Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - L 15 VK 6/14

bei uns veröffentlicht am10.02.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. September 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger wegen einer Verschlimmerung Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einem höheren Grad der Schädigung (GdS) als bisher zu gewähren ist.

Der 1926 geborene Kläger wurde am 10.02.1945 im Rahmen seines Wehrdienstes durch Granatsplitter verletzt. Die Verletzung betraf das Gesicht, den rechten Oberarm und die rechte Brustseite; er verlor dabei das rechte Auge.

Mit Bescheid vom 22.08.1952 wurden als kriegsbedingte Körperschäden anerkannt:

1. Verlust des rechten Auges durch Splitterverletzung,

2. bohnengroßer Stecksplitter in der Oberarmmuskulatur,

3. Schwerhörigkeit rechts geringen Grades.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE - heutige Bezeichnung: GdS) wurde ab dem 01.02.1947 mit 40 v. H. eingeschätzt.

Mit Bescheid vom 05.06.1956 wurde die Grundrente nach einer MdE in Höhe von 50 v. H. festgesetzt, nachdem bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung die Schwerhörigkeit rechts als hochgradig angesehen und mit einer Einzel-MdE von 20 v. H. beurteilt worden war. Bei der Begutachtung war die Beweglichkeit des rechten Arms in allen Gelenken frei gewesen.

Die Granatsplitter (ein größerer und ein winziger) im Bereich der Schulter wurden bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung im Jahre 1963, bei der auch Röntgenaufnahmen angefertigt wurden, als reizlos in den Weichteilen eingewachsen beschrieben.

Im Jahre 1966 gab der Kläger seit fünf Monaten bestehende Schmerzen in der rechten Schulter sowie eine Luxation der Schulter an und stellte einen Antrag auf Neufeststellung wegen Verschlimmerung. Bei versorgungsärztlichen Begutachtungen am 12.10.1966 konnten wesentliche Veränderungen nicht festgestellt werden. Radiologisch ließen sich die Stecksplitter weiterhin nachweisen, wobei am Schultergelenk selbst keine Veränderungen, auch keine Arthrose, erkennbar waren. Eine Neufeststellung wurde mit Bescheid vom 24.10.1966 abgelehnt.

Am 30.11.1973 wurde der Kläger wegen der habituellen Schultergelenksluxationen an der rechten Schulter operiert; es erfolgte eine Verkürzung der Bänder, der bohnengroße Granatsplitter wurde entfernt.

Mit Bescheid vom 19.12.1973 wurde die Anerkennung der habituellen Schultergelenksluxation rechts als Schädigungsfolge abgelehnt.

Mit Bescheid vom 20.01.1975 wurden die anerkannten Schädigungsfolgen wie folgt beschrieben:

1. Verlust des rechten Auges mit plastischem Ersatz des Unterlides, Verschluss des Tränenganges, dadurch bedingte Reizung der Augenhöhlenschleimhaut,

2. kleinerer, reizlos in den Weichteilen der rechten Schulter eingeheilter Granatsplitter ohne Funktionsstörung,

3. hochgradige Schwerhörigkeit rechts.

Die MdE wurde wie bisher mit 50 v. H. festgestellt.

Bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung am 26.06.1990 gab der Kläger an, sich nach dem Krieg wieder voll leistungsfähig gefühlt zu haben und fünf Jahre aktiv Leistungssport betrieben zu haben. Dabei habe er von Seiten seiner Schulter eigentlich keine Beschwerden gehabt. Erst nach Beendigung der sportlichen Karriere hätten die Beschwerden begonnen; im Laufe der Jahre habe er sich sechsmal die Schulter ausgerenkt. Die Ärzte hätten ihm gesagt, dass er eine zu flache Schulterpfanne habe, was er aber nicht glaube. Nach der Schulteroperation, bei der der große Splitter entfernt worden sei, habe er keine Schulterluxationen mehr gehabt. Ein Zusammenhang der Luxationsneigung im Bereich der rechten Schulter mit den reizlos in den Weichteilen eingeheilten Granatsplittern sei nicht zu erkennen. Die Beschwerden seien degenerativer Art. Wesentliche Änderungen im Vergleich zu den Verhältnissen, wie sie für den Bescheid vom 20.01.1975 maßgeblich gewesen seien, lägen nicht vor.

Mit Bescheid vom 20.09.1990 lehnte es der Beklagte ab, den Anspruch auf Versorgung nach dem BVG neu festzustellen, da sich keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ergeben habe. Zugrunde lag diesem Bescheid eine HNO-ärztliche Begutachtung durch Dr. N. und eine Röntgenuntersuchung vom 07.09.1990, bei der keine wesentliche Reaktion des an den Fremdkörperschatten angrenzenden Knochengewebes feststellbar war. Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts - SG - München vom 02.02.1993, Az.: S 26 V 43/90).

Mit Schreiben vom 10.08.2006 stellte der Kläger erneut einen Verschlimmerungsantrag mit dem Ziel einer MdE von 80 v. H.

Mit Bescheid vom 14.02.2007 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung ab. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Die geringfügige Zunahme der Hörminderung auf dem rechten Ohr sowie die Schwerhörigkeit links seien auf chronisch-degenerative altersbegleitende Einflüsse zurückzuführen und damit schädigungsfremd.

In dem sich anschließenden Widerspruchverfahren wies der HNO-Arzt Dr. N. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.03.2007 darauf hin, dass sich für die für den Verschlimmerungsantrag veranschlagte MdE für die Schwerhörigkeit von 20 v. H. keine neuen Gesichtspunkte ergeben hätten. Nach den gültigen Anhaltspunkten entspreche eine MdE von 20 v. H. einer einseitigen Taubheit.

Gegen den für ihn negativen Widerspruchsbescheid vom 22.03.2007 erhob der Kläger Klage (Urteil des SG München vom 12.05.2010, Az.: S 33 V 15/07), anschließend Berufung (Urteil des Senats vom 17.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10) und Nichtzulassungsbeschwerde (Beschluss des Bundessozialgerichts - BSG - vom 15.11.2012, Az.: B 9 V 36/11 B) sowie zwei Anhörungsrügen (Beschlüsse des BSG vom 08.10.2012, Az.: B 9 V 5/12 C, und vom 15.11.2012, Az.: B 9 V 6/12 C), wobei sämtliche gerichtliche Entscheidungen für ihn negativ waren.

Im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren waren drei Gutachten eingeholt worden:

* Der HNO-Arzt Dr. K. war in seinem Gutachten vom 13.05.2009 für das SG zu dem Ergebnis gekommen, dass die heute vorliegende Taubheit rechts und die mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit links nicht mit Wahrscheinlichkeit auf schädigende Ereignisse im Sinne des § 1 BVG zurückgeführt werden könnten. Die Schwerhörigkeit, wie sie sich 64 Jahre nach dem schädigenden Ereignis auf dem linken Ohr darstelle, sei als typische Altersschwerhörigkeit anzusehen. Weitere anzuerkennende Schädigungsfolgen lägen nicht vor. Die MdE für die Schädigungsfolgen auf HNO-ärztlichem Fachgebiet betrage ab August 2006 unverändert 20 v. H.

* Der augenärztliche Sachverständige Prof. Dr. Dr. L. hatte im Gutachten vom 17.12.2009 dem SG berichtet, dass der Befund des rechten Auges mit Glasprothese und Unterlidplastik sowie einer chronischen Vereiterung der Augenhöhle unverändert geblieben sei. Am nicht verletzten linken Auge habe sich altersbedingt, also unabhängig von der Kriegsverletzung, eine fortgeschrittene Linsentrübung entwickelt.

* Im Berufungsverfahren hatte die Chirurgin Dr. B. den Kläger untersucht und begutachtet. Im Gutachten vom 22.12.2010 hatte sie ausgeführt, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des rechten Schultergelenks, wie sie im Bescheid vom 20.01.1975 zugrunde gelegt worden seien, nicht eingetreten sei. Zur Frage, ob die vom Kläger an der rechten Schulter geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit auf die Granatsplitterverletzung zurückgeführt werden könnten, hatte die Gutachterin darauf hingewiesen, dass sich in sämtlichen Attesten keinerlei Hinweise gefunden hätten, dass die Granatsplitter am rechten Schultergelenk intraartikulär gelegen sein könnten. In zahlreichen Befunden seien die Granatsplitter als reizlos in den Weichteilen eingeheilt beschrieben worden. Lediglich der Kläger selbst behaupte, dass eine Splitterverletzung im rechten Schultergelenk vorgelegen habe. Auch sei am 05.06.1963 keinerlei Beeinträchtigung der Beweglichkeit am rechten Schultergelenk angegeben worden. Die Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenks damals hätten glatte Gelenkflächen gezeigt; beide Granatsplitter seien innerhalb der Weichteile dicht hinter dem Oberarmkopf beschrieben worden. Auch am 26.11.1963 sei nochmals beschrieben worden, dass das Schultergelenk selbst von der Verletzung nicht betroffen gewesen sei. 1966 sei eine freie Beweglichkeit des rechten Schultergelenks angegeben worden. Am 15.02.1973 sei von Prof. Dr. F. bestätigt worden, dass es sich bei dem Krankheitsbild am rechten Schultergelenk um eine habituelle Schultergelenksluxation rechtsseitig gehandelt habe und eine entsprechende Operation erforderlich gewesen sei, da wiederholt Luxationen aufgetreten seien. Die sogenannte habituelle Schulterluxation sei eine atraumatische Schultergelenksluxation. Dabei komme es zum Herausspringen des Schultergelenks ohne jegliches Trauma, beispielsweise bei der Ausführung gewohnheitsmäßiger Bewegungen. Die Ursachen für die Entstehung habitueller Schulterluxationen seien anlagebedingt. Als Beispiel hierfür könnten z. B. angeborene schlaffe Bänder genannt werden. Somit erscheine es aus medizinischer Sicht nicht schlüssig nachweisbar, dass die festgestellte Arthrose des rechten Schultergelenks auf die extraartikulär liegenden Granatsplitter zurückzuführen sei, sie stelle vielmehr eine Folgeerscheinung nach mehrfacher Schulterluxation dar. Die heute hochgradige Arthrose des rechten Schultergelenks sei daher auf schädigungsunabhängige Umstände zurückzuführen. Die medizinischen Voraussetzungen für eine Kann-Versorgung lägen nicht vor. Die Ursache des festgestellten Leidens sei in den mehrfach stattgefundenen habituellen Schulterluxationen zu sehen.

Die gerichtliche Gutachterin Dr. B. hatte sich am 18.02.2011 ergänzend zu vom Kläger erhobenen Einwendungen geäußert. Der Kläger versuche - so die Sachverständige - in laienhafter Art und Weise, die vorliegende Befunddokumentation für seine Bedürfnisse umzudeuten. Die von ihm vermutete Verkapselung des Fremdkörpers bleibe eine reine Spekulation. Eine Verkapselung sei nirgendwo beschrieben und ändere im Übrigen auch an der Befundbeurteilung nichts. Es fehle in der gesamten dokumentierten Krankheitsgeschichte jeglicher Hinweis auf einen intraartikulär liegenden Granatsplitter im rechten Schultergelenk. Vielmehr sei zahlreich und mehrfach immer von einem extraartikulär gelegenen Fremdkörper die Rede gewesen. Ein vom Kläger vorgelegtes Attest des Dr. L. sei wenig hilfreich; offensichtlich würden diesem Arzt nicht ausreichende Informationen vorliegen. Auch habe dieser die Krankheit der habituellen Schulterluxation rechts nicht erwähnt. Fraglich sei daher, ob diese Vorerkrankung dem Dr. L. bekannt gewesen sei. Sollte die Behauptung des Klägers tatsächlich stimmen, dass sich der Granatsplitter intraartikulär befunden habe, wäre es sehr fraglich, warum er dann viele Jahre mit dem rechten Arm problemlos und ohne Bewegungseinschränkung gelebt habe. Schulterluxationen seien in der Aktenlage dokumentiert über einen Zeitraum von 1966 bis 1973. Für die Behauptung des Klägers, dass die behandelnden Ärzte im November 1973 erklärt hätten, dass er ohne Entfernung des Splitters immer mit Luxationen zu rechnen habe, fänden sich in den Akten keinerlei Belege. Die Mutmaßung, dass eine eventuell vorhandene Verkapselung des Granatsplitters sich ausgeweitet und den Oberarmkopf weggedrückt habe, entbehre jeder medizinischen Grundlage. Mehrfach sei die extraartikuläre Lage des Granatsplitters beschrieben worden. Das Herausrenken des Oberarmkopfs aus der Pfanne (Luxation) verursache üblicherweise fast immer einen im Gelenk liegenden Schaden. Derartige Schäden würden üblicherweise zu einer früher oder später eintretenden arthrotischen Verschleißerscheinung führen.

Mit Schreiben vom 12.08.2013 stellte der Kläger erneut einen Verschlimmerungsantrag. Aufgrund des beiliegenden ärztlichen „Gutachtens“ - der Kläger bezeichnete damit ein Attest seines behandelnden Orthopäden Dr. L. vom 08.08.2013, wonach sich die Beweglichkeit der rechten Schulter erheblich verschlechtert habe - sei der GdS höher anzusetzen. Weiter wies der Kläger darauf hin, dass aus seiner Sicht frühere Entscheidungen nicht maßgebend sein könnten für eine neue Entscheidung, da diese alle widerlegt worden und rechtswidrig seien. Zudem verwies er auf ein Schreiben des BSG vom 12.10.2012, das er so interpretiert, dass ihm eine höhere Rente ab 1974 zustehe. In diesem Schreiben an den Beklagten hatte der Vorsitzende des 9. Senats des BSG darum gebeten, zu überprüfen, ob die Kopien von Krankenblattunterlagen zur Schulteroperation im Jahr 1973 in den Verfahrenshandakten seien, die den Vorinstanz Gerichten nicht vorgelegt worden seien. Sollten diese entscheidungserheblichen Unterlagen zur Verfügung stehen, dürfte es angezeigt sein, sie versorgungsärztlich begutachten zu lassen. Dabei sollte auch der 1974 erstellte Röntgenbefund einbezogen werden.

Mit Schreiben vom 20.08.2013 übersandte der Kläger dem Beklagten fünf Röntgenaufnahmen der Schultern und wies auf die hochgradige Schwerhörigkeit hin. Der behandelnde HNO-Arzt Dr. G. legte mit Schreiben vom 10.09.2013 ein aktuelles Audiogramm vor, der Orthopäde des Klägers Dr. L. ein Attest vom 08.08.2013, wonach sich die Funktion der rechten Schulter durch die durch die Kriegsverletzung hervorgerufene Arthrose verschlechtert habe; eine Begründung enthält dieses Attest nicht. In einem weiteren Attest vom 25.11.2013 äußerte Dr. L. die Annahme, dass der Granatsplitter bei ausgestrecktem Arm oben am Gelenkkopf eingeschlagen, durch die Pfanne des Oberarms abgefangen und nach unten geleitet worden sei.

Im Auftrag des Beklagten wertete der HNO-Arzt Dr. E. am 01.02.2014 die vorgelegten Audiogramme aus. Dabei wies er darauf hin, dass die mittlerweile hochgradige Einschränkung der Hörfähigkeit auch auf der linken Seite als schädigungsfremd aufzufassen sei. Sowohl nach der Form des Tonaudiogramms als auch nach Aktenlage sei von einem chronisch progredienten Hörverlust im Alter auszugehen. Auch für die weitere Verschlechterung des Hörvermögens auf dem rechten Ohr sei eine mittlerweile schädigungsfremde, altersbegleitende, chronisch progrediente Ursache von weit überwiegender Bedeutung, wie dies in ähnlicher Weise bereits im Gutachten vom 26.06.1990 so festgehalten worden sei.

Am 06.02.2014 äußerte sich die Chirurgin L. versorgungsärztlich zur Schulterproblematik. Der Kläger habe nach dem Krieg fünf Jahre Leistungssport betrieben. Anschließend habe er sich im Lauf der Jahre sechsmal die Schulter ausgekugelt. Die Ärzte hätten dies auf eine zu flache Pfanne zurückgeführt. Bereits im Gutachten von 1990 sei festgestellt worden, dass die Schulterbeschwerden in keinerlei ursächlichem Zusammenhang mit den reizlos eingeheilten Weichteilstecksplittern stünden. Würde man aufgrund der vom Kläger dargestellten Armhaltung unterstellen, dass Humeruskopf und Glenoid verletzt worden seien, hätte dies sofort eine ausgeprägte Destruktion des Gelenks nach sich gezogen und eine sportliche Betätigung unmöglich gemacht. Seitenungleiche Gelenkverschleiße seien in der Medizin hinlänglich bekannt. Ein Zusammenhang zwischen Schultergelenkarthrose und reizlos eingeheilten Stecksplittern in den Weichteilen lasse sich nicht herstellen.

Mit Bescheid vom 19.02.2014 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung der Schädigungsfolgen gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab. Er begründete dies damit, dass eine wesentliche Änderung im versorgungsrechtlichen Sinn nicht eingetreten sei.

Mit Schreiben vom 25.02.2014 legte der Kläger Widerspruch ein. Die Stellungnahmen des ärztlichen Dienstes lehne er - so der Kläger - ab. Aus der „Aktenverfälschung“ könnten keine Schlüsse gezogen werden. Der Granatsplitter habe die Pfanne des Oberarms getroffen und sei nach unten abgeleitet worden. Aus dieser Gelenkverletzung sei die Arthrose entstanden. Der Splitter habe sich in der Gelenkkapsel befunden, nicht in Weichteilen des Oberarms. Weiter beantragte der Kläger, die Rente ab 1974 neu festzusetzen. Bereits bei einer Begutachtung im Jahr 1974 sei die eingeschränkte Beweglichkeit im Schultergelenk festgestellt worden.

Im Auftrag des Beklagten äußerte sich der HNO-Arzt Dr. N. in einer Stellungnahme nach Aktenlage am 19.05.2014 wie folgt: Die Hörkurven würden zeigen, dass bis 1990 keine wesentliche Änderung des Hörvermögens beidseits eingetreten sei und erst in den letzten Jahren eine zunehmende Progredienz beidseits vorliege. Nunmehr liege eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beidseits vor. Da die Hörverschlechterung links erst viele Jahrzehnte nach dem schädigenden Ereignis eingetreten sei, spreche mehr dafür, dass diese Verschlechterung durch den Altersabbau des Hörvermögens verursacht sei. Gegenüber den Vorgutachten und den Ausführungen im Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) (vom 18.08.2011) ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2014 wurde der Widerspruch gegen die Ablehnung der beantragten Verschlimmerung zurückgewiesen.

Mit Telefax vom 10.6.2014 hat der Kläger Klage zum SG München erhoben. Er hat seine Klage damit begründet, dass die Zusammenhangsbeurteilung in den vorangegangenen sozialgerichtlichen Verfahren immer falsch dargestellt worden sei. Die zu einer besseren Beurteilung erforderlichen Röntgenaufnahmen seien mutwillig entfernt worden. Durch die „Aktenverfälschung“ seien immer wieder falsche Behauptungen aufgestellt worden wie „In den Weichteilen eingeheilter Granatsplitter wurde entfernt.“ Dr. L. habe in seinem Attest vom 25.11.2013 den Verlauf der Kriegsverletzung und die Schädigung des Oberarmgelenks eindeutig festgestellt. Die Einschlagstelle des „Gelenksplitters“ [Anmerkung des Senats: gemeint wohl „Granatsplitters“] befinde sich oben am Gelenkkopf, die Entfernungsnarben am unteren Teil des Gelenkkopfes. Daraus ergebe sich die Feststellung, dass der Granatsplitter bei ausgestrecktem Arm (Gewehrhaltung) in der Pfanne des Oberarms abgefangen und nach unten geleitet worden sei. Aus dieser Gelenksverletzung heraus und der notwendigen Öffnung der Gelenkkapsel bei der Operation sei die Arthrose entstanden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 09.09.2014 hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung entgegenstehender Bescheide zu einer Versorgung für die Zeit ab 1974 entsprechend eines GdS von 80 und ab 19.12.2007 zu einer Versorgung entsprechend eines GdS von 100 sowie zu einer Berufsausgleichsrente ab Klageerhebung vom 09.06.2008 zu verurteilen.

Mit Urteil vom 09.09.2014 ist die Klage abgewiesen worden.

Mit Schreiben vom 09.10.2014 hat der Kläger Berufung eingelegt und diese im Wesentlichen wie bereits die Klage begründet. Zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat er angemerkt, dass er sich vorgekommen sei, als stünde er vor dem Volksgerichtshof.

Mit Schreiben vom 13.11.2014 hat der Kläger „Antrag auf baldige Entscheidung“ gestellt. Dieser Antrag ist auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers als Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ausgelegt und mit Beschluss des Senats vom 05.01.2015, Az.: L 15 VK 8/14 ER, (negativ) verbeschieden worden.

Mit Schreiben vom 27.11.2014 hat der Berichterstatter des Senats den Kläger darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Verfahrens (nur) sein Verschlimmerungsantrag vom 12.08.2013 sei, in dem er auf eine Verschlechterung der Schulterbeweglichkeit rechts hingewiesen habe. Dass derartige Schulterbeschwerden nicht im Rahmen eines Verschlimmerungsantrags berücksichtigt werden könnten, weil sich ein kausaler Zusammenhang mit der Kriegsverletzung nicht herstellen lasse, sei bereits im Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 VK 7/10 festgestellt und durch Urteil ausgesprochen worden. Sofern sich der Kläger darauf stütze, dass die früher getroffenen Entscheidungen unbeachtlich seien, weil er sie für falsch halte, sei dies aus rechtlichen Gründen im jetzigen Verfahren unbeachtlich. Der Berufung würden daher die Erfolgsaussichten fehlen; auf die Möglichkeit der Verhängung von Verschuldenskosten ist hingewiesen worden.

Mit Schreiben vom 13.12.2014 hat der Kläger die Justiz als selbstherrlich bezeichnet und mit am 05.01.2015 eingegangenem Telefax beantragt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Da dem vorgenannten Schreiben des Klägers nicht zweifelsfrei zu entnehmen war, ob er das gerichtliche Schreiben vom 27.11.2014 erhalten hatte, ist der Kläger nochmals mit Schreiben vom 09.01.2015, zugestellt mit Postzustellungsurkunde, auf die fehlenden Erfolgsaussichten hingewiesen worden. Ihm ist erneut erläutert worden, dass es nicht möglich sei, die Feststellungen des früheren rechtskräftigen Urteils durch einen Verschlimmerungsantrag auszuhebeln und für die Vergangenheit eine im Widerspruch zu den damaligen gerichtlichen Erkenntnissen stehende Feststellung einer angeblichen Verschlimmerung und eines angeblichen Zusammenhangs zwischen Kriegsverletzung und Schulterschaden zu erreichen. Eine Verhängung von Mutwillenskosten sei in Fällen, in denen gerichtliche Kapazitäten durch völlig aussichtslose Verfahren wie hier gebunden würden, naheliegend.

Mit Schreiben vom 15.01.2015, beim LSG eingegangen am 19.01.2015, hat der Beklagte sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Mit Schreiben vom 29.01.2015 hat der Kläger beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Er kämpfe gegen den „Staatsallmachtswahn der Justiz“, auch wenn ihm bewusst sei, dass er immer verliere, da er nicht zur politischen Gesellschaft gehöre. Ihm gefalle es nicht, dass Richter mit der Gepflogenheit des Volksgerichtshofs agieren könnten. Zum gerichtlichen Schreiben vom 09.01.2015 hat er angemerkt, dass es ihm nicht um einen Verschlimmerungsantrag gehe, sondern um die Anerkennung einer Kriegsverletzung, die durch „angeschleimte“ Gutachter stets abgeleugnet worden sei. Damit die Wahrheit nicht ans Licht komme, seien Röntgenaufnahmen aus der Akte entfernt worden. Er erachte es als rechtswidrige Bedrohung, trotz Straftat im Amt (Aktenverfälschung) ihm Mutwilligkeit zu unterstellen. Falls der Berichterstatter daran festhalte, gelte sein Schreiben als Richterablehnung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG München vom 09.09.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung entgegenstehender Bescheide zu einer Versorgung für die Zeit ab 1974 entsprechend eines GdS von 80 und ab 19.12.2007 zu einer Versorgung entsprechend eines GdS von 100 sowie zu einer Berufsausgleichsrente ab Klageerhebung vom 09.06.2008 zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG München zu den Aktenzeichen S 30 VK 4/14 und S 33 V 15/07 beigezogen. Zudem haben die Akten des Bayerischen LSG zum Aktenzeichen L 15 VK 7/10 vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, im Wege einer Entscheidung gemäß § 48 SGB X eine Verschlimmerung von Schädigungsfolgen oder weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen.

1. Entscheidung ohne mündliche Verhandlung

Der Senat hat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, da der Kläger mit am 05.01.2015 beim LSG eingegangenem Schreiben explizit und vorbehaltlos eine solche Entscheidung beantragt hat und der Beklagte dazu mit am 19.01.2015 beim LSG eingegangenem Schreiben vom 15.01.2015 sein Einverständnis erklärt hat.

Ein späterer Widerruf dieser Erklärung, wie ihn der Kläger im Schreiben vom 29.01.2015 ausgesprochen hat, kann jedenfalls dann keine Wirkung mehr entfalten, wenn - wie hier - bereits vorher alle Beteiligten ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt haben (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.10.1955, Az.: I C 86.53; Bundesgerichtshof - BGH -, Urteil vom 29.10.1958, Az.: V ZR 158/57; BSG, Urteil vom 10.08.1965, Az.: 6 RKa 5/64).

Eine wesentliche Änderung der Prozesslage, die eine erneute Einverständniserklärung erforderlich machen würde (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 124, Rdnr. 3d und e), ist nach dem Zeitpunkt nicht eingetreten, zu dem der Kläger eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beantragt hatte. Insbesondere liegt infolge des Beschlusses des Senats vom 05.01.2015, Az.: L 15 VK 8/14 ER, keine wesentliche Änderung der Prozesslage vor.

Von einer wesentlichen Änderung der Prozesslage könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die Tatsachen- oder die Rechtsgrundlage eine andere geworden wäre, z. B. weil Zeugen vernommen oder Auskünfte eingeholt worden sind (vgl. BSG, Beschlüsse vom 07.04.2011, Az.: B 9 SB 45/10 B, und vom 14.11.2013, Az.: B 9 SB 43/13 B). Selbst eine nach der Abgabe der Einverständniserklärung erfolgte Beiziehung weiterer, bereits aus dem vorhergehenden sozialgerichtlichen Verfahren bekannter Akten - was hier nicht der Fall ist - würde keine wesentliche Änderung der Prozesslage begründen (vgl. BSG, Beschluss vom 26.08.2005, Az.: B 9a V 23/05 B). Die ohnehin außerhalb des Berufungsverfahrens erfolgte, gleichwohl einen Bezug zum Inhalt des Berufungsverfahrens beinhaltende Entscheidung des Senats vom 05.01.2015 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes begründet keine wesentliche Änderung der Prozesslage, da im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weder neue tatsächliche noch zuvor nicht bekannte rechtliche Gesichtspunkte mit Bezug auf das Berufungsverfahren aufgezeigt worden sind.

2. Befangenheitsantrag des Klägers im Schreiben vom 29.01.2015

Der Senat konnte in der Besetzung mit dem unter einer Bedingung abgelehnten Berichterstatter entscheiden, da das Befangenheitsgesuch des Klägers im Schreiben vom 29.01.2015 offensichtlich unzulässig ist.

Ein als befangen abgelehnter Richter ist befugt, über einen offensichtlich unzulässigen Befangenheitsantrag selbst mitzuentscheiden, denn es handelt sich dabei lediglich um eine Formalentscheidung (ständige Rspr. des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z. B. Beschlüsse vom 02.06.2005, Az.: 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01, und vom 20.07.2007, Az.: 1 BvR 2228/06). Es bedurfte insofern auch keines gesonderten Beschlusses über den Befangenheitsantrag (vgl. Keller, a. a. O., § 60, Rdnr. 10e - m. w. N.).

Das Befangenheitsgesuch vom 29.01.2015 ist offensichtlich unzulässig, da es unter einer Bedingung gestellt ist.

Der Kläger hat den Befangenheitsantrag ausdrücklich unter der Bedingung gestellt, dass der Berichterstatter daran festhalten sollte, dem Kläger Mutwilligkeit im Sinn des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG zu unterstellen. Ein Befangenheitsantrag muss aber als Prozesshandlung eindeutig und unbedingt vorgenommen werden (ständige Rspr., vgl. z. B. Bayer. LSG, Beschluss vom 18.05.2000, Az.: L 5 AR 80/00 AL; Finanzgericht Nürnberg, Beschluss vom 05.03.2009, Az.: VII 98/2003).

Der Befangenheitsantrag ist hier auch nicht deshalb ausnahmsweise als bedingte Prozesshandlung zulässig, weil es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt. Es ist zwar in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass innerprozessuale Bedingungen, die die Wirksamkeit einer Prozesserklärung vom Prozessablauf selbst abhängig machen, insbesondere von dem Erfolg oder Misserfolg einer eigenen Prozesshandlung oder einer solchen Handlung des Gegners, zulässig sind. Voraussetzung für die Zulässigkeit ist aber, dass damit keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird. Dies wäre aber der Fall, wenn ein durch eine innerprozessuale Bedingung gestellter Befangenheitsantrag zugelassen würde. Der Grund hierfür ist, dass nach § 47 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 60 Abs. 1 SGG ein abgelehnter Richter bis zur Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur noch unaufschiebbare Amtshandlungen vornehmen darf. Dies macht es unverzichtbar, dass Klarheit bestehen muss, ob ein Ablehnungsgesuch vorliegt. Zudem bedarf es dieser Klarheit auch, um feststellen zu können, ob ein Verlust des Ablehnungsrechts nach § 43 ZPO eingetreten ist. Befangenheitsanträge können daher nicht unter einer innerprozessualen Bedingung gestellt werden (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundesfinanzhof, Beschlüsse vom 18.10.1994, Az.: VIII S 11/93, und VIII B 120/93; LSG Hamburg, Beschluss vom 14.07.2009, Az.: L 3 U 25/07; BGH, Beschluss vom 17.08.2011, Az.: V ZB 128/11; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.09.2011, Az.: L 34 SF 392/11, Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 09.04.2013, Az.: 13 U 195/12). Darauf, dass die vom Kläger beabsichtigte Bedingung (Verhängung von Verschuldenskosten durch den Senat) überhaupt nicht eingetreten ist, kommt es daher nicht weiter an.

3. Streitgegenstand

Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 19.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2014. Darin hat der Beklagte - ausschließlich - über den Verschlimmerungsantrag des Klägers im Schreiben vom 12.08.2013 gemäß § 48 SGB X entschieden. Weitergehende Regelungen, insbesondere zu § 44 SGB X, hat der Beklagte darin nicht getroffen und sind auch nicht über eine Klageänderung Verfahrensgegenstand geworden.

Nicht Gegenstand des Verfahrens sind daher folgende Regelungsbereiche:

- Frage der Richtigkeit bestandskräftig gewordener Entscheidung zur Feststellung bzw. Ablehnung von Schädigungsfolgen und des dabei angenommenen GdS,

- Höhe des GdS, wie er der Versorgung seit 1974 zugrunde zu legen ist,

- Höhe des GdS, wie er der Versorgung seit dem 19.12.2007 zugrunde zu legen ist, und

- Ausgleichsrente für Schwerbeschädigte gemäß § 32 BVG.

4. Zur Entscheidung gemäß § 48 SGB X

Der Beklagte hat es zutreffend abgelehnt, wegen einer Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X eine höhere Versorgung zu gewähren.

Eine Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X liegt nicht vor. Weder haben sich die anerkannten Schädigungsfolgen verschlechtert noch sind nach dem letzten bestandskräftigen Bescheid neue Schädigungsfolgen aufgetreten.

4.1. Voraussetzungen für die Anerkennung einer Verschlimmerung - allgemein

Der Kläger hätte gemäß § 48 SGB X einen Anspruch auf Anerkennung verschlimmerter Schädigungsfolgen oder weiterer Schädigungsfolgen und daraus resultierend auf eine höhere Beschädigten-Grundrente gemäß § 31 BVG nur dann, wenn sich bei den tatsächlichen (oder rechtlichen) Verhältnissen, wie sie bislang der Gewährung von Versorgung zugrunde gelegt worden sind, eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlechterung ergeben hätte. In Betracht dafür kommen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. beispielhaft das Urteil des Senats vom 18.03.2013, Az.: L 15 VK 11/11, vom BSG bestätigt im Beschluss vom 31.07.2013, Az.: B 9 V 31/13 B) eine Verschlimmerung der als Schädigungsfolgen bereits anerkannten Gesundheitsstörungen oder das Auftreten weiterer, noch als Schädigungsfolgen anzuerkennender Gesundheitsstörungen nach dem letzten bestandskräftigen Bescheid.

Nichts davon ist vorliegend der Fall.

4.2. Keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt einer Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen

Eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen ist nicht nachgewiesen.

Im Rahmen seines Verschlimmerungsantrags hat der Kläger eine Verschlechterung des Schulterzustands und der Hörfähigkeit geltend gemacht. Beides kann keine rechtlich relevante Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X begründen.

4.2.1. Schulterbeschwerden rechts

Eine Verschlimmerung ist nicht nachgewiesen; der Sachverhalt stellt sich nicht anders dar, als er bereits dem Urteil des Senats vom 18.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10, zugrunde gelegen hat.

Im Urteil vom 18.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10, hat der Senat zu diesem Gesichtspunkt Folgendes ausgeführt:

„Anerkannt als Schädigungsfolge ist ein kleinerer, reizlos in den Weichteilen der rechten Schulter eingeheilter Granatsplitter ohne Funktionsstörung. Demgegenüber macht der Kläger geltend, dass sich die Bewegungsfähigkeit der rechten Schulter verschlechtert habe (so sein Verschlimmerungsantrag) und hat diesen Vortrag im Rahmen des Berufungsverfahrens, nachdem der Schulterschaden im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens völlig im Hintergrund geblieben ist, dahingehend ausgebaut, dass die Granatsplitterverletzung zu der jetzt vorliegenden deutlichen Bewegungseinschränkung der Schulter auf der Grundlage einer Arthrose geführt habe.

Irgendwelche Anhaltspunkte, dass sich diese Schädigungsfolge weiter verschlimmert und sich zu dem jetzt vorliegenden Schaden an der Schulter ausgeweitet haben könnte, sind nicht ersichtlich. Auch der Kläger selbst hat dies nicht behauptet. Vielmehr geht er davon aus, dass die jetzt vorliegenden erheblichen Schulterbeschwerden auf den größeren (bohnengroßen) Granatsplitter zurückzuführen sind, der im Jahr 1973 operativ entfernt worden ist. Seiner Ansicht nach hat dieser Splitter die Schulterluxationen und weitergehende Schädigungen am Schultergelenk nach sich gezogen.

Folgt man - ohne dass an dieser Stelle eine Aussage zur medizinischen Richtigkeit der klägerischen Ausführungen zu treffen wäre - dieser Argumentation des Klägers, würde sich der jetzt vorliegende Zustand an der rechten Schulter nicht als Folge des zuletzt mit Bescheid vom 20.01.1975 anerkannten kleineren, reizlos in den Weichteilen der rechten Schulter eingeheilten Granatsplitters darstellen, sondern allenfalls als Folge des im Jahre 1973 operativ entfernten größeren (bohnengroßen) Granatsplitters, der ursprünglich auch als Schädigungsfolge anerkannt worden war. Insofern ist der heute vorliegende Schaden an der Schulter nicht unter dem Aspekt der Verschlimmerung einer (heute) anerkannten Schädigungsfolge, sondern des Auftretens einer weiteren, ggf. als Schädigungsfolge anzuerkennenden Gesundheitsstörung zu prüfen (dazu s. u.).“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Dass ein kleinerer, reizlos in der Weichteilen der Schulter eingeheilter Granatsplitter ohne Funktionsstörung, wie er mit Bescheid vom 20.01.1975 beschrieben worden ist, nicht zu einer Arthrose der Schulter führen kann, liegt auf der Hand.

4.2.2. Schwerhörigkeit rechts

Eine GdS-relevante Verschlimmerung der Minderung der Hörfähigkeit rechts ist schon deshalb auszuschließen, da dafür bereits seit L.m ein GdS von 20 zugrunde gelegt wird, wie er erst für einen vollständigen Verlust des Hörvermögens anzusetzen ist.

Auch hier ist der Sachverhalt nicht anders gelagert als im Urteil des Senats vom 18.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10. Dort hat der Senat zu diesem Gesichtspunkt Folgendes ausgeführt:

„Mit Bescheid vom 20.01.1975 ist bereits eine hochgradige und mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete Schwerhörigkeit rechts - nicht aber links - anerkannt worden. Ob diese Anerkennung als Schädigungsfolge ihrerseits zutreffend erfolgt ist oder ob nicht eher - wofür einiges spricht - eine Anerkennung mangels hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhangs nicht hätte erfolgen dürfen, ist für die jetzt zu treffende Entscheidung unerheblich, da das Gericht an die durch den Beklagten erfolgte Anerkennung der Schwerhörigkeit rechts als Schädigungsfolge gebunden ist und damit diese Frage nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist. Wie der Stellungnahme des HNO-Arztes Dr. E. im Verwaltungsverfahren, der Äußerung des HNO-Arztes Dr. N. im Widerspruchsverfahren und dem gerichtlichen Gutachten des HNO-Arztes Dr. K. vom 13.05.2009, dessen Ausführungen den Senat überzeugen, zu entnehmen ist, hat sich das schon bei Erlass des Bescheides vom 20.01.1975 hochgradig eingeschränkte Hörvermögen des rechten Ohrs seitdem nur noch geringfügig weiter verschlechtert - und auch nur geringfügig und rechtlich irrelevant weiter verschlechtern können. Denn bereits im Jahr 1975 ist von einer so stark ausgeprägten Schwerhörigkeit ausgegangen worden, dass diese mit einem GdS bewertet worden ist, wie er für eine einseitige Taubheit festzusetzen ist, die nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) mit einem GdS von 20 zu bewerten ist (vgl. VG, Teil B Nr. 5.2.4). Für eine weitere Verschlechterung ist insofern kein Raum mehr - schlechter als im Falle von Taubheit kann sich das Hörvermögen nicht darstellen. Die Argumentation des Klägers, dass es jedermann klar sein müsse, dass sich ein Kriegsschaden im Gehör sich im Laufe der Zeit verschlechtere, verkennt insofern die Tatsache, dass die anerkannte Schädigungsfolge bereits den mit Blick auf den GdS maximalen Zustand einer Schädigung darstellt.

Wenn der Kläger der - sicherlich zutreffenden - Einschätzung ist, dass sich sein Hörvermögen insgesamt verschlechtert und er daher jetzt größere Verständigungsprobleme hat, ist dies für die Höhe des GdS ohne Bedeutung. Denn der Rückgang des Hörvermögens ist darauf zurückzuführen, dass sich zwischenzeitlich auch das Hörvermögen des von Schädigungsfolgen nicht betroffenen linken Ohrs im Rahmen einer Altersschwerhörigkeit verschlechtert hat. Diese Verschlechterung steht aber mit den anerkannten Schädigungsfolgen - anerkannt als Schädigungsfolge ist nur die Beeinträchtigung des Hörvermögens rechts -, die den Versorgungsanspruch des Klägers begründen, in keinem Zusammenhang und ist bei der Bemessung des GdS nicht zu berücksichtigen. Insofern ist es auch kein Widerspruch, wenn für die Gewährung von Versorgung von einem GdS von 20 für die als Schädigungsfolge anerkannte Schwerhörigkeit/Taubheit rechts, im Rahmen des Schwerbehindertenrechts aber von einem GdB von 50 für die Einschränkung des Hörvermögens auf beiden Seiten ausgegangen wird.“

Dem ist wiederum nichts hinzuzufügen. Dass eine Verschlimmerung einer Gesundheitsstörung, für die versorgungsrechtlich bereits die maximal mögliche Ausprägung (Taubheit) zugrunde gelegt wird, denklogisch nicht möglich ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Im Übrigen stünde bei einer fälschlicherweise erfolgten Zugrundelegung des für eine einseitige Hörstörung maximal möglichen GdS eine Erhöhung des Gesamt-GdS bei einer Verschlechterung der ursprünglich noch nicht einer Taubheit entsprechenden Hörfähigkeit einer Erhöhung des Gesamt-GdS auch die Abschmelzungsregelung des § 48 Abs. 3 SGB X entgegen.

4.3. Keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt des Auftretens weiterer als Schädigungsfolgen anzuerkennender Gesundheitsstörungen

Neue Gesundheitsstörungen, die Schädigungsfolgen darstellen könnten, sind seit der letzten bestandskräftigen Entscheidung nicht aufgetreten.

4.3.1. Schulterbeschwerden rechts

Die vom Kläger geltend gemachten Schulterbeschwerden rechts können bereits aus Rechtsgründen keine Berücksichtigung im Rahmen des Antrags gemäß § 48 SGB X finden. Denn bereits dem mit Bescheid vom 14.02.2007 abgelehnten Verschlimmerungsantrag hat eine weitere Schädigung der rechten Schulter in ähnlichem Maß wie jetzt zugrunde gelegen. Da insofern bereits eine bestandskräftige Ablehnungsentscheidung des Beklagten vorliegt, ist eine Anerkennung über einen weiteren Verschlimmerungsantrag nicht möglich; ein Überprüfungsverfahren hingegen ist mangels einschlägiger Entscheidung des Beklagten nicht Streitgegenstand (s. o. Ziff. 3.).

Gleichwohl weist der Senat, um beim Kläger keine Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Entscheidung aufkommen zu lassen, nochmals auf seine Ausführungen im Urteil vom 18.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10, hin, in dem der Senat zu diesem Gesichtspunkt Folgendes ausgeführt hat:

„Die Sachverständige Dr. B. hat in ihrem eingehend begründeten Gutachten und ihrer ergänzenden Stellungnahme schlüssig und jeden Gesichtspunkt beleuchtend dargestellt, warum ein Zusammenhang zwischen den jetzt vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen an der rechten Schulter und der Verletzung im Wesentlichen durch den bohnengroßen Granatsplitter nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Die Granatsplitterverletzung hat das Schultergelenk nicht betroffen. Es liegen seit 1949 zahlreiche Befunde vor, die eine extraartikuläre, d. h. außerhalb der Gelenkkapsel befindliche Lage der Granatsplitter, nämlich reizlos in den Weichteilen eingeheilt, beschreiben. Auch hat, soweit dies den in den Akten befindlichen radiologischen Befunden zu entnehmen ist, sich nie eine Gelenkbetroffenheit durch den Granatsplitter nachweisen lassen. So sind z. B. bei Röntgenaufnahmen im Jahre 1963 noch glatte Gelenkflächen beschrieben worden. Einen Zusammenhang mit den Schulterluxationen ab 1966/1968 bis 1973 - und den sich aus derartigen Luxationen ergebenden weitergehenden Schäden in Form einer Arthrose des Schultergelenks - kann die Gutachterin nicht erkennen. Sie bewertet diese Schulterluxationen als habituell, d. h. als atraumatisch und anlagebedingt. Dabei stützt sie sich auch auf die Einschätzung des behandelnden Arztes Prof. Dr. F. im Jahr 1973. Die Bewertung als habituelle Schulterluxation steht im Übrigen in Einklang mit den Angaben des Klägers zur Operation im Jahr 1973. Ursache für habituelle Schulterluxationen sind z. B. angeborene schlaffe Bänder. Bei der Operation im Jahr 1973 sind - so die Auskunft des Klägers - die Bänder im Schulterbereich verkürzt worden. Damit ist eine plausible Erklärung für die Schulterluxationen des Klägers, die nach der Bänderkürzung nicht mehr aufgetreten sind, gegeben.

Die Einschätzung der Sachverständigen Dr. B. stimmt zudem mit allen zuvor erstellten Gutachten und versorgungsärztlichen Stellungnahmen überein, was die Beurteilung des Schulterschadens angeht.

Eine intraartikuläre Lage des Splitters, wovon der Kläger ausgeht, ist, wie die Sachverständige ausgeführt hat, nicht mit den vorliegenden Befunden und Beschwerdeangaben des Klägers vereinbar. So hat der Kläger selbst bei der versorgungsärztlichen Begutachtung am 26.06.1990 angegeben, sich nach dem Krieg wieder voll leistungsfähig gefühlt zu haben und fünf Jahre aktiv Leistungssport (Handball) betrieben zu haben. Dabei habe er von Seiten seiner Schulter eigentlich keine Beschwerden gehabt. Diese Angaben sind mit einem intraartikulär liegenden Splitter, der erhebliche Beschwerden verursacht hätte, nicht vereinbar.

Wenn sich der Kläger gegen die überzeugenden sachverständigen Äußerungen wendet, stützt er sich dabei auf zwei von ihm aufgestellte Theorien, mit denen er meint, den Zusammenhang zwischen der Granatsplitterverletzung und dem jetzt vorliegenden Schulterschaden begründen zu können. Beide Theorien sind aber nicht haltbar:

* 1. Theorie: Der bohnengroße Granatsplitter lag innerhalb der Gelenkkapsel und hat daher den jetzt vorliegenden Schulterschaden verursacht.

Diese Theorie ist durch nichts belegt. Zwar wäre es durchaus möglich, dass ein intraartikulär liegender Granatsplitter den jetzt vorliegenden Schaden nach sich hätte ziehen können. Es gibt aber - wie bereits ausgeführt - keinerlei stichhaltige Belege für eine intraartikuläre Lage eines Granatsplitters. Der Schluss des Klägers, dass der Splitter innerhalb der Gelenkkapsel liegen müsse, weil er bei Röntgenaufnahmen als dicht hinter dem Oberarmkopf liegend beschrieben worden sei, ist nicht zulässig. Der Kläger verkennt, dass sich auch hinter dem Oberarmkopf Weichteile befinden. Röntgenaufnahmen, die eine intraartikuläre Lage beschreiben, sind in den gesamten Akten nicht enthalten.

Dass dem Bericht über die Operation vom Jahre 1973, bei der nach Aussage des Klägers sowohl die Bänder des Schulterapparats verkürzt als auch der bohnengroße Granatsplitter entfernt worden sind, weitergehende Hinweise zu der vom Kläger angenommenen Lage des Granatsplitters entnommen werden könnten, hält der Senat angesichts der vorliegenden vielfachen Befunde für äußerst unwahrscheinlich. Im Übrigen ist dieser Operationsbericht, der in der Vergangenheit nie an den Beklagten weitergegeben worden ist, zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr vorhanden (so die Auskunft der Klinik an den Kläger). Der Grundsatz der objektiven Beweislast verbietet es, bei Unauffindbarkeit des Operationsberichts vom Nachweis der Behauptung des Klägers auszugehen.

* 2. Theorie: Die Verkapselung des dicht hinter dem Oberarmkopf liegenden Granatsplitters hat den Oberarmkopf weggedrückt und damit die Luxationen nach sich gezogen.

Wie die Gutachterin Dr. B. überzeugend ausgeführt hat, handelt es sich bei dieser Theorie nicht um „Allgemeinwissen“, wie dies der Kläger meint, sondern um eine reine Spekulation und den laienhaften Versuch des Klägers, die vorliegende Befunddokumentation für seine Bedürfnisse umzudeuten, also um Vermutungen ohne irgendeine medizinisch nachvollziehbare Begründung.

Keinerlei Erkenntnisse lassen sich den vom Kläger vorgelegten „Attesten“ seines behandelnden Arztes Dr. L. entnehmen. Dieser Arzt behauptet - auch in Kenntnis des überzeugend begründeten Gutachten von Dr. B. - ohne irgendeine weitergehende Begründung nur mit Hinweis auf das Nichtvorliegen von Arthrose bei der anderen Schulter einen Zusammenhang zwischen der Granatsplitterverletzung und dem jetzt vorliegenden Schulterschaden rechts. Irgendwelche Ansatzpunkte, von der Richtigkeit der Atteste auszugehen, gibt es nicht. Unterstellt man zugunsten dieses Arztes, dass er mit seinen Attesten nicht absichtlich falsche Bescheinigungen ausgestellt hat oder Erwartungen und Wünsche seines Patienten erfüllen wollte, kann nur angenommen werden, dass ihm die Vorgeschichte insbesondere mit den Schulterluxationen unbekannt ist oder ihm schon die für eine Zusammenhangsbeurteilung erforderlichen Grundkenntnisse fehlen.“

Die Richtigkeit der damaligen Beurteilung - auch darauf weist der Senat wiederum nur zum besseren Verständnis des Klägers außerhalb des hier maßgeblichen rechtlichen Prüfungsrahmens hin - ergibt sich auch aus der zwischenzeitlich eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme. So hat die Chirurgin L. am 06.02.2014 nochmals ausführlich und überzeugend erläutert, dass sich ein Zusammenhang zwischen Schussverletzung und Arthrose der rechten Schulter nicht herstellen lasse. Würde man aufgrund der vom Kläger dargestellten Armhaltung unterstellen, dass Humeruskopf und Glenoid verletzt worden seien, hätte dies sofort eine ausgeprägte Destruktion des Gelenks nach sich gezogen und eine sportliche Betätigung unmöglich gemacht. Der Kläger hat aber selbst angegeben, nach dem Krieg mehrere Jahre lang Leistungssport betrieben und keine Schulterbeschwerden gehabt zu haben. Auch dass auf der linken Seite keine so ausgeprägte Arthrose vorliegt, steht einer Ablehnung eines Zusammenhangs zwischen Schussverletzung und Arthrose an der rechten Schulter nicht entgegen. Denn seitenungleiche Gelenkverschleiße sind in der Medizin hinlänglich bekannt. Wenn der behandelnde Orthopäde auch in aktuellen (Gefälligkeits-?)Attesten für den Kläger Anderes zum Zusammenhang behauptet, fehlt dem jegliche nachvollziehbare Begründung. Ohne Zweifel liegt die Ursache für die Arthrose des Schultergelenks in den vor über 40 Jahren erfolgten habituellen Luxationen der Schulter, die die behandelnden Ärzte des Klägers auf die zu flache Schulterpfanne und die zu langen Bänder, die bei der Operation am 30.11.1973 gekürzt worden sind mit der Folge, dass danach keine Luxationen mehr stattgefunden haben, zurückgeführt haben.

4.3.2. Schwerhörigkeit links

Die vom Kläger geltend gemachte Schwerhörigkeit links kann - wie bereits die Schulterbeschwerden (vgl. oben Ziff. 4.3.1) - bereits aus Rechtsgründen keine Berücksichtigung im Rahmen des Antrags gemäß § 48 SGB X finden. Denn bereits dem mit Bescheid vom 14.02.2007 abgelehnten Verschlimmerungsantrag hat eine Minderung des Hörvermögens links zugrunde gelegen. Da insofern bereits eine bestandskräftige Ablehnungsentscheidung des Beklagten vorliegt, ist eine Anerkennung über einen weiteren Verschlimmerungsantrag nicht möglich; ein Überprüfungsverfahren hingegen ist nicht Streitgegenstand (s. o. Ziff. 3.).

Gleichwohl weist der Senat, um beim Kläger keine Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Entscheidung aufkommen zu lassen, nochmals auf seine Ausführungen im Urteil vom 18.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10, hin, in dem der Senat zu diesem Gesichtspunkt Folgendes ausgeführt hat:

„Die Schwerhörigkeit links, die sich erst Jahrzehnte nach dem schädigenden Ereignis entwickelt hat, kann schon wegen des großen zeitlichen Abstands nicht mehr auf das schädigende Ereignis zurückgeführt werden; traumatische/lärmbedingte Hörschäden entwickeln sich typischerweise in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Lärmexposition (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 323 ff, 330 f). Irgendein Zusammenhang mir dem schädigenden Ereignis lässt sich nicht herstellen. Vielmehr handelt es sich, wie der Gutachter Dr. K. überzeugend ausgeführt hat, um eine typische Altersschwerhörigkeit. Dass diese bei den Brüdern des Klägers möglicherweise nicht in dieser Form vorliegt, vermag die Richtigkeit der Einschätzung nicht in Zweifel zu ziehen.“

Die Richtigkeit der damaligen Beurteilung - darauf weist der Senat wiederum lediglich zum besseren Verständnis des Klägers außerhalb des hier maßgeblichen rechtlichen Prüfungsrahmens hin - ergibt sich auch aus den zwischenzeitlich eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahmen. Sowohl der HNO-Arzt Dr. E. (Stellungnahme vom 01.02.2014) als auch der HNO-Arzt Dr. N. (Stellungnahme vom 19.05.2014) haben überzeugend erläutert, dass die mehrere Jahrzehnte nach dem schädigenden Ereignis eingetretene Hörverschlechterung links auf den Altersabbau des Hörvermögens zurückzuführen ist und sich gegenüber den Vorgutachten und den Ausführungen im Urteil des Senats vom 18.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10, keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben.

Die Berufung kann daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Von der Verhängung von Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG hat der Senat abgesehen, obwohl die Rechtslage völlig eindeutig ist und es dem Kläger, wie seinem Schreiben vom 29.01.2014 zu entnehmen ist, überhaupt nicht um einen Verschlimmerungsantrag im Sinn des § 48 SGB X, wie er alleiniger Verfahrensgegenstand ist, geht, wenn er dort Folgendes ausführt:

„In Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 09.01.2015 geht es nicht um einen Verschlimmerungsantrag, sondern um die Anerkennung einer Kriegsverletzung, die durch angeschleimte Gutachter stets abgeleugnet worden ist.“

Der Kläger muss sich aber bewusst sein, dass bei einem erneuten, gleichgelagerten Verschlimmerungsantrag die Verhängung von Verschuldenskosten wohl kaum vermeidbar sein dürfte.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - L 15 VK 6/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - L 15 VK 6/14

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - L 15 VK 6/14 zitiert 16 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 192


(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass 1. durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mün

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 1


(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädig

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 31


(1) Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen1.von 30in Höhe von 171 Euro,2.von 40in Höhe von 233 Euro,3.von 50in Höhe von 311 Euro,4.von 60in Höhe von 396 Euro,5.von 70in Höhe von 549 Euro,6.von 80in Höhe v

Zivilprozessordnung - ZPO | § 47 Unaufschiebbare Amtshandlungen


(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten. (2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Verta

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 60


(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend. (2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 43 Verlust des Ablehnungsrechts


Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 32


(1) Schwerbeschädigte erhalten eine Ausgleichsrente, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustands oder hohen Alters oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grund eine ihnen zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfa

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - L 15 VK 6/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - L 15 VK 6/14 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - V ZB 128/11

bei uns veröffentlicht am 17.08.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 128/11 vom 17. August 2011 in dem Zwangsversteigerungsverfahren Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof.

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Jan. 2015 - L 15 VK 8/14 ER

bei uns veröffentlicht am 05.01.2015

Tenor I. Der Antrag vom 26.11.2014 auf Gewährung von Versorgungsrente nach einem GdS von 80 ab 1974 und nach einem GdS von 100 ab 19.12.2007 sowie von Berufsschadensausgleich ab dem 09.06.2008 im Wege einer einstweiligen Anordnung wird

Bundessozialgericht Beschluss, 14. Nov. 2013 - B 9 SB 43/13 B

bei uns veröffentlicht am 14.11.2013

Tenor Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 7. Mai 2013 aufgehoben.

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 09. Apr. 2013 - 13 U 195/12

bei uns veröffentlicht am 09.04.2013

Tenor 1. Das gegen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., Richter am Oberlandesgericht A. und Richter am Oberlandesgericht Dr. M. gerichtete Ablehnungsgesuch der Klägerin wird als unzulässig verworfen. 2. Die Berufung der Kl

Bundessozialgericht Beschluss, 07. Apr. 2011 - B 9 SB 45/10 B

bei uns veröffentlicht am 07.04.2011

Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2010 aufgehoben.

Referenzen

(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.

(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch

a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung,
b)
eine Kriegsgefangenschaft,
c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit,
d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist,
e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen,
f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.

(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag vom 26.11.2014 auf Gewährung von Versorgungsrente nach einem GdS von 80 ab 1974 und nach einem GdS von 100 ab 19.12.2007 sowie von Berufsschadensausgleich ab dem 09.06.2008 im Wege einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Versorgungsrente nach einem Grad der Schädigung (GdS) von 80 ab 1974 und nach einem GdS von 100 ab 19.12.2007 sowie von Berufsschadensausgleich ab dem 09.06.2008.

Er erhält als Kriegsbeschädigter Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Mit Bescheid vom 19.02.2014 lehnte der Antragsgegner den „Verschlimmerungsantrag“ des Antragstellers vom 12.08.2013 auf Aufhebung der mit Bescheid vom 20.01.1975 zur Versorgung getroffenen Entscheidung (Versorgung nach einem GdS von 50) und Gewährung einer Versorgung nach einem höheren GdS ab. Der Antragsgegner begründet dies damit, dass sich eine wesentliche Änderung im Sinn des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht ergeben habe.

Widerspruch und Klage dagegen blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 03.06.2014, Urteil des Sozialgerichts [SG] München vom 09.09.2014), derzeit ist die Berufung des Antragstellers beim Senat anhängig.

Mit Schreiben vom 26.11.2014 hat der Antragsteller beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) „Antrag auf Erlass einer baldigen Entscheidung ... und Erlass einer Regulierungsanordnung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes“ gestellt. Begründet hat er diesen Antrag lediglich damit, dass die Entscheidungen des Antragsgegners und des SG offenkundig rechtsfehlerhaft seien.

Im Übrigen wird zum Sachverhalt ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten des Bayer. LSG auch im Berufungsverfahren und des SG München sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutz ist, sofern er nicht bereits unzulässig ist, unbegründet.

Soweit es nicht schon am Rechtsschutzbedürfnis fehlt und der Antrag deshalb unzulässig ist, ist jedenfalls ein Anordnungsgrund nicht gegeben.

1. Ziel des Antragstellers

Der Beschwerdeführer begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Gewährung von Versorgung nach dem BVG auf der Grundlage eines höheren GdS als bislang seit 1974 bis heute sowie die Gewährung von Berufsschadensausgleich seit dem 09.06.2008.

2. Voraussetzungen einer einstweilige Anordnung - Allgemeines

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Eine solche Regelungsanordnung setzt sowohl einen Anordnungsgrund (Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung) als auch einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) voraus. Sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung; vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86 b, Rdnr. 41).

3. Prüfung der Voraussetzungen im vorliegenden Fall

3.1. Sofern der Antragsteller die Gewährung von Versorgung auf der Grundlage eines höheren GdS seit 1974 bis zum Verschlimmerungsantrag vom 12.08.2013 sowie die Gewährung von Berufsschadensausgleich seit dem 09.06.2008 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, fehlt bereits das Rechtsschutzbedürfnis; sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist insofern unzulässig.

Zwar ist es gemäß § 86 b Abs. 3 SGG nicht erforderlich, dass die Hauptsache bereits bei Gericht anhängig ist. Gleichwohl ist aber der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anforderung regelmäßig unzulässig, wenn der Antragsteller vorher sein Begehren nicht an den zuständigen Verwaltungsträger herangetragen hat. Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 30.10.2009, Az.:

1 BvR 2442/09, wie folgt begründet:

„Es ist von Verfassung wegen nicht zu beanstanden, wenn der Zugang zu Gericht davon abhängig gemacht wird, dass für das Rechtsschutzbegehren ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 104, 220 <232>). Wenn die Fachgerichte dabei auch berücksichtigen, ob sich der Rechtsschutzsuchende schon an die Verwaltung gewandt hat, und das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich verneinen, wenn dies unterblieben ist (vgl. dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 26b; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 123 Rn. 22 m. w. N.), stößt dies auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insofern gebietet Verfassungsrecht keine andere Handhabung des Zugangs zum fachgerichtlichen Rechtsschutz als für das Verfassungsbeschwerdeverfahren (vgl. insoweit BVerfGK 6, 276 <280>). Ob ausnahmsweise eine Vorbefassung der zuständigen Behörde entbehrlich ist, haben zuvörderst die Fachgerichte zu beurteilen.“

Eine derartige Situation - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne vorhergegangene Befassung des Antragsgegners - liegt hier vor. Der Antragsgegner hat, dem Antrag des Antragstellers vom 12.08.2013 folgend, die Frage der Verschlimmerung mit Wirkung ab Antragseingang geprüft, nicht aber gemäß § 44 SGB X die Frage der Versorgung auf der Grundlage eines höheren GdS seit 1974 bis zum Verschlimmerungsantrag vom 12.08.2013 sowie die Gewährung von Berufsschadensausgleich seit dem 09.06.2008; beides hat der Antragsteller erstmals im sozialgerichtlichen Verfahren mit Zielrichtung auf die dortige Urteilsfindung beantragt, bisher aber zu keinem Zeitpunkt beim Antragsteller. Ein Grund, ausnahmsweise vom Gebot einer der Beantragung gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes vorhergehenden Antragsstellung beim Antragsgegner abzusehen, ist nicht ersichtlich.

Dass dem Begehren des Antragstellers nach Versorgung nach einem höheren GdS vor seinem Verschlimmerungsantrag ab 1974 (gewünschter GdS 80) bzw. ab dem 19.12.2007 (gewünschter GdS 100) im Übrigen auch die Erfolgsaussichten im Rahmen eines bislang nicht gestellten Überprüfungsantrags gemäß § 44 SGB X fehlen würden, kann den Feststellungen im Urteil des Senatsvom 18.08.2011, Az.: L 15 VK 7/10, das in Sachen des Antragstellers ergangen ist, zweifelsfrei entnommen werden.

3.2. Wenn der Antragsteller die Gewährung von Versorgung auf der Grundlage eines höheren GdS ab dem Verschlimmerungsantrag vom 12.08.2013 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, ist kein Anordnungsgrund ersichtlich; der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist insofern unbegründet.

Ein Anordnungsgrund wäre nur dann gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft machen könnte, dass ihm ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar wäre. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Eine besondere Eilbedürftigkeit bezüglich der Erhöhung der Versorgungsrente nach dem BVG ist nicht erkennbar; es ist nicht ersichtlich, welche schwerwiegenden Nachteile dem Beschwerdeführer drohen sollten, wenn seinem Begehren nicht sofort entsprochen wird. Vor diesem Hintergrund ist es dem Beschwerdeführer zuzumuten, dass die Klärung seiner Ansprüche dem gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt (vgl. Beschlüsse des Senats vom 30.10.2013, Az.: L 15 VG 35/13 ER, und vom 11.02.2014, Az.: L 15 VK 2/13 B ER).

Gemäß § 124 Abs. 3 SGG bedurfte es keiner mündlichen Verhandlung.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Streitig ist die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG".

2

Mit Bescheid vom 22.6.1994 stellte das Amt für Familie und Soziales L. fest, dass bei der 1955 geborenen Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 besteht und die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" vorliegen. Einen Antrag der Klägerin auf Feststellung eines GdB von 100 und der Voraussetzungen der Merkzeichen "H" und "RF" lehnte das Amt durch Bescheid vom 6.5.1998 ab. Die dagegen gerichtete Klage und die Berufung der Klägerin waren ohne Erfolg (abschließendes Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 2.7.2003 - L 1 SB 67/00 -).

3

Im August 2004 beantragte die Klägerin die Erhöhung des GdB auf 100 sowie die Feststellung der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG". Diesen Antrag lehnte das Amt für Familie und Soziales L. mit Bescheid vom 31.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales vom 15.11.2005 ab, weil eine wesentliche Änderung der Verhältnisse gegenüber 1994 nicht vorliege.

4

Nach Beiziehung verschiedener ärztlicher Unterlagen und Anhörung der Beteiligten hat das von der Klägerin angerufene Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage durch Gerichtsbescheid vom 13.11.2007 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG weitere ärztliche Befundberichte sowie von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten des Sachverständigen Dr. E. vom 19.11.2008 und auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ein orthopädisches Gutachten der Sachverständigen Dr. B. vom 28.8.2009 - jeweils mit einer ergänzenden Stellungnahme - eingeholt.

5

           

In der mündlichen Verhandlung am 17.2.2010 hat die Klägerin neben ihrem Sachantrag "vorsorglich" beantragt, ihre Tochter, Frau C., zu hören zu ihrer Benutzung von zwei Unterarmgehstützen außerhalb des Hauses und auch zu ihrem Laufverhalten innerhalb der Wohnung. Das LSG hat nach Beratung über die Berufung folgende Erklärung zu Protokoll gegeben:

"Das Gericht weist nach Wiedereintritt in die Verhandlung um 11:05 Uhr die Beteiligten darauf hin, dass sämtliche Gutachter bestätigt haben, dass die Klägerin sich nur unter Schmerzen erheblicher Art vom ersten Schritt außerhalb Kraftfahrzeuges fortbewegen kann. Sie nimmt seit Jahren Schmerzmedikamente ein, auch Opium. Die Chronifizierung des Schmerzes hat sich auch im Laufe der Jahre verschlechtert und es sind neue Schmerzen hinzugekommen durch das Gehverhalten der Klägerin bedingt, so im Ellenbogenbereich, im Handgelenkbereich und im Schultergelenkbereich, so dass nach der Begutachtung von Frau Dr. B. und des beschriebenen Gehverhaltens der Klägerin wohl davon auszugehen ist, dass spätestens ab Begutachtung von Frau Dr. B. von einer Fortbewegung der Klägerin unter ständigen Schmerzen außerhalb des Kraftfahrzeuges mit zwei Gehhilfen auszugehen ist."

6

           

Sodann haben sich die Beteiligten dazu bereit erklärt, nachfolgenden Vergleich zu Beendigung des Rechtsstreites zu schließen:

        

1.    

Der Beklagte erkennt an, dass bei der Klägerin ab 17.02.2010 die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "aG" vorliegen.

        
        

2.    

Die Beteiligten erklären im Übrigen übereinstimmend das Berufungsverfahren für erledigt.

        
        

3.    

Der Beklagte übernimmt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.

        
        

4.    

Der Beklagte behält sich den Widerruf des Vergleiches bis zum 17.03.2010 vor.

        
7

Ferner haben die Beteiligten für den Fall, dass der Vergleich widerrufen wird, einen Verzicht auf weitere mündliche Verhandlung erklärt.

8

Nach fristgerechtem Widerruf des Vergleichs durch den beklagten Landkreis hat das LSG die Sachverständige Dr. B. als behandelnde Ärztin der Klägerin ergänzend befragt. Diese hat sich unter dem 3.6.2010 dahin geäußert, dass die Schmerzmittelmedikation seit dem 28.8.2009 nicht geändert worden sei, die Klägerin beim Gehen Schmerzen im Bereich der Extremitäten verspüre (Hinweis auf das Gutachten zu Punkt 5) und dieser Zustand seit mindestens eineinhalb Jahren bestehe.

9

Durch Urteil vom 7.7.2010 hat das LSG ohne mündliche Verhandlung die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Nach Darstellung der rechtlichen Grundlagen sowie der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Merkzeichen "aG" hat das LSG unter Zugrundelegung der Beurteilung des Sachverständigen Dr. E. die Auffassung vertreten, dass eine Gleichstellung der Klägerin mit den in der einschlägigen Verwaltungsvorschrift aufgelisteten Personengruppen (Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartrikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außer Stande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind) nicht vorgenommen werden könne. Zwar habe die Sachverständige Dr. B. ähnliche Befunde wie Dr. E. erhoben. Ihrer Einschätzung der Gehfähigkeit der Klägerin sei indes nicht zu folgen.

10

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Ihr Beweisantrag auf Vernehmung der Tochter sei nicht berücksichtigt worden. Darin liege auch eine Verletzung der tatrichterlichen Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG. Nach den in der mündlichen Verhandlung am 17.2.2010 gegebenen Hinweisen habe das LSG mit seinem Urteil ebenfalls das aus dem Rechtsstaatsgebot folgende Verbot widersprüchlichen Verhaltens verletzt. Zudem stelle die Entscheidung des LSG eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar. Für den Verzicht der Klägerseite auf eine mündliche Verhandlung sei damit zugleich die Geschäftsgrundlage weggefallen. Eine weitere mündliche Verhandlung sei zwingend erforderlich gewesen.

11

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet.

12

Der von der Klägerin schlüssig gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung des § 124 Abs 2 SGG(Urteil ohne mündliche Verhandlung) liegt vor. Er führt gemäß § 160a Abs 5 SGG zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.

13

Ob die behauptete Verletzung des § 62 SGG (rechtliches Gehör) vorliegt, kann offenbleiben. Zudem muss nicht entschieden werden, ob das LSG in gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG relevanter Weise gegen § 103 SGG (Sachaufklärungspflicht) verstoßen hat. Denn die Klägerin macht jedenfalls mit Recht geltend, dass angesichts des Verfahrensganges eine "weitere mündliche Verhandlung" erforderlich gewesen sei und dass für ihre "Verzichtserklärung" betreffend eine weitere mündliche Verhandlung die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Sie hat damit sinngemäß eine Verletzung des § 124 Abs 2 SGG gerügt, die auch vorliegt. Das LSG hätte nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil der von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 17.2.2010 erklärte "Verzicht auf weitere mündliche Verhandlung" im Hinblick auf den weiteren Gang des Verfahrens nicht mehr tragfähige Grundlage für eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gewesen ist.

14

Nach allgemeiner Auffassung verliert die Einverständniserklärung nach § 124 Abs 2 SGG ihre Wirksamkeit, wenn sich die Prozesslage wesentlich ändert(s nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 124 RdNr 3d mwN). Das ist der Fall, wenn die Tatsachen- oder die Rechtsgrundlage eine andere wird, zB wenn Zeugen vernommen oder Auskünfte eingeholt werden (Keller, aaO, RdNr 3e mwN). Da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 124 Abs 1 SGG der prozessrechtliche Regelfall ist und die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung die Ausnahme darstellt, muss das Gericht im Entscheidungszeitpunkt von Amts wegen das Bestehen eines wirksamen Einverständnisses nach § 124 Abs 2 SGG prüfen. Die Beteiligten sind daher bei Eintritt einer wesentlichen Änderung der Prozesslage nicht gehalten, das Gericht darauf hinzuweisen, dass ihre Einverständniserklärung unwirksam geworden ist, oder gar ihre Einverständniserklärung dem Gericht gegenüber ausdrücklich zu widerrufen (vgl § 128 Abs 2 Satz 1 ZPO, der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren trotz der dort in § 101 VwGO mit § 124 SGG wortlautgleichen Vorschrift für anwendbar gehalten wird; s Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl 2009, § 101 RdNr 8).

15

Das am 17.2.2010 sinngemäß erklärte Einverständnis der Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) ist hier im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung am 7.7.2010 nicht mehr wirksam gewesen, weil sich die Prozesslage jedenfalls dadurch wesentlich geändert hatte, dass das LSG nach dem Widerruf des Vergleichs durch den Beklagten eine weitere Beweiserhebung durchgeführt hat. Es hat nämlich eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. B. vom 3.6.2010 eingeholt und bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt.

16

Auf dieser Verletzung des § 124 Abs 2 SGG kann das angefochtene Urteil beruhen(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), denn es ist nicht auszuschließen, dass das LSG bei prozessordnungsgerechter Sachbehandlung zu einer anderen, der Klägerin günstigeren Entscheidung gelangt wäre. Insbesondere hätte die Klägerin in einer weiteren mündlichen Verhandlung ua auch die Möglichkeit gehabt, ihren Beweisantrag zu wiederholen.

17

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 7. Mai 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Sache noch über die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" für die Zeit ab Juni 2010. Einen entsprechenden Anspruch der Klägerin hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) mit Urteil seiner Berichterstatterin vom 7.5.2013 ohne mündliche Verhandlung verneint. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt, die sie mit dem Vorliegen eines Verfahrensmangels, nämlich einer Verletzung des § 124 Abs 2 SGG, begründet(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

2

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig. Der von der Klägerin gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung des § 124 Abs 2 SGG ist iS des § 160a Abs 2 S 3 SGG hinreichend bezeichnet.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch begründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt vor. Das LSG hätte unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles am 7.5.2013 über die Berufung der Klägerin nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil in diesem Zeitpunkt eine wirksame Einverständniserklärung der Klägerin nach § 124 Abs 2 SGG nicht vorlag.

4

Nach § 124 Abs 1 SGG entscheidet das Gericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. Gemäß § 124 Abs 2 SGG kann das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten(s § 69 SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

5

Es kann dahinstehen, ob die von der Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2012 am 23.11.2012 gegenüber dem LSG abgegebene Einverständniserklärung, "ohne mündliche Verhandlung gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG" zu entscheiden, neben dem Einverständnis einer Entscheidung durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter auch ein Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung iS von § 124 Abs 2 SGG enthielt. Selbst wenn man davon - insbesondere im Hinblick auf die Rechtskundigkeit der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin - ausgeht, hatte diese Einverständniserklärung wegen einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ihre Wirksamkeit verloren (s nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 124 RdNr 3c mwN; s Beispiele bei Keller, aaO, RdNr 3e).

6

Eine für die Klägerin wesentliche Änderung der Prozesslage ist hier dadurch eingetreten, dass das LSG nach dem 23.11.2012 durch Einholung eines ärztlichen Befundberichts Ermittlungen durchgeführt sowie mit Schreiben vom 21.1.2013 die Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf die Aussichtslosigkeit der Berufung hingewiesen und angefragt hat, ob das Berufungsverfahren fortgeführt werden soll. Vor einer Entscheidung über die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung hätte das LSG demzufolge eine erneute Einverständniserklärung der Klägerin nach § 124 Abs 2 SGG einholen müssen, was indes nicht geschehen ist.

7

Da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, macht der Senat von dem ihm gemäß § 160a Abs 5 SGG eingeräumten Ermessen zur Verfahrensbeschleunigung Gebrauch und verweist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück.

8

Das LSG wird bei Abschluss des wieder eröffneten Berufungsverfahrens auch über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden haben.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.

(2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 128/11
vom
17. August 2011
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof.
Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 13. April 2011 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt für die Gerichtskosten 180.000 €, für die Vertretung der Beteiligten zu 1 und zu 2 220.000 € und 90.000 € für die Vertretung des Beteiligten zu 8.

Gründe:

I.

1
Die Beteiligten zu 1 und zu 2 (im Folgenden: Schuldner) sind die im Grundbuch des im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücks eingetragenen Eigentümer. Auf Antrag der Beteiligten zu 4 ordnete das Amtsgericht im Dezember 2008 die Zwangsversteigerung dieses Grundstücks an.
2
Einen Antrag der Schuldner auf Einstellung der Zwangsversteigerung gemäß § 30a ZVG und § 765a ZPO, den diese unter anderem mit einer lebens- bedrohlichen Erkrankung ihrer Tochter und deren stationärer Behandlung im Universitätsklinikum A. begründeten, wies das Amtsgericht im Januar 2009 zurück; die Beschwerde gegen diese Entscheidung nahmen die Beteiligten zu 1 und zu 2 im April 2009 zurück.
3
Nach der Bestimmung des Versteigerungstermins auf den 15. April 2010 stellten die Schuldner erneut einen Antrag auf Einstellung der Zwangsverstei- gerung nach § 765a ZPO wegen der Erkrankung ihrer Tochter an „anorexia nervosa“ (Magersucht) unter Beifügung eines Attestes der diese behandelnden Kinder- und Jugendpsychotherapeutin. Mit Beschluss vom 26. April 2010 hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 8 und zu 9 als Meistbietenden den Zuschlag erteilt und den Einstellungsantrag der Schuldner zurückgewiesen. Das Landgericht hat nach Einholung von zwei Gutachten einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie die sofortige Beschwerde der Schuldner zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit der die Schuldner ihren Antrag auf Aufhebung des Zuschlags weiter verfolgen.

II.

4
Das Beschwerdegericht meint, nach den eingeholten Gutachten der Sachverständigen könne nicht festgestellt werden, dass - wie von den Schuldnern vorgetragen - als Folge der Zuschlagserteilung eine akute Lebens- oder ernstliche Gesundheitsgefahr für ihre an Magersucht erkrankte Tochter zu besorgen sei. Die Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, dass aus kinder - und jugendpsychiatrischer Sicht nicht zu erwarten sei, dass sich die Erkrankung bei Fortführung der Zwangsversteigerung verschlimmern und dadurch eine lebensbedrohliche Situation entstehen werde. Hinweise auf eine Selbsttötungsabsicht der Tochter der Schuldner gebe es nicht. Die Sachverständige sehe in der Klärung der derzeit unklaren Wohnperspektive auch eine Chance für eine weitere Genesung der Tochter der Schuldner, die eine hohe Loyalität gegenüber ihrer Familie zeige und durch Festhalten an ihrer Essstörung Verantwortung für den Verbleib im Wohnhaus übernommen habe.
5
Der gleichwohl - möglicherweise - verbleibenden Gefahr einer (nach der Einschätzung der Sachverständigen unwahrscheinlichen) Verschlechterung der Erkrankung als Folge der Zuschlagserteilung sei bei einer umfassenden Abwägung der Interessen von Schuldner, Gläubiger und Ersteher anders als durch die Versagung des Zuschlags zu begegnen. Soweit eine Exazerbation der essstörungsspezifischen Symptomatik eintreten und deswegen eine temporäre teiloder vollstationäre Behandlung notwendig werden sollte, sei diese der Tochter der Schuldner und diesen als deren Erziehungsberechtigten zuzumuten, weil auch der Gefährdete gehalten sei, die zur Abwendung einer Verschlechterung seines Gesundheitszustands erforderlich werdenden Maßnahmen zu ergreifen.

III.

6
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
7
1. Die form- und fristgerecht (§ 575 ZPO) eingelegte Rechtsbeschwerde ist allerdings nur wegen der Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassung (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO) als statthaft zu behandeln; die Entscheidung des Beschwerdegerichts lässt die an Allgemeinbelange gebundene Beschränkung des Zugangs zur Rechtsbeschwerde durch die in § 574 Abs. 2 ZPO bestimmten Zulassungsgründe außer Acht (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, WM 2011, 74).
8
a) Der in dem angefochtenen Beschluss genannte Zulassungsgrund, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), liegt offensichtlich nicht vor.
9
Für das Beschwerdegericht kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde aus diesem Zulassungsgrund nur in den Fällen der Divergenz in Betracht, wenn also seine Entscheidung von derjenigen eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292). Dazu ist in dem angefochtenen Beschluss nichts ausgeführt und auch nicht ansatzweise etwas erkennbar.
10
Soweit dieser Zulassungsgrund auch andere Fallgruppen erfasst, nämlich verallgemeinerungsfähige Rechtsfehler, Verstöße gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) und Verletzungen von Verfahrensgrundrechten (insbes. von Art. 103 Abs. 1 GG) vermag dies zwar auf eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) die Zulassung einer Revision durch den Bundesgerichtshof, aber nicht die Zulassung eines Rechtsmittels durch ein Berufungs- oder Beschwerdegericht zu begründen. Solche Fehler, die das Vertrauen in die Rechtsprechung zu schädigen geeignet sind (vgl. Senat, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 295), hat nämlich jedes Gericht tunlichst zu vermeiden und nicht nur (vorsorglich) deren Behebung (mit der Zulassung eines Rechtsmittels) durch den Bundesgerichtshof zu ermöglichen.
11
b) Ein Zulassungsgrund ergibt sich schließlich auch nicht aus der in dem Beschluss genannten besonderen Bedeutung, die hier allein deswegen vorliegen könnte, weil eine Gefährdung des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) im Raume steht. Wenn der Gesetzgeber eine Anfechtbarkeit der Beschwerdeentscheidung aus diesem Grund nicht vorgesehen, sondern das Rechtsmittel von dem Vorliegen besonderer Zulassungsgründe abhängig gemacht hat, ist es einem Beschwerdegericht grundsätzlich verwehrt, außerhalb der gesetzlichen Zulassungsgründe eine zusätzliche Instanz zu eröffnen (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, WM 2011, 74).
12
2. Die gesetzeswidrig zugelassene Rechtsbeschwerde ist in der Sache unbegründet.
13
a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass einer Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss nach § 100 Abs. 3 i.V.m. § 83 Nr. 6 ZVG dann stattzugeben ist, wenn wegen eines Vollstreckungsschutzantrags des Schuldners nach § 765a ZPO bereits der Zuschlag wegen einer mit dem Eigentumsverlust verbundenen konkreten Gefahr für das Leben des Schuldners oder eines nahen Angehörigen nicht hätte erteilt werden dürfen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 507 Rn. 23, vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, NJW-RR 2011, 421 Rn. 18 und vom 17. Februar 2011 - V ZB 205/10, NJW-RR 2011, 1000 Rn. 10). Es ist zudem seiner Pflicht nachgekommen, auf den Antrag der Schuldner, die Anhaltspunkte für eine solche Gefahr vorgetragen haben, ein Sachverständigengutachten einzuholen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 2. Dezember 2010 - V ZB 124/10, NJWRR 2011, 419 Rn. 14 und vom 16. Dezember 2010 - V ZB 205/10, NJW-RR 2011, 1000, 1001 Rn. 11).
14
b) Das Beschwerdegericht durfte die Gutachten seiner Entscheidung zugrunde legen. Es liegen keine Gründe vor, die deren Verwertung entgegenstehen.
15
aa) Der von der Rechtsbeschwerde gerügte Verstoß der Sachverständigen gegen § 404a ZPO, weil diese - ohne durch das Gericht ermächtigt worden zu sein - Auskünfte von den die Tochter der Schuldner behandelnden Personen (Arzt und Psychotherapeutin) eingeholt und den Entlassungsbericht über deren stationäre Behandlung eingesehen und ausgewertet habe, ist weder begründet noch geeignet, die Unverwertbarkeit der Gutachten zu begründen.
16
Nach den in dem gerichtlichen Beweisbeschluss u.a. gestellten Fragen liegt ein Verstoß gegen die in § 404a ZPO bestimmte Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen durch das Gericht nicht vor. Die Beweisfragen, welche Therapiemaßnahmen sich die Tochter der Schuldnerin unterzogen habe, ob diese bereits Erfolg gehabt hätten und ob sich diese und deren Eltern der Therapie gegenüber aufgeschlossen und kooperativ gezeigt hätten, waren nicht durch Auswertung der Akte des Vollstreckungsverfahrens, sondern nur durch Befragung der behandelnden Ärzten und Psychologen und durch Einsichtnahme in Behandlungsunterlagen zu beantworten. Die Gutachterin war daher gemäß § 404a Abs. 4 ZPO zu solchen Ermittlungen zur Aufklärung der Beweisfrage befugt. Ein Verstoß gegen § 404a ZPO führte im Übrigen auch nicht dazu, dass das Gutachten des Sachverständigen nicht mehr verwertet werden dürfte.
17
bb) Anders ist es nur dann, wenn die Ermittlungstätigkeit des Sachverständigen gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 Abs. 1 ZPO) verstoßen hat oder durch diese Verfahrensgrundrechte eines der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) oder auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt worden sind. Daran fehlt es hier. Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör liegt nicht vor.
18
(1) Ein Sachverständiger, dem im Gutachtenauftrag die Darstellung der Krankengeschichte aufgegeben ist, darf sich die für die Erhebung der Anamnese erforderlichen Befundtatsachen, deren Ermittlung regelmäßig seine Sachkunde erfordert, durch Befragung der behandelnden Ärzte und Psychologen und durch Einsichtnahme in die Krankenunterlagen selbst beschaffen (Musielak /Huber, ZPO, 8. Aufl., § 404a Rn. 5; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., vor § 402 Rn. 53; Wieczorek/Schütze/Ahrens, ZPO, 3. Aufl., § 404a ZPO Rn. 16). Er muss allerdings in dem Gutachten die Tatsachen offen legen, auf denen die Beantwortung der Beweisfrage (hier seine Darstellung der Krankengeschichte ) beruht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1960 - III ZR 144/59, VersR 1960, 998, 999; BVerfG, NJW 1995, 40; NJW 1997, 1909), weil nur so eine Überprüfung möglich und zudem sichergestellt ist, dass nicht von einer Partei bestrittene, entscheidungserhebliche Befundtatsachen - ohne die dann notwendig werdende Beweiserhebung darüber (vgl. Senat, Urteil vom 30. Januar 1957 - V ZR 186/55, BGHZ 23, 207, 214; BGH, Urteil vom 13. Juli 1962 - IV ZR 21/62, BGHZ 37, 389, 394) - Grundlage der richterlichen Entscheidung werden.
19
(2) Das (erste) Gutachten der Sachverständigen genügt diesen Anforderungen (das zweite ist von dem Angriff der Rechtsbeschwerde nicht betroffen ). Die Sachverständige hat in diesem Gutachten offen gelegt, wie und von wem sie die Informationen zur Krankengeschichte erlangt hatte. Den Beteiligten waren damit die Grundlagen für die Anamnese in dem Gutachten bekannt.
20
Mit dem von der Rechtsbeschwerde für eine Verfahrensrüge herangezogenen Umstand, dass der im Gutachten auszugsweise wiedergegebene Entlassungsbericht des Universitätsklinikums A. dem Gutachten nicht in Kopie beigefügt worden ist, wird weder eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) noch des aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Gebots eines fairen Verfahrens dargelegt. Diese Verfahrensgrundrechte gebieten, dass den Beteiligten eine Überprüfung der konkreten Befundtatsachen möglich sein muss und sie sich zu diesen äußern können. Dass den Schuldnern der Inhalt des Entlassungsberichts nach der stationären Behandlung ihrer minderjährigen Tochter unbekannt gewesen sei, die Schuldner die Richtigkeit der auszugsweisen Wiedergabe des Inhalts in dem Gutachten bestritten und deswegen die Vorlage des Entlassungsberichts gefordert hätten, ist weder festgestellt noch von der Rechtsbeschwerde vorgetragen worden. Angesichts dessen ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, worin ein Verstoß gegen die Verfahrensgrundrechte der Schuldner begründet sein soll.
21
cc) Das Gutachten ist schließlich nicht deshalb unverwertbar, weil nach Ansicht der Rechtsbeschwerde das Beschwerdegericht bereits das Schreiben der Schuldner an das Gericht vom 10. Dezember 2010 als Ablehnung der Sachverständigen hätte auslegen und bescheiden müssen und nicht nur den den Ablehnungsantrag nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO enthaltenden Anwaltsschriftsatz vom 18. Februar 2011 als verspätet hätte zurückweisen dürfen. Da das Schreiben der Schuldner im Wesentlichen Beweiseinreden enthielt und das Beschwerdegericht von der Verwertung des nach deren Ansicht fachlich mangelhaften und auf unwahren Angaben beruhenden Gutachtens abhalten sollte, kann die von der Rechtsbeschwerde aufgezeigte Auslegungsfrage dahinstehen. Ein solcher vorsorglich (nämlich für den Fall, dass das Gericht das Gutachten wider Erwarten doch verwerten sollte) gestellter Befangenheitsantrag wäre nämlich unzulässig gewesen, weil eine Ablehnung nicht unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt, insbesondere nicht davon abhängig gemacht werden darf, ob das Gericht dem Gutachten folgt oder nicht (vgl. OLG Stuttgart, NJW 1971, 1090; MünchKomm-ZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 406 Rn. 9; Zöller /Greger, ZPO, 28. Aufl., § 406 Rn. 10).
22
c) Das Beschwerdegericht musste auch nicht nach § 412 Abs. 1 ZPO eine Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen.
23
aa) Richtig ist zwar der Hinweis der Rechtsbeschwerde, dass objektive Zweifel an der Unvoreingenommenheit eines von dem Gericht beauftragten Sachverständigen den Beweiswert des Gutachtens so stark beeinträchtigen können, dass der Tatrichter das ihm nach § 412 Abs. 1 ZPO zustehende Ermessen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 258 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98, NJW 1999, 1778, 1779) in pflichtgemäßer Weise nicht anders als durch die Beauftragung eines anderen Sachverständigen ausüben kann (BGH, Urteil vom 12. März 1981 - IVa ZR 108/80, NJW 1981, 2009, 2010).
24
So verhält es sich hier jedoch nicht. Insbesondere der auch von der Rechtsbeschwerde hervorgehobene Umstand, dass die Sachverständige in ihrem ersten Gutachten von wiederholten „frustranen“ Anrufen bei den Schuld- nern zur Kontaktaufnahme berichtet hat, lässt keine berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit der Sachverständigen aufkommen. Der Wahl des Wortes „frustran“ (= vergeblich), was nicht „frustrierend“ (= enttäuschend, deprimierend) bedeutet, ist keine besondere emotionale Befindlichkeit der Sachverständigen zu entnehmen. Im Übrigen haben die Schuldner zumindest die ergänzende Begutachtung der Tochter durch die Sachverständige verzögert, die erst auf den gerichtlichen Hinweis, dass andernfalls eine Beweislastentscheidung zu Ungunsten der Schuldner ergehen werde, durchgeführt werden konnte. Vor diesem Hintergrund bestand für das Beschwerdegericht kein Anlass, wegen der Bemerkung über vergebliche Anrufe zur Kontaktaufnahme von einer Befangenheit der Sachverständigen auszugehen.
25
bb) Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass das Beschwerdegericht sein Ermessen - von der Einholung eines Gutachtens eines anderen Sachverständigen abzusehen - fehlerhaft ausgeübt hätte. Die Sachverständige hat nach zwei Explorationen (im Hause der Schuldner und in der Klinik) eine konkrete Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Tochter durch die Zuschlagserteilung und die Abwicklung des Zwangsversteigerungsverfahrens verneint.
26
Nach dem Beweisergebnis bestand kein Anlass für die Einholung eines weiteren Gutachtens eines anderen Sachverständigen, die nur dann geboten ist, wenn die Sachkunde des bisherigen Gutachters zweifelhaft ist, das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, es Widersprüche enthält oder ein anderer Sachverständiger über Forschungsmittel verfügt, die denen des früheren Gutachters überlegen erscheinen (BGH, Urteil vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98, NJW 1999, 1778, 1779). Solche Umstände sind von der Rechtsbeschwerde nicht dargelegt. http://www.juris.de/jportal/portal/t/1b3x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE315332008&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1b3x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE315332008&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 11 -
27
d) Schließlich lässt auch die - von dem Beschwerdegericht vor dem Hintergrund des nicht vollkommen auszuschließenden Restrisikos einer Verschlechterung des Krankheitsverlaufs vorgenommene - Abwägung zwischen einer Gefährdung des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit und den berechtigten Interessen der Gläubiger und der Ersteher (vgl. BVerfG, NZM 2005, 657, 658 und NJW-RR 2007, 228, 229) keinen Rechtsfehler erkennen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht in diesem (unwahrscheinlichen ) Fall zwar eine teil- oder vollstationäre Behandlung für notwendig , die Gefahr aber im Hinblick auf die dann zu ergreifenden Maßnahmen als beherrschbar angesehen hat. In einem solchen Notfall darf von einer helfenden Unterstützung der minderjährigen bei den Schuldnern lebenden Tochter durch ihre Eltern ausgegangen werden (vgl. BVerfG, NJW-RR 2007, 228, 229), die im Übrigen nach ihrem eigenen Vorbringen für die Aufnahme der Tochter zur stationären Behandlung im Universitätsklinikum A. gesorgt haben.

IV.

28
Durch die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass für eine vorläufige Anordnung gemäß § 765a Abs. 2 i.V.m. § 732 Abs. 2 ZPO auf Aussetzung der Vollziehung des Zuschlagsbeschlusses.

V.

29
1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Schuldner, die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet bei Beschwerden in Zwangsversteigerungsverfahren grundsätzlich nicht statt (s. nur Senat, Beschluss v. 21. Februar 2008 - V ZB 123/07, NJW 2008, 1383,

1384).


30
2. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich für die Gerichtsgebühren nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG und für die Rechtsanwaltsgebühren nach § 26 Nr. 2 und Nr. 3 RVG. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Geilenkirchen, Entscheidung vom 26.04.2010 - 7 K 96/08 -
LG Aachen, Entscheidung vom 13.04.2011 - 3 T 203/10 -

Tenor

1. Das gegen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., Richter am Oberlandesgericht A. und Richter am Oberlandesgericht Dr. M. gerichtete Ablehnungsgesuch der Klägerin wird als unzulässig

verworfen.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 02. November 2012 wird

zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

4. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung: 5.920,84 EUR

Gründe

 
I.
Das aufgrund des nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO ergangenen Hinweises vom 11.03.2013 für den Fall, dass der Senat an seiner darin geäußerten Auffassung festhalten sollte, gegen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., Richter am Oberlandesgericht A. und Richter am Oberlandesgericht Dr. M. gerichtete Ablehnungsgesuch war als unzulässig zu verwerfen, wobei die abgelehnten Richter Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht K. und Richter am Oberlandesgericht A. zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufen waren, nicht hingegen Richter am Oberlandesgericht Dr. M.. Er ist mit Ablauf des 31.03.2013 aus dem Senat ausgeschieden.
1.
Aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens soll ein abgelehnter Richter in den klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert sein und ein aufwändiges und zeitraubendes Ablehnungsverfahren verhindert werden. Dabei soll das vereinfachte Ablehnungsverfahren nur echte Formalentscheidungen ermöglichen oder offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindern, wovon auszugehen ist, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Hingegen scheidet eine Ablehnung als unzulässig aus, wenn - auch nur geringfügiges - Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich ist. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen (BVerfG NJW 2007, 3771 und NJW 2005, 3410; Beschluss vom 11.03.2013 - 1 BvR 2853/11).
2.
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin ist offensichtlich unzulässig. Der Antrag wird für den Fall gestellt, dass der Senat an der im Hinweisbeschluss vom 11.03.2013 geäußerten Auffassung festhalten sollte. Ein Befangenheitsantrag kann jedoch nicht unter einer Bedingung gestellt werden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 42 Rn. 5; BFH, Beschluss vom 18.10.1994 - VIII B 120/93, BFH/NV 1995, 687; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.09.2011 - L 34 SF 392/11, BeckRS 2011, 76535).
Prozesshandlungen müssen eindeutig und unbedingt vorgenommen werden. Von außerprozessualen Bedingungen können sie generell nicht abhängig gemacht werden. Innerprozessuale Bedingungen sind nur zulässig, wenn keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird (allgemein dazu Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., vor § 128 Rn. 20 mit Rechtsprechungsnachweisen). Insbesondere Prozesshandlungen, die unmittelbar auf die Verfahrenslage einwirken, können im Interesse der Rechtssicherheit auch nicht unter einer innerprozessualen Bedingung gestellt werden. Dazu zählt im Hinblick auf § 47 ZPO, wonach ein abgelehnter Richter vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vornehmen darf, die keinen Aufschub gestatten, das Ablehnungsrecht (BFH a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.; Beck’scher Online-Kommentar zur ZPO/Vossler, Stand 15.01.2013, § 44 Rn. 2).
3.
Durch die Verknüpfung mit der Sachentscheidung in der Weise, dass die Richter abgelehnt sein sollen für den Fall, dass sie eine der Klägerin ungünstige Entscheidung treffen wollen, ist das Gesuch zudem rechtsmissbräuchlich. Ein Befangenheitsgesuch darf nicht dazu dienen, Richter, die zu einer konkreten Rechtsfrage eine dem Gesuchsteller missliebige Rechtsauffassung vertreten, aus dem Verfahren zu drängen (LSG Hessen MDR 1986, 436). Es ist nicht mit der Funktion des Ablehnungsgesuchs vereinbar, dieses einzusetzen, um Druck auf die zur Entscheidung berufenen Richter dahin auszuüben, dass sie in dem vom Antragsteller gewünschten Sinne verfahren (BFH a.a.O.). Der Prozessgegner darf nicht der Willkür des Antragstellers ausgesetzt sein und hat ebenfalls Anspruch auf Einhaltung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG).
4.
Damit ist die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch rein formaler Natur und von den noch dem Senat angehörenden abgelehnten Richtern selbst zu treffen, weil es dazu keiner Bewertung der Ablehnungsgründe bedarf (BVerfG a.a.O.).
5.
Die Rechtsbeschwerde war mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen (§ 574 Abs. 2, 3 ZPO).
II.
Die Berufung war - wie im Senatsbeschluss vom 11.03.2013 dargelegt - durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 04.04.2013 führt zu keiner anderen Beurteilung.
1.
Die Kosten des für erledigt erklärten Herausgabebegehrens hat die Klägerin zu tragen, weil sie trotz Erhalt des Schreibens vom 13.02.2012 nebst Beleg über die Auszahlung des Verkaufserlöses, woraus sich ergab, dass der Beklagte nicht mehr im Besitz des Armbandes war, auf Herausgabe klagte, ohne weitere Überprüfungen über den Verbleib des Armbandes angestellt zu haben.
2.
10 
Die Klägerin hat Bösgläubigkeit des Beklagten nicht nachgewiesen. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass der Beklagte bösgläubig war, ebenso wenig aber sicher. Das verkennt die Klägerin. Wenn sie geltend macht, die Bösgläubigkeit nachgewiesen zu haben, ersetzt sie die richterliche Beweiswürdigung nach § 286 ZPO durch ihre für die Entscheidung nicht maßgebliche subjektive Überzeugung und ignoriert berechtigte Zweifel, indem sie nur auf die zu ihren Gunsten eindeutigen Passagen der Zeugenaussagen abstellt, was nach § 286 ZPO nicht zulässig ist, da „unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden“ ist.
a)
11 
Insbesondere verkennt die Klägerin, dass an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin … erhebliche Zweifel bestehen. Auf Vorhalt des Schreibens vom 28.02.2012 erklärte die Zeugin, das Schreiben „so“ nicht zu kennen, ohne auf den weiteren Inhalt einzugehen. Die Zeugin erklärte lediglich, es stimme nicht, dass sie den Beklagten mit der Abholung des Armbandes beauftragt habe. Das kann nur so verstanden werden, als dass die Zeugin die Richtigkeit des Inhalts des Schreibens im Übrigen nicht in Abrede stellt. Hinzu kommt die Aussage der Zeugin, zum Beklagten „eventuell“ gesagt zu haben, er könne von ihr aus mit dem Armband machen, was er wolle. Zwar erklärte sie gleichzeitig, ihm deutlich gemacht zu haben, dass sie hierüber nicht entscheiden könne, da es eine Sache der Erbengemeinschaft sei. Gleichzeitig sagte sie aber nochmals aus, wenn es nach ihr ginge, wäre es egal. Angesichts des nicht komplett in Abrede gestellten Inhalts des Schreibens vom 28.02.2012 kann es daher keineswegs als sicher angesehen werden, dass die Zeugin dem Beklagten die Abholung und Verwertung des Armbands nicht gestattete, zumal sie in Bezug auf das von ihr bekundete einzige Telefonat mit dem Beklagten angab, nicht „genau“ sagen zu können, wer wen anrief, gleichzeitig aber erklärte, sich an das Telefonat „gut“ erinnern zu können, „weil ich ihm nämlich gesagt habe, dass er das Armband … aushändigen soll,“, was widersprüchlich und deshalb wenig glaubhaft erscheint.
b)
12 
Der Zeuge … bekundete anlässlich seiner Vernehmung, mit der Zeugin … und dem Beklagten telefoniert zu haben, wobei ihm beide bestätigt hätten, dass die Zeugin den Beklagten mit der Abholung des Armbands beauftragte und ihm sagte, dass er es behalten könne. Danach habe er mit der Klägerin gesprochen. Nachdem diese nicht zu einem klärenden Gespräch bei der Zeugin … erschienen sei, habe er das Schreiben vom 28.02.2012 entworfen.
c)
13 
Der Zeuge … bekundete, am 28.02.2012 mit dem Zeugen … 2 Stunden telefoniert zu haben, als dieser mit dem unterschriebenen Schreiben vom 28.02.2012 von der Zeugin … gekommen sei.
d)
14 
Wenn das Landgericht nach alledem zu der Überzeugung kam, dass es eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich ist, dass die Zeugin … sich über den Willen der Erblasserin hinweggesetzt und dem Beklagten die Abholung und Verwertung des Armbandes übertragen hat, ist das nicht zu beanstanden, sondern mangels konkreter Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Beweisaufnahme und der Beweiswürdigung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend festgestellt. Die Bedeutung dieser Vorschrift verkennt die Klägerin völlig.
e)
15 
Dass auch Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung des Beklagten bestehen, sieht der Senat durchaus. Diese Zweifel führen jedoch nicht zu der für eine Verurteilung des Beklagten erforderlichen sicheren Überzeugung von der Richtigkeit der Darstellung der Klägerin, die für eine Verurteilung erforderlich wäre.
3.
16 
Die Klägerin beanstandet zu Unrecht, das Landgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das Urteil erging auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2012, wonach der Klägervertreter noch mit Schriftsatz vom 24.10.2012 Stellung nahm. Irgendein Umstand, der der Klägerin nicht bekannt gewesen wäre, zu dem sie nicht Stellung nehmen konnte oder wozu das Landgericht ihre Stellungnahme nicht berücksichtigt hätte, floss in die Entscheidung nicht ein. Daher ist nicht ersichtlich, inwieweit der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt sein könnte.
4.
17 
Da der Senat auch einstimmig davon überzeugt ist, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, eine Entscheidung des Senats weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, war die Berufung mit den sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO ergebenden Nebenfolgen durch Beschluss zurückzuweisen.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Schwerbeschädigte erhalten eine Ausgleichsrente, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustands oder hohen Alters oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grund eine ihnen zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfang oder nur mit überdurchschnittlichem Kräfteaufwand ausüben können.

(2) Die volle Ausgleichsrente beträgt monatlich bei einem Grad der Schädigungsfolgen

von 50 oder 60549 Euro,
von 70 oder 80663 Euro,
von 90797 Euro,
von 100891 Euro.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen

1.
von 30in Höhe von 171 Euro,
2.
von 40in Höhe von 233 Euro,
3.
von 50in Höhe von 311 Euro,
4.
von 60in Höhe von 396 Euro,
5.
von 70in Höhe von 549 Euro,
6.
von 80in Höhe von 663 Euro,
7.
von 90in Höhe von 797 Euro,
8.
von 100in Höhe von 891 Euro.

Die monatliche Grundrente erhöht sich für Schwerbeschädigte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, bei einem Grad der Schädigungsfolgen

von 50 und 60um 35 Euro,
von 70 und 80um 43 Euro,
von mindestens 90um 53 Euro.

(2) Schwerbeschädigung liegt vor, wenn ein Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 50 festgestellt ist.

(3) Beschädigte, bei denen Blindheit als Folge einer Schädigung anerkannt ist, erhalten stets die Rente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100. Beschädigte mit Anspruch auf eine Pflegezulage gelten stets als Schwerbeschädigte. Sie erhalten mindestens eine Versorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 50.

(4) Beschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100, die durch die anerkannten Schädigungsfolgen gesundheitlich außergewöhnlich betroffen sind, erhalten eine monatliche Schwerstbeschädigtenzulage, die in folgenden Stufen gewährt wird:

Stufe I103 Euro,
Stufe II212 Euro,
Stufe III316 Euro,
Stufe IV424 Euro,
Stufe V527 Euro,
Stufe VI636 Euro.


Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Personenkreis, der durch seine Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffen ist, sowie seine Einordnung in die Stufen I bis VI näher zu bestimmen.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.