vorgehend
Sozialgericht Nürnberg, S 17 AS 1400/13, 22.04.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.04.2015 wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Aufwendungen für die Unterbringung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Leistungsberechtigter in einem Frauenhaus.

Frau A. (G.) sowie ihre drei minderjährigen Kinder fanden am 01.05.2013 Aufnahme in dem von der Stadt S. betriebenen A.-W. Frauenhaus. Nach ihren Angaben konnte sie, nachdem sie ein Opfer häuslicher Gewalt geworden war, mit Hilfe der für ihren Wohnort in H-Stadt (L. Kreis) zuständigen Polizei am 15.04.2013 von zu Hause fliehen. Nachdem sie weder in H. noch in H-Stadt in einem Frauenhaus Aufnahme gefunden hatte, zog G. zu einem Onkel nach F-Stadt und eine Woche später zu einem anderen Onkel nach A-Stadt. Auch in dem Frauenhaus der Stadt A. war eine Unterbringung nicht möglich, worauf sich für G. nach einer Internetrecherche Ende April die Möglichkeit eröffnete, in dem Frauenhaus der Stadt S. unterzukommen. Dort war sie in der Zeit vom 01.05.2013 bis zu ihrem Auszug am 01.09.2014.

Auf Antrag vom 10.05.2013 bewilligte der Kläger G. und deren Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) für die Zeit ab dem 01.05.2013 (Bescheid vom 10.05.2013; Zeitraum 01.05.2013 bis 31.10.2013) sowie in der Folge von Weiterbewilligungsanträgen (Antrag vom 18.10.2013 - Bescheid vom 25.10.2013 idF des Bescheides vom 12.12.2013; Zeitraum 01.11.2013 bis 30.04.2014 - Antrag vom 26.03.2014 - Bescheid vom 30.04.2014 idF des Aufhebungsbescheides vom 04.08.2014; Zeitraum 01.05.2014 bis 31.08.2014) weitergehend bis 31.08.2014. Als berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft und Heizung lagen den Bewilligungen die vom Frauenhaus der Stadt S. in Rechnung gestellten Nutzungsentgelte von 12,00 € pro Nacht und Wohneinheit zugrunde, die der Kläger - jeweils nach Rechnungsstellung und durchgehend bis zum Auszug der G. aus dem Frauenhaus zum 01.09.2014 - unmittelbar an den Träger der Unterkunft auszahlte. Unter Beachtung der Kindergeldzahlungen (und ab 01.01.2014 der Zahlungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz - UVG) erbrachte der Kläger im Zeitraum vom 01.05.2013 bis 01.09.2014 an G. und deren Kinder Unterkunftskosten in Höhe jeweils von 3,00 € kalendertäglich (für G. im Zeitraum vom 01.05.2013 bis 31.08.2014 in Höhe von insgesamt 1.464,00 €; für deren Kinder im Zeitraum vom 01.05.2013 bis 31.12.2013 in Höhe von jeweils 735,00 €). Zudem bewilligte der Kläger für zwei Kinder der G. Leistungen zur Bildung und Teilhabe in Höhe von jeweils 70,00 € (Bescheide vom 02.08.2013).

Bereits mit Schreiben vom 10.05.2013 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten unter Hinweis auf § 36a SGB II die Erstattung der durch die Aufnahme der G. im Frauenhaus entstandenen Unterkunftskosten dem Grunde nach geltend. Deren Erstattung lehnte der Beklagte unabhängig von dessen Schreiben vom 10.05.2013 mit Schreiben vom 26.06.2013 und 16.09.2013 ab. G. habe mit ihrer polizeilichen Abmeldung am 20.04.2013 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im L.-Kreis aufgegeben. Damit sei die Zuständigkeit für die Kostenerstattungspflicht entfallen.

Am 04.10.2013 hat der Kläger Klage mit dem Antrag erhoben festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, die kommunalen Kosten für die Zeit des Aufenthaltes der G. und ihrer drei Kinder im Frauenhaus der Stadt S. zu erstatten. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt der G. und ihrer Kinder habe im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gelegen. Nach der Flucht der G. von zuhause und den nachfolgenden Aufenthalten in H-Stadt, F-Stadt und A-Stadt auf der Suche nach einem freien Platz in einem Frauenhaus habe G. anderenorts keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, so dass nach wie vor die sich aus § 36a SGB II ergebende Erstattungspflicht des Beklagten bestehe. Nach einer Verweisung der Klage (Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 12.11.2013) an das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat der Beklagte vorgebracht, dass eine Kostenerstattungspflicht nur dann zum Tragen komme, wenn der bisherige gewöhnliche Aufenthalt nicht aufgegeben werde. Durch ihre Abmeldung nach A-Stadt habe G. aber zum Ausdruck gebracht, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in H-Stadt beenden und einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in A-Stadt begründen wollte. Unabhängig davon sei, soweit sich ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellen lasse, die Kommune zuständig, in der sich der Hilfeempfänger tatsächlich aufhalte. Mit Beschluss vom 23.10.2014 hat das SG die Stadt A. (Beigeladene) als kommunalen Träger der Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen. Der Auffassung des Beklagten haben sowohl der Kläger als auch die Beigeladene entgegengehalten, dass die Fluchtgeschichte der G. und deren kurzfristiger besuchsweiser Aufenthalt in A-Stadt dort keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Ein lediglich tatsächlicher Aufenthalt führe aber weder zu einer Erstattungspflicht nach § 36a SGB II noch beende ein anderweitiger tatsächlicher Aufenthalt die Erstattungspflicht des kommunalen Trägers des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes. Zudem bezifferte der Kläger - nach dem Auszug der G. aus dem Frauenhaus am 01.09.2014 - den vom Beklagten für den Zeitraum vom 01.05.2013 bis 01.09.2014 zu erstattenden Betrag auf 3.809,00 €.

Ohne mündliche Verhandlung hat das SG mit Urteil vom 22.04.2015 den Beklagten verurteilt, an den Kläger 3.809,00 € zu zahlen. Als kommunal zuständiger Träger des bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes sei der Beklagte gemäß § 36a SGB II verpflichtet, dem Kläger die Kosten für die Unterbringung der G. und ihrer Kinder im Frauenhaus zu erstatten. G. habe durch ihre ordnungsbehördliche Abmeldung zwar zum Ausdruck gebracht, nicht mehr nach H-Stadt zurückkehren zu wollen, so dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt aufgegeben habe. Die Erstattungspflicht des Beklagten habe jedoch nicht dadurch geendet, dass G. einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in A-Stadt begründet hätte, da sie sich dort - unabhängig von der ordnungsbehördlichen Meldung - nur vorübergehend aufhalten wollte. Allein der tatsächliche Aufenthalt in A-Stadt beende aber die Erstattungspflicht des Beklagten nicht, denn nach dem Normzusammenhang bestehe diese so lange, bis ein anderer gewöhnlicher Aufenthalt außerhalb eines Frauenhauses begründet werde. Die Höhe der Erstattungsforderung sei rechnerisch nicht zu beanstanden.

Gegen das Urteil hat der Beklagte die vom SG zugelassene Berufung eingelegt. Alle Indizien sprächen für die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes in A-Stadt, nachdem G. von zuhause geflohen war, so dass die Beigeladene erstattungspflichtig sei. Aber auch ohne die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes in A-Stadt bestehe der vom Kläger geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht, denn soweit kein gewöhnlicher Aufenthalt feststellbar sei, sei gemäß § 36 Abs. 3 SGB II die Kommune zuständig, in der sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhalte.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.04.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Das SG habe zutreffend entschieden.

Am 07.12.2015 ist G. als Zeugin uneidlich vernommen und hat angegeben:

"Nach meiner Flucht von zu Hause war ich für einen Tag in einem Frauenhaus in H-Stadt, und nachdem dort kein Platz war, war ich bei einem Onkel in F-Stadt und daran anschließend nochmals ca. 1 Woche bei einem Onkel in A-Stadt. Von A-Stadt aus habe ich dann das Frauenhaus in S. gefunden. Ob und wann ich mich bei der Gemeinde an- oder abgemeldet habe, weiß ich nicht. Wer mich bei der Gemeinde abgemeldet oder angemeldet haben soll, davon habe ich keine Ahnung. Nach A-Stadt bin ich gegangen, weil ich gern in der Nähe von meinen Verwandten sein wollte, wobei F-Stadt nicht in Betracht kam, nachdem mein Mann die Anschrift von meinem Onkel in F-Stadt kannte. Ich wollte auch unbedingt in ein Frauenhaus, um vor meinem Mann in Sicherheit zu sein. Wenn ich kein Frauenhaus gefunden hätte, hätte ich durchaus bei meinem Onkel bleiben können. Ob das eine Dauerlösung gewesen wäre, war jedoch völlig offen. Meine Kinder sind erst in S. zur Schule gegangen. In A-Stadt waren sie nicht in der Schule angemeldet."

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Klägers, des Beklagten und der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die vom SG zugelassene und form- sowie fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), in der Sache aber unbegründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht verurteilt, an den Kläger die vom kommunalen Träger verauslagten Unterkunftskosten der G. und ihrer Kinder in Höhe von insgesamt 3.809,00 € zu erstatten, die anlässlich deren Aufenthaltes im Frauenhaus der Stadt S. in der Zeit vom 01.05.2013 bis 31.08.2014 angefallen sind.

Die Klage ist statthaft als allgemeine Leistungsklage iSd § 54 Abs. 5 SGG. Ein Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern ist ein Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt und vorliegend auch nicht erfolgt ist. Damit war die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich und die Einhaltung einer Klagefrist nicht erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R - BSGE 86, 166ff; Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R - BSGE 90, 1ff)

Die Beteiligten sind zudem prozessführungsbefugt, d. h. sie sind berechtigt den materiellen Anspruch im eigenen Namen gerichtlich zu verfolgen bzw. diesem entgegenzutreten. Für den Kläger als gemeinsame Einrichtung iSd § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II ergibt sich dies aus der gesetzlich angeordneten Aufgabenübertragung (§ 44b Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II; iSe gesetzlichen Prozessstandschaft: vgl. Korte in LPK- SGB II, 5. Aufl., § 44b Rn. 17 m. w. N.), auch wenn es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch nach § 36a SGB II im Ausgangspunkt um ein Recht der Kommune handelt, das mit ihrer auf § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II beruhenden Trägerschaft für die Leistungen korrespondiert (vgl. hierzu eingehend: BSG, Urteil vom 23.05.2012 - B 14 AS 190/11 R - BSGE 111, 72ff). Der Beklagte als zugelassener kommunaler Träger iSd § 6a SGB II nimmt seine Aufgaben selbst wahr und die Beigeladene ist zwar anders als der Beklagte keine Optionskommune; sie handelt jedoch in gewillkürter Prozessstandschaft (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 54 Rn. 11 ff und Leitherer, a. a. O., § 69 Rn.4) für die gemeinsame Einrichtung, der sie selbst angeschlossen ist, den Jobcenter A-Stadt (JC N- Stadt). Auf der Grundlage einer "Vereinbarung über die Erbringung von Aufgaben und Dienstleistungen nach § 44b Abs. 4 und 5 SGB II" vom 09.08.2012 hat sich die Beigeladene unter Punkt II. 3 (Frauenhaus) der Vereinbarung verpflichtet, ua. die gegen den JC N- Stadt gerichteten Kostenerstattungsansprüche anderer kommunaler Träger nach § 36a SGB II für den JC N- Stadt zu bearbeiten, d. h. die kraft Gesetzes auf den JC N-Stadt übertragenen Aufgaben - einschließlich der gerichtlichen Verfolgung - für diesen in eigenem Namen wahrzunehmen. Gründe, die der Prozessführungsbefugnis der Beteiligten entgegenstünden, insbesondere eine Unwirksamkeit der Aufgabenübertragung an die Beigeladene, sind von den Beteiligten weder dargelegt noch nach Lage der Akten ersichtlich.

Das SG hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 3.809,00 € an den Kläger zu erstatten, die dem für die Leistungserbringung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zuständigen kommunalen Träger für die Dauer des Aufenthaltes der G. und ihrer Kinder im Frauenhaus der Stadt S. entstanden sind. Die Verpflichtung des Beklagten ergibt sich aus § 36a SGB II. Hiernach ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus zu erstatten, wenn eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht sucht.

Der Kostenerstattungsanspruch nach § 36a SGB II setzt voraus, dass ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit der kommunalen Träger durch eine Flucht der leistungsberechtigten Frau vom bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort in ein Frauenhaus stattfindet, wobei der kommunale Träger am Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts außerhalb eines Frauenhauses (Herkunftskommune) erstattungsverpflichtet, die Kommune, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich iS des § 36 SGB II das Frauenhaus gelegen ist (aufnehmende Kommune) erstattungsberechtigt ist (vgl. BSG, Urteil vom 23.05.2012 - B 14 AS 190/11 R a. a. O.).

An einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit bestehen nach der Beweisaufnahme durch den erkennenden Senat zumindest für die Zeit ab dem 01.05.2013 keine Zweifel mehr, auch wenn die Ermittlungen des Beklagten zur Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes durch G. unzureichend waren und im Ergebnis nicht tragen.

G. und ihre Kinder hatten - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - bis zu ihrer Flucht aus der Wohnung der Familie am 15.04.2013 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, dem L. Kreis. Soweit der Beklagte darauf abgestellt hatte, dass G. durch ihre ordnungsbehördliche Abmeldung zum 20.04.2013 aus H-Stadt die Aufgabe ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zum Ausdruck gebracht habe, hat sich diese Feststellung nach der Einvernahme der G. nicht bestätigen lassen, denn nach deren Angaben wusste sie weder, dass sie in H-Stadt ab- und in A-Stadt angemeldet worden war, noch konnte sie Angaben dazu machen, wer diese Meldungen möglicherweise vorgenommen hat. Zweifel an diesen Angaben bestehen nicht, nachdem G. anlässlich der Eröffnung eines Girokontos noch am 06.05.2013 ihre vormalige Wohnanschrift in H-Stadt angegeben hatte, wozu keine Veranlassung bestanden hätte, wäre sie selbst davon ausgegangen, zum 20.04.2013 nach A-Stadt umgemeldet zu sein. Insofern ist zwar nicht zweifelsfrei nachzuvollziehen, ob und wann G. bereits vor der Aufnahme in das Frauenhaus ihren gewöhnlichen Aufenthalt im L. Kreis aufgegeben hat. Dies ist jedoch zumindest für die Zeit ab dem 01.05.2013 anzunehmen, denn spätestens ab diesem Zeitpunkt stand durch den gesicherten Aufenthalt im Frauenhaus für G. und ihre Kinder bei perspektivischer Betrachtung fest, wenn nicht auf Dauer, so doch zumindest für einen nicht absehbaren Zeitraum H-Stadt zu verlassen, d. h. den gewöhnlichen Aufenthalt im L. Kreis aufzugeben. Mit dieser Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes in H-Stadt, die erst zum 01.05.2013 zweifelsfrei nachweisbar ist, ist der Kläger für die Leistungserbringung an G. und ihre Kinder nach § 36 Satz 4 SGB II örtlich zuständig geworden, nachdem sich allein durch die Aufnahme in das Frauenhaus zwar die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltsortes nicht feststellen lässt, G. als erwerbsfähige Leistungsberechtigte sich aber tatsächlich im Zuständigkeitsbereich des Klägers aufgehalten hat.

Ausgehend hiervon greift die Erstattungspflicht des Beklagten gemäß § 36a SGB II, denn er ist iS dieser Regelung der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort der G. (und ihrer Kinder). Es ist nicht nachzuweisen, dass der gewöhnliche Aufenthalt der G. (und ihrer Kinder) im L. Kreis vor der Aufnahme im Frauenhaus der Stadt S. geendet hat. Die Flucht einer von häuslicher Gewalt betroffenen Person lässt keinen zwingenden Schluss zu, dass eine Rückkehr zum gewalttätigen Partner grundsätzlich auszuschließen ist, so dass allein der Flucht der G. und ihrer Kinder keine indizielle Wirkung dergestalt beizumessen ist, bereits mit dem Beginn der Flucht habe ein zweifelsfreier Wille der G. bestanden, den gewöhnlichen Aufenthalt im L. Kreis auszugeben. Auch das Vorbringen des Beklagten, G. habe sich nach A-Stadt umgemeldet, ist nicht geeignet, ein Indiz dafür darzustellen, dass G. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im L. Kreis aufgegeben habe. Nach der Einvernahme der G. und ihren glaubhaften Angaben (siehe bereits oben) steht fest, dass sie sich nicht selbst ordnungsbehördlich umgemeldet hat, so dass hieraus ein Wille zur Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes abzuleiten wäre. Darüber hinaus sind keine Indizien ersichtlich, die einen zweifelsfreien Schluss darauf zuließen, zu welchem Zeitpunkt bei G. der Entschluss gereift war, dauerhaft oder zumindest für einen längeren Zeitraum nicht mehr in den L. Kreis zurückzukehren, d. h. den gewöhnlichen Aufenthalt dort aufzugeben. Im Ergebnis ist daher allein auf die objektivierbaren äußeren Umstände abzustellen, die einen Schluss darauf zulassen, G. habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt im L. Kreis aufgegeben. Ein derartiger Wille lässt sich - wie oben bereits dargelegt - jedoch frühestens mit der Aufnahme in das Frauenhaus der Stadt S. objektivieren, so dass bis unmittelbar vor der Aufnahme der G. und ihrer Kinder in S. deren gewöhnlicher Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten lag.

Ausgehend von diesen tatsächlichen Verhältnissen bestehen damit für den erkennenden Senat in Ansehung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. BSG, Urteile vom 25.05.2012 - B 14 AS 156/11 R, B 14 AS 190/11 R - juris) keine Zweifel an der Erstattungspflicht des Beklagten. Hierbei ist es dem Beklagten weder gelungen, nachvollziehbar darzulegen, aufgrund welcher Überlegungen er zu einer anderen Einschätzung der Sachlage gekommen ist, noch hat er es für erforderlich erachtet, im Hinblick auf die im Rahmen mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken des erkennenden Senates, geeignete Beweismittel zu bezeichnen, die seine Sichtweise des Sachverhaltes hätten belegen können, ungeachtet des Umstandes, dass derartige Beweismittel, die im Wege der Amtsermittlung zu beachten gewesen wären, nicht ansatzweise ersichtlich waren.

Diese Erstattungspflicht ist nicht dadurch entfallen, dass ein anderer Träger erstattungspflichtig geworden wäre. Zum einen lässt sich nach der Flucht der G. aus der bisherigen Familienwohnung am 15.04.2013 - wie bereits dargelegt - die Begründung eines anderen gewöhnlichen Aufenthaltes insbesondere in A-Stadt nicht belegen, so dass auch eine Erstattungspflicht der Beigeladenen ausscheidet.

Zum anderen fehlte es - soweit man der Einschätzung des Beklagten zur Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes der G. folgen würde - bereits an einer gesetzlichen Regelung für die Erstattungspflicht eines anderen Trägers, nämlich des Trägers, der aufgrund des tatsächlichen Aufenthaltes gegenüber G. vor der Aufnahme in das Frauenhaus leistungspflichtig geworden wäre (idS auch Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 36a Rn.24).

In diesem Falle wäre die Erstattungspflicht des Beklagten auch nicht allein dadurch begrenzt, dass sich G. und ihre Kinder zwischenzeitlich, d. h. zwischen dem 15.04.2013 und 01.05.2013 tatsächlich an einem anderen Ort als der Herkunfts- oder der Aufnahmekommune aufgehalten haben, mit der Konsequenz, dass der Kläger - mangels eines nachweisbaren gewöhnlichen Aufenthaltes der G. - dann von keiner Seite eine Erstattung für seine Aufwendungen erhalten könnte (idS aber Groth in GK- SGB II § 36a, Stand 8/2008 Rn. 11 und 15). Insoweit befasst sich der Wortlaut der Regelung des § 36a SGB II ausschließlich mit der Begründung der Erstattungspflicht, er gibt aber keinen Hinweis auf dessen Grenzen. Daher lässt sich das Fortbestehen der Erstattungspflicht im Wesentlichen nur aus dem Regelungszusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift ableiten, der aber darauf schließen lässt, dass zumindest allein ein kurzfristiger zwischenzeitlicher tatsächlicher Aufenthalt an einem anderen Ort die sich aus § 36a SGB II ergebende Erstattungspflicht der Herkunftskommune nicht entfallen lässt, wovon der Beklagte zuletzt noch ausging. Ein zwischenzeitlich begründeter tatsächlicher Aufenthalt ändert die Erstattungspflicht nicht (vgl. ua Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 36a Rn.11)

Mit dem Inkrafttreten zum 01.01.2005 hatte der Gesetzgeber ursprünglich keine Notwenigkeit mehr gesehen, eine dem § 107 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vergleichbare Erstattungsregelung im SGB II oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu verankern (vgl. BT- Drucks 15/1514 S.68), auf dessen Grundlage - dort im Bereich der Zuständigkeitsregelungen - ua auch die Kostentragung und Erstattung zwischen den Trägern bei Bezug von Sozialhilfeleistungen im Zusammenhang mit der Aufnahme in ein Frauenhaus geregelt war. Dies war mit dem Inkrafttreten des SGB II seitens der Praxis bereits als problematisch erachtet worden, weil das Fehlen einer Regelung für eine Kostenerstattung im SGB II dazu führte, dass Kostenträger des ansässigen Frauenhauses die Kostenübernahme für Frauen aus anderen Städten oder Landkreisen ablehnten. Diese Bedenken hatte der Gesetzgeber mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung des SGB II (BT-Drucks. 15/5908 vom 12.07.2005) bereits aufgegriffen, der aber, vor allem im Hinblick auf die im Anschluss an den Aufenthalt im Frauenhaus durch den Umzug in die aufnehmende Kommune entstehenden Kosten, nicht Gesetz geworden ist (vgl. zum Ganzen: Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Nov 2013, § 36a Rn. 9 m. w. N.). Nach dem Entwurf der Regelung war ua vorgesehen, dass der kommunale Träger, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in das Frauenhaus oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat, erstattungspflichtig werde (§ 36a Abs. 1 Satz 2 des Entwurfes - BT-Drucks. 15/5908 S. 5). Damit knüpften die Überlegungen an die Regelung des § 107 Abs. 2 BSHG an, der für die Kostenerstattungspflicht zwar auch an den gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die Einrichtung, d. h. vorliegend das Frauenhaus anknüpfte, die Fortdauer der finanziellen Verantwortung der Herkunftskommune aber auf einen kurzen Zeitraum zwischen der Beendigung des gewöhnlichen Aufenthaltes und der Aufnahme in der Einrichtung, nämlich ebenfalls auf einen Zeitraum von zwei Monaten beschränkt hatte. Insoweit hatte der Gesetzgeber nicht nur eine Begrenzung der Verantwortlichkeit der Herkunftskommune geregelt, sondern auch ins Kalkül gezogen, dass die Flucht vor häuslicher Gewalt nicht zwangsläufig übergangslos in einem Frauenhaus endet, sondern vorhergehend, in Abhängigkeit von der Bedrohungssituation, über mehrere Stationen führen kann, die allenfalls einen tatsächlichen Aufenthalt darstellen können. Hieraus ist aber abzuleiten, dass die Überlegungen des Gesetzgebers bis zur (erstmaligen) Regelung der Kostenerstattungspflicht in § 36a SGB II (idF des Gesetzes vom 14.08.2005 zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige - Freibetragsneuregelungsgesetz; BGBl. I S. 2407) stets davon getragen waren, dass - soweit ein gewöhnlicher Aufenthalt bereits aufgegeben war - allein ein kurzfristiger tatsächlicher Aufenthalt vor der Aufnahme in ein Frauenhaus die Verantwortlichkeit der Herkunftskommune nicht entfallen lasse (vgl. Aubel a. a. O.). Dem folgen auch die gesetzgeberischen Motive zu der zum 01.09.2005 in Kraft getretenen Fassung des § 36a SGB II, die eine Begrenzung der Verantwortung der Herkunftskommune auf einen Zeitraum von zwei Monaten ab der Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht mehr beinhaltete. Wesentliche Überlegung für die Regelung war der Umstand, dass eine einseitige Kostenbelastung derjenigen kommunalen Träger nach dem SGB II vermieden werden sollte, die ein Frauenhaus unterhalten, denn die weit überwiegende Zahl der Frauenhausbewohnerinnen können Leistungen nach dem SGB II erhalten (BT- Drucks 15/5607 S. 6). Daraus ist aber abzuleiten, dass es mit der Regelung im Wesentlichen um den finanziellen "Schutz des Aufnahmeortes" gegangen ist (vgl. Link in Eicher a. a. O. § 36a Rn.2), was jedoch, um diesem gesetzgeberischen Motiv weitgehend Rechnung zu tragen, gegen eine Auslegung spricht, die Herkunftskommune sei zur Kostenerstattung nur dann verpflichtet, wenn die Zuflucht ins Frauenhaus unmittelbar vom Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes erfolgt war. Im Ergebnis gibt es damit keine Hinweise, dass - ungeachtet der Aufgabe eines gewöhnlichen Aufenthaltes - ein tatsächlicher Aufenthalt vor der Aufnahme in ein Frauenhaus, die die Erstattungspflicht der Herkunftskommune nach § 36a SGB II entfallen ließe (idS auch Krauß in Hauck/Noftz a. a. O. § 36a Rn. 21).

Mit der Berufung hat der Beklagte lediglich die Verpflichtung dem Grunde nach angegriffen und die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen unbeanstandet gelassen, so dass sich Ausführungen dazu erübrigen. Zudem ist auch dem Senat nicht ersichtlich, dass der Kläger die Höhe der Erstattungsforderung unzutreffend berechnet hätte oder die Erstattung von Leistungen begehrt, die zu Unrecht an G. und ihre Kinder erbracht worden wären.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), denn die Beteiligten gehören nicht dem gemäß § 183 SGG privilegierten Personenkreis an. Die Pflicht des Beklagten zur Kostentragung folgt aus seinem Unterliegen, wobei mit dem Tenor klarzustellen war, dass der Beklagte nicht nur die (erstinstanzlichen) Gerichtskosten, sondern auch die Kosten des Klägers und der Beigeladenen zu tragen hat (§ 162 Abs. 1 VwGO).

Gründe, gemäß § 160 Abs. 1 Nr.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

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(1) Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist d

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Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Au

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 06. Apr. 2016 - L 11 AS 355/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 06. Apr. 2016 - L 11 AS 355/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 23. Mai 2012 - B 14 AS 190/11 R

bei uns veröffentlicht am 23.05.2012

Tenor Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2010 geändert, soweit

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Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.

(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

(1) Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist der kommunale Träger zuständig, in dessen Gebiet die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 an Minderjährige, die Leistungen für die Zeit der Ausübung des Umgangsrechts nur für einen kurzen Zeitraum beanspruchen, ist der jeweilige Träger an dem Ort zuständig, an dem die umgangsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Kann ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht festgestellt werden, so ist der Träger nach diesem Buch örtlich zuständig, in dessen Bereich sich die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Für nicht erwerbsfähige Personen, deren Leistungsberechtigung sich aus § 7 Absatz 2 Satz 3 ergibt, gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist für die jeweiligen Leistungen nach diesem Buch der Träger zuständig, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person nach § 12a Absatz 1 bis 3 des Aufenthaltsgesetzes ihren Wohnsitz zu nehmen hat. Ist die leistungsberechtigte Person nach § 12a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet, ihren Wohnsitz an einem bestimmten Ort nicht zu nehmen, kann eine Zuständigkeit der Träger in diesem Gebiet für die jeweiligen Leistungen nach diesem Buch nicht begründet werden; im Übrigen gelten die Regelungen des Absatzes 1.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist im Fall der Auszahlung der Leistungen nach § 28 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 nach § 29 Absatz 6 der kommunale Träger zuständig, in dessen Gebiet die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer kommunaler Träger nach den Absätzen 1 oder 2 zuständig ist oder wäre.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.

(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2010 geändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von Zinsen an den Kläger verurteilt worden ist.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Die beklagte Stadt M wendet sich mit ihrer Revision gegen die Verurteilung zur Erstattung von Kosten einer psychosozialen Betreuung, die während eines Aufenthaltes in einem im klagenden Landkreis E gelegenen Frauenhaus erfolgt ist.

2

Die im Jahre 1981 geborene, erwerbsfähige und hilfebedürftige H und ihre beiden minderjährigen, nicht erwerbsfähigen Kinder lebten bis zum 2.1.2007 im Stadtgebiet der Beklagten. Wegen Bedrohungen durch ihren Ehemann waren H und ihre Kinder am 31.7.2006 aus der gemeinsamen Wohnung in ein dort gelegenes Frauenhaus geflohen. Nachdem der Ehemann ihren Aufenthaltsort herausgefunden hatte, flüchteten H und ihre Kinder am 3.1.2007 in ein in S gelegenes Frauenhaus. Weil dem Mann erneut der Aufenthaltsort bekannt geworden war, hielten sie sich schließlich vom 17.4.2007 bis zum 6.7.2007 in einem im klagenden Landkreis E gelegenen Frauenhaus auf. Während des Aufenthalts dort wurden sie von Mitarbeiterinnen des Frauenhauses psychosozial betreut, wofür Kosten in Höhe von 8283,87 Euro entstanden, die der Kläger getragen hat.

3

Kläger wie Beklagte haben die Gewährung von Leistungen der psychosozialen Betreuung auf Grundlage des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) nicht auf die in ihrem Gebiet gebildeten Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung übertragen. Mit Schreiben vom 19.7.2007 forderte der Kläger die Beklagte zur Anerkennung der Kostenerstattungspflicht dem Grunde nach ua hinsichtlich der Kosten der psychosozialen Betreuung auf Grundlage des § 36a SGB II auf und wiederholte seine Forderungen mit Schreiben vom 7.8.2007, 25.10.2007, 17.4.2008 und 19.8.2008. Die Beklagte lehnte die Kostenerstattung wegen der angefallenen Kosten der psychosozialen Betreuung ab.

4

Auf die am 15.10.2008 zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobene Klage hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten der Betreuung in Höhe von 8283,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2008 zu zahlen, im Übrigen hat es die Klage hinsichtlich weiterer Verzugszinsen abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 31.5.2010).

5

Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) in der mündlichen Verhandlung am 21.10.2011 eine hauptamtliche Mitarbeiterin des Frauenhauses als Zeugin zur Arbeitsweise des Frauenhauses allgemein sowie zu Art und Umfang der erbrachten Betreuungsleistungen zugunsten von H und ihren Kindern vernommen. Es hat sodann mit Urteil vom selben Tag die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Klage sei als echte Leistungsklage nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Streitgegenstand sei vorliegend nur die Erstattung von Betreuungsleistungen. Rechtsgrundlage für die Erstattungspflicht der Beklagten sei § 36a SGB II. Die Beteiligten seien kommunale Träger im Sinne dieser Vorschrift; die Beklagte als kommunaler Träger am bisherigen Wohnort der Hilfebedürftigen, der Kläger durch die Aufnahme von H und ihrer Kinder in einem in seinem örtlichen Zuständigkeitsbereich gelegenen Frauenhaus. Zwar sei auch im Zuständigkeitsbereich des Klägers eine Arbeitsgemeinschaft iS des § 44b SGB II gebildet gewesen, an der Eigenschaft des Klägers als kommunaler Leistungsträger gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II und damit seiner Aktivlegitimation ändere dies jedoch nichts.

6

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch bestehe dem Grunde und der Höhe nach. Der Umstand, dass H und ihre Kinder bereits in München und zwischenzeitlich auch in S in einem Frauenhaus gewohnt hätten, bevor sie in das im Zuständigkeitsbereich des Klägers gelegenen Frauenhaus gezogen seien, stehe der Erstattungspflicht dem Grunde nach nicht entgegen. Mit dem "bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort" iS von § 36a SGB II sei der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort außerhalb eines Frauenhauses, vorliegend also die Wohnung der Familie H in M gemeint. Die streitigen psychosozialen Betreuungskosten unterlägen der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II, denn dieser erfasse alle Pflichtleistungen nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II und damit auch die Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 4 SGB II in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende - Fortentwicklungsgesetz - vom 20.7.2006 (BGBl I 1706; alte Fassung ). Nach Lage der Akten und dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Senat der Überzeugung, dass die im Frauenhaus für H und ihre Kinder erbrachten Leistungen auch der Eingliederung in das Erwerbsleben dienten und insoweit Betreuungsleistungen iS des § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB II aF seien. Die lebensbedrohliche Situation, die bevorstehende Gerichtsverhandlung und die notwendigen Umzüge hätten H und die Kinder retraumatisiert und sehr belastet. Wie sich aus den Angaben der Zeugin ergebe, sei bei dem ganzheitlichen Konzept des Frauenhauses neben dem Schutz der Bewohnerinnen auch die Vorbereitung auf die Zeit nach dem Aufenthalt im Frauenhaus. Primäres Ziel sei es gewesen, durch eine intensive Betreuung H und die Kinder zu schützen und zu stabilisieren. Ein wichtiger Bestandteil der Betreuung sei gewesen daran zu arbeiten, eine Beschäftigung zu finden. Wie bereits das SG ausgeführt habe, sei die psychische, soziale und rechtliche Stabilisierung unabdingbare Voraussetzung dafür, dass an eine Eingliederung in das Erwerbsleben überhaupt gedacht werden könne. Auch die Kinderbetreuungskosten gehörten zu den Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben dienten. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Bezifferung der Forderung bestünden nicht, auch die Beklagte habe Einwendungen hinsichtlich der Höhe des geforderten Tagessatzes ausdrücklich nicht geltend gemacht.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie ist der Auffassung, psychosoziale Betreuungsleistungen, die in Frauenhäusern erbracht würden, unterfielen grundsätzlich nicht den Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB II aF bzw § 16a Nr 3 SGB II in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (vom 21.12.2008, BGBl I 2917; neue Fassung ). Hauptaufgabe der im Frauenhaus erbrachten Leistungen seien Schutz und Sicherheit der betroffenen Frauen und ihrer Kinder vor Gewalt und die Aufarbeitung von Gewalterfahrungen, nicht die Eingliederung in Arbeit. Die Auslegung des LSG, es sei ausreichend, dass es sich bei der erbrachten Betreuung um Leistungen handele, die auch der Eingliederung in das Erwerbsleben dienten, sei zu weitgehend. Es handele sich bei Betreuungsleistungen in einem Frauenhaus immer um Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 bis 69 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Mit diesem Verständnis der Leistungen sei die umfassende Betreuung der Betroffenen gewährleistet. Dagegen sei ein Anspruch nach § 16 Abs 2 SGB II aF von Hilfebedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit abhängig und könne nicht in sämtlichen Fällen die Betreuungsleistungen in einem Frauenhaus erfassen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist nur zu einem geringen Teil begründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen einen Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach § 36a SGB II für die erbrachten psychosozialen Betreuungsleistungen bejaht(dazu unter 2). Lediglich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen besteht nicht (dazu unter 3).

12

1. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) statthaft, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere sind sowohl der Kläger als auch die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit prozessführungsbefugt.

13

Die Prozessführungsbefugnis - zu unterscheiden von der Beteiligtenfähigkeit nach § 70 SGG - ist die Berechtigung, einen Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen, also als richtiger Kläger zu klagen (aktive Prozessführungsbefugnis) oder als richtiger Beklagter verklagt zu werden(passive Prozessführungsbefugnis; vgl Bundessozialgericht Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 15 mwN). In der Regel fällt sie mit der Aktiv- bzw Passivlegitimation in der Sache zusammen, es sei denn, Rechte eines Dritten kön-nen in zulässiger Prozessstandschaft verfolgt werden (im Einzelnen Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 11 ff und Leitherer, aaO, § 69 RdNr 4).

14

Bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 36a SGB II handelt es sich im Ausgangspunkt um ein Recht der Kommune, das mit ihrer Trägerschaft für die Leistungen korrespondiert, für die Erstattung verlangt werden kann. Lediglich soweit der kommunale Träger die Wahrnehmungszuständigkeit für die Erbringung von Leistungen gemäß § 44b Abs 3 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung übertragen hat, gehört zur Wahrnehmung dieser Aufgaben auch die Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen gegenüber anderen Trägern (vgl Urteil des Senats vom 23.5.2012 - B 14 AS 156/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 13). Dies ist vorliegend hinsichtlich der Erbringung der Leistungen nach § 16 Abs 2 SGB II aF bzw § 16a SGB II nF nicht geschehen, sodass es bei der Prozessführungsbefugnis der kommunalen Träger verbleibt.

15

2. Zutreffend haben die Vorinstanzen als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch § 36a SGB II herangezogen und dessen Voraussetzungen bejaht.

16

a) § 36a SGB II(eingefügt in das SGB II durch Art 1 Nr 4a des Gesetzes vom 14.8.2005 mWv 1.9.2005, hier anwendbar in der mit Art 1 Nr 32 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grund-sicherung für Arbeitsuchende - Fortentwicklungsgesetz - vom 20.7.2006 zum 1.8.2006 geänderten Fassung) ist eine gegenüber §§ 102 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) spezial-gesetzliche Kostenerstattungsregelung im SGB II. Sucht danach eine Person in einem Frauen-haus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Auch materiell-rechtlich folgt die Aktivlegitimation bzw die Passivlegitimation der Kommune dabei aus ihrer kommunalen Trägerschaft.

17

Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach ist ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit der kommunalen Träger durch eine Flucht der leistungsberechtigten Frau (und ggf ihrer Kinder, vgl "Person") vom bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort in ein Frauenhaus. Erstattungsverpflichtet ist der kommunale Träger am Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts außerhalb eines Frauenhauses (Herkunftskommune). Erstattungsberechtigt ist die Kommune, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich iS des § 36 SGB II das Frauenhaus gelegen ist (aufnehmende Kommune).

18

Zweifellos bestand (jedenfalls) bis zum Auszug aus der gemeinsamen Wohnung mit dem Partner gewöhnlicher Aufenthalt der H und ihrer Kinder im Stadtgebiet der Beklagten. Mit der nach den Feststellungen des LSG zukunftsoffenen Flucht aus der gemeinsamen Wohnung mit dem Partner ist dieser gewöhnliche Aufenthalt aufgegeben worden. H hatte mit ihren Kindern im streitigen Zeitraum auch Aufnahme in einem Frauenhaus gefunden. Dort ist zumindest tatsächlicher Aufenthalt iS des § 36 Satz 3 SGB II(in der Fassung des Fortentwicklungsgesetzes) begründet worden, sodass der Kläger mit der Aufnahme von H und den Kindern in dem Frauenhaus örtlich zuständig für die Leistungserbringung geworden ist (vgl im Einzelnen Urteil des Senats vom 23.5.2012 - B 14 AS 156/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

19

Unerheblich ist für das Entstehen von Kostenerstattungsansprüchen des Klägers gegenüber der Beklagten, ob H und ihre Kinder zwischenzeitlich (gewöhnlichen) Aufenthalt im Frauenhaus in M und/oder im Frauenhaus S begründet hatten und also die Flucht in das im klagenden Landkreis gelegene Frauenhaus nicht unmittelbar von einem Ort des (gewöhnlichen) Aufenthalts außerhalb dieses Frauenhauses erfolgt ist (vgl SG Karlsruhe Urteil vom 16.7.2008 - S 8 AS 4000/07 - EuG 2009, 20; Aubel in JurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 36a RdNr 9; Herbst in Mergler/Zink, SGB II, Stand April 2009, § 36a RdNr 6a). Nur ein gewöhnlicher Aufenthalt außerhalb eines Frauenhauses lässt eine Kostenerstattungspflicht entstehen. Spiegelbildlich dazu lässt erst die Begründung eines Aufenthalts außerhalb eines Frauenhauses die Erstattungspflicht der Herkunftskommune wieder entfallen. Ob dies schon bei einem tatsächlichen oder erst bei einem gewöhnlichen Aufenthalt eintritt, kann offen bleiben.

20

Zwar kann auch in einem Frauenhaus "gewöhnlicher Aufenthalt" iS des § 30 Abs 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) begründet werden. Nach § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Entscheidend sind für den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts die objektiv gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Einzelfalles im entscheidungserheblichen Zeitraum; auf "Prognosen" über spätere Entwicklungen, auf Veränderungswünsche oder -absichten oder auf den Willen des Betroffenen, sich an einem Ort aufzuhalten oder einen Wohnsitz zu begründen, kommt es nicht an (vgl nur BSGE 67, 243; SozR 3-1200 § 30 Nr 5; BSGE 70, 138 = SozR 3-6180 Art 13 Nr 2; SozR 3-6710 Art 1 Nr 1). Einem gewöhnlichen Aufenthalt im Frauenhaus steht damit nicht entgegen, dass der Aufenthalt einerseits durch äußere Umstände (insbesondere die Bedrohungssituation durch einen Partner) bestimmt wird und andererseits der Art nach stets zeitlich begrenzt ist.

21

Schon der Wortlaut des § 36a SGB II lässt aber die Auslegung zu, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt in einem Frauenhaus keine Erstattungspflicht für den kommunalen Träger wegen Folgeaufenthalten in anderen Frauenhäusern entstehen lässt. Dies ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Anders als noch nach § 107 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), der (auch für den Fall einer Aufnahme in einem Frauenhaus) eine Kostenerstattungspflicht an einen "Umzug" und damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) an die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts knüpfte(dazu BVerwG Urteil vom 18.3.1999 - 5 C 11.98 - Buchholz 436.0 § 107 BSHG Nr 1; BVerwG Urteil vom 7.10.1999 - 5 C 21.98 - FEVS 51, 385/387), soll nach § 36a SGB II nicht entscheidend sein, ob durch die Aufnahme im Frauenhaus gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird oder nicht(vgl BT-Drucks 16/1410 S 27). Erst die Begründung eines Aufenthalts außerhalb eines Frauenhauses lässt Verhältnisse entstehen, wie sie bei jedem anderen Umzug über örtliche Zuständigkeitsgrenzen hinweg auftreten. Für diese Konstellation sieht das SGB II - wie auch das SGB XII - abweichend von der Rechtslage unter Geltung des BSHG keine Erstattungsregelung mehr vor.

22

Das so gewonnene Ergebnis entspricht schließlich auch Sinn und Zweck der Norm. § 36a SGB II soll der einseitigen Kostenbelastung derjenigen Kommunen entgegenwirken, die Frauenhäuser unterhalten und unterstützen(vgl BT-Drucks 15/5607 S 6). Verbleibt es auch bei Folgeaufenthalten in anderen Frauenhäusern bei der Zuständigkeit der ursprünglichen Herkunftskommune wird gewährleistet, dass eine Kommune, die ein Frauenhaus unterhält, auch von solchen Kosten freigestellt wird, die durch eine - wegen der Bedrohungssituationen typischen - weitergehenden Flucht in ein anderes Frauenhaus entstehen können.

23

b) Ist die Beklagte damit als Herkunftskommune dem Grunde nach erstattungspflichtige Kommune und der Kläger als aufnehmende Kommune Erstattungsberechtigter, werden von der Erstattungspflicht alle Leistungen erfasst, die vom kommunalen Träger nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II an die leistungsberechtigte Frau und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus rechtmäßig erbracht werden. Soweit das LSG die von der Kostenerstattungspflicht erfassten Leistungen als "Pflichtleistungen" bezeichnet hat, ist dies missverständlich, weil nach dem Wortlaut des § 36a SGB II auch für Ermessensleistungen, die der kommunale Träger nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II erbringt, Erstattungsansprüche in Betracht kommen.

24

Auf Grundlage seiner Feststellungen, die die Beklagte nicht mit zulässigen Rügen angegriffen hat, ist das LSG zutreffend zu dem Schluss gelangt, dass der Anspruch der H und ihrer Kinder auf psychosoziale Betreuung sich vorliegend auf § 16 Abs 2 SGB II aF stützt und der Kläger die Leistungen auf dieser Rechtsgrundlage in Ausübung seines Ermessens rechtmäßig erbracht hat.

25

Nach § 16 Abs 2 SGB II aF, der im Kern § 16a SGB II nF entspricht, können über die in § 16 Abs 1 SGB II aF genannten Eingliederungsleistungen hinaus weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind. Während § 16 Abs 1 SGB II aF den Leistungskatalog der Eingliederungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Bezug nimmt und die Erbringung dieser Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zuweist, ermöglicht § 16 Abs 2 SGB II aF eine über diesen Leistungskatalog hinausgehende Förderung. In der Aufzählung im 2. Halbsatz ist dabei die psychosoziale Beratung (Nr 3) als Leistung ausdrücklich genannt. Diese durch den kommunalen Träger zu erbringende Leistung der psychosozialen Betreuung unter Geltung des SGB II geht - wie die übrigen in § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 4 SGB II aF aufgezählten Betreuungs- und Beratungsleistungen - auf § 8 Abs 2, § 17 BSHG zurück.

26

aa) Voraussetzung der Erbringung von Ermessensleistungen auf dieser Grundlage ist neben der Leistungsberechtigung der H nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II die Erforderlichkeit der Leistung für die Eingliederung in das Erwerbsleben. Die Erforderlichkeit einer Eingliederungsleistung nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II aF beurteilt sich nach den Zielvorgaben der §§ 1, 3 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003 (vgl BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.7.2010 - B 8 SO 14/09 R - BSGE 106, 268 = SozR 4-4200 § 16 Nr 5 RdNr 15). Nach § 3 Abs 1 Satz 1 SGB II können Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich sind. Dieses Tatbestandsmerkmal verlangt eine Prognose über die möglichen Konsequenzen und Erfolge der Eingliederungsleistung, wobei eine Leistungsgewährung nicht nur dann in Betracht kommt, wenn die Leistungsgewährung die einzige Möglichkeit zur Eingliederung des Leistungsberechtigten ist (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16a RdNr 12).

27

Die Erforderlichkeit der in Streit stehenden psychosozialen Beratung auf dieser Grundlage hat das LSG für den vorliegenden Einzelfall geprüft. Es ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dem Schluss gelangt, dass die durchgeführten psychosozialen Maßnahmen der Eingliederung in das Erwerbsleben gedient haben. Die erbrachten Hilfen haben danach die psychische, soziale und rechtliche Stabilisierung zum Ziel gehabt, die bei H unabdingbare Voraussetzung für die Eingliederung in das Erwerbsleben gewesen sei. Die dieser Würdigung zugrunde liegenden Feststellungen hat die Beklagte nicht mit zulässigen Rügen angegriffen. Ein vorrangiger Leistungsanspruch auf Grundlage des § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) scheidet ersichtlich aus.

28

bb) Voraussetzung für die rechtmäßige Erbringung von Beratungs- und Betreuungsleistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 4 SGB II aF ist nicht (zusätzlich) der vorangegangene Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II. Mit den kommunalen Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 4 SGB II aF/§ 16a SGB II nF verfolgt der Gesetzgeber einen sozial-integrativen Ansatz. Mit der Gewährung solcher Leistungen soll verhindert werden, dass die Eingliederung ins Erwerbsleben an Schwierigkeiten scheitert, die in der allgemeinen Lebensführung ihren Grund haben (Thie in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 16a RdNr 8). Diese gesetzgeberische Zielsetzung kann auch außerhalb von Eingliederungsvereinbarungen verwirklicht werden. Für das Erfordernis einer Eingliederungsvereinbarung als Voraussetzung für die rechtmäßige Leistungsgewährung besteht kein Bedürfnis.

29

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Erbringung von psychosozialen Betreuungsleistungen auf dieser Grundlage der Aufenthalt im Frauenhaus nicht grundsätzlich entgegen. Das Konkurrenzverhältnis zwischen den Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB II aF und §§ 67 bis 69 SGB XII, die die Beklagte als allein denkbare Anspruchsgrundlage für eine psychosoziale Betreuung bei Aufenthalt im Frauenhaus ansieht, mag im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein(ausführlich Thie, aaO, RdNr 10 ff; dazu auch Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 01/09 vom 26.6.2009, NDV 2010, 93). Dies erlaubt aber auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen in SGB II und SGB XII nicht den Schluss, während des Aufenthalts im Frauenhaus komme aufgrund typisierend unterstellten besonderen Lebensverhältnissen der betroffenen Frauen der in § 3 Abs 1 SGB II normierte Eingliederungsgedanke nicht zum Tragen. Ein genereller Ausschluss für Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB II aF an erwerbsfähige und hilfebedürftige Frauen, die gerade wegen besonderer sozialer Schwierigkeiten auch einer Erwerbstätigkeit nur mit schwer zu überwindenden Schwierigkeiten nachgehen können, ist dem SGB II nicht zu entnehmen(Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 165; Voelzke, aaO, RdNr 32). Der Einwand der Beklagten, die Eingliederung in das Erwerbsleben könne nur ein Aspekt einer umfassenden Betreuung im Frauenhaus sein (so auch Herbst in Mergler/Zink, SGB II, Stand April 2009, § 36a RdNr 11), zwingt nicht zu einer anderen Auslegung. Die Leistungen der Eingliederung nach § 16 Abs 2 SGB II aF sind gegenüber den Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem SGB XII zwar vorrangig(vgl § 2 Abs 1 SGB XII), dies schließt es nicht aus - insbesondere wenn Hilfebedürftigkeit nicht besteht oder ein Bezug zu einer (künftigen) Erwerbstätigkeit im Einzelfall nicht erkennbar ist - Leistungen nach §§ 67 bis 69 SGB XII zu erbringen. Eine Lücke in der Leistungserbringung aus Sicht der Betroffenen ergibt sich deshalb nicht.

30

dd) Eine Abgrenzung der Tatbestandsvoraussetzungen der psychosozialen Betreuungsleistungen, die sich an der Erwerbsfähigkeit der betroffenen Hilfebedürftigen und der Erforderlichkeit von Leistungen zur Eingliederung im Einzelfall orientiert, widerspricht schließlich nicht der Zielsetzung von § 36a SGB II. Die Kostenerstattungsregelung in § 36a SGB II hat zwar das Ziel, in gewissem Umfang einen Kostenausgleich im Hinblick auf den Unterhalt bzw die Unterstützung von Frauenhäusern durch Kommunen zu schaffen. Eine umfassende Finanzierungsregelung ist damit aber nicht verbunden. Die Anknüpfung allein an den Personenkreis der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt, was auch das Diskussionspapier des Deutschen Vereins vom 15.7.2010 (DV 10/10 - AF III), auf das sich die Beklagte bezieht, deutlich macht. Eine Kostenerstattungsregelung für nichterwerbsfähige Hilfebedürftige fehlt bewusst. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich nennenswerte Kosten durch den Wechsel der örtlichen Zuständigkeit im Anwendungsbereich des SGB XII nicht ergeben, gerade weil der von § 107 BSHG betroffen gewesene Personenkreis im Wesentlichen zu den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gehört(BT-Drucks 15/1514 S 68). Auch eine Auslegung der Kostenerstattungsregelung nach § 36a SGB II ausschließlich an den Zielsetzungen des SGB II (und nicht an dem weitergehenden Interesse der betroffenen Kommunen an der umfassenden Finanzierung von Frauenhäusern) ist deshalb vorgegeben.

31

Auch hinsichtlich der Kinder hat das LSG die Erforderlichkeit der Betreuungsleistungen im Hinblick auf die Eingliederung der H in das Erwerbsleben geprüft und bejaht.

32

Ergänzend zu § 36a SGB II sind die Vorschriften des SGB X anzuwenden, insbesondere also die Ausschlussfrist des § 111 SGB X und die Verjährungsvorschrift des § 113 SGB X. Vorliegend sind diese Verfahrensvorschriften eingehalten.

33

3. Die Verurteilung der Beklagten zu Prozesszinsen durch die Vorinstanzen war dagegen aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen. Eine Anspruchsgrundlage für solche Zinsen besteht nicht. § 108 Abs 2 SGB X scheidet als Anspruchsgrundlage im Verhältnis gleich geordneter Träger und damit auch im Verhältnis der kommunalen Träger untereinander aus(BSG Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 22/08 R - juris RdNr 8 mwN). Für Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander sind Prozesszinsen auch nicht nach § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog zu entrichten, weil es dafür an einer ausdrücklichen sozialrechtlichen Anspruchsgrundlage und - vor dem Hintergrund des § 108 SGB X - mangels planwidriger Regelungslücke auch an den Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 291 BGB fehlt(im Einzelnen BSG Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R - BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, jeweils RdNr 16 mwN). Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des 8. Senats an, der die anders lautende Rechtsprechung des BVerwG aufgegeben hat. Die vom LSG zur Begründung seiner Auffassung herangezogene Entscheidung des BSG (Urteil vom 23.3.2006 - B 3 KR 6/05 R - BSGE 96, 133 = SozR 4-7610 § 291 Nr 3) betrifft vertragliche Beziehungen mit Leistungserbringern und ist auf gesetzliche Erstattungsansprüche nicht übertragbar.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 155 Abs 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Die Zulassungen der aufgrund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung über den 31. Dezember 2010 hinaus unbefristet verlängert, wenn die zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde die Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 bis zum 30. September 2010 anerkennen.

(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie

1.
geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen,
2.
sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen,
3.
sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen,
4.
sich verpflichten, mit der zuständigen Landesbehörde eine Zielvereinbarung über die Leistungen nach diesem Buch abzuschließen, und
5.
sich verpflichten, die in der Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 1 Satz 2 festgelegten Daten zu erheben und gemäß den Regelungen nach § 51b Absatz 4 an die Bundesagentur zu übermitteln, um bundeseinheitliche Datenerfassung, Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.
Für die Antragsberechtigung gilt § 6 Absatz 3 entsprechend. Der Antrag bedarf in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder sowie der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde. Die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger beträgt höchstens 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Arbeitsgemeinschaften nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, zugelassenen kommunalen Trägern sowie der Kreise und kreisfreien Städte, in denen keine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung errichtet wurde (Aufgabenträger).

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, Voraussetzungen der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach den Absätzen 2 und 4 auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

(4) Der Antrag nach Absatz 2 kann bis zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gestellt werden. Darüber hinaus kann vom 30. Juni 2015 bis zum 31. Dezember 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung gestellt werden, soweit die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger 25 Prozent der zum 1. Januar 2015 bestehenden Aufgabenträger nach Absatz 2 Satz 4 unterschreitet. Die Zulassungen werden unbefristet erteilt.

(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zulassung widerrufen. Auf Antrag des zugelassenen kommunalen Trägers, der der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf, widerruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Die Trägerschaft endet mit Ablauf des auf die Antragstellung folgenden Kalenderjahres.

(7) Auf Antrag des kommunalen Trägers, der der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedarf, widerruft, beschränkt oder erweitert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung nach Absatz 1 oder 2 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn und soweit die Zulassung aufgrund einer kommunalen Neugliederung nicht mehr dem Gebiet des kommunalen Trägers entspricht. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 gilt bei Erweiterung der Zulassung entsprechend. Der Antrag nach Satz 1 kann bis zum 1. Juli eines Kalenderjahres mit Wirkung zum 1. Januar des folgenden Kalenderjahres gestellt werden.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.

(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

(1) Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist der kommunale Träger zuständig, in dessen Gebiet die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 an Minderjährige, die Leistungen für die Zeit der Ausübung des Umgangsrechts nur für einen kurzen Zeitraum beanspruchen, ist der jeweilige Träger an dem Ort zuständig, an dem die umgangsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Kann ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht festgestellt werden, so ist der Träger nach diesem Buch örtlich zuständig, in dessen Bereich sich die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Für nicht erwerbsfähige Personen, deren Leistungsberechtigung sich aus § 7 Absatz 2 Satz 3 ergibt, gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist für die jeweiligen Leistungen nach diesem Buch der Träger zuständig, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person nach § 12a Absatz 1 bis 3 des Aufenthaltsgesetzes ihren Wohnsitz zu nehmen hat. Ist die leistungsberechtigte Person nach § 12a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet, ihren Wohnsitz an einem bestimmten Ort nicht zu nehmen, kann eine Zuständigkeit der Träger in diesem Gebiet für die jeweiligen Leistungen nach diesem Buch nicht begründet werden; im Übrigen gelten die Regelungen des Absatzes 1.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist im Fall der Auszahlung der Leistungen nach § 28 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 nach § 29 Absatz 6 der kommunale Träger zuständig, in dessen Gebiet die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer kommunaler Träger nach den Absätzen 1 oder 2 zuständig ist oder wäre.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2010 geändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von Zinsen an den Kläger verurteilt worden ist.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Die beklagte Stadt M wendet sich mit ihrer Revision gegen die Verurteilung zur Erstattung von Kosten einer psychosozialen Betreuung, die während eines Aufenthaltes in einem im klagenden Landkreis E gelegenen Frauenhaus erfolgt ist.

2

Die im Jahre 1981 geborene, erwerbsfähige und hilfebedürftige H und ihre beiden minderjährigen, nicht erwerbsfähigen Kinder lebten bis zum 2.1.2007 im Stadtgebiet der Beklagten. Wegen Bedrohungen durch ihren Ehemann waren H und ihre Kinder am 31.7.2006 aus der gemeinsamen Wohnung in ein dort gelegenes Frauenhaus geflohen. Nachdem der Ehemann ihren Aufenthaltsort herausgefunden hatte, flüchteten H und ihre Kinder am 3.1.2007 in ein in S gelegenes Frauenhaus. Weil dem Mann erneut der Aufenthaltsort bekannt geworden war, hielten sie sich schließlich vom 17.4.2007 bis zum 6.7.2007 in einem im klagenden Landkreis E gelegenen Frauenhaus auf. Während des Aufenthalts dort wurden sie von Mitarbeiterinnen des Frauenhauses psychosozial betreut, wofür Kosten in Höhe von 8283,87 Euro entstanden, die der Kläger getragen hat.

3

Kläger wie Beklagte haben die Gewährung von Leistungen der psychosozialen Betreuung auf Grundlage des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) nicht auf die in ihrem Gebiet gebildeten Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung übertragen. Mit Schreiben vom 19.7.2007 forderte der Kläger die Beklagte zur Anerkennung der Kostenerstattungspflicht dem Grunde nach ua hinsichtlich der Kosten der psychosozialen Betreuung auf Grundlage des § 36a SGB II auf und wiederholte seine Forderungen mit Schreiben vom 7.8.2007, 25.10.2007, 17.4.2008 und 19.8.2008. Die Beklagte lehnte die Kostenerstattung wegen der angefallenen Kosten der psychosozialen Betreuung ab.

4

Auf die am 15.10.2008 zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobene Klage hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten der Betreuung in Höhe von 8283,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2008 zu zahlen, im Übrigen hat es die Klage hinsichtlich weiterer Verzugszinsen abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 31.5.2010).

5

Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) in der mündlichen Verhandlung am 21.10.2011 eine hauptamtliche Mitarbeiterin des Frauenhauses als Zeugin zur Arbeitsweise des Frauenhauses allgemein sowie zu Art und Umfang der erbrachten Betreuungsleistungen zugunsten von H und ihren Kindern vernommen. Es hat sodann mit Urteil vom selben Tag die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Klage sei als echte Leistungsklage nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Streitgegenstand sei vorliegend nur die Erstattung von Betreuungsleistungen. Rechtsgrundlage für die Erstattungspflicht der Beklagten sei § 36a SGB II. Die Beteiligten seien kommunale Träger im Sinne dieser Vorschrift; die Beklagte als kommunaler Träger am bisherigen Wohnort der Hilfebedürftigen, der Kläger durch die Aufnahme von H und ihrer Kinder in einem in seinem örtlichen Zuständigkeitsbereich gelegenen Frauenhaus. Zwar sei auch im Zuständigkeitsbereich des Klägers eine Arbeitsgemeinschaft iS des § 44b SGB II gebildet gewesen, an der Eigenschaft des Klägers als kommunaler Leistungsträger gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II und damit seiner Aktivlegitimation ändere dies jedoch nichts.

6

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch bestehe dem Grunde und der Höhe nach. Der Umstand, dass H und ihre Kinder bereits in München und zwischenzeitlich auch in S in einem Frauenhaus gewohnt hätten, bevor sie in das im Zuständigkeitsbereich des Klägers gelegenen Frauenhaus gezogen seien, stehe der Erstattungspflicht dem Grunde nach nicht entgegen. Mit dem "bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort" iS von § 36a SGB II sei der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort außerhalb eines Frauenhauses, vorliegend also die Wohnung der Familie H in M gemeint. Die streitigen psychosozialen Betreuungskosten unterlägen der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II, denn dieser erfasse alle Pflichtleistungen nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II und damit auch die Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 4 SGB II in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende - Fortentwicklungsgesetz - vom 20.7.2006 (BGBl I 1706; alte Fassung ). Nach Lage der Akten und dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Senat der Überzeugung, dass die im Frauenhaus für H und ihre Kinder erbrachten Leistungen auch der Eingliederung in das Erwerbsleben dienten und insoweit Betreuungsleistungen iS des § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB II aF seien. Die lebensbedrohliche Situation, die bevorstehende Gerichtsverhandlung und die notwendigen Umzüge hätten H und die Kinder retraumatisiert und sehr belastet. Wie sich aus den Angaben der Zeugin ergebe, sei bei dem ganzheitlichen Konzept des Frauenhauses neben dem Schutz der Bewohnerinnen auch die Vorbereitung auf die Zeit nach dem Aufenthalt im Frauenhaus. Primäres Ziel sei es gewesen, durch eine intensive Betreuung H und die Kinder zu schützen und zu stabilisieren. Ein wichtiger Bestandteil der Betreuung sei gewesen daran zu arbeiten, eine Beschäftigung zu finden. Wie bereits das SG ausgeführt habe, sei die psychische, soziale und rechtliche Stabilisierung unabdingbare Voraussetzung dafür, dass an eine Eingliederung in das Erwerbsleben überhaupt gedacht werden könne. Auch die Kinderbetreuungskosten gehörten zu den Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben dienten. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Bezifferung der Forderung bestünden nicht, auch die Beklagte habe Einwendungen hinsichtlich der Höhe des geforderten Tagessatzes ausdrücklich nicht geltend gemacht.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie ist der Auffassung, psychosoziale Betreuungsleistungen, die in Frauenhäusern erbracht würden, unterfielen grundsätzlich nicht den Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB II aF bzw § 16a Nr 3 SGB II in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (vom 21.12.2008, BGBl I 2917; neue Fassung ). Hauptaufgabe der im Frauenhaus erbrachten Leistungen seien Schutz und Sicherheit der betroffenen Frauen und ihrer Kinder vor Gewalt und die Aufarbeitung von Gewalterfahrungen, nicht die Eingliederung in Arbeit. Die Auslegung des LSG, es sei ausreichend, dass es sich bei der erbrachten Betreuung um Leistungen handele, die auch der Eingliederung in das Erwerbsleben dienten, sei zu weitgehend. Es handele sich bei Betreuungsleistungen in einem Frauenhaus immer um Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 bis 69 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Mit diesem Verständnis der Leistungen sei die umfassende Betreuung der Betroffenen gewährleistet. Dagegen sei ein Anspruch nach § 16 Abs 2 SGB II aF von Hilfebedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit abhängig und könne nicht in sämtlichen Fällen die Betreuungsleistungen in einem Frauenhaus erfassen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2011 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist nur zu einem geringen Teil begründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen einen Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach § 36a SGB II für die erbrachten psychosozialen Betreuungsleistungen bejaht(dazu unter 2). Lediglich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen besteht nicht (dazu unter 3).

12

1. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) statthaft, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere sind sowohl der Kläger als auch die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit prozessführungsbefugt.

13

Die Prozessführungsbefugnis - zu unterscheiden von der Beteiligtenfähigkeit nach § 70 SGG - ist die Berechtigung, einen Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen, also als richtiger Kläger zu klagen (aktive Prozessführungsbefugnis) oder als richtiger Beklagter verklagt zu werden(passive Prozessführungsbefugnis; vgl Bundessozialgericht Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 15 mwN). In der Regel fällt sie mit der Aktiv- bzw Passivlegitimation in der Sache zusammen, es sei denn, Rechte eines Dritten kön-nen in zulässiger Prozessstandschaft verfolgt werden (im Einzelnen Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 11 ff und Leitherer, aaO, § 69 RdNr 4).

14

Bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 36a SGB II handelt es sich im Ausgangspunkt um ein Recht der Kommune, das mit ihrer Trägerschaft für die Leistungen korrespondiert, für die Erstattung verlangt werden kann. Lediglich soweit der kommunale Träger die Wahrnehmungszuständigkeit für die Erbringung von Leistungen gemäß § 44b Abs 3 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung übertragen hat, gehört zur Wahrnehmung dieser Aufgaben auch die Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen gegenüber anderen Trägern (vgl Urteil des Senats vom 23.5.2012 - B 14 AS 156/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 13). Dies ist vorliegend hinsichtlich der Erbringung der Leistungen nach § 16 Abs 2 SGB II aF bzw § 16a SGB II nF nicht geschehen, sodass es bei der Prozessführungsbefugnis der kommunalen Träger verbleibt.

15

2. Zutreffend haben die Vorinstanzen als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch § 36a SGB II herangezogen und dessen Voraussetzungen bejaht.

16

a) § 36a SGB II(eingefügt in das SGB II durch Art 1 Nr 4a des Gesetzes vom 14.8.2005 mWv 1.9.2005, hier anwendbar in der mit Art 1 Nr 32 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grund-sicherung für Arbeitsuchende - Fortentwicklungsgesetz - vom 20.7.2006 zum 1.8.2006 geänderten Fassung) ist eine gegenüber §§ 102 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) spezial-gesetzliche Kostenerstattungsregelung im SGB II. Sucht danach eine Person in einem Frauen-haus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Auch materiell-rechtlich folgt die Aktivlegitimation bzw die Passivlegitimation der Kommune dabei aus ihrer kommunalen Trägerschaft.

17

Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach ist ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit der kommunalen Träger durch eine Flucht der leistungsberechtigten Frau (und ggf ihrer Kinder, vgl "Person") vom bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort in ein Frauenhaus. Erstattungsverpflichtet ist der kommunale Träger am Ort des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts außerhalb eines Frauenhauses (Herkunftskommune). Erstattungsberechtigt ist die Kommune, in deren örtlichen Zuständigkeitsbereich iS des § 36 SGB II das Frauenhaus gelegen ist (aufnehmende Kommune).

18

Zweifellos bestand (jedenfalls) bis zum Auszug aus der gemeinsamen Wohnung mit dem Partner gewöhnlicher Aufenthalt der H und ihrer Kinder im Stadtgebiet der Beklagten. Mit der nach den Feststellungen des LSG zukunftsoffenen Flucht aus der gemeinsamen Wohnung mit dem Partner ist dieser gewöhnliche Aufenthalt aufgegeben worden. H hatte mit ihren Kindern im streitigen Zeitraum auch Aufnahme in einem Frauenhaus gefunden. Dort ist zumindest tatsächlicher Aufenthalt iS des § 36 Satz 3 SGB II(in der Fassung des Fortentwicklungsgesetzes) begründet worden, sodass der Kläger mit der Aufnahme von H und den Kindern in dem Frauenhaus örtlich zuständig für die Leistungserbringung geworden ist (vgl im Einzelnen Urteil des Senats vom 23.5.2012 - B 14 AS 156/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

19

Unerheblich ist für das Entstehen von Kostenerstattungsansprüchen des Klägers gegenüber der Beklagten, ob H und ihre Kinder zwischenzeitlich (gewöhnlichen) Aufenthalt im Frauenhaus in M und/oder im Frauenhaus S begründet hatten und also die Flucht in das im klagenden Landkreis gelegene Frauenhaus nicht unmittelbar von einem Ort des (gewöhnlichen) Aufenthalts außerhalb dieses Frauenhauses erfolgt ist (vgl SG Karlsruhe Urteil vom 16.7.2008 - S 8 AS 4000/07 - EuG 2009, 20; Aubel in JurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 36a RdNr 9; Herbst in Mergler/Zink, SGB II, Stand April 2009, § 36a RdNr 6a). Nur ein gewöhnlicher Aufenthalt außerhalb eines Frauenhauses lässt eine Kostenerstattungspflicht entstehen. Spiegelbildlich dazu lässt erst die Begründung eines Aufenthalts außerhalb eines Frauenhauses die Erstattungspflicht der Herkunftskommune wieder entfallen. Ob dies schon bei einem tatsächlichen oder erst bei einem gewöhnlichen Aufenthalt eintritt, kann offen bleiben.

20

Zwar kann auch in einem Frauenhaus "gewöhnlicher Aufenthalt" iS des § 30 Abs 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) begründet werden. Nach § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Entscheidend sind für den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts die objektiv gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Einzelfalles im entscheidungserheblichen Zeitraum; auf "Prognosen" über spätere Entwicklungen, auf Veränderungswünsche oder -absichten oder auf den Willen des Betroffenen, sich an einem Ort aufzuhalten oder einen Wohnsitz zu begründen, kommt es nicht an (vgl nur BSGE 67, 243; SozR 3-1200 § 30 Nr 5; BSGE 70, 138 = SozR 3-6180 Art 13 Nr 2; SozR 3-6710 Art 1 Nr 1). Einem gewöhnlichen Aufenthalt im Frauenhaus steht damit nicht entgegen, dass der Aufenthalt einerseits durch äußere Umstände (insbesondere die Bedrohungssituation durch einen Partner) bestimmt wird und andererseits der Art nach stets zeitlich begrenzt ist.

21

Schon der Wortlaut des § 36a SGB II lässt aber die Auslegung zu, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt in einem Frauenhaus keine Erstattungspflicht für den kommunalen Träger wegen Folgeaufenthalten in anderen Frauenhäusern entstehen lässt. Dies ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Anders als noch nach § 107 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), der (auch für den Fall einer Aufnahme in einem Frauenhaus) eine Kostenerstattungspflicht an einen "Umzug" und damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) an die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts knüpfte(dazu BVerwG Urteil vom 18.3.1999 - 5 C 11.98 - Buchholz 436.0 § 107 BSHG Nr 1; BVerwG Urteil vom 7.10.1999 - 5 C 21.98 - FEVS 51, 385/387), soll nach § 36a SGB II nicht entscheidend sein, ob durch die Aufnahme im Frauenhaus gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird oder nicht(vgl BT-Drucks 16/1410 S 27). Erst die Begründung eines Aufenthalts außerhalb eines Frauenhauses lässt Verhältnisse entstehen, wie sie bei jedem anderen Umzug über örtliche Zuständigkeitsgrenzen hinweg auftreten. Für diese Konstellation sieht das SGB II - wie auch das SGB XII - abweichend von der Rechtslage unter Geltung des BSHG keine Erstattungsregelung mehr vor.

22

Das so gewonnene Ergebnis entspricht schließlich auch Sinn und Zweck der Norm. § 36a SGB II soll der einseitigen Kostenbelastung derjenigen Kommunen entgegenwirken, die Frauenhäuser unterhalten und unterstützen(vgl BT-Drucks 15/5607 S 6). Verbleibt es auch bei Folgeaufenthalten in anderen Frauenhäusern bei der Zuständigkeit der ursprünglichen Herkunftskommune wird gewährleistet, dass eine Kommune, die ein Frauenhaus unterhält, auch von solchen Kosten freigestellt wird, die durch eine - wegen der Bedrohungssituationen typischen - weitergehenden Flucht in ein anderes Frauenhaus entstehen können.

23

b) Ist die Beklagte damit als Herkunftskommune dem Grunde nach erstattungspflichtige Kommune und der Kläger als aufnehmende Kommune Erstattungsberechtigter, werden von der Erstattungspflicht alle Leistungen erfasst, die vom kommunalen Träger nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II an die leistungsberechtigte Frau und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus rechtmäßig erbracht werden. Soweit das LSG die von der Kostenerstattungspflicht erfassten Leistungen als "Pflichtleistungen" bezeichnet hat, ist dies missverständlich, weil nach dem Wortlaut des § 36a SGB II auch für Ermessensleistungen, die der kommunale Träger nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II erbringt, Erstattungsansprüche in Betracht kommen.

24

Auf Grundlage seiner Feststellungen, die die Beklagte nicht mit zulässigen Rügen angegriffen hat, ist das LSG zutreffend zu dem Schluss gelangt, dass der Anspruch der H und ihrer Kinder auf psychosoziale Betreuung sich vorliegend auf § 16 Abs 2 SGB II aF stützt und der Kläger die Leistungen auf dieser Rechtsgrundlage in Ausübung seines Ermessens rechtmäßig erbracht hat.

25

Nach § 16 Abs 2 SGB II aF, der im Kern § 16a SGB II nF entspricht, können über die in § 16 Abs 1 SGB II aF genannten Eingliederungsleistungen hinaus weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind. Während § 16 Abs 1 SGB II aF den Leistungskatalog der Eingliederungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Bezug nimmt und die Erbringung dieser Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zuweist, ermöglicht § 16 Abs 2 SGB II aF eine über diesen Leistungskatalog hinausgehende Förderung. In der Aufzählung im 2. Halbsatz ist dabei die psychosoziale Beratung (Nr 3) als Leistung ausdrücklich genannt. Diese durch den kommunalen Träger zu erbringende Leistung der psychosozialen Betreuung unter Geltung des SGB II geht - wie die übrigen in § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 4 SGB II aF aufgezählten Betreuungs- und Beratungsleistungen - auf § 8 Abs 2, § 17 BSHG zurück.

26

aa) Voraussetzung der Erbringung von Ermessensleistungen auf dieser Grundlage ist neben der Leistungsberechtigung der H nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II die Erforderlichkeit der Leistung für die Eingliederung in das Erwerbsleben. Die Erforderlichkeit einer Eingliederungsleistung nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II aF beurteilt sich nach den Zielvorgaben der §§ 1, 3 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003 (vgl BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.7.2010 - B 8 SO 14/09 R - BSGE 106, 268 = SozR 4-4200 § 16 Nr 5 RdNr 15). Nach § 3 Abs 1 Satz 1 SGB II können Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich sind. Dieses Tatbestandsmerkmal verlangt eine Prognose über die möglichen Konsequenzen und Erfolge der Eingliederungsleistung, wobei eine Leistungsgewährung nicht nur dann in Betracht kommt, wenn die Leistungsgewährung die einzige Möglichkeit zur Eingliederung des Leistungsberechtigten ist (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16a RdNr 12).

27

Die Erforderlichkeit der in Streit stehenden psychosozialen Beratung auf dieser Grundlage hat das LSG für den vorliegenden Einzelfall geprüft. Es ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dem Schluss gelangt, dass die durchgeführten psychosozialen Maßnahmen der Eingliederung in das Erwerbsleben gedient haben. Die erbrachten Hilfen haben danach die psychische, soziale und rechtliche Stabilisierung zum Ziel gehabt, die bei H unabdingbare Voraussetzung für die Eingliederung in das Erwerbsleben gewesen sei. Die dieser Würdigung zugrunde liegenden Feststellungen hat die Beklagte nicht mit zulässigen Rügen angegriffen. Ein vorrangiger Leistungsanspruch auf Grundlage des § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) scheidet ersichtlich aus.

28

bb) Voraussetzung für die rechtmäßige Erbringung von Beratungs- und Betreuungsleistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 4 SGB II aF ist nicht (zusätzlich) der vorangegangene Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II. Mit den kommunalen Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 1 bis 4 SGB II aF/§ 16a SGB II nF verfolgt der Gesetzgeber einen sozial-integrativen Ansatz. Mit der Gewährung solcher Leistungen soll verhindert werden, dass die Eingliederung ins Erwerbsleben an Schwierigkeiten scheitert, die in der allgemeinen Lebensführung ihren Grund haben (Thie in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 16a RdNr 8). Diese gesetzgeberische Zielsetzung kann auch außerhalb von Eingliederungsvereinbarungen verwirklicht werden. Für das Erfordernis einer Eingliederungsvereinbarung als Voraussetzung für die rechtmäßige Leistungsgewährung besteht kein Bedürfnis.

29

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Erbringung von psychosozialen Betreuungsleistungen auf dieser Grundlage der Aufenthalt im Frauenhaus nicht grundsätzlich entgegen. Das Konkurrenzverhältnis zwischen den Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB II aF und §§ 67 bis 69 SGB XII, die die Beklagte als allein denkbare Anspruchsgrundlage für eine psychosoziale Betreuung bei Aufenthalt im Frauenhaus ansieht, mag im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein(ausführlich Thie, aaO, RdNr 10 ff; dazu auch Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 01/09 vom 26.6.2009, NDV 2010, 93). Dies erlaubt aber auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen in SGB II und SGB XII nicht den Schluss, während des Aufenthalts im Frauenhaus komme aufgrund typisierend unterstellten besonderen Lebensverhältnissen der betroffenen Frauen der in § 3 Abs 1 SGB II normierte Eingliederungsgedanke nicht zum Tragen. Ein genereller Ausschluss für Leistungen nach § 16 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB II aF an erwerbsfähige und hilfebedürftige Frauen, die gerade wegen besonderer sozialer Schwierigkeiten auch einer Erwerbstätigkeit nur mit schwer zu überwindenden Schwierigkeiten nachgehen können, ist dem SGB II nicht zu entnehmen(Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 165; Voelzke, aaO, RdNr 32). Der Einwand der Beklagten, die Eingliederung in das Erwerbsleben könne nur ein Aspekt einer umfassenden Betreuung im Frauenhaus sein (so auch Herbst in Mergler/Zink, SGB II, Stand April 2009, § 36a RdNr 11), zwingt nicht zu einer anderen Auslegung. Die Leistungen der Eingliederung nach § 16 Abs 2 SGB II aF sind gegenüber den Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem SGB XII zwar vorrangig(vgl § 2 Abs 1 SGB XII), dies schließt es nicht aus - insbesondere wenn Hilfebedürftigkeit nicht besteht oder ein Bezug zu einer (künftigen) Erwerbstätigkeit im Einzelfall nicht erkennbar ist - Leistungen nach §§ 67 bis 69 SGB XII zu erbringen. Eine Lücke in der Leistungserbringung aus Sicht der Betroffenen ergibt sich deshalb nicht.

30

dd) Eine Abgrenzung der Tatbestandsvoraussetzungen der psychosozialen Betreuungsleistungen, die sich an der Erwerbsfähigkeit der betroffenen Hilfebedürftigen und der Erforderlichkeit von Leistungen zur Eingliederung im Einzelfall orientiert, widerspricht schließlich nicht der Zielsetzung von § 36a SGB II. Die Kostenerstattungsregelung in § 36a SGB II hat zwar das Ziel, in gewissem Umfang einen Kostenausgleich im Hinblick auf den Unterhalt bzw die Unterstützung von Frauenhäusern durch Kommunen zu schaffen. Eine umfassende Finanzierungsregelung ist damit aber nicht verbunden. Die Anknüpfung allein an den Personenkreis der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt, was auch das Diskussionspapier des Deutschen Vereins vom 15.7.2010 (DV 10/10 - AF III), auf das sich die Beklagte bezieht, deutlich macht. Eine Kostenerstattungsregelung für nichterwerbsfähige Hilfebedürftige fehlt bewusst. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich nennenswerte Kosten durch den Wechsel der örtlichen Zuständigkeit im Anwendungsbereich des SGB XII nicht ergeben, gerade weil der von § 107 BSHG betroffen gewesene Personenkreis im Wesentlichen zu den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gehört(BT-Drucks 15/1514 S 68). Auch eine Auslegung der Kostenerstattungsregelung nach § 36a SGB II ausschließlich an den Zielsetzungen des SGB II (und nicht an dem weitergehenden Interesse der betroffenen Kommunen an der umfassenden Finanzierung von Frauenhäusern) ist deshalb vorgegeben.

31

Auch hinsichtlich der Kinder hat das LSG die Erforderlichkeit der Betreuungsleistungen im Hinblick auf die Eingliederung der H in das Erwerbsleben geprüft und bejaht.

32

Ergänzend zu § 36a SGB II sind die Vorschriften des SGB X anzuwenden, insbesondere also die Ausschlussfrist des § 111 SGB X und die Verjährungsvorschrift des § 113 SGB X. Vorliegend sind diese Verfahrensvorschriften eingehalten.

33

3. Die Verurteilung der Beklagten zu Prozesszinsen durch die Vorinstanzen war dagegen aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen. Eine Anspruchsgrundlage für solche Zinsen besteht nicht. § 108 Abs 2 SGB X scheidet als Anspruchsgrundlage im Verhältnis gleich geordneter Träger und damit auch im Verhältnis der kommunalen Träger untereinander aus(BSG Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 22/08 R - juris RdNr 8 mwN). Für Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander sind Prozesszinsen auch nicht nach § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog zu entrichten, weil es dafür an einer ausdrücklichen sozialrechtlichen Anspruchsgrundlage und - vor dem Hintergrund des § 108 SGB X - mangels planwidriger Regelungslücke auch an den Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 291 BGB fehlt(im Einzelnen BSG Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R - BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, jeweils RdNr 16 mwN). Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des 8. Senats an, der die anders lautende Rechtsprechung des BVerwG aufgegeben hat. Die vom LSG zur Begründung seiner Auffassung herangezogene Entscheidung des BSG (Urteil vom 23.3.2006 - B 3 KR 6/05 R - BSGE 96, 133 = SozR 4-7610 § 291 Nr 3) betrifft vertragliche Beziehungen mit Leistungserbringern und ist auf gesetzliche Erstattungsansprüche nicht übertragbar.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 155 Abs 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist der kommunale Träger zuständig, in dessen Gebiet die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 an Minderjährige, die Leistungen für die Zeit der Ausübung des Umgangsrechts nur für einen kurzen Zeitraum beanspruchen, ist der jeweilige Träger an dem Ort zuständig, an dem die umgangsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Kann ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht festgestellt werden, so ist der Träger nach diesem Buch örtlich zuständig, in dessen Bereich sich die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Für nicht erwerbsfähige Personen, deren Leistungsberechtigung sich aus § 7 Absatz 2 Satz 3 ergibt, gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist für die jeweiligen Leistungen nach diesem Buch der Träger zuständig, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person nach § 12a Absatz 1 bis 3 des Aufenthaltsgesetzes ihren Wohnsitz zu nehmen hat. Ist die leistungsberechtigte Person nach § 12a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet, ihren Wohnsitz an einem bestimmten Ort nicht zu nehmen, kann eine Zuständigkeit der Träger in diesem Gebiet für die jeweiligen Leistungen nach diesem Buch nicht begründet werden; im Übrigen gelten die Regelungen des Absatzes 1.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist im Fall der Auszahlung der Leistungen nach § 28 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 nach § 29 Absatz 6 der kommunale Träger zuständig, in dessen Gebiet die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer kommunaler Träger nach den Absätzen 1 oder 2 zuständig ist oder wäre.

Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.