arbeitslosengeldes II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, das insofern von November 2006 bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geändert wurde). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (stRspr vgl nur BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 12 mwN).

12

Zwischen der Leistung für die Unterkunft (dazu 1.) und der Leistung für die Heizung (dazu 2.) ist zu unterscheiden, wie schon dem Wortlaut der Vorschrift mit der Verwendung des Plurals "Leistungen" sowie der Rechtsprechung des Senats (BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; zuletzt: BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 18) zu entnehmen ist. Welche Aufwendungen für die Unterkunft und welche für die Heizung vorliegend tatsächlich angefallen sind, lässt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Das LSG hat nur eine Bruttowarmmiete von 515,87 Euro monatlich festgestellt, die das SG dem Kläger auch zugesprochen hat, die dann als angemessen von dem Beklagten zu zahlen sein könnte, wenn dieser Betrag unter der Summe der angemessenen Leistungen für die Unterkunft und für die Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II liegen würde. Das LSG hat jedoch nur einen Betrag von insgesamt 416,28 Euro monatlich als angemessen angesehen und die weitergehende Klage abgewiesen.

13

1. Zur Ermittlung der Leistung für die Unterkunft, auf die der dem Grunde nach Hilfebedürftige Anspruch hat, ist in mehreren Schritten vorzugehen: Zunächst ist die angemessene Leistung für die Unterkunft unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren abstrakt zu ermitteln (dazu a). Anschließend ist - falls insofern Einwände vorgebracht werden - zu prüfen, ob in dem örtlichen Vergleichsraum eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann (dazu b). Soweit die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft, also die von ihm zu zahlende Nettokaltmiete plus kalte Betriebskosten, die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft des Hilfebedürftigen (entsprechend a) übersteigen, sind erstere nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate(dazu c) (vgl zu diesen Voraussetzungen ua BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19 ff; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 12 ff; BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26; BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27: Mietspiegel als schlüssiges Konzept; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29; zuletzt BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 20 ff).

14

a) Der vom LSG ermittelte Betrag für die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft des Klägers hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, sodass er einer Entscheidung des Senats nicht zugrunde gelegt werden kann.

15

Die angemessene Leistung für die Unterkunft ist entsprechend der soeben aufgeführten Rechtsprechung unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln: (1) Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. (2) Alsdann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. (3) Im nächsten Schritt ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist, um die nach der Produkttheorie angemessene Nettokaltmiete zu ermitteln. (4) Zu der Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen.

16

(1) Das LSG hat die für den Kläger als Alleinlebenden angemessene Wohnungsgröße mit maximal 50 qm in Berlin zutreffend bestimmt.

17

Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsbau verweisen § 27 Abs 4, § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001 (BGBl I 2376: "Wohnungsförderungsgesetz" im Folgenden: WoFG) wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße auf die "Bestimmungen" des jeweiligen Landes.

18

Das Land Berlin hat zu § 10 WoFG keine Ausführungsvorschriften erlassen. Zu § 27 WoFG liegen nur unveröffentlichte Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15.12.2004 vor, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen. Danach darf entsprechend der Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20.10.1995 (ABl 4462) an Einzelpersonen Wohnraum bis zu 50 qm überlassen werden. Auf diese Regelungen ist für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 SGB II zurückzugreifen(vgl BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 14; zuletzt BSG vom 19.10.2010, aaO, speziell zu Berlin).

19

(2) Zutreffend hat das LSG, wenn auch nicht unter Verwendung dieses Begriffs, die Stadt Berlin als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum zugrunde gelegt (vgl BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 24).

20

(3) Soweit das LSG einen Betrag von 4,71 Euro als angemessene Nettokaltmiete pro Quadratmeter zugrunde gelegt hat, kann dessen Ermittlung aufgrund der Feststellungen des LSG nicht nachvollzogen werden.

21

(aa) Als Wohnungsstandard hat das LSG zu Recht einen einfachen, im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad der Wohnung angenommen (vgl BSG vom 19.10.2010, aaO, RdNr 25).

22

(bb) Zur Bemessung der angemessenen Leistung für die Unterkunft kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht von den AV-Wohnen ausgegangen werden, weil ihnen kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt (vgl nur BSG vom 19.10.2010, aaO, RdNr 26 mwN).

23

(cc) In Ermangelung eines von dem Beklagten vorgelegten schlüssigen Konzepts hat das LSG zutreffend zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete auf den Berliner Mietspiegel vom 11.7.2007 (ABl 1797) zurückgegriffen. Qualifizierte Mietspiegel iS des § 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wie der Berliner Mietspiegel können Grundlage zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Miete sein(vgl bereits BSG vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 16; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 25; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27; zuletzt: BSG vom 19.10.2010, aaO, RdNr 27 mwN für Berlin).

24

Sollen aus einem qualifizierten Mietspiegel grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf bestimmte "Baujahresklassen" - so das LSG - bzw "Baualtersklassen" (im Mietrecht werden die Begriffe synonym verwandt) - so der Senat im Urteil vom 19.10.2010 zum Berliner Mietspiegel - ohne weitere Begründung grundsätzlich nicht zulässig (vgl bereits BSG vom 19.2.2009, aaO, RdNr 25; zuletzt: BSG vom 19.10.2010, aaO, RdNr 28 auch zum Folgenden). Denn aus einem Mietspiegel allein lässt sich nicht ohne Weiteres ersehen, inwieweit Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse in einem Umfang zur Verfügung stehen, der den Rückschluss zulässt, im Vergleichsraum sei eine angemessene Wohnung tatsächlich anmietbar. Dies ist nur möglich, wenn aufgrund statistisch valider Unterlagen eine Aussage darüber möglich ist, dass die in Bezug genommene Baualtersklasse in gewissem Umfang tatsächlich im Vergleichsraum vorhanden ist. Dies muss bei einem derart ausdifferenzierten Mietspiegel wie dem Berliner nicht der Fall sein.

25

Dem hat das LSG vorliegend nicht Rechnung getragen, als es zur Bestimmung der angemessenen Kaltmiete pro Quadratmeter von der Baualtersklasse mit dem niedrigsten Spannenoberwert für eine Wohnfläche von 40 qm bis unter 60 qm ausging und deren Spannenoberwert von 4,71 Euro zugrunde legte. Gründe, warum es, abgesehen von der Überlegung die Baualtersklasse mit dem niedrigsten Spannenoberwert zu nehmen, gerade von dieser Baualtersklasse ausgegangen ist, hat das LSG nicht angeführt.

26

Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG zunächst zu prüfen haben, ob die von ihm zugrunde gelegte Baualtersklasse von 1965 bis 1972 mit einem einfachen Ausstattungsstandard und einer Wohnfläche von 40 qm bis unter 60 qm statistisch nachvollziehbar über den örtlichen Vergleichsraum hinweg so häufig vorhanden ist, dass allein auf diese Baualtersklasse zurückgegriffen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Durchschnittswert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen dieser Größe und dieses Ausstattungsstandards in den jeweiligen Baualtersklassen zu bilden (vgl dazu BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 32 mit weiterer Begründung).

27

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

28

(4) Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen (kalten) Betriebskosten iS des § 556 BGB abstrakt zu bestimmen und als Faktor in die Berechnung der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft mit einzubeziehen. Dazu kann auf Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, möglichst allerdings auf örtliche wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen (vgl nur BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 33 f). Dem wird das Urteil des LSG nicht gerecht, weil es ohne weitergehende Begründung die Werte des Anhangs I zum Berliner Mietspiegel 2007 herangezogen und den oberen Wert einer 4/5-Spanne zur Berechnung der Kaltbetriebskosten zugrunde gelegt hat, was zu einem Betrag von 2,59 Euro pro Monat und Quadratmeter führt (siehe die Tabelle auf Seite 18 des Berliner Mietspiegels 2007).

29

b) Zur Prüfung, ob in dem örtlichen Vergleichsraum eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann, ist darauf hinzuweisen, dass beim Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels mit entsprechend wissenschaftlich gesicherten Feststellungen zum Wohnungsbestand davon ausgegangen werden kann, dass es eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis gibt. Diese Tatsachenvermutung kann aber erschüttert werden (vgl Parallelentscheidung vom heutigen 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R).

30

c) Gründe, warum der Kläger über den abgelaufenen Sechs-Monats-Zeitraum des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II hinaus einen höheren Anspruch auf Leistung für die Unterkunft als die nach den obigen Ausführungen abstrakt angemessenen Beträge haben sollte(oben a), wenn eine solche Wohnung auch hätte angemietet werden können (oben b), sind nicht zu erkennen.

31

Soweit die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft (Nettokaltmiete plus Betriebskosten) die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft übersteigen, sind die Aufwendungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

32

Der Ablauf der Sechs-Monats-Frist ergibt sich aus dem Leistungsbezug des Klägers seit 21.4.2005 und dem vorliegenden strittigen Zeitraum ab November 2006. Durch das Schreiben des Beklagten vom 26.4.2006 wurde der Kläger auch darauf hingewiesen, dass seine Kosten der Unterkunft nicht angemessen seien.

33

Gründe, warum dem Kläger eine Kostensenkung durch Umzug, Untervermietung oder auf andere Weise nicht möglich oder nicht zumutbar ist, hat das LSG nicht festgestellt. Es hat vielmehr ausgeführt, das Alter des Klägers und seine lange Wohndauer seien - auch in Kombination - keine Gründe, die gegen einen Umzug sprechen würden. Hinsichtlich des vom Kläger angeführten Gesichtspunkts "soziales Umfeld" ist zu bedenken, dass jeder Umzug in gewissem Maße mit einer Veränderung des sozialen Umfelds einhergeht und dies eine normale Folge ist, die sich aus der gesetzlichen Regelung ergibt (vgl schon BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 32 ff; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 33 ff).

34

Einem Umzug entgegenstehende Gründe, wie eine Behinderung oder die Ausübung des Umgangsrechts mit einem Kind (vgl § 22b Abs 3 Satz 2 SGB II idF des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes, BGBl I 2011, 453; ähnlich schon BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 33 ff; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 33), hat das LSG beim Kläger nicht festgestellt, der Kläger hat insofern keine Aufklärungsrügen erhoben.

35

Das Gleiche gilt für die wissenschaftlichen Forschungen des Klägers und sein Archiv sowie dem in der Revisionsbegründung angeführten Art 5 Abs 3 GG. Das BSG hat bereits entschieden, dass § 22 SGB II keine Rechtsgrundlage zur Übernahme von Kosten für beruflich genutzte Räume ist(BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 15). Zudem ist nicht zu erkennen, wieso die Wissenschaftsfreiheit des Klägers durch die Höhe der Leistungen für seine Unterkunft beeinträchtigt werden soll, zumal er insofern nichts Konkretes vorgetragen hat und als erwachsener Hilfebedürftiger dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muss (vgl nur § 9 Abs 1 Nr 1, § 10 SGB II). Ebenso fehlt es an Feststellungen des LSG zum Fehlen anderweitiger Unterbringungsmöglichkeiten für das Archiv und seitens des Klägers wurden insofern keine Rügen erhoben. Auch aus den weiteren vom Kläger in der Revisionsbegründung angeführten Art 1 Abs 1, Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1 GG kann nichts hergeleitet werden, zumal es an näheren Ausführungen seitens des Klägers mangelt und es ein gewichtiger Unterschied ist, ob jemand zur Miete wohnt oder in einer in seinem Eigentum stehenden Wohnung.

36

2. Auch der vom LSG ermittelte Betrag für die Leistung für die Heizung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

37

Als Leistung für die Heizung hat das LSG einen Betrag von (1,15 Euro/qm x 50 qm =) 57,50 Euro pro Monat als angemessen angesehen. Den Ausgangswert von 1,15 Euro pro Quadratmeter hat es dem Anhang I des Berliner Mietspiegels entnommen. Zu den vom Kläger an den Vermieter bzw Versorger tatsächlich gezahlten Leistungen bzw Vorauszahlungen hat das LSG keine Feststellung getroffen.

38

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Prüfung der Angemessenheit der Leistung für die Heizung hat nicht nur getrennt von der Leistung für die Unterkunft zu erfolgen, sondern nach eigenen Regeln. Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung ist - mangels für den Einzelfall aussagekräftiger anderer Werte - solange zu bejahen, wie diese Aufwendungen unter dem Grenzbetrag eines bundesweiten oder kommunalen Heizspiegels liegen (vgl BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25; BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 23 ff). Daher müssen zunächst die Aufwendungen des Klägers für die Heizung ermittelt werden und diese dann anhand eines kommunal oder bundesweiten Heizspiegels überprüft werden.

39

Erfolgt die Warmwasserbereitung über die Heizung ist der Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, von den Aufwendungen für die Heizung abzuziehen (vgl nur BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Wird aber ein Heizspiegel oder wie vorliegend der Anhang I zum Mietspiegel zugrunde gelegt, der zwischen Leistungen für die Heizung mit und ohne Warmwasserbereitung differenziert, so kann nicht der Durchschnittsbetrag der Leistung für Heizung ohne Warmwasser berücksichtigt werden (hier 1,15 Euro pro Quadratmeter) und anschließend noch die Pauschale für die Warmwasserbereitung abgezogen werden.

40

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Tatbestand

1

Im Streit ist, ob die Kläger in der Zeit vom 1.9.2005 bis 28.2.2006 Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss oder als Darlehen haben.

2

Die 1999 und 2002 geborenen Kläger leben mit ihrer Mutter und M. L. zusammen, der nicht ihr leiblicher Vater ist und mit dem ihre Mutter seit August 2005 verheiratet ist. M. L. ist seit 1994 zusammen mit seinem Bruder je zur Hälfte Miteigentümer eines mit einem vermieteten Haus bebauten Grundstücks in H., welches mit einem lebenslangen Nießbrauch zu Gunsten seiner Großmutter belastet ist. Zumindest bis September 2004 sind hieraus Mieteinnahmen erzielt worden. Der Beklagte bewilligte den Klägern sowie deren Mutter und Stiefvater für die Zeit vom 1.9.2005 bis 30.9.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in Höhe von 1.258,46 Euro und vom 1.10.2005 bis 28.2.2006 in Höhe von monatlich 1.230,60 Euro lediglich als Darlehen (Bescheid vom 16.9.2005; Widerspruchsbescheid vom 16.2.2006).

3

Im sozialgerichtlichen Verfahren haben die Kläger geltend gemacht, das Hausgrundstück sei wertlos und mit erheblichen Grundschulden belastet, die dessen Wert überstiegen. Das lebenslange Nießbrauchsrecht zu Gunsten der Großmutter des M. L. beeinträchtige den Wert des Grundstücks und mache dessen Verwertung unzumutbar. Zudem werde der Substanzwert des Hauses durch dessen Baufälligkeit erheblich vermindert. Das SG Hildesheim hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 3.4.2007). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die Vermögensverhältnisse des M. L. seien unklar. Aufklärungsverfügungen habe er unbeantwortet gelassen. Nachweise zum Beleg seiner Behauptung, dass der Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück praktisch wertlos sei und hierauf Grundschulden lasteten, die dessen Wert überstiegen, habe er - auch auf gerichtliche Aufforderung - nicht eingereicht. Weitere denkbare Ermittlungen (beispielsweise in Form eines Sachverständigengutachtens über den Wert des Grundstücks und ggf dessen Veräußerungsmöglichkeiten am Markt) erschienen erst sinnvoll, wenn geklärt sei, in welcher Höhe das Eigentum noch belastet sei.

4

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 19.6.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, den Klägern stehe im streitigen Zeitraum allenfalls ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als Darlehen zu. M. L. sei zur Hälfte Miteigentümer eines bebauten Grundstücks, welches in der Vergangenheit erhebliche Mieteinnahmen abgeworfen habe. Ob im streitigen Zeitraum Mieteinnahmen erzielt worden seien, könne ungeklärt bleiben. Der Beklagte habe diesen Umstand unberücksichtigt gelassen und die Kläger darauf verwiesen, das nicht selbst bewohnte Hausgrundstück zu verwerten. Dies sei rechtlich nicht zu beanstanden, wenn - wie hier - der Grundsicherungsträger für eine Übergangsphase bis zur Verwertung des Grundstücks den Lebensunterhalt durch eine darlehensweise Leistungsgewährung sicherstelle. Anhaltspunkte dafür, dass die Verwertung des Grundstücks nicht möglich oder unzumutbar gewesen sei, seien nicht erkennbar. Noch im September 2004 sei eine Wohnung in diesem Haus durch den Vater von M. L. an die Mutter der Kläger zu einem Preis vermietet worden, den der Beklagte oberhalb der Angemessenheitsgrenze des § 22 SGB II eingestuft habe. M. L. habe nicht dargelegt, in welcher Höhe das Grundstück mit Grundschulden belastet sei. Die Berufung sei auch nicht begründet worden. Eine wirtschaftliche Bewertung des der Großmutter eingeräumten Nießbrauchsrechts und weitere Ermittlungen seien ohne weiterführende Angaben nicht möglich. Wegen der fehlenden Mitwirkung des Stiefvaters der Kläger müssten auch diese damit rechnen, dass ihnen der Lebensunterhalt allenfalls als Darlehen geleistet werde.

5

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung von § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II in der bis zum 31.7.2006 geltenden Fassung. Hinsichtlich der Neufassung des § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II stelle sich die Frage, ob die volle Einstandspflicht des Partners mit Verfassungsrecht, insbesondere mit Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG), Art 6 Abs 1 GG und Art 1 Abs 1 iVm Art 20 GG vereinbar sei, weil die Regelung einer faktischen Unterhaltspflicht des neuen Partners aus Vermögen für fremde Kinder gleichkomme, die allein an den Umstand der Bedarfsgemeinschaft mit der Mutter der Kinder anknüpfe.

6

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 19. Juni 2008 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 3. April 2007 aufzuheben sowie den Bescheid vom 16. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihnen die für die Zeit vom 1. September 2005 bis 28. Februar 2006 erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Aus der Gesamtkonzeption des SGB II und dem Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft ergebe sich, dass das Vermögen des M. L. auch bei den Klägern zu berücksichtigen sei.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) . Der Senat kann auf Grund der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden, ob ihnen im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss statt als Darlehen zustanden.

10

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 16.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.2.2006, mit dem der Beklagte die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.9.2005 bis 28.2.2006 als Darlehen bewilligt hat. Die hiergegen gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs 1, 56 SGG) zulässig, weil die angefochtenen Bescheide des Beklagten den Verfügungssatz enthalten, dass die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt werden (vgl BSG, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, jeweils RdNr 13; BSG, Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 16) . Nach den Anträgen der Kläger ist nicht über höhere Leistungen nach dem SGB II zu befinden, sondern nur darüber, ob die zugebilligten Darlehensleistungen als Zuschuss hätten erbracht werden müssen. Da der Beklagte bereits geleistet hat und deshalb nicht erneut zur Leistung verurteilt werden kann, muss lediglich der Rechtsgrund der Zahlung (Zuschuss statt Darlehen) verändert werden (BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - RdNr 10) . Auch für diesen geltend gemachten Anspruch auf Umwandlung der Leistungen in eine zuschussweise Bewilligung von SGB II-Leistungen gilt, dass grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen sind.

11

Ob den Klägern nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften die bewilligten Grundsicherungsleistungen als Zuschuss statt als Darlehen zustehen, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Zwar bildeten die Kläger mit ihrer Mutter und M. L. als ihrem Stiefvater eine Bedarfsgemeinschaft. Anders als vom LSG offenbar angenommen, entfiel ihre Hilfebedürftigkeit aber nicht schon wegen eines innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens des Stiefvaters M. L., weil nach der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II lediglich das Einkommen und Vermögen der Mutter der Kläger, nicht jedoch dasjenige des Stiefvaters berücksichtigt werden konnte. Etwaiges Einkommen oder Vermögen des M. L. konnte nach dem bis zum 31.7.2006 geltenden Recht nur nach den Regelungen zu dessen Berücksichtigung bei Haushaltsgemeinschaften nach § 9 Abs 5 SGB II die Hilfebedürftigkeit der Kläger mindern bzw ausschließen. Eine solche Prüfung hat das LSG aber nicht vorgenommen. Es fehlen rechtliche Erörterungen und tatsächliche Feststellungen dazu, ob die Voraussetzungen dieser Regelung zur Einkommens- und Vermögensberücksichtigung vorliegen.

12

1. Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Hilfebedürftig iS von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II ist ua, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, ua aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände - mit ihrem Verkehrswert (§ 12 Abs 4 Satz 1 SGB II) - zu berücksichtigen. Dabei kann hier nicht schon ohne weitere Feststellungen allein der Umstand, dass ein Nießbrauchsrecht auf dem Haus lastet, den Grundsicherungsträger von der Prüfung der tatsächlichen Verwertbarkeit eines von dem Hilfebedürftigen nicht selbst bewohnten Hausgrundstücks entbinden, zumal schon nicht festgestellt ist, ob von dem Nießbrauchsrecht sämtliche der im Haus offenbar vorhandenen Wohnungen umfasst sind und ob das Haus von der Großmutter des M. L. auf Grund des Nießbrauchsrecht bewohnt wird (vgl aber auch BSG, Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R zur Konstellation der wegen eines auf dem Grundstück lastenden Nießbrauchsrechts festgestellten tatsächlichen Nichtverwertbarkeit eines Erbbaurechts am Grundstück und Eigentums am Wohnhaus: BSGE 99, 248 ff RdNr 12 = SozR 4-4200 § 12 Nr 6) . Ob und in welchem Umfang einem Hilfebedürftigen die Verwertung zumutbar ist, regeln § 12 Abs 2 und Abs 3 SGB II (BSG, Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 28 mwN) . Nach Maßgabe dieser Vorschriften kann es sich bei den hier in die Prüfung einzubeziehenden Vermögensgegenständen des Stiefvaters der Kläger (vgl zu den Vermögensgegenständen bei ungeteilter Erbengemeinschaft BSG, Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 19) grundsätzlich um verwertbares Vermögen handeln, aus dem nach den Feststellungen des LSG in der Vergangenheit zumindest Mieteinnahmen erzielt werden konnten.

13

2. a) Dieses etwaige Vermögen des M. L. kann aber - anders als vom LSG offenbar angenommen - nicht nach den Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen in Bedarfsgemeinschaften ein (teilweises) Entfallen der Hilfebedürftigkeit der Kläger bewirken. Zwar bildeten die Kläger auch eine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Stiefvater. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören gemäß § 7 Abs 3 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) neben den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Nr 1) insbesondere als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (Nr 3a) und die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts beschaffen können (Nr 4). Dabei folgt aus § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II wie auch im Umkehrschluss aus § 9 Abs 2 Satz 1, Satz 2 SGB II, dass Einkommen und Vermögen der minderjährigen Kinder einer Bedarfsgemeinschaft bei der Berechnung der Leistungen der Eltern bzw eines Elternteils außer Betracht bleiben. Dies bedeutet, dass Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes anders als dasjenige des volljährigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft nicht zur Verteilung innerhalb dieser nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II ansteht und die Ermittlung des Bedarfs der Kläger folglich zunächst unter Berücksichtigung allein ihres Einkommens und Vermögens vorzunehmen ist (BSG, Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 15; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 55/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 4 RdNr 24 f) . Hier unterschreitet das Einkommen der Kläger ihren Bedarf iS des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 iVm § 20 Abs 2 und § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) sowie § 22 Abs 1 SGB II. Dem (zunächst darlehensweise gewährten) Sozialgeld gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II in Höhe von monatlich 207,00 Euro stand im streitigen Zeitraum jeweils nur das Kindergeld in Höhe von 154,00 Euro gegenüber (vgl zur Berücksichtigung von Kindergeld als Einkommen des Kindes nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II: BSG, Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 7/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 10 RdNr 15) , das nicht ausreichte, um ihren Bedarf zu decken. Über Vermögen verfügten die Kläger nicht.

14

b) Die demnach gegebene Hilfebedürftigkeit der Kläger entfiel aber nicht schon wegen eines innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens des M. L. Nach § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II bestimmt, dass bei minderjährigen unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen sind. Nach dieser Regelung konnte bei den Klägern lediglich das Einkommen und Vermögen ihrer Mutter, nicht jedoch dasjenige des Stiefvaters herangezogen werden. Nach § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II in der durch Art 1 Nr 8 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) geltenden Fassung, durch den mit Wirkung vom 1.8.2006 bei § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II nach den Worten "oder dessen Elternteils" die Wörter "und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners" eingefügt worden sind, findet (noch) keine Anwendung. § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II in der bis zum 31.7.2006 geltenden Fassung kann andererseits nicht über den Wortlaut hinaus dahin ausgelegt werden, dass Einkommen des Partners eines Elternteils wie Einkommen des Elternteils zur Bedarfsdeckung des mit ihm nicht verwandten oder verschwägerten Kindes heranzuziehen ist. Insofern schließt sich der Senat der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG an (BSG, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff RdNr 27 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7) .

15

3. Ob die Hilfebedürftigkeit der Kläger nach den Regelungen zu Haushaltsgemeinschaften (§ 9 Abs 1 iVm Abs 5 SGB II) verringert bzw entfallen ist, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird nach § 9 Abs 5 SGB II vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Diese Vermutungsregelung kann grundsätzlich Anwendung finden, weil mit der Heirat der Mutter der Kläger und des M. L. im August 2005 eine Schwägerschaft entstanden ist (vgl § 1590 Bürgerliches Gesetzbuch) . Weitere tatbestandliche Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutungsregelung des § 9 Abs 5 SGB II ist die Bildung einer Haushaltsgemeinschaft. Dabei ist der Begriff der Haushaltsgemeinschaft gegenüber demjenigen der Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung zusammenleben, sondern einen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem "Topf" wirtschaften (BT-Drucks 15/1516 S 53; BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 ff = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 13) . Das Bestehen einer solchen Wirtschaftsgemeinschaft muss - auch im Unterschied zur vergleichbaren Regelung in § 36 Satz 1 SGB XII - ausdrücklich festgestellt werden (BSG, Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 6 RdNr 16) . Das angefochtene Urteil enthält insofern schon keine Feststellungen zu der Frage, ob eine Haushaltsgemeinschaft auch zwischen den Klägern und M. L. iS des § 9 Abs 5 SGB II vorliegt. Dies erscheint zwar naheliegend, muss aber - gerade wegen der zwischen dem Stiefvater und den Klägern hier nicht vorhandenen Unterhaltspflichten - ausdrücklich festgestellt werden.

16

4. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG auch die weiteren Anwendungsvoraussetzungen des § 9 Abs 5 SGB II prüfen und dabei nach Maßgabe des § 103 Satz 1 SGG den Sachverhalt aufklären müssen, wobei Beteiligte in Fällen einer mangelnden Mitwirkung über die Folgen der Nichtbeachtung einer gerichtlichen Aufforderung zur Mitwirkung zu belehren sind, soweit ihnen dies nicht bereits konkret geläufig ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 17a; BSG SozR Nr 55 zu § 103 SGG; SozR 1500 § 103 Nr 23 und 27 mwN) . Das LSG wird zu beachten haben, dass die Unterstützungsvermutung des § 9 Abs 5 SGB II nur eingreift, wenn - nach Bejahung einer Haushaltsgemeinschaft - nach dem Einkommen und Vermögen der Verwandten oder Verschwägerten eine Unterstützung "erwartet werden kann". Bezogen auf die streitige Verwertung des Hausgrundstücks ist insofern zu werten, dass hier offenbar ausschließlich Sachvermögen vorliegt, dessen Einsatz fraglich sein könnte (vgl zur Berücksichtigung von Sachvermögen bei nicht unterhaltsverpflichteten Mitgliedern einer Haushaltsgemeinschaft vgl zB Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 9 RdNr 63) .

17

Bei der Ermittlung des einzusetzenden Vermögens ist weiter § 4 Abs 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) idF vom 20.10.2004 (BGBl I 2622) heranzuziehen. Diese Regelung bestimmt, dass bei der nach § 9 Abs 5 SGB II zugrunde liegenden Vermutung Vermögen nicht zu berücksichtigen ist, das nach § 12 Abs 2 SGB II abzusetzen oder nach § 12 Abs 3 SGB II nicht zu berücksichtigen ist. Die Regelung findet allerdings im Sinne einer "unteren Grenzziehung" zur Bestimmung nur der Höhe des zu berücksichtigenden Vermögens erst Anwendung, wenn die (weiter gefassten) tatbestandlichen Voraussetzungen für das Eingreifen der Unterstützungsvermutung des § 9 Abs 5 SGB II erfüllt sind (vgl Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.7 RdNr 37, Stand August 2006). Zu der weiter vom LSG zu prüfenden Frage, ob etwaige Mieteinnahmen des M. L. als Einkommen im Rahmen der Unterstützungsvermutung des § 9 Abs 5 SGB II zu beachten sind, bestimmt § 1 Abs 2 Satz 1 Alg II-V, dass die um Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 SGB II bereinigten Einnahmen in der Regel nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, soweit sie einen Freibetrag in Höhe des doppelten Satzes der nach § 20 Abs 2 SGB II maßgebenden Regelleistung (zzgl der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung) sowie darüber hinausgehend 50% der diesen Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen nicht überschreiten (vgl hierzu auch BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 ff = SozR 4-4225 § 1 Nr 1, RdNr 12) . Insofern sind auch die Angaben des Stiefvaters der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG zu den Mieteinnahmen zu berücksichtigen.

18

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.

(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:


für den Geburtsjahrgangerfolgt eine Anhebung um Monateauf Vollendung eines Lebensalters von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.

(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss statt als Darlehen.

2

Der 1964 geborene Kläger ist Eigentümer eines im Jahre 1963 mit einem 174 qm großen Einfamilienhaus bebauten 800 qm großen Grundstücks in S Mit notariellem Vertrag vom 20.7.1987 hatte der im Jahr 1920 geborene Vater des Klägers das Grundstück auf diesen übertragen und sich sowie der im Jahr 1925 geborenen Mutter des Klägers ein lebenslanges Wohnrecht in der unteren Etage des Hauses einräumen lassen. Das Grundstück ist im Zusammenhang mit Darlehen mit einer Grundschuld von 48 600 Euro belastet. Der Kläger bewohnt eine 69,3 qm große Wohnung im Obergeschoss des Hauses, seine schwerbehinderten Eltern leben im Erdgeschoss.

3

Der Kläger bezog bis zum 31.7.2004 Arbeitslosengeld und anschließend bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Aufgrund eines Antrags des Klägers, in dem er den Verkehrswert des Hausgrundstücks mit 150 000 Euro angab, bewilligte der Rechtsvorgänger des beklagten Jobcenters ihm als Darlehen laufende monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von Januar bis März 2005. Aufgrund von Fortzahlungsanträgen des Klägers bewilligte der Beklagte als Darlehen laufende monatliche Leistungen für April bis Juni 2005 in Höhe von 724 Euro (Bescheid vom 26.4.2005) sowie für Juli bis November 2005 von 655 Euro (Bescheid vom 21.6.2005), erhöht ab August auf 874 Euro (Änderungsbescheid vom 27.9.2005). Nachdem der Kläger die ihm vom Beklagten mit "Änderungsbescheid" vom 26.7.2005 übersandten Darlehensverträge nicht unterschrieben zurückgesandt hatte, hob der Beklagte die Leistungsbewilligung ab 1.10.2005 auf. Der seit dem 6.10.2005 in einem Beschäftigungsverhältnis stehende Kläger macht insoweit keine Ansprüche mehr geltend. Die eingelegten Widersprüche des Klägers, mit denen er sich insbesondere gegen die darlehensweise Leistungsbewilligung wandte, weil das Hausgrundstück geschütztes Vermögen sei, wurden zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 11.7.2006).

4

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 5.2.2010). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 15.7.2011) und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des SG im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem Vortrag der Beteiligten sei nicht die Höhe der Leistung umstritten, sondern nur die darlehensweise Gewährung. Der Kläger sei grundsätzlich leistungsberechtigt gewesen, jedoch sei das Hausgrundstück nach §§ 9, 12 SGB II verwertbares und nicht geschütztes Vermögen gewesen, weil es die angemessene Wohnfläche für drei Personen von 110 qm deutlich überschreite. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Hinblick auf das Wohnrecht der Eltern und den Schnitt des Hauses davon ausgegangen sei, dass das Haus nicht umgehend habe verkauft werden können und daher die Leistung als Darlehen gewährt habe. Dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6.12.2007 (B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 = SozR 4-4200 § 12 Nr 6) könne insoweit nicht gefolgt werden, als ein mit einem lebenslangen Nießbrauch der Eltern belastetes Grundstück als nicht verwertbar angesehen worden sei, denn es könne beliehen werden. Angesichts der vom Kläger insgesamt erhaltenen Leistung von weniger als 5000 Euro sei bezogen auf den Verkehrswert des Hauses die Beleihungssumme relativ gering. Ausgehend von der vom Kläger eingereichten Wertschätzung mit einem Verkehrswert des Hauses von 91 326 Euro abzüglich der Grundschuld in Höhe von 48 600 Euro, dem mit 16 700 Euro zu bewertenden Wohnrecht der Eltern und dem Vermögensfreibetrag des Klägers in Höhe von 8950 Euro verbleibe ein Betrag von 17 076 Euro.

5

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Abweichung des LSG von der zitierten Entscheidung des BSG.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. Juli 2011 und des Sozialgerichts Schleswig vom 5. Februar 2010 sowie die Bescheide des Beklagten vom 26. April 2005 und 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juli 2006 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, das ihm - dem Kläger - vom 1. April bis zum 31. Juli 2005 gezahlte Arbeitslosengeld II als Zuschuss statt als Darlehen zu bewilligen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Durch einen Teilvergleich im Laufe des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten sich für die Monate August und September 2005 dem Ausgang des Verfahrens im Übrigen unterworfen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist noch zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung des ihm bewilligten Arbeitslosengeld II (Alg II) als Zuschuss statt als Darlehen für die allein noch umstrittene Zeit vom 1.4. bis zum 31.7.2005. Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen, soweit dieser das ihm in dieser Zeit bewilligte Alg II als Zuschuss statt als Darlehen begehrt. Das in seinem Eigentum stehende Hausgrundstück ist verwertbares Vermögen, das seiner Hilfebedürftigkeit entgegensteht.

10

Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(hier idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind, 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, soweit kein Ausschlusstatbestand vorliegt. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG, einschließlich deren des SG, auf die das LSG nach § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen hat, erfüllt der Kläger diese Voraussetzungen mit Ausnahme der Hilfebedürftigkeit nach Nr 3.

11

Hilfebedürftig ist, wer ua seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 3) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II). Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 SGB II). Nicht zu berücksichtigen sind ua ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II) sowie Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II). Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend (§ 12 Abs 3 Satz 2 SGB II). Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen; für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird (§ 12 Abs 4 Satz 1, 2 SGB II).

12

1. Das im Eigentum des Klägers stehende Hausgrundstück ist nicht von angemessener Größe iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II.

13

Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist von der Gesamtwohnfläche des Hauses von 174 qm auszugehen und nicht nur von den vom Kläger bewohnten 69,3 qm. Dies folgt aus der Stellung des Klägers als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks, die durch das Wohnrecht zugunsten seiner Eltern zwar hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt ist (vgl § 903 sowie §§ 1030 ff Bürgerliches Gesetzbuch zu einem als Nießbrauch ausgestalteten Wohnrecht). Nur wenn das Eigentum des Klägers auf den von ihm benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, was aber vorliegend nicht der Fall ist, käme eine andere Prüfung in Betracht. Ob nur auf den Kläger abgestellt wird oder seine Eltern in die Betrachtung miteinbezogen werden, bedarf keiner weiteren Erörterung. Eine Wohnfläche von 174 qm ist in jedem Fall nicht angemessen (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3 RdNr 21 f: zur angemessenen Größe einer Eigentumswohnung bei einem Alleinstehenden; BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 22: 130 qm Haus für vierköpfige Familie; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10: geringfügig mehr als 90 qm für 2 Personen).

14

2. Das Hausgrundstück ist verwertbares Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II.

15

Vermögen ist verwertbar, wenn es verbraucht, übertragen oder belastet werden kann. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (stRspr: BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 26 bis 28; BSG vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 20: "Versilbern"; BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 21). Durch Verkauf zB tatsächlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind (BSG vom 22.3.2012, aaO). Dies ist auch die Aussage in der vom LSG angeführten Entscheidung des Senats vom 6.12.2007 (B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 = SozR 4-4200 § 12 Nr 6). In jener war nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die das BSG gebunden war (§ 163 SGG), das Erbbaurecht des dortigen Klägers wegen des auf dem Erbbaurecht lastenden Nießbrauchs der Mutter des Klägers gegenwärtig tatsächlich nicht verwertbar (BSG, aaO, RdNr 12). Ausgehend von dieser tatsächlichen Feststellung hat der Senat sich nur noch zur zeitlichen Komponente dieser Nichtverwertbarkeit geäußert und die Absehbarkeit einer Vermögensverwertung verneint, wenn diese vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses wie dem Tod einer Person abhängt (BSG, aaO, RdNr 15).

16

Abgesehen von den grundsätzlichen Unterschieden zwischen einem Erbbaurecht, wie in jenem Verfahren, und Eigentum, wie im vorliegenden, kann aus jener Entscheidung nicht abgeleitet werden, dass jedes (Haus-)Grundstück, das mit einem Nießbrauch oder Wohnrecht belastet ist, nicht nach § 12 Abs 1 SGB II verwertbar sei. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob es eine Verwertungsmöglichkeit gibt (vgl zu einer Beleihung als Verwertungsmöglichkeit bei einem Hausgrundstück schon: BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 28).

17

Soweit das LSG vorliegend eine solche Verwertungsmöglichkeit des Hausgrundstücks durch Beleihung bejaht hat, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Denn das LSG hat ausgehend von der vom Kläger eingereichten Wertschätzung mit einem Verkehrswert des Hausgrundstücks von 91 326 Euro und unter Berücksichtigung der auf ihm lastenden Grundschuld in Höhe von 48 600 Euro auch das Wohnrecht der Eltern mit 16 700 Euro und den Vermögensfreibetrag des Klägers in Höhe von 8950 Euro abgezogen, sodass ein Betrag von rund 17 000 Euro verblieb. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des LSG sind von Seiten der Beteiligten keine Rügen erhoben worden. Der Kläger hat nur eine unbeachtliche, weil von den Feststellungen des LSG abweichende, Aussage zur Sachlage aus seiner Sicht gemacht, indem er ausgeführt hat, auf der Grundlage der seinerzeit geltenden Basel I-Regeln hätte er keinen Kredit erhalten. Ebenso wenig kann aus der allgemeinen Aussage des Klägers hergeleitet werden, aufgrund seiner Erkrankung und der bisherigen Arbeitslosigkeit sei in keiner Weise vorhersehbar gewesen, wie lange er noch auf die Leistungen nach dem SGB II angewiesen sein würde, und er sei nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Darlehensvolumen abzuschätzen und diesbezüglich bei seiner Bank vorstellig zu werden. Es ist unklar, auf welchen tatsächlichen Feststellungen des LSG diese Aussagen beruhen oder auf welche Tatbestandsmerkmale sie sich beziehen. Eine Rüge iS des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG ist ihnen nicht zu entnehmen.

18

3. Die Verwertung des Hausgrundstücks durch eine - weitere - Beleihung in Höhe von zB 10 000 Euro ist weder offensichtlich unwirtschaftlich noch stellt sie eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II dar.

19

Aus den vom LSG festgestellten Tatsachen folgt keiner dieser beiden, einer Berücksichtigung des Hausgrundstücks als Vermögen entgegenstehenden Gründe, weil als Verwertungsmöglichkeit auf eine Beleihung des Hausgrundstücks verwiesen wird (vgl zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit und der besonderen Härte zusammenfassend zuletzt: BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 22 ff) und damit in die Substanz des Hauses und seiner Wohnmöglichkeiten nicht eingegriffen wird. Seitens der Beteiligten sind auch insofern keine Rügen erhoben worden.

20

4. Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 20 ff SGB II) - monatlich von April bis Juni 724 Euro und für Juli 655 Euro, insgesamt 2827 Euro - sind seitens des Senats im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG, einschließlich der des SG, auf die das LSG Bezug genommen hat, keine Rechtsfehler zu erkennen und von Seiten der Beteiligten keine Rügen erhoben worden.

21

Diesen Leistungen stand zum Zeitpunkt ihrer Bewilligung ausreichendes zu berücksichtigendes und verwertbares Vermögen des Klägers gegenüber (vgl zu der regelmäßig anzustellenden Prognose für einen Bewilligungsabschnitt von sechs Monaten: BSG vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 23), auch wenn hinsichtlich des Juli 2005 auf den im Bescheid vom 21.6.2005 umfassten Bewilligungsabschnitt bis einschließlich November 2005 abgestellt wird (weitere 4 Monate mit je 655 Euro = 2620 Euro).

22

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden. Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen (60 Euro monatlich) für Unterkunfts- und Heizkosten im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2006.

2

Die 1928 geborene Klägerin bewohnt mit ihrem 1940 geborenen Ehemann seit 1994 eine 66 qm große Drei-Zimmer-Erdgeschosswohnung im Haus ihrer - ebenfalls dort wohnenden - Tochter. Die Klägerin hatte nach den Ausführungen des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) 365 Euro monatlich und einen Betrag in Höhe von 40 Euro für Nebenkosten (ohne Heizung) an die Tochter zu zahlen. Der Beklagte bewilligte nach Ablauf eines früheren Bewilligungszeitraums (nur) der Klägerin - das zu berücksichtigende Einkommen des Ehemannes überstieg seinen sozialhilferechtlichen Bedarf - im Rahmen der Grundsicherungsleistung Unterkunftskosten (Miete und Nebenkosten) unter Berücksichtigung von nur 345 Euro monatlich als angemessener Kosten der Unterkunft statt von 405 Euro und unter Anrechnung des den Bedarf des Ehemannes übersteigenden Einkommens des Ehemannes (Bescheid vom 12.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 27.4.2005). Auf die Klage hiergegen hat das Sozialgericht (SG) Würzburg den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet, weil zur Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin und ihres Ehemannes für Unterkunft und Heizung weiterer Ermittlungsbedarf bestehe (Urteil vom 2.11.2005 - S 15 SO 44/05 -). Nach Auswertung von Inseraten und Wohnungsangeboten gewährte der Beklagte Grundsicherungsleistungen - zunächst unverändert in Höhe von 181,70 Euro monatlich bis 30.6.2005 danach in Höhe von 185,75 Euro - unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten von wiederum lediglich 345 Euro monatlich, weil nur ein solcher Betrag (unter Einrechnung der Nebenkosten) angemessen sei (Bescheid vom 30.1.2006; Widerspruchsbescheid vom 29.3.2006).

3

Die Klage hiergegen blieb erst- und zweitinstanzlich - insoweit hatte sich auch der Ehemann der Klägerin noch gegen den Bescheid gewehrt - erfolglos (Urteil des SG vom 8.8.2007; Urteil des LSG vom 29.1.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Entscheidung des Beklagten über die Angemessenheit der Unterkunftskosten habe sich durch die Auswertung von Inseraten, durch Angaben des Wohnungsamtes sowie von Maklern als richtig erwiesen. Weder das Alter noch die gesundheitliche Verfassung der Klägerin ließen einen Umzug unzumutbar erscheinen. Auf die im Gesetz vorgesehene sechsmonatige Schonfrist könne sich die Klägerin nicht berufen, weil ihr die Unangemessenheit der Unterkunftskosten bereits seit längerem (2002) bekannt gewesen sei.

4

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie ist der Ansicht, ein Umzug sei ihr insbesondere im Hinblick auf ihr Alter und den Umstand unzumutbar, dass sie ein lebenslanges Wohnrecht besitze und den familiären Bindungen zu ihrer Tochter ein besonderes Gewicht beizumessen sei.

5

Die Klägerin beantragt, nachdem ihr Ehemann seine Klage zurückgenommen hat,

die Urteile des LSG und des SG aufzuheben, soweit über ihre Klage entschieden worden sei, und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2006 zu verurteilen, weitere 60 Euro monatlich an Unterkunfts- und Heizkosten für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2006 an sie zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Der Senat kann mangels ausreichender Tatsachenfeststellung des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend entscheiden, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für den streitigen Zeitraum 60 Euro monatlich mehr zu zahlen.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 30.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2006 (§ 95 SGG), gegen den sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG) wehrt, soweit ihr darin höhere Leistungen (60 Euro monatlich) abgelehnt worden sind. In der Sache hat die Klägerin ihr Begehren in zulässiger Weise auf Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beschränkt; eine weitergehende Beschränkung des Streitgegenstands auf die Höhe nur der Aufwendungen für die Unterkunft ohne Heizkosten ist dagegen nicht statthaft (BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 104, 41 ff RdNr 13). Dass die Klägerin, nachdem ihr Ehemann, der zunächst ebenfalls im vorliegenden Verfahren Klage erhoben hatte und diese erst im Revisionsverfahren zurückgenommen hat, ihren Klageantrag erstmals in der Revisionsinstanz ausdrücklich auf (zusätzliche) 60 Euro monatlich beziffert, beinhaltet keine nach § 168 Satz 1 SGG unzulässige Klageänderung. Ihre erst- und zweitinstanzlichen Anträge waren vernünftigerweise (vgl zu diesem Kriterium nur: Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008, Vor § 60 RdNr 11a mwN) so zu verstehen, dass an sie 30 Euro, hilfsweise für den Fall, dass dem Ehemann ein geringerer Anspruch als 30 Euro oder kein Anspruch zustehe, an sie entsprechend mehr zu zahlen sein sollten. Insoweit handelt es sich um eine zulässige innerprozessuale Bedingung (vgl dazu nur Keller, aaO, RdNr 11 mwN).

10

Der Beklagte ist nach § 70 Nr 1 SGG mangels landesrechtlicher Regelung iS des § 70 Nr 3 SGG (Behördenprinzip) der richtige Beklagte und nach § 97 Abs 1 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) iVm Art 80 Abs 1 des (Bayerischen) Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 8.12.2006 (Gesetz- und Verordnungsblatt 942) als örtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII) zuständig für die Erbringung der beantragten Leistung.

11

Deren Rechtsgrundlage ist § 19 Abs 2(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialrechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) iVm §§ 41, 42 und 29 SGB XII. Nach § 29 Abs 1 Satz 1 SGB XII, auf den § 42 SGB XII für den Leistungsumfang bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 41 SGB XII verweist, werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Übersteigen diese Aufwendungen den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs 1 SGB XII zu berücksichtigen sind, (nur) anzuerkennen, solange es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate(§ 29 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB XII). Auch Leistungen für die Heizung werden grundsätzlich in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 29 Abs 3 Satz 1 SGB XII); nur unter bestimmten im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen (Abs 2 und 3) ist eine Pauschalierung der Leistungen für Unterkunft und Heizung zulässig. Eine Pauschalierung hat der Beklagte indes nicht vorgenommen.

12

Die Revision ist nicht bereits deshalb begründet, weil der Beklagte durch das rechtskräftige Urteil des SG vom 2.11.2005 verurteilt worden ist und der angefochtene Bescheid nicht inhaltlich den Vorgaben des SG-Urteils entspricht. Das SG hat den Beklagten vielmehr nur verpflichtet, die Klägerin neu zu bescheiden; die im Urteil vorgegebenen weiteren Kriterien hat der Beklagte im angefochtenen Bescheid beachtet.

13

Für eine abschließende Entscheidung des Senats notwendige tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) fehlen - abgesehen davon, dass es überhaupt an Feststellungen zum Einkommen und Vermögen, auch des Ehemannes der Klägerin mangelt - bereits dazu, was die Klägerin tatsächlich an Unterkunft und Nebenkosten an ihre Tochter gezahlt hat; das LSG hat in seiner Entscheidung lediglich ausgeführt, was die Klägerin und ihr Ehemann "zu zahlen hatten", also nach Ansicht des LSG zahlen mussten. Selbst insoweit fehlen die für diesen rechtlichen Schluss erforderlichen Tatsachenfeststellungen zum Inhalt (ernsthafter) schriftlicher oder mündlicher Abmachungen. Gerade wegen der engen familiären Beziehungen (Mutter und Tochter) ist es naheliegend, dass die Tochter der Klägerin im Hinblick auf die Entscheidung des Beklagten, nur geringere Kosten der Unterkunft zu übernehmen, nicht die gesamte geschuldete Miete verlangt hat und endgültig hierauf, nicht nur vorläufig im Hinblick auf künftige Zahlungen des Beklagten, verzichtet hat (vgl dazu etwa: BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R -, BSGE 104, 213 ff RdNr 18 mwN = SozR 4-1300 § 44 Nr 20); zur Höhe der Heizkosten fehlen ohnehin jegliche tatsächliche Feststellungen des LSG. Ob die zwischen den Mietvertragsparteien geschlossenen Vereinbarungen über die Miete und die Nebenkosten rechtmäßig sind, bedarf allerdings bei tatsächlicher Zahlung regelmäßig keiner näheren Prüfung; andererseits ist in diesem Fall eine genauere Untersuchung erforderlich, ob die auf einer rechtswidrigen Vereinbarung beruhenden Verpflichtungen nicht - wie später noch ausgeführt wird - durch Absprache mit dem Vermieter oder durch eine gerichtliche Klärung und damit auf das rechtmäßige (konkret angemessene) Maß gesenkt werden können (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 15 ff und 21 ff).

14

Nicht nachprüfbar ist aber vor allem die Angemessenheit der Unterkunftskosten und der Heizkosten nach Maßgabe der allgemeinen Angemessenheitsprüfung; wie bereits ausgeführt, fehlen zu letzteren sogar überhaupt Aussagen des LSG. Diese Angemessenheit der Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft ist nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - ) zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der erkennende Senat wegen der gleichen Rechtslage im SGB XII anschließt - auch bei Mietverhältnissen zwischen Verwandten (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15; Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - RdNr 17 ff) - in mehreren Schritten zu prüfen (vgl dazu zusammenfassend: Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven, 2010, S 79 ff mit umfangreichen Nachweisen zur Rspr des BSG; dieselbe in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S 11 ff mwN).

15

Erster Prüfungsschritt ist die angemessene Größe der Wohnung, wobei die Bemessung nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) iVm den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen, hier denen für die Wohnraumförderung 2003 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 11.11.2002 (Allgemeines Ministerialblatt Nr 14/2002, 971 unter Nr 81) erfolgt. Darin ist für zwei Personen eine Mietwohnungsgröße von 65 qm vorgesehen, die die Wohnung der Klägerin um einen Quadratmeter überschreitet. Ob insoweit eine generelle Toleranz anzunehmen ist, bedarf noch keiner Entscheidung, weil sich die Angemessenheit der Kosten ohnedies nach der Produkttheorie richtet. Die Angemessenheit einer Wohnung ist damit nicht nur durch deren Größe bestimmt, sondern auch durch Ausstattung, Lage und Bausubstanz, die nur einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen müssen und keinen gehobenen Lebensstandard aufweisen dürfen; die Angemessenheit bestimmt sich dann aus dem Produkt von Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (vgl nur zusammenfassend Knickrehm in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, aaO, S 11, 17 mwN zur Rechtsprechung).

16

Der insoweit angemessene Quadratmeterpreis einer Wohnung ist mittels eines schlüssigen Konzepts für einen homogenen Lebensraum zu ermitteln (vgl zuletzt: BSG, Urteile vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 18 ff und - B 4 AS 50/09 R - RdNr 17 ff; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R; im Einzelnen: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 79 ff, 89 f). Dies gilt sowohl für die Miete selbst als auch für die Mietnebenkosten (Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 107). Nicht erforderlich dürfte es sein, beide Kosten getrennt zu ermitteln; vielmehr dürfte auch denkbar sein, ein Schlüssigkeitskonzept zu entwickeln und anzuwenden, das beide Kostenbestandteile integriert. Eine endgültige Entscheidung des Senats hierüber ist jedoch noch nicht erforderlich.

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Vorliegend jedenfalls genügen die vom LSG festgestellten Tatsachen nicht den von der Rechtsprechung des BSG später entwickelten Schlüssigkeitsanforderungen (vgl zu diesen: BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R -, BSGE 104, 192 ff RdNr 19; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - RdNr 23; zusammenfassend auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 89 f). Die von dem Beklagten durchgeführten Maßnahmen (Auswertung von Inseraten, Einholung von Auskünften der auf dem freien Wohnungsmarkt tätigen Makler im Rahmen der Zeitungsberichterstattung über sinkende Preise im Jahre 2005 und 2006 unter Berücksichtigung der Tatsache des Abzugs der US-Streitkräfte und des dadurch frei werdenden Wohnraums) sind dafür keinesfalls ausreichend. Das LSG wird deshalb die entsprechende Prüfung unter Beachtung der dazu ergangenen Rechtsprechung nachzuholen haben. Dabei wird es im Regelfall auf die Mitarbeit des Beklagten angewiesen sein, der im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG gehalten ist, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen(vgl dazu: BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - RdNr 22; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 22 ff; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 92 f). Inwieweit für den Fall, dass hinreichende Erkenntnismöglichkeiten fehlen, auf die Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw § 12 WoGG einschließlich eines Sicherheitszuschlags zurückgegriffen werden darf(vgl dazu: BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 23; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - RdNr 27; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 93), kann vorliegend noch offen bleiben. Ohnedies dürfte dieser Rückgriff nur für die Mietkosten selbst möglich sein, nicht jedoch für die Mietnebenkosten.

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Steht auf diese Weise generell-abstrakt die Unangemessenheit fest, ist weiter zu prüfen, ob die Klägerin auf dem für sie maßgeblichen Wohnungsmarkt tatsächlich eine Wohnung (konkret) anmieten kann (BSGE 97, 231 ff RdNr 25 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSGE 97, 254 ff RdNr 22 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Dahinstehen kann dabei, ob, wie dies der 14. Senat des BSG annimmt, die Prüfung nach dem Vorhandensein entsprechender Wohnungen eine solche der Angemessenheit iS des § 29 Abs 1 Satz 1 SGB XII oder der Unmöglichkeit bzw Unzumutbarkeit iS des § 29 Abs 1 Satz 2 SGB XII darstellt, wie dies der 4. Senat des BSG annimmt (vgl zu dieser Diskrepanz zwischen dem 14. und 4. Senat des BSG: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 94 f). Es ist nicht erkennbar, dass vorliegend der Streit hierüber für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung sein kann.

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Sollte der Klägerin bei konkreter Betrachtung eine angemessene Wohnung zur Verfügung stehen, bliebe immer noch zu prüfen, ob ihr ein Umzug überhaupt zumutbar wäre oder ob nicht einem zu respektierenden Recht der Klägerin auf Verbleib in ihrem sozialen Umfeld Rechnung zu tragen ist (vgl BSGE 97, 231 ff RdNr 29 f = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSGE 102, 263 ff RdNr 32 ff; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 94 f und 99). Dabei ist das Alter der Klägerin von 77/78 Jahren im Bezugszeitraum von wesentlicher Bedeutung; bereits unabhängig von sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen (vgl dazu: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 99 f) ist nämlich der Klägerin im Hinblick hierauf ein Umzug (allein) wegen (evtl) unangemessener Mehrkosten in Höhe von insgesamt 60 Euro im Monat subjektiv nicht zumutbar.

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Denn der Aktivitätsradius älterer Menschen verringert sich erfahrungsgemäß, sodass Wohnung und Wohnumgebung für das körperliche und psychische Wohl des alten Menschen immer mehr an Bedeutung gewinnen (Zweiter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland: Wohnen im Alter, 1998, BT-Drucks 13/9750, S 17 ). Da der Alterungsprozess mit einer Abnahme der Anpassungsfähigkeit und einer Zunahme der Anfälligkeit für Erkrankungen einhergeht, sind ältere Menschen typisierend immobiler als der Durchschnitt der Bevölkerung (Bundesaltenbericht 1998, S 93 und 198). Diesen soziologischen Erkenntnissen muss auch die Prüfung der (subjektiven) Zumutbarkeit eines Umzugs in eine andere Wohnung (grundsätzlich) gerecht werden; allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt und ohne Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Vorliegend sind jedenfalls keine Umstände erkennbar, die die Forderung nach einem Umzug bei unangemessenen Mehrkosten von bis zu 60 Euro monatlich rechtfertigen. Im Gegenteil: Die Klägerin wohnte bereits über zehn Jahre in der Wohnung und war dadurch in besonderer Weise in das soziale Umfeld integriert, dass die Eigentümerin dieses Hauses, ihre Tochter, in demselben Haus wohnt und der Klägerin vertraglich ein lebenslanges Wohnrecht zugesichert worden war, das auf von der Klägerin und ihrem Ehemann erbrachten Eigenleistungen (Renovierungsarbeiten bei Einzug in die Wohnung) zurückzuführen ist. Auf die von der Klägerin zur Begründung der Revision herangezogene Vorschrift des § 574 Bürgerliches Gesetzbuch, die allerdings nur eine Vorschrift zur Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter, nicht zwischen der Solidargemeinschaft der Steuerzahler und dem Sozialhilfeempfänger, darstellt, muss deshalb nicht zurückgegriffen werden, könnte es wegen der unterschiedlichen Zielsetzung auch nicht.

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Ein besonderes Augenmerk wird das LSG ggf bei seiner erneuten Entscheidung darauf zu richten haben, ob die Aufwendungen der Klägerin nicht auf andere Weise gesenkt werden können (§ 29 Abs 1 Satz 3 SGB XII). Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die vertraglichen Abmachungen zwischen ihr und ihrer Tochter rechtswidrig (vgl zu dieser Konstellation: BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 21 ff; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 97) und damit als konkret unangemessen zwischen den Vertragsparteien zu korrigieren sind, sondern ggf auch für den Fall einer rechtmäßigen Vereinbarung. Auch dann nämlich ist der Klägerin zuzumuten, bei ihrer Tochter um eine Senkung des Mietpreises bzw der Nebenkosten nachzusuchen und eine nach dem Vergleich mit anderen Wohnungen den Anforderungen für angemessene Kosten entsprechende Vereinbarung herbeizuführen. Gerade zwischen Eltern und Kindern besteht eine besondere sittliche Verantwortung bei der Vereinbarung der Miete auf deren allgemeine Angemessenheit zu achten, wenn der Mieter bedürftig im Sinne des SGB XII ist. Es dürfte regelmäßig auszuschließen sein, dass Kinder ihren langjährig bei ihnen zur Miete wohnenden Eltern das Mietverhältnis nur deshalb kündigen, weil statt einer rechtmäßig vereinbarten Miete nur eine solche in etwas geringerer Höhe gezahlt wird und werden kann, die den allgemeinen Angemessenheitskriterien des SGB XII entspricht.

22

Ob vorliegend eine Senkung der Aufwendungen durch Untervermietung möglich ist, erscheint zweifelhaft, kann jedoch letztlich vom Senat nicht abschließend entschieden werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt, wonach eine Kostensenkung auf andere Weise auch durch sog frei verfügbare Mittel verlangt werden kann (vgl dazu: Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 29 SGB XII RdNr 33 mwN).

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Allerdings setzt der Vorwurf, die Klägerin habe ihre Obliegenheit, Kostensenkungsbemühungen vorzunehmen, verletzt, eine Kostensenkungsaufforderung voraus (vgl dazu zusammenfassend: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 96 f mwN). Soweit es um die Kostensenkungsvariante eines Umzugs geht, sind deren Voraussetzungen vorliegend schon weit vor dem streitigen Zeitraum erfüllt, weil die Klägerin bereits mehr als sechs Monate vor Beginn des streitigen Bezugszeitraums (vgl zur Sechs-Monats-Frist § 29 Abs 1 Satz 3 SGB XII) auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen worden ist. Dies genügt nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es um die Kostensenkungsvariante "auf andere Weise" geht, insbesondere dann, wenn dem Hilfebedürftigen vorgehalten werden soll, nicht durch Absprachen mit dem Vermieter eine Kostensenkung versucht zu haben (s dazu BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 23; Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 97 f). Hier müsste die Kostensenkungsaufforderung weitere Angaben enthalten, die die Klägerin hätten erkennen lassen können, welche Kostensenkungsobliegenheiten man von ihr erwartet; allerdings fehlen entsprechende Feststellungen des LSG dazu. Selbst bei entsprechender Kenntnis oder Belehrung wäre eine Übernahme der unangemessenen Kosten zumindest für sechs Monate gerechtfertigt, weil der Klägerin regelmäßig sechs Monate Zeit für Kostensenkungsbemühungen zur Verfügung stehen (vgl dazu BSGE 102, 263 ff RdNr 32; Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 98 f mwN).

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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.